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Damit sie nicht unter die Räder kommen: Christianna Serfling Hermsdorf Amphibienschutzanlagen in Thüringen Seminar: Amphibienschutzeinrichtungen und ihre Betreuung in Thüringen 21.09.2013

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Damit sie nicht unter die Räder kommen:

Christianna Serfling

Hermsdorf

Amphibienschutzanlagen in Thüringen

Seminar: Amphibienschutzeinrichtungen und ihre Betreuung in Thüringen 21.09.2013

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Amphibienschutzanlagen:

• Mobile (temporäre) Schutzanlagen

• Stationäre (dauerhafte) Schutzanlagen

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Schutzanlagentyp Anzahl Meldungen

temporär geschützte Querung, davon: - Zaun einseitig - Zaun beidseitig

164

154 10

dauerhafte Querungshilfe, davon: - feste Anlage aus Tunnel und Leiteinrichtung - nur Tunnel - nur Leit-/Sperreinrichtung

92

76 11 5

Amphibienschutzanlagen in Thüringen (Stand 2010):

DANKE an alle Zaunbauer,

Zaunbetreuer und sonstigen Aktiven!

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Art Anzahl Querungen mit Nachweis

deutsch wissenschaftlich einseitig geschützt beidseitig geschützt

Zahlenwert % Zahlenwert %

Erdkröte Bufo bufo 154 100,0 10 100

Teichmolch Triturus vulgaris 88 57,1 8 80

Grasfrosch Rana temporaria 84 54,5 9 90

Bergmolch Ichthyosaurus alpestris 74 48,0 7 70

Teichfrosch Pelophylax esculentus 26 16,9 6 60

Nördlicher Kammmolch Triturus cristatus 19 12,3 5 50

Europäischer Laubfrosch Hyla arborea 12 7,8 1 10

Knoblauchkröte Pelobates fuscus 10 6,5 2 20

Wechselkröte Bufo viridis 8 5,2 - -

Springfrosch Rana dalmatina 7 4,6 - -

Feuersalamander Salamandra salamandra 5 3,3 - -

Fadenmolch Triturus helveticus 4 2,6 - -

Geburtshelferkröte Alytes obstetricans 2 1,3 - -

Moorfrosch Rana arvalis 2 1,3 - -

Seefrosch Pelophylax ridibundus 2 1,3 1 10

An temporär geschützten Straßenquerungen nachgewiesene Amphibienarten

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Was sagen uns diese Zahlen?

• Mobile Amphibienschutzzäune haben eine hohe Bedeutung für den Schutz der Frühjahrswanderung (Hinwanderung zum Laichgewässer).

• Insgesamt 15 Amphibienarten profitieren von den in Thüringen aufgestellten Schutzzäunen, wobei die (noch) häufigen und weit verbreiteten Arten Erdkröte, Teichmolch, Grasfrosch und Bergmolch mindestens an ca. 50 % der Zäune nachgewiesen wurden. Die Erdkröte kommt sogar auf 100 %.

• Der Schutz der genannten vier Arten ist ökologisch hoch bedeutsam, da diese Tiere eine wichtige Funktion im ökologischen Gefüge unserer Umwelt einnehmen. Zahlreiche weitere Arten bzw. Artengruppen sind von gesunden, ausreichend großen Amphibienbeständen abhängig (z.B. Reptilien-, Vogel- oder Säugetierarten).

• Gefährdete Amphibienarten (Arten der Roten Liste Thüringens) profitieren in geringerem Umfange von den mobilen Schutzzäunen. Dies liegt einerseits daran, dass diese Arten deutlich seltener vorkommen als z.B. Erdkröte oder Teichmolch. Andererseits sind dafür aber auch andere Faktoren verantwortlich, auf die wir gleich zu sprechen kommen.

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Was ist wichtig, damit ein mobiler Amphibienschutzzaun auch wirklich funktioniert?

