DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 Ambulante Pflege · 2013. 11. 1. · DAK-BGW Gesundheitsreport 2006...

181
DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 Ambulante Pflege Arbeitsbedingungen und Gesundheit in ambulanten Pflegediensten

Transcript of DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 Ambulante Pflege · 2013. 11. 1. · DAK-BGW Gesundheitsreport 2006...

  • DAK-BGWGesundheitsreport 2006Ambulante Pflege

    Arbeitsbedingungen und Gesundheitin ambulanten Pflegediensten

  • Seite 2 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Herausgeber:

    DAK-ZentraleGeschäftsbereich ProduktmanagementTeam Prävention/Betriebliche Gesundheitsförderung

    Nagelsweg 27 – 3120097 Hamburg

    Tel.: 040 - 2396 2031 Fax: 040 - 2396 4031Email: [email protected]

    Bestellnummer: W403-20062

    Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und WohlfahrtspflegeZentrale PräventionsdiensteBereich Gesundheits- und Mobilitätsmanagement

    Pappelallee 35 – 3722089 Hamburg

    Tel.: 040 - 20207-960Email: [email protected]

    Bestellnummer: SP-DAK06

    Dieser Bericht wurde im Auftrag der DAK und der BGW erstellt durch:

    Dr. Yvonne Grabbe, Hans-Dieter Nolting, Dr. Stefan Loos und Dr. Katrin Krämer

    IGES Institut für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH

    Wichmannstr. 510787 Berlin

    Tel.: 030 - 230 80 90 Fax: 030 - 230 80 911Email: [email protected]

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 3

    Inhalt

    des DAK-BGW Gesundheitsreports 2006 – Ambulante Pflege

    Vorwort ........................................................................................................ 5

    Aufbau des Reports .................................................................................... 7

    Schlussfolgerungen ................................................................................... 9

    TEIL 1 ......................................................................................................... 13

    TEIL 2 ......................................................................................................... 97

    TEIL 3 ....................................................................................................... 127

  • Seite 4 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 5

    Vorwort

    Arbeitsbedingungen und Gesundheit in der ambulanten Pflege stellen sich imVergleich zur stationären Pflege positiver dar

    Ambulante Pflege ist eines der wachsenden Beschäftigungsfelder in der Bundesrepublik.Seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 und dem hier gesetzlich verankertenZiel, häuslicher Pflege vor stationärer Versorgung den Vorrang zu gewähren, hat sich dieZahl ambulanter Pflegedienste nahezu verdreifacht. Parallel dazu hat die Zahl der Beschäf-tigten in der ambulanten Pflege zugenommen.

    Angesichts der bekannten demografischen Szenarien und der Verlagerung stationärerLeistungen auf den ambulanten Sektor ist davon auszugehen, dass der Bedarf an professi-onellen ambulanten Pflegeleistungen weiter ansteigen wird. Zur Arbeitssituation und nochweniger zur gesundheitlichen Situation in der ambulanten Pflege liegen im Vergleich zurstationären Pflege erst wenige empirisch gesicherte Erkenntnisse vor.

    Der von BGW und DAK gemeinsam vorgelegte Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflegeist mit einer bundesweiten Befragung der Beschäftigten in der Pflege eine Novität. Zudemwurde der Bereich der ambulanten Pflege in der Reihe der Gesundheitsreporte der DAK undder BGW bisher nicht untersucht.

    Der Report beschränkt sich deshalb nicht nur auf die Bereitstellung von aktuellem Zahlen-material über das Vorkommen von Erkrankungen und Belastungen. Besondere Aufmerk-samkeit wird vielmehr der Aufdeckung von Ursachen und Zusammenhängen zwischen Ge-sundheit und Arbeitszufriedenheit auf der einen und arbeitsbedingten Belastungen, Organi-sationskultur und sozialen Beziehungen auf der anderen Seite gewidmet.

    Beide Kooperationspartner verfolgen mit der Herausgabe der vorliegenden Studie das Ziel,Impulse für die Modernisierung und Humanisierung der Arbeitsbedingungen in der ambu-lanten Pflege zu geben. Dabei nehmen BGW und DAK die Interessen der im Gesundheits-wesen Beschäftigten sowie der Klienten gleichermaßen in den Fokus: Arbeitsbedingungen,die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern, kommenauch den Pflegebedürftigen sowie ihren Angehörigen zugute.

    Vergleicht man die Arbeitsbedingungen mit der Situation in der stationären Krankenpflege,so zeichnet sich ein überwiegend positives Bild ab: Sowohl auf Seiten der Belastungsfakto-ren als auch im Hinblick auf die Ressourcen, bewerten die Pflegenden ihre Arbeitssituationbesser. Trotz der positiven Grundsituation treten aber auch bei den ambulanten Pflegekräf-ten starke körperliche und psychosomatische Beschwerden auf. Ferner arbeiten die Pfle-genden unter großem Zeit- und Leistungsdruck, Pausen können oft nicht eingehalten wer-den.

    Der DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege liefert Erkenntnisse und Hin-weise zur Weiter- und Neuentwicklung, insbesondere von Präventionsmaßnahmen, die denAbbau von Arbeitsbelastungen und die Förderung der Gesundheit der Beschäftigten in denMittelpunkt betrieblicher Organisations- und Personalentwicklung stellen.

  • Seite 6 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Aus diesem Grund engagieren sich BGW und DAK für die betriebliche Gesundheitsförde-rung und den Aufbau von Gesundheitsmanagement-Strukturen und appellieren an alle be-trieblichen Akteure, in Ihrem Engagement für die Gesundheit vor dem Hintergrund einer sichwandelnden Arbeitswelt nicht nachzulassen.

    Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ist die ge-setzliche Unfallversicherung für etwa 500.000 private oder freigemeinnützige Einrichtungen,die den Versicherungsschutz der BGW für Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankhei-ten genießen. Eine große Gruppe stellen die ambulanten Dienste dar.

    Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) ist mit 4,8 Mio. Mitgliedern die zweitgrößteKrankenkasse der Bundesrepublik. Aufgrund ihrer historischen Entwicklung ist die DAK tra-ditionell besonders stark im Sektor des Gesundheitswesens vertreten, daher ist uns die ge-sundheitliche Situation der Pflegenden besonders wichtig.

    Der DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege ergänzt als ein weiterer Bau-stein die vielfältigen Informations-, Beratungs- und Schulungsaktivitäten, die BGW und DAKim Rahmen ihres jeweiligen gesetzlichen Auftrags zur Verhütung von arbeitsbedingten Ge-sundheitsgefahren und zur Förderung der Gesundheit unternehmen.

    Zielgruppen des DAK-BGW Gesundheitsreports 2006 - Ambulante Pflege sind u. a. Pflege-dienstleitungen, Pflegekräfte, Qualitätsmanager und Personalverantwortliche, Betriebsräteund Mitarbeitervertretungen, Gewerkschaften, Krankenkassen und Politik, also alle, die mitder Umgestaltung des Gesundheitswesens befasst sind und ein Interesse an gesundheits-und leistungsförderlichen Arbeitsbedingungen von Pflegenden haben.

    Die statistischen Auswertungen und Analysen, die dem Report zu Grunde liegen, sollen dieBeteiligten und Verantwortlichen unterstützen, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

    Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher Prof. Dr. Stephan Brandenburg

    Vorsitzender des Vorstandes Mitglied der Geschäftsführung

    Deutsche Angestellten Krankenkasse,Hamburg

    Berufsgenossenschaft für Gesund-heitsdienst und Wohlfahrtspflege,Hamburg

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 7

    Aufbau des

    DAK-BGW Gesundheitsreports 2006 – Ambulante Pflege

    Der DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege gliedert sich in drei Teile:

    • Im TEIL 1 werden Ergebnisse von einer bundesweiten schriftlichen Befragung von Pfle-genden in Einrichtungen der häuslichen Alten- und Krankenpflege vorgestellt.

    • TEIL 2 berichtet über Auswertungen zum Auftreten von Arbeitsunfällen in den von derBGW versicherten ambulanten Pflegediensten.

    • Im TEIL 3 wird eine Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten von DAK-versicherten Be-schäftigen in ambulanten Pflegediensten präsentiert.

    Jedem Teilbericht wird eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse vorangestellt.

  • Seite 8 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 9

    Schlussfolgerungen

    Die wachsende Zahl älterer Menschen in unserer Gesellschaft sowieeine Veränderung der Aufgabenteilung zwischen ambulanter undstationärer Versorgung stellen den Bereich der ambulanten Pflegevor neue Aufgaben und Herausforderungen.

    Die Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegekräften in Ein-richtungen der häuslichen Alten- und Krankenpflege sind in den Ar-beits- und Gesundheitswissenschaften im Vergleich zur Arbeitssitua-tion in der stationären Pflege allerdings lange Zeit vernachlässigtworden. DAK und BGW haben im Jahr 2005 den „Gesundheitsreport2005 – Stationäre Krankenpflege“ vorgelegt. Mit dem vorliegendenBericht über Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegekräftenin Diensten der häuslichen Alten- und Krankenpflege wird diese Serieergänzt.

    Wie stellt sich die aktuelle Situation der Pflegekräfte in der ambulan-ten Pflege im Vergleich zu den Kolleginnen und Kollegen in Kranken-häusern dar? In welchem Ausmaß sind die Beschäftigten von Ar-beitsbelastungen betroffen? Wie ist es um Gesundheit und Unfallrisi-ken der Pflegekräfte bestellt? Welche positiven Aspekte bietet dieArbeit in einem ambulanten Pflegedienst? Welche Veränderungenhaben sich in den letzten Jahren vollzogen? Welche Auswirkungenhaben spezifische Prozessinnovationen wie die Einführung von Qua-litätsmanagement-Systemen?

    Diese Fragen stehen im Zentrum des vorliegenden DAK-BGW Ge-sundheitsreports 2006 – Ambulante Pflege.

    Wie stellt sich dieArbeitssituation inder ambulantenPflege imVergleich zumstationärenPflegesektor dar?

    Die Ergebnisse der für diesen Report durchgeführten bundesweitenUmfrage unter Pflegenden, die in ambulanten Diensten tätig sind,zeigen auf, dass die Beschäftigten hohen körperlichen und psychi-schen Belastungen ausgesetzt sind. Dennoch lieben sie ihren Berufund nehmen die Tätigkeit als abwechslungsreich und vielseitig wahr.

    Hohe körperlicheund psychischeBelastungen inder ambulantenPflege

    Im Vergleich zur Situation der Pflegenden in der stationären Kran-kenpflege schneidet die ambulante Pflege in vielen Punkten etwasbesser ab. Herauszuheben sind vor allen Dingen die Rahmenbedin-gungen sowie Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten. Die oft-mals kleinen Einrichtungen und flachen Hierarchien bieten offensicht-lich idealere Voraussetzungen für ein mitarbeiterorientiertes Mana-gement von Entscheidungen und Veränderungen.

    Psychosomatische Beschwerden treten bei Pflegenden in ambulan-ten Diensten jedoch ebenso häufig bzw. einzelne Beschwerden sogarhäufiger auf als bei den Kolleginnen und Kollegen in der stationärenKrankenpflege.

  • Seite 10 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Hoher Anteil vonWirbelsäulen- undpsychischenErkrankungen

    Die Analyse der Arbeitsunfähigkeiten der in ambulanten Pflege-diensten tätigen DAK-Mitglieder bestätigt dieses Bild. Diese Berufs-gruppe ist überdurchschnittlich stark von Krankheiten und gesund-heitlichen Belastungen betroffen. Auffällig ist die hohe Zahl vonkrankheitsbedingten Ausfalltagen wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychischer Erkrankungen.

    Vor dem Hintergrund der Befragungsergebnisse überraschen dieseResultate nicht. Die Arbeit in Pflegediensten ist mit erheblichen Be-lastungen der Wirbelsäule, insbesondere Hebe- und Tragetätigkeitenverbunden. Organisationsbedingte Belastungen wie Zeitdruck, Feh-len von Pausen und Leistungsdruck können Stressreaktionen ver-stärken, die in ihrer Folge zu psychischen Erkrankungen führen kön-nen.

    Einrichtungen der ambulanten Pflege sollten daher nicht nachlassen,die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten zu optimieren sowie ge-sundheits- und persönlichkeitsförderlich zu gestalten.

