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Denkmalpflege Horst Pavel

Zu Gast bei NapoleonBei der Sanierung und Erweiterung eines geschichtsträchtigen Gebäudes in Bad Essen musste die Hartmann Bedachung traditionelle Techniken und moderne Produkte kombinieren. Zum Einsatz kamen eine Einblasdämmung und ein Falzziegel, der einer Hohlpfanne nachempfunden ist.

Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert dominieren das Stadtbild.

Einer der bekanntesten Schauplätze in Bad Essen ist die Alte Apotheke, in

der schon Napoleon genächtigt haben soll.

In Absprache mit der zuständigen Denkmalbehörde deckte das

Hartmann-Team einen Geradschnitt-Ziegel im 14er-Format auf den

Dachflächen der Alten Apotheke im Ortskern von Bad Essen.

Foto

s: B

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Kurzvideo und Bilderstrecke in DDH digital

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Detailzeichnung ziegelModern mit Kopf- und Seitenfalz und dennoch die Optik einer Hohlpfan-ne – der Ziegel wurde gezielt gewählt, um so das Deckbild einer typisch nordischen Hohlpfannen-deckung zu erreichen.

Rote Ziegel am Dach und massive Eichenbretter

an Ort und Gauben stimmen Denkmalamt und Bauherren

gleichermaßen zufrieden.

Bad Essen liegt an der Deutschen Fach-werkstraße im Landkreis Osnabrück und in dem bekannten Solekurort wird His-torie lebendig: Ein Spaziergang durch den malerischen Ort zeigt den histori-schen Kirchplatz, Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert, über hundertjäh-rige Linden, die 500 Jahre alte Kirche St. Nikolai und führt entlang der Nikolai- straße durch den Ortskern zur Alten Apo-theke. Das Gebäude wurde in der ersten

BautafelObjekt: Denkmalgerechte Sanierung der Alten Apotheke Bad Essen

Bauherren: Lea und Cord-Henrich Kormeyer

Betriebe: Kompetenzverbund Denkmalschutz: – Hartmann Bedachungen e. K., Bad Essen, Mitglied der

Dachdecker-Innung Osnabrück – Tischlerei Vielstädte, Ostercappeln – Olaf Purps Lehmbau, Bad Essen – Thomas Huge Bauunternehmen, Bad Essen – Heiko Hiese Malerfachbetrieb, Bad Essen – Sandstrahl Rogge, Hagen

material: Dachziegel Braas Achat 14

hersteller: Braas

Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaut und wahrscheinlich gegen 1800 umgebaut. Es soll als Gast- und Tanzhaus errichtet worden sein. Das Gebäude wurde auf vier alten rustikalen Säulen fundiert, die vermutlich aus einer Kirche stammten. Das Haus und somit auch die Apotheke hatten eine Schankkonzession. Zur Bie-dermeierzeit wird berichtet, dass „Apo-theker Becker“ regelmäßig zu „Abend-gesellschaften“ einlud. Hier wurden

entsprechend selbst gebraute Magenli-köre und Schnäpse verkostet. Auch wird berichtet, dass Napoleon eine Nacht im Haus verbrachte.

historischer Bau wird WohlfühlhotelEine weitere Besonderheit hat das denk-malgeschützte Gebäude aufzuweisen. Die Offizin der „Alten Apotheke“ hat eine komplette, museale Inneneinrich-

Impressionen aus der Bauphase: Die Gauben wurden ebenso wie die gesamte Dachfläche mit einer diffusions- offenen Unterdeckplatte in 35 mm Stärke bekleidet.

Die Sparrenabstände sowie die Abstrebungen des historischen Gebälks betragen bis zu 1,6 m.

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tung. Das Gebäude stand aber schon längere Zeit leer. Es fand sich kein In-vestor, der das denkmalgeschützte Gebäude restaurieren und einer neuen Nutzung zuführen wollte. Bis sich ein junges Paar in das Gebäude verliebte und dieses mit dem Plan erwarb, ein kleines, aber feines „Wohlfühlhotel“ mit Café zu eröffnen. Hierzu waren einige Sanierungs- und Umbauarbeiten erfor-derlich. Mit dem Abbruch eines Nach-bargebäudes konnte die Gemeinde ein sichtbares Zeichen für die Umsetzung ihres Entwicklungskonzepts Nikolais-traße setzen und gleichzeitig die Vor-aussetzung für die neue Nutzung der Alten Apotheke schaffen, die als eines der markantesten Gebäude im histo-rischen Ortskern erhalten bleibt. Die Neunutzung der Alten Apotheke trägt auch zum Konzept „Cittaslow“ (siehe Kasten Seite 14) bei, mit dem die Stadt ihr touristisches Profil weiterentwickeln will. Für die Bauherren stand fest, dass das besondere Konzept ihres Hotels nur mit ökologischen sowie regionalen Baustoffen umgesetzt werden kann. Die Eingriffe in die Struktur des Gebäudes sollten so gering wie möglich sein. In Abstimmung mit der Denkmalbehörde des Landkreises Osnabrück wurde ein Umbau- und Sanierungskonzept aufge-stellt. So konnten sieben Zimmer und Appartements in zwei Kategorien mit

