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Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe Das kenntnisabhängige Verjährungsrecht im Rahmen der Berufshaftung Vor beinahe 10 Jahren wurde die berufsspezifische Verjäh- rung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugunsten der allgemein zivilrechtlichen Verjährung abgeschafft. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist jetzt nicht mehr allein der objek- tiv zu bestimmende Eintritt des Schadens. Entscheidende Bedeutung für den Verjährungsbeginn kommt vielmehr der Kenntnis des Mandanten vom Schadensersatzanspruch zu. Der nachfolgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über das neue Verjährungsrecht und insbesondere über die hierzu bislang ergangene Rechtsprechung. Aufhebung der alten berufsspezifischen Verjährungsvorschriften Im Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 09.12.2004 wurden die spezialgesetzlichen, Rechtsanwälte und Steuerberater betreffenden haftungsrechtlichen Verjäh- rungsvorschriften der §§ 68 StBerG, 51b BRAO aufgehoben. Ab dem 15.12.2004 gelten nunmehr die allgemein zivilrecht- lichen Verjährungsvorschriften der §§ 199, 195 BGB. Bereits ein Jahr zuvor, nämlich zum 01.01.2004, war die be- rufshaftungsrechtliche Verjährung für Wirtschaftsprüferregres- se im Zuge der 5. WPO-Novelle geändert worden: § 53a WPO und § 323 Abs. 5 HGB wurden ersatzlos aufgehoben, sodass sich die Verjährung nur noch nach den allgemein zivilrecht- lichen Vorschriften richtete. Bei Notaren gab es hingegen keine wesentlichen Änderungen: Aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 galt zwar schon ab dem 01.01.2002 die allge- mein zivilrechtliche Regelverjährung; doch kam schon vor dem 01.01.2002 eine kenntnisabhängige Verjährung – nämlich die Verjährung nach § 852 BGB – zum Zuge. Die wesentlichen Änderungen im Ver- jährungsrecht Bei den bis zum 15.12.2004 geltenden berufsrechtlichen Verjährungsvorschriften für Rechtsanwälte und Steuerberater begann die Verjährung kenntnisunabhängig zu laufen. Maß- geblich war alleine der objektiv zu bestimmende Eintritt des Schadens. Da dies mit Unbilligkeiten zulasten des Mandanten verbunden war, wenn er den Fehler nicht erkannt hat, führte die Rechtsprechung im Bereich der Rechtsanwalts- und Steu- erberaterhaftung die sogenannte Sekundärverjährung ein: Die gesetzlich geregelte dreijährige Verjährung verlängerte sich um weitere drei Jahre, wenn der Rechtsanwalt/Steuerberater innerhalb der ersten drei Jahre, also der Primärverjährung, sei- nen Fehler erkannte bzw. aufgrund eines bestimmten Anlasses erkennen musste und den Mandanten nicht auf den Umstand des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs und seine Verjährung hingewiesen hat. Nach neuem Verjährungsrecht setzt der Beginn der ebenfalls dreijährigen Verjährung neben dem objektiven Eintritt des Schadens auch ein subjektives Moment voraus: Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegrün- denden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Zeitlich begrenzt ist die Verjährung zum einen dadurch, dass der Schadensersatzanspruch auch ohne Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von der Entstehung an – also dem objektiven Eintritt des Schadens – verjährt. Zum anderen bestimmt eine weitere Höchstfrist von 30 Jahren, dass unabhängig von der Kenntnis oder der Entstehung des Scha- densersatzanspruchs dieser spätestens in 30 Jahren seit der Pflichtverletzung verjährt. Eine Sekundärverjährung wie beim alten Verjährungsrecht gibt es hier nicht (Gräfe/Lenzen/Sch- meer, Steuerberaterhaftung, 5. Auflage, Rn. 850). Die Übergangsvorschrift Den Übergang zum neuen Verjährungsrecht regeln die kom- plizierten Vorschriften der Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 229 § 6 EGBGB. Letztlich ist ein Vergleich der Verjährungs- fristen nach neuem und altem Verjährungsrecht vorzuneh- men: Verkürzt sich durch das neue Verjährungsrecht die Verjährungsfrist, so beginnt ihr Lauf am 14.12.2004. Verlän- gert sich hingegen die Verjährungsfrist, so bleibt die kürzere Verjährungsfrist des alten Rechtes maßgeblich. 1/13

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Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- undsteuerberatende Berufe

Das kenntnisabhängige Verjährungsrecht im Rahmen der Berufshaftung

Vor beinahe 10 Jahren wurde die berufsspezifische Verjäh-rung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugunsten der allgemein zivilrechtlichen Verjährung abgeschafft. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist jetzt nicht mehr allein der objek-tiv zu bestimmende Eintritt des Schadens. Entscheidende Bedeutung für den Verjährungsbeginn kommt vielmehr der Kenntnis des Mandanten vom Schadensersatzanspruch zu. Der nachfolgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über das neue Verjährungsrecht und insbesondere über die hierzu bislang ergangene Rechtsprechung.

Aufhebung der alten berufsspezifischen Verjährungsvorschriften Im Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 09.12.2004 wurden die spezialgesetzlichen, Rechtsanwälte und Steuerberater betreffenden haftungsrechtlichen Verjäh-rungsvorschriften der §§ 68 StBerG, 51b BRAO aufgehoben. Ab dem 15.12.2004 gelten nunmehr die allgemein zivilrecht-lichen Verjährungsvorschriften der §§ 199, 195 BGB.

Bereits ein Jahr zuvor, nämlich zum 01.01.2004, war die be-rufshaftungsrechtliche Verjährung für Wirtschaftsprüferregres-se im Zuge der 5. WPO-Novelle geändert worden: § 53a WPO und § 323 Abs. 5 HGB wurden ersatzlos aufgehoben, sodass sich die Verjährung nur noch nach den allgemein zivilrecht-lichen Vorschriften richtete.

Bei Notaren gab es hingegen keine wesentlichen Änderungen: Aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 galt zwar schon ab dem 01.01.2002 die allge-mein zivilrechtliche Regelverjährung; doch kam schon vor dem 01.01.2002 eine kenntnisabhängige Verjährung – nämlich die Verjährung nach § 852 BGB – zum Zuge.

Die wesentlichen Änderungen im Ver-jährungsrecht Bei den bis zum 15.12.2004 geltenden berufsrechtlichen Verjährungsvorschriften für Rechtsanwälte und Steuerberater

begann die Verjährung kenntnisunabhängig zu laufen. Maß-geblich war alleine der objektiv zu bestimmende Eintritt des Schadens. Da dies mit Unbilligkeiten zulasten des Mandanten verbunden war, wenn er den Fehler nicht erkannt hat, führte die Rechtsprechung im Bereich der Rechtsanwalts- und Steu-erberaterhaftung die sogenannte Sekundärverjährung ein: Die gesetzlich geregelte dreijährige Verjährung verlängerte sich um weitere drei Jahre, wenn der Rechtsanwalt/Steuerberater innerhalb der ersten drei Jahre, also der Primärverjährung, sei-nen Fehler erkannte bzw. aufgrund eines bestimmten Anlasses erkennen musste und den Mandanten nicht auf den Umstand des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs und seine Verjährung hingewiesen hat.

Nach neuem Verjährungsrecht setzt der Beginn der ebenfalls dreijährigen Verjährung neben dem objektiven Eintritt des Schadens auch ein subjektives Moment voraus: Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegrün-denden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Zeitlich begrenzt ist die Verjährung zum einen dadurch, dass der Schadensersatzanspruch auch ohne Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von der Entstehung an – also dem objektiven Eintritt des Schadens – verjährt. Zum anderen bestimmt eine weitere Höchstfrist von 30 Jahren, dass unabhängig von der Kenntnis oder der Entstehung des Scha-densersatzanspruchs dieser spätestens in 30 Jahren seit der Pflichtverletzung verjährt. Eine Sekundärverjährung wie beim alten Verjährungsrecht gibt es hier nicht (Gräfe/Lenzen/Sch-meer, Steuerberaterhaftung, 5. Auflage, Rn. 850).

