DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den...

28
Umfrage: Veränderte sich Ihr Leben durch die Digitalisierung? Wiener Gesundheitspreis: Zwölf ausgezeichnete Projekte Grätzel-Cafés für SeniorInnen in neun Bezirken Wiens Österreichische Post AG, MZ 18Z041393 M, Wiener Gesundheitsförderung gemeinnützige GmbH – WiG, Treustraße 35–43, Stg. 6, 1200 Wien Gesunde Stadt DAS MAGAZIN DER WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNG WINTER 2018 Wiener Gesundheitsförderungskonferenz Gesundheit und Digitalisierung

Transcript of DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den...

Page 1: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

Umfrage: Veränderte sich Ihr Leben durch die Digitalisierung? Wiener Gesundheitspreis: Zwölf ausgezeichnete Projekte

Grätzel-Cafés für SeniorInnen in neun Bezirken Wiens

Österreichische Post AG, MZ 18Z041393 M, Wiener Gesundheitsförderung gemeinnützige GmbH – WiG, Treustraße 35–43, Stg. 6, 1200 Wien

Gesunde Stadt DAS MAGAZIN DER WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNG

WINTER 2018

Wiener Gesundheitsförderungskonferenz Gesundheit und Digitalisierung

MESSE FÜR MENSCHEN MIT BEHINDERUNGENSONNTAG, 25. NOVEMBER 2018 | 09:30 BIS 17:00 UHR | WIENER RATHAUS

DER EINTRITT IST FREI. www.wig.or.at

JEDER FÜR JEDEN

Anze

ige

VoRSTEllUNG DER ANGEBoTE VoN WIENER BEHINDERTENoRGANISATIoNEN UND SElBSTHIlFEGRUPPEN

VoRTRÄGE | DISKUSSIoNSRUNDEN | PRÄSENTATIoNEN

MITMACHSTATIoNEN | WoRKSHoPS | KINDERPRoGRAMM

EHRENSCHUTZBÜRGERMEISTER DR. MICHAEl lUDWIG

GS_28_01_cover_k.indd 1 16.10.18 09:51

Page 2: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

» Gesund in Grätzel und Bezirk

» Gesund in Einrichtungen/Organisationen

» Gesunde vielfältige Stadt (Jahresschwerpunkt 2019) In dieser Kategorie werden zusätzlich drei Medienpreise vergeben!

NOCH BIS10. MAI 2019

MITMACHEN & EINREICHEN!www.wig.or.at

GESUNDHEITSPREIS 2019WIENER

GESUCHT: IHR BEITRAG ZU MEHRGESUNDHEIT UND WOHLBEFINDEN

IN DREI KATEGORIEN EINREICHEN

WIG_INSERAT_210x287mm_2019.indd 1 07.09.18 11:23GS_02_03_edi_ihv_k!K.indd 2 16.10.18 08:34

Page 3: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

INHALT

04 Kurz notiert Von Initiativen im Grätzel bis zum Monat der SeniorInnen

06 ExpertInnen-Austausch Wiener Gesundheits- förderungskonferenz 2018

10 Die Gesellschaft im Netz Publizist Sascha Lobo:

„Wirkung auf Körper und Geist“

12 Gehirn unter Strom Neurologe Volker Busch und Wege aus dem Alltagsstress

14 Faszination der Jugend Wissenschafterin Claudia Lampert zur digitalen Lebenswelt der Jüngsten

16 Gesunde digitale Stadt Videodolmetschen, Cyber-mobbing, Psychoedukation

17 Gesund in Grätzel und Bezirk Bewegungsräume, Grätzeltreff, AktivlotsInnen

18 Gesund in Einrichtungen und Organisationen gesund.leben, Mobilitätsbox, Schulsanitätsdienst

19 Drei Medienpreise Neue Kinderkrankheiten, Videos, Gesundheitsvorsorge

20 Umfrage Hat sich Ihr Leben durch die Digitalisierung verändert?

21 Service Buchtipps und Websites zum Schwerpunkt Gesundheit und Digitalisierung

22 Aus den Bezirken Bio-Amtshausgarten, Cricket, neue Parkgestaltung und mehr

24 Älter werden in Wien Grätzel-Cafés für SeniorInnen in neun Bezirken

25 Mädchen im Blickpunkt Projekt zur aktiven Gestaltung der Entwicklung

26 Essstörungen Eine Hotline hilft

27 Termine Da müssen Sie hin! Fo

tos:

And

rew

Rin

khy

(2),

WIG

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER!

Was macht die digitale Welt mit uns? Welche Auswirkungen hat sie auf unsere Gesund-

heit? Und wie entwickeln unsere Kinder einen gesunden Umgang mit neuen Medien? Das waren die zentralen Fragen der heurigen Wiener Gesundheitsförderungs- konferenz zum Thema „Gesundheit und Digitalisierung“, die wir in dieser Ausgabe aufgreifen. Die Palette der internationalen Vortra-genden eröffnet dabei ganz unter-schiedliche Blickwinkel. Der viel ge-fragte Autor und Publizist Sascha Lobo prophezeit, dass die Erhebung von Gesundheitsdaten individuelle Behandlungsmöglichkeiten erschließt. Die Folgen unseres „digitalen, mobi-len Lebensstils“ seien aber vielfach nicht abschätzbar. Volker Busch be-trachtet das Thema aus einer neuro-wissenschaftlichen Perspektive und gibt zu verstehen: Der Dauerkonsum moderner Kommunikationsmittel verursacht Stress und hemmt unsere Kreativität. Sein Tipp: Bewusst ab-schalten! Claudia Lampert schlägt die Brücke zur Gesundheitskommunika-tion. Sie betont, dass die Medienkom-petenz von Kindern und Jugendlichen gefördert werden muss. Wichtige Vor-bilder dabei: die Eltern! Weitere Anregungen für eine „Ge-sunde digitale Stadt“ liefern Ihnen auch die Projekte und Medienbeiträge, die mit dem Wiener Gesundheitspreis 2018 ausgezeichnet wurden.

Viel Freude beim Lesen! Für ein gesundes Leben in einer gesunden Stadt.

Dennis Beck, Geschäftsführer Wiener Gesundheits-förderung – WiG

Mehr als 300 TeilnehmerInnen besuchten heuer die Wiener Gesundheitsförderungskonferenz 2018. Ab Seite 6

Die Führung durch den Botanischen Garten ist eines der Angebote, das SeniorInnen entwickelt haben. Seite 24

» Gesund in Grätzel und Bezirk

» Gesund in Einrichtungen/Organisationen

» Gesunde vielfältige Stadt (Jahresschwerpunkt 2019) In dieser Kategorie werden zusätzlich drei Medienpreise vergeben!

NOCH BIS10. MAI 2019

MITMACHEN & EINREICHEN!www.wig.or.at

GESUNDHEITSPREIS 2019WIENER

GESUCHT: IHR BEITRAG ZU MEHRGESUNDHEIT UND WOHLBEFINDEN

IN DREI KATEGORIEN EINREICHEN

WIG_INSERAT_210x287mm_2019.indd 1 07.09.18 11:23

3

GS_02_03_edi_ihv_k!K.indd 3 16.10.18 08:34

Page 4: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

Foto

s: B

ohm

ann/

Mic

hael

Rau

sch-

Scho

tt, D

avid

Boh

man

n,FS

W,

Andr

ew R

inkh

y, Bo

hman

n/Ul

rich

Sper

l

Radrennbahn wieder im Einsatz GESUNDE STADT

Fixer Bestandteil vieler Veranstal-tungen ist die Life Lounge der Wie-ner Gesundheitsförderung, bei der

sich die WienerInnen über Maßnahmen zur Stärkung ihrer Gesundheit infor-mieren können. Lust auf Bewegung machte dabei etwa eine Carrera-Renn-bahn. Bei dieser speziellen Autorenn-bahn werden die Autos nicht per Fern-bedienung, sondern mittels Fahrrad und Beinkraft angetrieben. Dabei kommt es nicht nur auf Kraft an, son-dern vor allem auch auf Geschicklich-keit. Nach vier Jahren musste die Bahn überholt werden und ist nun wieder im Einsatz. Die SchülerInnen der 7. Klasse vom Werkschulheim Felbertal in Salz-

burg haben die Bahn renoviert und ver-bessert. Die Carrera-Rennbahn kann nun mit normalen Fahrrädern auf Trai-ningsrollen angetrieben werden. Über Dynamos wird der Strom für den Be-trieb der Autos erzeugt. Damit ist keine externe Stromversorgung nötig. Der Tretwiderstand der Räder und die Ge-schwindigkeit der Autos lassen sich nun auch individuell regeln und somit an die BesucherInnen anpassen. Ist ein Strom-anschluss vorhanden, kann ein Monitor angeschlossen werden, der die Runden-zeiten und Fahrzeuggeschwindigkeiten der beiden KontrahentInnen anzeigt. •Aktuelle Veranstaltungen: www.wig.or.at/Aktuelles.182.0.html

Monat der SeniorInnenGESUNDES ALTERN

Von Freiwilligenarbeit über Bewe-gungsangebote bis hin zu Kunst und Kultur reichten die Veranstal-

tungen beim Monat der SeniorInnen. Von 15. September bis 15. Oktober in-formierten zahlreiche Einrichtungen über ihre Angebote. SeniorInnenbe-auftragte der Stadt Wien, Susanne Herbek, und ihr Team haben die Ver-anstaltungen zusammengetragen.

Vielseitiges Programm. Wissbegie-rige konnten Informationen zum neuen

„Studium Generale“ an der Universität Wien einholen, bei dem ältere Men-

schen in Kleingruppen lernen. Beim „Tag der offenen Tür“ konnten sich Inte-ressierte einen Eindruck von den Tages-zentren für SeniorInnen machen. Neben Pflege und Betreuung bieten sie soziale Kontakte und Beschäftigung. Wer sich gerne bewegt, ist bei Nordic Walking richtig. Die Pensionistenklubs

und das Projekt „Bewegte Apotheke“ bieten zahlreiche kostenlose Nordic-Walking-Treffs – sogar über den Monat der SeniorInnen hinaus. Interessierte SeniorInnen können sich auch direkt an das Büro der SeniorInnenbeauftragten wenden. Herbek erklärt: „Wir setzen uns für Ihre Anliegen, für ein aktives Leben in der nachberuflichen Phase, ein. Sie können das SeniorInnenbüro jederzeit zu Fragen der Gesundheit, Be-treuung oder auch zum Finden gemein-schaftlicher Tätigkeiten und Hobbys kontaktieren.“ •SeniorInnenbüro der Stadt Wien, Telefon 01/4000-8580, [email protected], www.senior-in-wien.at

„Der Monat der SeniorInnen ist eine wichtige und liebgewordene Tradition in unserer Stadt. Damit zeigen wir der Generation 60 plus unsere Wertschätzung.“ Peter Hacker, Stadtrat für Gesundheit, Soziales und Sport

„Wir setzen uns für Ihre Anliegen, für ein aktives Leben in der nachberuflichen Phase, ein“ Susanne Herbek, SeniorInnenbeauftragte der Stadt Wien

4

GS_04_05_shortcuts_kK!.indd 4 16.10.18 09:45

Page 5: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

Gleiche Chancen auf Gesundheit

Wie können alle älteren Menschen, unabhängig von Beruf, Einkommen und Bildungshintergrund gleicher-

maßen von Gesundheitsförderungsmaß-nahmen profitieren? Dieser Frage geht der Fonds Gesundes Österreich in seinem Sam-melband „Faire Chancen gesund zu altern. Beiträge zur Förderung gesundheit licher Chancengerechtigkeit älterer Menschen in Österreich“ nach.

Theorie und Praxis. Der Band bringt Bei-spiele dafür, wie unterschiedlich das Leben älterer Menschen in Österreich ist. Er bietet Einblick in die theoretischen Grundlagen und zeigt anhand von Beispielen, wie soziale Teilhabe älterer Personen gefördert wird. Ein Blick wird auch auf die Rahmbedingun-gen zur Förderung gesunden Alterns unter Berücksichtigung von Fragen gesundheitli-cher Chancengerechtigkeit geworfen. •www.fgoe.org/SammelbandFo

tos:

Boh

man

n/M

icha

el R

ausc

h-Sc

hott,

Dav

id B

ohm

ann,

FSW

, An

drew

Rin

khy,

Bohm

ann/

Ulric

h Sp

erl

„JedeR für JedeN“SELBSTHILFE & EMPOWERMENT

Der kostenlose Informationstag für und mit Menschen mit Behinderung soll das Zusammenleben von Menschen

mit und ohne Behinderung weiter verbes-sern. Zahlreiche Selbsthilfegruppen, Behin-dertenorganisationen und themenspezifi-sche Einrichtungen der Stadt Wien stellen ihre Unterstützungsangebote vor.