    Fokus auf haut-bedingten Erkran-kungen bei denBerufskrankheiten

    Bei den Berufskrankheiten liegt der Fokus auf hautbedingten Erkran-kungen: Mehr als drei Viertel aller anerkannten Berufskrankheitensind auf Hauterkrankungen zurückzuführen. In diesem Bereich sinddaher verstärkt Präventionsmaßnahmen zu fördern.

    Charakteristisches Merkmal der ambulanten Pflege ist die Tätigkeit inder Privatwohnung des Klienten. Aus dieser Arbeitsumgebung er-wachsen häufig vermeidbare Arbeitsbelastungen und Unfallgefahren.

    Hoher Anteil vonStolper-, Sturz-und Rutschunfäl-len bei den Ar-beitsunfällen

    Die Unfalldaten der BGW der Jahre 1998 bis 2004 unterstreichen dieBefragungsergebnisse. Stolper-, Sturz- und Rutschunfälle dominie-ren das Unfallgeschehen bei den Arbeitsunfällen und weisen auf dieNotwendigkeit von Gefährdungsanalysen hin (z. B. Gefahren durchrutschige Böden oder Stolperfallen wie Schwellen, Teppichbödenetc.). In der ambulanten Pflege ist im Jahr 2004 gegenüber 2002 dieZahl der Arbeitsunfälle insgesamt zurück gegangen. Dieses Resultatkann als Indikator für erfolgreiche Präventionsarbeit gewertet wer-den.

    Aus der besonderen Arbeitssituation in der Klientenwohnung entstehtauch häufig ein enger Kontakt zu den Klienten und Angehörigen. DiePflegekräfte müssen in dieser Interaktion Beziehungsarbeit leistenund Emotionen der Hilflosigkeit und Überforderung abfangen. ZurVerarbeitung dieser Erfahrungen sollte den Pflegenden ihrerseitsprofessionelle Unterstützung angeboten werden.

    Viele Dienst- undWegeunfälle mitdem PKW

    Ein weiteres Spezifikum der ambulanten Pflege ist der hohe Anteil anArbeitszeit, welche die Pflegekraft auf den Arbeitswegen von Klien-tenwohnung zu Klientenwohnung verbringt. Das Autofahren wird vonden Pflegekräften selbst zwar nur selten als belastend wahrgenom-men, alarmierend ist jedoch das häufige Auftreten von Autounfällenwährend der Arbeitszeit: Jede/r Zehnte ist im Zeitraum von 12 Mo-naten mindestens in einen Autounfall verwickelt.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 11

    Das häufige Auftreten von Dienst- und Wegeunfällen mit dem PKWzeigt sich auch darin, dass, im Gegensatz zu den Krankenhäusern, inambulanten Pflegediensten nahezu zwei Drittel aller bei der BGWgemeldeten Unfälle Dienst- oder Wegeunfälle sind. Der Präventionvon Autounfällen kommt auch aufgrund ihrer Schwere, häufig wirddie Wirbelsäule verletzt, eine besondere Bedeutung zu. Den ThemenFahrsicherheit und Fahrzeugsicherheit sollten besondere Aufmerk-samkeit gewidmet werden.

    In Bezug auf Veränderungen der Arbeitssituation in den letzten dreiJahren zeichnen sich insbesondere eine Zunahme des Arbeitstem-pos und des Dokumentationsaufwands ab. Ein höherer Dokumentati-onsaufwand steht auch im Zusammenhang mit der veränderten Auf-gabenteilung in der Gesundheitsversorgung und der Erbringung vonPflegeleistungen im Krankheitsfall durch ambulante Dienste. DAKund BGW unterstützen Anstrengungen, die zur Entbürokratisierung inder ambulanten Pflege beitragen.

    Entwicklung inden letzten dreiJahren: gestiege-nes Arbeitstempound Dokumentati-onserfordernisse

    Dem Anstieg der Anforderungen und Belastungen stehen als Chan-cen größere Aufgabenvielfalt und anspruchsvollere Tätigkeiten ge-genüber. Auch die zunehmende Professionalisierung des Berufsfeldsund die Implementierung von Qualitätsmanagement-Systemen kön-nen zur Entlastung der Beschäftigten beitragen.

    Der künftige Pflegebedarf in Deutschland kann nur mit gesunden undmotivierten Beschäftigten gedeckt werden. Die BGW hat aus diesemGrunde die Kampagne „Aufbruch Pflege“ ins Leben gerufen. Mit Hilfedieser Initiative sollen gesundheitliche Belastungen von Pflegekräftenin der stationären und ambulanten Altenpflege verringert, Arbeitszu-friedenheit erhöht und Personalfluktuation vermieden werden.

    Aufbruch Pflege

    DAK und BGW fördern und unterstützen Unternehmen in ihremBestreben, die Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich und be-lastungsarm zu gestalten. Die BGW unterstützt ambulante Pflege-dienste dabei mit Präventionsprogrammen, Arbeitsorganisationsmo-dellen und Qualitätsmanagement-Systemen. Auch die DAK unter-stützt eine Unternehmensstrategie, die darauf ausgerichtet ist, ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz vorzubeugen,Gesundheitspotentiale zu stärken und das Wohlbefinden am Arbeits-platz zu verbessern. Deshalb berät die DAK Unternehmen professio-nell in Fragen rund um das Thema Gesundheit im Betrieb und ermu-tigt Unternehmen, die Gesundheit der Beschäftigten in einem steti-gen positiven Gestaltungsprozess zu optimieren. Die DAK bietet dazuverschiedene Bausteine wie Gesundheitsreporte, Mitarbeiterbefra-gungen, Arbeitssituationsanalysen und Bewegungsprogramme an.

    Unterstützungs-angebote vonDAK und BGW

  • Seite 12 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 13

    DAK-BGWGesundheitsreport 2006Ambulante Pflege – Teil 1

    Die Arbeitsbedingungender ambulanten Pflege in einem sichwandelnden Gesundheitssystem

    Ergebnisse einer bundesweiten Befragungvon Pflegekräften in ambulanten Pflegediensten

  • Seite 14 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Inhalt von Teil 1

    Zusammenfassung ........................................................................................................15

    1. Ausgangspunkt, Ziele und Fragestellungen.....................................................21

    2. Rahmenbedingungen in der ambulanten Pflege..............................................24

    3. Methodik und Datenbasis ..................................................................................28

    4. Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegenden in ambulantenPflegediensten in der Bundesrepublik .............................................................36

    5. Wahrnehmung und Bewertung von Veränderungen derArbeitssituation in der ambulanten Pflege .......................................................68

    6. Auswirkungen spezifischer Entwicklungen in der ambulanten Pflege ..........78

    7. Fazit .....................................................................................................................91

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 15

    Zusammenfassung

    Der Bedarf an professionellen Pflegeleistungen für ältere und krankeMenschen wird in den nächsten Jahrzehnten stark ansteigen. DerAnstieg des Anteils pflegebedürftiger älterer Menschen in der Bevöl-kerung und die Arbeitsteilung zwischen stationärem und ambulantemSektor in der Gesundheitsversorgung führt zu weit reichenden Ver-änderungen in der ambulanten Pflege. Die Studie untersucht Arbeits-bedingungen und Gesundheit von Pflegekräften in der ambulantenPflege vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen.

    Steigender Bedarfan professionellenPflegeleistungen

    Die Untersuchung fokussiert auf drei Themenschwerpunkte:

    (1) Beschreibung der aktuellen Situation der Beschäftigten in derambulanten Pflege im Vergleich zur stationären Krankenpflege.Für den Vergleich werden Ergebnisse des „DAK-BGW Gesund-heitsreports 2005 – Stationäre Krankenpflege“ herangezogen, dermit vergleichbarer Methodik die Situation der Pflegenden in stati-onären Einrichtungen untersucht hat.

    (2) Analyse und Bewertung von Veränderungen, die sich in der am-bulanten Pflege in den letzten drei Jahren vollzogen haben.

    (3) Detaillierte Betrachtung von spezifischen Struktur- und Prozess-innovationen, die insbesondere durch die Notwendigkeit derImplementierung eines Qualitätsmanagement-Systems entste-hen.

    Drei Themen-schwerpunkte

    Im ersten Untersuchungsteil wird einerseits auf Arbeitsbelastungenund Ressourcen eingegangen, die für Pflegende in der ambulantenund stationären Pflege gleichermaßen relevant sein können (z. B.körperliche Belastungen, Konfrontation mit Leiden und Tod, sozialeUnterstützung). Andererseits werden die Charakteristika beschrie-ben, die durch die spezifische Arbeitssituation der ambulanten Pflegeentstehen (z. B. Behinderungen in der Klientenwohnung, Interaktio-nen mit Angehörigen).

    Übergreifende undfür die ambulantePflege spezifischeArbeitsbelastun-gen

    Basis der Studie ist eine schriftliche Befragung von DAK-Mitgliedernder Berufsgruppen „Krankenschwester/-pfleger“ (Schlüssel Nr. 853),„Helfer in der Krankenpflege“ (Schlüssel Nr. 854) und „Sozialarbeiter,Sozialpfleger“ (Schlüssel Nr. 861), unter die auch die Altenpfleger/-innen sowie Helfer/-innen in der Altenpflege fallen. Eine bundesweiteZufallsstichprobe aus dieser Grundgesamtheit erhielt im Januar 2005einen 15 Seiten umfassenden Fragebogen. Nach der Bereinigungum Fehlläufer betrug der Rücklauf 50 Prozent.

    Datenbasis

    Für die Analysen des Berichts wurden nur Antworten von Beschäf-tigten berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Befragung einer pflegen-den Tätigkeit in einem ambulanten Pflegedienst nachgingen. DiesesKriterium trifft auf 728 Personen zu. 17,2 % der Befragten übten eineleitende Funktion (PDL oder Führungskraft) aus.

  • Seite 16 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Vergleichsgruppe„Stationäre Kran-kenpflege“

    Für die DAK-BGW-Studie zu den Arbeitsbedingungen in der stationä-ren Krankenpflege wurden lediglich examinierte Krankenschwesternund Krankenpfleger befragt. Für den Vergleich der Ergebnisse beiderUmfragen wurden daher jeweils nur die Antworten examinierter Pfle-gekräfte ohne Leitungsfunktion genutzt.

    Trägerschaft undGröße der Pflege-dienste

    39,1 % der Befragten arbeiten für einen privaten Pflegedienst. Bei28,3 % befindet sich der Dienst in öffentlicher Trägerschaft. Nur et-was weniger Befragte (27,2 %) arbeiten in freigemeinnützigenDiensten (keine Angabe: 5,4 %). Bei 35,3 % der Befragten werdenzwischen 51 und 100 Klienten durch den Pflegedienst betreut,23,4 % arbeiten in einem Dienst, der bis zu 50 Klienten pflegt. 41,3 %nennen eine Anzahl von mehr als 100 Klienten.

    67,4 % der Befragten arbeiten in geteilten oder Wechselschicht-Diensten. Die überwiegende Mehrheit (73,8 %) leistet regelmäßigÜberstunden, 43,8 % sogar regelmäßig mehr als zehn Stunden proWoche.

    Häufigste körper-liche Belastungen:schweres Hebenund Tragen

    46,1 % der Befragten führen häufiger als 6-mal am Tag schwere He-be- und Tragetätigkeiten aus. Mehr als die Hälfte (58,5 %) habenzufrieden stellenden Zugang zu kleinen Hilfsmitteln und Hebehilfenwie Badewannenliftern oder Hebekissen. Schwere Hebe- und Tra-getätigkeiten sind damit insgesamt seltener als in der stationärenKrankenpflege.

    Häufigste Organi-sationsbedingteBelastungen:Zeitdruck

    Die häufigsten organisationsbedingten psychischen Belastungen sindZeitdruck (31,7 % antworteten „sehr oft“), die fehlende MöglichkeitPausen einzuhalten (32,9 %) und Leistungsdruck (16,9 %). Informa-tionsmangel tritt dann besonders häufig auf, wenn in dem Pflege-dienst keine Fachkräfte für die Weiterleitung pflegerelevanter Infor-mationen bei Verlegungen eingesetzt werden. Pflegende mit Lei-tungsfunktion sind im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegenohne Leitungsfunktion am häufigsten durch zu hohen Verantwor-tungsdruck belastet. Helferinnen und Helfer hingegen leiden am häu-figsten unter fachlicher Überforderung.

