Demenz – Essstörungen -1 Auffälligkeiten beim Essen können schon früh auftreten –z.B. mehr...
-
Upload
elisabeth-kruse -
Category
Documents
-
view
216 -
download
1
Transcript of Demenz – Essstörungen -1 Auffälligkeiten beim Essen können schon früh auftreten –z.B. mehr...
Demenz – Essstörungen -1
• Auffälligkeiten beim Essen können schon früh auftreten– z.B. mehr oder weniger essen, Hunger auf Süßigkeiten,
unkontrolliertes Essen, kein Hungergefühl• typisch - eine langsame Gewichtsabnahme (Stewart et al., Arch
Neurol. 2005; 62(1):55-60)– kann schon vor Diagnose der Demenz vorhanden sein– Ursachen?
• höherer Kalorienverbrauch durch Rastlosigkeit, Umherwandern• wiegen weniger, brauchen mehr Kalorien (Hypermetabolismus)• später durch mangelnde Versorgung und Kochen• evtl. durch Konflikte mit dem Betreuenden• Medikamente
Demenz – Essstörungen -2• im Spätstadium weniger Kalorienverbrauch
– verminderte Mobilität, eher wieder geringerer Kalorienbedarf– dafür möglicherweise Schluckprobleme
• Essprobleme durch– Prothesenprobleme (schwere Alzheimer-Demenz und Zahnarzt!)– Umgang mit Besteck geht verloren
(Handlungsplanungsstörungen, Apraxien)– Speichelbildung vermindert (Medikamente?), Sedierung wegen
Unruhe schränkt auch das Schlucken ein!– Kauen, Vorbereitung zum Schlucken geht verloren, Essen bleibt
in den Wangen hängen– Schluckakt zwar noch lange erhalten, aber Aspirationsgefahr
steigt (besonders bei kleinkörnigen Nahrungsmitteln, Reis ...)
Was tun bei Demenzpatienten, die nicht gut essen?
• Liegt überhaupt eine Mangelernährung vor?– wiegen im Verlauf …
• Gibt es andere Gründe, die behebbar sind?– drückt Prothese? Entzündungen im Mund? Probleme mit der
Bezugsperson, dem Essen, dem Setting ...?• Gibt es andere Möglichkeiten die Ernähung zu
verbessern?– Essen eingeben? andere Speisen? anderes Setting? andere
Zeiten?• Liegen nur vorübergehende Erkrankungen vor, während
denen die Nahrungsaufnahme nicht gut ist?– z.B. „Grippe?“
keine einheitliche Handhabung der PEG bei Demenz
• Canadian vs. US nursing homes– In persons with severe dementia, 60.4% in Boston were tube fed
compared, to 7.1% in Ottawa (Mitchell SE, Berkowitz RE, Lawson FME (2000), JAGS, 48, 391)
• Within US– In persons with severe dementia, use of tube feeding varied from
40% in Mississippi to 7.5% in Maine (Ahronheim JC, Mulvihill M, Sieger C. (2001). JAGS, 49, 148)
• Tube feeding costs less in time and money– Matched tube fed (n = 11) to hand fed (n = 11) residents followed for
6 months; all costs, except tube placement, calculated: $2,379 TF w/ 25.2 minutes/day vs. $4219 (hand) w/ 72.8 minutes/day (Mitchell SL, Buchanan JL, Littlehale S (2004) Jrnl Amer Med Dir 5, S23)
Adjusted Survival Time Among Those With and Without a Feeding Tube Insertion
Forscher in den USA untersuchten den Zusammenhang zwischen der Anlage von Ernährungssonden und der Überlebenszeit bei Pflegeheimbewohnern mit fortgeschrittener Demenz.Von über 36.000 Bewohnern (Durchschnittsalter 85 Jahre) erhielten knapp 2.000 (5,4%) eine PEG-Sonde innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Auftreten von Ess- und Schluckstörungen. Unterschiede im Überleben zwischen der PEG-Gruppe und der Gruppe ohne künstliche Ernährung fanden sich nicht. Die 1-Jahres-Mortalität lag in beiden Gruppen bei zirka 50 Prozent. Auch der Zeitpunkt der PEG-Anlage hatte keinen Einfluss auf das Überleben.
Teno et al.
Auch keine Verbesserungin Bezug auf Aspiration, Dekubiti etc. nachzuweisen.Vorrangig: Unterstützung bei der oralen Zufuhr anbieten Ziel: bestmögliches Wohlbefinden, nicht Erreichen von Ernährungszielen!
