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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 1 Workshop vom 20. April 2017 Lernaufgaben im Chemieunterricht Vorgehen Einige Lernaufgaben werden vorgestellt und zeigen wie die Methode funktioniert Die Teilnehmenden entwerfen selber Lernaufgaben Die Unterrichtsmethode wird reflektiert Die Teilnehmenden erhalten viele Lernaufgaben als bearbeitbare Word- Dokumente Amadeus Bärtsch Kantonsschule Freudenberg Zürich Fachdidaktik ETH Amadeus Bärtsch, Kantonsschule Freudenberg, Zürich 22. April 2017

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 1

Workshop vom 20. April 2017

Lernaufgaben im Chemieunterricht

Vorgehen

Einige Lernaufgaben werden vorgestellt und zeigen wie die Methode funktioniert

Die Teilnehmenden entwerfen selber Lernaufgaben

Die Unterrichtsmethode wird reflektiert

Die Teilnehmenden erhalten viele Lernaufgaben als bearbeitbare Word-Dokumente

Amadeus Bärtsch

Kantonsschule Freudenberg Zürich

Fachdidaktik ETH

Amadeus Bärtsch, Kantonsschule Freudenberg, Zürich 22. April 2017

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Lernaufgaben im Chemieunterricht

A. Die Methode kennen lernen

Beispiel: Lewisformeln einführenGilbert Newton Lewis publizierte 1916 ein einfaches Modell für die Bildung von Molekülen. Ohne die Quantenmechanik postulierte er Regeln, wie sich Atome kovalent verbinden.

(Ulrich Dämmgen et al., Quellentexte Chemie, Diesterweg, Salle, Sauerländer, Aarau und Frankfurt am Main, S. 113, 1983)

In den folgenden Aufgaben werden die Lewisformeln ebenfalls mit Regeln eingeführt. Auf die kubische Darstellung wird verzichtet, weil es sich nicht lohnt genau auf die historische Entwicklung einzugehen.

1. Lernaufgabe

Input: Welches Molekül entsteht aus Wasserstoff- und Sauerstoffatomen?

Am Beispiel von Wasserstoff- und Sauerstoffatomen wird die moderne Lewisdarstellung erklärt. Die Lehrperson zeigt, dass die Valenzelektronen des Sauerstoffatoms zuerst als 4 Punkte um das Symbol angeordnet und erst nachher Elektronenpaare gezeichnet werden. Die Atome verbinden sich so zu Molekülen, dass keine einsamen Elektronen übrig bleiben. Alle Überlegungen laut vordenken.

Mit der Lewisformel wird klar, dass sich ein Sauerstoffatom mit zwei Wasserstoffatomen verbindet.

Lernaufgabe Welches Molekül entsteht aus

Wasserstoffatomen?

Fluoratomen?

Wasserstoff- und Fluoratomen?

Wasserstoff- und Stickstoffatomen?

Kohlenstoff- und Chloratomen?

Neonatomen?

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Merke:

In Lewisformeln kommt es nur auf die Valenzelektronen an.

— steht für ein bindendes oder freies Elektronenpaar

· ist die Darstellung eines einzelnen Elektrons, das sich mit einem einzelnen Elektron eines andern Atoms verbinden kann

Das Atomsymbol gibt den Rumpf an.

2. LernaufgabeEs gibt auch Mehrfachbindungen

Input: Lewisformel von O2

Lernaufgabe: Zeichnen Sie die Lewisformeln von N2, C2H3Cl, CO2 und S8

Empfehlung: Jetzt nur Moleküle bringen, die eindeutig sind! Ausnahmen wie CO, SO2, O3 ein Jahr später vorstellen

Merke:

EdelgasregelAtome verbinden sich so zu Molekülen, dass sie den Edelgaszustand erreichen.

Beispiel: Die Herstellung von KunststoffenAuftrag: Entwerfen Sie Input und Lernaufgabe um die Polykondensation zu erklären

Voraussetzungen: Die SuS kennen die Veresterung am Beispiel von Essigsäure und Ethanol.

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Herstellung von Kunststoffen

PolykondensationInput

Lernaufgabe

Experiment: Synthese von Nylon

Erkenntnisse Kunststoffe sind Makromoleküle Kunststoffe entstehen aus kleinen Molekülen, aus den sog. Monomeren Funktionelle Gruppen sind wichtig, weil dort Veränderungen auftreten In der Natur ist die Polykondensation weit verbreitet. Nylon und Proteine sind ähnlich gebaut und

unterscheiden sich lediglich in den Monomeren

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PolymerisationEmpfehlung: Zuerst den Radikalstarter thematisieren und dann die Verknüpfung der Monomeren an

einem Beispiel erklären.

