Darstellung, Eigenschaften und Schwingungsspektrum des trimeren

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J. MULLER u. K. DEHNICKE, Trimeros Diiithyl-aluminium-azid, [(C2H5)2AlX3]3 261 Oarstellung, Eigenschaften und Schwingungsspektrum des trimeren Diathyl-aluminium-azids, [(C.Ji5)2AlN3J3. Vori JOACHIM MULLSR~) und KURT DEHNICKE Mit 2 Abbildungen Herrn Professor Leopold Wolf zuna YO. Geburtstage am 23. November 1966 gewidmet. Inhaltsiibersieht nei der Reaktion von Aluminiumtriilthyl mit Chlorazid bei 0" entsteht bislier unbe- kanntes, trimeres Diathyl-aluminium-azid, [(C2H5)2AlK313. Die Verbindung stellt eino farblose, hygroskopisehe, unzorsetzt im Vakuum destillierbare Fliissigkeit (Fp. - 130") dar, die thermisch und merhanisch iiberraschend stabil ist. Xach dem Schwingungsspek- trum (Ilt und I~AXAN) sind dio GI-Atome ilber die n-Pi-Atome der Azidogruppen ZLI einem planaren Al-X-Sechsring verkniipft (Symmetrie D3,,). Surrimary The reaction of aluminum triethyl with chlorine azide at 0" leads to the thus far unknown trimeric diethyl aluminium azide [(C,H,),AlN,],. This compound is a eolourlcss hygroscopic liquid (m. p. -130") which can be distilled in vacuo without decomposition. It is surprisingly stable against thermal and mechanical treatment. The vibrational spectrum (IK and RAMAN) indicates a structure consisting of a planar six-membered Al--N ring (symmotry D3d. Eiriloitung Wahrend All<$- und Arylazido von Elementen der 4. Hauptgruppe vom Silicium bia zum Blei wohlbekanrit sind2), keiint man entsprechende metall- organische Azide von Elementen der 3. Hauptgruppc nur vom Bo1-3) und vom Thallium4). A110 diese Azido sind monomere, meistens thermisch und __-- 1) J. MULLER, Diplomarbeit Techn. Hochschule Stuttgart 1966. 2) R. WEST 11. J. 6. THAYER, Inorg. Chcm. [Washington] 3, 406, 888 (1964); siehe dort weitore Literatur; X. WIBERG u. B. XERCDA. Chem. 13or. 99, 740 (19GG); siehe dort weitere Literatur. 3) P. I. PAETZOLD, Z. anorg. allg. Chem. 325, 63 (1963); Angew. Chem. 77, 1036 (1966). 4) F. CIrALLEXCJER u. 0. V. RICIIARDS, J. chem. Soc. [London] 1934, 406; w. BECK, E. SCHCIEHER u. K. FELDL, Angew. Chem. 78, 267 (1966).

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J. MULLER u. K. DEHNICKE, Trimeros Diiithyl-aluminium-azid, [(C2H5)2AlX3]3 261

Oarstellung, Eigenschaften und Schwingungsspektrum des trimeren Diathyl-aluminium-azids, [(C.Ji5)2AlN3J3.

Vori JOACHIM MULLSR~) und KURT DEHNICKE

Mit 2 Abbildungen

Herrn Professor Leopold Wolf zuna YO. Geburtstage am 23. November 1966 gewidmet.

Inhaltsiibersieht nei der Reaktion von Aluminiumtriilthyl mit Chlorazid bei 0" entsteht bislier unbe-

kanntes, trimeres Diathyl-aluminium-azid, [(C2H5)2AlK313. Die Verbindung stellt eino farblose, hygroskopisehe, unzorsetzt im Vakuum destillierbare Fliissigkeit (Fp. - 130") dar, die thermisch und merhanisch iiberraschend stabil ist. Xach dem Schwingungsspek- trum (Ilt und I~AXAN) sind dio GI-Atome ilber die n-Pi-Atome der Azidogruppen ZLI einem planaren Al-X-Sechsring verkniipft (Symmetrie D3,,).

Surrimary The reaction of aluminum triethyl with chlorine azide a t 0" leads to the thus far unknown

trimeric diethyl aluminium azide [(C,H,),AlN,],. This compound is a eolourlcss hygroscopic liquid (m. p. -130") which can be distilled in vacuo without decomposition. It is surprisingly stable against thermal and mechanical treatment. The vibrational spectrum (IK and RAMAN) indicates a structure consisting of a planar six-membered Al--N ring (symmotry D3d.

