DAS LANDSCHAFTSRELIEF - bergmodelle.de · Landschaft, ohne jegliche Präzision und Charakteristik...
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DAS LANDSCHAFTSRELIEF Anachronismus oder stets aktuelles Objekt der Landschaftsbetrachtung?
1. Begriffsdefinition Plastische Darstellungen von Objekten der Geographie, Geologie, Technik oder Architektur werden meistens »Modelle« genannt. Da es sich dabei um grundverschiedene Elemente handeln kann, ist es sinnvoll, einen klaren Begriff für die dreidimensionale Darstellung von Landschaften zu verwenden. Dieser heißt im folgenden »Landschaftsrelief« und sollte nur bei plastischen Landschaftsdarstellungen angewandt werden, die bestimmten Qualitätsanforderungen genügen. Als »Landschaftsrelief« bezeichnen wir die gegenständliche, dreidimensionale, naturgetreue Darstellung eines Landschaftsausschnittes, der in
• Maßstab,
• Gestaltung der Morphologie
• geographischinhaltlicher Ergänzung der Natur entspricht oder die geologische Situation beinhaltet.
2. Bastelarbeit oder geographischwissenschaftliches Kunsthandwerk Was zeichnet ein echtes Landschaftsrelief aus?
Als Qualitätsmaßstab im seriösen Reliefbau sollten die Reliefs der alten Meister wie XAVER IMFELD, CARL MEILI und EDUARD IMHOF maßgebend sein. Nur ein Landschaftsbild, welches diese Forderungen erfüllt, verdient den Namen Landschaftsrelief. Im Detail wird später auf die verschiedenen wichtigen Belange eingegangen. Es darf nicht sein, dass einfache Treppenstufenreliefs oder grob übergipste Exemplare davon die Bezeichnung <Landschaftsrelief> führen dürfen. Der Weg vom Treppenstufenmodell zum fertigen Landschaftsrelief ist zu aufwändig, zu anspruchsvoll und zu inhaltsreich, um es unter die echten Reliefs einzureihen. Leider gibt es eine Vielzahl von dilettantisch gefertigten Reliefs. Der Betrachter sollte sich die Mühe geben, kritisch qualitativ hochstehende Arbeiten von Pfusch zu unterscheiden. Doch dies ist bei fehlender Beobachtungsgabe, oberflächlicher Betrachtung der Natur oder blinder Technikgläubigkeit des modernen Menschen nicht leicht zu erreichen. Im Zeitalter des Computers entwickelte sich sehr rasch die Ansicht, dass mit Hilfe dieses neuen Werkzeugs die Darstellung der Landschaft bis ins letzte Detail dreidimensional im Modell möglich sei. Das traditionell handgefertigte Relief wurde als überholt und reif für den Abtransport in den Museumskeller angesehen. Der Reliefbauer habe ohnehin nicht die Fähigkeiten, so genau wie der Computer zu arbeiten, ist immer wieder zu hören. Doch dies ist ein fataler Irrtum. Nicht dem Reliefbauer, sondern dem Computer fehlen neben einer Menge von Informationen, die nur aus Stereobildern erhältlich sind, vor allem das Sensorium für feinste Details und Nuancen, die allein das perfekte Relief ausmachen. Ähnlich verhält es sich in der Produktion von Musikinstrumenten. Noch heute werden wertvolle Geigen und Flügel nur von Hand gefertigt wie vor 100 Jahren, und nur die Massenware ist maschinell produziert. Im Schweizerischen Alpinen Museum in Bern generierte während der Gedenkausstellung für XAVER IMFELD eine computergesteuerte Maschine kleine Reliefs vom Eiger. Ein oberflächlich recherchierender Journalist schrieb begeistert darüber in der Presse: „… mit nicht zu überbietender Präzision!“ Stellt man jedoch dieses moderne Produkt neben den Eiger gleichen Maßstabs, den XAVER IMFELD vor über 100 Jahren modellierte, dann wird man eines besseren belehrt. Das Computerrelief ist ein fahler Abklatsch der Landschaft, ohne jegliche Präzision und Charakteristik der Morphologie des berühmten Berges, die aber IMFELD in seiner unübertroffenen Art elegant und präzise darzustellen imstande war. In den USA gibt es ein paar Unternehmen, welche maschinell, computerunterstützt Reliefs in großem Stil produzieren. Deren Morphologie ist dilettantisch vereinfacht, stark überhöht, ihre Bemalung kartenmäßig und völlig unnatürlich, sie wirken aber großartig für das einheimische Publikum, das nicht gerade bekannt ist für seine Liebe zur und Wissen über Natur. Als ein amerikanischer Journalist einen Blogg mit meinen Arbeiten ins
Internet stellte, bekam ich Hunderte von Kommentaren, warum meine Bergwiesen braun seien. Gras sei doch grün. Ich solle die Farben von Google Earth berücksichtigen, die jedoch für den Reliefbauer völlig unbrauchbar sind.