Die Übergangsvorschrift Den Übergang zum neuen Verjährungsrecht regeln die kom-plizierten Vorschriften der Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 229 § 6 EGBGB. Letztlich ist ein Vergleich der Verjährungs-fristen nach neuem und altem Verjährungsrecht vorzuneh-men: Verkürzt sich durch das neue Verjährungsrecht die Verjährungsfrist, so beginnt ihr Lauf am 14.12.2004. Verlän-gert sich hingegen die Verjährungsfrist, so bleibt die kürzere Verjährungsfrist des alten Rechtes maßgeblich.

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Im Ergebnis bedeutet dies im Rahmen der Berufshaftung, dass das alte Verjährungsrecht noch auf diejenigen Scha-densersatzansprüche anzuwenden ist, die am 15.12.2004 noch nicht verjährt waren. Maßgeblich ist insoweit nicht der Zeitpunkt der Mandatsbegründung, sondern zu welchem Zeitpunkt der geltend gemachte Schaden entstanden ist (BGH v. 15.12.2011 – IX ZR 85/10, GI 2012, 34).

Das Gleiche gilt für den Sekundäranspruch: Ist am 15.12.2004 bereits Primärverjährung eingetreten, läuft aber noch die Sekundärverjährung, so findet auf den Sekundäranspruch ebenso noch altes Recht Anwendung. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des BGH auf den Sekundäranspruch aber auch dann noch altes Verjährungsrecht anzuwenden, wenn der Primäranspruch am 15.12.2004 noch nicht verjährt war und der Sekundäranspruch folglich erst nach dem 15.12.2004 entstanden ist (BGH v. 13.11.2008 – IX ZR 69/07, NJW 2009, 1350). Für Ansprüche, die am 15.12.2004 noch nicht bestan-den haben, gilt hingegen unproblematisch neues Verjährungs-recht.

Entwicklung der RechtsprechungBis die ersten haftungsrechtlichen Urteile ergangen sind, die das neue Verjährungsrecht zum Gegenstand hatten, ist eine erstaunlich lange Zeit vergangen. Nachfolgend werden die – bisher berater-freundliche – unterinstanzliche Rechtsprechung und die – eher mandantenfreundliche – Rechtsprechung des BGH dargestellt.

a) Unterinstanzliche RechtsprechungDie Rechtsprechung stand nach der Abschaffung der berufsspezi-fischen Verjährungsvorschriften vor der Herausforderung, die §§195, 199 BGB bezüglich der Beraterhaftung zu konkretisieren. Boten die alten Verjährungsvorschriften mit ihrem klaren Ausgangs-punkt – allein dem objektiv zu bestimmenden Schadenseintritt – und einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzunoch sicheres Fahrwasser, hat sich dies angesichts des Systemwech-sels zu einer Verjährung mit subjektiven Elementen geändert.

Als Ausgangspunkt für die letztlich neu zu entwickelnde Rechtspre-chung im Bereich der Beraterhaftung diente vielfach die bisherige Rechtsprechung zu § 852 BGB. Dieser Ansatz findet sich in beinahe allen Entscheidungen zum neuen Verjährungsrecht (vgl. beispiels-weise OLG Hamm v. 24.04.2012 – 28 U 152/11, GI 2012, 111): So wird unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung zu § 852 BGB darauf hingewiesen, dass es für die Kenntnis ausreicht, wenn dem Mandanten die Erhebung einer Schadensersatzklage – und sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist. Der Verjährungsbeginn setze hierbei grundsätzlich nur die den Anspruch begründenden Tatsa-chen voraus. Nicht erforderlich sei, dass der Mandant aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen hat.

Welche konkreten Schlüsse die Rechtsprechung aus diesen allge-meinen Grundsätzen zieht, zeigen die nachfolgenden Entschei-dungen.

(1) Anderweitige Beratung bereits vor Erlass des belastenden Steu-erbescheidsIn einer Entscheidung des LG Stuttgart v. 26.10.2011 - 27 O 503/10, GI 2012, 155 hatte der Mandant bereits sehr früh – näm-lich schon während einer vom Finanzamt durchgeführten Betriebs-

prüfung – Kenntnis von einem möglichen Schaden.Eine solche frühe Kenntnis schadet dem Mandanten eigentlich nicht. Sofern er nämlich durch seinen Steuerberater fehlerhaft beraten wurde und sich der fehlerhafte Rat in einem nachteiligen Bescheid für ihn auswirkt, tritt nach ständiger Rechtsprechung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung des Vermögens erst mit der Bekanntgabe des ersten belastenden Bescheids ein. Dies gilt auch dann, wenn eine Außenprüfung vorangegangen ist, sodass ab diesem Zeitpunkt die Verjährung zu laufen beginnt (BGH vom 2.7.1997, IX ZR 268/91). Sofern sich der Mandant im Weiteren anwaltlicher oder sonstiger Hilfe bedient, um den Steuerschaden ersetzt zu erhalten, verjährt der Anspruch auf Ersatz der von dem Mandanten aufgewandten Anwalts- und Steuerberaterkosten ein-heitlich mit dem Anspruch auf Ersatz des Steuerschadens. Nach die-sen Grundsätzen würde trotz der frühen Kenntnis die Verjährung eigentlich erst mit der Bekanntgabe des belastenden Bescheids zu laufen beginnen.

In dem Fall des LG Stuttgart lag jedoch eine atypische Besonder-heit vor: Der Geschädigte hatte sich hier zeitlich bereits vor der Bekanntgabe des belastenden steuerlichen Bescheids anwaltlicher und sonstiger Hilfe bedient, um nicht nur den künftigen drohenden Steuerschaden abzuwehren, sondern auch den Schadensersatz-anspruchs selbst zu verfolgen. In diesem Fall beginnt nach der Entscheidung des LG Stuttgart die Verjährung einheitlich – d. h. auch in Hinblick auf den späteren Steuerschaden – bereits zu dem Zeitpunkt, als durch die Mandatierung der weiteren Berater Kosten entstanden sind. Diese Situation gleicht – so das LG Stuttgart – den Fällen, in denen der späteren Steuerfestsetzung Grundlagenbe-scheide vorausgingen; dort beginnt die Verjährung auch bereits mit Bekanntgabe des Grundlagenbescheids.

Da es hier schwerpunktmäßig nicht um die Frage der Kenntnis, sondern um diejenige des Zeitpunkts des Schadenseintritts und des einheitlichen Schadens ging, hätte diese Entscheidung in gleicher Weise auch schon zum alten Verjährungsrecht ergehen können.

(2) Hinweis durch eine BetriebsprüfungNach Ansicht des LG Hof reicht es für die erforderliche Kenntnisund den Verjährungsbeginn bereits aus, dass der Mandant durch eine Betriebsprüfung auf etwaige Versäumnisse des Steuerberatershingewiesen wurde und ein belastender Steuerbescheid ergeht. Wird bei einer steuerlichen Betriebsprüfung die Buchführung des Steuerberaters als völlig mangelhaft und unzureichend beanstandetund der steuerpflichtige Mandant darauf hingewiesen, dass die vom Steuerberater gewählte Vertragskonstruktion bei der Veräu-ßerung einer Tierarztpraxis nicht anerkannt werde, so soll der in der Folge bekannt gegebene Steuerbescheid dem Mandanten Anlass zur Prüfung geben, ob der Steuernachteil auf einem Beratungs-fehler seines Steuerberaters beruht, sodass der Lauf der Verjäh-rungsfrist mit Bekanntgabe des Steuerbescheids beginnt (LG Hof v.13.02.2013 – 15 O 2/12, GI 2014, 59).