Eiriloitung Wahrend All<$- und Arylazido von Elementen der 4. Hauptgruppe vom

Silicium bia zum Blei wohlbekanrit sind2), keiint man entsprechende metall- organische Azide von Elementen der 3. Hauptgruppc nur vom Bo1-3) und vom Thallium4). A110 diese Azido sind monomere, meistens thermisch und __- -

1) J . MULLER, Diplomarbeit Techn. Hochschule Stuttgart 1966. 2) R. WEST 11. J. 6 . THAYER, Inorg. Chcm. [Washington] 3, 406, 888 (1964); siehe dort

weitore Literatur; X. WIBERG u. B. XERCDA. Chem. 13or. 99, 740 (19GG); siehe dort weitere Literatur.

3) P. I. PAETZOLD, Z. anorg. allg. Chem. 325, 63 (1963); Angew. Chem. 77, 1036 (1966). 4) F. CIrALLEXCJER u. 0. V. RICIIARDS, J. chem. Soc. [London] 1934, 406; w. BECK,

E. SCHCIEHER u. K. FELDL, Angew. Chem. 78, 267 (1966).

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262 Zeitschrift fiir dnorgttnischc und allgemeinc Chemic. Band 348. 1966

mechanisch iiberraschend stabile Pliissigkeiten bzw. sublimierbare Kristdle. Man erhdt sie durch Halogenid/Azid-Austausclireaktionen dcr entsprcchen- den metallorganischen Halogeriide mit salzartigcn Aziden (LiN,, NaN,) in protonenfreieii, polaren Liisungsmit.tcln. Vom Aluminium hingegen sind Alkyl- und Arylazide bis vor kurzcm ')3') uiibekann t gewesen, was eincrseits damit zusammenhangen mag, daB die grol3e Reaktionsfiihigkeit von metall- organischcii Verbindungen des Aluminiums polare Losungsmittel ungceignet macht 'j), und andererseits Alkaliazide mit Aluminiamalkylen stabile Kom- plexe dos Typs M+[AlR,S,]- - bildcn ').

Beini Studium der lteaktioncn von Verbindungen, die clektropositives Halogen enthal t,en, war gezcigt wordcn, daB die Umsetzung von gasformigem Clilorazid mit Meetallchlorideii nach (1) zu definierten Azidhalogeniden fiihrt*) :

(1)

Mit Metallcarbonylen reagierte CIN, unter Bildung von Metallcarbonyl- azidchloridcn 9), z. B.

Pe((X)), 2 CIS, --z Fe(CO),X;,CI + 3 co. (2)

uiid Alliyle des Cadniiunis uiid Quccaksilbere reagierten nacli (3) zu sehr reincn Alk~.-lrnet,allaziden 5 , :

(Icl(C:H,), - t CIS, + C,'H,CdS, + (."H,(J. (3)

Die l h r t r a g u n g von Modcllreakt~ion (3) auf Aluminiumalkyle schicn uns wegen der h i Ahiminiumaziden zu erwarteiideii Assoziationstendenzen be- sonders intcressant zu sein . &x entsprecheiide Versuche mit Aluminium- triathyl sol1 dahor jm folgentlcn berichtet werden.

m i , + CIN, -+ M C I ~ - ~ X ~ + CI,.

Darstellung und Eigenschaftm von Diathyl-aluminium-azid Beim Kinleiten voii gasformigem, mit Stickstoff vcrdunnten Chlor-

azid in eine benzolische Losung von Aluminiumtriathyl hildet sich nach dcr Bruttoreaktion (4) Dlathylaluminium-azid :

AI(C,H,), + CIX, -> Al(C2H5),S3 - 1 - C2H,CI. (4 )

5 ) K. DEIISICKE, J. STRATILE, r). SEYBOLD u. J . MULLER, J. arganometttllic Chem. {Amsterdam] 6, 298 (1966).

58) Inzwischcn wurde Diiithyl-aluminium-azid auch von M. I. PRIXCE u. K. WEISS aus Diiithyl-aluminium-chlorid und NaN, hcrgestellt, von den Autorcn jcdoch nicht als trimcr erkannt [ J. organometallic Chem. [Amsterdam] 5, 694 (19SS)l.