Programmvielfalt. Themenschwerpunkte der diesjährigen Messe sind Reisen mit Be-hinderung und chronischer Erkrankung, Kreativität als Potenzial für Gesundheit und das neue Erwachsenenschutzgesetz. Im Rahmen der Veranstaltung wird heuer wie-der der Preis der Menschlichkeit vergeben. Alle zwei Jahre wird damit besonderes eh-renamtliches Engagement ausgezeichnet. Dazu gibt es informative Vorträge und span-nende Diskussionen. Darüber hinaus erwar-tet die BesucherInnen ein unterhalt sames Rahmenprogramm. •25. November, 9.30–17 Uhr, Rathaus, Eintritt frei!

Im Einsatz für Selbsthilfe und PatientInnenbeteiligungSELBSTHILFE UND EMPOWERMENT

Bei Krankheit oder in schwierigen Lebenssituationen bieten Selbst-hilfegruppen Betroffenen Rück-

halt. Die Stärkung der bundesweit tätigen Selbsthilfeorganisationen und eine PatientInnenbeteiligung auf Bun-desebene hat sich ÖKUSS – Kompetenz- und Servicestelle für bundesweit tätige Selbsthilfeorganisationen zur Aufgabe gemacht. Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-

netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei der Abwicklung von Förderungen, fördert Weiterbildungs-seminare für Selbsthilfegruppenlei-terInnen und stellt Wissen zur Patien-tInnenbeteiligung zur Verfügung. Finanziert wird ÖKUSS vom Hauptver-band der österreichischen Sozialversi-cherungsträger und dem Fonds Gesun-des Österreich. •ÖKUSS, 1., Biberstr. 20, [email protected], Telefon 01/895 04 00-738, www.oekuss.at

Gesunde Ideen gesuchtGESUNDER BEZIRK

Eine Nordic-Walking-Gruppe ini-tiieren oder ein Gemüsebeet im Hofgarten bauen: Die Wiener Ge-

sundheitsförderung unterstützt Ideen, die zu einem gesünderen Grätzel bei-tragen. Es geht darum, die WienerIn-nen anzuregen, selbst aktiv zu werden. Gefragt sind Vorschläge aus den Berei-chen Bewegung, Ernährung, seelische Gesundheit und gesunde Lebenswel-ten. Privatpersonen wie auch Vereine können einreichen. Die Wiener Ge-sundheitsförderung unterstützt die Umsetzung im Rahmen von „Grätzel-

und Kooperationsinitiativen“ mit der Übernahme von Sachkosten.

Aktiv im Bezirk. Die „Grätzel- und Kooperationsinitiativen“ sind Teil des Programms „Gesunde Bezirke“ der WiG. Dabei werden Aktivitäten in den Gesunden Bezirken Leopoldstadt, Margareten, Mariahilf, Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring, Brigittenau, Floridsdorf und Donau-stadt umgesetzt. •Projektideen an: Projektbüro Telefon 01/958 09 11, www.gesundeidee.at

GESUNDES ALTERN

gesunde stadt – winter 20185

GS_04_05_shortcuts_kK!.indd 5 16.10.18 14:19

Page 6: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ: GESUNDHEIT UND DIGITALISIERUNG

BEI DER WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ 2018 STAND DIE WIRKUNG

DER DIGITALISIERUNG AUF DIE GESELLSCHAFT IM FOKUS. ZUDEM WURDE ZUR

VERLEIHUNG DES WIENER GESUNDHEITSPREISES GELADEN. Stephanie Tobeitz

Smartphones, Social-Media-Dienste, Suchprogramme & Co: Die rasante Weiter-entwicklung der digitalen Welt hat großen Einfluss darauf, wie wir arbeiten

und leben. Im richtigen Umgang brin-gen die zunehmende Digitalisierung und das Internet viele Vorteile – wir können uns exotische Länder ins Wohnzimmer holen, mit entfernten Personen videotelefonieren, haben mit einem Klick Zugriff auf jegliche Information und sogar die Chance, über digitale Tools unsere Gesundheit zu fördern. Doch es gibt auch Schat-tenseiten. Nämlich dann, wenn Daten das Kommando übernehmen, wir keine persönlichen Kontakte mehr pflegen, in eine Art digitale Parallel-welt flüchten, unsere Aufmerksam-keitsfähigkeit im „echten“ Dasein lei-det und eine Sucht nach Bits und Bytes entwickelt wird. Die Wiener Gesund-heitsförderungskonferenz 2018 wid-mete sich heuer dieser Materie und lud unter anderem drei internationale ExpertInnen ein, in Vorträgen auf das Thema „Gesundheit und Digitalisie-rung“ einzugehen. „Es ist wichtig, die belastenden Folgen der Digitalisie-rung zu beobachten. Die Wiener Ge-

sundheitsförderungskonferenz bietet ein gute Möglichkeit, sich mit Fach-publikum auszutauschen und das ei-gene mediale Wissen zu erweitern“, erklärt Peter Hacker, Stadtrat für Sozi-ales, Gesundheit und Sport.

Denkanstöße. Sascha Lobo – Autor und Strategieberater aus Deutschland und erster Vortragender – beschäftigte sich mit den Auswirkungen des Inter-nets auf Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Er hat es sich u. a. in seinen Vorlesungen wie auf der Konferenz zur Aufgabe gemacht, zum Verständnis der digitalen Sphäre beizutragen. Vol-ker Busch aus Regensburg wiederum beschrieb als Facharzt – unter ande-rem für Neurologie – und zweiter Red-ner den Einfluss der Datenüberflutung auf unser Gehirn. Zudem gab er Tipps zum Umgang mit den neuen Medien. Die dritte Referentin war Claudia Lampert. Sie arbeitet im Bereich der Medienforschung in Hamburg und beleuchtete die Mediennutzung Heranwachsender.

Preisverleihungen. Weiterer Höhe-punkt der Konferenz war die Verlei-hung des Wiener Gesundheitspreises. Insgesamt wurden in diesem Jahr

55 Projekte und Publikationen eingereicht. Aus diesen wählte eine Fachjury die PreisträgerInnen in den Kategorien „Gesund in Grätzel und Bezirk“, „Gesund in Einrichtungen und Organisationen“ sowie zum Jah-resschwerpunkt der Wiener Gesund-heitsförderung „Gesunde digitale Stadt“. Außerdem wurden drei gleich-wertige Medienpreise vergeben. Die SiegerInnen jeder Kategorie erhielten 2.000 Euro, die Zweitplatzierten 1.500 Euro und die Drittplatzierten 1.000 Euro. Mit jeweils 500 Euro waren die Medienpreise dotiert. „Ich bin begeis-tert und beeindruckt von den vielen guten Ideen und Initiativen, die im Rahmen des Wiener Gesundheitsprei-ses vorgebracht werden. Gute neue An-sätze und Inspirationen sind im Sinne der Gesundheitsförderung willkom-men“, so Dennis Beck, Geschäftsführer der Wiener Gesundheitsförderung, der gemeinsam mit Gemeinderat Chris-tian Deutsch die Preise aushändigte. •

„Elektronische Medien eröffnen neue Wege, bergen aber auch Gefahren.“Gesundheitsstadtrat Peter Hacker

Digitalisierung trifft auf Gesundheit

6

Foto

s: W

IG/K

laus

Ran

ger F

otog

rafie

(2),

Davi

d Bo

hman

n, A

ndre

w R

inkh

y (2

)

GS_06_09_cover_kK.indd 6 16.10.18 08:41

Page 7: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

WIENER GESUNDHEITSPREIS 2018

01 Rund 300 TeilnehmerInnen besuchten mit großem Interesse die diesjährige Wiener Gesundheits- förderungskonferenz. 02 Die GewinnerInnen in der Kategorie „Gesund in Einrichtungen und Organisationen“03 „Gesunde digitale Stadt“ – die PreisträgerInnen in der Kategorie zum Jahresschwerpunkt04 Die Gekürten in der Kategorie „Gesund in Grätzel und Bezirk“

03PREISTRÄGERiNNEN Kategorie „Gesunde digitale Stadt“ Seite 161. Preis: Projekt „Videodolmetsch im Einsatz am neunerhaus Gesundheits­

zentrum“ zur Senkung sprachlicher und kultureller Barrieren – neunerhaus2. Preis: „Traumapädagogische kostenfreie Online­Videos für Minderjährige,

insbesondere für jene mit Fluchterfahrung“ von MAG ELF – Amt für Jugend und Familie, Psychologischer Dienst

3. Preis: Workshop „Cybermobbing“ für SchülerInnen am VHS polycollegeKategorie „Gesund in Grätzel und Bezirk“ Seite 171. Preis: „Gesundheit im Grätzel“ – ein Nachbarschaftsprojekt des Vereins

„Mitten in Hernals“2. Preis: Beim Projekt „AktivlotsInnen in Rudolfsheim­Fünfhaus“ initiierte die

ARGE AktivlotsInnen gesundheitsfördernde Projekte und Aktionen 3. Preis: Projekt „moving spaces“ – niederschwellige Be wegungsräume von

OPK – Offenes PlanerInnenkollektivKategorie „Gesund in Einrichtungen Organisationen“ Seite 181. Preis: Projekt „Kindergarten­Mobilitätsbox“ u. a. mit Büchern, Spiel­,

Bewegungs­ und Experimentiermaterialien von Mobilitätsagentur Wien 2. Preis: Projekt „Schulsanitätsdienst“ – Erste­Hilfe­Grundausbildung für

SchülerInnen – von Arbeiter­Samariter­Bund Österreichs, Landesstelle Wien3. Preis: Projekt „gesund.leben“ – Gesundheitsförderungsmaßnahmen für

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung – von Lebenshilfe WienMedienpreise Seite 19 Vergeben wurden drei gleichwertige Medienpreise. 2018 gingen sie an:• Sendungsverantwortliche Manuela Strihavka für den Beitrag „Cybermob­

bing, Sexting und Co. – die neuen Kinderkrankheiten“ in der Sendereihe „MERYNS sprechzimmer“

• Frauengesundheitszentrum FEM für drei Gesundheitsvideoclips von und für Frauen und Mädchen

• Journalist Köksal Baltaci für den Artikel „Die Zukunft der Gesundheitsvor­sorge“ (Die Presse am Sonntag)

04

02

Mehr Einblick in die Projekte verschaffen Kurzvideos auf www.wig.or.at.

01

7

Foto

s: W

IG/K

laus

Ran

ger F

otog

rafie

(2),

Davi

d Bo

hman

n, A

ndre

w R

inkh

y (2

)

GS_06_09_cover_kK.indd 7 16.10.18 08:41

Page 8: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

01

04

02

05

03

06

WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ 2018

01 Mehr als 300 TeilnehmerInnen verfolgten mit großer Aufmerksamkeit die drei Vorträge und Ansprachen. 02 Gemeinderätin Claudia Laschan eröffnete die Wiener Gesundheitsförderungskon-ferenz zum Thema „Gesundheit und Digitalisierung“. 03 Sascha Lobo, Autor und Strategieberater, sprach über die Wirkung des Netzes auf die Gesellschaft. 04 Alle Reden und Vorträge wurden von Gebärdendolmetscherinnen übersetzt. 05 Die jüngste Teilnehmerin, die sechs Wochen alte Anja, verschlief die meisten Ansprachen, sodass ihre Mutter den Inhalten gut folgen konnte. 06 Ein Blick hinter die Kulissen in die Technik 07 Gemeinderat Christian Deutsch verlieh gemeinsam mit WiG-Geschäftsführer Dennis Beck den Wiener Gesundheitspreis 2018. 08 Alle GewinnerInnen der drei Wiener Gesundheitspreise und des Medienpreises auf einem Bild vereint 09 Referentin und Medienexpertin Claudia Lampert erzählte über die Faszination der digitalen Welt bzw. über deren Einfluss auf Heranwachsende. 10 Dennis Beck, Geschäftsführer der Wiener Gesundheitsför-derung, begrüßte die BesucherInnen der Konferenz. 11 Digitale Spiele zur Gesundheitsförderung konnten in den Pausen ausprobiert werden. 12 Volker Busch ging als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in seinem Vortrag auf den Effekt der permanenten Datenflut auf unser Gehirn ein. Zudem gab er hilfreiche Tipps zur Gesundheitsförderung. 13 Am Büchertisch konnte ein Blick in Fachlektüre geworfen werden.

8

Fotos: Andrew Rinkhy (11), WIG/Klaus Ranger Fotografie (2)

GS_06_09_cover_kK.indd 8 16.10.18 08:41

Page 9: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

07 08

13

12

10

11

09

9

GS_06_09_cover_kK.indd 9 16.10.18 08:41

Page 10: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

DIE DIGITALISIERUNG ERMÖGLICHT, EINE FÜLLE GESUNDHEITSRELEVANTER DATEN ZU

ERHEBEN UND AUSZUWERTEN. CHANCEN UND RISIKEN LIEGEN NAHE BEIEINANDER,

SAGT SASCHA LOBO, BERLINER AUTOR UND DIGITALISIERUNGSEXPERTE. Stephanie Dirnbacher

Mit Sensor versehene Tablet­ten, die der Ärztin oder dem Arzt melden, wann sie ein­genommen worden sind, Apps, über die man Befunde oder Testergebnisse hoch­

laden und diese Informationen mit Freun­dInnen teilen kann, oder smarte Pflaster, die die Wundheilung überwachen – das al­les sind keine Zukunftsszenarien, sondern bereits jetzt gelebte Realität. „Durch die Digitalisierung wurde eine wahre Senso­renflut über uns ausgekippt“, fasst Sascha Lobo, Vortragender bei der diesjährigen Wiener Gesundheitsförderungskonferenz, zusammen. Seit Jahren beschäftigt sich der Berliner Autor und Strategieberater mit den Auswirkungen des Internets auf die unterschiedlichen Lebensbereiche.

