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RAYMOND FEIST JANNY WURTS Die Kelewan-Saga III

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RAYMOND FEISTJANNY WURTS

Die Kelewan-Saga III

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Raymond Feist wurde 1945 in Los Angeles geboren und lebt in San Diego. Ergilt als einer der wichtigsten Vertreter der Fantasy in der Tradition Tolkiens.Seine Midkemia-Saga beginnt mit dem Traum der Jungen Pug und Tomas vonRuhm und Ehre. Als Midkemia von Invasoren aus Kelewan angegriffen wird,werden sie in den gewaltigen Spaltkrieg hineingezogen. Zeitgleich zu »DieMidkemia-Saga« ist »Die Kelewan-Saga« angeordnet: In ihr werden dieGeschehnisse auf der Gegenseite während des Spaltkriegs geschildert.Chronologisch folgen dann die Romane von »Die Krondor-Saga«, bevorMidkemia in »Die Schlangenkrieg-Saga« von einer weiteren Invasion heimge-sucht wird: Die Flotte der Smaragdkönigin kommt übers Meer, und ihreArmee überzieht das Land mit Krieg. »Die Legenden von Midkemia« führenzurück in die Zeit des Spaltkriegs. In dem zeitlich jüngsten Abschnitt »DieErben von Midkemia« erleben die Leser mit Talon einen neuen jungen Heldenund einen bislang unbekannten Teil von Midkemia, treffen aber auch auf viele

alte Bekannte.

Aus der Midkemia-Saga bereits erschienen:

Die Midkemia-Saga: 1. Der Lehrling des Magiers (24616),2. Der verwaiste Thron (24617), 3. Die Gilde des Todes (24618),

4. Dunkel über Sethanon (24611), 5. Gefährten des Blutes (24650),6. Des Königs Freibeuter (24651)

Die Kelewan-Saga:1. Die Auserwählte (24748), 2. Die Stunde der Wahrheit (24749),

3. Der Sklave von Midkemia (24750), 4. Zeit des Aufbruchs (24751),5. Die Schwarzen Roben (24752), 6. Tag der Entscheidung (24753)

Die Krondor-Saga:1. Die Verschwörung der Magier (24914),

2. Im Labyrinth der Schatten (24915), 3. Die Tränen der Götter (24916)

Die Schlangenkrieg-Saga:1. Die Blutroten Adler (24666), 2. Die Smaragdkönigin (24667),

3. Die Händler von Krondor (24668), 4. Die Fehde von Krondor (24784),5. Die Rückkehr des Schwarzen Zauberers (24785),

6. Der Zorn des Dämonen (24786), 7. Die zersprungene Krone (24787),8. Der Schatten der Schwarzen Königin (24788)

DieLegenden von Midkemia: 1. Die Brücke (24190),2. Die drei Krieger (24236), 3. Der Dieb von Krondor (24237)

Die Erben von Midkemia: 1. Der Silberfalke (24917),2. Der König der Füchse (24309), 3. Konklave der Schatten (24376)

Weitere Bände sind in Vorbereitung.

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Raymond Feist& Janny Wurts

Die Kelewan-Saga III

Die SchwarzenRobenTag der

EntscheidungZwei Folgen in einem Band!

Ins Deutsche übertragenvon Susanne Gerold

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Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel»Servant of the Empire« bei Doubleday, New York.

Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend.

1. AuflageTaschenbuchausgabe März 2006 bei Blanvalet, einem

Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.Copyright © by Raymond E. Feist und Janny Wurts 1990

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1998by Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Design Team MünchenUmschlagillustration: Agt. Luserke/Sergey Musin

Redaktion: Alexander GroßV.B. · Herstellung: Heidrun Nawrot

Druck und Einband: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany

ISBN-10: 3-442-24382-3ISBN-13: 978-3442-24382-2

www.blanvalet-verlag.de

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Die SchwarzenRoben

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Dieses Buch ist Kyungund Jon Conning gewidmet,

als Dank für ihreHilfe und Freundschaft.

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Eins

Tragödie

Die Morgensonne schien.Tautropfen brachten das Gras am Ufer zum Funkeln, und der

Wind trug die Rufe der nistenden Shatra-Vögel heran. Lady Maravon den Acoma genoß die kühle Luft, die schon bald der mittäg-lichen Hitze weichen würde. Sie saß in ihrer Sänfte; neben ihr saßihr Ehemann, und auf ihrem Schoß schlummerte ihr jüngererSohn, der zwei Jahre alte Justin. Sie schloß die Augen und seufztevoller Zufriedenheit.