(3) Unerwarteter Anfall von Steuer nach GestaltungsberatungDurch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen fiel in einer weiteren Entscheidung des LG Stuttgart – unerwartet für den Geschädigten – Grunderwerbsteuer an. Deren Ersatz verlangte er von dem steuerlichen Berater, weil Gegenstand der seinerzeitigenBeratung gerade gewesen war, durch die gewählte Gestaltung so weit wie möglich Steuerzahlungen zu vermeiden. Das LG Stuttg-art nahm an, dass die Kenntnis vom Schadensersatzanspruch im Sinne des § 199 BGB mit der erfolgten Bekanntgabe des Grunder-werbsteuerbescheids vorgelegen habe: Denn zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Übertragung der Gesellschaftsanteile für den

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Beratungsziel nicht erfüllt war (LG Stuttgart v. 24.01.2013 – 27 O 240/12, WPK Magazin Nr. 4, 52). Darüber hinaus hätte der Mandant gewusst, dass er von seinem Berater nicht auf andere Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen worden ist. Mit diesem vorhandenen Wissen wäre es deswegen für ihn zumutbar gewe-sen, eine Klage gegen den Berater zu erheben. Dem stünde nicht entgegen, dass der Mandant bei Bekanntgabe des belastenden Bescheids noch keine Kenntnis davon hatte, welche anderen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten es gegeben hätte und inwieweit hierdurch der Vermögensnachteil hätte vermieden werden können. Denn eine korrekte rechtliche Würdigung sei für die Annahme der für den Verjährungsbeginn erforderlichen Kenntnis grundsätzlich nicht erforderlich. Ausnahmsweise könne nur etwas anderes gelten, wenn es sich um eine zweifelhafte oder unübersichtliche Rechtslage handele (BGH NJW 2009, 984). Einen solchen Ausnahmefall sah das Landgericht Stuttgart hier jedoch nicht. Denn aufgrund des Anfalls von Grunderwerbsteuer lag ein Beratungsmangel jedenfalls insoweit nahe, als hierauf überhaupt nicht hingewiesen worden war.

(4) Zurechnung des Wissens des NachfolgeberatersMacht ein Mandant einen Schadensersatzanspruch gegen seinen früheren Steuerberater geltend, muss er sich nach Ansicht des LGOsnabrück in verjährungsrechtlicher Hinsicht die Kenntnis seinessteuerlichen Folgeberaters entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zu-rechnen lassen, wenn er diesen mit der Prüfung der steuerlichen Angaben auch für den Zeitraum beauftragt hat, der Gegenstand des Schadensersatzanspruchs ist. (LG Osnabrück v. 08.05.2013 – 4 O 685/12, GI 2013, 158).

(5) Keine Parallelwertung in der LaiensphäreIn einem vom OLG Hamm (Urt. v. 24.04.2012 – 28 U 152/11, GI 2012, 111) entschiedenen Fall hatte ein Rechtsanwalt bei dem Entwurf einer Nutzungsvereinbarung für den Mandanten ver-kannt, dass diese wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist bzw. nichtigsein könnte, und den Mandanten hierauf nicht hingewiesen. Der Mandant machte in der Folgezeit Schadensersatzansprüche gegenden Rechtsanwalt geltend, weil er von ihm unzureichend beraten worden sei.

Der für den Schadensersatzanspruch maßgebliche Verjährungsbe-ginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt nach Ansicht des OLG Hamm grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begrün-denden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Auch die Kenntnis der einen Anwalts-regressanspruch begründenden Umstände setzt keine Parallel-wertung in der Laiensphäre voraus. Für den Verjährungsbeginn wurde es daher als ausreichend angesehen, dass der Mandant von dem damaligen Vertragspartner der Nutzungsvereinbarung mit Vorhaltungen hinsichtlich der Ausnutzung einer Zwangslage und damit dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung konfrontiert wurde.

(6) Verjährenlassen einer ForderungBesteht die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts darin, dass er eineForderung des Mandanten hat verjähren lassen, reicht es nach Ansicht des OLG Stuttgart für den Verjährungsbeginn des gegen den Rechtsanwalt gerichteten Schadensersatzanspruchs bereits aus, wenn dem Mandanten die Tatsachen, die die Vorausset-zungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen, bekannt sind. Eine zutreffende rechtliche Würdigung ist grundsätzlich nicht erforderlich (OLG Stuttgart v. 13.04.2010 – 12 U 189/09, GI2010, 197).

Wie das OLG Stuttgart in gerade erwähnter Entscheidung ist auch das OLG Hamm der Auffassung, dass eine Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht erfordert, dass der Mandant alle Einzelheiten des Schadens überblickt. Auch hier hatte der Rechtsanwalt Ansprüche des Mandanten verjähren lassen. Es soll für die Kenntnis ausreichen, dass der Mandant den Hergang der Schädigung in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für eine Ersatzpflicht des Verantwortlichen bietet. Ausreichend ist danach, dass er die tat-sächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Pflichtverletzung als naheliegend, eine Haftungsklage mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass ihm die Erhebung der Klage zugemutet werden kann. Unerheblich soll sein, dass der Vorprozess, in dem es um die Frage der Verjährung der ursprünglichen Forderung des Mandanten ging, noch andauerte. Das OLG Hamm stellte insoweit maßgeblich darauf ab, dass die Frage der Verjährung bereits im landgerichtlichen Verhandlungstermin des Vorprozesses erörtert worden war (OLG Hamm v. 21.02.2013 – 28 U 224/11, juris).

(7) Unterbliebene Einspruchseinlegung durch den SteuerberaterIn einer Entscheidung des OLG Celle hatte der Steuerberater seinem Mandanten zugesagt, die Entwicklung der Rechtspre-chung zu der Frage der Pflicht des selbstständigen Familienhelferszur Entrichtung von Umsatzsteuer zu beobachten. Die Rechtslage entwickelte sich später dahin, dass er Grund für die Annahme hätte haben müssen, dass sich die Rechtslage positiv für den Mandanten entwickelt. Aufgrund dieses Mandatszuschnitts war der Steuerberater verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Weisung des Mandanten Einspruch gegen ergangene Steuerbescheide ein-zulegen oder zumindest vor Ablauf der Einspruchsfrist mit diesemRücksprache zu halten. Dieser Verpflichtung kam der Steuerbera-ter indes nicht nach. Die Verjährung des Regressanspruchs begin-nt nach Ansicht des OLG Celle erst, wenn der Mandant erfährt, dass die erwartete Einlegung des Einspruchs unterblieben ist (OLGCelle v. 23.02.2011 – 3 U 174/10, DStR 2011, 835).

b) Rechtsprechung des BGHStellt die unterinstanzliche Rechtsprechung entscheidend auf diebloße Tatsachenkenntnis des Mandanten ab, misst der BGH dem Rechtsverständnis des Mandanten eine erhebliche Bedeutung bei:

(1) Fehlerhafte Beratung über ein RechtsmittelIn einer Entscheidung des BGH hatte der Rechtsanwalt die Mandantin fehlerhaft über die Erfolgsaussichten einer Nichtzu-lassungsbeschwerde gegen ein Urteil eines Landesarbeitsgerichts beraten und von dem Rechtsmittel abgeraten. Eine Kenntnis derden Anspruch begründenden Umstände im Sinne des § 199Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt – so der Leitsatz der BGH-Entscheidung – nicht schon dann vor, wenn dem Mandanten Umstände be-kannt werden, nach denen zu seinen Lasten ein Rechtsverlusteingetreten ist. Er muss auch Kenntnis von solchen Tatsachenerlangen, aus denen sich für ihn – zumal wenn er juristischerLaie ist – ergibt, dass der Rechtsberater von dem üblichenrechtlichen Vorgehen abgewichen oder er Maßnahmen nichteingeleitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung einesSchadens erforderlich waren. Die bloße Kenntnis der anwalt-lichen Beratung und der ihr zugrunde liegenden Umständereichten zur Kenntnis der den Anspruch begründendenUmstände nicht aus (BGH v. 06.02.2014 – IX ZR 217/12, NJW2014, 1800).