Einfach-Bindungen zwischen Sauerstoffatomen sind schwach

Experiment: Wer möchte den Finger verätzen?Einen Finger 1 bis 3 Minuten in 30 % Wasserstoffperoxid-Lösung halten bis es brennt oder eine Veränderung der Haut zu sehen ist. Dann 2 bis 3 Minuten unter fliessendes Wasser abspülen. Dabei verstärkt sich die Verätzung.

Benzoylperoxid

1. Versuchen Sie die Lewisformel von Benzoylperoxid (C6H5COO)2 zu zeichnen

2. Benzoylperoxid wirkt gegen Akne und ist zum Beispiel in Lubexyl enthalten. Lesen Sie die Packungsbeilage (fdchemie.pbworks.com) und beantworten Sie folgende Fragen.

a) Welche unangenehmen Folgen kann Benzoylperoxid auf der Haut haben? Weshalb muss mit diesen Wirkungen gerechnet werden?

b) Warum muss Lubexyl 1 bis 2 Minuten nach dem Auftragen gründlich abgespült werden?

c) Warum ist der Kontakt mit Augen, Lippen und Mund zu vermeiden?

d) Warum darf Benzoylperoxid nicht in die Haare gelangen?

e) Wie ist die antibakterielle Wirkung zu erklären?

Diskussion: Benzoylperoxid zerfällt in Radikale, die mit Bakterien und Haut reagieren. Leider wird der Wirkungsmechanismus in der Packungsbeilage nicht erklärt und lediglich mit einigen Fachausdrücken erwähnt. Die Nebenwirkungen werden dagegen ausführlich geschildert.

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Radikalische Polymerisation

Vorschlag 1: Radikalstart, Kettenwachstum und Kettenabbruch im Plenum erklären

C CH

H

H

HC CH

RH

H

H

C C

H

RH

H

HC C

H

H

H

HC CH

RH

H

HCH

HCH

H

C CH

RH

H

HCH

HCH

HC C

H

H

H

HC CH

RH

H

HCH

HCH

HCH

HCH

H

O

O O

O O

O

C CH

RH

H

HCH

HCH

HCH

HCH

HHC

H

HCH

HC CH

RH

H

HCH

HCH

HCH

HCH

HCH

HCH

HH

R • +•

• + •

• + n•

n

2 R •

•2 + 2 CO22•

n n

Bildung von Radikalen

Kettenstart

Kettenwachstum

Kettenabbruch (Beispiel)

Kettenverzweigung (Beispiel)

C C

H

RH

H

H

• +

CH HCH HCH H

C C

H

RH

H

HH +

CH HC HCH H

C HH

CHC HH

C CH

H

H

H+

C HH

CHC HH

CH

HCH

H

Monomer

+

Licht,Wärme

Diskussion: Weshalb haben Schüler Probleme, diese Erklärung zu verstehen?

Die gängige Darstellung mit Radikalstart, Kettenwachstum und Kettenabbruch kann ohne Verlust vereinfacht werden.

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Vorschlag 2: Lernaufgabe

Input

Lernaufgabe

Eine Laboranleitung über die Herstellung von Kunststoffen – in Form einer Werkstatt – finden Sie auf der Plattform http://fdchemie.pbworks.com

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B. Das Vorgehen im Unterrichtnach J. Grell, M. Grell: Unterrichtsrezepte, Verlag Beltz, Weinheim (1983)

1. Input eine Aufgabe vormachen laut denken und alle Schritte zeigen Schüler nicht ausfragen keine Fragen zulassen, vor allem nicht am Ende des Inputs dauert 5 bis 7 Min.

2. Lernaufgaben Schülerinnen bearbeiten schriftlich gestellte Aufgaben die ersten Aufgaben müssen einfach sein. 80 % der Schüler

sollten Erfolg haben regelmässig in der Klasse zirkulieren und sich nicht rufen

lassen helfen, wenn es nötig ist. Die Lehrperson spricht leise und wendet

sich nur dann an die ganze Klasse, wenn viele Schülerinnen gravierende Probleme mit den Aufgaben haben

auf diskrete Art Schüler, die sich entziehen möchten, zur Arbeit anhalten

sich einen Überblick verschaffenJetzt wird klar, was die Schüler wirklich verstanden haben. Heute heisst das Formative Assessment und interessiert die Lehr- und Lernforschung.

dauert 10 bis 20 Min.