• Aufbau des Zaunes zum richtigen Zeitpunkt (vor einsetzender Amphibien-wanderung).

• Verwendung geeigneter Materialien für den Zaunbau.

• Korrekter Aufbau des Zaunes.

• Korrekter Einbau und Anschluss der Eimer an den Schutzzaun.

• Verlässliche und kompetente Betreuung über den gesamten Zeitraum.

• Abbau des Zaunes zum richtigen Zeitpunkt.

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Verwendung geeigneter Materialien für den Schutzzaun

• Ausreichende Höhe des Schutzzaunes (mind. 40 cm) Warum? Sprungkräftige Amphibien wie der Grasfrosch hüpfen ansonsten einfach drüber, Überkletterungen - z.B. durch Molche - werden durch größere Zaunhöhe erschwert.

• Blickdichtes Material Warum?

Wenn die Tiere durch den Zaun schauen können bzw. Licht hindurch kommt, werden sie zum überspringen oder überklettern angeregt.

• Glattes, folienartiges Material Warum? Glattes Material

erschwert das Überklettern des Zaunes v.a. durch Molche. Zäune mit Strukturen oder Gewebemaschen regen geradezu dazu an, daran hochzuklettern.

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+

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Es ist allerdings vielerorts kein Geld vorhanden, um alte oder auch verschlissene Zäune zu ersetzen.

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Korrekter Aufbau des Zaunes

• Der Zaun darf keine Möglichkeit zur Unterwanderung bieten. Das ist durch Eingraben der Folie oder einen Umschlag am Zaunfuß in Anwander-richtung und überschütten mit Erde zu gewährleisten.

• Wenn vom verwendeten Material her möglich, leichte Neigung des Zaunes in Anwanderrichtung und Folienumschlag oben als Überkletterungsschutz.

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Was ist wichtig, um möglichst viele Amphibienarten sicher zurückzuhalten?

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Korrekter Einbau und Anschluss der Eimer an den Schutzzaun

- Die Eimer müssen unmittelbar an den Schutzzaun anschließen, es darf keine Lücke zwischen Zaun und Eimer verbleiben.

- Die Eimer müssen bodenbündig eingegraben werden, zur Vermeidung von Setzungen ist ein Einbau/eine Anfüllung etwas über Höhe Eimerrand empfehlenswert.

- Die Eimer sollten am Boden mit mehreren kleinen Löchern versehen werden (bis max. 3 mm Durchmesser), um den Abfluss von Regenwasser zu ermöglichen.

- Einbringen einer Ausstiegshilfe für Kleinsäuger und Insekten (Stock).

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Knoblauchkröte

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Verlässliche und kompetente Betreuung über den gesamten Zeitraum

• Mindestens eine tägliche Leerung in den Morgenstunden.

• Bei starker Wanderung auch Kontrollen in den späten Abendstunden.

• Regelmäßige Kontrolle des Zaun-zustandes (Lücken, Defekte) und der Eimer (Setzungen) und entsprechende Wartung.

• Sorgfältige Dokumentation der Fangergebnisse pro Fangtag (mindestens Art und Anzahl, möglichst noch das Geschlecht).

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Hier hat sich jemand die tägliche Entleerungs-arbeit erleichtern wollen und zwei Eimer übereinander gesteckt. Damit ist die eigentlich bezweckte Fallenwirkung deutlich vermindert – zahlreiche Tiere, v.a. die kleineren – werden hier vorbeiwandern, auch, da noch eine Lücke zwischen Zaun und Eimer klafft.

-

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Abbau des Schutzzaunes zum richtigen Zeitpunkt – wann ist eigentlich der „richtige“ Zeitpunkt?