Oben: Eiger handgefertigt v. T. MAIR Fotos Toni Mair 2006
Unten: Eiger mit computergesteuertem Stereolithographieverfahren produziert.
Man vergleiche die eingekreisten Partien der Nordwand, die vom Computer fehlerhaft generalisierte Stufenpartie und basaltsäulenartige Struktur der Kalkfelsen im oberen Teil der Wand und die völlig fehlenden morphologischen Formen unten. Ein Reliefbauer dürfte nie eine so schlampige Arbeit präsentieren. Wenn es der Computer macht, dann ist die Welt zufrieden. Das Urteilsvermögen des Menschen nimmt mit der blinden Technikgläubigkeit ab. Äußert sich der Reliefbauer über die Schwächen der computergenerierten Modelle, dann erhält er immer wieder die Belehrung, das System werde laufend verfeinert und die Darstellung optimiert. Nun, dies hört man schon seit 40 Jahren. Bisher ist aber keine merkliche Verbesserung eingetreten. Die Computerreliefs sind immer noch leblose Landschaftsabbildungen nicht nur im morphologischen Bereich, sondern auch in der Bemalung und in der inhaltlichen Gestaltung. Auch in dieser letzten Phase der Reliefherstellung ist der Mensch der Maschine überlegen.
„Das gute Landschaftsrelief unterscheidet sich vom schlechten vor allem im Detail und in den feinsten Nuancen.“ Diesen Ausspruch von Prof. EDUARD IMHOF sollte sich jeder Reliefbauer zu Herzen nehmen. Der Morphologie muss besonderes Augenmerk geschenkt werden, vor allem bei der Felszeichnung, bei Kontaktstellen der verschiedenen Oberflächenformen wie die Nahtstelle vom Felsfuß zur Schutthalde oder vom Hügel zur Ebene. Der Schuttkegel am Fuß einer Felswand beginnt schon in der Steinschlagrinne. Granitische Gesteine weisen völlig andere Formen auf als sedimentäre. Türme von steilgestellten Kalkschichten sollte man auf dem Relief von kristallinen Pyramiden unterscheiden können. Gletscher zeichnen sich in der Natur durch ihre lebendigen Fließformen und Spaltensysteme aus. Die Gletscherspalten weisen unzählige Varianten auf, die der Reliefbauer ebenso lebendig darzustellen hat, will er nicht eine tote Hochgebirgslandschaft produzieren. Gletscher zeigen jahreszeitlich eine völlig verschiedene Oberfläche. Sie nur anhand einer guten Karte zu präsentieren würde an der Realität vorbeigehen. Da hilft nur ein gutes Luftbild. Dieses zeigt den echten Zustand des Gletschers, ob das Eis sauber oder moränenbedeckt ist und wie die Spalten wirklich verlaufen. Gletscher sind nicht weiß wie auf der Karte. In höheren Lagen können sie weiß sein, in tieferen Regionen überwiegt der Moränenschutt auf der Oberfläche, so dass zum Teil das Eis gar nicht mehr sichtbar ist. Diese Information erhält man nur mit den entsprechenden Luftbildern. Der Computer bekommt seine Information durch trockene GIS – Daten, die solche entscheidenden Details nicht aufzeigen. Die Seitenmoränen eines Gletschers ziehen schwungvoll talwärts, ihr dachgiebelartiger Querschnitt hat eine messerscharfe Oberkante und die Flanken weisen meistens zum Gletscher hin Erosionsrinnen auf. Auch bei der Bemalung und bei der geografisch inhaltlichen Gestaltung des Reliefs zählen die Nuancen: Will man dem Grundsatz treu bleiben, dass ein Landschaftsrelief eine lebendige