Gesundheit als Lebensstil. Mit der Sen­sorenflut einhergeht laut Lobo eine dem Menschen innewohnende und natürliche

Begeisterung für Daten. Ob Kalorien­verbrauch, Körpergewicht oder am Tag zurückgelegte Schritte – immer mehr Menschen erfassen ihre persönlichen Daten digital und verarbeiten sie auf den dafür vorgesehenen Plattformen. Sie in­formieren sich über YouTube oder soziale Netzwerke über gesunde Ernährung, Be­wegung und Krankheiten. Digitale Geräte wie Wearables, also Computersysteme, die am Körper getragen werden, werden zunehmend zur Überwachung der eigenen Gesundheit eingesetzt. Die private Daten­erhebung und der Wunsch, sich offensiv um die persönliche Gesundheit zu küm­mern, bezeichnet Lobo als neuen „digita­len, mobilen Lebensstil“.

Vorhandene Daten nutzen. Die noch nie da gewesene Fülle an gesundheitsrelevan­ten Daten bietet große Chancen für die Medizin. Dann nämlich, wenn die privat erfassten Informationen für ÄrztInnen

zugänglich sind und somit eine bessere individualisierte Behandlung erlauben.

„Die individualisierte Medizin anhand von persönlichen Datenströmen wird in den nächsten zehn Jahren ein ganz großes Thema sein“, prophezeit Lobo. In dem Zu­sammenhang werde auch eine Verschie­bung stattfinden – von medizinischer Hardware, den Medikamenten, hin zu vernetzter Software, die die Gesundheits­daten übermittelt und auswertet. Die Datenfülle birgt allerdings auch Risiken. Mit der digitalisierten Körperlichkeit rückt auch die digitale Verletzlichkeit immer näher. „Menschen lieben es, Daten zu teilen. Und diese Datenbegeisterung kennt keine natürliche Grenze. Hier stellt sich die Frage, was man alles mit den Da­ten machen kann. Aus Daten, die gestern noch irrelevant erschienen sind, wie zum Beispiel ein online gestelltes Foto vom Mittagessen, lassen sich morgen viel­leicht schon gesundheitsrelevante Infos

WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ: GESUNDHEIT UND DIGITALISIERUNG

Sascha Lobo war einer der drei Vortragenden bei der diesjährigen

Wiener Gesundheitsförderungskonferenz der Wiener Gesundheitsförderung.

Die Macht der Vitaldaten

10

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y

GS_10_11_vortrag1_kk.indd 10 16.10.18 12:05

Page 11: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

INTERVIEWSascha Lobo über Nutzen und Herausforde-rungen der Digitalisierung der Gesundheit

Was ist der größte Nutzen der Digitalisierung für die Gesundheit? Dass wir heute Daten haben, wo wir früher vermuten mussten. Wir haben Sensorikdatenströme, situative Daten, also nicht nur über eine Stunde bei einer Ärztin oder einem Arzt gemessen

– das ist ein riesiger Vorteil. Darauf aufbauend kann man verschiedene Aus­wertungen und Verhaltensänderungen vornehmen. Und wir haben nicht nur Daten von kranken Menschen. Heute umfasst die Gesamtheit jener, die Vital­daten erheben, auch gesunde Menschen.

Also ermöglicht Digitalisierung auch eine individuelle Behandlung? Unbedingt. Die Medizin im 20. Jahr­hundert basierte auf dem Motto „One size fits all“. Es gab ein Medikament gegen eine Krankheit, der Unterschied in der Behandlung war meistens die Dosierung. Gesundheit und Krankheits­verläufe werden aber von unterschiedli­chen, individuellen Faktoren beeinflusst. Jetzt, da man diese Verschiedenheit auch messen kann, kann man sehr viel präziser darauf eingehen.

Die Digitalisierung spaltet die Gesellschaft in jene, die damit umgehen können, und in jene, die es nicht können. Wie können alle von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren? Es führt nichts an einer großen Debatte vorbei, wie genau Digitalisierung und Gesundheit zusammenhängen. Vor allem alte Menschen haben durch die Digitalisierung eine Vielzahl von

Instrumenten zur Verfügung, um bes­ser über sich selbst Bescheid zu wissen. Es gibt etwa Apps, mit denen man die Hydratisierung des eigenen Körpers nachverfolgen kann. Wir haben Mecha­nismen, die den Umgang mit bestimm­ten Alterskrankheiten wie Diabetes stark verbessert haben. Wenn man auf diesen konkreten Nutzen hinweist, ist es eine produktive Art, die Digitalisie­rung allen Menschen näherzubringen. Ein Aspekt im Umgang mit der digitalisierten Gesundheit ist die Eigenverantwortung: Wie können Einzelne gesundheitsrelevante Daten erheben und interpretieren? Es spricht nichts dagegen, bestimmte Daten von sich selbst zu erheben und diese dann mit geschulten Fachkräften zu besprechen. Gefährlich ist, wenn Menschen aus dem professionellen Gesundheitsbereich so tun, als gäbe es diese Daten nicht. Dann beginnen die Menschen zu googeln und sich Infor­mationen anderweitig zu suchen. Wenn keine sinnvollen Informationen da sind, nehmen sie halt nicht sinnvolle Infor­mationen.

Was konkret muss hier geschehen? Die, die für das Gesundheitssystem einstehen, müssen viel offensiver und in einfachen Worten genau dort kom­munizieren, wo sich die Menschen aufhalten: in sozialen Medien und ganz essenziell auf Google. Über Google fin­det man zu bestimmten Gesundheits­themen derzeit zu wenige verifizierte, wissenschaftlich gesicherte Informa­tionen. Ich halte es für sinnvoll, eine Art österreichisches Gesundheitswikipedia aufzubauen, in der sämtliche Informa­tionen über die eigene Gesundheit bis ins Detail von verlässlichen Quellen zur Verfügung gestellt werden.

herauslesen. Das kann ganze Geschäfts­modelle auf den Kopf stellen“, kon­kretisiert Lobo. Schließlich werden Daten nicht umsonst als das Gold der Zukunft bezeichnet. Große Konzerne wittern hier großes Geschäft und Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen drängen aggressiv auf den Markt, den die Digitalisierung der Gesundheit eröffnet.

Spannungsfeld. Die rasante technolo­gische Entwicklung macht viele Folgen der Digitalisierung nicht abschätzbar.

„Die neuen Datenströme werden die Gesellschaft massiv verändern und viele Fragen aufwerfen. Wie geht man etwa damit um, wenn ein Computer die Lebensdauer von Erkrankten vo­raussagen kann?“, führt Lobo beispiel­haft an. Eine Debatte über den richti­gen Umgang mit Daten, die Menschen potenziell schaden könnten, hält er für essenziell. Auch die Angst vor der Digitalisierung kann der Autor nach­vollziehen. „Bei der Digitalisierung der Gesundheit liegen Nutzen und Grusel nah beieinander“, sagt er. Die Tech­nologien an sich seien dabei jedoch nicht ausschlaggebend, „sondern die Art und Weise, wie sie die Menschen nutzen“, erklärt der Digitalisierungs­experte. Als Beispiel, wie Software das Verhalten positiv beeinflussen kann, führt er das für Mobilgeräte konzi­pierte Spiel „Pokémon Go“ an, bei dem die SpielerInnen in echter Umgebung virtuelle Fantasiewesen einfangen müssen. Eine im Journal of the Ame­rican Heart Association publizierte Studie wies nach, dass das Spiel die körperliche Aktivität gerade jener NutzerInnen fördert, die diese am nötigsten haben.

Seriöse Informationen. Bei all den digitalen Möglichkeiten in der Gesund­heit lauert auch die Gefahr der Falsch­information. Lobo nimmt hier die Ge­sundheitsexpertInnen in die Pflicht: Sie müssten die neuen Kommunikati­onskanäle nutzen, um fachlich rich­tige Informationen für die interes­sierte Bevölkerung bereitzustellen.

„Die Gesellschaft hat eine Mitverant­wortung, sonst wird von Scharlatanen zu viel Unfug verbreitet“, sagt Lobo. •gesunde stadt – winter 2018

11

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y

GS_10_11_vortrag1_kk.indd 11 16.10.18 12:05

Page 12: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

REIZÜBERFLUTUNG, ABLENKBARKEIT UND MULTITASKING VERURSACHEN STRESS

FÜRS GEHIRN. BEWUSSTES ABSCHALTEN REGENERIERT. Martina Stehrer

E-Mail, SMS, WhatsApp, So-cial Media: Die Berufswelt wie auch der Alltag haben sich durch die zunehmende Digitalisierung stark verän-dert. Moderne Kommunika-

tionsmittel vereinfachen zwar vielfach unser Leben. Gleichzeitig geraten wir durch den Dauerkonsum und die per-manente Erreichbarkeit unter Druck. Volker Busch, Neurologe und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik Regensburg, er-klärt: „Wir machen heute alles gleich-zeitig, sind ständig abgelenkt und un-terbrochen. Aufmerksamkeit kommt da leicht abhanden. Ein bisschen ADHS betrifft uns heute alle. Typische Folgen sind Daueranspannung und Stress, mangelnde Konzentrations-fähigkeit oder fehlendes kreatives Denken.“ Um gute Leistungen in der Arbeit zu erbringen, zufrieden zu sein und wenig Stress zu empfinden, brau-chen Menschen einen regelmäßigen

Wechsel zwischen geistiger Anspan-nung und Ruhe, meint der Experte. Klingt einfach, ist es aber nicht – mit dem Smartphone in der Hosentasche, das permanente Ablenkung bietet. Mindestens rund hundert Mal schauen wir täglich aufs Handy.

Mangel an Aufmerksamkeit. Hoch-geistige Leistungen im Gehirn sind von der Fähigkeit, die Aufmerksam-keit auf etwas zu lenken, zu fokussie-ren, abhängig. „Aufmerksamkeit ist heute unser wertvollster Rohstoff “, meint Busch, „es wird für die Men-schen immer schwieriger, bei einer Sache zu bleiben.“ Eine Untersuchung hat zum Beispiel ergeben, dass Schü-lerInnen, die 15 Minuten lang an einer Hausübung arbeiten, neun Minuten davon abgelenkt sind. Wissenschaftli-che Studien haben gezeigt, dass wir heute nur etwa die Hälfte der Zeit bei der Sache sind. 46 Prozent der Zeit schweifen wir ab. Ein/-e Büroange-

stellte/-r wird heute etwa alle zehn Minuten bei der Arbeit unterbrochen. Selbst nach einer kurzen Unterbre-chung von ein bis zwei Minuten dauert es zwischen fünf und acht Minuten, um wieder so konzentriert zu arbeiten wie zuvor.

Multitasking. Bei der Vielzahl an Anforderungen liegt es nahe, Dinge gleichzeitig zu tun. Volker Busch:

„Multitasking ist Stress für unser Ge-hirn. Denn unser Gehirn ist nicht auf Gleichzeitigkeit angelegt. Es kann Informationen nur seriell, also hinter-einander, aber nicht parallel verarbei-ten.“ Wer zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und herwechselt, braucht im Gegensatz zu einer Kon-zentrationsphase 30 Prozent mehr Zeit und erhöht seine Fehlerquote um 22 Prozent. Wir können nur jene Dinge gleichzeitig tun, die sich in getrennten Gehirnbereichen abspielen, etwa Musik hören und Schuhe zubinden. Je näher

Gehirn unter Strom

WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ: GESUNDHEIT UND DIGITALISIERUNG

Volker Busch, Neurologe und Facharzt für Psychiatrie und

Psychotherapie an der Universitätsklinik Regensburg

12

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y

GS_12_13_vortrag2_kk.indd 12 16.10.18 08:48

Page 13: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

Aufgaben intellektuell zusammenhän-gen, umso schwieriger wird es. „Um gute Leistungen zu erbringen, braucht das Gehirn Tiefe. Ideal wäre daher, sich jeden Tag eine halbe bis ganze Stunde Zeit ohne Unterbrechungen und Ab-lenkungen zu nehmen, um in einen Flow zu kommen und ganz in einer Sache zu versinken. In dieser Phase der Konzentriertheit sind wir höchst pro-duktiv und die Fehlerquote sinkt. Übri-gens: Auch die Annahme, dass Frauen beim Multitasking besser sind, stellt Busch richtig: „Frauen können es nicht besser, sie probieren es nur häufiger. Der Grund dafür ist, dass sie oft meh-reren Aufgaben gerecht werden müs-sen.“ Kinder können noch besser um-schalten, so der Experte, sie schaffen es etwa, Musik zu hören, ein Video an-zuschauen und gleichzeitig eine Frage zu beantworten. Mit zunehmendem Lebensalter lässt die Nervenzellen-dichte, die es dafür braucht, nach. Allerdings sind Jugendliche, die mit Multitasking aufwachsen, deshalb nicht multitaskingtauglicher. Denn trainieren kann man es nicht.