Ihre Finger glitten in die Hand ihres Mannes. Hokanu lächelte.Er sah ohne jeden Zweifel sehr gut aus und war ein fähiger Krie-ger; auch die leichteren Zeiten hatten seine athletische Erschei-nung nicht verweichlicht. Seine Hand schloß sich besitz-ergreifend um ihre, doch Sanftheit milderte die Kraft.

Die vergangenen drei Jahre waren gute Jahre gewesen. Zum er-sten Mal seit ihrer Kindheit fühlte sie sich sicher, geschützt vorden tödlichen, niemals endenden politischen Intrigen des Spielsdes Rates. Der Feind, der ihren Vater und ihren Bruder getötethatte, konnte sie nicht länger bedrohen. Er war nur noch Staubund Erinnerung, genau wie seine Familie, die mit ihm gefallenwar; das Land und das herrlich gelegene Herrenhaus seiner Ah-nen hatte Mara vom Kaiser erhalten.

Einem alten Aberglauben nach überfiel Unglück das Land ei-ner gefallenen Familie; an einem wunderbaren Morgen wie die-sem war jedoch von Unheil weit und breit nichts zu spüren. Alssich die Sänfte langsam am Ufer entlang bewegte, genoß das Paar

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den friedlichen Augenblick und betrachtete das Heim, das es zu-sammen aufgebaut hatte.

Das Tal, das einst den Lords der Minwanabi gehört hatte, lagzwischen steilen, steinigen Hügeln und war dank dieser natürli-chen Gegebenheiten nicht nur leicht zu verteidigen, sondern auchso schön, als hätten es die Götter selbst berührt. Der friedlich-stille Himmel spiegelte sich im See, dessen Oberfläche sich kräu-selte, als die schnellen Ruderer eines Botenskiffs Berichte für dieMakler in die Heilige Stadt brachten. Dort würden von singen-den Sklaven vorwärtsgestakte Kornbarken die Ernte dieses Jah-res zur Aufbewahrung in ein Lager bringen, bis der Fluß imFrühjahr wieder mehr Wasser führen und damit den Weiter-transport flußabwärts gestatten würde.

In der trockenen Herbstbrise wogte das goldene Gras hin undher, und die Morgensonne ließ die Wände des Herrenhauses wieAlabaster erstrahlen. Lujan und Xandia, die beiden Komman-deure, hielten eine Übung mit einer gemischten Truppe aus Krie-gern der Shinzawai und der Acoma ab. Da Hokanu eines Tagesden Titel seines Vaters erben würde, hatte seine Heirat mit Maraihre beiden Häuser nicht miteinander verschmelzen lassen. Krie-ger im Grün der Acoma marschierten Seite an Seite neben sol-chen im Blau der Shinzawai, die Reihen hier und da unterbrochenvon schwarzen Flecken, Divisionen der insektenähnlichen Cho-ja. Zusammen mit den Ländereien der Minwanabi hatte LadyMara eine Allianz mit zwei weiteren Schwärmen erhalten, unddamit auch die Kampfstärke von drei Kompanien von Kriegern,die von ihren Königinnen nur für den Kampf ausgebrütet wor-den waren.

Ein Feind, der dumm genug wäre, einen Angriff zu riskieren,würde rasch vernichtet werden. Die Truppen ihrer loyalen Vasal-len und Verbündeten hinzugerechnet, geboten Mara und Hokanuüber eine Armee, die im Kaiserreich unübertroffen war. Nur die

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Truppen des Kaisers – die Kaiserlichen Weißen –, verstärkt umdie Kontingente anderer Häuser unter seiner Oberherrschaft,konnten ihnen diesen Rang streitig machen. Doch als würden gutausgebildete Truppen und eine nahezu uneinnehmbare Festungnicht schon allein den Frieden garantieren, hatte Mara für ihreDienste gegenüber Tsuranuanni den Titel Gute Dienerin desKaiserreiches erhalten, der mit einer ehrenhalber ausgesproche-nen Adoption in die Familie des Kaisers verbunden war. Die Kai-serlichen Weißen würden zu ihrer Verteidigung aufmarschieren,denn nach dem Ehrenkodex der Tsurani war eine Beleidigungoder Bedrohung der Guten Dienerin gleichbedeutend mit einemAngriff auf die Familie des Lichts des Himmels selbst.