6, K . ZIEGLER in: ,,Organomotallic Chcmistry", Ed. by H. Zeiss. New York 1960. 7 ) K. ZIEGLER, Chem. Abstr. 60, 1793 (1964); Brit.-Pat. 936774 (1963). 8 ) K. DEIINICKE, J. inorg. nuclear Chem. 27, 809 (l!N%). 0 ) C. LATGE 11. K. DICIINICKE, Z. anorg. allg. Chem. 844, 167 (1966).

___ .-

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J. MUI,LBR u. K. DSENICKE, Trimores Diathyl-aluminiuiii-azid, [(CzH5)zAlK3]3 263

Der mogliehe Mechanismus dieser Reaktion 1113t sich verstehen, wenn man als Primarschritt einen Donator-Acreptorkomplex annimmt., wobei das Al- Atom den Acceptor, das a-N-Atom des ClN, den Donator darstellt :

In diesem E'alle befinden sich CIQ und der partiell negative Kohlenstoff der CH,-Gruppe in fur eino darauffolgende A4bspaltung sterisch giinstiger Situation zucinander.

Diathyl-aluminium-azid ist cine farhlose, hygroskopische, selbstent- ziindlichc, viskose Flussjgkeit, die sich bei 1 0-3 mm praktisch ohne Zer- setzung bei 63 "C destillieren lafit. Das spezifische Gewieht betragt bei 20" 0,90 g/cm3. dcr Schmelzpunkt wurde zu - 1-30" bestimmt. Ilie Reaktions- flhigkeit dcs Azids scheint im Vergleich zu Aluminiumtriathyl etwas abge- schwlcht. Auf sauberen Glas- oder Porzellanoberflachen hydrolysiert die Verbindung nur, ohne sich zu entziinden. Baumwolle wird sofort verkohlt und brennt nach Sekunden; auf die Haut gebracht, erzeugt das Produkt schmcrzhafte. sehr langsam heilende Brandwunden. Bringt man Diatliyl- alurniniumazid mit Wasser, Laugen oder Sauren in Beriihrung, so hydrolg- siert es explosionsartig. Hingegen kann man die Verbindung in einem Reagensglas mit freier Plamme erhitzen, ohne dal3 Explosion eintritt. Auch kraftige mcehanische Behandlung mit dem Hammer fuhrt nicht zu Kxplo- sionen. Dieses Verhalten cntspricht dem der Alkylazide der Elemente der 4. Hauptgruppe2), steht aber im Gegensatz zu den brisanten Halogenid- aziden dieser Elemcnto 8 ) . I n unpolarcn Losungsmitteln, wie Benzol, Pentan, lost sich 1)i~thylaluminiumazid unzersetzt. Kryoskopische Molekularge- wichtsbestimmungen in Benzol weisen die Molekel als trimer aus (ber. 381,4; gef. als Mittelwert mehrerer Bestimmungen 379).

Fur ein trimeres Diath ylaluminiumazid kommt in erster Linie ein Modell in Betracht, bei dem die Assoziation mit Hilfe des freien Elektronenpaares des a-N-Atomes der Azidogruppe erfolgt. Kine solche Bindungsbetatigung der a-N-Atome ist nichts Cngewohnliches ; so bilden die Trialkylmetall- azide R,MN3 mit SbCl, und anderen LEWIS-Sauren definierte Addukte lo) (a), Eisenearbonyl-azid bildet komplexe, iiber die n-N-Atome verbriickte

10) J. S. THAYER 11. R. WEST, Inorg. Chom. LWashington] 4, 114 (19G5).

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264 Zeitschrift fiir anorganische und allgemcine Chemie. Rand 348. 1966

Ionen9) (b) und die Bordihalogenidazide (BX,N,), mit X = C1, Br asso- ziieren trimer mit Hilfe eben dieser a-N-Atomell) (c)

N2 (a) 6) ( c )

Als plausibles Strukturmodcll fur das Diathylaluminiumazid kommt daher das in den Grenzformen (I) und (11) dargestellte Model1 in Betracht. Es steht zudcm mit der Ausdeutung des Sehwingungsspektrums in Obereinstim- muiig.