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(2) Verjährenlassen einer ForderungIn einer weiteren Entscheidung des BGH warf die Mandan-tin dem Rechtsanwalt vor, nicht für eine Hemmung ihrermietrechtlichen Ansprüche gesorgt zu haben. Der Rechtsan-walt machte für sie diese Ansprüche zwar klageweise, jedochbereits in verjährter Zeit geltend. Die damalige Gegenseite desVorprozesses berief sich auf die Einrede der Verjährung.Der BGH lehnte es ab, die Verjährung bereits zu dem Zeit-punkt beginnen zu lassen, als die Gegenseite bzw. sogar dasGericht auf die Verjährung hingewiesen hat. Die Verjährungeines gegen einen rechtlichen Berater gerichteten Ersatzan-spruchs beginne zu laufen, wenn der Mandant den Schadenund die Pflichtwidrigkeit des Beraters erkannt oder infolgegrober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat. Rate aber der Beraterzur Fortsetzung des Rechtsstreits, hat der Mandant danach inder Regel auch dann keine Kenntnis von der Pflichtwidrigkeitdes Beraters, wenn das Gericht oder der Gegner zuvor aufeine Fristversäumung hingewiesen hat (BGH v. 06.02.2014 –IX ZR 245/12, GI 2014, 1022).

(3) Fehlerhafte Testierung der Gewinnprognosen durch einenWirtschaftsprüferDer III. Senat des BGH schloss sich den Ausführungen des IX.Senats in der unter (2) genannten Entscheidung auch für denBereich der Wirtschaftsprüferhaftung an:Ein Wirtschaftsprüfer hatte fehlerhaft Gewinnprognoseneiner Kapitalanlagegesellschaft in einem Wertpapierprospekttestiert. Liegt der haftungsauslösende Fehler der Wirtschafts-prüfungsgesellschaft in einer falschen Rechtsanwendung, sobeginne die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1Nr. 2 BGB nicht bereits mit dem Schluss des Jahres, in dem der Geschädigte Kenntnis von dieser Rechtsanwendung als solchererlangt hat; vielmehr muss der Geschädigte Kenntnis oder

grob fahrlässige Unkenntnis davon haben, dass die Rechtsan-wendung fehlerhaft gewesen ist (BGH v. 24.04.2014 – III ZR 156/13, GI 2014, 99).

FazitBis die Rechtsprechung der Auslegung der § 199, 195 BGB so klare und gefestigte Konturen gegeben hat, wie sie im Bereich der alten, kenntnisunabhängigen Verjährungsvorschriften bestanden, wird aller Voraussicht nach noch erhebliche Zeit vergehen. Der BGH hat den Weg eingeschlagen, bei der notwendigen Kenntnis des Mandanten nicht nur auf die Tatsachenkenntnis, sondern auch auf die Kenntnis von der fehlerhaften Rechtsanwendung abzustellen. Die Rechtspre-chung wird das Spannungsfeld zwischen der vom Gesetz-geber beabsichtigten Verbesserung des Mandantenschutzes einerseits und der Gewährleistung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden andererseits zu lösen haben.

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HDI Versicherung AGHDI-Platz 130659 Hannoverwww.hdi.de/giservice

Autor

Rafael MeixnerRechtsanwaltHDI Versicherung AGKöln

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Allgemeiner Vertreter, Praxis-abwickler, Praxistreuhänder in der Steuerberater-Praxis

Rechtsstellung, Haftung und Versiche-rungsschutzZur Tätigkeit des Steuerberaters gehören auch die Aufgaben als allgemeiner Vertreter, Praxisabwickler und Praxistreuhän-der. Diese Tätigkeiten werden nicht im Rahmen der Vorbe-haltsaufgaben (§ 33 StBerG) genannt, dürfen jedoch aus-schließlich durch zugelassene Steuerberater ausgeübt werden. Bei allen drei Ämtern geht es um die verantwortliche Führung einer fremden Steuerberatungspraxis im Rahmen eines zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich begründeten Treuhand-verhältnisses. Die Haftungsfolgen dieser Rechtspositionen und der Versicherungsschutz sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.

Der allgemeine Vertreter (§ 69 StBerG) und der Vertreter (§ 145 StBerG) während einesBerufs- oder VertretungsverbotsRechtsstellungEin allgemeiner Vertreter wird entweder durch den Praxisinha-ber durch Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages oder durch die Berufskammer per Verwaltungsakt öffentlich-rechtlich bestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StBerG). Der Vertreter nimmt im Rahmen der Berufsausübung insgesamt die Stellung des Vertretenen ein, die er „in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Vertretenen“ ausübt (§ 69 Abs. 2 Satz 2 StBerG). Auf die Rechtsstellung des allgemeinen Vertreters werden die Stellvertretungsregeln des BGB angewandt, d. h., das Handeln des Vertreters wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen (§ 164 BGB). Glei-ches gilt auch für den durch die zuständige Kammer bestellten Vertreter während eines Berufs- oder Vertretungsverbots (§ 145 StBerG), auf den die Regeln von § 69 Abs. 2–4 StBerG entsprechend angewendet werden. Aus diesem Grund wird im Folgenden nur der allgemeine Vertreter behandelt, die Ausführungen gelten sinngemäß auch für einen Vertreter nach § 145 StBerG.

HaftungDa das Mandatsverhältnis weiterhin zwischen dem Vertretenen und dem Mandanten besteht, trifft die Haftung im Außenver-

hältnis allein den Vertretenen (§ 278 BGB). Dies gilt jedoch nur so lange, wie der Vertreter seine Position durch Verwendung des Briefpapiers des Vertretenen und mit dem Hinweis „als allgemeiner Vertreter“ bei der Unterschrift deutlich macht. Bei Verwendung des eigenen Briefpapiers besteht das Risiko einer Rechtsscheinhaftung, die der Vertreter vermeiden sollte.Da nach der gesetzlichen Regelung der Vertreter eigenverant-wortlich, also nicht weisungsgebunden handelt, ist er dem Vertretenen im Innenverhältnis zum vollen Schadensausgleich (Innenregress) verpflichtet. Daher wird auch im Falle des allgemeinen Vertreters im Außenverhältnis der Vertretene in Anspruch genommen.

VersicherungsschutzZur Abdeckung der Haftungsrisiken des Vertreters kommen zwei Versicherungen in Betracht, nämlich die des Vertreters (im Folgenden bezeichnet als „eigene“ Haftpflichtversiche-rung) und die des Vertretenen (im Folgenden bezeichnet als „fremde“ Haftpflichtversicherung). In den AVB-WSR heißt es in Teil 1 § 1 I. 1.: „Der Versicherer gewährt dem Versiche-rungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit von ihm selbst oder einer Person, für die er nach § 278 BGB oder § 831 BGB einzutreten hat, begangenen Verstoßes von einem anderen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird.“ Damit ist im Verhältnis zum Anspruchsteller die Haftung des Vertretenen für die Tätigkeit des Vertreters im Rahmen seiner (des Vertretenen) Berufshaftpflichtversicherung gedeckt. Zu klären bleibt aber die Haftung des Vertreters gegenüber dem Vertretenen (Innenregress) In der eigenen Haftpflicht-versicherung des Vertreters wird in der Risikobeschreibung zu Teil III AVB-WSR unter B IV ausdrücklich nur die Tätigkeit als Praxisabwickler genannt. Im Umkehrschluss bedeutet dies zunächst, dass die Tätigkeiten als allgemeiner Vertreter und als Praxistreuhänder nicht im Rahmen der eigenen Berufs-haftpflichtversicherung gedeckt sind. Für den Vertretenen gilt jedoch im Rahmen der fremden Haftpflichtversicherung Teil 3 A 1. a) AVB-WSR: „Mitversichert sind allgemeine Vertreter (§ 69 StBerG), Praxisabwickler (§ 70 StBerG) oder Praxistreuhän-der (§ 71 StBerG) für die Dauer ihrer Bestellung sowie Vertreter (§ 145 StBerG) während der Dauer eines Berufs- oder Vertre-tungsverbots. Diese Versicherung besteht in dem Umfangenicht, in dem die Mitversicherten durch eine eigene Versiche-rung Deckung erhalten.“ Die Versicherung des Vertretenen istinsoweit für den Vertreter subsidiär.