»Du siehst heute morgen erfreulich selbstzufrieden aus, meineLiebe«, meinte Hokanu dicht an ihrem Ohr.

Mara beugte den Kopf an seiner Schulter etwas nach hinten undöffnete die Lippen zum Kuß. Wenn sie auch tief in ihrem Innerndie wilde Leidenschaft vermißte, die sie mit dem rothaarigen Bar-baren, Justins Vater, erlebt hatte, so hatte sie sich mit diesem Ver-lust abgefunden. Hokanu besaß einen verwandten Geist; er teilteihre politische Kühnheit und ihre Neigung zu Neuerungen. Erhatte eine rasche Auffassungsgabe, war freundlich und ihr treu er-geben, und er besaß eine Toleranz gegenüber ihrem halsstarrigenWesen, die nur wenige Männer in ihrer Kultur aufzubringen ver-mochten.Bei ihmwarMaragleichberechtigt.DieHeirathatteeinetiefe und dauerhafte Zufriedenheit hervorgerufen, und obwohl sieihre Interessen im Großen Spiel des Rates nicht vernachlässigte,spielte sie jetzt nicht mehr aus Furcht. Hokanus Kuß erwärmteden Augenblick wie Wein, bis ein hoher Ton die Stille zerriß.

Mara richtete sich aus Hokanus Umarmung auf; ihr Lächelnspiegelte sich in den dunklen Augen ihres Mannes. »Ayaki«, sag-ten sie gleichzeitig. Im nächsten Augenblick donnerten Huf-schläge den Pfad am See entlang.

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Hokanu legte seinen Arm fester um die Schultern seiner Frau,als die beiden sich etwas aus der Sänfte lehnten, um einen Blickauf die Eskapaden von Maras ältestem Sohn und Erben zu wer-fen.

Ein pechschwarzes Pferd brach durch die Lücke in den Bäu-men, Mähne und Schweif flogen im Wind. Grüne Troddelnschmückten die Zügel, und ein perlenbesetzter Brustgurt hin-derte den Sattel daran, nach hinten wegzurutschen. In den mitLackarbeiten versehenen Steigbügeln stand ein Junge, der geradeerst zwölf geworden war und ebenso schwarze Haare hatte wiesein Reittier. Er wendete den Wallach mit den Zügeln undpreschte auf Maras Sänfte zu, das Gesicht gerötet vom Rausch derGeschwindigkeit. Sein paillettenbesetzter Umhang flatterte wieein Banner hinter ihm her.

»Er wird ein ziemlich kühner Reiter«, meinte Hokanu bewun-dernd. »Und das Geburtstagsgeschenk scheint ihm zu gefallen.«

Mara betrachtete Ayaki mit glühendem Gesicht, als er das Tierauf den Pfad lenkte. Der Junge war ihre ganze Freude, derMensch, den sie am meisten liebte.

Der schwarze Wallach warf protestierend den Kopf zurück. Erwar temperamentvoll und brannte darauf, seine Geschwindigkeitunter Beweis zu stellen. Mara, die sich mit den riesigen Tieren ausder barbarischen Welt immer noch nicht ganz angefreundet hatte,hielt besorgt den Atem an. Ayaki hatte das wilde Wesen seines Va-ters geerbt, und in den Jahren seit er knapp dem Messer eines At-tentäters entkommen war, ergriff ihn manchmal eine tiefe Un-ruhe. Beizeiten schien er den Tod geradezu zu verhöhnen, alskönnte er sich dadurch, daß er der Gefahr trotzte, des Lebens inseinen Adern versichern.

Doch heute war kein solcher Augenblick, und der Wallach warsowohl wegen seines Gehorsams wie auch seiner Schnelligkeitausgewählt worden. Er schnaubte und stieß eine Staubwolke vor

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sich auf, während er sich dem Zügel fügte und neben MarasSänftenträgern hertrottete, die gegen ihr spontanes Bedürfnisankämpften, sich von dem großen Tier zu entfernen.

Die Lady schaute auf, als der Junge und das Pferd in ihr Blick-feld gerieten. Ayaki würde breite Schultern bekommen, ganz derErbe beider Großväter. Er hatte die typische schlanke Figur derAcoma geerbt, genauso wie den störrischen Mut seines Vaters.Obwohl Hokanu nicht sein leiblicher Vater war, verband die bei-den Freundschaft und Respekt. Ayaki war ein Junge, auf den alleEltern stolz sein konnten, und er offenbarte bereits jetzt jenenVerstand, den er benötigen würde, sobald er das Erwachsenenal-ter erreicht haben und als rechtmäßiger Lord der Acoma in dasSpiel des Rates eintreten würde.