3. Lösungen angeben mehrere schnelle Schülerinnen schreiben die Lösungen an die

Tafel, wenn genügend Zeit vorhanden und die Lösung einfach zu notieren ist

die Lehrperson projiziert die Lösungen, wenn wenig Zeit bleibt.

4. DiskussionNach dem Zirkulieren weiss die Lehrperson, wo die Schülerinnen stehen und kann die Erklärung darauf abstimmen. Manchmal muss nur die Lösung gezeigt, manchmal müssen Aufgaben ausführlich besprochen werden. Auf jeden Fall müssen die Schüler jetzt Gelegenheit haben Fragen zu stellenAnhand der Beispiele können Details erläutert und zentrale Punkte herausgearbeitet.

5. MerkeDie wichtigsten Erkenntnisse notieren und einrahmen. Zum Beispiel 2 Sätze diktieren.

Wozu diese Schritte?

Mit dem Input die Aufgabe klären: Ein neues Verfahren einführen und die Struktur der Lösung angeben

In der Lernaufgabe setzen sich die Schüler aktiv mit dem Verfahren auseinander und sammeln Erfahrungen. Damit erhalten viele SuS die Basis für die folgende Diskussion.

Lösungen angeben: Alle Schülerinnen müssen am Ende die richtigen Resultate in den Unterlagen haben

Diskussion: Weiterführende Fragen beantworten und Konsequenzen aufzeigen. In der Lernaufgabe haben die SuS Beispiele kennen gelernt und die Basis für das Verständnis von Details ist gelegt.

Merke: Damit wird das Wichtigste betont und die Arbeit zusammengefasst.

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C. Die Wahl der Aufgaben

Säure-Base-ReaktionenLernaufgabe 1. Teil

Aufgabe: Wässrige Lösungen der folgenden Substanzen werden gemischt. Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen und bestimmen Sie die Lage der Gleichgewichte mit Hilfe der Säure-Base-Tabelle

Input: Aufgabe 1 vorlösen

1) CH3COOH und NaOH

Lernaufgabe 1. Teil. Die SuS bearbeiten die Aufgaben selbständig

2) HF und KCN ähnlich wie Input; ev. die Substanzen vorstellen

3) NaCl und HCOOH Säure steht an 2. Stelle; Gl. gew. liegt links

4) NH3 und H2O Ampholyte; Ammoniak ist Base, nicht Säure.

Lösungen der Aufgaben vorstellen und diskutieren

Lernaufgabe 2. Teil

5) NH3 und NaH2PO4 Ampholyt

6) NaHCO3 und NaHSO4 Ampholyt; Experiment: Salz mischen, dann Wasser zugeben

7) Na2SO3 und HNO3 2-protonige Base

8) H3PO4 und NaOH 3-protonige Säure

Lösungen der Aufgaben vorstellen und diskutieren

Rezept: Salze aquotisieren, Zuschauer streichen, grosse und kleine S und B symbolisieren die Säuren- und Basenstärke. Das Gleichgewicht liegt auf Seiten der schwächeren Säure und Base.

Fortsetzung: Reaktion von Säure mit Kalk und Eisensulfid. In diesen Anwendungen wird die mehrfache Übertragung von H+ geübt.

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Das Elektronenpaarabstossungs-Modell

Was müssen die Schülerinnen und Schüler zum räumlichen Bau der Moleküle wissen?

Chemie heute SII (2009)

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Ziel

Statt einer systematischen Erklärung aller Winkel sollen die Schülerinnen die gängigen Winkel organischer Moleküle und die Keil-Strich-Darstellung kennen lernen. Wenn BF3, SF6 und PF5 im Anfangsunterricht diskutiert werden, muss auf Moleküle eingegangen werden, in denen die Edelgasregel verletzt ist. Diese Diskussion möchte ich im Anfangsunterricht vermeiden.

Im Sinn einer didaktischen Vereinfachung würde ich auch bei Ammoniak und Wasser einen Winkel von 109,5 ° angeben. Die Unterschiede sind gering und für die räumliche Darstellung der Moleküle nicht von Bedeutung.

Die folgenden Fehler aus Wikipedia vermeiden

Selber eine Lernaufgabe zum EPA-Modell entwerfen

Sie erklären das Elektronenpaarabstossungsmodell im Unterricht und verwenden Beispiele aus der organischen Chemie. Am Ende sollen die Schülerinnen fähig sein, kleinere und grössere organische Moleküle räumlich darzustellen. Entwerfen Sie Lernaufgaben für den Unterricht.