Kreativität nimmt ab. Durch ständi-gen Medienkonsum sowie Online-Prä-senz während der Arbeitszeit und auch im Privatleben entsteht im Gehirn ein hohes Maß an Reizflut. Teile unseres Vorderhirns bemühen sich ständig um schnelle Erfassung, Prüfung oder Lö-schung. Die Verarbeitungsschritte sind so aufwendig, dass andere Bereiche, etwa assoziatives Denken, zu kurz kom-men. Bei der Entwicklung kreativer Ideen braucht es einen Input von außen und anschließend Inkubation. Darun-ter versteht man eine Ruhephase, die das Gehirn braucht, um kreative Ideen zu entwickeln. Internationale Studien haben gezeigt, dass die Kreativität von Menschen in Industrienationen in den letzten 20 Jahren deutlich zurück-gegangen ist. Vielfach fehlt einfach die Zeit, kreativ zu sein. Busch verweist auf NobelpreisträgerInnen. Von 38 haben 34 angegeben, dass sie ihre besten Ideen in Ruhephasen hatten, etwa beim Füttern von Schwänen. •www.drvolkerbusch.de

INTERVIEWDer Neurologe erklärt, was im Hirn bei ständiger Reizung passiert, und gibt Tipps zur Reduktion von Stress im Alltag.

Was macht die Digitalisierung mit uns? Besteht die Gefahr für Demenz? Die Digitalisierung hat unser Leben verändert. Wir wissen heute mehr von der Welt, sie ist kleiner geworden. Unsere Selektions- und Recherchefähig-keit hat sich verbessert. Verschlechtert hat sich hingegen die Allgemeinbil-dung. Wir lesen heute oberflächlicher und schneller. Insgesamt ist die geistige Leistung in Industriestaaten zurückgegangen. Ebenso haben die Konzentrations- und Fokussierungs- fähigkeiten abgenommen. Dement werden wir durch digitale Medien nicht. In der Neurologie zeigt sich, dass der Einsatz digitaler Medien Sinn machen kann. Untersuchungen zu Morbus-Parkinson-Patientinnen und -Patienten haben ergeben, dass sich bei Betroffenen, die regelmäßig mit einer Konsole spielen, auch Alltags-funktionen, wie ein Hemd zumachen oder Zähne putzen, verbessert haben. Alzheimer-Patientinnen und -Patien-ten, die Serious Games, virtuelle Spiele im dreidimensionalen Raum, spielen, finden sich räumlich besser zurecht. Was heißt das aus neuro­wissenschaftlicher Sicht? Der Großteil der kognitiven Leistun-gen unseres Gehirns wie logisch- ableitendes Denken, Problemlösungs-kompetenzen oder die Planung von Handlungen sind von der Konzen-trationsfähigkeit abhängig. Durch ständige Außenreize wird unsere

Aufmerksamkeit vermindert. Das menschliche Gehirn verarbeitet Infor-mationen mit „Bottom-up“- und „Top-down“- Prozessen, die in Kon-kurrenz zueinander stehen. „Bottom-up“ steht für das Belohnungssystem, das sich über Reize freut und „Top-down“ ist der Bereich, der für Konzen-tration und Impulskontrolle steht.

Wie begegnet man beruflichem Stress? Nehmen Sie sich für die wichtigste Sache des Tages eine Stunde Zeit, in der Sie sich ganz auf diese Aufgabe konzentrieren und sich durch nichts stören lassen. Wählen Sie am besten die Tageszeit, zu der Sie am produk-tivsten sind. Wichtig ist Selbstdiszi-plin. Diese ist teils angeboren, teils kann man sie durch Selbstkontrolle beeinflussen. Mit Übung und Geduld gelingt es, diese tiefe Stunde in den Arbeitsalltag einzubauen. Das Ergeb-nis sind bessere Leistungen und ein Gefühl von Zufriedenheit und Glück. Die Alltagsforschung zeigt, dass nur 25 Prozent der Deutschen die ihnen zustehenden Pausen einhalten. Auch die Planung des Arbeitstags, wann mache ich was, schafft Abhilfe.

Wie verändert man seine Gewohn­heiten rund um digitale Medien? Erheben Sie den Status quo. Es gibt etwa eine App, die die Zeit misst, die Sie online verbringen, bzw. misst, wie oft am Tag Sie zum Handy greifen. Da sehen Sie, wo Sie stehen und wie Sie Zeit zurückgewinnen können.

Haben Sie weitere Tipps zur Stressreduktion im Alltag? Tun Sie in Ihrer Freizeit etwas, das Sie völlig ausfüllt. Lesen Sie einen Roman, arbeiten Sie im Garten, gehen Sie in die Natur oder spielen Sie Lego. Und: Gönnen Sie sich in Ihrer Freizeit Ruhe. Denn Menschen tendieren dazu, ihre Freizeit zu verplanen. Sobald wir im Flow sind, einer Art rauschartiger Tiefe, restauriert sich das Hirn. Ihr präfrontaler Cortex, das ist der Teil des Gehirns, wo wir kontrollierte Hand-lungen planen, wird es Ihnen danken.

gesunde stadt – winter 201813

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y

GS_12_13_vortrag2_kk.indd 13 16.10.18 08:48

Page 14: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

„WHATSAPP“, „WHAT THE HEALTH“, „SOWHAT“ – MEDIENPÄDAGOGIN UND REFERENTIN CLAUDIA

LAMPERT PRÄSENTIERTE EINE BESTANDSAUFNAHME ZUR NUTZUNG DIGITALER MEDIEN UND ZU

IHREN AUSWIRKUNGEN AUF DIE GESUNDHEIT SOWIE TIPPS FÜR ELTERN. Sabine Edith Braun

Surfen und whatsappen uns unsere Kinder davon? Der Zugang zur digitalen Welt wird immer leichter. Dank Touchscreens sogar schon für Babys. Technisches Wis-

sen allein reicht aber nicht. Denn das digitale Leben ist ein Raum, in dem es soziale Regeln braucht. Hier sind wir alle als Vorbilder in der Pflicht.

Fernsehen war gestern. Die letzten Jahre haben nicht nur ein erweitertes Anwendungsspektrum, sondern auch neue Kommunikationswege gebracht: Wir können mit der ganzen Welt kom-munizieren – und tun dies immer exzessiver. Das birgt nicht zuletzt für Jugendliche jede Menge Risiken. Zwei Drittel der Zehnjährigen besitzen ein Smartphone. Telefonieren tun sie da-mit aber nicht. Sie sind täglich rund 40 Minuten online – glauben die Eltern. Laut der Hamburger Medienpädagogin und Kommunikationsexpertin Claudia Lampert sind Eltern über den digitalen Umgang ihrer Kinder wenig im Bilde. Online geht man heute, um zu kommu-nizieren, und das geschieht bei den Teenies zu 88 Prozent via WhatsApp. Facebook ist out. Heute ist man auf Instagram und Snapchat. Stark im Stei-gen ist die Nutzung von YouTube – als permanent verfügbares Unterhaltungs-programm mit Clips oder Tutorials. 14- bis 15-Jährige verbringen täglich anderthalb Stunden auf diesem Kanal.

„Online-Sein ist ein Synonym für das Verbundensein mit dem Freundeskreis und der Familie“, sagt Lampert. Das Phänomen hat auch einen Namen:

„fear of missing out“, abgekürzt FOMO. Auf Deutsch: die Angst, etwas zu ver-passen. Ein Sechstel der Zwölf- bis 17-Jährigen gibt an, wegen Social-Me-dia-Aktivitäten zu wenig zu schlafen. Stress ist daher ein großes Thema, wenn es um gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen des digitalen Le-bens geht. Wenn eine Freundin oder ein Freund nicht gleich antwortet, ma-chen sich viele Sorgen. Sie suchen den Fehler bei sich selbst, glauben, sie hät-ten etwas falsch gemacht. Ausufernde Jagden nach „Likes“ und die darauf-folgende Aktivierung des Belohnungs-zentrums aber sind nicht die einzigen gesundheitlichen Aspekte, die bei zu viel Online-Zeit zu bedenken sind.

Me, my health and I . Das Internet ist zum wichtigsten Faktor der Auseinan-dersetzung mit der eigenen Gesundheit geworden. Es wird einerseits als Infor-mationsquelle angezapft, Stichwort

„Symptomrecherche“: Vor einer ärztli-chen Konsultation fragt man lieber zu-erst bei Dr. Google nach. Das tun auch Erwachsene. Bei Jugendlichen kommt die Verunsicherung über den sich ver-ändernden Körper hinzu. Auf der ande-ren Seite ist das Internet ein hervor-ragender Ort, wenn es darum geht, den eigenen Körper ein wenig aufzumotzen

– und dies auch gleich allen mitzuteilen. Gefährlich wird es, wenn Selbstopti-mierung ausartet, Stichwort „thigh gap“ („Oberschenkellücke“) oder „bikini bridge“ (ein Spalt zwischen Bikinihös-chen und Bauch – von Hüftknochen zu Hüftknochen). Foto-Apps wie Snap-chat oder Instagram werden überwie-gend von Mädchen genutzt – wenn es auch sonst kaum geschlechtsspezifi-sche Unterschiede in der Nutzung gibt. Fast zwei Drittel der 13- bis 18-Jährigen geben an, das eigene Verhalten auf-grund von Online-Informationen schon einmal geändert zu haben. Die Auswahl ist jedenfalls groß: 131.000 Ge-sundheits-Apps gibt es laut Schätzun-gen weltweit, zehn Prozent davon deutschsprachig. „Die genaue Zahl ist schwer festzumachen – es gibt kein zentrales App-Verzeichnis, auch ver-schwinden manche schon nach kurzer Zeit wieder“, sagt Claudia Lampert.

Onlinefreie Zeiten. Vor diesem Hin-tergrund sei es wichtig, die Jugend-lichen gleichermaßen in ihrer Medien- und Gesundheitskompetenz zu fördern. Claudia Lamperts Handlungsempfeh-lungen umfassen verschiedene Berei-che. An erster Stelle wäre die Nut-zungsdauer zu nennen. Jugendliche brauchen onlinefreie Zeiten, und sie brauchen Unterstützung zur Selbstre-gulation: Es ist okay, einmal nicht on-line zu sein. Die Welt wird nicht unter-gehen. Dazu braucht es aber Regeln –

Digitales Leben braucht Regeln

WIENER GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ: GESUNDHEIT UND DIGITALISIERUNG

14

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y

GS_14_15_vortrag3_kK.indd 14 16.10.18 08:50

Page 15: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

INTERVIEWJugendliche brauchen Nutzungskompetenzen und Regeln fürs Handy. Claudia Lampert sieht die Erwachsenen in der Pflicht.

Worin sehen Sie die größte Online-Gefahr für Jugendliche? Das ist der zeitliche Faktor: die Gefahr, dass Jugendliche die Selbstkontrolle verlieren, dass die Balance zwischen

„online“ und „offline“ verloren geht. Gut ist, dass sie jederzeit und überall Zugriff auf nützliche Infos haben. Wie sieht es mit Mobbing aus? Das ist jedenfalls ein Thema, wenn es um die Onlinenutzung Jugendlicher geht. Jugendliche sind sehr unreflek-tiert in den sozialen Netzwerken unter-wegs. Sie sind sich oftmals der Konse-quenzen ihres Tuns nicht bewusst, wenn sie etwas verbreiten. Mobbing ist ein sensibles Thema. In Bezug auf ganz hartes Mobbing sind die Zahlen nicht so hoch, aber er gibt Grauzonen. Hier kommt die Angst vor dem Verpassen

ins Spiel. Manche Jugendliche werden von anderen bewusst aus WhatsApp-Gruppen aus gegrenzt – im Glauben, dass so eine Vorgehensweise üblich ist. Hier muss man Wege finden, so etwas auszuräumen. Gerade in dieser Bezie-hung sind soziale Kompetenzen extrem wichtig.

Sind Handyverbote eine Lösung? In Frankreich gibt es Handyverbot in Schulklassen. Diese Idee ist auch nach Deutschland übergeschwappt. Mit ei-nem Verbot allein ist es aber noch nicht getan. Beim Vermitteln der notwendi-gen Kompetenzen und Vorleben be-stimmter Verhaltensweisen sind auch die Eltern gefragt. Zudem haben ja auch nicht alle Jugendlichen einen exzessi-ven Smartphonegebrauch. Es gibt auch Jugendliche, die für sich hilfreiche Stra-tegien entwickeln, z. B. WhatsApp-Gruppen verlassen oder bestimmte Re-geln vereinbaren, was gepostet wird.

