Der Autor und Frank nach Lear-Aras - dr-reinschmidt.com · als mit dem prominenten und allseits...

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Im Frühjahr 2010 reisten der beliebte Showmaster und Modera- tor Frank Elstner und der ebenfalls aus dem Fernsehen bekannte Kurator der Loro Parque Fundación, Dr. Matthias Reinschmidt, zu den blauen Aras nach Brasilien. Begleitet wurden sie von einem Team des Südwestrundfunks (SWR), das Material für einen zwei- teiligen Dokumentarfilm zusammentrug, welcher im Dezember im deutschen Fernsehen zu sehen sein wird. Exklusiv für das WP- Magazin berichtet Matthias Reinschmidt vorab von der außerge- wöhnliche Reise zweier Vogelfreunde zu den „blauen Wundern“. 16 Der Autor und Frank Elstner halten Ausschau nach Lear-Aras

Transcript of Der Autor und Frank nach Lear-Aras - dr-reinschmidt.com · als mit dem prominenten und allseits...

Im Frühjahr 2010 reisten der beliebte Showmaster und Modera-tor Frank Elstner und der ebenfalls aus dem Fernsehen bekannteKurator der Loro Parque Fundación, Dr. Matthias Reinschmidt, zuden blauen Aras nach Brasilien. Begleitet wurden sie von einemTeam des Südwestrundfunks (SWR), das Material für einen zwei-teiligen Dokumentarfilm zusammentrug, welcher im Dezemberim deutschen Fernsehen zu sehen sein wird. Exklusiv für das WP-Magazin berichtet Matthias Reinschmidt vorab von der außerge-wöhnliche Reise zweier Vogelfreunde zu den „blauen Wundern“.

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Der Autor und FrankElstner halten Ausschau

nach Lear-Aras

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Eine Reise mit FrankElstner und Matthias

Reinschmidt

Hyazintharaim Pantanal

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Zum ersten Mal live erlebte ichden großen Showmaster FrankElstner, den ich schon seit

Jahrzehnten aus dem Fernsehenkannte, Ende Juni 2004. Damals warich zu Gast in seiner wöchentlichenTalkshow „Menschen der Woche“,die im Südwestfunk (SWR) ausge-strahlt wird, in Baden-Baden. Daserste Zusammentreffen fand kurzeZeit vor der eigentlichen Sendungstatt. Freundliche Helfer führten michin Elstners Garderobe. Hier wurdeich ebenfalls überaus freundlichempfangen und erlaubte mir gleichbei der Begrüßung den Scherz: „Siekenne ich ja schon lange!“ Auf dieverwunderte Nachfrage: „Woherdenn?“ antwortete ich: „Natürlichaus dem Fernsehen.“

Wir unterhielten uns kurz, denn HerrElstner wollte die eine oder andereFrage ansprechen, die mir nachherin der Show gestellt werden sollte,aber schon nach der zweiten Fragebrach er ab und sagte: „Ich seheschon, mit Ihnen komme ich klar;wenn Sie mir nachher in der Showgenauso engagiert auf meine Fragenantworten, dann ist das perfekt. Siemüssen wissen, ich musste schonetwas Überzeugungsarbeit bei mei-nem Intendanten leisten, als er hörte,ich wolle da einen ‚Papageien-Bio-logen’ aus Teneriffa einfliegen las-sen, damit er über den Schlupf einesSpix-Aras berichtet. Wegen eines

Vogels so einen Aufwand? Wir müs-sen denen zeigen, dass da auchwirklich etwas hintendran steht.“ Inder anschließenden Fernsehsendungwaren die Einschaltquoten geradedann am höchsten, als Frank Elstnerund ich über den sensationellenSchlupf eines Spix-Aras (Cyanopsit-ta spixii) in der Loro Parque Funda-ción (LPF) sprachen!

Das Faszinierende an dieser Vogel-art war und ist, dass sie zwar in derNatur verschwunden ist, einigewenige Tiere in Menschenobhutaber noch vorhanden sind und unteranderem die Loro Parque Fundación(LPF) auf Teneriffa große Anstren-gungen unternimmt, diese Vogelartdurch Zucht zu erhalten, um sieirgendwann einmal wieder in ihremnoch vorhandenen natürlichen Habi-tat in der Caatinga Brasiliens auszu-wildern zu können und sie somitlangfristig der Natur wieder zurück-zugeben.

