Darstellbarkeit unerwünschter …...ICD-10-Kodes zugeordnet werden. Dagegen hätten von den 15 UAW...

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Aus 200 Interventionen wurden für 185 (92,5 %) pharmazeutische Kodiervorschläge formuliert. Für 153 Interventionen (76,5 %, O O O ) wurden die Vorschläge vom Kodierer als kodierfähig gewertet. Dies entspricht 201 Kodes oder durchschnittlich 1,3 ± 0,6 Kodes pro Intervention. Dagegen wurde bei 24 (12,0 %, ) Interventionen mindestens ein Kodiervorschlag durch einen anderen Kode ersetzt, bei sechs (3,0 %, ) Interventionen war mindestens ein Kode dabei, der nicht kodierfähig war. Fehlende Kodierfähigkeit war entweder durch fehlenden Aufwand (fünf Interventionen bzw. 2,5 %) oder ungenaue Dokumentation (eine Intervention bzw. 0,5 %) gegeben. Der Verdacht auf eine UAW lag in 15 Fällen (7,5 %, ) vor; von fünf möglichen wurden zwei Fälle (1,0 %, ) spezifisch mit einem UAW-Kode kodiert. Zwei (1,0 %, ) Interventionen konnten aufgrund fehlender Unterlagen nicht bewertet werden. Zu den Interventionen ohne Kodiervorschlag (15 bzw. 7,5 %, ) zählten 13 (6,5 %) Fälle mit fehlender Indikation der Arzneimittel-therapie (Arzneimittel wurde abgesetzt), je eine (0,5 %) zog keinen Aufwand nach sich, oder der Aufwand war nicht mit einem ICD-10-Kode abbildbar (0,5 %). Von allen kodierfähigen Vorschlägen waren 52,9 % (81/153) nach Fallabschluss kodiert, was 60 % (94/157) aller Fälle entspricht. Die simulierte Kodierung hätte keine Erhöhung des Fallschweregrades (PCCL) und keinen Erlösunterschied bedeutet. Ergebnisse o 3x Dosierung geändert (z.B. Alendronat 1x/Woche) o 2x Arzneimittel abgesetzt (z.B. orales Kontrazeptivum nach Schlaganfall) o 1x zur Kontraindikation Domperidon/Quetiapin informiert o 10x UAW ohne spezifische ICD-10-Kodes (z.B. Substanzwechsel aufgrund Interaktion Meropenem/Valproat) o 3x UAW-Kodes nicht kodiert (z.B. Dosisanpassung von Aciclovir bei akutem Nierenversagen) o 2x Beratung zur Dosierung nach hämorrhagischem Schlaganfall unter je Rivaroxaban und Clopidogrel Darstellbarkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen und pharmazeutischer Interventionen mithilfe von ICD-10-Kodes Stefanie Amelung 1,2,3 , Stefan Moschny 4 , Torsten Hoppe-Tichy 2,3 , Walter E. Haefeli 1,2 , Hanna M. Seidling 1,2 , Peter A. Ringleb 4 1 Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, 2 Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, 3 Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, 4 Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg 6. Kongress für Arzneimittelinformation. 2019, Köln o 13x Arzneimittel abgesetzt, da Indikation nicht (mehr) gegeben war (z.B. 6x Allopurinol) o 1x kein Aufwand (Patient mit pAVK, trotz Empfehlung kein Statin verordnet) o 1x kein ICD-10-Kode für Ulcusprophylaxe (bei beatmetem Intensivpatienten mit Clopidogrel/ASS) Auf Grundlage der Dokumentation o 12x andere Codes o 8x spezifischere Codes o 4x unspezifischere Codes Abb. 1: Alle 200 Interventionen und deren überprüfte Kodierfähigkeit: O anderer Code, O kein Code, O ist kodierfähig, keine UAW, O kodierter UAW-Kode, O UAW mit unspezifischem, kodierfähigem Kode, O nicht bewertet, O kein Kodiervorschlag gemacht. Die Sprechblasen geben Erläuterungen und Beispiele. Die häufigsten Interventionsgründe waren: o 18x Indikation, aber kein Arzneimittel angeordnet (z.B. 4x Calcium/D 3 mit Cortison) o 17x Ungeeignetes Arzneimittel für die Indikation (z.B. Cefuroxim oral bei kompliziertem Harnwegsinfekt) o 15x fehlerhafte Dosis (z.B. Heparinisierung bei terminaler Niereninsuffizienz) o 12x Interaktion (z.B. Phenytoin/Rivaroxaban) Einleitung Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) können durch ICD-10- Kodes (International Classification of Diseases and Related Health Problems, 10. Version) in klinisch-administrativen Daten (KAD) erkannt werden („UAW-Kodes“), sind mit prospektiven Identifikationsmethoden jedoch besser zu finden [1]. Voraussetzung zur Kodierung ist, dass ein pflegerischer, therapeutischer oder diagnostischer Aufwand betrieben wurde. Inwieweit pharmazeutische Interventionen, insbesondere jene die UAW betreffen, durch ICD-10-Kodes abbildbar sind und ob diese einen Einfluss auf die Fallpauschale haben, ist bisher unklar. Methoden Für die pharmazeutische Visitenbegleitung auf zwei neurologischen Intensivstationen wurden alle erwachsenen Patienten mithilfe des modifizierten IHI-Triggertools auf UAW gescreent [2]. Für 200 konsekutive pharmazeutische Interventionen wurden, wenn möglich, Kodiervorschläge formuliert und von einem erfahrenen Kodierer auf Kodierfähigkeit überprüft. Wir berechneten 1) den Anteil aller kodierfähigen Interventionen, 2) den Anteil der in KAD kodierten UAW und 3) simulierten den Einfluss der Kodiervorschläge auf die Fallpauschale. Kontakt: [email protected] Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, Universitätsklinikum Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg, Deutschland Referenzen: [1] Hohl CM, Kuramoto L, Yu E, Rogula B, Stausberg J, Sobolev B. Evaluating adverse drug event reporting in administrative data from emergency departments: a validation study. BMC Health Serv Res. 2013;13:473. [2] Rozich JD, Haraden CR, Resar RK. Adverse drug event trigger tool: a practical methodology for measuring medication related harm. Qual Saf Health Care. 2003;12:194-200. Fast 89 % ( O O O O ) der pharmazeutischen Interventionen konnten ICD-10-Kodes zugeordnet werden. Dagegen hätten von den 15 UAW nur ein Drittel spezifisch mit einem UAW-Kode kodiert werden können und nur zwei wurden auch kodiert, was darauf hinweist, dass UAW nicht nur in KAD [1] sondern in der ICD-10-Klassifikation an sich deutlich unterrepräsentiert sind. Ein Grund für nicht kodierte aber als kodierfähig gewertete Vorschläge war die zeitliche Latenz in der Kommunikation zwischen Pharmazeut und Kodierer. Auch ohne Einfluss auf die Vergütung könnten zeitnah übermittelte pharmazeutische Kodiervorschläge zur Vervollständigung des klinischen Bildes in KAD beitragen, und als Argument für die Behandlungsdauer und zur Weiterentwicklung des Fallpauschalen-Systems dienen. Diskussion