In einer Umfrage pflegen 2,6 Prozent der Jugendlichen einen problemati-schen Umgang mit sozialen Medien … In der Umfrage wurde versucht, ein Inst-rument, das zur Erfassung von proble-matischer PC-Spielenutzung entwickelt wurde, für soziale Medien anzupassen. Es ist fraglich, ob das so ohne Weiteres mög-lich ist, da soziale Medien ein komplexes und differenziertes Angebot beschreiben. Hier muss man sicherlich noch genauer hinschauen, was problematische Nut-zung im Einzelnen ausmacht.

Referentin bei der Wiener Gesundheitsförderungskonferenz: Medienexpertin Claudia Lampert

zum Beispiel: kein Smartphone am Mittagstisch oder kein Smartphone im Schlafzimmer. Hier müssen die Erzie-hungsberechtigten als Vorbild dienen. Ein Teil der Empfehlungen betrifft die inhaltliche Ebene: Eltern sollten sich mit den digitalen Inhalten, die ihre Kinder aufrufen und auch verbreiten, ehrlich auseinandersetzen – aber auf eine reflektierte und nicht bevormun-dende Weise. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, gemeinsam Qualitätskri-terien für bestimmte Websites oder Onlinedienste zu erstellen. Zuletzt – aber ganz wesentlich – geht es darum, die sozialen Kompetenzen zu schulen. Jugendliche brauchen Regeln im Um-gang mit anderen. Das betrifft Fragen zum Cybermobbing (Was ist das? Wo beginnt es, wie weit geht es, und wie kann ich mich dagegen wehren?) genauso wie die Tatsache, dass es Situ-ationen gibt, in denen es sich nicht gehört, auf das Smartphone zu starren.

Jugendliche sind unterschiedlich. Eine Sache ist Claudia Lampert wich-tig: „Die Jugendlichen gibt es nicht!“ Jugendliche sind sehr unterschiedlich: hinsichtlich ihres Alters, ihres Ge-schlechts, ihres familiären und ihres Bildungshintergrunds. Um sie in digi-talen Fragen abzuholen, müssen daher unterschiedliche Strategien ange-wandt werden. Was für die einen zu passen scheint, kann an anderen völlig vorbeigehen. •gesunde stadt – winter 2018

15

GS_14_15_vortrag3_kK.indd 15 16.10.18 08:50

Page 16: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

VIDEODOLMETSCH GEGEN SPRACHBARRIEREN, TRAUMAPÄDAGOGISCHE ONLINE-

VIDEOS, EIN WORKSHOP ZUM THEMA CYBERMOBBING – AUSGEZEICHNETE

PROJEKTE IN DER KATEGORIE „GESUNDE DIGITALE STADT“. Sabine Edith Braun

Digitale Angebote können die interkulturelle Kommu-nikation im medizinischen Bereich verbessern, helfen geflüchteten Jugendlichen bei der Traumabewälti-

gung und zeigen, was Mobbing ist, wo es anfängt und was man dagegen tun kann.

Am besten in der Muttersprache. Fehlende Sprachkenntnisse sind die größte Hürde bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen – vor allem

für obdachlose und nicht versicherte Menschen. Das im Herbst 2017 eröff-nete neunerhaus Gesundheitszentrum hat sich etwas Besonderes einfallen lassen: Per Videodolmetsch können PatientInnen mit anderer Mutterspra-che als Deutsch ihre Anliegen ohne kulturelle Barrieren und frei von Angst formulieren – auch nonverbale Zeichen können so gedeutet werden. „Inner-halb von zwei Minuten ist über eine hochverschlüsselte Datenleitung ein Videodolmetsch in einer der 20 Ad-hoc-Sprachen verfügbar“, sagt die organi-satorische Leiterin Sandra Stuiber-Poirson. Weitere 30 Sprachen stehen nach einer kurzen Wartezeit auf Bestel-lung zur Verfügung. 767 Gespräche wurden schon per Videostream gedol-metscht. Die häufigsten Sprachen sind Bulgarisch, Slowakisch, Ungarisch,

Farsi, Arabisch, BKS und Polnisch. Da-für gab es in der Kategorie „Gesunde digitale Stadt“ den 1. Preis.

Gegen Albträume und Flashbacks. Alarmierende Berichte aus Krisenzen-tren und Unterkünften der Wiener Kinder- und Jugendhilfe veranlassten Hannes Kolar von der MAG ELF – Amt für Jugend und Familie, Psychologi-scher Dienst zu Maßnahmen, um die psychische Verfassung geflüchteter Ju-gendlicher zu verbessern. In manchen Kulturkreisen sind psychische Erkran-kungen tabuisiert. Mit der Gratis-Ani-mationssoftware PowToon erstellte Kolar kurze kostenlose Online-Videos, die jugendgerecht und niederschwellig über das Thema „Posttraumatische Belastungsstörung“ informieren. Die Clips wurden mehr als 30.000 Mal ge-klickt. Dafür gab es den 2. Preis.

Medienkompetenz fördern. Den 3. Preis in dieser Kategorie erhielt die VHS polycollege für den Workshop

„Cybermobbing“. Zuerst diskutierten Jugendliche folgende Fragen: Was ist Mobbing? Wo fängt es kann? Wie kann ich mich wehren? Dann wurden die erarbeiteten Inhalte filmisch unter An-leitung von Profis umgesetzt. •www.neunerhaus.at/hilfe/medizin- gesundheit; www.youtube.com (YouTube-Channel „Hannes Kolar“); www.vhs.at/de/e/polycollege

Barrieren abbauen

WIENER GESUNDHEITSPREIS 2018: GESUNDE DIGITALE STADT

Im neunerhaus passiert Gesundheitsförderung in der Muttersprache.

„Wir wollen das Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung umsetzen. Videodolmetsch ist der Schlüssel dafür.“ Elisabeth Hammer, neunerhaus Gesundheitszentrum

16

Foto

s: n

eune

rhau

s ge

sund

heits

zent

rum

, And

rew

Rin

khy

(2),

Vere

in M

itten

in H

erna

ls

GS_16_17_thema_kK.indd 16 16.10.18 08:53

Page 17: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

GRÄTZELTREFF IN HERNALS, NEUE NETZWERKE GEGEN ISOLATION ÄLTERER MENSCHEN,

BEWEGUNGSRÄUME FÜR JUGENDLICHE – DIE GEWINNERiNNEN IN DER KATEGORIE

„GESUND IN GRÄTZEL UND BEZIRK“. Sabine Edith Braun

Engagement und Hingabe – das braucht es, damit unser Lebensraum (wieder) lebens-wert wird. Denn Gesundheit beginnt unmittelbar dort, wo wir wohnen: in der Nach-

barschaft, im Grätzel, direkt im eige-nen Bezirk.

Grätzeldurchforstung. Nebeneinan-der statt miteinander leben, Fremden-feindlichkeit und Isolation vor allem älterer Menschen: Das war die Aus-gangslage, die 2017 zur Gründung des Vereins „Mitten in Hernals“ führte.

„Wir haben das Grätzel buchstäblich durchforstet: Wir haben Hausbesuche gemacht, um die wichtigsten Anliegen herauszufiltern“, sagt Uschi Vokac vom Grätzelverein. Der Zuspruch ist groß, ebenso das Angebot: Alle 14 Tage gibt es ein Treffen im Vereinslokal in der Gschwandnergasse 59. Außerdem Bewegungskurse und Workshops – auch in Kooperation mit der VHS –,

Vorträge zu Gesundheitsthemen, mo-derne Musik und: Stricktreffs! „Ich kann allen nur empfehlen, damit zu beginnen – man bleibt so geistig und körperlich in Bewegung“, sagt Rosa Adamec, die zwei Mal im Monat diesen Werkabend leitet. Für diese hervorra-gende Initiative gab es den 1. Preis.

Neue Netzwerke. Den 2. Preis erhielt das Projekt der ARGE AktivlotsInnen in Rudolfsheim-Fünfhaus. Die Menschen im 15. sind nicht nur älter als der Durch-schnitt, sie sind auch ärmer und häufi-ger chronisch krank. Deshalb wurden Frauen und Männer ab dem 60. Lebens-jahr, die im 15. Bezirk wohnen, zu

„AktivlotsInnen“ ausgebildet. Als Teil der Community führten sie mit anderen älteren Menschen aus dem Bezirk ge-sundheitsfördernde Projekte und Akti-onen durch. Im per sönlichen Gespräch konnten vor allem jene Menschen er-reicht werden, die mit gängigen Ge-sundheitsmaßnahmen gar nicht oder

schwer zu anszusprechen sind. Einige PensionistInnen haben sich sogar für Lernvideos zur Verfügung gestellt.

Platz für Bewegung. Der 3. Preis ging an das Offene PlanerInnenkollekiv für das Projekt moving spaces – parti-zipative Bewegungsräume. Ziel war, Bewegungsräume für Jugendliche, die aus dem öffentlichen Raum häufig verdrängt werden, zu erschließen. So wurden – unter Einbindung der Jugendlichen – für den wenig frequen-tierten Floridsdorfer Treybal-Sport-platz multifunktionale Sitzmöbel er- richtet. •www.mitteninhernals.at; www.opk.at

Miteinander statt nebeneinanderWIENER GESUNDHEITSPREIS 2018: GESUND IN GRÄTZEL UND BEZIRK

Mittendrin bei „Mitten in Hernals“

„Dieses Projekt wird hoffentlich nie fertig sein.“ Rosa Adamec,

„Mitten in Hernals“

17gesunde stadt – Winter 2018

Foto

s: n

eune

rhau

s ge

sund

heits

zent

rum

, And

rew

Rin

khy

(2),

Vere

in M

itten

in H

erna

ls

GS_16_17_thema_kK.indd 17 16.10.18 08:53

Page 18: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

EINE MOBILITÄTSBOX FÜR DEN KINDERGARTEN, VERANTWORTUNG UND

ZIVILCOURAGE SCHON IN DER SCHULE LERNEN, UNTERSTÜTZUNG BIS INS HOHE

ALTER – DREI PRÄMIERTE PROJEKTE VON INSTITUTIONEN. Sabine Edith Braun

Ob im Kindergarten oder in Einrichtungen für Men-schen mit Beeinträchtigun-gen: Gesundheitsförderung ist für alle wichtig und sie ist an kein Alter gebunden.

Kindliche Entdeckungsreisen. Eine kurze Geschichte über Annas Weg in den Kindergarten, ein Leitfaden für Pä dagogInnen, Rollbretter für Bewe-gungsübungen, eine Tastbox mit Fahr-radkette: Das und mehr enthält die Kin-dergartenmobilitätsbox, die nicht nur zur gesunden Anreise motiviert, sondern

auch für einen bewegten Kindergarten-alltag sorgt. Dafür gab es in der Kategorie

„Gesund in Einrichtungen und Organisa-tionen“ den 1. Preis für die Mobilitäts-agentur Wien. „Ein Büchlein bekommt jedes Kind, der Leitfaden bleibt im Kin-dergarten. Die Box muss aber nach sechs Wochen weitergegeben werden, damit auch andere Kinder in den Genuss kom-men“, so Geschäftsführer Martin Blum.

Zivilcourage & Hilfsbereitschaft. Der 2. Preis in dieser Kategorie ging an die Landesstelle Wien des Arbeiter-Sa-mariter-Bunds Österreich für das Pro-

jekt „Schulsanitätsdienst“, das bereits vom Internationalen Samariterbund ausgezeichnet wurde und derzeit an sieben Wiener Schulen angeboten wird. Im Einsatz sind die 100 schulpflichti-gen ErsthelferInnen bei Sportunfällen, aber auch bei Hyperventilation durch Aufregung oder Stress. Außerdem ler-nen die SchülerInnen Verantwortung, denn falsch machen kann man im Not-fall nur eines: gar nichts tun.

Aktivität und Inklusion. Der 3. Preis ging an die Lebenshilfe, die mit dem Projekt „gesund.leben“ Angebote zur selbstbestimmten Förderung der eige-nen Gesundheit zur Verfügung stellt.