Wir hielten den Kontakt aufrecht,und Ende 2008 besuchten FrankElstner und seine Familie erstmalsden Loro Parque. Begeistert vondem Einsatz, den der Park für seineTiere bietet, aber auch von denErhaltungsprojekten für bedrohteTierarten weltweit, freute es ihnsehr, als er von der Loro ParqueFundación zu deren Botschafterernannt wurde. Wir lernten Herrn

Elstner als sehr tierverbundenenMenschen kennen, der sich für denErhalt von Tieren und ihrer Umwelteinsetzt, und so überlegte er auchnicht lange, als wir ihm vorschlu-gen, mich bei meiner Brasilienreiseim März/April 2010 zu begleiten.Dabei sollte er die Möglichkeit be-kommen, verschiedene Papageien-schutzprojekte der LPF kennenzu-lernen sowie verschiedene Lebens-räume der Tiere zu besuchen.

Am Sonntagmorgen des 21. März2010 war es so weit: Frank Elstnerkam erneut nach Teneriffa zur LPF,um mit mir eine ganz besondereMission zu erleben. Am Abend zu-vor hatte er noch seine TV-Show„Menschen der Woche“ moderiertund sich danach seine gewöhnlichlang getragene Haarpracht radikalkürzen lassen, denn er wollte für denTrip in die Wildnis gut gewappnetsein. Begleitet wurden wir voneinem Filmteam des SWR unter derredaktionellen Leitung von FrauAlexandra Ziegler. Der Sender woll-te eine Dokumentation über unsereReise drehen, was wir sehr begrüß-ten, denn wie kann man das ThemaArtenschutz einer großen Öffent-lichkeit besser zugänglich machenals mit dem prominenten und allseitsbeliebten Botschafter Frank Elstner?

In meinem Büro konnte ich HerrnElstner zu meiner großen Freudeein gerade mal elf Tage altes

Spix-Ara-Küken vorstellen, das ichzu dem Zeitpunkt von Hand aufzog.Es war das inzwischen fünfte Jung-tier seit dem Aufzuchterfolg im Jah-re 2004. Im Anschluss an die Fütte-rung setzte ich Herrn Elstner dasKüken in die Hände, an denen erzum Schutz des Kleinen Handschu-he trug, und zog ihn damit in den„Bann der Spix-Aras“. Ich spürte,wie es ihn bewegte, ein winzigesKüken einer Papageienart zu halten,die in der Natur ausgerottet war, unddarin die Hoffnung zu sehen, dass esuns vielleicht doch noch eines Tagesgelingen würde, diese Art vor demendgültigen Verschwinden von un-serem Planeten zu bewahren.

Ein Hauptgrund unserer Reise nachBrasilien war zunächst der Transporteines in der LPF im Jahre 2007geschlüpften weiblichen Spix-Arassowie eines im Jahre 2008 ebenfalls

Die Reisebeginnt

Vor der eigentli-che Reise in die

Lebensräumeder blauen Aras

brachten Mat-thias Rein-

schmidt undFrank Elstner

einen Spix-Araund einen Lear-

Ara, die in derLoro Parque

Fundacióngeschlüpft wa-

ren, zu zweiZoos in Bra-

silien, wo sie imRahmen der

Zuchtprogram-me verpaart

werden sollen.

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dort geschlüpften männlichen Lear-Aras (Anodorhynchus leari). BeideVögel sollten innerhalb der interna-tionalen Zuchtprogramme für diesebeiden Arten geeignete, nicht ver-wandte Partner in Brasilien bekom-men. Der Spix-Ara war für den Zooin São Paulo vorgesehen, der Lear-Ara für den Zoo in Belo Horizonte.Die Elternpaare der beiden zumTransport vorgesehenen Aras ge-hören der brasilianischen Regierungund sind der LPF lediglich zu Zucht-zwecken zur Verfügung gestellt wor-den. Mit diesem Rücktransport derauf Teneriffa geschlüpften Jungtierenach Brasilien bestätigte die LPFnun auch das in sie gesetzte Vertrau-en, denn erstmals in der Geschichteder beiden Zuchtprogramme wurdennun zwei für Brasilien gezüchteteAras zu Zuchtzwecken zurückge-bracht.