»Du junger Angeber«, neckte ihn Hokanu. »Unsere Träger be-sitzen möglicherweise als einzige im ganzen Kaiserreich das Pri-vileg, Sandalen zu tragen, doch wenn du meinst, wir rasen jetztmit dir zu den Weiden, muß ich dir eine entschiedene Absage er-teilen.«

Ayaki lachte. Seine dunklen Augen hefteten sich auf seine Mut-ter; in ihnen spiegelte sich seine Begeisterung über den Augen-blick. »Eigentlich wollte ich Lax’l fragen, ob ich unsere Ge-schwindigkeit mit einem seiner Krieger messen kann. Es wäre in-teressant zu wissen, ob seine Krieger eine Einheit der barbari-schen Kavallerie überholen können.«

»Wenn wir einen Krieg hätten – was im Augenblick, den Göt-tern sei Dank, nicht der Fall ist«, sagte Hokanu mit einer Spurmehr Ernst in seiner Stimme. »Vergiß nicht deine Manieren undbeleidige nicht Kommandeur Lax’ls Würde, wenn du fragst.«

Ayaki grinste breit. Er war mit den Cho-ja in seiner Umgebungaufgewachsen, und ihre seltsame Art flößte ihm ganz und garkeine Furcht ein. »Lax’l hat mir immer noch nicht vergeben, daßich ihm eine Jomach-Frucht mit einem Stein gab.«

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»Er hat dir vergeben«, unterbrach ihn Mara. »Doch seither ister etwas vorsichtiger gegenüber deinen Tricks, was sehr vernünf-tig ist. Die Cho-ja haben nicht den gleichen Sinn für Scherze wieMenschen.« Sie warf Hokanu einen Blick zu. »Tatsächlich zweifleich daran, daß sie unseren Humor verstehen.«

Ayaki zog eine Grimasse, und der Rappe unter ihm bockte. DieSänftenträger wichen vor den tänzelnden Hufen ein wenig zurSeite, und der Ruck weckte den kleinen Justin. Er erwachte mitwütendem Geschrei.

Das schwarze Pferd scheute bei dem Krach. Ayaki hielt das Tiermit sicherer Hand fest, doch der feurige Wallach trat ein paarSchritte zurück. Hokanus Gesicht blieb gelassen, obwohl er denDrang verspürte, über die stürmische Bestimmtheit und Beherr-schung seines Sohnes zu lachen. Justin trat seiner Mutter kraft-voll in den Bauch. Sie beugte sich vor, um ihn hochzunehmen.

Dann schwirrte von hinten etwas an Hokanus Ohr vorbei undbrachte die Vorhänge der Sänfte zum Flattern. In der Seide wargenau dort ein winziges Loch zu erkennen, wo noch eine Sekundezuvor Maras Kopf gewesen war. Hokanu warf sich mit seinemganzen Gewicht gegen seine Frau und das Kind; er wandte denKopf, um in die andere Richtung zu schauen. In den Schatten derBüsche am Rande des Pfads bewegte sich etwas Schwarzes. ImKampf geschärfte Instinkte veranlaßten Hokanu ohne langesNachdenken zum Handeln.

Er stieß seine Frau mit dem Kind aus der Sänfte, seinen Körperweiterhin schützend über sie gebeugt. Sein plötzlicher Stoß ließdie Sänfte umstürzen und gewährte ihnen zusätzliche Deckung.»Der Busch!« rief er den Trägern zu, die sich rasch verteilten.

Die Wachen zogen ihre Klingen, bereit, ihre Mistress zu ver-teidigen. Doch da sie kein deutliches Ziel sahen, das sie angreifenkonnten, zögerten sie.

Aus dem Gewirr von Kissen und zerrissenen Vorhängen und

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über den Lärm von Justins Geschrei hinweg rief Mara verwirrt:»Was –«

Hokanu wandte sich an die Wachen. »Hinter den Akasi-Bü-schen!« schrie er.