Studios von 20 bis 28 m² sowie eine Sui-te mit circa 60 m² realisiert werden. Um die Erschließung der Geschosse auch barrierefrei sicherzustellen, wurde ein Lift als einziger größerer Eingriff in die Struktur des Gebäudes integriert. Durch den Dachgeschossausbau wurde auch eine Wohnung für die Bauherrenschaft ermöglicht. Es mussten nur drei neue Gauben in Stil und Form der bereits vor-handenen eingebaut werden. Über ein Wohnraumdachfenster wird im Brand-fall die erforderliche Rauchentlüftung sichergestellt.

gebündelte kompetenz im DenkmalschutzFür die gesamten Arbeiten am Dach wurde der Kompetenzverbund Denk-malschutz Bad Essen beauftragt, in dessen Verbund gewerkübergreifend für jedes Fachgebiet Unternehmer be-teiligt sind, die sich auf die Sanierung, Pflege und Wartung spezialisiert haben. Zu ihnen zählt auch Dachdeckermeister Frank Hartmann, Inhaber der Hartmann Bedachungen, der sämtliche Arbeiten am Dach koordinierte. Der Dachstuhl des Gebäudes war ebenso wie das Fachwerk noch intakt. Die nach dem Dachausbau sichtbaren Stützen und Träger wurden sandgestrahlt. Das ab-gestrebte Kehlbalkendach mit doppelt stehendem Stuhl weist besonders große

Ansicht des fertig vermörtelten Firstes

Die Grate führte das Team nach den Anforderungen der Denkmalpflege vermörtelt aus.

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mit einem zweilagigen Kalkputz ver-putzt. Das sichtbare Fachwerk wurde mit einer diffusionsoffenen Mineralfarbe gegen Witterungseinflüsse geschützt. Die Wandinnenseiten erhielten über die Balken hinweg eine Innendämmung mit Holzfaserplatte sowie einen mehrla-gigen Lehmputz, der auch nicht weiter farblich behandelt wurde. Somit entsteht ein diffusionsfähiger Wandaufbau, der zur Konservierung der Fachwerkbalken beiträgt. Für die Dacheindeckung wählte

Sparrenabstände mit bis zu 1,60 m Ab-stand auf. Dadurch gibt es auch größere Unregelmäßigkeiten im Dachverlauf. Diese sollten auf Wunsch der Denkmal-pflege auch bei der Neueindeckung erhalten bleiben. Für den Brandschutz war es günstig, dass die alten Holzbal-kendecken mit Lehm verfüllt waren. Nach dem Abriss der alten Dachpfan-nen sowie der Traglattung ordneten die Dachdecker auf den Sparren eine diffu-sionsoffene Unterdeckplatte mit 35 mm Stärke an. Darauf konnte die Konter-lattung 6 × 6 cm verlegt werden. Nach dem dachinnenseitigen Verlegen einer luftdichten Dampfsperrschicht wurde der Sparrenzwischenraum mit Zellulo-sefaser-Dämmstoff ausgeblasen. Auch die Installationsebene auf der Raumin-nenseite erforderte wegen der großen Sparrenabstände stärkere Lattenmaße sowie verringerte Abstände. Das Dach-geschoss wurde dann mit Gipskarton bekleidet.

norddeutscher charme am DachDie alte Fassadenbekleidung wurde ab-gerissen, das Fachwerk sandgestrahlt, soweit erforderlich ergänzt und erneu-ert. Es wurden Fehlstehlen im Verputz er-gänzt. Hierzu wurden auch Staken gefer-tigt und Strauchruten mit Anwurflehm verschlossen. Die Lehmgefachaußen-seiten wurden nach dem Austrocknen

Luftbild des verträumten Kurorts: Die Alte Apotheke liegt

unweit der 500 Jahre alten Kirche St. Nikolai.

Frühere Apotheker haben sich auf Wandgemälden wohl sehr intensiv mit den Ergebnissen ihrer Destillate auseinandergesetzt.

cittaslOW-netzWerkRegionalität und nachhaltiges Handeln stehen im Vordergrund des Netzwerks Cittaslow. Eine Cittaslow, eine entschleunigte Stadt, ist eine Umfeld, in der Men-schen leben, die neugierig auf die wiedergefundene Zeit sind, die reich ist an Plätzen, Theatern, Geschäften, Cafés, Restaurants, Orten voller Geist, ursprüng-lichen Landschaften, faszinierender Handwerkskunst, wo der Mensch noch das Langsame anerkennt, den Wechsel der Jahreszeiten, die Echtheit der Produkte und die Spontaneität der Bräuche genießt und den Geschmack und die Gesund-heit achtet.

intervieW

„ Zu neuem Leben erwecken“Drei Fragen an Dachdeckermeister frank hartmann, Inhaber der Hart-mann Bedachungen e. K., Bad Essen.