Während ich schon einigeTiertransporte in meinemLeben durchgeführt habe,

war es für Frank Elstner eine ganzneue Erfahrung, mit zwei der sel-tensten Papageien der Welt im Flug-zeug von einem Kontinent zum an-deren zu reisen. Nicht nur die Vorla-ge unzähliger Dokumente war erfor-derlich, auch zahlreiche Kontrollenvon Beamten auf beiden Seiten derGrenzen waren notwendig und nah-men uns in Beschlag. Aber am Ende

war alles gut, und die beiden Vögelkonnten am Flughafen São Paulowohlbehalten der Koordinatorin derbeiden Zuchtprogramme, der brasi-lianischen Biologin Dr. Yara Barros,übergeben werden, die den Trans-port in die staatliche Quarantänebestens organisiert hatte. Sie war esauch, mit der wir dann die nächstenTage erleben durften.

Wohl kaum ein Wissenschaftlerkennt die Caatinga, die trockeneDornbuschsavanne im NordostenBrasiliens, besser als Yara, denn siehat über fünf Jahre hinweg – zwi-schen den Jahren 1995 und 2000 –den letzten freilebenden Spix-Arabewacht, beobachtet und unzähligeDaten zur Biologie dieser Art ge-sammelt, so dass sie die ideale Füh-rerin und gleichzeitig eine geübte„Rallyefahrerin“ unseres Gelände-wagens war.

Zunächst waren wir in der Ge-gend des Städtchens Curaçaauf Spurensuche. Hier lebten

bis ins Jahr 2000 die letzten Spix-Aras in ihrem natürlichen Lebens-raum. Am 5. Oktober 2000 wurdedas bis dahin seit zehn Jahren alleinlebende Spix-Ara-Männchen letzt-malig gesehen, bevor es spurlos ver-schwand. Wir besuchten den letztenBrutbaum und sahen dort die Nist-höhle, in der bis vor einigen Jahr-zehnten Jungvögel erbrütet wurden.Der Lebensraum mit seinen domi-nierenden Caraibeira-Bäumen (Ta-bebuia sp.) an den nur saisonal Was-ser führenden Flüssen und Bächenscheint noch in Ordnung. Auch Rot-rückenaras (Primolius maracana),eine weitere Ara-Art, die in der Caa-tinga lebt, gibt es dort noch zahl-reich. Diese Vögel konnten wir häu-

In derCaatinga

Das Gebiet imNordosten Bra-siliens, in demder Spix-Araheimisch warund die Lear-Aras (Bild links)jetzt wieder ingrößerer Zahlzu finden sind,gehört zu denärmsten desLandes. DieAufklärungs-arbeit in demSchulen istdaher äußerstwichtig für denErfolg der Ar-tenschutzpro-jekte (Bildunten).

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fig beobachten, nur die Spix-Arasfehlten.

Für die Kinder der Region hattenwir 200 T-Shirts der LPF dabei, dieals Motiv zwei junge Spix-Aras zei-gen. Ein Zeichen der Hoffnung, dasauch die jungen Menschen tragensollen, denn sie sind es, die sichkünftig für den Schutz ihrer Umwelteinsetzen müssen. Wo besser als inder Schule kann ihnen dieses Themavermittelt werden? Folglich besuch-ten wir die Kinder auch dort. Sieführten für uns ein kleines Theater-stück auf und gaben uns selbstge-malte Bilder mit, die Motive desletzten Spix-Aras zeigen. Ein wun-derbares Geschenk, das wir in Ehrenhalten werden.

Unsere Reise setzte sich fort inRichtung Canudos, wo dieLear-Aras leben. Hier ver-

weilten wir mehrere Tage, um dieVögel in aller Ausführlichkeit undzu verschiedenen Tageszeiten zubeobachten. Mächtige rote Sand-steinfelsen ragen aus der ansonsteneher flachen Landschaft hervor, undgenau dort haben die Lear-Aras ihreBrutplätze. Angepasst an den Le-bensraum finden die Aras nur hierHöhlen, die groß genug sind, umPlatz für das Brutgeschäft der Tierezu bieten, denn große Bäume sind indieser Gegend selten.

