Das verlorene Naturparadies der Allmende · Schulze-Hagen (2005, 2008) Die großen Verlierer der...

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 1 Dr. Herbert Nickel Ehrengard-Schramm-Weg 2 D-37085 Göttingen [email protected] Das verlorene Naturparadies der Allmende: Wie wir mit dem Wiesenbrüter- und Orchideenschutz unsere Land- schaft totpflegen

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 1

Dr. Herbert Nickel

Ehrengard-Schramm-Weg 2

D-37085 Göttingen

[email protected]

Das verlorene Naturparadies der Allmende: Wie wir mit dem Wiesenbrüter- und Orchideenschutz unsere Land-

schaft totpflegen

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 2

Dr. Herbert Nickel

Ehrengard-Schramm-Weg 2

D-37085 Göttingen

[email protected]

Das verlorene Naturparadies der Allmende: Wie wir mit dem Wiesenbrüter- und Orchideenschutz unsere Land-

schaft totpflegen

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 3

Zikaden Mitteleuropas Pflanzensaftsauger, ca. 1.000 Arten, bis über 5.000 Ind./qm, alle Landlebensräume

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 4

Erfassung der Zikaden Motorsauger erlaubt Ermittlung exakter Abundanzen (Tiere pro qm) und Vergleiche

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Hypothese 1

Die vorherrschende Art der Landnutzung

hat einen entscheidenden Einfluss auf die

Biomasse und Diversität der Tiere auf

allen trophischen Ebenen. Einschließlich

der Wirbeltiere.

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Hypothese 2

Die Mahd, besonders in ihrer heutigen

Form, gleicht für die Graslandtiere einem

radikalen Sommer-Kahlschlag im Wald, der

ihre Dichten kontinuierlich drastisch

reduziert und schon viele Arten ausgerottet

hat.

Die Gesamtbiomasse in der Nahrungskette

nimmt dadurch nach oben hin drastisch ab

und ist für das Überleben von Vögeln,

Amphibien, Fledermäusen etc. zu gering.

Nur eine extensive, historisch begründete

Beweidung kann die Alternative sein.

Mahd

Wirbeltiere!

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Hypothese 3

Weil wir die biomassereichen,

hochdiversen und flächenscharfen

Gruppen (Zikaden, Wanzen, Spinnen,

Fliegen) nicht (adäquat) untersuchen

und weil wir keine historisch alten

Weiden zum Vergleich mehr haben,

merken wir es nicht!

Mahd

Wirbeltiere!

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Nickel (2016):

Gutachten im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie

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Fallbeispiel 1 Zikaden: ungepflegte vs. gepflegte Flächen: Alperstedter und Haßlebener Ried

Zikaden auf ungepflegten und gepflegten,

maximal einschürigen Flächen im Alperstedter

und Haßlebener Ried, Thüringer Becken

Anzahl der Vorkommen pro Art („N Flächen“)

und mittlere Individuensummen pro Einzelfläche

der festgestellten Zikadenarten („N Individuen“)

auf Brachen und Mahdflächen (Gesamtfang-

summen). Rote Liste Deutschlands (D) und

Thüringens (Th).

Durch Brache deutlich begünstigte Arten

(mindestens 3mal höhere Fangsummen wie auf

Mahdflächen) sind rot schattiert, durch Mahd

deutlich begünstigte Arten grün.

Die (nicht einmal alljährliche!) Pflegemahd

hat hier den allergrößten Teil der Rote-Liste-

Arten ausgelöscht oder stark dezimiert!

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Nickel (2016): Gutachten im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie

Zikaden auf ungepflegten

und gepflegten, maximal

einschürigen Flächen im

Alperstedter und

Haßlebener Ried, Thüringer

Becken gepunktet

schraffiert

grau:

Anhand dieser

Untersuchung nicht

zuzuordnen

Fallbeispiel 1 Zikaden: ungepflegte vs. gepflegte Flächen: Alperstedter und Haßlebener Ried

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 10

Nickel 2016

Mahd Brache Ziegen Rinder

Arten gesamt

Fallbeispiel 2 Zikaden im Kaiserstuhl: Pflegemahd, „Brache“, Ziegen, Rinder (18 Transekte)

Keine der Pflegemahdflächen (80-90% der Gesamtfläche) hält auch nur 1 prioritäre Art.