    Aspekte der Arbeitsorganisation und -abläufe stellen in der ambu-lanten Pflege eine relevante psychische Belastungsquelle dar. ImVergleich zur stationären Krankenpflege sind diese jedoch insgesamtgeringer ausgeprägt. Besonders deutliche Unterschiede zeigen sichin Bezug auf das Auftreten von Unterbrechungen beim Ausführeneiner Arbeitstätigkeit. Diese kommen in der stationären Krankenpfle-ge häufiger vor. Informationsmangel ist hingegen die Einschränkung,die bei Beschäftigten in der ambulanten Pflege häufiger auftritt.

    Ressourcen: Auf-gabenvielfalt

    Der Großteil der Befragten in der ambulanten Pflege nimmt die eige-ne Tätigkeit als abwechslungsreich und interessant wahr, wobei sichdie Werte an dieser Stelle etwas schlechter darstellen als in denKrankenhäusern.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 17

    Die Beschäftigten in der ambulanten Pflege haben wenig Kontakt zuihren Kolleginnen und Kollegen. Die meisten sind mit dieser Situationjedoch überwiegend zufrieden und schätzen besonders die Möglich-keit zum selbständigen Arbeiten. 25,6 % würden sich hingegen mehrKontakt zu den Kolleginnen und Kollegen wünschen.

    Soziale Unterstüt-zung durch Kolle-gen und Vorge-setzte

    Das soziale Klima im eigenen Pflegedienst wird sowohl im Hinblickauf das Verhältnis zwischen den Kollegen als auch in Bezug auf denKontakt zur/zum Vorgesetzten äußerst positiv bewertet. Die sozialeUnterstützung wird in der ambulanten Pflege durchschnittlich besserbewertet als in Krankenhäusern und Fachkliniken.

    Auch werden die Partizipationsmöglichkeiten in Pflegediensten alsweitere zentrale Ressource recht positiv gewertet. Mehr als 60 % derBefragten haben den Eindruck, dass sie im eigenen Pflegedienstzum Einbringen von Verbesserungsvorschlägen ermuntert werden.Mehr als 50 % fühlen sich rechtzeitig und vollständig über innerbe-triebliche Änderungen informiert. Die Möglichkeiten der Mitspracheund Beteiligung wurden in der Umfrage bei Krankenschwestern und -pflegern, die in der stationären Pflege tätig sind, schlechter einge-schätzt.

    Partizipations-möglichkeiten

    Im Hinblick auf die Belastungen und Ressourcen, die sektorüber-greifend relevant sind, zeigt sich insgesamt ein günstigeres Bild fürdie ambulante als für die stationäre Pflege.

    Günstigere Situa-tion als in Kran-kenhäusern

    Beschäftigte in der ambulanten Pflege verwenden einen Großteilihrer Arbeitszeit auf die Wege zwischen den Wohnungen der zubetreuenden Klienten. Das Hauptverkehrsmittel für die Arbeitswegeist das Auto (94,3 %). Die Fahrzeiten werden von den Befragten nurselten als belastend wahrgenommen. Jede/r Dritte (32,9 %) gibt je-doch zu, die Geschwindigkeitsbegrenzungen häufig zu missachten.

    Arbeitswege

    Jede/r Zehnte (9,5 %) hatte innerhalb der letzten 12 Monate einenAutounfall auf den Arbeitswegen.

    Autounfälle

    Charakteristisches Merkmal der häuslichen Pflege ist die Ausführungder Pflegetätigkeiten in den Wohnungen der Klienten. Die Arbeit wirdhäufig durch Behinderungen in den Klientenwohnungen erschwert.Am häufigsten treten Erschwernisse durch wenig klientengerechteBäder (58,8 % „oft“ oder „sehr oft“) und durch bauliche Mängel, Hin-dernisse oder rutschige Fußböden (45,3 %) auf.

    Behinderungen inden Wohnungender Klienten

    Die Pflegenden in der ambulanten Pflege fungieren oft für die Dauerdes gesamten Pflegevertrags als Ansprechpartner für ihre Klientin-nen und Klienten. 65 % der Befragten bemängeln, dass die persönli-che Ansprache der Klienten in den vorgesehenen Leistungskomple-xen zu kurz kommt.

    Enger Kontakt zuKlienten und An-gehörigen

    Ein Drittel wird stark von Angehörigen beansprucht, die ihrerseits vonder Pflege überlastet sind. Erfreulich ist hierbei jedoch, dass die Be-ziehung zu den Angehörigen von der überwiegenden Mehrheit alsvertrauensvoll und unterstützend beschrieben wird.

    Beanspruchungdurch Angehörige

  • Seite 18 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Kooperation undKommunikationverschiedenerAkteure

    Die Kooperation und Kommunikation zwischen verschiedenen Abtei-lungen und Akteuren (Abteilungen innerhalb des Pflegedienstes,Krankenkassen, Hausärzte) wird von mehr als der Hälfte als offen,transparent und gut bewertet. In Pflegediensten, in denen die Be-schäftigten ausgeprägte Möglichkeiten der Mitsprache und Beteili-gung erhalten, werden auch interne und externe Kooperationen undKommunikation besser bewertet.

    Psychosomati-sche Beschwer-den

    Trotz der teils günstigeren Arbeitsbedingungen in der ambulantenPflege, treten körperliche und Allgemeinbeschwerden bei Beschäf-tigten in beiden Pflegesektoren gleichermaßen auf. Es dominierenKreuz- und Rückenschmerzen. Pflegekräfte in der ambulanten Pflegesind etwas stärker von Mattigkeit und innerer Unruhe betroffen.

    Arbeitszufrieden-heit

    Ihre Arbeitszufriedenheit bewerten 32,5% der Befragungsteilnehme-rinnen und -teilnehmer alles in allem sehr zufrieden stellend. 37,2%sind eher zufrieden. Lediglich 2,8% sind gar nicht und 5,5% sind we-nig zufrieden. Vergleicht man diesen Befund mit den Ergebnissen derstationären Krankenpflege zeigt sich, dass Beschäftigte in der am-bulanten Pflege zufriedener sind. Dennoch ist die Tendenz, den Pfle-geberuf aufzugeben, in beiden Gruppen gleich stark ausgeprägt, wasauch auf die Rahmenbedingungen zurückgeführt werden kann: In derambulanten Pflege ist jede/r Vierte mit den konkreten Rahmenbedin-gungen unzufrieden und jede/r Dritte bemängelt ein zu geringes An-sehen des Pflegeberufs in der Gesellschaft.

    Veränderungen Im Hinblick auf mögliche Veränderungen der Arbeitssituation in denvorangehenden drei Jahren wurden 19 Fragen gestellt. Die Pflegen-den sollten jeweils angeben, wie stark die Zu- oder Abnahme warund wie sie die Veränderungen bewerten.

    Zunahme vonArbeitstempo undDokumentation

    Als stärkste Veränderungen wurden die Zunahme des Arbeitstemposund des Anteils der Arbeitszeit, der auf Dokumentationstätigkeitenund Verwaltungsaufgaben entfällt, genannt. Beide Entwicklungenerhalten negative Bewertungen.

    Höhere Aufgaben-vielfalt und Fach-kompetenz

    Sehr positiv bewertet werden eine starke Zunahme in der Vielfalt derArbeitsaufgaben und der Anforderungen an die Fachkompetenz. Mitden höheren Anforderungen an die Kompetenzen gehen auch besserqualifizierte Pflegekräfte einher.

    Veränderung desKlientels

    Der Veränderung des Klientels, insbesondere die Zunahme des An-teils der Klienten mit Behandlungspflege, wird aus Perspektive derPflegenden kritisch gesehen. Die ablehnende Haltung ist vermutlichweniger durch das Auftreten von fachlicher Überforderung begründetals vielmehr durch den bürokratischen Aufwand zur Verordnung vonkrankenpflegerischen Leistungen, der durch gesetzliche Regelungenentsteht.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 19

    Im dritten Teil der Studie wird auf die Auswirkungen spezifischer Ver-änderungsprozesse eingegangen: Aspekte von Umstrukturierungenund Rationalisierung, die Einführung von Qualitätsmanagement-Systemen, die Umsetzung von Pflege- und Notfallleitlinien sowie diezunehmende Bedeutung der Dokumentation pflegerischer Leistun-gen.

    SpezifischeVeränderungspro-zesse

    8,1 % der Befragten haben innerhalb der vorangehenden Jahre einenTrägerwechsel des eigenen Pflegedienstes erlebt, bei 10 % wurdeder eigene Pflegedienst mit anderen Diensten zusammengelegt.

    Umstrukturierun-gen

    Auf die Priorisierung ambulanter Pflege vor stationärer Pflege habenviele Pflegedienste (28,6 %) mit einer Erweiterung des Pflegeange-bots reagiert. Insbesondere freigemeinnützige und private Einrich-tungen betreuen jetzt Klientengruppen, die vor einigen Jahren nochnicht gepflegt wurden. Die Erweiterung des Pflegeangebots ziehttiefgreifende Veränderungen nach sich, die für die Beschäftigten so-wohl Chancen als auch die Möglichkeit eines Anstiegs der Belastun-gen bieten.

    Erweiterung desPflegeangebots

    Trotz des Zuwachses des ambulanten Pflegesektors hat jede/r Dritteinnerhalb der letzten drei Jahre Personalabbau im eigenen Pflege-dienst erlebt. Personalabbau geht dabei in der Regel mit einem An-stieg der arbeitsbedingten Belastungen einher.

    Personalabbau

    Im Laufe der letzten Jahre haben viele Pflegedienste Qualitätsmana-gement-Systeme implementiert (ca. 80 % der Befragten). Bei derUmsetzung der Qualitätsmanagement-Systeme besteht jedoch ein-deutiges Verbesserungspotential. Gut ein Drittel der Befragten mitQualitätsmanagement-System im eigenen Pflegedienst ist der Mei-nung, dass das QM-System überwiegend zusätzliche Arbeit für diePflegenden erzeugt. Je stärker die Befragten in die Entwicklung undImplementierung des Qualitätsmanagement-Systems eingebundenwerden, desto besser wird auch die Umsetzung bewertet.

    In Pflegediensten, in denen ein Qualitätsmanagement-System imp-lementiert ist, werden häufiger ausführliche Dienst- und Fallbespre-chungen sowie Pflegevisiten durchgeführt.

    Implementierungund Auswirkun-gen von Quali-tätsmanagement

    Im Zuge der Professionalisierung der Pflege spielen schriftlich formu-lierte Pflege- und Notfallleitlinien eine zunehmend größeren Rolle imPflegealltag. Auch bei der Umsetzung der Leitlinien besteht jedochklares Potential für Optimierungen.

    Pflege- und Not-fallleitlinien

    18,2 % der befragten Pflegekräfte verwenden mehr als eine Stundepro Arbeitstag auf Pflegeplanung und Dokumentation. Bei Vorhan-densein eines Qualitätsmanagement-Systems ist der Dokumentati-onsaufwand geringer. Dieses Resultat ist ein weiterer Beleg, wieQualitätsmanagement durch Prozessoptimierungen die Arbeitsbe-lastungen der Beschäftigten senken kann.

    Prozessoptimie-rung Qualitätsma-nagement

  • Seite 20 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Als Gesamtfazit im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen der Pflege-kräfte in der häuslichen Pflege wird konstatiert, dass die Arbeit alsPflegekraft in einem ambulanten Dienst hohe körperliche und psychi-sche Belastungen birgt, obgleich sich die Situation erfreulicher dar-stellt als in der stationären Krankenpflege.

    Die Priorisierung der ambulanten vor der stationären Gesundheits-versorgung bietet viele Chancen für den ambulanten Pflegesektoraber auch die Gefahr der Überforderung der Beschäftigten.