Das Pferd stampfte auf, als wäre es von einer Stechfliege ge-stochen worden. Ayaki spürte, wie der Wallach unter ihm er-bebte. Das Tier legte die Ohren an, dann schüttelte es dieschwarze Mähne, während der Junge versuchte, es mit den Zü-geln zu beruhigen. »Ruhig, Großer. Ganz ruhig.« Die Warnungseines Stiefvaters hörte er nicht; er war viel zu sehr damit be-schäftigt, das Pferd in den Griff zu bekommen.

Hokanu warf einen Blick über die Sänfte. Die Wachen durch-kämmten jetzt die Büsche, die er gemeint hatte. Als er sich um-wandte, um nach einem möglichen Angriff von der anderen SeiteAusschau zu halten, sah er Ayaki bei dem verzweifelten Versuch,ein Pferd zu beruhigen, dessen Aufregung inzwischen gefährlichgeworden war. Im Sonnenlicht aufblitzender Lack verriet einenwinzigen Pfeil, der aus der Flanke des Wallachs ragte. »Ayaki!Spring ab!«

Das Pferd trat wild um sich. Der Pfeil in seiner Flanke tat seineWirkung, und Nervengift strömte durch die Adern des Tieres. Esrollte mit den Augen, verdrehte sie, bis nur noch das Weiße zu se-hen war. Der Wallach bäumte sich auf den Hinterbeinen auf, undein beinahe menschlicher Schrei drang aus seiner Kehle.

Hokanu sprang von der Sänfte. Er griff nach den Zügeln desWallachs, doch die wild trampelnden Hufe zwangen ihn zurück.Er wich aus, versuchte es noch einmal, bekam die Zügel aber wie-der nicht zu fassen, als das Pferd sich um die eigene Achse zu dre-hen begann. Er war vertraut genug im Umgang mit Pferden, umzu wissen, daß dieses hier wahnsinnig geworden war, und soschrie er den Jungen an, der sich mit beiden Händen am Nackendes Tieres festklammerte.

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»Ayaki! Spring ab! Sofort, Junge!«»Nein!« rief das Kind, nicht im Trotz, sondern voller Mut. »Ich

kann ihn beruhigen!«Hokanu griff erneut nach den Zügeln; seine Furcht verdrängte

jeden Gedanken an seine eigene Sicherheit. Ayakis Behauptungwäre möglicherweise gerechtfertigt gewesen, wenn das Tier ein-fach nur Angst gehabt hätte. Doch Hokanu hatte einmal die Wir-kung eines vergifteten Pfeils gesehen; er erkannte das bebendeFleisch und den plötzlichen Mangel an Koordination sofort alsdas, was es war: die Symptome eines rasch wirkenden Gifts.Hätte der Pfeil Mara getroffen, wäre der Tod innerhalb wenigerSekunden eingetreten. Bei einem Tier, das zehnmal größer war alssie, würde das Ende länger dauern und schmerzvoller sein. DasPferd brüllte seine Qual heraus, und Zuckungen schüttelten dengroßen Körper. Es entblößte gelbliche Zähne und kämpfte gegendie Gebißstange, während Hokanu wieder die Zügel verfehlte.»Es ist Gift, Ayaki!« rief er über den Lärm des tobenden Pferdeshinweg. Hokanu sprang, um den Steigbügel zu erreichen; erhoffte, den Jungen herunterreißen zu können. Die Vorderbeinedes Pferdes versteiften sich, scherten auseinander, als die Muskelnin der Verlängerung erstarrten. Dann brachen die Hinterbeinezusammen; es stürzte und begrub den Jungen unter sich.

Das dumpfe Dröhnen, mit dem der schwere Körper auf denBoden fiel, vermischte sich mit Maras Schrei. Ayaki hatte sich biszuletzt geweigert abzuspringen. Immer noch rittlings auf demPferd, wurde er zur Seite geschleudert; sein Nacken zuckte wildzurück, als die Kraft des Sturzes ihn auf den Pfad warf. Das Pferdbebte und rollte auf den Jungen.

Ayaki gab keinen Laut von sich. Hokanu wich einer Barriereaus um sich stoßenden Hufen aus, als er um das gequälte Tier her-umrannte. Er erreichte den Jungen mit einem Satz, doch zu spät.Gefangen unter dem Gewicht des sterbenden, zitternden Pferdes

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wandte Ayaki seine dunklen Augen Honaku zu, und seine freieHand griff nur einen Herzschlag vor seinem Tod nach der seinesStiefvaters.