„Ich möchte immer in Bewegung blei-ben“, so eine Teilnehmerin des Pro-jekts bei der Preisverleihung. •www.fahrradwien.at/mobilitaetsbox- fuer-kinder; www.samariterbund.net/ ausbildung-und-erste-hilfe/weitere- angebote/schulsanitaetsdienst; www.lebenshilfe.wien

Vom Kleinkind bis zur Oma

WIENER GESUNDHEITSPREIS 2018: GESUND IN EINRICHTUNGEN UND ORGANISATIONEN

„In der Box sind Aufkleber mit Bildern, mit denen jedes Kind zeigen kann: ‚So bin ich heute in den Kindergarten gekommen.‘“ Martin Blum, Geschäftsführer der Mobilitätsagentur Wien

Die Mobilitätsbox zur Gesundheitsförderung der Jüngsten

18

Foto

s: M

obili

täts

agen

tur W

ien/

Chris

tian

Fürth

ner,

Andr

ew R

inkh

y (2

), W

IG

GS_18_19_thema_kk.indd 18 16.10.18 08:54

Page 19: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

VIDEO, PRINT, DIGITALWORKSHOPS: EIN GROSSTEIL UNSERER KOMMUNIKATION

LÄUFT MITTLERWEILE DIGITAL AB. DAS BIRGT ZWAR GEWISSE RISIKEN, HAT ABER

AUCH POTENZIAL. DAS MACHEN DREI MIT DEM MEDIENPREIS AUSGEZEICHNETE

VERÖFFENTLICHUNGEN SICHTBAR. Sabine Edith Braun

Mobbing ist keine Erfin-dung des digitalen Zeit-alters, aber digitale Me-dien befeuern es“, sagt Manuela Strihavka, Sendungsverantwortli-

che der ORF-III-Reihe „MERYNS sprechzimmer“. Die am 28. Februar 2018 ausgestrahlte Ausgabe widmete sie dem Thema „Cybermobbing, Sex-ting und Co“. Gastgeber Siegfried Me-ryn sprach mit der Medienpädagogin Barbara Buchegger, dem Psychiater und Mobbingexperten Peter Teuschel und der Wiener Kinder- und Jugend-anwältin Monika Pinterits über die Auswirkungen von Fake News, Dirty Campaigning und Cyberbullying. Fakt ist: Vielen Jugendlichen sind die Risiken, die mit der sekundenschnel-len Verbreitung digitaler Inhalte per Wisch oder Mausklick einhergehen, nicht bewusst. Wie schützt man sie davor? Für diese und viele weitere wichtige Diskussionspunkte gab es einen Medienpreis der Wiener Ge-sundheitsförderung.

Digitale Gesundheitsvorsorge. Ei-nen weiteren Medienpreis erhielt

„Presse“-Redakteur Köksal Baltaci für seinen Artikel zur „Zukunft der Ge-sundheitsvorsorge“ in „Die Presse am Sonntag“ vom 29. Jänner 2017. Dem-nach wird sich die Generation 60 plus zwischen 2020 und 2050 verdoppeln. Das bedeutet, dass mehr ältere Men-schen immer länger mit chronischen Erkrankungen leben. Hier gibt es digi-tale Hilfe: Die Box namens Medido unterstützt PatientInnen zu Hause dabei, ihre Medikamente richtig zu dosieren – und vor allem nicht auf die Einnahme zu vergessen. Ein weiteres digitales, personalisiertes Gesundheits-programm ist das „Health Continuum“ für fünf Bereiche: Gesundes Leben, Prävention, Diagnostik, Therapie und Zuhause. In diesem Zusammenhang spricht Baltaci auch das Thema Daten-schutz und den Umgang mit sensiblen Daten wie Gesundheitsdaten an.

Gesundheit ist überall. Der dritte gleichwertige Medienpreis ging an

das Frauengesundheitszentrum FEM, das anlässlich seines 25-jährigen Be-stehens im Jahr 2017 Videoclips produ-zierte, die zentrale Gesundheitsbot-schaften vermitteln – und jederzeit via Smartphone über Online-Plattfor-men einsehbar sind. Mädchen und junge Frauen waren an der Entwick-lung der Botschaften beteiligt. Das Endergebnis sollte niederschwellig sein, Spaß machen und eine große Reichweite haben. Weil das alles ge-lungen ist, gab es auch dafür einen Medienpreis. • tv.orf.at/orf3/stories/2897999; www.diepresse.com/home/leben/ gesundheit/5161450/Die-Zukunft-der- Gesundheitsvorsorge; www.youtube.com (Stichwort: „Gesundheit ist überall“)

Drei Medienpreise

„Medien übernehmen mit der Berichterstattung über Chancen und Risiken der Digitalisierung eine wichtige Aufgabe.“ Dennis Beck, Geschäftsführer der Wiener Gesundheitsförderung

Die GewinnerInnen der Medienpreise 2018

WIENER GESUNDHEITSPREIS 2018: MEDIENPREISE „GESUNDE DIGITALE STADT“

gesunde stadt – winter 201819

Foto

s: M

obili

täts

agen

tur W

ien/

Chris

tian

Fürth

ner,

Andr

ew R

inkh

y (2

), W

IG

GS_18_19_thema_kk.indd 19 16.10.18 08:54

Page 20: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

„Ja, zu 90 Prozent zum Positiven. Ich komme noch aus dem analogen Zeitalter und bin froh, dass jetzt alle beinahe jederzeit erreichbar sind. Vor allem möchte ich meine Kinder immer erreichen können. Facebook dagegen finde ich sehr gefährlich.“ Snezana Aleksic, 44

„Mein Leben hat sich durch die Digitalisierung sehr verändert. Ich war schon in meiner Jugend viel am Telefon. Seit mehr als 20 Jahren trage ich nun mein Handy mit mir herum und ich habe immer noch dieselbe Nummer.“ Wolfgang Korkisch, 73

„Bedauerlicherweise ja. Als ich ein Kind war, war es definitiv lustiger. Wir mussten an den Türen der Freunde klopfen oder uns mit ihnen verabreden. Heutzutage sind alle mit ihrem Handy beschäftigt, anstatt das Gespräch zu suchen.“ Mohamed Abdullahi, 19

„Besonders der Zeitfaktor hat sich verändert. Ich mache mit dem Handy ein Foto von meinem Kind und kann es sofort versenden, was den Kontakt zu Ver-wandten, die weit weg leben, sehr erleichtert.“ Glynis Gale-Schodterer, 29

„Leider geht die ganze Welt durch die Digitalisierung in eine selt-same Richtung. Wir sind nicht mehr im Dialog miteinander.“ Bogdan Popescer, 27

SCHWERPUNKTTHEMA „GESUNDHEIT UND DIGITALISIERUNG“

Hat sich Ihr Leben durch die Digitalisierung verändert?

UMFRAGE VOR UND IN DER LUGNER CITY Katrin Bruder

Foto

s: K

atrin

Bru

der (

5), S

asch

a Lo

bo, V

olke

r Bus

ch, H

aus-

Bred

ow-In

stitu

t/D. A

usse

rhof

er

20

GS_20_21_umfrage_service_kk.indd 20 16.10.18 12:05

Page 21: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

TIPPS, BÜCHER UND WEBSITESUlrike Krasa

App für gesundes WissenMedBusters ist die erste App mit aus­schließlich fundierten Informationen zu unterschiedlichen Gesundheits­themen. Alle Inhalte werden einfach und verständlich erklärt und sind immer auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. MedBusters basiert auf gesichertem medizinischen Fach­wissen und unabhängigen Quellen. Kostenlos downloaden unter:www.hauptverband.at (Suchbegriff „MedBusters“)

Leben und arbeiten in digitalisierten Zeiten Mit der Digitalisierung entstehen neue gesellschaftliche Herausforde­rungen und Chancen. Spezielle Web­sites der Arbeiterkammer zum Thema arbeit.digital informieren detailliert mit zahlreichen Beiträgen und Links über aktuellste Entwicklungen bei den Themen „Ansprüche an digitale Bildung“, „Crowdwork“, „Daten­schutz“, „Qualifizierung der Arbeit­nehmerInnen“, „News für Betriebs­rätInnen“ und „Policy Papers“. www.arbeiterkammer.at/interessen vertretung/arbeit_digital/index.html

Antworten vom Chatbot der Stadt WienBot, der neue Chat­Roboter der Stadt, liefert schnell und einfach Ant­worten auf Fragen, die sich unterwegs stellen. Mittels App und digitalem Sprachprogramm ganz ohne Tippen oder über Facebook­Messenger gibt es Infos zu Bezirksämtern, Öffi­Fahr­plänen, Stadtplaninhalten, Parken, Veranstaltungen und mehr. Die Inhalte können auch geteilt werden, z. B. für eine Verabredung mit Routen­, Orts­ und Zeitangabe. Kostenloser Download unter: www.wien.at/bot/index.html

Sprachrohr der Digital NativesSascha Lobo ist Blogger, Autor sowie Journalist. Er schreibt seit 2011 kri­tisch und humorvoll in seiner Kolumne „Die Mensch­Maschine“ auf

Spiegel online über das Internet und seine Auswirkungen auf aktuelle Rea­litäten ökonomischer, gesellschaftli­cher und politischer Natur. Lobo zeigt auf, welche Mechanismen von Medien, Unternehmen und MeinungsträgerIn­nen im Netz genützt werden. www.spiegel.de/thema/spon_lobo bzw. www.saschalobo.com

Digitale Fitness fürs GehirnVolker Busch, u. a. Neurowissenschafter, vermittelt mit Humor Wissen über Geist und Gehirn im Konnex zu beruflichen und privaten

Bereichen. Gesundheit, Leistung, Mo­tivation und Inspiration stehen dabei im Zentrum. Seine Website unter dem Link Buschtrommel zeigt wertvolle Strategien und konkrete Tipps, wie man es schafft, das Gehirn in hoch­dynamischen Zeiten der Digitalisierung gesund und leistungsstark zu halten. www.drvolkerbusch.de/buschtrommel

Faszinierend verführerischClaudia Lampert, Refe­rentin am Hamburger Hans­Bredow­Institut, befasst sich mit der Rolle digitaler Medien in der Lebenswelt von

Heranwachsenden. Ihr Artikel „Unter­haltsam, interaktiv, gesundheitsför­dernd? Potenziale und Grenzen digita­ler Gesundheitsangebote für Kinder und Jugendliche“ gibt Hinweise, wie die Jugend dabei unterstützt werden kann, gesundheitsfördernde Möglich­keiten digitaler Medien zu nutzen. Beitrag unter: www.kjug-zeitschrift.de (Suchbegriff „Lampert“), 16 € + Versand

SERVICE

www.gesundheit.gv.at Von Krankenhausbesuch bis hin zu PatientIn-nenrechten: Das öffentliche Gesundheits-portal Österreichs bietet Ihnen unabhängige, qualitätsgesicherte und serviceorientierte Informationen rund um die Themen Gesundheit und Krankheit.

www.feel-ok.at Wissenschaftlich fundiert und altersgerecht unterstützt diese Site Jugendliche, ihren Lebensstil aktiv und bewusst gesundheitsför-dernd zu gestalten. Aber auch Lehrpersonen und MultiplikatorInnen sowie Eltern finden zielgruppengerechte Tipps, die genau auf ihre Interessen zugeschnitten sind.

www.werdedigital.atDie Website des Instituts zur Förderung der digitalen Mediennutzung bündelt alle Infor-mationen zum Thema „Digitale Medien-kompetenz“. Wissens- und Qualifizierungs-angebote sowie alle aktuell in Österreich erhältlichen Lernangebote dazu können hier abgerufen werden.

Foto

s: K

atrin

Bru

der (

5), S

asch

a Lo

bo, V

olke

r Bus

ch, H

aus-

Bred

ow-In

stitu

t/D. A

usse

rhof

er

gesunde stadt – winter 201821

GS_20_21_umfrage_service_kk.indd 21 16.10.18 12:05

Page 22: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

2. LEOPOLDSTADT

Gesund und richtig grillenIm Juni stieg einem am Volkertplatz appetitanregender Grillgeruch in die Nase: Die Initiative „Gesund und rich­tig grillen“, unterstützt von der Wiener Gesundheitsförderung, brachte vor allem türkische Frauen des Frauen­kulturtreffs J.at und Kinder zusammen. Betreuerinnen des Frauentreffs Piramidops halfen mit und zeigten, wie man solch eine Veranstaltung organisiert. Zahlreiche Tipps einer Gesundheitsexpertin zu fettreduzier­ter, gesunder und saisonaler Ernäh­rung im Sommer und dem gesunden Grillen wurden von allen mit großem Interesse aufgenommen. So konnten Meinungen und Informationen disku­tiert sowie Unklarheiten zu diesem Thema ausgeräumt werden. Frauen und Kinder hatten viel Spaß am ge­meinsamen Grillen und gegenseitigen Austausch, dass sie diese gelungene Initiative im nächsten Jahr wieder­holen möchten.J.at, 2., Volkerplatz 8a, Tel. 01/218 53 70, www.gesundeleopoldstadt.at

5. MARGARETEN

Mit Freude gartelnDer „Bio­Amtshausgarten“ war ein pädagogisches Projekt im Innenhof

des Bezirksamts Margareten, welches VolksschülerInnen im Rahmen des Schulunterrichts den Bezug zur Natur und das Verständnis für einen gesundheitsstärkenden Lebensstil vermittelte. Auf Initiative der Bezirks­vorsteherin wurden Beete bepflanzt, gepflegt und gegossen. Frische Zutaten sorgten für gesunde Jausen (Bild oben). www.gesundesmargareten.at

6. MARIAHILF

„Freiluftwohnzimmer“Die BesucherInnen des SeniorInnen.Treffs in der Gumpendorfer Straße 117 hatten einen großen Wunsch: Den Be­reich vor ihrem Lokal zu verschönern und damit eine Art „Freiluftwohn­zimmer“ zu schaffen. In diesem Sinne planten BerufsschülerInnen für Gar­tenbau und Floristik mit dem Team von „Miteinander in Mariahilf“ ein Holzmöbel, das von der Wiener Ge­sundheitsförderung finanziert und von der „Werkstadt 15“ gebaut wurde. Zudem wurden Hochbeete angelegt und eine Büchertasche eingerichtet.