    DAK und BGW bieten eine Vielzahl an Beratungstools zur Optimie-rung der ergonomischen und psychischen Arbeitsbedingungen sowiezur Einbindung der Beschäftigten in Veränderungsprozesse an.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 21

    1. Ausgangspunkt, Ziele und Fragestellungen

    1.1 Ausgangspunkt

    Seit Mitte der 80er Jahre haben sich zahlreiche wissenschaftlicheStudien der Arbeitsituation von Pflegekräften in Einrichtungen derstationären Pflege gewidmet. DAK und BGW haben ebenfalls mehre-re Studien zu diesem Themenfeld veröffentlicht.Die aktuellste Studiestellt der „DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Kranken-pflege“ dar. In diesem Bericht wurden die Auswirkungen der ver-schiedenen Veränderungsprozesse im deutschen Gesundheitswesenauf die Arbeitssituation und Gesundheit der Pflegekräfte untersucht.

    DAK-BGW-Gesundheits-report 2005 –StationäreKrankenpflege

    Die Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegenden in ambu-lanten Diensten sind bislang vergleichsweise selten bzw. erst in denletzten Jahren Gegenstand arbeitswissenschaftlicher Forschung ge-worden.1 Auch Möglichkeiten betrieblicher Gesundheitsförderung vonBeschäftigten in Einrichtungen der häuslichen Pflege werden in deröffentlichen Diskussion vernachlässigt.

    Vernachlässigungambulanter Pflegein der Forschung

    Der Bedarf an Pflegeleistungen für alte und kranke Menschen wirdaufgrund struktureller Veränderungen in der Gesundheitsversorgungund gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen allerdings stetig zuneh-men. Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der ambu-lanten Pflege möchten DAK, BGW und IGES mit dem „Gesundheits-report 2006 – Ambulante Pflege“ eine Wissenslücke schließen. DerReport geht vor allem der Frage nach, wie die Pflegenden ihre Ar-beitssituation erleben und welche Besonderheiten sich bei den Pfle-genden in der ambulanten Pflege im Vergleich zu den Pflegekräftenin der stationären Krankenpflege ergeben.

    Des Weiteren wird untersucht, wie sich der Wandel von Rahmenbe-dingungen in der ambulanten Gesundheitsversorgung auf das Be-rufsfeld der dort Tätigen auswirkt und welche Veränderungen dieBetroffenen im Arbeitsalltag erleben.

    Fragestellungendes DAK-BGWGesundheitsre-ports 2006 – Am-bulante Pflege

    Die Besonderheit dieser Studie besteht darin, dass erstmals Ergeb-nisse zu dem Wandel der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften inder ambulanten Pflege präsentiert werden, die nicht auf einer Stich-probe von Beschäftigten einzelner Einrichtungen oder einer regiona-len Selektion, sondern auf einer bundesweiten Beschäftigtenstich-probe beruhen.

    Erstmals bundes-weite Befragung

  • Seite 22 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    1.2 Ziele und Themenschwerpunkte

    Dieser Teil des Gesundheitsreports gliedert sich in drei übergreifendeThemenschwerpunkte:

    Aktuelle Situationvon Pflegekräftenin der ambulantenPflege

    (1) Zunächst wird ein Überblick über die aktuelle Situation von Pfle-genden in Einrichtungen der häuslichen Alten- und Krankenpflegegegeben. Es werden Ergebnisse zur Gesundheit, zur Arbeitszufrie-denheit, zum Betriebsklima, zu Partizipationsmöglichkeiten und zuarbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen dargestellt.

    Vergleiche mit denArbeitsbedingun-gen in der statio-nären Kranken-pflege

    Die Resultate werden – sofern Sie allgemeine sektorübergreifendeCharakteristika betreffen – zu den Ergebnissen des „DAK-BGW Ge-sundheitsreports 2005 – Stationäre Krankenpflege“ in Relation ge-setzt. Ausführlich werden aber vor allem die Belastungen und Res-sourcen beschrieben, die sich aus der spezifischen Konstellation inder ambulanten Pflege ergeben.

    Veränderungspro-zesse in den Pfle-gediensten

    (2) Im nächsten Schritt werden die Veränderungsprozesse in denPflegediensten ausführlicher betrachtet. Dabei werden zwei Perspek-tiven eingenommen: Welche Veränderungen werden wahrgenommenund wie werden diese Veränderungen bewertet?

    Auswirkungenvon spezifischenVeränderungen

    (3) Im dritten Schwerpunkt geht es schließlich um konkrete Prozesseund Ereignisse, die für die Entwicklung des ambulanten Pflegesek-tors von besonderer Relevanz sind:

    Welche Auswirkungen haben aus Sicht der Pflegenden spezifischeStruktur- und Prozessinnovationen, die insbesondere durch die Not-wendigkeit der Implementierung eines Qualitätsmanagement-Systems entstehen? Als ein weiterer spezifischer Aspekt von Verän-derung werden in diesem Teil auch die Häufigkeit und die Folgen vonRationalisierungsprozessen (z. B. Personalabbau) untersucht.

    Der erste Themenschwerpunkt hat somit vor allem beschreibendenCharakter, stellt allerdings aufgrund der bundesweiten Stichprobevon Pflegenden eine Novität dar. Es werden differenzierende Aus-wertungen nach Merkmalen der beruflichen Stellung (Befragte mitLeitungsfunktion, examinierte Pflegekräfte ohne Leitungsfunktion,Helferinnen und Helfer in der Krankenpflege) durchgeführt. Fernerwerden Vergleiche mit den Resultaten der Befragung der in der stati-onären Krankenpflege tätigen Pflegekräfte angestellt, wenn sie in-haltlich und methodisch gerechtfertigt sind.

    Stellenweise werden auch Strukturvariablen, wie etwa die Klienten-zahl des Pflegedienstes, berücksichtigt. Die Zusammenhänge zwi-schen den wahrgenommenen Mitsprache- und Beteiligungsmöglich-keiten und die Einschätzungen der Kooperation zwischen verschie-denen Akteuren in der ambulanten Pflege werden vertiefend unter-sucht.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 23

    Im Zusammenhang mit dem dritten Teil werden wichtige Resultatezum ersten Themenschwerpunkt erneut aufgegriffen – entweder alsFaktoren, die Einfluss darauf nehmen können, ob sich Umstrukturie-rungen positiv oder negativ auswirken – oder als mögliche Auswir-kungen von Veränderungsprozessen (z.B. größere Vielfalt der Ar-beitsaufgaben).

    Beide Aspekte sind besonders wichtig, weil sie die Möglichkeitenbetreffen, neuen Erfordernissen im Zusammenhang mit Qualitätssi-cherung und Rationalisierungsprozessen gerecht zu werden unddennoch Gesundheit, Motivation und Arbeitszufriedenheit der Pfle-genden zu erhalten bzw. zu fördern.

    Der „DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege“ be-schränkt sich nicht auf eine Beschreibung der aktuellen Arbeitssitua-tion in Einrichtungen der häuslichen Pflege. Er gibt auch Hinweise,Ansatzpunkte und Beispiele für eine gesundheitsförderliche Gestal-tung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Besondere Aufmerk-samkeit wird der Untersuchung von Faktoren gewidmet, die zu einerpositiven Bewältigung der Belastungen und Veränderungen beitragenkönnen.

    Wie lässt sichbetriebliche Ge-sundheitsförde-rung in der am-bulanten Pflegegestalten?

    Um eine bessere Einordnung der Befragungsergebnisse zu ermögli-chen, wird vor ihrer Darstellung eine kurze Einführung in die Rah-menbedingungen der ambulanten Pflege vor dem Hintergrund ihrerEntwicklungsgeschichte gegeben.

    Kapitel 2:Rahmenbedin-gungen in derambulanten Pfle-ge

  • Seite 24 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    2. Rahmenbedingungen in der ambulanten Pflege

    Laut der Pflegestatistik 20032 wurden von 2,08 Millionen Pflegebe-

    dürftigen 69 % (1,44 Millionen) zu Hause versorgt. Bei 450.126 Pfle-gebedürftigen wurden Pflegeleistungen durch ambulante Pflege-dienste erbracht. Im Vergleich zum Jahr 2001 bedeutet dies einenZuwachs von 3,6 %.

    ZunehmenderPflegebedarf

    Es wird geschätzt, dass der Anteil über 60-jähriger Menschen an derdeutschen Gesamtbevölkerung im Jahr 2010 etwa 26 % betragenwird, für das Jahr 2030 wird ein Anteil von 34 % hochgerechnet.

    Die häusliche Pflege älterer und kranker Menschen wurde früheroftmals von weiblichen Angehörigen übernommen. Traditionelle Fa-milienstrukturen lösen sich jedoch auf. Zudem steigt der Anteil be-rufstätiger Frauen stetig an, so dass diese die Pflege ihrer Angehöri-gen nicht mehr übernehmen können. Durch diese Entwicklungen wirdder Bedarf an professionellen Pflegeleistungen für ältere und krankeMenschen im häuslichen Umfeld in den nächsten Jahrzehnten starkansteigen.

    Strukturwandelund neue Aufga-ben für die ambu-lante Pflege

    Häusliche Pflege wurde durch die Einführung der Pflegeversicherungim Jahr 1995 gestärkt. Mit dem Pflegeversicherungsgesetz wurde derVorrang der ambulanten vor der stationären Versorgung als gesund-heitspolitisches Ziel gesetzlich verankert. Strukturelle Veränderungeninnerhalb der gesundheitlichen Versorgung und damit einhergehendeEntwicklungen in den letzten Jahren führten zu einer weiteren Stär-kung des ambulanten Sektors:

    Insbesondere bringt die Verkürzung der Verweildauern von Patientenin Krankenhäusern eine Veränderung der Aufgabenverteilung zwi-schen ambulantem und stationärem Sektor mit weiter reichendenAufgaben für die ambulante Pflege mit sich. Neben der Grundpflegenach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) fallen nun vermehrtauch Leistungen der Behandlungspflege im Krankheitsfall (SGB V) inden Aufgabenbereich der ambulanten Pflegedienste.

    2.1 Rechtliche und ökonomische Aspekte

    Entwicklungsge-schichte der am-bulanten Pflege

    Durch das Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG), dem 11. Sozial-gesetzbuch (SGB XI), wurde zur Absicherung des LebenslagerisikosPflegebedürftigkeit als „fünfte Säule“ ein eigenständiger Sozialversi-cherungszweig eingerichtet, um neben dem vorrangigen Ziel – Re-duktion der Sozialhilfeabhängigkeit bei Pflegebedürftigkeit – eineVerbesserung der Versorgungsqualität zu erzielen sowie eine sozial-verträgliche Finanzierung zu gewährleisten.

    Mit Beginn der ersten Stufe des Pflegeversicherungsgesetzes imApril 1995 wurde nicht nur der Vorrang der ambulanten Pflege vorder stationären Versorgung gesetzlich verankert (die zweite Stufe der

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 25

    Pflegeversicherung für die stationäre Pflege trat erst am 1. Juli 1996in Kraft) sondern der Pflegemarkt wurde auch für private Anbietergeöffnet. Hatten vor 1995 neben Angehörigen fast ausschließlichfreigemeinnützige Pflegedienste häusliche Pflege geleistet, ist nachEinführung der Pflegeversicherung die Zahl privater ambulanter Pfle-gedienste gestiegen. In den letzten Jahren ist ein Rückgang kleinererEinrichtungen zu beobachten.

    Pflegebedürftigkeit kann nach SGB XI nur aus einer Krankheit oderBehinderung folgen. Unterschieden werden drei Stufen der Pflege-bedürftigkeit (vgl. § 14 SGB XI):

    Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen zuzuord-nen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität fürwenigstens zwei Verrichtungen mindestens einmal täglich der Hilfebedürfen (z. B. beim Waschen und Ankleiden).

    Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) berücksichtigt Personen, diebei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestensdreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten auf Hilfe angewiesensind (z. B. Aufstehen, Ernährung, Zu-Bett-Gehen).

    Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) gehören Personen an,wenn sie bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität rundum die Uhr Unterstützung benötigen.

    Zusätzlich müssen alle Pflegebedürftigen (Pflegestufe I, II und III)mehrfach in der Woche auf Hilfestellung bei der hauswirtschaftlichenVersorgung angewiesen sein. Ob Pflegebedürftigkeit vorliegt, wirddurch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) festge-stellt.