Am frühen Morgen kurz nach dreiUhr standen wir auf, um nach einerhalben Stunde Fahrt über Sandpisten

am Fuße der mehrerehundert Meter hohenFelsklippen anzu-kommen. Von hieraus und von etli-chen einheimi-schen Trägern un-terstützt, welchedie gesamte Aus-rüstung des Film-teams die Felsenhochschleppten,machten wir uns, mitStirnlampen „bewaff-net“, in noch völligerDunkelheit an den Auf-stieg. Kein leichtes Unter-fangen, denn die Wege warenschmal und der Abgrund tief, abernach knapp einer Stunde und beigerade einbrechendem Tageslichterreichten wir das Hochplateau aufden Felsen, das uns eine atemberau-bende Aussicht bot.

Von überall her hörten wir nun daslaute Gekreische der aus den Höhlenkommenden Lear-Aras, die sichzunächst in Rundflügen über denSteilwänden sammelten, um danngemeinsam auf Nahrungssuche zufliegen. Erst 20, dann 30, später 50und zuletzt über 150 Lear-Arasgleichzeitig konnten wir zählen, diein nur wenigen Metern Höhe überuns hinwegflogen und dabei einenohrenbetäubenden Lärm veranstalte-ten. Dennoch oder gerade deshalbwar das für uns tief beeindruckendund erzeugte ein großes Gefühl derDankbarkeit, ein solches Natur-

schauspiel einer bedrohten Papagei-enart hautnah erleben zu dürfen.

Erst im Jahre 1978 wurde dasVerbreitungsgebiet der Lear-Aras in Brasilien entdeckt.

Zwar hatte schon Bonaparte 1856den Lear-Ara für die Wissenschaftbeschrieben, aber keiner kannte dieHerkunft der einzeln in Zoos oderMuseen aufgetauchten Tiere genau.Außer dass sie aus Brasilien stamm-ten, wusste man nichts. So hatte essich der deutschstämmige brasiliani-sche Ornithologe Professor HelmutSick zur Lebensaufgabe gemacht,

die Heimatdes

Lear-Aras zu fin-

den. Er ging auf zahlreichen Expedi-tionen vielen Hinweisen nach undüberprüfte sie, bis er am 31. Dezem-ber 1978 in seinem 73. Lebensjahrendlich bei den Felswänden beiCanudos auf die Vögel stieß.

In den 1980er Jahren ging man voneinem Restbestand der Lear-Arasvon weniger als 100 Tieren aus.Durch zahlreiche Schutzmaßnah-men, die dann eingeleitet und auchvon der LPF tatkräftig unterstütztwurden, gelang es mittlerweile, denBestand wieder auf etwa 1.000 Tiereanwachsen zu lassen. Ein enormerErfolg für dieses Artenschutzpro-jekt, womit sich auch zeigt, dassman mit geeigneten Schutzmaßnah-men Arten vor dem Verschwindenretten kann.

Rettung inletzter

Sekunde

Der Lear-Aragalt vor 20 Jah-

ren bei vielenFachleuten als„nicht mehr zuretten“. Heute

hat sich der Be-stand der Art im

Freiland auf1.000 Tiere er-

höht (Bild oben)– ein phantasti-

scher Erfolg derArtenschutz-

arbeit. Niemandkennt die Caa-tinga und den

Spix-Ara besserals die BiologinDr. Yara Barros

(Bild rechts),die Frank Elst-

ner und Matthi-as Reinschmidt

durch die tro-ckene Land-

schaft Bahiasführte.

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Wir verbrachten den ganzen Tag aufden Felsen und konnten viele Paaredabei beobachten, wie sie von ihrenNahrungsflügen zurückkamen undihre Felshöhlen aufsuchten, um ihreJungtiere, die dort auf Futter warte-ten, zu versorgen. Wie die Arasdabei, hoch aus den Lüften kom-mend, in die Steilwände einflogen,dabei ihre lauten Schreie vortrugenund dann zunächst am Felsrandeinen Sitzplatz einnahmen, bevor sievorsichtig und immer wieder dieGegend beobachtend zu ihren Höh-len hinabflogen, das war schonziemlich beeindruckend für uns, diewir am oberen Rand der mehrerehundert Meter hohen FelswändePosition bezogen hatten. Die Stilleder Gegend genießend, welche diedurchdringenden Schreie der Lear-Aras nur hin und wieder durchbra-chen, wurde uns eines ganz klar:Wir waren hier nur Gast, das ganzeGebiet der Felswände gehört ein-deutig den Aras. Sie dominierendiese Landschaft in einer unglaubli-chen Art und Weise und lassen dabeikeinen Zweifel aufkommen, wer derrechtmäßige Besitzer ist. Uns aberließen sie ein klein wenig daran teil-haben.