Struktur:

1. Input. Bitte beschreiben Sie den Input genau. 2. Aufgabenstellung3. Lösungen4. Diskussion: Auf welche Punkte muss hingewiesen werden5. Merke: Welche Erkenntnisse müssen notiert werden

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Das Elektronenpaarabstossungs-ModellSynonyme: EPA-Modell, VSEPR-Modell (=Valence shell electron pair repulsion)

Lernaufgabe 1: Elektronenpaare stossen sich ab

Input: Schüler zeichnen HCHOLösungen mit verschiedenen Winkeln an die Tafel schreiben lassen:

Welche Formel ist richtig?

Erklärung mit 4 Stiften, nicht mit Molymod: Die Elektronenpaare stossen sich ab. Mehrfachbindungen werden wie Einfachbindungen behandelt. Deshalb ergibt sich ein Bindungswinkel von 120°

AufgabeMoleküle mit korrekten Bindungswinkeln zeichnen:CO2 HCN C2H2 C2H4 CH4

DiskussionDie Diskussion der Lösung geht in eine Erklärung zum Tetraederwinkel über.

Lernaufgabe 2: grössere Moleküle räumlich darstellen

Input: CH3CH3

Vorgehen: 1. Lewisformel zeichnen2. Kohlenstoffkette in die Zeichnungsebene legen und Molekül räumlich darstellen3. Modell bauen und räumliche Darstellung kontrollieren

AufgabeCH3CHO CH3CHCH2 H2O

DiskussionViele Schüler zeichnen das Wasser-Molekül mit einem Winkel von 180°. In der Diskussion wird erklärt, dass auch freie Elektronenpaare berücksichtigt werden müssen. Im Sinne einer didaktischen Vereinfachung wird auf den Hinweis verzichtet, dass freie Elektronenpaare mehr Platz beanspruchen und der Bindungswinkel in Wasser-Molekülen kleiner als 109° ist. Die Schülerinnen müssen sich so nicht mit unsicheren Abweichungen befassen und können geometrisch argumentieren.

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Lernaufgabe 3: Freie Elektronenpaare berücksichtigen!

AufgabeCH3OH H2O2 HCOOH NH3 CH3NHCH3 CH3CH2OCH2CH3

Was die SuS wissen müssen

Moleküle sind räumlich

Bei der räumlichen Darstellung wird die Kohlenstoffkette in die Zeichnungsebene gelegt.

Freie Elektronenpaare müssen berücksichtigt werden

Drei Bindungswinkel sind in der Chemie wichtig 180°. 120° und 109,5°

120° 180° 109,5° Alanin H2NCH2COOH

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D. DiskussionDie Stärken von Lernaufgaben

SuS setzen sich aktiv mit dem Stoff auseinander

Die Lehrperson erfährt, wo die Schüler stehen und nicht erst in 3 Monaten an der Prüfung

Die Methode ist sehr flexibel: Wenn wenig Zeit bleibt, kann die Zahl der Lernaufgaben spontan reduziert werden

Diese Unterrichtsform ist für die Lehrperson nicht anstrengend

Die Lehrperson kommt mit scheuen SuS in Kontakt. 1:1 getrauen sie sich zu fragen, was sie im Plenum nicht machen würden.

Schwierigkeit mit Lernaufgaben

Lernaufgaben müssen gut gestellt sein und angemessene Anforderungen stellen

Eignet sich für formale Aspekte der Chemie. Für Informationen eignet sich die Methode nicht.

Einige sind fertig, andere arbeiten noch. Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen um die Lösungen bekannt zu geben?

Wie damit umgehen?

SkriptEine erweiterte Fassung dieses Workshops ist als bearbeitbares Word-Dokument auf www.fdchemie.pbworks.com zugänglich. Direkter Link: http://fdchemie.pbworks.com/w/page/117264315/Europäischer%20Chemielehrerkongress%202017

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Test: Wie erklärt man ein Gesellschaftsspiel?Methode 1: Regeln studieren, dann spielen

Methode 2: Möglichst wenig Regeln erklären, mit dem Spiel beginnen und später die wichtigen Details thematisieren

Probieren Sie aus, was besser geht!

„Tschau-Sepp“ MeisterschaftDie Regeln sind von Ort zu Ort verschieden. Ich habe mich für die folgende Variante entschieden.