    Die Pflegestufen

    Pflegeleistungen und Leistungen der hauswirtschaftlichen Versor-gung nach SGB XI werden in der Regel nach Komplexleistungenabgerechnet. In den Leistungskomplexen werden zusammengehöri-ge Teiltätigkeiten aggregiert, Leistungskomplex 1 stellt bspw. denErstbesuch dar. Jedem Leistungskomplex ist ein Punktwert zugeord-net, der die Grundlage für die Abrechnung bildet.

    Abrechnung nachKomplexleistun-gen

    Bei den Pflegeleistungen wird eine Unterscheidung zwischen Grund-und Behandlungspflege vorgenommen. Erstere wird von den Pflege-diensten über die Pflegekassen abgerechnet, die Vergütung der Be-handlungspflege erfolgt über die Krankenkassen. Nach § 92 SGB Vliegt die Diagnose und Sicherstellung häuslicher Pflege im Krank-heitsfall in der Verantwortung von Ärzten. Mit anderen Worten: Be-handlungspflege muss im Voraus von einem Arzt verordnet werden.

    Unterscheidungzwischen Grund-und Behand-lungspflege

    Sofern die Verordnung innerhalb von drei Arbeitstagen nach Aus-stellung bei der Krankenkasse vorliegt, werden die Kosten nach§ 132 a, Absatz 2 SGB V von den Krankenkassen übernommen. Ei-ne rechtzeitige Vorlage bewirkt also in jedem Fall eine vorläufigeKostenzusage und bietet den ambulanten Pflegediensten daher eine

    Anordnungs-problematik undbürokratischerAufwand durchgesetzlicheRegelungen

  • Seite 26 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    finanzielle Sicherheit. Andererseits entsteht durch diese gesetzlicheRegelung zur Verordnung von krankenpflegerischen Leistungen fürdie Pflegedienste ein administrativer Aufwand.

    Ferner ist zu beachten, dass gesetzliche Vorgaben es vorsehen,Verordnungen für Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege füreinen Zeitraum bis zu 14 Tagen zu begrenzen. Bei Klienten mit län-gerfristigen Erkrankungen müssen daher oftmals wiederholt Pflege-verordnungen ausgestellt werden und von der Krankenkasse ge-nehmigt werden. Dieses Procedere kann mit einem hohen Verwal-tungsaufwand für alle Beteiligten verbunden sein.

    Die Übernahme von Pflegetätigkeiten im Rahmen der Behandlungs-pflege geht nicht nur mit neuen, anspruchsvolleren Arbeitsaufgabenfür die Pflegekräfte einher, sondern schafft auch weitere Anforderun-gen, wie die Koordination von und die Kooperation mit verschiedenenAkteuren in der ambulanten Versorgung. Der hiermit verbundeneadministrative Aufwand wird vielfach als unverhältnismäßig hoch be-wertet.

    2.2 Arbeitsorganisatorische Aspekte

    Die Anerkennung eines Pflegedienstes durch die Pflegekassen ist andie Existenz einer Pflegefachkraft geknüpft, welche die Steuerungs-aufgaben der Pflegeanamnese, Pflegeplanung und Pflegeevaluationübernimmt. Gerade kleine, private Pflegedienste haben oft nichtmehr als 10 Beschäftigte.

    Arbeitsorganisa-torisches Settingder ambulantenPflege

    Im Gegensatz zur Pflege in Krankenhäusern oder rehabilitativen Ein-richtungen findet ambulante Pflege in den Privatwohnungen derKlienten statt. Die Arbeit ist in so genannten „Touren“ organisiert,wobei jede Pflegekraft nacheinander eine bestimmte Anzahl vonKlienten – meist ca. 10 – versorgt. Je nach Pflegebedürftigkeit kanndie Anzahl der Klienten variieren. Am frühen Vormittag kommt eshäufig zu Arbeitsspitzen, da eine große Anzahl von Grundpflegen zuverrichten sind. Die Touren werden in der Regel alleine gefahren, dasheißt, die Pflegekraft arbeitet in den Klientenwohnungen ohne dieUnterstützung von Kolleginnen und Kollegen.

    Neben den Tätigkeiten der Grund- und Behandlungspflege sind auchhauswirtschaftliche Tätigkeiten zu erledigen und die geleisteten Tä-tigkeiten sind zu dokumentieren.

    Sektorübergrei-fende Arbeitsbe-lastungen undspezifische Prob-lemschwerpunkte

    Pflegende in Einrichtungen der ambulanten Pflege sind daher einer-seits einer Reihe von Belastungsfaktoren ausgesetzt, die für ihreKolleginnen und Kollegen in der stationären Pflege gleichermaßenrelevant sind. Zu den sektorübergreifenden Belastungen zählen z. B.die tägliche Konfrontation mit Leiden und Tod, Belastungen durchHebe- und Tragetätigkeiten, Zeitdruck oder Informationsengpässe.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 27

    Andererseits entstehen spezifische Problemschwerpunkte durch dieArbeitssituation im häuslichen Umfeld. Hierzu zählen Belastungendurch die zurückzulegenden Arbeitswege ebenso wie Behinderungenoder Erschwernisse in den Klientenwohnungen und Konflikte, die inder Interaktion mit Klienten und Angehörigen auftreten können (z. B.wenn Leistungen eingefordert werden, die nicht im Pflegevertragvorgesehen sind). Zu nennen ist an dieser Stelle auch ein höhererVerantwortungsdruck, der durch das selbständige, eigenverantwortli-che Arbeiten ohne direkte Verfügbarkeit von Kolleginnen und Kolle-gen entstehen kann.

    In der Befragung wurden Spezifika, die aus den Rahmenbedingun-gen und dem unterschiedlichen Setting entstehen, berücksichtigt.

  • Seite 28 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    3. Methodik und Datenbasis

    3.1 Methodisches Konzept der Befragung

    Gruppendiskussionen mitPflegenden

    Zur konzeptionellen Vorbereitung der Befragung wurden zwei Grup-pendiskussionen mit Pflegenden in Hamburg und Berlin durchge-führt, die in ambulanten Pflegediensten tätig sind. Die insgesamt 30Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden über Fortbildungseinrich-tungen für Pflegende gewonnen. Thema der etwa zweistündigenGruppendiskussionen waren Arbeitsbelastungen in der ambulantenPflege sowie strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem inden letzten Jahren und die Auswirkungen auf die Arbeitssituationeiner Pflegekraft in einem ambulanten Pflegedienst.

    Der Fragebogen wurde unter Berücksichtigung der aktuellen Fachli-teratur, der Ergebnisse der beiden Gruppendiskussionen sowie desbei der Umfrage für den „DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stati-onäre Krankenpflege“ eingesetzten Fragebogens konzipiert. Sofernidentische Sachverhalte oder Konstrukte wie in der Befragung derPflegekräfte im stationären Bereich erhoben wurden, sind die Item-formulierungen beibehalten worden.

    Erhebung vonVeränderungenund diesbezügli-chen Bewertun-gen

    Besonderes Gewicht wurde bei der Fragebogenkonstruktion auf dieErhebung von Veränderungen bzw. diesbezüglichen Bewertungender Befragten gelegt. Neben Angaben zu spezifischen Maßnahmen(z. B. Einführung eines Qualitätsmanagements; Entwicklung derPflegedokumentation) wurde den Befragten eine Liste von 19 Ein-zelmerkmalen vorgelegt, bei der zum einen einzustufen war, ob inden letzten drei Jahren eine Zu- oder Abnahme stattgefunden hatund zum anderen, wie die betreffende Entwicklung bewertet wird.

    Bei den Autoren des vorliegenden Gesundheitsreports kann ein Ex-emplar des Fragebogens angefordert werden.

    3.2 Stichprobe und Rücklauf

    ErwerbstätigeMitglieder derDAK, die als Pfle-gekraft in einemambulanten Pfle-gedienst arbeiten

    Die Studie wurde als schriftliche Befragung einer Zufallsstichprobevon bei der DAK krankenversicherten Pflegenden durchgeführt. Aus-gangspunkt für die Stichprobenziehung waren die erwerbstätigenMitglieder der DAK mit Krankengeldanspruch, die nach den der DAKvorliegenden Informationen (Betriebsnummer des Arbeitgebers) imJahr 2003 in einem ambulanten Pflegedienst beschäftigt waren.3

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 29

    Basispopulation waren die Versicherten dieser Gruppe, bei denen inden „Angaben zur Tätigkeit“ (gemäß DEÜV) der Berufsgruppen-schlüssel „Krankenschwester/-pfleger, Hebammen / Entbindungs-pfleger“ (853), „Helfer in der Krankenpflege“ (854) oder „Sozialarbei-ter, Sozialpfleger“ (861) angegeben war. Unter den Berufsgruppen-schlüssel 861 fallen auch die Altenpfleger.

    Die Grundgesamtheit, die diese Selektionskriterien erfüllte, umfassteetwa 25.400 Mitglieder, wobei die Beschäftigten mit der Berufsgruppe853 46 % ausmachten, die Berufsgruppe 861 34 % und 20 % auf dieBerufsgruppe 854 entfielen. Aus dieser Grundgesamtheit wurde einenach den Merkmalen Berufsgruppe, Alter und Geschlecht geschich-tete Zufallsstichprobe von 4.300 Personen gezogen.

    Befragung von4.300 zufällig aus-gewählten Perso-nen

    Die 4.300 DAK-Versicherten erhielten im Januar 2005 einen 15 Sei-ten umfassenden Fragebogen. Auf dem Fragebogen war durch einenBuchstaben (A, B oder C) vermerkt, mit welchem Berufsgruppen-schlüssel der/die Angeschriebene in den Stammdaten verzeichnetwar. Nach Ablauf von zwei Wochen wurden alle Angeschriebenen andie Befragung erinnert.

    Bei dem Verfahren der Stichprobenziehung war mit einem gewissenAnteil an Fehlläufern zu rechnen. Die „Angaben zur Tätigkeit“ müs-sen zwar regelmäßig von den Arbeitgebern an die Krankenkassengemeldet werden, dies geschieht jedoch nicht immer mit der ge-wünschten Präzision und Zeitnähe. Ferner war damit zu rechnen,dass der zeitliche Abstand zwischen der Befragung (Januar 2005)und der Datenbasis für die Stichprobenziehung (November 2003) beider bekanntermaßen hohen Beschäftigtenfluktuation im Pflegebe-reich zu Ausfällen führen würde.

    Des Weiteren war mit Dokumentationsfehlern bei den Betriebsnum-mern zu rechnen. Diese Ausfälle sind jedoch als fehlerneutral zuwerten, dürften also keinen Einfluss auf die Ergebnisse nehmen.

    Um eine Schätzung der Fehlläufer zu ermöglichen, war in der erstenFrage des Fragebogens die Möglichkeit vorgesehen, anzugeben,dass man nicht (mehr) im pflegerischen Bereich tätig ist oder (mitt-lerweile) in einer stationären Einrichtung arbeitet. Die Angeschriebe-nen wurden gebeten, den Fragebogen auch dann zurückzusenden,wenn sie nicht (mehr) in einem ambulanten Pflegedienst arbeiten.

    Der Brutto-Rücklauf betrug insgesamt 2.146 Antworten. 905 Perso-nen (42,2 %) gaben an, in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig zusein. 272 Antwortende (12,7 %) sind nicht mehr im pflegerischenBereich tätig. 202 Personen (9,4 %) haben kommentarlos einen lee-ren Fragebogen zurückgesandt.

    Auf der Basis dieser Rückläufe lässt sich hochrechnen, dass etwa64 % aller ausgesandten Fragebögen Fehlläufer waren. Dement-sprechend haben 36 % aller ausgesandten Fragebögen eine Pflege-kraft in einem ambulanten Pflegedienst erreicht.

    64 % Fehlläufer

  • Seite 30 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Der vergleichsweise hohe Anteil an Fehlläufern ist zu einem erhebli-chen Anteil durch Ungenauigkeiten der Stichprobenselektion bedingt,da die Betriebsnummern keine ausreichend präzise Identifikation vonambulanten Pflegediensten erlauben. Eine weitere Fehlerquelledürfte der Zeitabstand zwischen Stichprobenselektion und Aussen-dung sein.