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Damit ist der Vertreter für die Dauer der Bestellung im Rahmen der fremden Haftpflicht-versicherung (beim Vertre-tenen) mitversichert. Über die eigene Versicherung genießt er jedoch keinen Versicherungsschutz. Aufgrund der Stellung als mitversicherte Person in der fremden Versicherung ist ein eigener Versicherungsschutz aber auch nicht notwendig, da ein Regress des fremden Versicherers nicht infrage kommt.

RisikomanagementDer Vertreter wird für einen begrenzten Zeitraum in der Kanzlei des Vertretenen tätig, die er in ihrem Bestand und Betrieb aufrechterhalten soll. Er übernimmt insoweit die unveränderten Aufgaben des Vertretenen auf dessen Risiko und Kosten. Folgerichtig wird er auch auf dessen Risiko und Kosten versichert. Die Versicherung der Tätigkeit über den Vertrag des Vertretenen bietet den Vorteil, dass auch das Per-sonal des Vertretenen dort Deckung genießt und im Rahmen der Prämie berücksichtigt wird. Ein Risiko kann jedoch für den Vertreter darin bestehen, dass eventuell der Vertretene nicht angemessen versichert ist. Im Falle eines teilweise nicht versi-cherten Schadens, der vom Vertreter verursacht wurde, kann der Geschädigte die Regressansprüche des Vertreters im Rah-men der Zwangsvollstreckung erwerben und gegenüber dem Vertreter geltend machen. Vor Übernahme einer Vertretung sollte daher mit dem Vertretenen der Umfang von dessen Berufshaftpflichtversicherung geklärt werden, damit rechtzei-tig Anpassungen möglich sind. Dies ist auch im Interesse des primär haftenden Vertretenen.

Der Praxisabwickler (§ 70 StBerG)RechtsstellungDer Praxisabwickler wird von der Berufskammer bestellt, wenn der Praxisinhaber verstorben ist. Eine Bestellung kommt auch dann in Betracht, wenn seine Zulassung erloschen ist bzw. widerrufen oder zurückgenommen wurde. Diesen Fällen ist gemeinsam, dass eine laufende Praxis durch plötzlich eintretende Umstände den verantwortlichen Berufsträger verloren hat. Aufgabe des Praxisab-wicklers ist die Abwicklung der schwebenden Angelegenheiten der Praxis und die geordnete Beendigung des Betriebs. Dazu darf der Abwickler neue Mandate nur in den ersten sechs Monaten nach seiner Bestellung annehmen und sonst bestehende Mandate fortführen. Ihm stehen insoweit die gleichen Befugnisse zu, die der verstorbene Steuerberater hatte (§ 70 Abs. 3 StBerG). Bei der Tätig-keit des Praxisabwicklers handelt es sich also um eine Sonderform der Stellvertretung, da der Vertretene (der Erbe bzw. der ehem. Berufsträger) nicht bzw. nicht mehr zur Steuerberatung berechtigt ist. Aufgrund der fehlenden Berufsträgereigenschaft beim Vertre-tenen tritt der Praxisabwickler auch nicht in dessen Namen auf; er wird ausschließlich in eigenem Namen tätig, wobei er auf seine besondere Rechtsstellung hinweist.

HaftungDa der Praxisabwickler ausschließlich in eigenem Namen auftritt und nicht im Namen des Vertretenen, haftet er im Außenverhältnis direkt gegenüber Dritten. Eine Haftung des Vertretenen kommt nicht in Betracht, da ein Auftreten nach außen aufgrund der feh-lenden Berufsträgereigenschaft nicht möglich ist.

VersicherungsschutzFür den Praxisabwickler kommt Versicherungsschutz über die eige-ne oder die fremde Haftpflichtversicherung in Betracht. Da er direkt von Dritten in Anspruch genommen werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob Versicherungsschutz über die eigene Berufshaft-pflichtversicherung besteht. Gemäß Risikobeschreibung zu Teil III

AVB-WSR unter B IV ist die Tätigkeit als Praxisabwickler ausdrück-lich mitversichert. Diese Tätigkeit ist aber auch über die fremde Versicherung subsidiär gedeckt. Hier gilt Teil 3 A 1. a) AVB-WSR: „Mitversichert sind … Praxisabwickler (§ 70 StBerG) … für die Dau-er ihrer Bestellung … Diese Versicherung besteht in dem Umfange nicht, in dem die Mitversicherten durch eine eigene Versicherung Deckung erhalten.“ Auch der automatische Risikofortfall durch Tod des Mandanten ist für den Fall der Praxisabwicklung nicht gegeben (§ 9 IV Satz 2 AVB-WSR).

RisikomanagementDer Praxisabwickler wird bei seiner Tätigkeit in eigenem Namen auf fremde Rechnung tätig und haftet dem Anspruchsteller direkt, folgerichtig genießt er zunächst Versicherungsschutz über seinen eigenen Vertrag. Dennoch besteht, wie oben dargestellt, auch Versicherungsschutz über den Vertrag der abzuwickelnden Praxis. Diese Regelung ist dann von Bedeutung, wenn der Versicherungs-schutz des Vertreters nicht ausreicht. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Abwickler nur eine kleine Kanzlei mit geringem Risiko betreibt und entsprechend nur die Mindestpflichtversiche-rungssumme vorhält, aber einen Abwicklungsauftrag für eine größere Kanzlei mit riskanteren Mandaten erhält, für die auch eine angemessene höhere Deckungssumme besteht.

Beispiel: Steuerberater A ist als Praxisabwickler für die Praxis des B bestellt. Seine Deckungssumme beträgt 250.000,00 Euro je Versi-cherungsfall, während B mit 1 Mio. Euro versichert ist. Wenn A nun für einen Schaden in Höhe von 750.000,00 Euro in Anspruch ge-nommen wird, so zahlt seine eigene Versicherung 250.000,00 Euro und die fremde Versicherung ergänzt die fehlenden 500.000,00 Euro, weil insoweit keine Deckung über die eigene Versicherung besteht.

Es ist also ratsam, die Versicherung der betreuten Praxis aufrecht-zuerhalten, zumindest bis sichergestellt ist, dass über die eigene Versicherung ausreichende Deckung besteht. Wenn in der abzuwi-ckelnden Praxis noch Personal beschäftigt wird, genießt dieses nur Deckung über den Vertrag dieser Praxis. Das Personal muss also entweder in den Vertrag des Abwicklers mit eingeschlossen werden oder der Vertrag der abzuwickelnden Praxis muss fortgeführt wer-den. Welche Lösung sinnvoller und kostengünstiger ist, muss im Einzelfall geklärt und mit den beteiligten Versicherern abgestimmt werden.

