Definition Lokaler Kritischer Infrastrukturen - KRITIS-Kataster und schutzgutorientierte...
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26.04.2020 126.04.2020 1Vorstellungsgespräch Thomas Münzberg
BemessungsstromausfallBasisszenario für die Risikoanalyse und die Katastrophenschutzplanung
Dr.-Ing. Thomas Münzberg | [email protected]
BemessungsstromausfallDefinition des auslegungsrelevanten „kritischen Stromausfalls“
Dr. Münzberg
Bisher existiert in Deutschland kein bundesweit einheitliches und vorherrschend verwendetes
Referenzszenario eines „kritischen Stromausfalls“ zur ausreichenden Dimensionierung von
Katastrophenschutzmaßnahmen auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte.
Ein Bemessungsstromausfall ist ein
auslegungsrelevantes Stromausfallszenario,
anhand dessen Schutzmaßnahmen mit
vordefinierten Schutzniveaus zu Grunde gelegt
werden. Die Festlegung eines
Bemessungsstromausfalls beruht auf der
Abschätzung eines ungünstigen Szenarios, das
für die wirkungsvolle Vorbereitung auf
Stromausfälle eine ausreichende Signifikanz,
Plausibilität und Repräsentativität aufweist.
Die Verwendung des am schwerwiegendsten
anzunehmenden Stromausfalls (Worst-Case-
Scenario), der aufgrund der weiträumigen
Vernetzung der Übertragungsnetze europaweite
Ausmaße annehmen und von unbestimmter Dauer
sein kann, übersteigt wesentlich die möglichen
Dimensionierungswerte einer zumutbaren
Stromausfallvorbereitung.
Ein solches Szenario erscheint daher zu pauschal,
übertrieben und daher ungeeignet.
Ausgangssituation
Was ist ein Bemessungsstromausfall?
BemessungsstromausfallAuslegungsrelevanz durch Signifikanz, Plausibilität und Repräsentativität
Signifikanz
Ein signifikantes Stromausfallereignis ist
charakterisiert durch das überwiegend öffentliche
Interesse an den durch ihn zu befürchtenden
Konsequenzen. Ein öffentliches Interesse liegt dann
vor, wenn der Umfang und die Dauer des Ausfalls
außerhalb der herkömmlichen Maße liegen, so dass
übliche Selbsthilfemaßnahmen ausgereizt werden und
ein großes Schadenspotential zu unterstellen ist.
Bei einem signifikanten Stromausfallereignis ist mit der
Entstehung von Gefahren für das Leben der
Bevölkerung durch die Unterversorgung mit
lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sowie
mit Schäden im außerordentlichen Maße zu
rechnen. Die Ausprägungen des Ausfalls müssen
daher hinreichend ungünstig sein, erheblich die
Schwelle der Alltäglichkeit überschreiten und einer
Katastrophe entsprechen, ohne unrealistisch zu sein.
Plausibel erscheint ein Bemessungsstromausfall
dann, wenn seine Extremwerte augenscheinlich
nachvollziehbar und anhand von objektiven
Gesichtspunkten hergeleitet werden.
Ein Bemessungsstromausfall ist repräsentativ, wenn
seine Extremwerte im Wesentlichen der
Grundgesamtheit aller Stromausfälle entsprechen.
Signifikanz
Plausibilität Repräsentativität
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallHerleitung anhand objektiven Gesichtspunkten
Ein Bemessungsstromausfall kann mithilfe verschiedenster Herangehensweisen eingegrenzt und hergeleitet
werden:
- Eine Literaturrecherche bestehender Fachpublikationen der Gefahrenabwehr,
- Eine empirische Datenanalyse der während eines Jahres in Medienberichten thematisierten Stromausfälle,
und
- Eine empirische Datenanalyse stattgefundener Stromausfälle
Herangehensweisen
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallLiteraturrecherche bestehender Fachpublikationen
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallLiteraturrecherche bestehender Fachpublikationen
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpirische Datenanalyse von Medienberichten
Herangehensweise
- Systematische Auswertung von
Medienartikel über stattgefundene
Stromausfälle in Deutschland
- Datensatz für das Jahr 2014
- Basis der Auswertung: Mediendaten
demonstrieren das gesellschaftliche
Interesse an aktuell stattgefundenen
Stromausfallereignissen
- Verwendung eines News-Crawlers
Ergebnis
- Identifikation von weit über 1.000
relevanter Medienartikel
- 941 Artikel auswertbar
- Feststellung von 845 Stromausfall-
ereignissen in Deutschland
Herangehensweisen
Ergebnisse
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpirische Datenanalyse von Medienberichten
- Dokumentation von Ausfallbeginn,
-ende, und -dauer sowie die Anzahl der
vom Stromausfall Betroffenen
- Klassifizierung nach
(i) Einsätze der Feuerwehr bzw. des
Katastrophenschutzes (n=66),
(ii) Umschaltungen bzw.
Aktivierungen des (n-1)-Prinzips
(n=121) oder
(iii) keine Einsätzen und keine
Umschaltungen (n=462)
berichtet.
Auswertung
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpirische Datenanalyse von Medienberichten
Erkenntnisse
- Umschaltungen sind häufig nur bei
kurzfristigen Ausfällen erfolgreich:
Die meisten Stromausfälle, bei denen
Umschaltungen angewendet wurden,
dauerten unter 120 Minuten.