    Hoher Rücklaufvon 50 %

    Korrigiert man den Rücklauf um die Fehlläufer, stellt sich die Beteili-gung an der Befragung wie folgt dar:

    • Etwa 1.550 Pflegekräfte (DAK-Mitglieder), die in einem ambu-lanten Pflegedienst tätig sind, haben einen Fragebogen erhalten.

    • 767 Versicherte (49,5 %) haben geantwortet.

    Die korrigierte Rücklaufquote von rd. 50 % ist etwa genauso hochwie die Rücklaufquote bei der Befragung der Pflegekräfte in stationä-ren Einrichtungen für den „DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Sta-tionäre Krankenpflege“.

    Bei einer anonymen postalischen Befragung ist ein Rücklauf von50 % als äußerst hoch anzusehen, vor allem wenn man beachtet,dass der Fragebogen sehr lang war. Diese ungewöhnlich hohe Betei-ligung an der Befragung zeigt, dass das Interesse an der Thematikund das Mitteilungsbedürfnis bei Pflegenden in ambulanten Dienstensehr groß ist.

    Beschränkung aufBeschäftigte, dieeine pflegendeTätigkeit ausfüh-ren

    Von den 767 Befragungsteilnehmerinnen und –teilnehmern sind nichtalle dem Berufsfeld „Pflege“ zuzuordnen, sondern führen zum Teilauch ausschließlich administrative Tätigkeiten etc. aus. Der vorlie-gende Report beschäftigt sich ausschließlich mit Pflegekräften in derambulanten Pflege. Die Datenbasis der Personen, die dieses Kriteri-um erfüllen, umfasst 728 Pflegende.

    Zur Beantwortung der beschriebenen Fragestellungen wurden Ver-gleiche von Untergruppen (z. B. examinierte Pflegekräfte und Helfer/-innen in der Krankenpflege) sowie verschiedene Zusammenhangs-analysen (z. B. die Analyse des Zusammenhangs zwischen Partizi-pation und Arbeitszufriedenheit) durchgeführt. Des Weiteren wurdenUnterschiede zwischen der Situation in der ambulanten und stationä-ren Krankenpflege herausgearbeitet.

    Ergebnisse basie-ren auf statisti-schen Zusam-menhangsanaly-sen

    Alle berichteten Resultate beruhen auf statistischen Analysen. Dasheißt, wenn Zusammenhänge und Unterschiede dargestellt werden,treten diese nicht nur „dem Anschein nach“ auf. Die Bedeutsamkeitwurde durch angemessene Prüfverfahren auf statistische Signifikanzüberprüft. Die Signifikanzen und statistischen Prüfgrößen werden derbesseren Lesbarkeit halber bei der Darstellung der Ergebnisse aller-dings nicht aufgeführt.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 31

    3.3 Beschreibung der Datenbasis

    In die Analysen können die Daten von 728 Pflegekräften einbezogenwerden. Diese Personen führten zum Zeitpunkt der Befragung einepflegende Tätigkeit in einem ambulanten Pflegedienst aus.

    Datenbasis: 728Pflegekräfte

    Für einige Fragestellungen werden Untergruppen dieser Stichprobebetrachtet (z.B. examinierte Krankenschwestern und -pfleger). Immerdann, wenn die Stichprobe für eine spezifische Fragestellung redu-ziert wird, wird die Basis der Datenanalysen in dem jeweiligen Ab-schnitt erläutert.

    Betrachtung vonUntergruppen beispezifischen Fra-gestellungen

    Bei einigen Fragestellungen werden Vergleiche mit den Ergebnissendes „DAK-BGW Gesundheitsreports 2005 – Stationäre Krankenpfle-ge“ vorgenommen. Diese Resultate basieren auf einer im Jahr 2004durchgeführten Befragung. Die ausgewertete Stichprobe umfasste1.306 examinierte Krankenschwestern und -pfleger, die in einem A-kutkrankenhaus oder einer Fachklinik tätig waren. Weitere Details zudieser Stichprobe sowie zu den Resultaten der Analysen sind derPublikation zu entnehmen.4

    Da die Arbeitsbedingungen und -belastungen zum Teil stark mit derBerufsgruppe und dem beruflichen Status variieren, wurden für denVergleich der Arbeitsbedingungen in der ambulanten und stationärenKrankenpflege zwei homogene Untergruppen der Stichproben he-rangezogen, die sich sinnvoll vergleichen lassen:• examinierte Kranken- oder Altenpflegekräfte ohne Leitungsfunkti-

    on in ambulanten Einrichtungen (N = 465) und

    • examinierte Kranken- oder Altenpflegekräfte ohne Leitungsfunkti-on, die im allgemeinen Pflegedienst in einer stationären Einrich-tung tätig sind (N = 562).

    Datenbasis fürVergleiche mit derstationären Kran-kenpflege

    3.3.1 Soziodemografie

    91,2 % der Befragten sind Frauen, 8,8 % sind Männer. Das ent-spricht weitestgehend dem Geschlechterverhältnis bei den befragtenBerufsgruppen in ambulanten Pflegediensten der Bundesrepublik(2003: 89 % weiblich, 11 % männlich) (Quelle: Pflegestatistik 2003,vgl. Fußnote 1). Abbildung 1 zeigt die Altersverteilung der Befragten.

    Geschlechter-verhältnis istrepräsentativ

    68,6 % sind 40 Jahre oder älter, die 40- bis 49-Jährigen stellen mit38,2 % die größte Gruppe. Hinsichtlich der Altersverteilung gibt eskeine bedeutsamen Geschlechtsunterschiede.

    Im Vergleich zu den für den „DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 –Stationäre Krankenpflege“ befragten Versicherten, befindet sich einhöherer Anteil älterer Beschäftigter in der Stichprobe. Bei den in sta-tionären Einrichtungen beschäftigten Pflegekräften waren nur 52,4 %

    Mehr Ältere als beider Befragung inder stationärenKrankenpflege

  • Seite 32 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    der Befragten 40 Jahre und älter. Insbesondere der Anteil der über50-Jährigen ist in den ambulanten Pflegediensten vergleichsweisehoch. Des Weiteren ist der Frauenanteil etwas größer (AmbulantePflege: 91,2 %, Stationäre Krankenpflege: 86,4 %).

    Abbildung 1:

    Altersverteilungder Befragten

    8,5%

    22,9%

    38,2%

    30,4%

    0,0%

    5,0%

    10,0%

    15,0%

    20,0%

    25,0%

    30,0%

    35,0%

    40,0%

    45,0%

    50,0%

    unter 30 Jahre 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 Jahre und älter

    3.3.2 Beschäftigungsmerkmale

    Hoher Anteil Teil-zeitbeschäftigter

    38,3 % sind vollzeitbeschäftigt, 60,2 % arbeiten in Teilzeit (keine An-gabe: 1,5 %). Damit liegt der Anteil der Teilzeit-Beschäftigten gegen-über der Befragung in der stationären Krankenpflege deutlich höher.Von den befragten Beschäftigten in Krankenhäusern arbeiteten43,3 % mit reduzierter Stundenzahl.

    Hinsichtlich der Arbeitszeit in der ambulanten Pflege besteht eindeutlicher Geschlechtsunterschied: Während 68,3 % der männlichenBefragten Vollzeit arbeiten, beträgt dieser Anteil bei den Frauen nur36,1 %.

    Helfer/-innen inder Alten- undKrankenpflegesind leicht unter-repräsentiert

    Von den 728 Befragten gehören 57,0 % der Berufsgruppe 853 „Exa-minierte Krankenschwester und -pfleger“ an, 12,1 % sind Helfer inder Krankenpflege (Berufsgruppenschlüssel 854) und 30,9 % sindmit dem Berufsgruppenschlüssel 861 „Sozialarbeiter, Sozialpfleger“bei der DAK dokumentiert. Im Vergleich zur Grundgesamtheit derDAK-Versicherten sind die Helferinnen und Helfer in der Alten- undKrankenpflege also leicht unterrepräsentiert (vgl. Abschnitt 2.2).

    Im Hinblick auf den beruflichen Status machen die Befragten selbstfolgende Angaben: 17,2 % geben an, eine Leitungsfunktion (PDL)inne zu haben, 41,8 % bezeichnen sich als examinierte Krankenpfle-gekraft, 22,1 % als examinierte Altenpflegekraft und die Helfer/-innenmachen 17,5 % aus (Abbildung 2). Unter den sonstigen Nennungenverbergen sich hauptsächlich Beschäftigte, die kombinierte Stellun-gen inne haben (z. B. Qualitätsmanagement-Beauftragte und Pflege-kraft).

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 33

    17,2%

    41,8%

    22,1%

    9,3%

    8,2%

    1,4%

    PDL oder Führungskraft

    examinierteKrankenpflegekraft

    examinierteAltenpflegekraft

    Krankenpflegehelfer/-in

    Altenpflegehelfer/-in

    Sonstige

    Abbildung 2:

    Beruflicher Statusder Befragten

    Betrachtet man die Berufsbiografien, wird deutlich, dass sich in derStichprobe ein breites Spektrum an Pflegeerfahrung wiederfindet.5,2 % sind bis zu 5 Jahren in der Pflege tätig, etwa jede/r Fünfte(21,9 %) zwischen 5 und bis zu 10 Jahren. 53,1 % arbeiten zwischen10 und 25 Jahren in der Pflege, und ein Fünftel (19,8 %) verfügt übermehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der Pflege.

    Die Beschäftigungsdauer im aktuellen Pflegedienst wird deutlich kür-zer angegeben. Durchschnittlich arbeiten die Befragten seit 7,7 Jah-ren bei ihrem aktuellen Arbeitgeber. 45,6 % sind bis zu 5 Jahren beidem jetzigen ambulanten Pflegedienst beschäftigt, 31,5 % zwischen5 und 10 Jahren. Lediglich 22,9 % sind 10 Jahre und länger in dergegenwärtigen Einrichtung.

    Jede/r Fünfte istseit mindestens25 Jahren in derPflege tätig

    45,6 % sind seitweniger als 5 Jah-ren am gegenwär-tigen Arbeitsplatzbeschäftigt

    Gefragt wurde auch nach persönlichen beruflichen Veränderungen inden letzten drei Jahren: 10,6 % geben an, den ambulanten Pflege-dienst gewechselt zu haben, 7,8 % haben den Wechsel von einerstationären Einrichtung in eine ambulante Einrichtung vollzogen.3,3 % haben in dieser Zeit die Berufstätigkeit – z. B. nach einer Fa-milienphase – wieder aufgenommen. Diese Zahlen verdeutlichen diegroße innerberufliche Mobilität bei Pflegenden, die in ambulantenPflegediensten tätig sind.

    Hohe innerberufli-che Mobilität beiPflegenden

    Ferner hat sich bei 9,5 % der eigene berufliche Status (bspw. durchÜbernahme einer leitenden Position) geändert. Nur ein verschwin-dend geringer Anteil (0,8 %) hat innerhalb der letzten 3 Jahre selbsteinen ambulanten Dienst gegründet.

  • Seite 34 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    3.3.3 Strukturmerkmale der Pflegedienste

    Mehr als ein Drit-tel sind in privatenDiensten beschäf-tigt

    39,1 % der Befragten arbeiten für einen privaten Pflegedienst, bei28,3 % befindet sich der Dienst in öffentlicher Trägerschaft, etwasweniger Befragte (27,2 %) arbeiten in freigemeinnützigen Einrichtun-gen (keine Angabe: 5,4 %).

    In Bezug auf die Anzahl der Klienten geben 23,4 % der Befragten an,bei Pflegediensten beschäftigt zu sein, die bis zu 50 Klienten betreu-en. Die größte Gruppe machen mit 35,3 % die Einrichtungen aus, diezwischen 51 und 100 Klienten betreuen. 17,7 % der Pflegekräfte ar-beiten in Einrichtungen mit 101 bis 150 Klienten, und 23,6 % gebenmehr als 150 Klienten an.

    66,7 % der Dienstewurden vor 1995gegründet

    Die größte Gruppe der ambulanten Dienste (66,7 %) wurde bereitsvor 1995 gegründet, 16,6 % datieren die Gründung auf den Zeitraumzwischen 1995 und 1997. 11,6 % sind bei einem Pflegedienst tätig,der zwischen 1998 und 2003 gegründet wurde, bei 1,3 % lag dasGründungsdatum in den Jahren 2004 und 2005 (Abbildung 3).