„Genussgarten“ nennt sich nun der neue Nachbarschaftsgarten und dient als gemeinsamer Treffpunkt für Seni­orInnen sowie Teenager. Er kann auch von BewohnerInnen der umliegenden Wohnhäuser genutzt werden (Bild l.). www.pensionistenklubs.at/klub_43.aspx; www.gesundesmariahilf.at

10. FAVORITEN

Upcycling-Werkstatt Vergangene Frustrationen und schlechte Erfahrungen hinter sich zu lassen und wieder Vertrauen in die eigene Zukunft zu gewinnen – darum geht es bei dem neuen Beschäfti­gungsprojekt preWork der Caritas für Jugendliche zwischen 15 und 21 Jahren.

In einer Holz­ und Designwerkstatt lernen sie im Rahmen eines sechsmo­natigen Arbeitstrainings unter fach­kundiger Anleitung von Sozialarbei­terInnen, einen positiven Zugang zum Thema Ausbildung und Arbeit zu finden. Dabei entstehen Upcycling­Einrichtungsgegenstände für Woh­nung, Balkon und Garten. preWork wird mit Mitteln des Bundesministe­riums für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort finanziert.Caritas Holz- und Designwerkstatt preWork, 10., Wöhlergasse 4/EG, Tel. 01/890 84 30, www.caritas-wien.at

12. MEIDLING

Alles neu im VivenotparkMit Herbst startete die Neugestaltung des 2.200 Quadratmeter großen Parks, bei der auf zahlreiche Wünsche der Bevölkerung eingegangen wurde. Im Süden wird nun ein sonniger Bereich mit üppigen Stauden entstehen, im Norden wird man sich im Schatten der bestehenden Bäume ausruhen können. Für bessere Einsehbarkeit werden an einigen Stellen Sträucher gerodet. Hochwertige Sitzgelegen­heiten, helles Klinkerpflaster, ein neuer Zaun und eine zeitgemäße Beleuchtung durch LED­Lampen sind ebenfalls geplant. Während der Nachtstunden wird der Park übrigens geschlossen sein.www.wien.at/bezirke/meidling/ umwelt/vivenotpark-neu.html

14. PENZING

Lebensmittel aus dem GrätzelWer gerne gesund und regional isst, sollte die Lebensmittelkooperative LebensMittelPunkt HaWei kennen­lernen. Der Verein, gegründet von NachbarInnen in Penzing, ordert bei

AUS DEN BEZIRKENUlrike Krasa

Miteinander garteln im „Bio-Amtshausgarten“

Der Genussgarten kann vom ganzen Grätzel genutzt werden.

22

Foto

s: D

anie

l Dut

kow

ski,

Vere

na B

aca,

DDB

UB, S

ylvi

a Kr

onbe

rger

GS_22_23_bezirke_kk!.indd 22 16.10.18 08:58

Page 23: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

ausgewählten LieferantInnen für den täglichen Bedarf und will so das Mit­einander im Grätzel stärken. Im neu renovierten Lagerraum kann man frische Lebensmittel abholen und einander kennenlernen. Wer möchte, kann der Bestellgemeinschaft auch beitreten (Bild oben). LebensMittelPunkt HaWei, 14., Haupt-straße 116, www.imgraetzl.at/ hadersdorf-weidlingau/locations/ lebensmittelpunkt-hawei

15. RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS

Gemeinsam interkulturellMenschen aus Pakistan, Indien, Syrien und Afghanistan spielen traditionell gerne Cricket. Beim gemeinsamen Cricket­Training mit heimischen Jugendlichen im Auer­Welsbach­Park standen die sportliche Aktivität, der Teamgeist sowie die Bewegung an frischer Luft im Vorder­grund. Zusammen sporteln und Akti­onen wie Sprachen­Sprechen­Treffs, Kreativworkshops und Ausflüge stärkten den interkulturellen Dialog. Die Aktion ist eine Initiative des Vereins zur Gesundheitsförderung und sozialer Integration und wurde von der Wiener Gesundheitsförde­rung unterstützt. www.gesundesrudolfsheimfuenfhaus.at

16. OTTAKRING

Gemeinsam Wien entdeckenEingereicht wurde die Initiative „Inte­gration: Alle machen mit“ von einer ehrenamtlichen Helferin des Nachbar­schaftszentrums Ottakring, die dort Deutschkurse abhält. Für sie bedeutet Integration, dass alle einander kennen­lernen, sodass das Leben so lebenswert wie möglich wird. Neben der Vermitt­lung der Sprache wird auch die neue

Heimatstadt nähergebracht. So finden auch gemeinsames Kochen, Ausflüge in die Natur und Museumsbesuche mindestens ein Mal im Monat bis Dezember statt. Die Aktion wird im Rahmen der Grätzel­ und Koopera­tionsinitiativen von der Wiener Gesundheitsförderung gefördert. www.gesundesottakring.at

2O. BRIGITTENAU

Neue RadservicestationenDruckluftpumpe, Reifenheber, ein Inbusschlüsselsatz, Schraubendreher, eine Flachzange und mehr: Die neuen Gewista­Radservicestationen, die in City­Light­Säulen integriert sind, ermöglichen, kleinere Gebrechen am Rad kostenlos selbst zu beheben. Die Standorte wurden mittels Online­voting der Mobilitätsagentur aus­gewählt. Insgesamt stehen im 20., 2., 9. Bezirk und am Margaretengürtel nun vier Stationen zur Verfügung.www.fahrradwien.at/radservicestation

21. FLORIDSDORF

Gemeindebau-HistorieDer Verein ALIWA der 1.570 Wohnun­gen fassenden Anlage in der Siemens­straße nimmt Wünsche und Anliegen der BewohnerInnen ernst und fördert so die Gemeinschaft durch Kultur­ und Sportprojekte. „Nur gemeinsam sind wir stark, können einander helfen und Probleme lösen“, erklärt Mieterbeirat und Mitbegründer Adolf Podlesak. Unterstützung bekommt der Verein von den wohn­partnern, Wiener Wohnen, der WiG und der Bezirksvorstehung. Sein derzeit größtes Projekt ist die histori­sche Aufarbeitung der Anlage, die demnächst im Rahmen e iner Schau präsentiert wird. Zeit zeugInnen er­

zählen darin, warum der Wohn­komplex erbaut worden ist, wie er vor 30 Jahren ausgesehen und was sich verändert hat. Podlesak:

„So lernt man für eine gute gemeinsame Zukunft.“ www.gesundesfloridsdorf.at,www.wohnservice-wien.at

22. DONAUSTADT

„Beat the street“„Beat the street“ bringt spielerisch mehr Bewegung ins Leben und soll das Zufußgehen ankurbeln. Nach London, St. Pölten und Simmering startete im Oktober zum ersten Mal auch in der Donaustadt das Bewegungs­ spiel, an dem 13 Schulen teilnehmen. Darüber hinaus ist aber auch der ganze Bezirk – Erwachsene, SeniorIn­nen, Firmen und Vereine – eingeladen mitzumachen. Bis 22. November können an sogenannten „Beat Boxen“, die im Bezirk verteilt sind, Punkte gesammelt und Preise gewonnen werden. Die Schulen bilden dabei

Teams und sammeln gemeinsam. Die Aktion wird von der Mobilitätsagen­tur durchgeführt und von den Kinder­freunden, der Wiener Gesundheits­förderung sowie dem Stadtschulrat gefördert (Bild oben).www.beatthestreet.me/donaustadt,www.gesundedonaustadt.at

„Gesund und regional“ lautet das Motto der Lebensmittelkooperative LebensMittelPunkt HaWei.

Bei diesen Boxen gibt’s Punkte.

gesunde stadt – winter 201823

Foto

s: D

anie

l Dut

kow

ski,

Vere

na B

aca,

DDB

UB, S

ylvi

a Kr

onbe

rger

GS_22_23_bezirke_kk!.indd 23 16.10.18 08:58

Page 24: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

DAS PROJEKT „GESUND ÄLTER WERDEN IN WIEN“ BIETET SENIORiNNEN MIT

KLEINER GELDBÖRSE MÖGLICHKEITEN, SICH AUSZUTAUSCHEN, MITZUGESTALTEN

UND NEUES KENNENZULERNEN. Sylvia Simanek

GESUNDES ALTERN

Bekannte treffen, ein Mu­seum oder einen Gym­nastikkurs besuchen: Was so normal klingt, ist für manche SeniorInnen nicht selbstverständlich. Das

kann an einer kleinen Geldbörse, einer körperlichen Einschränkung, schlech­ten Deutschkenntnissen, mangelndem Wissen über Angebote oder einem feh­lenden sozialen Netzwerk liegen. Diese eher schwer erreichbaren Zielgruppen will das Projekt „Gesund älter werden in Wien“, das von November 2017 bis Jänner 2020 läuft, ansprechen. Es wird aus Mitteln des Landesgesundheitsför­derungsfonds, der von der Sozialversi­cherung und der Stadt Wien eingerich­tet wurde, finanziert.

Grätzel-Cafés. Um mehr über ihre Lebenswelt herauszufinden, führten ForscherInnen der Universität Wien Stadtteilbegehungen mit älteren An­rainerInnen durch. Dabei stellte sich heraus, dass kommunale Angebote für

sie sehr wichtig sind. Viele wollen ihre Zeit für anregende Tätigkeiten, Wis­senserweiterung und soziale Beziehun­gen nützen. All das erleichtern die Grätzel­Cafés, die seit April 2018 in Landstraße, Meidling und für Penzing allen ab 60 Jahren offen stehen. Der Besuch sowie eine kleine Jause sind kostenlos. Auch türkischsprachige MitarbeiterInnen stehen zur Verfü­gung. Was gemacht wird, entscheiden die Gäste. „Hier kann man offen und ehrlich miteinander reden“, so Ulla Kastner (75) nach einem Besuch des Grätzel­Cafés Penzing. „Man könnte auch ins Kaffeehaus gehen, aber dort liest man nur Zeitung.“ Auch dass

alle willkommen sind, kommt gut an. „Mir gefällt es, dass ich Menschen aus verschiedenen Kulturen kennenlernen kann“, sagt Besucherin Bea Gulyn (72). Es gab bereits Vorträge zu Ermäßi­gungspässen, Cholesterin und Sicher­heit. Spaziergänge führten in den Miep­Gies­Park zum Ausprobieren der Geschicklichkeitsgeräte und in den Botanischen Garten zu einer Führung über Früchte. Das Besondere daran: Die Angebote wurden von den Senio­rInnen selbst gestaltet. Projektleiterin Ursula Hübel von der WiG: „Gesund­heit ist ein weiter Begriff. Dazu gehört auch, den eigenen Aktionsradius zu erweitern und Neues kennenzulernen.“ Im Oktober wurden weitere Cafés in den Bezirken Wieden, Neubau, Alser­grund, Simmering, Hernals und Lie­sing eröffnet. Einer sozialen Isolation vorzubeugen, sei eine wichtige gesund­heitsfördernde Maßnahme, erklärt Hübel. „Jedes Angebot gegen Verein­samung ist wertvoll.“ •Termine unter www.wig.or.at

Impulse beflügeln die Gesundheit

Angebote wie Führungen durch den Botanischen Garten werden von den

SeniorInnen selbst entwickelt.

„Mit diesem Projekt können wir auch schwer erreichbare Zielgruppen aktivieren.“ Ursula Hübel, Gesundheitsreferentin in der Wiener Gesundheitsförderung

24

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y, Ch

ristin

e Ba

uer,

Bubu

Duj

mic

, Eva

Tre

ttler

GS_24_25 projekte_kk.indd 24 16.10.18 08:59

Page 25: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

Mädchen stark machen

BEI WORKSHOPS WERDEN MÄDCHEN DABEI UNTERSTÜTZT, IHRE IDENTITÄT ZU

FINDEN UND SELBSTBESTIMMT IHREN WEG ZU GEHEN. Sylvia Simanek

Muss ich als Frau heiraten und Kinder kriegen? Ist das Tragen von rotem Nagellack eine Sünde? Wenn ich auf Facebook gedemütigt oder in der

U­Bahn von einem Mann angestarrt werde: Ist das schon Gewalt? Themen wie diese werden im Rahmen des Pro­jekts „WERT­VOLL“ in Workshops be­handelt. „Wir wollen mit behutsamen Gesprächen, dem Reflektieren von Rol­lenbildern und spielerischen Übungen das Selbstwertgefühl der Mädchen stärken“, erklärt Projektleiterin Eva Trettler vom Frauengesundheitszent­rum FEM Süd, das die Workshops durchführt. „Das macht es ihnen leich­ter, sich selbst zu behaupten.“ Den Jugendlichen wird etwa bewusst, dass Gewalt vielfältig ist und nie toleriert werden muss und dass Schönheit et­was sehr Individuelles ist. Das kriti­sche Hinterfragen und die vertrauens­vollen Gespräche werden dankbar angenommen. „Ich habe gelernt, dass

ich schön bin, so, wie ich bin!“, sagte eines der Mädchen nach einem Work­shop lachend.