As 11König 4Ober 3Under / Bauer 20Banner 10Neuner 9etc.

Die Regeln

Zu Beginn erhält jeder Spieler die gleiche Anzahl Karten (meistens fünf), die restlichen Karten werden verdeckt als Stapel abgelegt. Die oberste Karte des Stapels wird offen daneben gelegt.

Reihum kann jeder Spieler versuchen, eine seiner Karten abzulegen. Dies ist nur möglich, wenn die abgelegte Karte in Kartenwert oder Kartenfarbe mit der obersten offen liegenden Karte übereinstimmt. Auf die Rosen 10 z.B. darf also entweder eine andere Rosen-Karte oder eine andere 10 gelegt werden. Kann dies der Spieler nicht, so muss er eine Karte vom Stapel ziehen; anschließend kann er diese Karte, wenn sie den angegebenen Bedingungen genügt, ablegen. Ist der Stapel irgendwann aufgebraucht, so werden die abgelegten Karten, ausser der obersten sichtbaren, gemischt und erneut als Stapel ausgelegt.

Bei der zweitletzten gespielten Karte ruft der Spieler „Tschau“, bei der zuletzt gespielten Karte „Sepp“, ansonsten setzt er eine Runde aus.

Am Ende des Spieles werden alle Karten in der Hand zusammengezählt und ergeben eine Anzahl Minuspunkte. Das Ziel des Spieles ist, möglichst wenig Minuspunkte zu haben.

Einige Kartenwerte haben eine besondere Bedeutung

Wird eine 7 gelegt, so muss der nächste Spieler, bevor er seinen Zug ausführt, zwei Karten vom Stapel ziehen.

Wird eine 8 gelegt, so muss der nächste Spieler eine Runde aussetzen.

Ein Bauer/Under kann immer gelegt werden, er braucht nicht in Wert oder Farbe mit der ausliegenden Karte übereinstimmen. Anschließend darf der Spieler, der den Bauer/Under gelegt hat, die nächste auszuspielende Kartenfarbe bestimmen.

Wird ein As gelegt, so darf ein zweites oder sogar ein drittes As gelegt werden. Es muss aber auf jeden Fall eine zweite Karte der gleichen Farbe abgelegt werden.

Grabs, 21. Sept. 2005 P.Ha.

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E. Lernaufgaben zu verschiedenen Themen

SalzformelnBindungslehre im Anfangsunterricht

Input: 1. Bsp: Magnesium und Fluor

Zuerst einen kognitiven Konflikt aufbauen: Zeichnen Sie die Lewisformel von F2 und MgF2

Mit Lewisformel erklären, warum MgF2 keine Moleküle bildet: Ca kann den Edelgaszustand durch kovalente Bindungen nicht erreichen

Wenn Elektronen übertragen werden, können die Atome den Edelgaszustand erreichen:

Erklärung. Laut denken: Atome mit wenig Valenzelektronen leeren die äusserste Schale. Atome mit vielen Valenzelektronen füllen die Schale. Es werden wenig Elektronen übertragen, weil die Übertragung auf Grund der Coulomb-Kräfte mit jedem Elektron schwieriger wird.

Lernaufgabe

2. Bsp: Calcium und Chlor

3. Bsp: Schwefel und Natrium

4. Bsp: Magnesium und Sauerstoff

5. Bsp: Sauerstoff und Aluminium

6. Bsp: Wasserstoff und Natrium

Merke: Metallatome bilden Kationen. Nichtmetallatome bilden Anionen. Es entsteht ein Ionengitter, wobei sich positive und negative Ladung kompensieren.

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IsomerieEine Lernaufgabe zur Konstitutionsisomerie

Voraussetzungen: Die Schüler können Lewisformeln einfacher Moleküle zeichnen. Auf den räumlichen Bau achten sie noch nicht.

Ziele: Die Schülerinnen unterscheiden identische und isomere Moleküle und verstehen, warum

Summenformeln zur Beschreibung von Molekülen oft nicht ausreichen. Die Schüler erfahren mit den Molymod-Modellen, dass C-Ketten eine Zick-Zack-Form haben.

Input: 1. Bsp C2H6O

Inszenierung: Schülerinnen zeichnen in einer Aufgabe verschiedene Lewisformeln von C2H6O. Sie gehen durch die Klasse, schauen die Lösungen an und fordern einige Schüler auf ihre Lösung an die Wandtafel zu zeichnen. Es sollten isomere und identische Moleküle an der Tafel stehen. Wenn Sie sagen, dass das die gesuchten Moleküle sind, beginnt die Diskussion bestimmt und Sie haben die Gelegenheit über verschiedene und gleiche Moleküle zu sprechen.