    Abbildung 3:

    Gründungsjahrder ambulantenPflegedienste

    66,7%

    16,6%

    8,9%2,7% 1,3%

    3,9%

    0%

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    60%

    70%

    vor 1995 1995 bis 1997 1998 bis 2000 2001 bis 2003 2004 bis 2005 weiß nicht

    Wann wurde der ambulante Dienst, für den Sie zur Zeit tätig sind, gegründet?

    Differenziert man das Gründungsjahr nach der Trägerschaft der Ein-richtung, zeigen sich vermehrt private Einrichtungen, die Ende der90er Jahre oder später gegründet wurden. Hierin spiegelt sich dieGründungswelle der privaten Anbieter Ende der 90er Jahre nachEinführung der Pflegeversicherung wider.

    Breites Spektruman Betreuungsan-geboten

    Gefragt nach dem Betreuungsspektrum ihres Pflegedienstes, gebennahezu alle Befragten (95,3 %) an, dass ihr Dienst alte Menschenbetreut. 93 % nennen Diabetiker und 91,8 % geben körperbehinderteMenschen an, an vierter Stelle folgen Menschen mit chronischenpsychischen Erkrankungen (84,6 %). 72 % betreuen geistig behin-derte Klienten. Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen ist imAngebotsspektrum von etwa der Hälfte (48,9 %) der Dienste enthal-ten, und 39,6 % pflegen Aids-Kranke. Vereinzelt nennen die Befrag-ten explizit intensivmedizinische Betreuung (1,4 %).

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 35

    Abbildung 4 illustriert, welche zusätzlichen Leistungen von den am-bulanten Diensten angeboten werden.

    63,2%

    43,3%

    50,5%46,0%

    25,7%

    0%

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    60%

    70%

    Hausnot-rufdienst

    Kurse fürhäusliche Pflege

    Essen aufRädern

    Pflegehilfs-mittelverleih

    Sonstige Zusatz-leistungen

    Abbildung 4:

    Zusatzleistungen

    Am häufigsten wird Hausnotrufdienst genannt (63,2 %), gefolgt vonEssen auf Rädern (50,5 %) und Pflegehilfsmittelverleih (46,0 %).43,3 % der Einrichtungen bieten auch Kurse für häusliche Pflege an.Hinter den sonstigen Nennungen verbergen sich Beschäftigungsan-gebote (z. B. Spaziergänge), besondere Pflege (Fuß, Haar), Ur-laubspflege, hauswirtschaftliche Hilfe etc.

    In den Einrichtungen von 81,1 % der Befragten gibt es Fachkräfte,die bei der Verlegung eines Klienten für die Weiterleitung der pflege-relevanten Informationen zuständig sind.

  • Seite 36 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    4. Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegenden inambulanten Pflegediensten in der Bundesrepublik

    Jede Arbeitstätigkeit ist mit körperlichen oder geistigen Belastungenverbunden, die bei der Person, die sie ausführt, zu körperlicher odergeistiger Beanspruchung führen. Das Ausmaß der Beanspruchunghängt nicht allein von der Stärke der Belastung, sondern auch vonden Bewältigungsmöglichkeiten und Puffern ab, die der Person zurVerfügung stehen.

    Allgemeine undspezifische

    Wie im Kapitel 2 dargestellt, existieren arbeitsbedingte Belastungs-faktoren, die für alle Pflegenden gleichermaßen relevant sind – un-abhängig davon, ob sie in der stationären Krankenpflege oder in ei-nem ambulanten Pflegedienst beschäftigt sind. Diese sektorüber-greifenden Faktoren sind gut geeignet, um die Belastungssituationvon Pflegekräften in der stationären und der häuslichen Pflege ver-gleichend betrachten zu können.

    Andererseits führen die Rahmenbedingungen und das spezifischeArbeitsumfeld der Pflegekräfte in der ambulanten Pflege dazu, dasses eine Reihe von Arbeitsbelastungen und Ressourcen gibt, die fürBeschäftigte in stationären Einrichtungen weitestgehend irrelevantsind, und dem zu Folge auch kein Vergleich zwischen den Beschäf-tigten der verschiedenen Pflegesegmente gerechtfertigt ist.

    Aufbau des Kapi-tels

    In diesem Kapitel wird daher eine Einteilung in sektorübergreifendeund spezifische Arbeitsbelastungen und Ressourcen vorgenommen.Zuerst wird auf die allgemeinen Charakteristika eingegangen, wobeiauch Vergleiche zu den Befragungsergebnissen des „DAK-BGWGesundheitsreports 2005 – Stationäre Krankenpflege“ hergestelltwerden, sofern sie inhaltlich und methodisch vertretbar sind.Es folgt eine Darstellung der Resultate zu den spezifischen Belas-tungsfaktoren in der ambulanten Pflege.

    Arbeitsbelastungen und Ressourcen wirken sich in ihrem Zusam-menspiel auf der Ebene von Stressreaktionen, gesundheitlichen Be-schwerden und Arbeitszufriedenheit aus. Auf diese Aspekte wird amEnde des Kapitels eingegangen. Auch hier finden Vergleiche zwi-schen den Werten der Beschäftigten in der häuslichen Alten- undKrankenpflege und den Werten der Pflegekräfte in Krankenhäusernstatt.

    Die folgende Übersicht zeigt die einzelnen Themenkomplexe, dieunter den Überschriften „Sektorübergreifende Belastungen“ (Ab-schnitt 4.1), „Sektorübergreifende Ressourcen“ (Abschnitt 4.2), „Spe-zifische Belastungen in der ambulanten Pflege“ (Abschnitt 4.3), „Spe-zifische Ressourcen in der ambulanten Pflege“ (Abschnitt 4.4) sowie„Auswirkungen“ (Abschnitt 4.5) im Einzelnen behandelt werden. Ein-zelheiten zu den Fragestellungen finden sich in den einzelnen Unter-kapiteln.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 37

    Arbeitszeit

    KörperlicheBelastungen

    PsychischeBelastungen

    Aufgaben-vielfalt

    SozialeUnterstützung

    Partizipation

    Sektor-übergreifend

    Belastungen Ressourcen

    4.1 4.2

    SpezifischArbeitswege

    Klienten-wohnung

    Klienten undAngehörige

    4.3

    Kooperation undKommunikationverschiedenerAkteure

    4.4

    Arbeitszufriedenheit Berufszufriedenheit PsychosomatischeBeschwerden

    Auswirkungen

    4.5

    Abbildung 5:

    ThematischeGliederung vonKapitel 4

    4.1 Sektorübergreifende Arbeitsbelastungen

    Sektor-übergreifende

    BelastungenArbeitszeit KörperlicheBelastungen

    PsychischeBelastungen

    4.1.1 Arbeitszeiten und Dienstpläne

    Die Befragten wurden gebeten anzugeben, wie normalerweise ihrWochendienstplan aussieht: Die meisten Befragten arbeiten in ge-teiltem Dienst (34,5 %) oder Wechselschicht (32,9 %). Beide Ar-beitsformen stellen besonders hohe Anforderungen an die Beschäf-tigten. 27,9 % arbeiten ausschließlich im Frühdienst. Die untypischsteForm der Organisation der Arbeitszeit ist der reine Spätdienst(4,7 %).

    67,4 % arbeiten inWechselschichtoder geteiltemDienst.

    Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in ambulanten Pflege-diensten (73,8 %) leistet regelmäßig Überstunden, wobei die Anzahlder Überstunden nur selten im Bereich bis zu 5 Stunden pro Monatliegt (7,4 % von allen Befragten). 22,5 % leisten monatlich zwischen5 und 10 Überstunden, die meisten Befragten (30,2 %) geben zwi-schen „mehr als 10“ und 20 Überstunden pro Monat an. 13,6 % leis-ten sogar regelmäßig mehr als 20 Überstunden.

    ÜberwiegendeMehrheit leistetregelmäßig Über-stunden

  • Seite 38 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Befragte in leiten-den Positionensind am stärkstendurch Überstun-den belastet

    Die Anzahl der Überstunden ist dabei abhängig vom beruflichenStatus. In Abbildung 6 ist die Situation für Beschäftigte mit Leitungs-funktion, examinierte Pflegekräfte ohne Leitungsfunktion und Helfer/-innen in der Pflege gezeigt: Die Helfer/-innen sind am geringstendurch Überstunden belastet: 41,4 % geben an, keine Überstunden zuleisten. Im Vergleich dazu beträgt die durchschnittliche Anzahl derÜberstunden bei 17,6 % der Befragten mit Leitungsfunktion mehr als20 Stunden.

    Abbildung 6:

    DurchschnittlicheZahl der Über-stunden pro Mo-nat (nach berufli-chem Status)

    20,8%

    32,8%

    17,6%

    8,0%

    24,3%

    13,5%

    41,4%

    15,6%

    22,4%

    6,4%

    23,0%

    31,2%

    6,3%

    26,6%

    10,2%

    0%

    5%

    10%

    15%

    20%

    25%

    30%

    35%

    40%

    45%

    50%

    keineÜberstunden

    bis 5 ÜStd. über 5 bis 10ÜStd.

    über 10 bis 20ÜStd.

    über 20Überstunden

    Beschäftigte mit LeitungsfunktionExaminierte Pflegekräfte

    Pflegehelfer/innen

    Sektor-übergreifende

    BelastungenArbeitszeit KörperlicheBelastungen

    PsychischeBelastungen

    4.1.2 Körperliche Belastungen und der Einsatz von

    Hebehilfen

    Die Pflege von alten und kranken Menschen gehört zu den körperlichstark beanspruchenden Tätigkeiten: Klienten müssen angehoben,umgelagert, mobilisiert oder sogar getragen werden. Zudem werdenPflegetätigkeiten vielfach in gebeugter oder gedrehter Haltung aus-geführt.

    Hebe- und Trage-tätigkeiten müs-sen zumeist allei-ne ausgeführtwerden.

    Erschwerend kommt in der ambulanten Pflege hinzu, dass die Pfle-gekraft zumeist ohne Kollegen in der Wohnung des Klienten ist unddie Hebe- und Tragetätigkeiten allein ausführen muss. Außerdemarbeitet sie in der Wohnung des Klienten, wobei Nachteile der räum-lichen Gegebenheiten die Tätigkeiten zusätzlich erschweren können.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 39

    In vielen Studien zu Gesundheit und Arbeitsbelastungen von Pfle-genden findet sich der Befund, dass Angehörige dieser Berufsgruppeüberproportional häufig unter Rücken- und Nackenschmerzen leiden.

    Viele Pflegendeleiden unterRücken- und Na-ckenschmerzen

    Das Ausmaß von Rücken- und Nackenschmerzen hängt (unter ande-rem) mit der Häufigkeit und Schwere von Tätigkeiten zusammen, diedie Wirbelsäule mechanisch stark belasten, wie etwa schweres He-ben und Tragen oder das Arbeiten in Zwangshaltungen.

    In der Befragung der Pflegekräfte wurden die Angeschriebenen ge-beten anzugeben, wie oft am Tag Tätigkeiten mit dem Schwerpunkt„Heben und Tragen“ (z. B. Betten, Lagern, Umsetzen, Mobilisierenvon Patienten) bzw. „Rumpfbeugung und -drehung“ (z. B. Betten ma-chen, Ankleiden von Patienten) ausgeführt werden.

    4,2%

    4,5% 49,4%

    35,5%

    33,6%

    24,6%

    12,5%

    35,7%

    0% 20% 40% 60% 80% 100%

    Rumpfbeugung und-drehung

    Heben und Tragen

    Tätig

    keite

    n m

    it Sc

    hwer

    punk

    t ...

    nie 1-5-mal 6-10-mal über 10-mal

    Wie häufig sind Sie an einem typischen Arbeitstag mit folgenden Tätigkeiten beschäftigt?

    Abbildung 7:

    Häufigkeit vonTätigkeiten mitBelastungen derWirbelsäule (Be-fragung – Ambu-lante Pflege – ge-samt)

    Die Ergebnisse zeigen, dass ein großer Anteil der Pflegenden kör-perlich belastende Tätigkeiten ausführt: 46,1 % der Befragten führenhäufiger als 6-mal am Tag Tätigkeiten mit dem Schwerpunkt „Hebenund Tragen“ aus, 60,1 % geben an, häufiger als 5-mal Tätigkeitenwie z. B. Betten machen auszuführen.