Der Praxistreuhänder (§ 71 StBerG)RechtsstellungDie Rechtsstellung des Praxistreuhänders ist an die gleichen Vo-raussetzungen geknüpft, wie die des Praxisabwicklers. Auch hier soll der Verlust des verantwortlichen Berufsträgers aufgefangen werden. Jedoch ist die Tätigkeit des Praxistreuhänders nicht auf eine geordnete Beendigung der Geschäfte der betreuten Praxis gerichtet, sondern auf ihre Fortführung und den Erhalt eines Mandantenstammes zum Zwecke der Übernahme der Praxis durch einen Dritten, der die Berufsträgerqualifikation in absehbarer Zeit erlangen wird. Die Rechtsstellung des Praxistreuhänders ist umfang-reicher als die des Praxisabwicklers. Sie ist nicht auf die Beendigung laufender Geschäfte beschränkt und erlaubt auch dauerhaft die Annahme neuer Mandate. Letzteres stellt für den Praxistreuhänder u. U. nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verpflichtung dar, umden Fortbestand der Praxis zu sichern. Die Rechtsstellung des Pra-xisabwicklers und des Praxistreuhänders gleichen sich insoweit, alsdass der oder die Vertretene(n) nicht zur Steuerberatung berechtigtist/sind. Auch der Praxistreuhänder tritt ausschließlich in eigenemNamen und in eigener Verantwortung auf.

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HaftungMit der Haftung des Praxistreuhänders verhält es sich wie mit der Haftung des Praxisabwicklers: Auch der Praxistreuhänder haftet unmittelbar gegenüber den Dritten und den vertretenen Per-sonen, während eine Haftung des Vertretenen in der Regel nicht in Betracht kommt.

VersicherungsschutzFür den Praxistreuhänder kommt Versicherungsschutz über die eigene oder die fremde Haftpflichtversicherung in Betracht. Da im Gegensatz zum Praxisabwickler der Praxistreuhänder nicht in der Risikobeschreibung erwähnt wird (s. o.), ist keine Deckung über den eigenen Vertrag vorhanden. Versicherungsschutz kommt jedoch über den Vertrag der betreuten Praxis in Betracht. Hier gilt Teil 3 A 1. a) AVB-WSR: „Mitversichert sind … Praxistreuhänder (§ 71 StBerG) … für die Dauer ihrer Bestellung … Diese Versiche-rung besteht in dem Umfange nicht, in dem die Mitversichertendurch eine eigene Versicherung Deckung erhalten.“ Auch derautomatische Risikofortfall durch Tod des Mandanten ist beiBestellung eines Praxistreuhänders nicht gegeben (§ 9 IV Satz 2AVB-WSR). Hier besteht also ausschließlich Versicherungsschutz über den Vertrag der betreuten Praxis.

RisikomanagementIm Gegensatz zum Praxisabwickler folgt der Versicherungsschutz beim Praxistreuhänder nicht der Haftung. Dies ist aber mit der wirtschaftlichen Situation zu begründen, da der Treuhänder im Gegensatz zum Abwickler die Praxis erhalten und fördern soll und somit eine größere Nähe zur Stellung des allgemeinen Vertreters besteht. Auch wird dieses – im Verhältnis zum Praxisabwickler höhere – Risiko im Interesse des Nachfolgers eingegangen, sodass die wirtschaftliche Verlagerung des Risikos auf die betreute Praxis interessengerecht ist, denn die Kosten für den fortgeführten Versicherungsvertrag sind Kosten dieser Praxis und sollen nicht den Treuhänder treffen. Der Vertrag der betreuten Praxis sollte

jedoch auf den Treuhänder (Steuerberater xy als Praxistreuhänder …) umgeschrieben werden, um Irritationen zu vermeiden. Das Personal der betreuten Praxis, das i. d. R. weiterbeschäftigt wird, genießt über diesen Vertrag ebenfalls Versicherungsschutz.Bei Übernahme des Amtes muss der Praxistreuhänder also überprüfen, ob der Versicherungsvertrag für die betreute Praxis wirksam besteht, die Prämienzahlungen geleistet wurden und ob Deckungssumme und Umfang der Versicherung auch dem Risiko angemessen sind. Nur so kann er sich gegen Risiken aus dieser Tä-tigkeit absichern, denn eine subsidiäre Deckung über den eigenen Versicherungsvertrag besteht nicht.

FazitIn allen drei Fällen der Stellvertretung in der Steuerberaterpraxis ist der Stellvertreter abgesichert, wenn er die jeweils geltenden Regeln für den Versicherungsschutz beachtet und bei Übernahme der Tä-tigkeit den angemessenen Versicherungsschutz sicherstellt. Wer das erforderliche Risikomanagement jedoch unterlässt, geht das Risiko ein, gegebenenfalls keinen bzw. nicht angemessenen Versiche-rungsschutz zu haben und mit dem Privatvermögen zu haften.

AVB-WSR = Allgemeine und Besondere Versicherungsbedingungen sowie Risikobeschreibungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Patentanwälte

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HDI Versicherung AGHDI-Platz 130659 Hannoverwww.hdi.de/giservice

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Werner ReitzRechtsanwaltHDI Versicherung AGKöln

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Zankapfel Vorsorge: Wie effizient ist eine Betriebsrente aus Entgeltumwandlung?

Immer wieder wurde die betriebliche Altersversorgung (bAV) in den Medien an den Pranger gestellt. Im Vergleich zur privaten Absicherung rechne sich die Entgeltumwandlung im Rahmen der Direktversicherung nicht, kritisierten Verbrau-cherschützer. Da die Rente im Alter besteuert werde und zudem der volle Beitragssatz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung anfällt, werde der Beitragsvorteil in der Ansparphase vollständig aufgezehrt.

Zudem schmälere die Entgeltumwandlung den gesetzlichen Rentenversicherungsanspruch. Zitiert werden dabei gerne Vergleichsrechnungen, wonach sich die entgeltfinanzierte bAV sogar als Verlustgeschäft herausstellt. Ein harter Vorwurf, der zu massiver Verunsicherung bei Verbrauchern und Arbeitge-bern führt.

Ein genauer Blick auf das Zahlenmaterial der Kritiker macht fachliche Schwachstellen in der Methodik deutlich. So basieren viele Beispiele auf unrealistischen Berechnungsgrundlagen, da sie eine zu hohe Steuerbelastung in der Rentenphase unter-stellen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als Sonderausgaben steuerlich

abzugsfähig sind. Zudem bleiben die üblicherweise in der bAV eingeräumten Sonderkonditionen unberücksichtigt.

In einem Praxisfall haben bAV-Experten von HDI den Vergleich einer Betriebsrente mit einer privaten Rentenversicherung unter realistischen Bedingungen nachgestellt. Ein 30-jäh-riger lediger Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 2.500 Euro im Monat zahlt im Zuge der Entgeltumwandlung monatlich 100 Euro in eine Direktversicherung zu Sonderkon-ditionen. Dadurch spart er Steuern und Sozialabgaben, die bei der privaten Absicherung fällig werden. Dem bAV-Beitrag von 100 Euro steht somit ein Nettoaufwand von 53,55 Euro in der privaten Vorsorge gegenüber. Der Vergleich der Nettorenten zeigt, dass die betriebliche Versorgung auch in der Leistungs-phase im Alter von 67 Jahren mit einem Mehrertrag von 70,45 Euro (inklusive möglicher Schlussüberschüsse) um rund 44 Prozent lukrativer ist als eine privat finanzierte Altersrente. Dabei wurden sowohl dynamische Rentenwerte, anfallende Steuern, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als auch der verminderte Anspruch in der gesetzlichen Rentenversiche-rung berücksichtigt (alte Bundesländer, ohne Kirchensteuer-abzug).

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Annahmen: 30-Jähriger, 2.500 Euro Bruttogehalt p. M., Steuerklasse 3/0, keine Kirchensteuer, alte Bundesländer, Rentenanspruch nach Schallöhr 2014, Endalter 67, HDI Tarif TT Klassik 5 %, bAV: Sonderkonditionen Kollektiv 5, pAV: Einzelkonditionen

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Entgeltumwandlung ein hocheffizien-tes ModellAuch Dr. Thomas Schanz, Sachverständiger für betriebliche Altersversorgung, spielte Szenarien mit unterschiedlichen Parametern durch (vgl. „Der Betrieb“, Ausgaben Nr. 26/27 und 28, 2013). Dabei wies er nach, dass die betriebliche Lösung in nahezu allen Fällen vorteilhafter ist als die private Absicherung. So liegt die bAV-Nettorente bei zahlreichen Ge-haltsgruppen im Schnitt rund 30 Prozent höher als die privat finanzierte Nettorente. Somit bleibt die Entgeltumwandlung ein hocheffizientes Modell zum Aufbau einer eigenfinanzier-ten Alterssicherung.