Hokanu spürte, wie die kleinen, schmutzigen Finger in seinerHand erschlafften. Er klammerte sich an die Wut des nicht Wahr-habenwollens. »Nein!« schrie er, als würde er die Götter anrufen.Maras Schreie klangen in seinen Ohren, und er war sich der Krie-ger ihrer Ehrengarde bewußt, die ihn beiseite drängten, als siesich bemühten, das sterbende Pferd umzudrehen. Der Wallachwurde zur Seite gerollt; ein Stöhnen drang aus seiner Kehle, alsdie Lungen die Luft entließen. Für Ayaki würde es einen solchenProtest gegen den vernichtenden, frühzeitigen Tod nicht mehr ge-ben. Der Widerrist des Wallachs hatte seine Brust eingedrückt,und seine Rippen standen wie die zerbrochenen Teile einesSchwertes heraus.

Das junge Gesicht mit den allzu weißen Wangen starrte jetztaus offenen, überraschten Augen zu dem klaren Himmel übersich. Die Finger, die vertrauensvoll nach dem Stiefvater gegriffenhatten, der den Schrecken der Dunkelheit abwenden sollte, lagenjetzt leer und geöffnet da, die verschorften Überbleibsel einerBlase an einem Daumen ein letztes Zeugnis für die sorgfältigenÜbungen mit einem Holzschwert. Dieser Junge würde niemalsdie Ehren oder die Schrecken eines Krieges kennenlernen, auchnicht den süßen Kuß seines ersten Mädchens, den Stolz und dieVerantwortung des Herrschermantels, der ihm bestimmt gewe-sen war.

Die Endgültigkeit des plötzlichen Endes verursachte einenSchmerz wie eine blutende Wunde. Hokanu spürte unermeßlicheTrauer und verwirrte Ungläubigkeit. Sein Verstand arbeitete an-gesichts des Schocks nur noch mit Reflexen, die er auf demSchlachtfeld gelernt hatte. »Bedeckt das Kind mit euren Schil-den«, befahl er. »Seine Mutter darf ihn so nicht sehen.«

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Doch die Worte waren zu spät über seine betäubten Lippen ge-drungen. Mara rannte zu ihm, und er spürte das Rauschen ihrerSeidenroben gegen seine Wade, als sie sich neben ihrem Sohn aufdie Knie warf. Sie streckte die Arme aus, um ihn zu umarmen,um ihn vom staubigen Boden zu heben, als könnte die bloßeKraft ihrer Liebe ihn wieder zum Leben erwecken. Doch ihreHände erstarrten mitten in der Luft über den blutigen Fetzen, dieeinmal Ayakis Körper gewesen waren. Ihr Mund öffnete sichlautlos. Irgend etwas in ihr zerbrach. Instinktiv hielt Hokanu sieam Rücken fest und zog sie an seine Schulter.

»Er ist in die Halle des Roten Gottes gegangen«, murmelte er.Mara antwortete nicht. Hokanu spürte den raschen Herzschlagunter seinen Händen. Erst jetzt bemerkte er das Handgemengein den Büschen neben dem Pfad. Maras Ehrengarde hatte sichvoller Wut auf den schwarzgekleideten Attentäter gestürzt. Siebrachten die Angelegenheit zu Ende, noch bevor Hokanu seinenVerstand zusammennehmen und die Männer zur Zurückhaltungermahnen konnte, da der Mann nur lebendig sagen konnte, werihn angeheuert hatte.

Die Schwerter der Krieger hoben und senkten sich in leuch-tendem Rot. Sekunden später lag der Mörder zerhackt da wie einNeedra-Bulle im Stall eines Schlachters.

Hokanu hatte kein Mitleid mit dem Mann. Trotz des Blutes er-kannte er das kurze schwarze Hemd und die Hose, und als dieSoldaten die Leiche auf den Rücken rollten, sah er die rotgefärb-ten Hände. Die Kopfbedeckung, die nur die Augen des Mannesfreiließ, wurde zur Seite gezogen, und eine blaue Tätowierung aufder linken Wange kam zum Vorschein. Diese Markierung wurdenur von einem Mitglied der Hamoi Tong benutzt, einer Bruder-schaft von Attentätern.