N /‘I N I

Im Gegensatz zu der Diazoniumstruktur der Bordihalogenidazide (c) spre- chen bcim Diathylaluminiumazid alle Anzcichen fur die in (11) skizzierte kumulierte Form.

Das Sehwingungsspektrum des DiMhyl-aluminium-azids

I n Abb. 1 sind die Itegistrierkurven des IR-Spektrums in kapillarer Schicht im Bereich von 33-3800 em-l und des RAMAN-Spektrumu ein- schliel3lich der Polarisationsmessungen wiedergegeben. Tab. 1 zcigt die ge- nauen Frequenzwerte der Spektrcn, die gesohiitzten relative11 Intensitiiten sowie die geschatzten Depolarisationsgrade. Die Zuordiiung der einzelrien Frequeiizen geschah mit Hilfe der in Tab. 2 wiedergegebenen Schwingungs- modelle, durch Vergleich mit den Zuordnungen der trimeren Hordihalogenid-

11) P. I. PAETZOLZ), M. GAYOSO 11. K. DNHSICKE, Chom. Bor. 98, 1173 (1965).

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J. MULLER u. K. DEHNICKE, Trimeres Diiithyl-aluminium-axid, [(CzH5)zAlX3]3 265

Tabcllo 1 S c h w i n g u n g s s p e k t r u m (1E und RAMAN) und Z u o r d n u n g e n des Dia thy la lumi -

ni u mazids, [(C,HS),AlN,],, S y m m e t r i e D 3 h

cni-l IR RAMAS

3360 2950 2910 2880 2800 2710 2450

2145 1470 1460 1414 1382 Scli 1320 1250 Sch 1231 1200 S C l l

1154 1064 1020 986 960 924 856 736 670

0'20 560 Rch

474 115

332

187

Int. - 8

s t s t s t 83

ss 8

sst in m m

ss

8St

s9

SJ

tcs

m 89

ss YS

st st

ss t

st S

9

8

ern-' I Int.

2940 2900 2870 2798 2735

2159 2143 1470

1415 1390 Sch

1250

I200 1170 Sch 1085

989 962 Scli

815 735

660

557

470

360

280

st st set ss BS

st m m - s t

in

st

st

S

m - s t

ss 9

in

sst

SJ

m

m

Depol.-Grnd

0 3 5

0 4

0,51 0,9 0,95

0.9

0.42

0,46

0,5

0 , s

0,35

0.3

Klasse I Schwingunastyp

1:' -6 F,'

0 x E'

F,' A:

-4; E'

E'

E"

E'

A:'

A;'

A: A:

A;' A , A;' A; A:.

E" E'

I

i I

i

1

I !

I j

I

i i

azide 11) sowie mit dem Vergleich der Schwingungsspektren aluminiumorge- niseher Verbindungen 12)13).

Fiir einen Al-N-Scchsring kommen im Prinzip drei Modelle in Betracht : 1. Der ebene Sechsring (Symmotrie D,,), 2. Der in der Sesselform gowellte Sechsring (Symmetrie C,"), 3. Der in der Wannenform gewellte Sechsring (Symmetrie Cs).

1,) E. G. HOFFXAXX, Z. Elektrochem., Ber. Runscnges. physik. Chem. 64, G l G (1'360). 13) E. G. HOFFMANN u. G. SCHOMBCRQ, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik.

Chem. 61, 1101 (1957); H . W. SCHROTTER u. E. G. HOFFMANX, Ber. Bunsenges. physik. Chem. 68, 627 (1964).

Page 6: Darstellung, Eigenschaften und Schwingungsspektrum des trimeren

266 Zritschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 348. 1966

Tab. 2 gibt eine Cbersicht iiber die fiir die drei Modelle zu erwartenden Grundschwingungen, wobei die Eigenschwingungen der Athylgruppen nicht beriicksichtigt sind, da man diese zweckmaljig aus Griinden der Ubersiclit-

lichkeit zuniichst abtrennt. Fur das Crund- geriist werden daher in den beiden folgenden Tabellen nur die a-C-Atome beriicksichtigt.

bereits wegen der grol3en Zalil seincr Grund- schwingungen von vornherein ausgeschlossen

Zur Unterscheidung zwischcn den Model- len D,,, und C,, kann man das Alternativ-

verbot lieranziehen. Walirond bei dem gewellten Modell sanitliche Schwin- gungen sowohl im 1R- wie auch im RAMAN-Spektrunl init derselben Fre- quonz auftreten miissen, gilt beim ebcnen Modell in den Schwingungs-