Wie sind Sie als Kompetenzverbund Denkmalschutz zu diesem Auftrag gekommen?Einmal jährlich findet bei uns der Historische Markt statt, zu dem sich die Einwohner mit historischen Kos-tümen verkleiden. Neben musikali-schen Aufführungen werden auf den Marktständen neben selbst gemach-ter Marmelade, Brot, Käse und Wurst auch historische Handwerkskünste wie Korbflechten, Weben, Drech-seln, Holzschuhmachen, Böttchern, Schmieden, Klöppeln und Blaudruck dargeboten. Hier zeigt auch der Kom-petenzverbund seine Dienstleistung. Die Bauherren der Alten Apotheke ha-ben uns hier gefunden.

Und was macht den Kompetenzver-bund aus?Im Verbund können wir beispielsweise eigene Planungsleistungen anbieten. Da wir uns nun schon seit einiger Zeit gut kennen, klappt die Abstimmung und Zusammenarbeit bestens. Wir arbeiten schon lange mit der Denk-malpflege zusammen und kennen die Anforderungen. So funktioniert auch die Abstimmung über Handwerks-

mit dem Denkmalschutz unter einen Hut zu bekommen. Wir haben hier beispielhafte Lösun-gen für Dach, Fassade und Fenster erarbeitet. Da ist ein großes Ver-trauen gewachsen. Uns macht es einfach großen Spaß, alte Häuser zu sanieren und zu neuem Leben zu er- wecken.

Frank Hartmann mit seiner Frau Nicole

das Hartmann-Team in Abstimmung mit dem Denkmalschutz einen Dachziegel im Geradschnitt (Hanseat) in Naturrot. Dieser Ziegel vermittelt mit dem zu-rückhaltenden Profil den Eindruck eines traditionellen, norddeutschen Hohlzie-gels. Der Ziegel ist circa 260 × 442 mm groß und hat eine variable Decklänge. Dadurch ergeben sich variable Höhen-überdeckungen von 86 bis 108 mm bei einer Regeldachneigung von 22°. Die Dachziegel wurden mit entsprechenden

Sturmklammern gegen Windsog nach einer Windsogberechnung gesichert. Die Gauben und Dachkästen wurden mit rohen Eichenholzbrettern verschalt. Die Grate und Firste wurden auf Anre-gung der Denkmalbehörde vermörtelt. In die Dachfläche wurden auch Lüfter-ziegel integriert. Die alten Fenster wur-den überarbeitet; um den Wärmeschutz sicherzustellen, wurde innenseitig ein Kastenfenster mit besonders schmalen Profilen angeordnet.

techniken sehr schnell. Wir sind mit alten Handwerkstechniken wie beispielsweise der Verlegung von Strohdocken vertraut.

Und welche wiederkehrenden Hürden gibt es bei der Sanierung in der Denk-malpflege?Dazu gehört ganz sicher, die modernen Anforderungen an den Wärmeschutz

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Suchbegriffe online: www.ddh.de

Steildach

Denkmalpflege

Windsogsicherung

Dachziegelautorhorst pavel ist Leiter der Anwendungs technik bei der Braas GmbH in Oberursel.

abschluss just in timeDie Sanierung des Gebäudes ging in-nerhalb von einem halben Jahr über die Bühne. Hierfür waren sicher die saubere Planung, vor allem aber die Beauftra-gung von erfahrenen Unternehmen ver-antwortlich. So wurden die Bauherren schon frühzeitig auf den Kompetenz-verbund Denkmalschutz aufmerksam. Im Kompetenzverbund Denkmalschutz arbeiten etablierte Handwerksbetriebe

aus verschiedenen Fachrichtungen sehr eng zusammen. Der Verbund bietet Komplettrestaurierungen von histo-rischen Bauten aus einer Hand an. Die Arbeiten werden hervorragend koordi-niert und abgewickelt. So konnten die Bauherren auch auf einen Bauleiter ver-zichten. Dem Verbund sind Tischler, Zim-merer, Dachdecker, Malerfachbetriebe, Bauunternehmen, Dämmspezialisten sowie Galabauer angeschlossen. //

Nach der Sanierung wird das Gebäude ein Wohlfühlhotel mit Café.

Nach historischem Vorbild sind die Gefache und Fenster der Alten Apo-theke saniert.

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