Hokanu stand langsam auf. Es spielte keine Rolle, daß die Sol-daten den Mörder getötet hatten: Der Attentäter wäre freudig ge-

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storben, bevor er Informationen hätte preisgeben können. DieTong arbeiteten nach einem strikten Geheimcode, und ganz si-cher wußte der Mörder nicht, wer seinen Anführer für dieses At-tentat bezahlt hatte. Und der einzige Name von Bedeutung warder des Mannes, der die Hamoi-Bruderschaft angeheuert hatte.

Irgendwo in einer kühlen Ecke seines Kopfes wußte Hokanu,daß dieser Angriff auf Mara keine billige Angelegenheit gewesenwar. Dieser Mann hatte niemals damit rechnen können, seineMission zu überleben, und ein Selbstmordauftrag war ein Ver-mögen in Metall wert.

»Durchsucht die Leiche und verfolgt seine Spuren zurück«,hörte er sich mit einer Stimme sagen, die von den in seinem In-nern brodelnden Gefühlen hart klang. »Seht, ob ihr Hinweisedarauf finden könnt, wer den Tong angeheuert haben mag.«

Der befehlshabende Truppenführer der Acoma verbeugte sichvor dem Lord und gab seinen Männern knappe Befehle.

»Laßt eine Wache bei der Leiche des Jungen«, fügte Hokanuhinzu. Er beugte sich hinab, um sich um Mara zu kümmern. Esüberraschte ihn nicht, daß sie noch immer sprachlos war und ge-gen den Schrecken und das Unglaubliche kämpfte. Ihr Ehemannwarf ihr das Unvermögen, Haltung zu bewahren und die ange-messene tsuranische Gelassenheit zu zeigen, nicht vor. Ayaki warviele Jahre die einzige Familie für sie gewesen; sie hatte keine an-deren Blutsverwandten. Ihr Leben war bis zu seiner Geburt be-reits zu sehr von Verlust und Tod gezeichnet gewesen. Er preßteihren kleinen, zitternden Körper gegen seinen, während er nochweitere notwendige Anweisungen hinzufügte, die den Jungen be-trafen.

Doch als er damit fertig war und sanft versuchte, sie von derLeiche wegzuziehen, wehrte sie sich. »Nein!« sagte sie mitschmerzerstickter Stimme. »Ich werde ihn hier nicht alleine las-sen!«

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»Mylady, Ayaki ist jenseits unserer Hilfe. Er steht bereits in denHallen des Roten Gottes. Trotz seiner Jahre ist er dem Tod mu-tig gegenübergetreten. Er wird dort willkommen sein.« Er strei-chelte ihre dunklen Haare, die feucht von Tränen waren, und ver-suchte sie zu beruhigen. »Es wäre besser, wenn du im Haus beidenen bist, die dich lieben, und Justin in die Obhut seiner Am-men gibst.«

»Nein«, wiederholte Mara. Es war ein Ton in ihrer Stimme, derihn instinktiv davor warnte, sie weiter zu bedrängen. »Ich gehenicht weg.«

Zwar stimmte sie nach einiger Zeit zu, Justin zurück zum Her-renhaus und in den Schutz einer Kompanie Krieger bringen zulassen, doch sie selbst blieb während der Morgenhitze auf demstaubigen Boden sitzen und starrte auf das leblose Gesicht ihresErstgeborenen.

Hokanu ließ sie keine Sekunde allein. Der Gestank des Todesvermochte ihn nicht zu vertreiben und auch nicht die Fliegen, dieherumschwirrten und summten und sich an der aus den Augendes toten Wallachs austretenden Flüssigkeit labten. So be-herrscht, als wäre er auf einem Schlachtfeld, stellte er sich demSchlimmsten entgegen und ertrug es. Mit ruhiger Stimme befahler einem Läufer, ein paar Bedienstete kommen zu lassen und ei-nen kleinen Seidenpavillon herbeizuschaffen, um etwas Schattenzu erhalten. Mara schaute nicht einmal auf, als die Markise überihr aufgebaut wurde. Als würden die Menschen um sie herumnicht existieren, ließ sie aufgelockerte Erde durch die Hände glei-ten, bis ein Dutzend ihrer besten Krieger in zeremoniellen Rü-stungen herbeikamen, um den gefallenen Sohn fortzubringen.Niemand hatte gegen Hokanus Vorschlag, daß der Junge die Eh-ren des Schlachtfelds verdiente, etwas einzuwenden. Ayaki wardurch den Pfeil eines Feindes gestorben, so sicher, als hätte dasGift sein eigenes Fleisch durchdrungen. Er hatte sich geweigert,