Abbildung der Natur ist, dann kommt man zur Einsicht, dass z.B. Fels nicht einfach grau ist. Die Verwitterung gibt ihm diverse Farbtöne. Sie kann ihn ausbleichen, mit Flechten, schwarzem Mangan oder rötlichen Eisenoxid überziehen. Wiesen haben die verschiedensten Grüntöne, denn es kann sich um Trockenwiesen, Feuchtwiesen, moorige oder Hochgebirgswiesen handeln, die im Spätsommer nicht mehr grün, sondern braun sind. Seen sind nicht landkartenblau sondern variieren je nach Wassertiefe, Mineral oder Schwebstoffgehalt. Dies lässt sich nicht mit einer Farbspraydose in einem Durchgang realisieren, sondern man muss beim Bemalen mit ultraleichten, verschiedenen Farbtönen mehrmals den Fels oder die Wasserfläche bearbeiten, bis die natürlichen Farben widergegeben werden. Die Forderung „naturgetreu“ bedeutet für mich, dass jedem meiner Reliefs ein Motto zugrunde liegt, beispielsweise die Landschaft im Herbst darzustellen. Dies verlangt dann konsequenterweise beim Wald, dass man einerseits unterscheidet zwischen Laub und Nadelwald, anderseits dem Wald auch die Herbstfärbung verleiht. Siedlungen nur als rote Flecken darzustellen anstatt plastisch, degradiert jedes Relief zu einem billigen Produkt. Da muss man sich schon die Mühe nehmen, die Gebäude maßstabsgetreu plastisch abzubilden und erst noch planmäßig zu setzen.
3. Motivation des Reliefbauers In der Vergangenheit waren die großen Meister des Reliefbaus stets im Bereich der Geographie, Geologie, Topographie oder Kartographie tätig, mit einer Ausnahme: CARL MEILI war Zeichenlehrer und Stickereidesigner, ging aber bei XAVER IMFELD in die Schule. IMHOF schrieb über ihn: “.Nie hatte ein Lehrling einen besseren Meister. Nie hatte ein Meister einen besseren Lehrling.“ MEILI schuf in der Folgezeit den Säntis 1: 5‘000, das wohl schönste und detaillierteste Relief, das fälschlicherweise immer dem ETH Professor Albert Heim zugeschrieben wird. Diesen Meistern der Hochblüte des Reliefbaus war die Landschaft ein Anliegen, sie hatten sie zu beobachten, zu analysieren und darzustellen. Sie waren bestrebt, die Landschaft sehr genau zu vermessen, um sie präzise auf die Karte zu bannen. Daher war ihr Wunsch, sie auch dreidimensional dazu stellen, naheliegend. Wer achtlos an den Schönheiten der Landschaft vorbeigeht, wird nie Reliefbauer. Man muss die Landschaft lieben, sie intensiv betrachten, in Bewunderung verinnerlichen, um sie später wiedergeben zu können. Kenntnisse der Morphologie und Geologie, der Kartenkunde, die Fähigkeit, Luftbilder zu interpretieren, ferner kunsthandwerkliches Geschick
und eine gute Portion Ausdauer sind Vorbedingungen für die erfolgreiche Tätigkeit des Reliefbauers. Während der Fertigung eines Reliefs aus vielen Teilstücken über eine längere Zeitspanne kann es vorkommen, dass beim Vergleich der ersten Teile mit den letzten ein deutlicher Qualitätsunterschied zu sehen ist. Am Anfang war man mit der geleisteten Arbeit zufrieden, im Laufe der Zeit wurde man immer kritischer und genauer. Da gibt es nichts anderes als nochmals die ersten Stücke zu bearbeiten, um sie auf den Qualitätslevel der letzten zu bringen, auch wenn es noch so mühsam ist.