    Da die Pflegenden ihre Touren überwiegend allein bestreiten über-rascht es nicht, dass 76,2 % angeben, nur selten oder sogar sehrselten die Möglichkeit zu haben, sich bei schweren Hebe- und Tra-getätigkeiten von Kollegen helfen zu lassen.

    In diesen Situationen ist der Einsatz von Hebehilfen und kleinenHilfsmitteln (z.B. Badewannenlifter, Drehplatte, Hebekissen, Gleit-bretter) um so wichtiger. Erfreulich ist, dass lediglich 14,7 % der Be-fragten Pflegenden in ambulanten Diensten angeben, dass Hebehil-fen und kleine Hilfsmittel nur selten oder sehr selten zur Verfügungstehen würden. Für 26,8 % stehen diese manchmal zur Verfügungund 58,5 % haben oft oder sehr oft Zugang zu diesen Hilfsmitteln.

  • Seite 40 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Beengte Räum-lichkeiten verhin-dern den Einsatzvon Hebehilfen

    Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten (65,7 %) verzichtet nurselten oder sehr selten auf den Einsatz von Hebehilfen und kleinenHilfsmitteln. Falls auf Hebehilfen verzichtet wird, stellen beengteRäumlichkeiten den häufigsten Grund dar (39,4 % „trifft eher zu“ oder„trifft völlig zu“), Zeitdruck wird von 37,2 % als Ursache genannt. Nur8,5 % der Befragten sind der Meinung, dass Hebehilfen und kleineHilfsmittel die Arbeit nicht erleichtern und setzen sie deshalb nichtein.

    In freien Antworten der Befragten wurde auch des Öfteren erwähnt,dass Klienten sich von Zeit zu Zeit (z. B. aus Angst) gegen den Ein-satz von Hebehilfen wehren, oder dass Angehörige Vorbehalte ge-gen den Einsatz haben.

    Die Fragen nach der Häufigkeit von Tätigkeiten, die die Wirbelsäulebelasten, wurden auch in der Befragung der Pflegekräfte in stationä-ren Einrichtungen (2004) gestellt.

    Schwere Hebe-und Tragetätigkei-ten sind seltenerals in der stationä-ren Krankenpflege

    Wie die Abbildung 8 deutlich zeigt, ist die Häufigkeit wirbelsäulenbe-lastender Tätigkeiten bei Pflegenden in der Allgemeinpflege von sta-tionären Einrichtungen deutlich höher als bei Pflegenden in ambu-lanten Diensten (zur Definition der Vergleichsgruppen vgl. Abschnitt2.3).

    Auffällig ist der Unterschied vor allem bei Tätigkeiten mit Schwer-punkt „Heben und Tragen“. Dieses Resultat lässt sich dadurch erklä-ren, dass die Anzahl der Klienten, die eine Pflegekraft in einem am-bulanten Dienst täglich versorgt, in der Regel deutlich kleiner ist alsdie Anzahl der Patienten auf einer Krankenhausstation.

    Abbildung 8:

    Häufigkeit vonTätigkeiten mitBelastungen derWirbelsäule (Am-bulante Pflegeund StationäreKrankenpflege imVergleich)

    1,5%

    1,1%

    4,0%

    5,8%

    51,2%

    22,9%

    22,8%

    38,8%

    34,5%

    21,8%

    28,0%

    25,5%

    13,2%

    51,3%

    43,4%

    34,2%

    0% 20% 40% 60% 80% 100%

    Rumpfbeugungund -drehung

    Heben und Tragen

    Rumpfbeugungund -drehung

    Heben und Tragen

    Tätig

    keite

    n m

    it Sc

    hwer

    punk

    t ...

    nie 1-5-mal 6-10-mal über 10-mal

    Wie häufig sind Sie an einem typischen Arbeitstag mit folgenden Tätigkeiten beschäftigt?

    Stat

    ionä

    re

    Kra

    nken

    pfle

    geA

    mbu

    lant

    e Pf

    lege

    Allerdings sollte an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass aufKrankenhausstationen in der Regel mehr als eine Pflegekraft zuge-gen ist, so dass sich die Kolleginnen und Kollegen ggf. bei körperlichbelastenden Tätigkeiten gegenseitig unterstützen können.

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 41

    Diese Möglichkeit fällt in der ambulanten Pflege weg, sofern die Pfle-genden ihre Tour allein fahren.

    Sektor-übergreifende

    BelastungenArbeitszeit KörperlicheBelastungen

    PsychischeBelastungen

    4.1.3 Organisationsbedingte psychische Belastungen

    Organisationsbedingte psychische Belastungen wie Zeitdruck oderUnterbrechungen stehen in ursächlichem Zusammenhang zum Aus-maß von arbeitsbedingtem Stress und gesundheitlichen Beschwer-den.5 Vor diesem Hintergrund wurden in dieser Befragung die wich-tigsten organisationsbedingten psychischen Belastungen erhoben.

    Psychische Belas-tungen und Stress

    Organisationsbedingte Belastungen lassen sich häufig vermeidenoder reduzieren, da sie nicht Teil der Aufgabe sind, sondern aus denRahmen- und Randbedingungen erwachsen, unter denen gearbeitetwird. Ferner finden sich in der Regel ausgeprägte Unterschiede zwi-schen verschiedenen Einrichtungen und einzelnen Arbeitsplätzen.

    Organisationsbe-dingte psychischeBelastungen sindvermeidbar

    In der Befragung der Pflegekräfte in ambulanten Einrichtungen wurdeerhoben, wie häufig

    • man unter Zeitdruck steht,• man den Eindruck hat, zu viel Verantwortung zu tragen,

    • man unter Leistungsdruck steht,

    • die vorgesehenen Pausen nicht eingehalten werden können,

    • ausreichende Informationen fehlen, um die Arbeit gut zu machen,

    • Unterbrechungen bei einer begonnenen Arbeit auftreten, weilman aktuell bei einer anderen Tätigkeit benötigt wird und

    • man sich bei einer Tätigkeit fachlich überfordert fühlt.

    Die drei häufigsten Belastungen stellen Zeitdruck, fehlende Pausenund Leistungsdruck dar: 66,8 % der Befragten stehen oft oder sehroft unter Zeitdruck, 54,3 % können häufig ihre Pausen nicht einhal-ten, und 42,0 % haben oft den Eindruck, unter Leistungsdruck zustehen (vgl. Abbildung 9).

    Häufigste Belas-tungen sind Zeit-druck, fehlendePausen und Leis-tungsdruck

    Besonders positiv zu vermerken ist, dass sich 84,5 % nur selten odersehr selten fachlich überfordert fühlen. Hinsichtlich des Auftretensvon Unterbrechungen und Verantwortungsdruck herrscht eine großeSpannweite zwischen den Antworten der Befragten.

    Fachliche Über-forderung trittselten auf

  • Seite 42 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege

    Abbildung 9:

    Organisationsbe-dingte psychischeBelastungen (Am-bulante Pflege)

    46,6%

    15,1%

    19,4%

    12,2%

    16,4%

    26,6%

    26,4%

    19,4%

    14,6%

    38,6%

    25,3%

    28,8%

    26,5%

    14,7%

    25,1%

    15,1%

    15,7%

    25,1%

    21,4%

    35,1%

    6,1%

    8,4%

    9,7%

    16,9%

    32,9%

    31,7%3,4%

    23,9%

    4,7%

    27,2%

    37,9% 13,0% 1,8%

    13,6%

    0,7%

    0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

    fachliche Überforderung

    Unterbrechungen

    Informationsmangel

    zu hohe Verantwortung

    Leistungsdruck

    fehlende Pausen

    Zeitdruck

    sehr selten selten manchmal oft sehr oft

    Wie häufig treten folgende Belastungen auf?

    Viel Kooperationin der ambulantenPflege notwendig

    Bei der professionellen häuslichen Pflege von alten und krankenMenschen müssen sich verschiedene Einrichtungen, Institutionenund Fachkräfte koordinieren. Neben dem Pflegedienst sind in derRegel die behandelnden Hausärzte, das örtliche Krankenhaus undandere Hilfsdienste wie „Essen auf Rädern“ involviert. Häufig werdendie Klienten von Angehörigen mitgepflegt.

    Informationsaus-tausch ist verbes-serungswürdig

    Ein gut funktionierender Informationsaustausch zwischen allen Betei-ligten ist für eine hohe Pflegequalität essenziell, gleichzeitig kann esbei einer großen Anzahl von Kooperationspartnern auch leicht zuInformationslücken kommen. Bei der Bewertung der Belastung durchfehlende Informationen zeigt sich eine große Spannweite zwischenden Befragten, die Qualität des Informationsaustauschs ist in vielenambulanten Diensten verbesserungswürdig.

    Abbildung 10:

    Fachkräfte für dieWeiterleitungpflegerelevanterInformationen;Auftreten einesInformationsman-gels

    14,3%26,4%

    28,6%

    25,7%

    19,5%

    27,1%

    21,1%

    13,3%

    6,0%18,0%

    0%

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    60%

    70%

    80%

    90%

    100%

    nicht vorhanden vorhanden

    sehr oftoftmanchmalseltensehr selten

    Wie häufig fehlen Ihnen ausreichende Informationen, um Ihre Arbeit gut zu machen?

    Fachkraft für die Weiterleitung pflegerelevanter Informationen bei Verlegungen

  • DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege Seite 43

    Die Belastung durch Informationsmangel kann deutlich reduziertwerden, wenn in einem ambulanten Pflegedienst Fachkräfte einge-setzt werden, die für die Weiterleitung pflegerelevanter Informationzuständig sind.

    Informationsman-gel ist vermeidbar

    39,1 % der Pflegenden, die in ambulanten Einrichtungen ohne einesolche Fachkraft beschäftigt sind, geben an, „oft“ oder „sehr oft“ un-ter Informationsmangel zu leiden. Bei Vorhandensein von Fachkräf-ten für die Weiterleitung pflegerelevanter Informationen beträgt derAnteil nur 19,3 %.

    Differenziert man die Häufigkeit organisationsbedingter Belastungennach dem Berufsstatus (Leitungsfunktion, examinierte Pflegekräfteohne Leitungsfunktion und Helfer in der Alten- und Krankenpflege),so stellen sich ebenfalls einige bedeutsame Unterschiede heraus(Abbildung 11):

    • Pflegende mit Leitungsfunktion geben deutlich am häufigsten an,zu viel Verantwortung zu tragen und einmal begonnene Tätigkei-ten unterbrechen zu müssen.

    • Examinierte Pflegekräfte können ihre Pausen im Vergleich zuihren Kolleginnen und Kollegen am seltensten einhalten.

    • Helfer/-innen in der Alten- und Krankenpflege werden zwar selte-ner durch Unterbrechungen und fehlende Pausen beeinträchtigt,fühlen sich allerdings häufiger fachlich überfordert.

    31,2%

    2,4%

    57,7%

    18,3%

    11,8%

    35,8%

    51,7%

    23,6%

    1,5%

    22,0%

    46,6%

    6,3%

    -5%

    5%

    15%

    25%

    35%

    45%

    55%

    65%

    75%

    zu hoheVerantwortung

    fehlende Pausen Unterbrechungen fachlicheÜberforderung

    Beschäftigte mit Leitungsfunktion

    Examinierte Pflegekräfte

    Pflegehelfer/innen

    Anteil Befragte, bei deren Tätigkeit die Belastung "oft" oder "sehr oft" auftritt

    Abbildung 11:

    Organisationsbe-dingte psychischeBelastungen(nach beruflichemStatus)

    Insgesamt ist deutlich geworden, dass die Tätigkeit als Pflegende/r ineinem ambulanten Dienst hohe organisationsbedingte psychischeBelastungen birgt. Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wiesich die Situation im Vergleich zur Allgemeinpflege in Krankenhäu-sern darstellt. Für den Vergleich wurden jeweils wiederum nur dieexaminierten Pflegekräfte ohne Leitungsfunktion herangezogen (vgl.Abschnitt 3.3).

  • Seite 44 DAK-BGW Gesundheit