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Aus 200 Interventionen wurden für 185 (92,5 %) pharmazeutische Kodiervorschläge formuliert. Für 153 Interventionen (76,5 %, O O O ) wurden die Vorschläge vom Kodierer als kodierfähig gewertet. Dies entspricht 201 Kodes oder durchschnittlich 1,3 ± 0,6 Kodes pro Intervention. Dagegen wurde bei 24 (12,0 %, ) Interventionen mindestens ein Kodiervorschlag durch einen anderen Kode ersetzt, bei sechs (3,0 %, ) Interventionen war mindestens ein Kode dabei, der nicht kodierfähig war. Fehlende Kodierfähigkeit war entweder durch fehlenden Aufwand (fünf Interventionen bzw. 2,5 %) oder ungenaue Dokumentation (eine Intervention bzw. 0,5 %) gegeben. Der Verdacht auf eine UAW lag in 15 Fällen (7,5 %, ) vor; von fünf möglichen wurden zwei Fälle (1,0 %, ) spezifisch mit einem UAW-Kode kodiert.

Zwei (1,0 %, ) Interventionen konnten aufgrund fehlender Unterlagen nicht bewertet werden. Zu den Interventionen ohne Kodiervorschlag (15 bzw. 7,5 %, ) zählten 13 (6,5 %) Fälle mit fehlender Indikation der Arzneimittel-therapie (Arzneimittel wurde abgesetzt), je eine (0,5 %) zog keinen Aufwand nach sich, oder der Aufwand war nicht mit einem ICD-10-Kode abbildbar (0,5 %). Von allen kodierfähigen Vorschlägen waren 52,9 % (81/153) nach Fallabschluss kodiert, was 60 % (94/157) aller Fälle entspricht. Die simulierte Kodierung hätte keine Erhöhung des Fallschweregrades (PCCL) und keinen Erlösunterschied bedeutet.