4. Rückblick in die Geschichte des Reliefbaus Als vor über 200 Jahren die ersten Reliefs geschaffen wurden, waren die Methoden der Kartografie noch etwas ungenau, die Hilfsmittel äußerst bescheiden und die Ergebnisse entsprechend fragwürdig. FRANZ LUDWIG von PFYFFER, ein General des 18. Jahrhunderts versuchte ein Relief der Innerschweiz zu fertigen. Leider hatte er weder die nötigen kunsthandwerklichen Fähigkeiten, noch die Kenntnisse in Morphologie, um eine echte Landschaftsdarstellung zu erreichen. Auch seine Materialwahl war dilettantisch. Er verwendete in der Zeit des Rokoko, in der die Verwendung von Gips für figürliche Darstellungen an der Tagesordnung war, statt Gips nur Ziegelschrot, Holzkohle und anderes ungeeignetes Material. IMHOF urteilte über das Werk mit den Worten: ..“holperig gestaltete Details und altertümliche Primitivität.“ Einzig JOACHIM EUGEN MÜLLER aus Engelberg im Kanton Obwalden, ein Zeitgenosse PFYFFERS, verstand es, Reliefs von solcher Qualität zu modellieren, dass nach ihnen sogar Karten für den ersten Atlas der Schweiz produziert werden konnten. Seit der Einführung von Höhenlinien auf topgraphischen Karten machte die Kunst des Reliefbaus einen gewaltigen Schritt nach vorn. Die Morphologie ließ sich dadurch präziser verwirklichen, die Höhen wurden problemlos bestimmbar, was bei den Schraffen der früheren Karten nicht möglich war. Dies schlägt sich nieder in einer Reihe von bedeutenden Arbeiten am Ende des 19. Jahrhunderts. Allen voran schufen XAVER IMFELD und CARL MEILI Landschaftsreliefs von höchster Qualität
• X. IMFELD: Eiger, Mönch und Jungfrau 1: 2500 (25 m2) Innerschweiz 1: 25‘000 Matterhorn 1: 5‘000 Berner Oberland 1: 25‘000
• C. MEILISäntis 1: 5‘000 Säntisgipfel 1: 2‘500 Lenzerheide 1: 25‘000 Grimsel 1: 25‘000
Matterhorn von X. IMFELD Foto Toni Mair 2006
Säntis von C. MEILI, 1: 5‘000 Foto Toni Mair 2006
Um die Jahrhundertwende modellierten die Topographen SIMON SIMON und JOSEPF REICHLIN das 25 m2 große Relief des Berner Oberlandes im Maßstab 1: 10‘000.
SIMON SIMON/ JOSEPH REICHLIN: Relief des Berner Oberlandes, 1: 10‘000 Foto Toni Mair 2006
Ferner machte sich LEO ÄGERTER einen Namen mit seinen Reliefs vom Dachstein und der Palagruppe der Dolomiten, beide 1: 5‘000.