Lernaufgabe 1: Isomere zeichnen und mit dem Baukasten überprüfen, ob sie gleich sind.

2. Bsp. C3H8O

Links ist die Notiz eines Schülers abgebildet. Schülerinnen, die als erste die Aufgaben erledigt hatten, zeichneten die Lösung an die Wandtafel. So entstanden die eingekreisten Lewisformeln. Die weiteren Eintragungen stammen aus der anschliessenden Besprechung. Nach der Arbeit sehen die Schüler sofort, dass die Skelettformeln viel übersichtlicher sind und verwenden sie bei Beispiel 4 gerne.

3. Bsp. C5H12

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Lösungen der Beispiele 2 und 3 zeigen und Fragen beantworten. Es lohnt sich bei dieser Gelegenheit die Skelettformel einzuführen. Die Skelettformel entsteht, wenn die Wasserstoffatome bei den Modellen entfernt werden.

Tipp: Ein Baukasten lenkt die Schüler von der Besprechung ab: Immer wieder hört man, dass Bindungen gebrochen und Atome in den Kasten gelegt werden. Deshalb lohnt es sich die Baukästen vor der Besprechung einzuziehen, wenn nicht mehr mit den Modellen gearbeitet werden muss. Allenfalls können die Moleküle einer Gruppe vorne aufgestellt und zur Diskussion im Plenum verwendet werden.

Lernaufgabe 2: Die Skelettformeln aller Isomere ohne den Baukasten zeichnen.

4. Bsp. C4H10O

Weshalb diese Beispiele?

2. Bsp. C3H8O ist ähnlich wie Input3. Bsp. C5H12 Kohlenwasserstoffe können verzweigt sein4. Bsp. C4H10O ist eine anspruchsvolle Aufgabe

Es sind Beispiele, die Peroxide und ringförmige Moleküle vermeiden. Eine Diskussion über die Stabilität ist deshalb nicht nötig.

Experiment: Isomere sind unterschiedliche Substanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften.

Isomere von C4H8O2: Buttersäure und Essigsäureethylester haben einen sehr unterschiedlichen Geruch

Isomere von C4H10O: Butan-1-ol verdunstet viel langsamer als Diethylether

Die genaue Anleitung ist in der Versuchssammlung auf http://fdchemie.pbworks.com/w/page/47971610/Experimentierkurs zugänglich

Erkenntnis: Die Summenformel ist zu wenig genau. Obwohl Isomere dieselbe Summenformel besitzen, handelt es sich um verschiedene Substanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften.

Das Thema Isomerie lohnt sich aus verschiedenen Gründen: Es wird klar, wann Moleküle gleich und wann sie verschieden sind?

vgl. M. Stieger "Elemente", S. 297, Aufgabe 10 Schüler erleben, dass Skelettformeln einfacher und übersichtlicher sind Schülerinnen erhalten Routine im Umgang mit organischen Molekülen

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Monosaccharide

Fischerprojektion mit fortgeschrittenen Schülerinnen und SchülernDie folgenden Unterrichtsvorschläge zu Kohlenhydraten setzen voraus, dass sich die Schülerinnen bereits mit Chiralität auseinandergesetzt haben.

Verschiedene Zucker in offenkettiger FormNach Wikipedia sind Zucker Oxidationsprodukte mehrwertiger Alkohole, also Hydroxyaldehyde (Aldosen) oder Hydroxyketone (Ketosen)

Mit den folgenden Beispielen lässt sich viel einfacher erklären, was ein Zucker ist:In Zuckermolekülen ist ein Kohlenstoffatom zwei Mal und alle andern Kohlenstoffatome ein Mal mit Sauerstoffatomen verbunden.

Aufgabe

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Lernaufgabe mit den oben stehenden Molekülen

1. Chiralitätszentren einzeichnen2. Modell bauen. Es ist übersichtlicher, wenn die Wasserstoffatome weggelassen werden3. Modell gemäss Konvention für die Fischerprojektion halten

Demonstration:C-Kette senkrecht wie ein Armband um den Unterarm legenAldehyd-Gruppe oben

Abb. aus Wikipedia

4. Fischerprojektion zeichnen5. Moleküle durch Vergleich mit dem Zuckerstammbaum – der unten abgebildet ist – benennen

Das erste Beispiel als Input vormachen: alle Gedanken laut äussern, Modell bauen und Aufgabe 1:1 vorlösen.