Alle 5 Arten mit bundesweiter Bedeutung sind auf die Ziegenweiden und „Brachen“ beschränkt.

Für 1 Art ist das Verschwinden auf den Pflegemahdflächen im letzten Jahrzehnt sogar dokumentiert

Rote-Liste-Arten

Mahd Brache Ziegen Rinder

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Nickel (2013): Gutachten im Auftrag der TLUG

Fallbeispiel 3 Teichwiesen bei Stressenhausen nach 5 Jahren Ganzjahresweide

Zikaden

• Arten- und Individuenzahl verdoppelt bis

vervierfacht

• Artenzahl der Spezialisten fast verdreifacht

• Strukturell anspruchsvolle Vertikalsiedler

neu eingewandert

• Zunahme der Rote-Liste-Arten

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Nickel 2015

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

Zikaden auf unterschiedlich alten Extensivweiden bei Crawinkel

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Nickel 2015

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

Bisher einmalig: inzwischen 203 Arten auf 6ha Fläche = 1/3 der gesamtdeutschen Zikadenarten!

Europarekord, der sogar mit tropischen Tieflandsregenwäldern auf Augenhöhe steht.

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Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Normalfall auf einer Vertragsfläche des bayerischen Wiesenbrüterschutzes

10-15 Arten auf >80 Naturschutz-Mähwiesen in Bayern und Niedersachsen.

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 16

„Sie mit Ihren Zikaden“ …

… „meine“ Zikaden sind „Ihr“ Vogelfutter und noch vieles mehr

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Egal wann:

Der Mahdschnitt

verursacht immer hohe

Mortalitäten und den

totalen Ausschluss

ganzer Artengruppen

(z.B. Humbert et al.

2009)

• Schon 2-Schnittwiesen

sind zoologisch extrem

verarmt

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Egal wann:

Der Mahdschnitt

verursacht immer hohe

Mortalitäten und den

totalen Ausschluss

ganzer Artengruppen

(z.B. Humbert et al.

2009)

• Schon 2-Schnittwiesen

sind zoologisch extrem

verarmt

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Frühjahr Sommer Herbst Winter

Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Verschiedene Phänologietypen von Wirbellosen

Frühjahr Sommer Herbst

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Frühjahr Sommer Herbst Winter

M

A

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

Frühjahr Sommer Herbst

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Frühjahr Sommer Herbst Winter

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H

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst

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Frühjahr Sommer Herbst Winter

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A

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst Winter

M

A

H

D

Frühjahr Sommer Herbst

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst Winter

M

A

H

D

Frühjahr Sommer Herbst

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst Winter

1 Jahr später …

Frühjahr Sommer Herbst

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 26

Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst Winter

M

A

H

D

usw. …

Frühjahr Sommer Herbst

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Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna

• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt

Frühjahr Sommer Herbst Winter

M

A

H

D

Der seit 200 Jahren sich

akkumulierende Aderlass unserer

Biodiversität durch die Mahd!

Die Wiese wird immer mehr zur

Falle und saugt wie ein schwarzes

Loch Tiere auf Ausbreitungsflug in

sich auf.

Frühjahr Sommer Herbst

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 28

250 m

Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009

• Riesige Flächen werden mit großen Maschinen gemäht. In Brandenburg ist so wahrscheinlich eine seltene Zikadenart für ganz Deutschland ausgerottet worden (Nickel et al. 2016)

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250 m

Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009

• Planierung und Homogenisierung riesiger Flächen durch große Maschinen (Traktorochorie!). Soll das Biodiversität sein? Noch dazu eine, die wir mit Steuergeldern schaffen wollen?