Ergebnisse

o 3x Dosierung geändert (z.B. Alendronat 1x/Woche) o 2x Arzneimittel abgesetzt (z.B. orales

Kontrazeptivum nach Schlaganfall) o 1x zur Kontraindikation Domperidon/Quetiapin

informiert

o 10x UAW ohne spezifische ICD-10-Kodes (z.B. Substanzwechsel aufgrund Interaktion Meropenem/Valproat)

o 3x UAW-Kodes nicht kodiert (z.B. Dosisanpassung von Aciclovir bei akutem Nierenversagen)

o 2x Beratung zur Dosierung nach hämorrhagischem Schlaganfall unter je Rivaroxaban und Clopidogrel

Darstellbarkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen und pharmazeutischer Interventionen mithilfe von ICD-10-Kodes Stefanie Amelung1,2,3, Stefan Moschny4, Torsten Hoppe-Tichy2,3, Walter E. Haefeli1,2, Hanna M. Seidling1,2, Peter A. Ringleb4

1Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, 2Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, 3Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, 4 Neurologische Klinik,

Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg

6. Kongress für Arzneimittelinformation. 2019, Köln

o 13x Arzneimittel abgesetzt, da Indikation nicht (mehr) gegeben war (z.B. 6x Allopurinol)

o 1x kein Aufwand (Patient mit pAVK, trotz Empfehlung kein Statin verordnet)

o 1x kein ICD-10-Kode für Ulcusprophylaxe (bei beatmetem Intensivpatienten mit Clopidogrel/ASS)

Auf Grundlage der Dokumentation o 12x andere Codes o 8x spezifischere Codes o 4x unspezifischere Codes

Abb. 1: Alle 200 Interventionen und deren überprüfte Kodierfähigkeit: O anderer Code, O kein Code, O ist kodierfähig, keine UAW, O kodierter UAW-Kode, O UAW mit unspezifischem, kodierfähigem Kode, O nicht bewertet, O kein Kodiervorschlag gemacht. Die Sprechblasen geben Erläuterungen und Beispiele.

Die häufigsten Interventionsgründe waren: o 18x Indikation, aber kein Arzneimittel

angeordnet (z.B. 4x Calcium/D3 mit Cortison)

o 17x Ungeeignetes Arzneimittel für die Indikation (z.B. Cefuroxim oral bei kompliziertem Harnwegsinfekt)

o 15x fehlerhafte Dosis (z.B. Heparinisierung bei terminaler Niereninsuffizienz)

o 12x Interaktion (z.B. Phenytoin/Rivaroxaban)

Einleitung

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) können durch ICD-10-Kodes (International Classification of Diseases and Related Health Problems, 10. Version) in klinisch-administrativen Daten (KAD) erkannt werden („UAW-Kodes“), sind mit prospektiven Identifikationsmethoden jedoch besser zu finden [1]. Voraussetzung zur Kodierung ist, dass ein pflegerischer, therapeutischer oder diagnostischer Aufwand betrieben wurde. Inwieweit pharmazeutische Interventionen, insbesondere jene die UAW betreffen, durch ICD-10-Kodes abbildbar sind und ob diese einen Einfluss auf die Fallpauschale haben, ist bisher unklar.

Methoden

Für die pharmazeutische Visitenbegleitung auf zwei neurologischen Intensivstationen wurden alle erwachsenen Patienten mithilfe des modifizierten IHI-Triggertools auf UAW gescreent [2]. Für 200 konsekutive pharmazeutische Interventionen wurden, wenn möglich, Kodiervorschläge formuliert und von einem erfahrenen Kodierer auf Kodierfähigkeit überprüft. Wir berechneten 1) den Anteil aller kodierfähigen Interventionen, 2) den Anteil der in KAD kodierten UAW und 3) simulierten den Einfluss der Kodiervorschläge auf die Fallpauschale.

Kontakt: [email protected] Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, Universitätsklinikum Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg, Deutschland

Referenzen: [1] Hohl CM, Kuramoto L, Yu E, Rogula B, Stausberg J, Sobolev B. Evaluating adverse drug event reporting in

administrative data from emergency departments: a validation study. BMC Health Serv Res. 2013;13:473.

[2] Rozich JD, Haraden CR, Resar RK. Adverse drug event trigger tool: a practical methodology for measuring medication related harm. Qual Saf Health Care. 2003;12:194-200.

Fast 89 % ( O O O O ) der pharmazeutischen Interventionen konnten ICD-10-Kodes zugeordnet werden. Dagegen hätten von den 15 UAW nur ein Drittel spezifisch mit einem UAW-Kode kodiert werden können und nur zwei wurden auch kodiert, was darauf hinweist, dass UAW nicht nur in KAD [1] sondern in der ICD-10-Klassifikation an sich deutlich unterrepräsentiert sind. Ein Grund für nicht kodierte aber als

kodierfähig gewertete Vorschläge war die zeitliche Latenz in der Kommunikation zwischen Pharmazeut und Kodierer. Auch ohne Einfluss auf die Vergütung könnten zeitnah übermittelte pharmazeutische Kodiervorschläge zur Vervollständigung des klinischen Bildes in KAD beitragen, und als Argument für die Behandlungsdauer und zur Weiterentwicklung des Fallpauschalen-Systems dienen.

Diskussion