LEO ÄGERTER: Palagruppe 1: 5‘000 (1945 zerstört) Foto Alpines Museum München
In der Folgezeit herrschte Stille auf diesem Gebiet, bis Prof. EDUARD IMHOF, der Begründer des Instituts für Kartographie an der ETH Zürich den Auftrag bekam, für die Schweizerische Landesausstellung 1939 zwei Grossreliefs im Maßstab 1: 2‘000 zu schaffen. Die „Große Windgälle“ und das „Bietschhorn“ gehören zu den absolut besten Meisterwerken, die je geschaffen wurden. Sein Buch <Gelände und Karte> sollte für jeden Reliefbauer Pflichtlektüre sein.
E. IMHOF: Große Windgälle, 1: 2‘000 Foto Toni Mair 2006
E. IMHOF: Bietschhorn 1. 2‘000 Foto Stefan Räber ETH ZH
IMHOF war nicht nur ein bedeutender Kartograph und Reliefbauer, sondern auch ein begnadeter Landschaftsmaler. Seine Aquarelle, die sich fast nur in Privatbesitz befinden, zeigen, mit welch offenen Augen Imhof die Landschaft erfasste und wiedergab. Immer und immer wieder bis ins hohe Alter malte er Gebirgslandschaften in den verschiedensten Stimmungen. Nach IMHOFS Schöpfungen schien der Reliefbau sein Ende gefunden zu haben. Es entstanden zwar in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele Objekte von Hobbybastlern, aber auch von bekannten Topographen, z. B. von FRITZ EBSTER, die aber in keiner Weise nur annähernd an die Werke früherer Meister anknüpfen konnten wegen ihrer höchst oberflächlichen, geradezu lieblosen Behandlung der Landschaft, wovon EBSTERS großes Relief von Tirol Bände spricht. IMHOF fürchtete, dass die Kenntnisse des Reliefbaus verloren gehen könnten und schrieb in seinem Buch „ Bildhauer der Berge“, ….Ob uns nicht dereinst auch aus Kreisen der Lehrerschaft ein neuer Joachim Eugen Müller oder Xaver Imfeld erblühen könnte? Diesen Satz meines verehrten Lehrmeisters empfand ich beinahe als Auftrag, ans Werk zu gehen. Als Geograph habe ich eine enge Beziehung zur Landschaft, und die Geologie hat mich schon im Studium in ihren Bann gezogen. Zum Reliefbau kam ich zufällig durch ein Problem, das ich als Student am Geographischen Institut der Universität Zürich hatte. Bei der morphologischen Bearbeitung einer Landschaft im Zürcher Unterland kam ich mit den Feinformen der fast flachen Landschaft nicht klar. Daher versuchte ich ein Relief davon zu machen. Ich hatte noch keine Ahnung vom richtigen Reliefbau. So machte ich dabei den wohl schlimmsten Fehler, nämlich eine starke Überhöhung, damit auch die unscheinbarsten Formen deutlich würden. Ein relativ sanfter Berg erhielt dadurch eine Ähnlichkeit mit dem schroffen Matterhorn. Ich wurde mitleidig vom Professor belächelt. Doch diese Arbeit ließ mich nicht mehr los. In der Folgezeit war mir das Glück beschieden, von E. IMHOF im Reliefbau instruiert zu werden. Der alte Meister zeigte mir, worauf es wirklich ankommt, den Unterschied von einem mittelmäßigen und einem Meisterwerk. Seine lehrreichen Informationen animierten mich, die großen Reliefbauer als Vorbilder zu wählen und keine Mühe zu scheuen, die Landschaft so zu gestalten, wie sie es wert ist.
Relief Berninagruppe, Südflanke, 1: 4‘000, mein erster Erfolg nach 15 Jahren Lehrzeit. Foto Toni Mair 2009
Von der Karte zum naturgetreuen Landschaftsrelief
Von diesem Vormodell wird mit Silikonkautschuk ein Negativ erstellt. Damit der weiche Kautschuk die Form behält, braucht er eine Stütze aus Gips. Das Treppenstufenmodell wird entsorgt .