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 30

Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juli 2015

Selbst Flächen, die in 6 Jahren insgesamt nur 2mal gemäht wurden, wiesen im Hochsommeraspekt z.T. keine einzige Zikade auf, selbst auf den Altgrasstreifen

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 31

Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 32

Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 33

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 37

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 38

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

Grasfrosch

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Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 39

Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft

Grasfrosch

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Naturnahe Beweidung und NATURA 2000

• Herbst 2015 erschienen

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FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das gemähte Grasland ist zu

nahezu 100 % reptilien- und

amphibienfrei!

• Da von außen eindringende Tiere

Gefahr laufen, totgemäht zu werden,

wirkt es sogar landschaftsweit als

Sink bzw. Falle!

• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den

Schlangenadler bei uns ausgerottet.

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 42

FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das gemähte Grasland ist zu

nahezu 100 % reptilien- und

amphibienfrei!

• Da von außen eindringende Tiere

Gefahr laufen, totgemäht zu werden,

wirkt es sogar landschaftsweit als

Sink bzw. Falle!

• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den

Schlangenadler bei uns ausgerottet.

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Durch Extensivweide begünstigte FFH-Arten

• Moose

• Blütenpflanzen

• Schmetterlinge

• Fledermäuse

• Koprobionte Insekten

• Koprobionte Pilze

• u.v.a.

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 44

FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das Drama der Laichgewässer:

Gehölzaufwuchs, Beschattung,

Verlandung

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 45

FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das Drama der Laichgewässer:

Gehölzaufwuchs, Beschattung,

Verlandung

• Rinder fressen die

Ufervegetation ab, erreichen

aber nicht das Innere

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 46

FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das Drama der Laichgewässer:

Gehölzaufwuchs, Beschattung,

Verlandung

• Rinder fressen die

Ufervegetation ab, erreichen

aber nicht das Innere

• Ideales Laichgewässer mit

beweideten Ufern

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FFH-Arten Reptilien und Amphibien

• Das Drama der Laichgewässer:

Gehölzaufwuchs, Beschattung,

Verlandung

• Rinder fressen die

Ufervegetation ab, erreichen

aber nicht das Innere

• Ideales Laichgewässer mit

beweideten Ufern

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 48

Schulze-Hagen (2005, 2008)

Die großen Verlierer der Mahd in Mitteleuropa

Fotos:

Fotolia.com

Wikicommons

G. Kunz

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 49

Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!

• Die letzten Mohikaner ….

Alle Arten nehmen in ganz stark

Mitteleuropa ab.

• Aber warum heißen die denn dann

bloß Wiesenbrüter???

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Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!

Die „Wiesenbrüter“ brauchen keine

(Mäh-) Wiesen, sondern sie brauchen

dort nur länger, bis sie von uns

Naturschützern ausgerottet sind!

P.S.: Der Begriff „Wiesenbrüter“ wurde erst in den 1980ern

kreiert, im Spanischen gibt es hingegen die „aves

pastiziales“, im Niederländischen die „Weidevogels“.

P.S.P.S.: Die Sprache bestimmt das Denken!

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 51

Und dann?

• Rebhuhn, Stieglitz, Bluthänfling, Girlitz, Haus- und Feldsperling: Wegen der Mahd können die Kräuter nicht mehr fruchten, was zu einem flächendec-kenden Nahrungsmangel für diese Arten führt.

• Mauersegler, Rauch-, Mehl-, Uferschwalbe: Vom gemähten Grasland gehen keine Insekten mehr hoch in die Luft.

• Feldlerche, Goldammer …. … dann ist der stumme Frühling da!

• Falsches Trostpflaster: Wiedehopf und Steinkauz wandern sehr lokal in Obstbauregionen wieder ein

• Wiesenweihe geht jetzt zum Brüten ins Getreide und lässt sich dort quasi für 30 Silberlinge von der Intensivlandwirtschaft freikaufen.