Ernährungssonde bei fortgeschrittener Demenz -1
• Sterblichkeit von Patienten mit Demenz, die über eine Ernährungssonde ernährt werden, ist hoch im Vergleich zu anderen Krankheitsgruppen (Sanders et al., Am J Gastroentrol 2000, 95:1472-1475)
Ernährungssonde bei fortgeschrittener Demenz -2
• kein Hinweis auf– Lebensverlängerung, Verbesserung des
Ernährungsstatus, Verbesserung der Lebensqualität, verbesserte Wundheilung bei Dekubitus, Verringerung der Aspirationsgefahr (Finucane et al., JAMA 1999; Gillick, NEJM 2000)
• Anlage einer Ernährungssonde bei fortgeschrittener Demenz
– nicht assoziiert mit längerem Überleben, mit oder ohne PEG 50% Überlebensrate nach 6 Monaten (Meier et al., Arch. Intern. Med. 2001, 161:594-599)
Ernährungssonde bei fortgeschrittener Demenz
• kein Hinweis auf Lebens-verlängerung bei insgesamt 41 Patienten (Murphy et al., 2003, Arch Intern Med, 163:1351-1353)
Meinungen, Leitlinien• Die Entscheidung für Sondenernährung
bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz bleibt eine Einzelfallentscheidung (C)
• Für final demente Patienten wird Sondenernährung nicht empfohlen (C)
Volkert D., et al., Leitlinie Enteralen Ernährung der DGEM und DGG, Enterale Ernährung, (Trink- und Sondennahrung) in der Geriatrie und geriatrisch-neurologischen Rehabilitation, in: Aktuelle Ernährungsmedizin, Band 29, August 2004, S. 198-225
Beispiel: „PEG“
• Ausgangssituation, 2009– Patientin, *1926, 83 Jahre alt– dement, freundlich, nimmt Kontakt auf– trinkt mit Unterstützung und mit Aufmunterung schluckweise – sie isst
löffelchenweise – insgesamt viel zu wenig– Die beiden Töchter haben in ihrer Rolle als vorgeschlagene
Betreuerinnen den Wunsch geäußert, dass alle Maßnahmen über die Vene, einschließlich Flüssigkeits- und Nahrungsgabe, eingestellt werden.
– Der Ehemann ist ambivalent. – Es gibt eine Patientenverfügung.– In der aktuellen Situation äußert sich die Patientin in verschiedenen
Situationen unterschiedlich zu ihrem Lebenswillen
Beispiel: „PEG“• Maßnahmen
– Ethikberatung am 07.12.2009, 15.00-16.00 Uhr mit Ehemann, Töchtern, Ärzten, Pflege, Sozialdienst, Pastorin, Ethikberaterin
– 7 Tage Magensonde, Bedenkzeit und Bewusstmachung der Situation
– erneute Ethikberatung mit dem Team und der Familie am 15.12.2009
– keine PEG, Verlegung ins Heim– Patientin verstarb dort nach zirka zwei Wochen– Protokolle des Ethikkomitees
Einwilligungsunfähiger Patient mit Vertreter
Beispiel „PEG“• Gutachten der Staatsanwaltschaft aus 2005, Fall
aus 2004• Frau, 86 Jahre, lebt im Heim, dement,
freundlich, sitzt tags im Stuhl, kommuniziert mit Pflegepersonal
• isst nicht, tägliche detaillierte Einfuhrpläne, nimmt stark ab
• Tochter ist gerichtlich bestellte Betreuerin
Beispiel „PEG“
Datum Gewicht (kg)
Größe (m)
BMI (kg/m2)
09.01.2004
48 1,59 19,0
03.02.2004
46,9 18,6
24.03.2004
44,7 17,7
12.05.2004
42 16,6
18.06.2004
40 15,8
Beispiel „PEG“• Am 05.02.2004 spricht der Hausarzt mit der
Tochter/Betreuerin über eine PEG. • Am selben Tag Eintragung in der Pflegedokumentation des
Heimes, dass Tochter die Anlage einer PEG ablehnte.• Tochter beobachtet den Gewichtsverfall bis in den Juni 2004
und scheint damit einverstanden zu sein• Bew. kommt im Juni ins Krankenhaus wegen peranaler
Blutung (Divertikelblutung)• Krankenhaus informiert die Heimaufsicht• Tochter wird mit der Ernährung konfrontiert (Krankenhaus,
Heimaufsicht) • und erhebt nun Anzeige gegen das Heim.• PEG im Krankenhaus gelegt, Bewohnerin kehrt mit PEG ins
Heim zurück
Beispiel „PEG“• „…wenn nach bestem ärztlichem Wissen und Gewissen
festgestellt wird, dass jede lebenserhaltende Maßnahme ohne Aussicht auf Besserung ist und mein Sterben nur verlängern würde.“
• Die PEG-Studien betrafen Demenzen in „Endstadien“, hier Demenz mit noch „munterer“ Patientin, Lebenserwartung von mehreren Jahren möglich, PEG hier sicher lebensverlängernd (möglicherweise Jahre)
• Tochter als Betreuerin und Sprachrohr des Patientenwillens offensichtlich unsicher, Vorsorgebevollmächtigter hier kein „sicherer Hafen“
• besser wäre eine gelegentliche Überprüfung der Entscheidung der Tochter, z.B. durch den Hausarzt oder auch durch das Heim
Beispiel „PEG“• mutmaßlicher Patientenwille
– Patientin hat wohl krankheitsbedingt kein Hungergefühl und isst nicht
– Patientin sonst aber kommunikativ und „willig“, keine erkennbare Ablehnung von Maßnahmen
– Patientenwille in der Erkrankung keine Ablehnung der PEG
– Patientenwille vor der Erkrankung? Tochter fragen?– falls unterschiedliche Auffassung, welcher Patientenwille
gilt?• keine Dokumentation der Entscheidung beim Arzt,
nur in der Pflegedokumentation