In den nächsten Tagen suchten wirin der weiteren Umgebung nach denNahrungsbäumen der Lear-Aras, denLicuri-Palmen (Syagrus coronata),denn die Nüsse dieser Palme ge-hören zur Hauptnahrung der Vögel.Wir konnten viele Paare und kleine-re Gruppen bis zu zehn Tieren, aberauch etwa 30 Tiere gemeinsam inden Licuri-Palmen fressend oder aufhöheren blätterlosen Bäumen ras-tend entdecken.

Nicht nur Frank Elstner, derzum ersten Mal Papageien sointensiv erlebte, war beein-

druckt, auch mich fasziniert es im-mer wieder aufs Neue, Papageien inihren natürlichen Lebensräumen zubeobachten. Brasilien ist das Landder blauen Aras. Jede der vier Artenhat ein unterschiedliches Schicksal,aber alle Arten gelten zumindest alsbedroht. Am schlimmsten erging esdem Meerblauen Ara (Anodorhyn-chus glaucus): Das wohl letzte über-lebende Exemplar starb 1938 imZoo von Buenos Aires. Seither giltdie Art auch in der Natur als erlo-schen.

Der Spix-Ara nimmt den zweitenPlatz auf der Bedrohtheitsskala ein.Er ist zwar seit dem Jahr 2000 in derNatur verschwunden, aber in Men-schenobhut hat zumindest eine Rest-population überlebt und es wird al-les daran gesetzt, dass diese Arteines Tages durch Wiederauswilde-rung der Natur zurückgegeben wer-den kann. Ob das langfristige Über-leben gelingen wird, steht aber der-zeit noch in Frage.

Den dritten Platz auf der Be-drohtheitsliste nimmt derLear-Ara ein, dessen Popula-

tion sich im Freiland dank gezielterSchutzmaßnahmen enorm erholt hatund nun wieder etwa 1.000 Tierezählt. Auch das parallel aufgebauteZuchtprogramm zeigt erste Erfolge,und der Bestand von wenigen Tierenhat sich dank der Nachzuchterfolgeinzwischen auf über 70 Tiere erhöht.

Den vierten und letzten, aber ausSicht des Artenschutzes besten Platznimmt der Hyazinthara (Anodorhyn-chus hyacinthinus) ein. Der Größteunter den Papageien ist auch dankseines intensiv kobaltblauen Gefie-ders einer der beeindruckendstenPapageien überhaupt. Sein Haupt-verbreitungsgebiet liegt im brasilia-nischen Pantanal, dem größtenSumpfgebiet der Erde. Dort war derBestand an Hyazintharas vor 20 Jah-ren aufgrund des intensiven Handelsmit diesen seltenen und wertvollenPapageien, aber auch wegen rück-sichtsloser Lebensraumzerstörungauf etwa 1.500 Tiere zurückgegan-gen. Inzwischen leben hier wieder5.000 Hyazintharas. Verantwortlichfür diesen großen Erfolg im Arten-schutz ist in erster Linie die Biolo-gin Dr. Neiva Guedes.

Dorthin sollte uns nun unsere weite-re Reise führen, damit wir am Endesagen konnten, wir haben sie allegesehen, die „Blauen Wunder“ Bra-siliens. Außerdem wollten wir unsals Botschafter der LPF einenÜberblick darüber verschaffen, wieandere Schutzprojekte arbeiten, umGemeinsamkeiten zu finden, diesich auf eigene Projekte übertragenlassen. Eine enge Zusammenarbeitder Artenschützer ist stets wichtig,denn oft lassen sich positive Erfah-rungen des einen Projektes auch aufandere Projekte übertragen.