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 52

Verkoppelung der Allmenden Ganze Artengilden verschwunden bzw. weggemäht

• „Kleinsystem“ Distel:

Schmetterlinge, Käfer, Zikaden, Wanzen, Vögel

• Sonderstrukturen:

Suhlen, Sandstellen, Krüppelschlehen,

Hutebäume, dauerhaft offene Gewässer u.a.

• Ameisen und „Myrmekophile“:

z.B. Ameisenzikaden, Wendehals

• Aasfresser:

Käfer, Fliegen, ... Gänsegeier, Wolf, Steinadler

• Koprophage:

pro Rind/Tag > 30 kg Dung = 1 Tonne

= 100 kg Insekten/Monat = 10 kg Wirbeltiere?

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Alltag auf konventionellen Weiden (auch in Schutzgebieten)

• Die Fladen sind wegen

prophylaktischer Gabe von

Antiparasitika unverdaulich oder gar

giftig und pflastern die Flächen zu,

auch die Schutzgebiete.

=> Betonfladen!

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Hutebäume!

• Sterbende Zeugen des

einstigen Arkadiens. Es

wächst nichts mehr nach …

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 55

Cuxhavener Küstenheide Beweidungsbeginn Winter 2006/2007

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Erste Erinne-

rung von Naturschützern.

z.B. Küster (1995), Kapfer (2010), Poschlod (2015)

Historische Uhr der Graslandnutzung in Mitteleuropa

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 57

Geschichte unserer Kulturlandschaft

Kulturlandschaftsgeschichte

Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit

Beginn der Römerzeit in ME

Erste Wässerwiesen

Ende der Allmende

Erste Streuwiesen

Nachkriegszeit

Seit 1980

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 58

Geschichte unserer Kulturlandschaft

• unsere Leitbilder in Natur- und Kulturlandschaftsschutz

orientieren am engen Zeithorizont der letzten 70 Jahre

• sie ignorieren damit fast 99% der gesamten,

weitestgehend von Rinderweide geprägten

Kulturgeschichte, dem mitteleuropäische Arkadien …

Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit

Beginn der Römerzeit in ME

Erste Wässerwiesen

Ende der Allmende

Erste Streuwiesen

Nachkriegszeit

Seit 1980

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 59

Geschichte unserer Kulturlandschaft

• ... ein Arkadien, das Ende des 18.

Jahrhunderts aber zumindest lokal

stark übernutzt war

• The Tragedy of the Commons (G.

Hardin 1968): Die Tragik der

Allmende. Der Mensch übernutzt

aus egoistischen Gründen alle

öffentlichen Güter, z.B. Weiden,

Weltmeere, Luft, Wasser

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Bunzel-Drüke (1997)

8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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Bunzel-Drüke (1997)

8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 62

Bunzel-Drüke (1997)

8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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Bunzel-Drüke (1997)

8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 67

8.000 Jahre Kulturgeschichte

Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte

• Koexistenz oder gar Koevolution

unserer Graslandpflanzen und

-Tiere mit der Megafauna über

Jahrmillionen!

• großflächige Mahd seit 200 Jahren,

neuerdings fast 100 % der

Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)

Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio

Jahre + X

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 68

Rösener (1985)

Entwicklung unserer Kulturlandschaft

Zeitraum 1800 – 1880

• Bevölkerungswachstum

• Einführung des Futterbaues (v.a. Leguminosen)

• Verstärkte Einstallung des Viehs

• Erfindung des Kunstdüngers

• Verkoppelung („Einhegung“) der Allmenden

• Großflächiger Ersatz der Beweidung durch die Mahd

• Ende der Waldweide

• Grünlandumbruch und Entwässerungen

• Flussregulierungen

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 69

Entwicklung unserer Kulturlandschaft

• „Entsaumung der Landschaft“

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Entwicklung unserer Kulturlandschaft