Was lernen die Schülerinnen in dieser Aufgabe?

Bei den Zuckern kommt es auf die Lage der OH-Gruppen an Fischerprojektion, Modelle bauen und sorgfältig schauen wird geübt Es gibt eine Vielzahl von Zuckern Die Fischerprojektion zeigt die Systematik der Zucker viel besser als die ursprüngliche räumliche

Darstellung Enantiomer: alle Hydroxy-Gruppen spiegeln!

Amadeus Bärtsch, Kantonsschule Freudenberg, Zürich 22. April 2017

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 21

Die Lösung angeben und an Hand der Beispiele auf die zentralen Punkte eingehen

Aufgabe Lösung und Einführung von Fachbegriffen

Nachdem die Fischerprojektionen gezeichnet wurden, können folgende Begriffe erklärt werden:

enantiomer und diastereomer

D- und L-Zucker

(+) und (-)

nur D-Zucker in der Natur

Ein Marienkäfer hilft beim Zeichnen der Fischerprojektion: Der Zucker steht senkrecht wie eine Blume. Der Aldehyd entspricht der Blüte; H-Atom und OH-Gruppe sind die Blätter. Der Marienkäfer läuft immer zwischen den Blättern den Stängel hoch und gibt die Orientierung der OH-Gruppe an. (Idee: Andreas Häne, Kantonsschule Freudenberg)

Amadeus Bärtsch, Kantonsschule Freudenberg, Zürich 22. April 2017

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 22

Fischer-Projektion oder/und absolute Konfiguration unterrichten?

Für die Fischer-Projektion spricht:

In Büchern werden Zucker in der Fischerprojektion dargestellt.

Die natürlichen Zucker liegen in der D-, die natürlichen Aminosäuren in der L-Form vor. Mit der absoluten Konfiguration ist es nicht so einfach: Es gibt natürliche Aminosäuren in der S- und in der R-Form.

Mit der Fischerprojektion ist die Systematik der Zucker leicht verständlich: Zuckerstammbaum.

Der systematische Name nach IUPAC (2R,3S,4R,5R)-2,3,4,5,6-Pentahydroxyhexanal (als Aldehyd) und (3R,4S,5S,6R)-6-(Hydroxymethyl)oxan-2,3,4,5-tetrol (als Pyranose) ist keine Alternative zu D-Glucose.

Im Unterricht habe ich mich bisher auf die Fischer-Projektion beschränkt. Und dies nicht nur aus Zeitgründen. Schülerinnen, die sich das erste Mal mit der räumlichen Darstellung chiraler Substanzen befassen, brauchen eine Methode zur Bezeichnung von Enantiomeren. Sie haben kein Bedürfnis eine zweite Methode kennen zu lernen. Was bringt es, wenn sie beide Varianten kennen?

Glucose

Ring- und offenkettige Form

Der Ringschluss und die Existenz von - und -Glucose ist in Lehrbüchern oft umständlich dargestellt (Abbildung aus Chemie heute SII, Schroedel, Braunschweig, 2009):

Was könnte vereinfacht werden?

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 23

Erfahrung: Schülerinnen haben weniger Mühe einen Ring zu öffnen als aus der offenkettigen die Ringform zu bilden. Konsequenz: Mit einer Übung zur Ringöffnung beginnen

Aufgabe

Input 1) Die Haworth-Formel von -Glucose erklären. Die OH-Gruppen können nach oben oder unten orientiert sein. Mit einem Molymod-Modell zuerst den 6-Ring flachdrücken und zeigen, dass die OH-Gruppen nach oben oder unten stehen. Jetzt sollen die Schülerinnen das Modell von -Glucose bauen.

2) Ohne Modell an der Tafel zeigen, wie aus dem Ring die offenkettige Form entsteht. Es ist eine grosse Hilfe, wenn die Kohlenstoffatome nummeriert werden. Dann sollen die Schüler die Ringöffnung mit dem Modell nachvollziehen.

Lernaufgabe

D(-)-Ribose D(+)-Galactose D(-)-Fructose

Aufgabenstellung

1. Ring öffnen und Molekül in der Fischerprojektion darstellen. Vorgehen: Gegebenes Molekül bauen und auf die Orientierung der OH-Gruppen achten. Ring öffnen, Molekül zur offenkettigen Form umbauen und so halten, dass die Fischerpojektion gezeichnet werden kann.