Vom Negativ wird ein homogenes Gipsmodell gegossen. Es ist in der Form identisch mit dem Treppenstufenmodell und muss weiterbearbeitet werden.
Nach Luftbild und Karte wird nun die exakte Morphologie aus dem rohen Gipsmodell geschnitzt. Bei Bedarf muss mit einer Spachtelmasse nachmodelliert werden.
Vom fertigen Gipsmodell kann mit Silikonkautschuk eine Kopie ergestellt werden für spätere Abgüsse. Der elasti h sche Gummi
bildet die feinsten Details getreu ab.
Das Gipsmodell wird grundiert. Es werden geographische Daten wie Strassenzüge, Gewässer, Waldflächen, Parzellie rung, Gebäude etc. Markiert.
Das Relief wird naturgetreu oder geologisch bemalt, der Wald mit Hilfe von eingefärbtem Sand gestaltet, die Siedlungen nach Plan ausgeführt. Nun kann von einem Landschaftsrelief gespro chen werden.
Die Grundlage jeden Reliefs ist ein gute topographische Karte mit exakten Höhenlinien. Vom Kartenoriginal werden mehrere Kopien angefertigt.
Wie ein Relief entsteht
Auf dünnen Sperrholzplatten, Stärke vom Massstab anhängig, werden die Kopien aufgeklebt, ausgewählte Höhenlinien mar kiert, ausgesägt und zu einem Treppenstufenmodell aufgebaut.
Fotos Toni Mair 2008
5. Die technische Seite des Reliefbaus Seit X. IMFELDS Zeiten hat sich im wissenschaftlichen Reliefbau nichts Wesentliches verändert. Die Herstellung erfolgt stets nach dem gleichen Ablauf, wie er in der obigen Darstellung ersichtlich ist. Es gab zwar einige Versuche, Reliefs maschinell herzustellen z. B. das WENSCHOW Verfahren, aber dies setzte sich nicht durch.
• Die Fertigung eines Treppenstufenreliefs kann in zwei Varianten erfolgen. Entweder man fertigt ein positives Stufenrelief, das man dann via Kautschuknegativ in ein Gipsmodell umgießt. Oder man baut das Stufenrelief negativ auf und gießt den Gipsbrei direkt ins Negativ und erspart sich dadurch den Arbeitsgang über die teure Kautschukform. Die laienhafte Methode, Treppenstufenmodelle aus Karton einfach mit Spachtelmasse zu überziehen ergibt unbefriedigende Ergebnisse, weil sich auf einem solchen Modell keine präzisen morphologischen Formen gestalten lassen, was sich im Gips optimal erreichen lässt.
• Das morphologisch fertige Modell wird dann geographisch inhaltlich vollendet.
• Es wird immer wieder versucht, den Modellgips durch Kunststoffe zu ersetzen, vor allem wegen der Gewichtseinsparung. Doch für den seriösen Reliefbauer gibt es bis heute keinen tauglichen Ersatz für Gips. Dieser erlaubt erstens eine höchst präzise Gestaltung der Morphologie bis in die letzen Details der Landschaft, lässt sich bestens bemalen, während ein Kunststoffrelief nur durch Abguss zu fertigen ist, wobei die feinen Details wie Kanten, Grate, Gletscherspalten etc. stark abgeschwächt wiedergegeben werden. Das Bemalen auf Kunststoff ist eine heikle, unangenehme Angelegenheit. Außerdem gibt es zahlreiche solcher hohlen Objekte, die eingefallen sind und die Landschaft nicht mehr getreu widergeben.
• Ein detaillierter Beschrieb über die Herstellung von Landschaftsreliefs kann im neu erschienenen Buch < Das Landschaftsrelief – Symbiose von Wissenschaft und Kunsthandwerk> von TONI MAIR/ SUSANNE GRIEDER 2006, Verlag hier und jetzt, Baden, nachgelesen werden.