• Klärungsbedarf: Um welche Arten geht es? Zumeist werden die mobilen Zäune

zum Schutz der früh wandernden Arten aufgestellt, d.h. vor allem Erdkröte, Grasfrosch, Teichmolch, Bergmolch, aber auch (wo vorhanden) Springfrosch, Moorfrosch, Knoblauchkröte und Kammmolch. Etwas später im Frühjahr wandernde Arten werden kaum oder nur in geringen Anteilen von den Schutzmaßnahmen erfasst. Dazu gehören viele der in der Roten Liste verzeichneten Arten.

• Einige der früh laichenden Arten – besonders auffällig bei der Erdkröte – wandern „explosionsartig“ an, also massenhaft in kurzer Zeit. Bei vielen anderen Arten zieht sich die Wanderung über einen längeren Zeitraum hin.

• Insbesondere bei großen Beständen der Erdkröte wandern die ersten Tiere (v.a. Weibchen, die abgelaicht haben) bereits wieder zurück, während andere Individuen (und Arten) noch anwandern.

• Bei einseitig gestellten Zäunen ergibt sich daraus ein Konfliktpotenzial: Lässt man den Zaun stehen und schützt die noch anwandernden Tiere oder baut man ihn ab, um die bereits abwandernden Tiere nicht zu gefährden?

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Was ist die Lösung?

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Nördlicher Kammmolch auf Wanderschaft ….

Erste Möglichkeit: Aufbau und Betreuung eines zweiseitigen Zaunes, aber: - doppeltes Material nötig - doppelter Aufwand für Aufbau/Abbau und Betreuung - längere Betreuungszeit, um auch die später wandernden Arten zu schützen (je nach Witterungsverlauf bis ca. Mitte Mai)

Zweite Möglichkeit: Forderung einer festen (stationären) Schutzanlage, aber: - Einflussmöglichkeiten des Ehrenamtes sind begrenzt - zumeist nur eine (sehr) langfristige Option (z.B. bei der nächsten grundhaften Sanierung der Straße) Dennoch ist auf Dauer der nachhaltige

Schutz wandernder Amphibien aufgrund ihrer Lebensraumnutzung nur mittels funktionierender, stationärer Anlagen möglich. Mobile Zäune sind bis dahin überaus wichtig, um zumindest die Hinwanderung zum Laichgewässer zu schützen und den Populationsrückgang zu bremsen.

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Werden praktische Amphibienschützer durch stationäre Anlagen arbeitslos?

• Die Ergebnisse aus der oft jahrelangen Betreuung der mobilen Schutzzäune sind sehr wesentlich für die korrekte Planung einer festen Schutzanlage. Daher ist die sorgfältige Dokumentation der gefangenen Amphibien derart wichtig!

• Auch stationäre Schutzanlagen müssen kontrolliert und betreut werden! Von den 92 Anlagen (Stand 2010) in Thüringen weisen etwa 50 % einen unzureichenden Wartungszustand auf. Ein Teil der festen Anlagen funktioniert nach Einschätzung der zuständigen Unteren Naturschutz-behörden nicht oder nur eingeschränkt.

• Stationäre Schutzanlagen brauchen also kompetente und engagierte Amphibienschützer vor Ort, die die oft (fachlich, personell und finanziell) überforderten Straßenbaulastträger unterstützen. Hier wären z.B. Patenschaften denkbar, wobei die „Paten“ regelmäßige Kontrollen des Anlagenzustandes vornehmen und den Straßenbaulastträger über nötige Wartungs- und Reparaturarbeiten informieren oder eventuell auch bei der Wartung mitwirken.

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Alles nur Zukunftsmusik?

- Auch jetzt schon existieren über 90 stationäre Amphibienschutzanlagen in Thüringen.

- Leider läuft vieles nicht „von selbst“, sondern nur, wenn engagierte Personen vor Ort beratend und helfend und wenn nötig auch mahnend und fordernd in Aktion treten.

- Die Bemühungen um die mobilen Schutzzäune und die stationären Schutzanlagen gehören zusammen und sollten beide von den Aktiven vor Ort vorangetrieben werden.

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Vielen Dank!