2. Schliessen Sie den Ring und zeigen Sie, dass es eine zweite Ringform gibt. Am Ende müssen Sie die und die -Form der oben stehenden Moleküle in den Notizen haben.

Erfahrung: Die Schüler haben Schwierigkeiten die Modelle zu bauen, wenn die Haworth-Formel gegeben ist. In der Zeit, in der die Schülerinnen die Lernaufgabe lösen, empfiehlt es sich, die Modelle der gegebenen Ringform bei jeder Gruppe zu kontrollieren.

DiskussionNach dieser Aufgabe können Sie Desoxyribose, Aldosen und Ketosen thematisieren.

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 24

Das Thema Zucker ist in mehreren Gründen anspruchsvoll

recht grosse Moleküle

Ring- und offenkettige Form sehen sehr verschieden aus

Kleinigkeiten sind entscheidend

alles Wesentliche ist 3-dimensionalNotizen und Bücher arbeiten mit Projektionen

die Arbeit mit Modellen muss geübt werden: Die Übersetzung von 2 zu 3 Dimensionen und zurück ist nicht trivial

Vorschlag: Bei der Prüfung steht ein Modellbaukasten zur Verfügung

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 25

Struktur und Eigenschaften4 typische Fälle, Am Schluss der Bindungslehre zeigen vier typische Fälle, wie die Eigenschaften aus der Struktur abgeleitet werden können

Vorwissen: Moleküle, Salze, Metalle, Wasserstoffbrücken und van-der-Waals-Kräfte

Substanz Siede- und Schmelztemperatur

Löslichkeit in Wasser elektrische Leitfähigkeit

Fall 1: Moleküle ohne H-Brücken

Wasserstoff

Fall 2: Moleküle mit H-Brücken

CH3CH2OHEthanol (= Trinkalkohol)Fall 3: Salze

Kaliumnitrat

Fall 4: Metalle

Zink

Vorschlag: Die Tabelle als Lernaufgabe erarbeiten.

Damit die Lehrperson nicht die ganze Tabelle vorbeten muss und die Schüler beteiligt werden, werden ① als Input nur die ersten beiden Felder erklärt. ② Anschliessend füllen die Schülerinnen die ersten beiden Spalten so gut wie möglich aus. ③ Die Lehrperson sammelt die Eintragungen von verschiedenen Schülern und ergänzt die Angaben. ④ Die Lehrperson zeigt eine Zeile von Aufgabe 1, die auf der übernächsten Seite zu sehen ist. Nur Löslichkeit, Siede- und Schmelzpunkt. Die Schülerinnen lösen Aufgabe 1 selbständig. ⑤ Erst jetzt wird die Leitfähigkeit diskutiert.

Das Vorgehen ist auf der nächsten Seite graphisch angegeben.

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 27

1. Aufgabe zeigt, dass die Eigenschaften zuverlässig aus der Struktur abgeleitet werden können.Wie immer lohnt es sich eine Zeile vorzumachen

Substanz Formel Struktur Siede- & Schmelz-temperatur

wasserlöslich? elektrischleitend?

Cd

Kr

Bariumsulfat

Natriumsulfat

Ti

TiO2

Ameisensäure HCOOH

Formaldehyd CH2O

Toluol C6H5CH3

2. Aufgabe: Bestimmung des Aggregatzustands bei einfachen und anspruchsvollen BeispielenIn welchem Aggregatzustand liegen die Stoffe bei Raumtemperatur (also bei 25 °C) vor?He, H2, CH4, CH4O, CH3CH2OH, NaOH, Na, CH3(CH2)5CH3, CH3(CH2)5000CH3, HCl, NaCl, H2O, Fe, NH2CH2COOH

Lösung: Je grösser die Schrift, desto stärker die van-der-Waals-Kräfte

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Fachdidaktik Chemie ETH Lernaufgaben im Grundlagenfach S. 28

3. Aufgabe: Eigenschaften, die nicht ohne weiteres in der chemischen Formel ersichtlich sind(siehe http://fdchemie.pbworks.com/w/page/69211751/Struktur%20und%20Eigenschaften)

In der 2. und 3. Aufgabe lernen die Schülerinnen und Schüler, wie sie vorgehen müssen, wenn die Substanzen nicht mehr eindeutig den typischen 4 Fällen zugeordnet werden können.

Amadeus Bärtsch, Kantonsschule Freudenberg, Zürich 22. April 2017