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Definitionen in der Geburtshilfe: Geburtsbeginn

Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2006; 24 (4)(Ausgabe für Schweiz), 6-6

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24. Jahrgang, 4/2006

Die Geburt beginnt mit demEinsetzen der Eröffnungswehen

Sowohl medizinischen Laien als auchÄrzten mag die Definition des Begin-nes der Geburt einfach erscheinen,bei weiterer Diskussion treten jedochbald divergente Meinungen auf. Lehr-

bücher der Geburtshilfe definieren den Ge-burtsbeginn mit: „regelmäßig alle 10 Minu-ten auftretenden Wehen, die über eine halbeStunde hinaus anhalten, und die Portio zumTeil oder ganz aufgebraucht ist“ (Pschy-rembel, Praktische Geburtshilfe). Das Stan-dardwerk zur Vorbereitung für die Facharzt-prüfung – das Lehrbuch „Die Geburtshilfe“ –gibt der Formulierung: „Beginn einer regel-mäßigen, schmerzhaften und anhaltendenWehentätigkeit“ den Vorzug. Unklarer ist dieFrage, ob der Blasensprung als Geburtsbeginngilt oder nicht. Pschyrembel – Praktische Ge-burtshilfe schreibt apodiktisch: „Sobald dieBlase gesprungen ist, befindet sich die Frauunter der Geburt, gleichgültig ob sie Wehenhat oder nicht!“ Das Lehrbuch „Die Geburts-hilfe“ nimmt zum Blasensprung im Rahmendes Geburtsbeginnes keine Stellung.

Die genaue Definition des Geburtsbeginnesist jedoch vor allem aus rechtlicher Sicht be-sonders wichtig. Frau E. A. wurde in einemStrafverfahren schuldig erkannt, das Kind derM. A. (ihrer damals 17-jährigen Tochter) wäh-rend des Geburtsvorganges (einer Steißgeburt)durch Durchtrennen der Nabelschnur mit ei-ner Schere vorsätzlich getötet und hiedurchdas Verbrechen des Mordes begangen zu ha-ben. Der Oberste Gerichtshof (OGH 11 Os104/82) stellte in der Folge fest, daß „nach der nungeltenden Rechtslage das Lebewesen bereits,während der Geburt‘ als Mensch und nichtmehr als Leibesfrucht anzusehen ist“.

Nicht näher eingegangen wurde in diesemUrteil darauf, ob „bereits mit dem Einsetzender Eröffnungswehen oder erst mit Austritt desKopfes (bei einer Regelgeburt) oder Austritt ir-gendeines anderen Körperteils (bei regelwidri-

ger Geburt) Menschenleben im strafrecht-lichen Sinn beginnt.“ Zu dieser Frage nahmder OGH in einem weiteren Urteil (15 0s130/03),in dem über das Verbrechen der Tötung einesKindes bei der Geburt zu erkennen war, Stel-lung. Bei dem zu beurteilenden Sachverhalthatte eine Mutter ein von ihr lebend geborenesKind während der Geburt oder solange sienoch unter der Einwirkung des Geburtsvor-ganges stand, durch Ertränken getötet. In derBegründung dieses Urteiles wird der Zeitraum„während der Geburt“ klar definiert, wonachdieser mit dem Einsetzen der Eröffnungs-wehen beginnt und mit dem Ausstoßen derNachgeburt endet. In keinem Urteil des OGHwird auf die Bedeutung des Blasensprungeseingegangen. Dieser wird nur kurz in der Be-gründung eines Urteils des Deutschen Bundes-gerichtshofes (BGHStR 665/83) erwähnt: „Wiedie Frage des Beginns der Geburt zu beurteilenist, wenn andere Vorgänge als Wehen (zumBeispiel Blasensprung, Kaiserschnitt) den Auf-takt der Geburt bilden, bedarf nach Sachlagedes Falles hier keiner Entscheidung.“ Auch indiesem Urteil wird festgestellt, daß „bei regulä-rem Geburtsverlauf die Leibesfrucht zum Men-schen im Sinne der Tötungsdelikte mit demEinsetzen der Eröffnungswehen wird.“

Die geschilderte Rechtssituation hat für diegeburtshilfliche Praxis besondere Bedeutung.Ein „Schwangerschaftsabbruch“ durch den Ge-burtshelfer nach Einsetzen der Eröffnungs-wehen ist somit Mord an einem Menschen undKEIN Schwangerschaftsabbruch, während vorEinsetzen der Eröffnungswehen der Tatbestanddes Schwangerschaftsabbruches erfüllt ist, daSchutzobjekt der Strafbestimmung gegenSchwangerschaftsabbruch die Leibesfrucht ist.

Rechtsfreier Raum und von der Geburtshilfenicht eindeutig in bezug auf den Geburts-beginn definiert ist die Latenzzeit zwischen ei-nem stattgehabten Blasensprung und den Er-öffnungswehen. Vor allem beim frühen vorzei-tigen Blasensprung (vor SSW 37/0) kann sichdieser Zeitraum jedoch über Tage bis Wochenausdehnen. Es erscheint somit medizinischsinnvoll und juristisch sachgerecht, den frü-hen vorzeitigen Blasensprung definitiv nichtals Geburtsbeginn festzusetzen. Dies sollte imSinne des vom Deutschen Bundesgerichtshofbeschriebenen „erstrebenswerten Gleichklan-ges der strafrechtlichen Begriffsbildung mitden medizinischen Anschauungen vom Ge-burtsbeginn“ auch für die Rechtssprechungrichtungweisend sein.

Korrespondenzadresse:Univ.-Prof. Dr. Hanns HelmerUniversitätsklinik für FrauenheilkundeA-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20E-mail: [email protected]

Definitionen in derGeburtshilfe: Geburtsbeginn

H. Helmer1, J. Leon2

1Universitätsklinik für Frauenheilkunde,Medizinische Universität Wien, 2Rechtsanwalt, Wien

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