Entwicklung fördern. „Die Work­shops sind ein wichtiger Beitrag zur Förderung psychischer Gesundheit“, betont Liane Hanifl, Gesundheitsrefe­rentin in der WiG, die das Projekt bis Oktober 2020 fördert. „Mädchen brau­chen nach wie vor viel Unterstützung bei ihrer Suche nach Lösungen für ei­nen guten Umgang mit den Anforde­rungen ihres Elternhauses und der Gesellschaft, in der sie leben.“ Eine Psychologin, eine türkischstämmige

Sozial arbeiterin und eine arabischspra­chige Mitarbeiterin tauchen behutsam in die Lebensrealität der Jugendlichen ein und fördern sie dort, wo sie es brau­chen. Besonders herausfordernd kann die Identitätsfindung für Mädchen mit Zuwanderungsgeschichte sein, die ein Leben zwischen zwei Kulturen führen.

„In Gruppen mit ähnlichen Problemen stellen die Mädchen sehr viele Fragen“, sagt Trettler. „Manche wissen weder, was bei der Menstruation passiert, noch, dass Sex zu haben, nicht automa­tisch bedeuten muss, schwanger zu werden.“ Solche Wissensdefizite zu beheben und sowohl interkulturelle als auch Gesundheitskompetenz auf­zubauen, hilft dabei, selbstbestimmt handeln zu können. Die Mädchen fin­den heraus, was sie brauchen und wirk­lich wollen. Trettler: „Wir stärken ihre Ressourcen, damit sie ihre eigenen Entscheidungen treffen können und selbstbewusst genug sind, ihre persön­lichen Interessen durchzusetzen.“ •www.fem.at; www.du-bist-wertvoll.at

GESUNDHEIT HAT EIN GESCHLECHT

Das Selbstbewusstsein von Mädchen zu fördern, steht im Vordergrund.

„Wir machen Empowerment im besten Sinne, indem wir die Mädchen stärken, ihren Weg zu gehen.“ Eva Trettler, Klinische und Gesundheitspsychologin im Frauengesundheitszentrum FEM Süd

gesunde stadt – winter 201825

Foto

s: A

ndre

w R

inkh

y, Ch

ristin

e Ba

uer,

Bubu

Duj

mic

, Eva

Tre

ttler

GS_24_25 projekte_kk.indd 25 16.10.18 08:59

Page 26: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

DIE HOTLINE FÜR ESSSTÖRUNGEN BERÄT SEIT 20 JAHREN BEI MAGERSUCHT,

BULIMIE UND ESSSUCHT – ANONYM UND KOSTENLOS. Christine Oberdorfer

Je früher Betroffene Hilfe suchen, umso besser sind die Heilungschancen. Ess-störungen wie Magersucht, Bulimie oder Esssucht sind ernsthafte psychische Er-

krankungen, die auch schwerwiegende Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit haben. Eine erste Anlauf-stelle für Betroffene, Angehörige und auch Fachleute ist die Hotline für Ess-störungen. Sie berät seit 20 Jahren –

anonym und kostenlos. Seit 1998 haben die Beraterinnen rund 28.000 Anrufe entgegengenommen und 6.000 E-Mails beantwortet. Dabei nehmen sich Ursula Knell und Gabriele Hasel-berger ausreichend Zeit, um den Anru-ferInnen zuzuhören, wenn sie über ihre Gefühle, ihre Sorgen und ihre Lebenssituationen erzählen.

Erste Anlaufstelle. Die Hotline für Essstörungen versteht sich als erste Anlaufstelle für Betroffene und Ange-hörige. „Es fällt den Menschen oft schwer zuzugeben, dass sie Hilfe brau-chen. Das braucht viel Mut“, sagt Ur-sula Knell, fachliche Leiterin der Hot-line. Die Anonymität erleichtert diesen Schritt. Das Angebot ist aber kein Er-satz für Psychotherapie, medizinische Begleitung oder eine längerfristige Be-ratung. Die Hotline für Essstörungen dient einer ersten Problemklärung und unterstützt die Betroffenen, weitere

Schritte zu setzen und passende pro-fessionelle Behandlungsplätze zu fin-den. Auch Fachleute können sich an die Hotline für Essstörungen wenden. Beraterin Gabriele Haselbacher ist überzeugt: „Es ist wichtig, in verschie-denen Berufsgruppen wie auch in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für das Thema Essstörungen zu schaffen. Nur so kann man im Ernstfall richtig reagieren.“

Seit 1998 aktiv. Die Hotline für Essstö-rungen wurde 1998 von der damaligen Frauengesundheitsbeauftragten Beate Wimmer-Puchinger als Projekt ini-tiiert und aufgrund der starken Nach-frage als dauerhafte Einrichtung der Stadt Wien weitergeführt. Seit 2009 ist die Hotline für Essstörungen Teil der Wiener Gesundheitsförderung. •Telefon 0800 20 11 20, Mo–Do 12–17 Uhr, [email protected], www.essstoerungshotline.at

20 Jahre Hilfe bei Essstörungen

GESUNDE STADT

„Meistens entwickeln sich Essstörungen schleichend und Betroffene scheuen sich davor zuzugeben, dass sie krank sind.“ Ursula Knell (l.), fachliche Leiterin der Hotline für Essstörungen und Beraterin Gabriele Haselberger

26

GS_26k_27kk_kolumne_v2.indd 26 16.10.18 09:45

Page 27: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

WIEN7. und 8. November Meidlinger Mädchen- und Burschentag Beim Infotag setzen sich Pflichtschüle-rInnen im Bezirk – nach Geschlechtern getrennt – mit Themen wie Beruf, Ge-sundheit und Sexualität auseinander. Hans Mandl Berufsschule, 12., Längenfeldgasse 13–15, 8.30–13 Uhr, Eintritt frei

8. November Gesundheitsförderung im Gespräch Thema: Superwoman under Construc-tion – Werbung und Körperbilder 1., Urania, Dachsaal, Uraninastraße 1, 15–18 Uhr, Anmeldung bis 1. November 2018, unter [email protected] oder telefo-nisch unter 01/4000-76905, Eintritt frei, www.wig.or.at

14. November Netzwerktreffen Gesprächsqualität Thema des Vernetzungstreffens ist die Verbesserung der Gesprächsqualität im Gesundheitssystem. 10., FH Campus Wien, Festsaal, EG, 10–16 Uhr, Eintritt frei, www.oepgk.at

23. November „Sexualmedizin Interdisziplinär“ Das 5. Wissenschaftliche Symposium dient der Förderung der Sexualmedizin. 9., AKH Wien, Währinger Gürtel 18–20, Eintritt ab 50 €, www.boep.or.at

25. November JedeR für JedeN Infomesse für und mit Menschen mit Behinderung. Themenschwerpunkte: Reisen mit Behinderung und chroni-scher Erkrankung, Kreativität als Potential für Gesundheit und das neue Erwachsenenschutzgesetz. 1., Rathaus, 9.30–17 Uhr, Eintritt frei, www.wig.or.at

29. November Jahrestagung der Kinderliga 24 Prozent der Jugendlichen weisen in Österreich Symptome einer psychi-schen Erkrankung auf. Wie kommt es dazu? Antworten gibt es bei der Kinderliga-Jahrestagung. 10., Brotfabrik Wien, Absberggasse 27, Stiege 3, 3. Stock, Eintritt 95 €, www.kinderjugendgesundheit.at

November bis Jänner Jugendgesundheits- konferenzen 2.0 Jugendliche setzen sich im Vorfeld mit Gesundheitsthemen auseinander und präsentieren ihre Erkenntnisse auf Jugendgesundheitskonferenzen. Innere Stadt: 22. 11., Döbling: 4. 12., Währing: 31. 1., jeweils 10–13 Uhr, Eintritt frei, Details: www.wig.or.at

16. Jänner Adipositas Kostenloser Info-Abend für Menschen mit krankhaftem Übergewicht. Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien, 6., Stumperg. 13, www.bhswien.at

12. Februar Wiener Krebstag Infoveranstaltung zu Krebserkran-kungen mit der WiG Life Lounge. 1., Rathaus, Eintritt frei, www.leben-mit-krebs.at

ÖSTERREICH/ INTERNATIONAL

15. und 16. November ONGKG-Konferenz ExpertInnen aus dem In- und Ausland präsentieren und diskutieren bei der Konferenz des Österreichischen Netz-werks Gesundheitsfördernder Kran-kenhäuser und Gesundheitseinrich-tungen (ONGKG) den Beitrag von

Gesundheitseinrichtungen zu ge-sunder und nachhaltiger Ernährung. Klinikum Graz, Gebühr ab 190 €, www.ongkg.at

28. November bis 1. Dezember European Public Health Conference Unter dem Titel „Winds of Change“ werden neue Wege aufgezeigt und dis-kutiert, um die Gesundheit der euro-päischen Bevölkerung zu verbessern. Ljubljana, Slowenien, Gebühr ab 420 €, www.ephconference.eu

TERMINE

IMPRESSUM & OFFENLEGUNG gemäß § 25 Mediengesetz: Gesunde Stadt; Heft 3/2018; Medieninhaber und Herausgeber: Wiener Gesundheitsförderung gemeinnützige GmbH – WiG, Treustraße 35–43, Stg. 6, 1200 Wien, Tel. 01/4000-76925. Geschäftsführer: Dennis Beck. Magazinkoordination: Mag.a Martina Roch, MA. Inhaltliche Koordination des Schwerpunktthemas: Mag. Christian Fessl, Bakk., und Matthias Hümmelink, BA, MPH. Layout: Qarante, Wolfgang Krimmel. Verleger: Bohmann Druck- und Verlag Gesellschaft m.b.H., Leberstraße 122, 1110 Wien. Geschäftsführung: Dr.in Gabriele Ambros, Gerhard Milletich. Redaktion: Leberstraße 122, 1110 Wien, Telefon 01/740 32-0. Verlags-Chefredaktion: Mag. Helmut Widmann, Christoph Berndl (Stv.). Chefin vom Dienst: Stephanie Tobeitz. Redaktion: Mag.a Christine Oberdorfer, Mag.a Martina Stehrer. Grafik: Peter Klein. Fotoredaktion: Kathrin Ludwig, MA. Lektorat: Mag.a Daniela Oberhuber, Mag.a Nicole Salcher. Coverfoto: Andrew Rinkhy. Druck: Wograndl. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Erscheinungsweise: vier Mal jährlich. Grundlegende Richtung der Zeitschrift: Das Magazin kommuniziert als Botschafter die Gesundheitsförderungs projekte und -aktivitäten der WiG und der Stadt Wien sowie die Kernthemen der Wiener Gesundheitsförderung an relevante ExpertInnen und MultiplikatorInnen.

FGÖ-BILDUNGS-NETZWERK 2018

14. und 15. November Teilhabe als Beitrag zur Motivation in der Gesundheitsförderung Betroffene von Anfang an in die Willens- und Entscheidungsbildung einzubinden, bringt Erfolg. Vortra-gender: Daniel Gajdusek-Schuster

22. und 23. November Gesundheitsziele gemeinsam lustvoll erreichen! Mit einer Selbstmanagementmethode Gesundheitsziele erreichen. Vortra-gende: Ulrike Gmachl-Fischer

6. und 7. Dezember Lebensmitte – Lebensfülle Life Balance durch Leben wichtiger Werte. Reflexionsseminar. Vortra-gende: Irene Kloimüller WiG, 20., Treustr. 35–43, 9–17 Uhr, Gebühr 100 €, www.wig.or.at, Anmeldung: weiterbildungsdatenbank.fgoe.org

gesunde stadt – winter 201827

GS_26k_27kk_kolumne_v2.indd 27 17.10.18 11:44

Page 28: DAS MAGAZIN DER WIENER ......Sie will die Sichtbarkeit der Selbsthilfe erhöhen, fördert den Fach-austausch, die Weiterbildung und Ver-netzung einzelner Gruppen, unter-stützt bei

MESSE FÜR MENSCHEN MIT BEHINDERUNGENSONNTAG, 25. NOVEMBER 2018 | 09:30 BIS 17:00 UHR | WIENER RATHAUS

DER EINTRITT IST FREI. www.wig.or.at

JEDER FÜR JEDEN

Anze

ige

VoRSTEllUNG DER ANGEBoTE VoN WIENER BEHINDERTENoRGANISATIoNEN UND SElBSTHIlFEGRUPPEN

VoRTRÄGE | DISKUSSIoNSRUNDEN | PRÄSENTATIoNEN

MITMACHSTATIoNEN | WoRKSHoPS | KINDERPRoGRAMM

EHRENSCHUTZ & VERlEIHUNG PREIS DER MENSCHlICHKEITDURCH BÜRGERMEISTER DR. MICHAEl lUDWIG

GS_28_01_cover_k.indd 28 17.10.18 11:40