Tabelle 2 Vcrgleirh der Zahlen der f u r dir droi Modello zu erwar- tenden (:rundschwingungen Das dcr Punktgru~~pe c, kann Punktgriippr Dsl, ' C'3\, CS

111 ~ 15 27 ;; werden. ',.> "7 l~.<\lhS --

I R I I < I \ I i N 27 .'7 48

3500 3000 2500 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 I I I I I I I I I I I I I I I I I 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

3500 3000 2500 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 Ahh. 1. 111- und RAmAx-Spektrum einschliefllich Polarisationsmessring von [(C2Hs)2AlN3]3

klassen A;, A; und E" Alternativverbot. Dabci diirfen die Schwingungen der Klasse A; nur im IR auftreten, die der Klassen A', und E" sind nur ramana,ktiv, wahrend die Schwingungen der Klasse E' sowohl in Absorption

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J. MCLLER u. K. DEHXICKE, Trimercs Diiithyl-aluminium-azid, [(C2H5)2AlN3]8 267

Tabelk :i Scl iwingungsbi lder drr fur d i p Symmet ,r ie Ddl, z u

c r war t e n d e n Gr u n d sc 11 wing u n g r 11

Klasse Auswahl

Schwingungstyp

Ringschwingungen

Schwingungen der AK,-Gruppen

Page 8: Darstellung, Eigenschaften und Schwingungsspektrum des trimeren

268 Zeitschrift fur anorganivche iind allgemeine Chemie. Band 348. 1966

Tabello 3 (Fortsetzung)

Klasee Schwingungstyp Suswahl

Schwingungen der N3-Gruppen

A$ IR

f - N3 N+ Gleicht.

‘b N3 A + ‘+ Glekht.

wie auch im RAxAN-Effekt zu beobachtcn sind. TXc Betrachtung der Spek- tren zeigt nun ganz deutlich, dal3 die Bedingung des Alternativverbots bei einer Reihe von Schwingungen gane. iiberzeugend crfull t ist. Der bessoren Obersicht wegen sind in Tab. 3 dio Schwingungsbildor der fur die Yunkt-

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J. MULLER u. K. DEIIXXCKE, Trimeres Diathyl-aluminium-mid, [(C2H5)2AlK3]3 269

gruppe Qh zu erwartenden Grundschwingungen zusammengestellt. Aus der Ubersicht geh t gleichzeitig die Auswahlregcl sowic die Schwingungsklasse hervor.

Diskussion der Spektren

Fiir eine moglichst vollstandige Zuordnung des Schwingungsspektrums des Diathyl-aluminiuni-azids ist es zweckmaBig, die Eigenschwiigungen der aufienstehenden Athylgruppen abzutrenncn. ErfahrungsgemiiiS werdcn, zu- mindest die CH-Valenzscliwingungen, durch relativ weit entfernt an der Molekel vorgenommene Vcrandcrungen nur unerheblich verandert. Beim Vcrgleich mit den von HOFTMANN 12)13) aufgenommenen Schwingungsspek- tren aluminiumorganischer Verbindungen findct man dies bestatigt. Die in Tab. 1 vorgenommene Zuorhung dieser Frequenzen lehnt sich dahcr an die von HOPFMAXN getroffene an.

Wegcn der Anwesenheit dreier Azidogruppen im Ring kommt es zu Gleich- und Gegcntaktschwinguiigen dieser Gruppen. Die asymmctrische Gleichtaktvdenzschwingung der R3-Gruppen, die nur im RAMAN-Effekt erscheinen darf, da sie der Klasse A; angehort, tritt bei 2159 cm-1 auf. Bei 2143 beobachtet man im RAMAN-Spektrum eine Bandc geringerer Intcnsitiit. Diese erscheint auch im IR-Spektrum als sehr starke, in diesem Bereich einzige Absorption ; sie gehort somit der Klasse E' an und ist die asymmetrische Gegentaktvaleiizschwingung der Azidogruppen. Tab. 1 kann man zudem entnehmen, daiS die Schwingung der Klasse E' schwach polarisiert, die der Klasse A; dagcgen stark polarisiert ist, was mit der Theorie in t'bereinstimmung steht. Die Frequenzlage dieser asymmetrischcn Azid- valenzschwingungen bei etwa 2150 cm-1 ist damit etwa 50 bis 60 Wellen- zahlen tiefer als die dcr Bordihalogenidazide (BX,N,),, die ebenfalls planare Sechsringc cnthalten und die einer Diazoniumstruktur der N3-Gruppen nahe- kommen (vgl. Form c). Die deutlich tiefere Frcquenzlage bei der Aluminium- verbindung ist eine erhebliche Stiitze der in Form (11) vorgeschlagenen kumu- lierten Form.