Der Pantanal als größtes Sumpfge-biet der Erde bietet eine unglaubli-che Artenvielfalt. Mit einer Flächevon 230.000 Quadratkilometern istes genauso groß wie die Bundesre-publik Deutschland vor der Wieder-vereinigung. Allein über 600 Vogel-arten sind hier nachgewiesen. ImGegensatz zur trockenen Savannen-gegend der Caatinga kamen wir hierin ein grünes, von Artenvielfalt do-miniertes Gebiet. Wir bekamen stän-dig Neues zu sehen, egal wohin wir

FeuchtesTierparadies

Im Pantanal,dem größtenSumpfgebietder Welt, lebenRiesentukane(Bild oben) undHyazintharas,die weltgrößtenPapageien.

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fuhren oder uns bewegten. Aberunser eigentliches Ziel waren dieGrößten unter den Papageien, dieHyazintharas.

Diese beeindruckenden Aras solltenwir im Refúgio Ecológico Caimanfinden. Dort hat Neiva Guedes auchihre Feldstation und ihr Informati-onszentrum aufgebaut. Das größteProblem, das die Population desHyazintharas im Pantanal hatte, war

der Mangel an Nistplätzen, dennviele alte hohe Bäume, die großgenug gewesen wären, um Nist-höhlen für derart große Papageienzu bieten, waren der Säge zum Op-fer gefallen. Durch das Anbringenund dauerhafte Unterhalten von 240Nistkästen, die von den Hyazinth-aras auch gerne angenommen wer-den, gelang der Biologin und ihremTeam die Trendwende, so dass in-zwischen wieder 5.000 Hyazintharas

im ganzen Pantanal leben, mit wei-terhin steigender Tendenz. Ein groß-artiger Erfolg, der vor allem einereinzigen Person zu verdanken ist,die auch ein großes persönlichesEngagement in ihre Arbeit einbringt.Sie ist der „Engel“ der blauen Papa-geien im Pantanal und ohne sie stün-de es höchstwahrscheinlich heutesehr viel schlechter um diese Papa-geienart.

Die Reise auf den Spuren derblauen Aras Brasiliens hatmir zusammen mit Frank

Elstner große Freude bereitet, dennwir haben als Vertreter der Loro Par-que Fundación gesehen, wie bedroh-te Arten dank des unermüdlichenEinsatzes engagierter Artenschützergerettet werden können oder aufdem besten Wege dazu sind, dochnoch vor dem endgültigen Ausster-ben bewahrt zu werden. Dies machtHoffnung für die Zukunft. FrankElstner formulierte sogar die Worte:„Das war die schönste Reise meinesLebens, und ich bin tief beeindrucktvon dem, was ich gesehen habe. Ichwerde auf jeden Fall wieder hierherkommen.“

Von unserer Reise entstand eine aus-führliche Fernsehdokumentation, dienun in zwei Versionen für das deut-sche Fernsehen aufgearbeitet wurde.Der SWR wird eine längere Version,und zwar eine aus zwei jeweils 45-minütigen Teilen bestehende Sen-dung ausstrahlen (voraussichtlicheSendetermine sind der 25. und 26.Dezember 2010), während die ARDim ersten Programm eine 48-minüti-ge Zusammenfassung senden wird(voraussichtlicher Sendetermin istder 8.1.2011). Allen Papageien- undTierfreunden sowie allen, die sichfür den Erhalt der Tier- und Umwelteinsetzen, denen der Naturschutz amHerzen liegt, können diese Sendun-gen nur empfohlen werden. Sie un-terhalten nicht nur, sondern gebenauch einen tiefen Einblick in die Ar-beit engagierter Naturschützer, diesich mit ihrem ganz speziellen Bei-trag für den Erhalt der biologischenVielfalt unseres Planeten einsetzen.

Am Ziel!

Am Ende ihrerReise zu denblauen Aras

Brasilien standein Besuch der„Artenschutzle-

gende“ NeivaGuedes (Bildunten Mitte). ©

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Kontaktadresse zu Autor:Dr. Matthias Reinschmidt, Loro ParqueFundación, 38400 Puerto de la Cruz,Teneriffa, Spanien, E-Mail: [email protected]