TONI MAIR, Relief <Dent Blanche> 1: 5‘000 Foto Toni Mair 2006
TONI MAIR, Relief Semien Nationalpark, Äthiopien, Detail, 1: 10‘000
TONI MAIR, 2 Details vom Relief <Engelberg> 1: 10‘000 Fotos Toni Mair 2008
6. Die Zukunft des Reliefbaus
Vor einigen Jahrzehnten war das Interesse an Reliefs in Museen und Instituten sehr bescheiden und der Reliefbauer wurde als altmodischer, rückständiger Bastler angesehen. Heute hat sich dies stark geändert. Die Faszination der dreidimensionalen Miniatur ist auch im digitalen Zeitalter vorhanden. Es liegt möglicherweise daran, dass fast jedermann tagtäglich am Bildschirm arbeitet und zu Hause zusätzlich am Fernseher Zeit verbringt. Soll er im Museum die Landschaft auch nur am Bildschirm sehen, wo sie ihm nur pseudodreidimensional gezeigt wird? Betrachtet er sie nicht lieber am echten Relief? Die Gefahr, dass die Kunst des Reliefbaus aussterben könnte, liegt unter anderem an der Lebensphilosophie des modernen Menschen. Seine Ausbildung entfernt sich immer mehr von echter kreativer Arbeit. Wenn die Jugend darin erzogen wird, dass das Klicken mit der Computermaus höher zu schätzen ist als die Arbeit mit Zeichenstift, Pinsel oder Werkzeug, dass elektronische Spiele lehrreicher sind als echte, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Kreativität des Menschen auf der Strecke bleibt. Erlebte der frühere Geographiestudent die Landschaft im Felde bei jedem Wetter, arbeitet der heutige praktisch nur noch am Bildschirm. Will ein Topograph Detailaufnahmen im Gelände machen, kriegt er zu hören, dies könne er auch am Arbeitsplatz mit Hilfe von Satellitentechnik lösen. Dass darunter mit der Zeit die Qualität leiden wird, ist vorprogrammiert. Der berühmte Architekt Calatrava lässt für die Konstruktion seiner Gebäude Modelle mit einer Genauigkeit bis ins letzte Detail herstellen, er will die Wirkung der Fassade plastisch sehen. Ihm genügt das Resultat am Bildschirm keineswegs. Dem Menschen wird heute vorgegeben, er dürfe nicht mehr nur genüsslich wandern, er brauche unbedingt Stöcke und Pulsmesser, er erreiche damit die bessere Leistung. Er konzentriert sich auf Stöcke und Pulsmesser, er benutzt zwar die Landschaft, aber das Erleben der Landschaft bleibt aus. Wie soll jemand, der mit dieser Mentalität in die Natur geht, animiert werden, Landschaften zu gestalten? In der Schule haben Lehrer, vor allem Geographen die Pflicht, den Schülern den Lebensraum des Menschen als ein großartiges, unverzichtbares Gut näher zu bringen, an deren Schönheit sie sich erfreuen sollten, zu der sie Sorge tragen müssen, die ihnen Erholungsraum bietet, ein Gut das sie kennen und schätzen lernen sollten. Vor allem die Liebe zur Landschaft und deren Wertschätzung geht durch Achtlosigkeit des Menschen verloren. Man redet dauernd von Landschaftsschutz, man schützt aber nur das, was man schätzt und nicht das, was man nicht sieht, woran man achtlos vorbeigeht. Seit Jahren versuche ich, junge Leute zu dieser sinnvollen Arbeit zu animieren. Leider war für alle Aspiranten die Arbeit zu streng, sie waren nicht bereit durchzuhalten, bis sie einen ersten Erfolg hätten erleben können. Doch man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Es gab früher nur einzelne, welche gute Reliefs fertigten, es werden in der Zukunft auch wieder nur einzelne sein.
Toni Mair dipl. Geograph Geomodelia Reliefbau Atelier GmbH CH – 6314 Unterägeri [email protected] www.mairrelief.ch