Das Alternativverbot findet man auch bei den symmetrischen Azid- valcnzschwingungen bestatigt. Hier tritt im Rmw-Spektrum einc stark polarisiertc Bandc bei 1250 cm-l auf, diesc ist der symmetrischen N3-Gleich- taktvaleneschwingung zuzuordnen. Die entsprcchende Gegentaktschwin- gung liegt bei 1231 cm-' als starke Absorption. Die zugehorige, als schwache Bande zu crwartende RAMAN-LiniC liegt wahrscheinlich unter dem Anstieg der sehr starken RAMAN-Bande bei 1250 verborgen.

Die Deformationsschwingungen der Azidogruppcn sind einerseits im Bereich von 700 cm-1 zu suchen*) ; hier erscheinen im IR-Spektrum zwei starke Randen bei 736 und 670 em-' und im RAMAX-Spcktrum eine dcpola-

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270 Zeitschrift frir anoryani\thc und allgrmeine Chemie. Ihnd 348. 1966

risierte Bande bei 660 cm-1. niese Frequenzen kiinnen somit den Klassen E', A! und E" ziigeordnet wcrden. Andercrseits mu13 noch cine tiefer lie- gende, starke nande einer Aziddcformationsschwingung auftretcn, hei der die Stickstoffatome einheitlich nach dcrselben Riclitung schwingen, die da- her einer Deformation des Wiiikels AIN, gleichkoinmt. Sic liegt in der Klnsse E' und kann der Bande h i 474 ( lR, ) bzw. 470 cin-l (R,AJIAN) zugeordnet werden.

Sehr deutlich kommt das Alternativvcrbot, auch bei einigen frequenz- tiefer liegendeii Schwingungen zuni Ausdruck. So findet man z. B. im 11%- Spektruni zum Teil starkc Absorpt.ionen bei 620, 415, 332 und 187 cm--l, die im ItaniAN-Spektrum kein Pendant habcn. Sic gehijren damit unzwcifelhaft zu Sc:hwingungcn der Klasse A:. I)a im Rcreich von 540-7700 em-l die AlC,-Valenzschwiiiguiig~~n zu erwarten sind 12) , kann die Hande bei 620cm-1 dcr asymmetrischen AlC,-Valenzschwingiing in der Klasse A: zugeordnet wcrtlcn. Fur die y-K,-Scli~~iii~:rlng in der Iilassc A; kommt die Bande bei 415 cm-1 in Hctracht, die in .den Bordihalogenidaziden bci 469 (Cl) bzw. 438 cm-1 (Rr) gefunden wird. Die beiden restlichen Absorptionen bei 332 und 187 cam--' konncn dann den beidcn noch nicht zugeordneten Banden der Klasse A: zugercchnet werden ; die frequenzhdhcre der NC,- Deformations- schwingung, die bri L87 em--' der niclitobenen 1)~fo~mationssc~hwingiing des 13 inges.

Andererseits beobachtet man im TtANAN-SpCktI'Um dcs 1)iiithyl-ahrni- nium-azids zwei mittelstarke Streulinien bei 360 und 280 cm-l, die auf Grund des Fehlcn:; ent.sprechender Absorptionen im IR-Spektrum sowie nach ilirem starken l'olarisationsgrad unzweifclhaft I3anden dcr Klasse A; sind. In die- seni Frcquenzhereich kaiin CY sich nur um Deformationsschwingungen han- cieln. Die h iden einzigcn dafiir in 12etraoht kornnicnden S,c*hwingungen sind die symmctrisc~he AIC,-.Deformation (A;), dcr wir die Il'requcnz bei 360 cm-1 zuordnen -- sic stelit damit in einer vcrniinftigcn Relation zu der nur ini 1 It zu beohachtenden asymmetrischen Deformation in A'; bei 33% cm-1 -. wiihrcnd die Linie bei 280 em-' (lor cbenen Ihgdeformation (A;) angchijren mu13.