• „Entsaumung der Landschaft“

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 71

Entwicklung unserer Kulturlandschaft

• „Entsaumung der Landschaft“

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Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)

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Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)

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Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)

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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 75

Scheingegensatz Botanik / Zoologie im Naturschutz

• Pflanzen haben unterirdischen „Reservekörper“ und Samen, Tiere nicht! Die Dreidimen-sionalität des oberirdischen Lebensraumes wird durch die Mahd für mehrere Wochen praktisch vernichtet, noch dazu im Sommer und oft mehrmals pro Jahr. Jeglicher Schutz vor Austrocknung und Unmengen von Insektengelegen werden entfernt. Die Bodenober-fläche wird komplett planifiziert. Tiere werden wesentlich stärker durch die Mahd beein-trächtigt als Pflanzen.

• Positive Effekte der Extensivweide auf die Pflanzen, wie Zoochorie, Keimbettschaffung, Heterogenisierung des Lebensraumes werden übersehen. Auch unter den Pflanzen gibt es zahlreiche „Mahdverlierer“: Apium repens, Sedum villosum, Liparis loeselii, Angelica palustris, Blysmus compressus, Cyperus flavescens, Marsilea quadrifolia u.a.

• Die botanische Artenschutz hat in den letzten Jahrzehnten durch die Frühsommermahd Pflanzengesellschaften erzeugt, die es früher so nie gab und die zoologisch stark ver-armt sind, z.B. die unseligen „FFH-Flachlandmähwiesen“.

• Die geringe Größe der heutigen Schutzgebiete lässt per se eine Veränderung und Dyna-mik oft nicht zu, ohne dass dort prioritäre Arten verloren gehen. Die Pflanzensoziologie mit ihren Tabellen, die noch dazu auf Mähwiesen „erfunden“ wurde, suggeriert ewige Konstanz und verbietet Dynamik. Geilstellen, Lägerplätze, Suhlen u.ä. sind „böse“ Stör-stellen. Die Landschaftspflege an Behörden wird aber häufig von gelernten Botanikern gemacht, die tendenziell lieber mähen.

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Zusammenfassung

• Die Mahd als plötzlicher, großflächiger, nivellierender, tiefgreifender und historisch sehr

junger Mechanismus der Landnutzung bzw. -pflege ist einem Sommerkahlschlag ver-

gleichbar und unterscheidet sich prinzipiell von einer Extensivbeweidung, bei der ein

heterogenes Muster von verschmähten Pflanzen, Gehölzen, Geilstellen und Sonder-

strukturen mit permanenten Rückzugsmöglichkeiten für die Fauna entsteht.

• Die Aufteilung der einst riesigen Allmendweiden und die Ablösung der extensiven

Rinderbeweidung durch die moderne Mahd ist eine der Hauptursachen der heutigen

Biodiversitätskrise in Mitteleuropa!

• Die großflächige Extensivweide mit Rindern und Pferden ist vom Prinzip her das inte-

grativste Leitbild für einen umfassenden, alle Tier- und Pflanzengruppen einbeziehenden

Naturschutz, weil sie fundamentale Funktionen und Prozesse ermöglicht, an die unsere

Tier- und Pflanzenwelt seit Jahrmillionen angepasst ist.

• Sie ist eine ideale und zugleich auch machbare Synthese zwischen einer wirklich histo-

risch begründeten Kulturlandschaftspflege und einem Naturschutz, der die ausgestorbe-

nen Großherbivoren des Pleistozäns als wesentliche Ökosystemingenieure miteinbe-

zieht. Die Mahd ist hingegen kulturhistorisch sehr jung und muss im Naturschutz zurück-

treten. Tiere können sich nicht daran anpassen!

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Dr. Herbert Nickel

Ehrengard-Schramm-Weg 2, D-37085 Göttingen

[email protected]

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Dank an

Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie

Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg

Regierungspräsidium Freiburg

Edgar Reisinger (Thüringer Ministerium für Umwelt)