Noch lukrativer zeigt sich die bAV, wenn sich der Arbeitge-ber an der Betriebsrente beteiligt. Solche mischfinanzierten Lösungen haben sich in den letzten Jahren von 20 Prozent auf rund 44 Prozent weit verbreitet. Dabei lässt sich der Arbeitgeberanteil im Rahmen der Entgeltumwandlung durch die vollständige oder teilweise Weitergabe der eingesparten Sozialabgaben für das Unternehmen kostenneutral finan-zieren. Durch Einbringung vermögenswirksamer Leistungen oder die Abgeltung von Überstunden durch bAV-Beiträge kann das System effizient optimiert werden. So lohnt sich das Modell der Mischfinanzierung für alle Beteiligten: Die Arbeit-nehmer profitieren neben der staatlichen Förderung von den Zuschüssen ihres Arbeitgebers, während das Unternehmen ohne zusätzliche Kosten die bAV der Mitarbeiter fördert und so ganz nebenbei das Firmenimage aufpoliert. Als erfahrener bAV-Versicherer bietet HDI innovative Lösungen und vielfälti-ge Services zur Gestaltung der passenden Betriebsrente.

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Sandra Spiecker

bAV Produkt-/KonzeptmanagementHDI Versicherung AGKöln

Autorin

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Einkommensschutz – Information für Sie und Ihre Mandanten

Verbraucher sind heute gut über das Thema Einkommens-schutz informiert. Trotzdem haben erst weniger als die Hälfte eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Wichtigster Grund für die Zurückhaltung ist die Scheu vor dauerhaften Kosten. Dies ergab eine aktuelle YouGov-Umfrage im Auftrag von HDI. Dabei gibt es heute Angebote für jedes Budget. Auch Menschen mit Vorerkran-kungen, Handwerker und andere körperlich Tätige finden bedarfsgerechten und bezahlbaren Schutz.

Lange ist die Psyche als Auslöser für den Verlust der Arbeits-kraft unterschätzt worden. Das ist jetzt vorbei: In der aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der HDI Lebensversicherung AG zählten 70 Prozent der Befragten psychische Erkrankungen zu den drei wichtigsten Ursachen für den Verlust der Arbeits-kraft. Eine realistische Einschätzung, denn nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund sind psychische Leiden inzwischen der häufigste Auslöser für Erwerbsunfähigkeit. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov befragte im Mai 2014 insgesamt 1.031 Erwerbstätige, Studenten und Auszubilden-de zwischen 18 und 45 Jahren in Deutschland. Zwar gilt der Staat – nach der Familie – mit 36 Prozent nach wie vor als zweitwichtigste Einnahmequelle im Fall einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Über das Leistungsniveau machen sich die Menschen aber keine Illusionen mehr. 40 Prozent rechnen mit einer Erwerbsminderungsrente, 44 Prozent stellen sich sogar auf Hartz IV ein. Sie hoffen, im Ernstfall vom Staat durch-schnittlich 484 Euro pro Monat zu erhalten. Ihre persönliche Versorgungslücke schätzten die Befragten durchschnittlich auf 833 Euro. Trotzdem haben bislang nur 46 Prozent der Befragten ihr Einkommen über eine Berufs- oder Erwerbsunfä-higkeitsversicherung abgesichert.

Gerhard Frieg, im Vorstand von HDI für Produktmanagement und Marketing verantwortlich, kommentiert: „Die Menschen

haben die Gefahr erkannt, die vom Verlust der Arbeitskraft ausgeht, sie aber noch nicht gebannt. Wir wollen sie dabei un-terstützen, indem wir über Absicherungsmöglichkeiten aufklä-ren und Produkte für jeden Bedarf anbieten.“ Wichtig dabei: Einkommensschutz muss „echt“ sein, also unabhängig von der gesundheitlichen Ursache für den Verlust der Arbeitskraft leisten. Bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen ist das der Fall. Andere Produkte hingegen sparen bestimmte Erkrankungen aus, zum Beispiel psychische Leiden.Als Grund, warum sie ihre Arbeitskraft bislang nicht abgesi-chert haben, nannten 45 Prozent der Befragten finanzielle Gründe. Dabei ist qualitativ hochwertiger Schutz durchaus bezahlbar.

Ein Beispiel:Eine 30-jährige ledige Krankenschwester kann sich bei HDI im Tarif EGO Basic für unter 60 Euro monatlich gegen Erwerbs-unfähigkeit versichern. Im Leistungsfall erhält sie bis zum 67. Lebensjahr eine monatliche Rente von 1.000 Euro. Noch gün-stiger wird der Einkommensschutz, wenn die Krankenschwe-ster ihn im Rahmen ihrer Betriebsrente abschließt.

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Aus der Sach-Schadenpraxis

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Die zahlreichen Unwetterereignisse der letzten Jahre haben den Versicherern und ihren Kunden viele Schadenfälle be-schert. Denken Sie nur an die Überschwemmungen in weiten Landesteilen im späten Frühjahr, die schlimmen Hagelschläge im Sommer oder Stürme wie „Xaver“ und „Christian“ letzten Jahres. Eine Auswahl aus der Schadenpraxis „Rund ums Un-wetter“ haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Hotel unter WasserVersichert ist ein Hotel mit Golfplatz. Durch extrem starke Regenfälle tritt ein Bach, der teilweise über das Grundstück führt, über die Ufer und überflutet das Gelände großflächig.Die Kellerräume stehen danach 1,50 m hoch unter Wasser. Betroffen sind auch die Sanitärbereiche, Heizungsräume sowie Lager-, Kühl- und Sozialräume in verschiedenen Gebäudetei-len (unter anderem die Blockheizkraftanlage und der Spitzen-lastkessel) und der Technikraum mit Steuerschränken.

Durch den Schadenfall kann der Hotelbetrieb mehrere Wo-chen nicht voll genutzt werden, sodass es zu Ertragsausfällen kommt. Diese fallen besonders hoch aus, weil der Schaden während der Hochsaison eintrat.

Der Gesamtschaden (Sachschaden und Ertragsausfall) sum-miert sich auf rund 300.000 Euro.

Scherben bringen nicht immer GlückEin schweres Unwetter mit starkem Hagelschlag beschädigt die Dächer aller Gebäude eines Garten- und Landschaftsbau-betriebs. Teilweise kann auch Regenwasser eindringen, das Einrichtung und Vorräte erheblich beschädigt. Die Reparatur aller Schäden dauerte 7 Monate. Um den Betrieb möglichst ohne Einschränkungen weiterzuführen, vereinbart der Scha-denregulierer des Versicherers mit dem Kunden verschiedene Maßnahmen:

• Einrichtungsgegenstände werden gesichert und umgelagert.Es werden zehn Leihcontainer für Büros, Sozialräumeund Lagerzwecke aufgestellt.

• Der Kunde mietet sechs Fahrzeuge für den durch Hagelbeschädigten Fuhrpark für eine Woche an.

Der Gesamtschaden (Sachschaden und Ertragsausfall) beträgt rund 380.000 Euro.

Rechtsprechung: Eindringendes Tau-wasser ist keine ÜberschwemmungEin Hauseigentümer schloss eine Gebäudeversicherung inklusi-ve Elementarschadendeckung (u. a. für die Gefahren „Über-schwemmung“ und „Schneedruck“) ab. Im Winter häuften sich große Schneemengen auf der Dachterrasse an. Einige Tage später stellte er fest, dass die mit Holzpaneelen ver-kleideten Decken in den Räumen darunter feucht geworden waren. Als er den Schaden seinem Versicherer meldete, lehnte dieser den Schaden ab, da er weder durch Überschwemmung noch durch Schneedruck entstanden sei.