Von den nach der Theoric Z L ~ fordernden AIC,- uiid AN-Vnlenzschwin- gungen niiissen noch folgendt: vier Schwingungen zugeordnet werden :

1. Die iiur in1 HIisiAx-Wfvktl zi i erwartende zentralvyniinetrisctie Kiiigvalerizscli~iIi~iing

2. Die syinmetrische ;2l(',-Valenzsctiwiii~~in~, an die cliesclben .kifordc.rungtw zu stellrn sind. Man ltnrin sie etwa i n denselbcn Freqiienzl)rrcich von 5 4 0 - 700 rni era-uteri wio die iibrigrn AIC,-\:alenzsc.hwiii~~rii~~ii ").

3. Uie rntsprwhende ~\1C',-Valenzsc.liwiri~~11ig dcr lilasse E". dic clepolarixiert sein m u B und cbcnfalls iiiir ini I~aJlas-1<ffekt auftretrn darf. wo nian sic. init grringer lnteiieitiit erv iirten kiinn.

A;. Sic mriB niit. groBer Jntcnsitiit ariftrctrn und stark poliirisiert srin.

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J. MULLER 11. K. DBHSICKR, Trimeres Diathyl-aluminium-azid, [(C,H,)2AITS3], 271

1. SchlieDlich hat man noch mit der symmetrischen AlC,-Valenzschwinguiig der Klasse E' zii rechnen, die sowohl im IR wie auch ini RAYAN aktiv ist.

Fur die unter 4. genannte Schwingung steht im IR-Spektrum die Absorption bei 5tiO cm zii Verfiigung. die damit in dem von H O F F I I A N N ~ ~ ) angegebenen E'requcnzbereich fur AlC,-Valenzschwingnngen liegt. Im RAMAiV-SpCktTUm beobachtet man nahezu an der- selben Stelle (557) die - mit Ausnahme der CH-Valenzschwingungen stkrkste Streulinie des gesamten Spektrums. Sic kommt daher fiir die unter 1. und 2. genannten Schwingungen in Betracht. Die beiden Valenzschwingungen der Klassen E" und E', die unter 3. und 4. aufgefuhrt sind, wcrden wahrscheinlich von dieser sehr starken nande verborgen.

Sicht rnit Sicherheit zugeordnet werden konnten einige Ringdeformationen, AIC,- Deformationen sowie cine Aziddeformation in den Klassen E" und E'. Wrthrscheinlich werden auch diese von einigen der iibrigen starken Banden iiberdeckt.

AbschlieBend kann man auf Grund dcs vorliegenden spektroskopischen Materials mit grol3er Sicherheit auf das Vorliegen eines planaren Al-K- Sechsringes (Symmetrie D,,,) schlieBen. Von Interesse ist, da13 auch Diathyl- aluminium-hydrid, [ (C,H,),AIH l3 der Punktgruppe D,, angehort, wobei die Al-Atomc mit den Hydridwasserstoffen einen ebenen Scchsring bilden 13).

Experimenteller Teil Allc Arbeiten wurtlen unter Keinstst.ickstoff ausgefiihrt, die Glasnpparaturen wurden

ent wccler im Vakurini oder tinter stromendem Stickstoff ausgeheizt. Dar s t e l l ii n g des D i a t h y la1 rim i n i ti m tizids. Kauflichev Aluminiurnt.riathyl, das

nach lieinigung (1 iireh Hochvakuiimdestillation nach dem HAMax-Spekt.rum rnit den1 ~.