- Schon nach kurzer Ausfalldauer wird
der Einsatz der Gefahrenabwehr
notwendig: ab der Dauer eines
Stromausfalls von mehr als
330 Minuten wird die
Selbsthilfefähigkeit bei einigen
Betroffenen bereits derart ausgereizt,
dass es in der Regel den Einsatz der
Gefahrenabwehr bedarf.
Erste Rückschlüsse
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpirische Datenanalyse stattgefundener Stromausfälle
Herangehensweise
- Stromnetzbetreiber sind nach § 52 EnWG verpflichtet,
Unterbrechungen der Stromversorgung der Bundesnetzagentur zu
melden.
- Es wurden 544.617 ungeplante Stromausfälle aus 2008 bis 2013
hinsichtlich der empirischen Unterschreitenswahrscheinlichkeit
ausgewertet .
Ergebnis
- Herkömmliche Stromausfälle dauern bis unter 225 Minuten
(P<0,8) an
- Außerordentliche Stromausfälle dauern zwischen 225 und
1030 Minuten (0,8<P<0,99) an und
- Extreme Stromausfälle dauern über 1030 Minuten (P>0,99) an
Herangehensweise
Erkenntnisse
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallKategorisierung von Stromausfalldauern
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpirische Auswertung der Daten der Bundenetzagentur
Herleitung eines Bemessungsstromausfalls
Basis ist die kumulierte relative Häufigkeit
stattgefundener Stromausfälle (empirische
Verteilfunktion).
Die empirische Unterschreitens-
wahrscheinlichkeit für extreme
Stromausfälle beträgt 0,99. Dies entspricht
einem Stromausfall mit einer Dauer von 1030
Minuten (17 Stunden und 10 Minuten).
Zu dieser Ausfalldauer ist pessimistischer
Weise ein zusätzlicher Sicherheitszuschlag
zu berücksichtigen, der mindestens zu einer
Verdoppelung des Wertes führen sollte.
Herleitung eines Bemessungsstromausfalls
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallZeitliche und Räumliche Dimension eines Bemessungsstromausfalls
Da die Zuständigkeit der operativen
Bewältigung der Stromausfallfolgen bei
den kommunalen Gebietskörperschaften
liegt, erscheint es als Extremwert für den
Bemessungsstromausfall zweckmäßig,
von einer Betroffenheit der gesamten
betrachteten Gebietskörperschaft
auszugehen.
Das ganze Landkreise oder kreisfreie
Städte von einem Stromausfall betroffen
sind, trat in Deutschland wiederkehrend
auf, weshalb ein solches Ereignis als
plausibel, relevant und repräsentativ
betrachtet werden kann.
Über 17-stündige Stromausfälle treten entsprechend
empirischer Auswertungen nicht regelmäßig auf und gelten als
außergewöhnlich. Die dabei zu erwartenden Gefahren
erscheinen ausreichend signifikant für die Zwecke der
Dimensionierung der Gefahrenabwehr. Es ist davon auszugehen,
dass bei dieser Ausfalldauer bereits die Schwelle zu einer
Katastrophe überschritten ist.
Zur Festlegung des Bemessungsstromausfalls kann
pessimistischer Weise zu dieser Ausfalldauer ein zusätzlicher
Sicherheitszuschlag gewährt werden, indem diese beispielsweise
verdoppelt wird. Nach Rundung erscheint eine Ausfalldauer
von 2160 Minuten (bzw. 36 Stunden) als geeignet für die
Dauer eines Bemessungsstromausfall. Dessen empirische
Unterschreitenswahrscheinlichkeit liegt bei 0,9971.
Dauer eines Bemessungsstromausfalls Räumliche Betroffenheit
eines BemessungsstromausfallsZeitliche Dimension Räumliche Dimension
Dr. Münzberg
BemessungsstromausfallEmpfehlung zur Festlegung eines Bemessungsstromausfalls
Ein Bemessungsstromausfall, bei dem
von einer Betroffenheit einer
gesamten Gebietskörperschaft
ausgegangen wird, erscheint für die
Dimensionierung wirksamer Maßnahme
zur Abwehr von Katastrophengefahren
als geeignet.
Ein Bemessungsstromausfall mit einer Dauer von
36 Stunden (bzw. 2160 Minuten) erscheint für die
Dimensionierung wirksamer Maßnahmen zur Abwehr von
Katastrophengefahren als geeignet.
Dauer eines Bemessungsstromausfalls Räumliche Betroffenheit
eines Bemessungsstromausfalls
Im Hinblick auf Signifikanz, Plausibilität und Repräsentativität wird folgende Festlegung eines
Bemessungsstromausfalls für die kommunale Gefahrenabwehr- und Katastrophenschutzplanung
als sinnvoll erachtet:
Zeitliche Dimension Räumliche Dimension
Dr. Münzberg
Weiterführende Literatur
Dr. Münzberg
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https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000096412
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Münzberg, Thomas (2019) Entwicklung
einer spatial-temporalen
Vulnerabilitätsanalyse für die initiale
Krisenbewältigung von Stromausfällen,
Dissertation, Karlsruher Institut für
Technologie.
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