Der Versicherungsnehmer klagte erfolglos vor dem Landge-richt Dortmund (Urteil vom 04.07.2012, Az.: 2 O 452/11). Auch nach Ansicht des Gerichts handelt es sich versicherungs-rechtlich nicht um eine Überschwemmung. Die gängigen Versicherungsbedingungen verlangen für eine versicherte Überschwemmung, dass normalerweise trocken liegende Bodenflächen mit Wasser überflutet werden. Dazu zählt nicht das Anstauen von Wassermassen auf Flachdächern, Terrassen oder Balkonen.

Ein Schneedruckschaden liege ebenfalls nicht vor, weil der Schaden nicht durch den Druck des Schnees entstanden sei, sondern durch Schmelzwasser.

Möchte man solche Schäden versichert wissen, sollte der Ab-schluss einer Allgefahren-Versicherung geprüft werden.

Überschwemmung durch Garagen-abfahrtDurch ein starkes Gewitter lief Regenwasser über eine schräge Abfahrt in eine Garage und von dort in den Keller. Der Versi-cherungsnehmer ging von einem versicherten Überschwem-mungsschaden aus, der Versicherer lehnte den Schaden jedoch ab.

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Diese Meinung wurde durch das OLG Oldenburg (Urteil vom 20.10.2011, Az.: 5 U 160/11) bestätigt. Es handelt sich nicht um eine Überschwemmung: Hierzu müssen Grund und Bo-den, auf dem das versicherte Gebäude liegt, überschwemmt werden. Eine Überflutung von Grund und Boden ist nur anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche sammeln. Geländeoberfläche meint das versicherte Grundstück außerhalb des Gebäudes. Wasser, das von der Straße – etwa durch eine Kellertür – in den betrof-fenen Gebäudeteil läuft, genügt dagegen nicht für einen versicherten Überschwemmungsschaden.

Der Schaden wurde nicht durch die Überschwemmung, son-dern durch die Neigung des Grundstücks verursacht. Andere (ebene) Grundstücksteile waren nicht überschwemmt. Damit besteht keine Deckung über eine Überschwemmungsde-ckung.

Auch dieser Schaden wäre in einer Allgefahren-Versicherung grundsätzlich versichert.

Grundwasser ist keine versicherte ÜberschwemmungIn das Kellergeschoss des einen Gebäudes war bis zu einer Höhe von 10 cm Grundwasser eingedrungen. Es bestand kein Zweifel, dass auf das das Gebäude umgebende Grundstück kein Wasser gelangt war.

Überschwemmung meint in den meisten Versicherungsbedin-gungen eine Überflutung durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern oder durch Witte-rungsniederschläge.

Da es sich um einen reinen Grundwasserschaden handelte, entschied das OLG Köln (Urteil vom 09.04.2013, Az.: 9 U 198/12), dass die Überflutung nur des Kellers nicht versichert ist. Das „Schadenwasser“ hätte sich auf dem versicherten Grundstück außerhalb des Gebäudes ansammeln müssen, entweder durch ausufernde oberirdische Gewässer oder durch Witterungsniederschläge. Da sich kein Wasser auf dem Grundstück angesammelt hatte, spielte es keine Rolle, warum das Grundwasser angestiegen und in den Keller eingedrun-gen war. Ebenso war nicht entscheidend, ob in der weiteren Umgebung Wiesen und Ackerflächen möglicherweise durch Ausuferung von Flüssen oder durch Niederschläge überflutet worden waren.

Dipl.-Betriebswirt (FH) Karsten ZimmerHDI Versicherung AGHannover

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Mit drei Kreuzen unter-schreiben? Gängige Rechtsirrtümer

Man muss immer mit dem richtigen Namen unterschreiben.Gezeichnet: Mickey Mouse. Niemand käme wohl auf die Idee, einen Vertrag mit falschem Namen zu unterschreiben. Und doch: „Es wäre juristisch denkbar“, weiß der Rechtsexperte. „Die Parteien geben mit dem Unterzeichnen ihre Einwilli-gung. Mit welchem Namen oder Kürzel sie dabei unterschrei-ben, ist aber zweitrangig.“ In einigen Fällen sind drei Kreuze im Unterschriftenfeld allerdings nicht zulässig. „Bei Behörden, bei der Polizei oder vor Gericht besteht eine Wahrheitspflicht für die persönlichen Angaben.“ Eine fremde Unterschrift zu imitieren, ist selbstverständlich auch nicht erlaubt.

Fahrgäste müssen immer das erste Taxi in der Reihe nehmen.Die Taxischlange vor dem Flughafen scheint gar nicht enden zu wollen. Aber darf ich nun einfach in das nächstbeste Taxi einsteigen? „Ja. Dass man immer das vorderste Taxi in der Reihe nehmen muss, ist ein weit verbreiteter Irrtum“, erklärt der ROLAND-Partneranwalt. Fahrgäste dürfen einsteigen, wo sie wollen – und die Fahrer müssen sie mitnehmen. „Taxifah-rer haben sogar eine Beförderungsverpflichtung und müssen zumindest theoretisch jeden Fahrgast mitnehmen.“ Wer gut zu Fuß ist, sollte sich aber ruhig an das ungeschriebene Gesetz des „ersten Taxis“ halten.

Wer auffährt, hat Schuld.Das ist eine der ersten Regeln, die Fahranfänger zu hören bekommen. Dabei stimmt dieser Spruch nur bedingt. „Wer Schuld hat, hängt vom Unfallhergang ab“, so der ROLAND-Partneranwalt. „Kann der Hintermann nachweisen, dass der Unfallgegner einen Fehler gemacht hat, kann sich das Blatt schnell wenden.“ Sind zum Beispiel die Bremslichter des Vordermanns defekt, hat dieser Schuld am Unfall und muss im Rahmen der jeweiligen Mithaftung die Konsequenzen

tragen. Wer auffährt, hat also nicht immer Schuld. Dennoch gilt: Abstand halten!

„Keine Haftung für die Garderobe.“Viele Gaststätten wähnen sich auf der sicheren Seite, wenn sie mit einem Schild darauf hinweisen, dass sie nicht für Ja-cken, Schirme und Co. an der Garderobe haften. Doch ganz so einfach ist es nicht. „Ist die Garderobe zum Beispiel an einer besonders schlecht einsehbaren Stelle angebracht, muss der Wirt unter Umständen doch für den geklauten Mantel haften“, so Rechtsanwalt Kai Solmecke.

Man kann jeden Vertrag innerhalb von zwei Wochen widerrufen.Wenn das neue Auto auf einmal doch nicht mehr gefällt, gibt man es einfach innerhalb von zwei Wochen zurück. Leider nein! „Hier erliegen viele einem Irrtum. Eine gesetzliche Widerrufsfrist gibt es nur bei bestimmten Verträgen, zum Beispiel bei Online-Käufen oder Finanzierungs-Verträgen“, betont der Anwalt. „Ist im Vertrag kein Widerrufsrecht ver-einbart, kann man nicht einfach zurücktreten.“ Es sei denn, die Ware ist mangelhaft. Doch auch hier ist der Umtausch nicht so einfach, wie viele meinen. Der Verkäufer darf defekte Ware zweimal nachbessern. Erst wenn der zweite Nachbesse-rungsversuch fehlschlägt, muss der Verkäufer gegen Rückga-be der Ware das Geld erstatten.

Übrigens!Hinter den Rechtsschutz-Produkten und diesem Ratgeber von HDI steht die ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG – unser starker Partner, wenn es um Ihr Recht geht.

ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AGDeutz-Kalker Str. 4650679 Köln

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