der Literatur12) identisch war. wird in einer AMenge von etwa 10 g in ein mit Caseinleitungs- und ableitungsrohr versehenen Zweihalskolhen eindestilliert. AnschlieBend destilliert man iiber Sat.rium get,roc.klietes Benzol hinzu (etwa 2U ml). so d a l der Pliissigkeitsspicgel nur hiichstens 5 mm his obcrhalb des unteren Endes des E!inleit.ungs- rohres steht. Dies ist zur Vermeidung von Esplosionen des Chlorxzids von Hedeutunp. das bei l)rucksc:hwan- kungen zur Explosion neigt. Ansuhlielend leitet man mehrere Stunden lang einen langsamen. mit Stickstoff verdiirinten Chlorazidgasstrom ein. Chlorazid stellt man sich in einfacher Weise durch Eirileiten von Chlor in eine auf 0' gekiihlte. wsllrige, konzent.rierte KaN,-Liisung her. Sach Passirran cler waBrigen Lijsung trocknet, man tlas Chlorazid mit cineni 40 em liirigen P,lO,,-I<ohr. h'wh etwa h Stunden unterhricht man den Chlorstroni, spiilt noch einige Zeit. rnit Stickstoff und iiiiterwirft die leicht, gelb gefarbte LBsung nach Abziehen des I3enzols einer langsamen Hochvaliuunidestillat.ion an dcr Qtiecksilber- dampfstrahlpurnpe. Unumgcsetztes AlurniniumtriLthyl geht bci einem Druck von Torr bei 43" iiber, wPh- rend das Azid niit einem konstanten Siedepunkt von 63" siedet. Einmalige Destillation geniigt bereits zur saubcren Trennung. Ausbeute, bezogcn auf Aluminiumt~riilthy1.50~o.

P Abb. 2. Heber zum Umfiillen von hydrolyseenipfindlichen

F1 iissigkcit en

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272 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 348. 1966

H a n d h a b u n g d e s Di a t h y I a l u m i n i u m azids . Zum Umfiillen dcr hygroskopischen und sauerstoffempfindlichen Fliissigkeit wurde der in Abb. 2 wiedergegebene Heber kon- struiert. mit dessen Hilfe sich kleine Mengen Diiithylaluminiumazid schr bequem und viillig einwandfrei unifiillen lassen. Ein mit einer Gummikappe versehenes, in einer KPQ-Hiilse laufendcs Glasrohr wird zuniichst innen und tluBcn mit Hilfe des seitlichen Stutzens durch Spiilen mit Reinst,stickstoff von Sauerstoff und Feuchtigkcit befreit. AnschlieBend kann man unter fortwiihrendem Spulen mit Stickst,off das innere Hohr in die zu bcwegende Fliissig- keit eintauchen, cinige Tropfcn entnehmen, noch im Innern des Entnahmegefalles das Rohr mit der Kappe zuriickxiehen und die Pliissigkeitsprobe mit umgekehrtcr Prozcdrir in ein vorher mit Stickstoff gespiiltes GefaB einlaufen lassen.

Anal ysen. Da man l)iat.hylnliiminiuniazid nicht direkt mit waBrigen Laugcn hydro- lisicrcn kann. bcdient man sich eincs geschlosscnen Gefalles, in welchcm die Substanz lang- sam in fcuchter Atmosphiire hycfrolysiert wirtl. C und H wurdcn genieinsnni als C,H, volu- mctrisch bestimmt., Aluminium gravimctrisch als Oxinat,.

C,H, 45,6 (45,72) A1 20,2: (21,22). Das Molekulargewicht wurde kryoskopisch in Benzol bestimmt. Als Mittelwert von

4 ncstimmungcn erhiclt nian 379, bcrechnet fur die trimere Verbindung: 381,4. I R - S p e k t r u n i . Die 1R-Spckt.ren wurden in k@llarer Schicht zwischen Lupolen-,

KaC1- bzw. KBr-Fcnstern aufgenommcn, verwendet. wurden die Geriite dor Firma Rcc:kmann Ilt 10 rind IIt 11.

RANAX- S p e k t r uni . Die RAMAx-Spektren wurden in normalen Zylinderkiivetten, in die das Azid unmittelbar hincindestillicrt. wurde, aufgenommcn. Zur Verfugung stand cin sclbutregistrierendes Gcriit. tier Firma Applied L’hysics Corp., Modell Cary 81.

Herrn Prof. Dr. J. GOUBEAU miichten wir schr herzlich danken fur seine grohiigige Fdrderung. Den1 Bundesforschungsminintorium und der Deutschcn Porschungsgemcinschaft dankcn wir fur die Miiglichkcit der Rcnnt,zung vonGeriiten. Ilcm Fonds der Chemischen Indu- strie wisscn wir Dank f i r einc Sachbeihilfc.

S t u t t g a r t, Laboratoriuni fi i i Anorganischc Chemie der Teclinischen Hochschule.

Bei der Hedaktion eingegangen am 22. April 1966.