Der Burgwall Grapenwerder

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Der "Grapenwerder" bei Penzlin (Mecklenburg-Vorpommern) Westlicher Blick von der Landstrasse Puchow - Penzlin zum "Grapenwerder", Sommer 2012 Etwa einen Kilometer nördlich von Penzlin im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte liegen die Wallreste einer eingliedrigen frühslawischen Höhenburg. Das auf einer leichten Anhöhe liegende Bodendenkmal trägt seit langer Zeit den Flurnamen "Grapenwerder". Diese alte Bezeichnung ist vermutlich auf den Fund von "Grapen" (frühdeutsche Töpfe) zurückzuführen.

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Цариградски друм

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Der "Grapenwerder" bei Penzlin (Mecklenburg-Vorpommern)

Westlicher Blick von der Landstrasse Puchow - Penzlin zum "Grapenwerder", Sommer 2012

Etwa einen Kilometer nördlich von Penzlin im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte liegen die Wallreste einer eingliedrigen frühslawischen Höhenburg. Das auf einer leichten Anhöhe liegende Bodendenkmal trägt seit langer Zeit den Flurnamen "Grapenwerder". Diese alte Bezeichnung ist vermutlich auf den Fund von "Grapen" (frühdeutsche Töpfe) zurückzuführen.

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Heutige Lagesituation nach Ronny Krüger 2014

Die Höhenburg besteht heute aus einem fast kreisrunden Burgwall von maximal 160 m Durchmesser. Da das Burgareal seit sehr langer Zeit landwirtschaftlich genutzt wird, wurde der ursprüngliche Wallkessel verfüllt und stellt heute ein bis zu 3 m hohes wallloses Plateau dar.

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Das bis zu 3 m hohe Burgplateau wird heute beackert, 2012

Die Höhenburg wurde sicher von den slawischen Wilzen im 8. Jahrhundert errichtet und stellte eine typische feldbergzeitliche "Volksburg" dar, die nur in Kriegszeiten oder zu besonderen Anlässen von der Bauernbevölkerung aufgesucht wurde. Die Burg war auf allen Seiten von feuchten Niederungen umgeben und war damit gegen feindliche Angriffe relativ gut gesichert.

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Am bis zu 3 m hohen Burgwall "Grapenwerder", 2012

Im Nordosten des Burgwalls befindet sich eine sehr breite Wallsenke, die den heutigen Zugangsbereich zum Burgareal darstellt. Nach meiner Meinung lag hier aber nicht das einstige Walltor der Burganlage. Diese Wallsenke entstand vermutlich erst in jener Zeit, als der Burgwall landwirtschaftlich genutzt wurde. Auf alten Flurkarten aus dem 19. Jahrhundert ist zu entnehmen, dass das slawenzeitliche Zugangstor im Südosten lag. Eine schwache Wallsenke ist dort noch heute zu erkennen. Der heutige Zugangsbereich im Nordosten ist auf den alten Flurkarten noch nicht eingezeichnet.

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Auf dem Burgareal mit Blick zum heutigen Zugangsbereich, 2012

Da bisher noch keine professionellen archäologischen Grabungen am "Grapenwerder" stattgefunden haben, muss vorerst offen bleiben, wie das Burgareal bebaut war. Vermutlich lagen die slawenzeitlichen Häuser direkt am inneren Wallfuß. Die Burgmitte war wahrscheinlich eher schwach besiedelt.

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So könnte der Burgwall einst ausgesehen haben (Freilichtmuseum Chotebuz, Slowakei) In der Mitte des 9. Jahrhunderts gingen fast alle Wilzenburgen unter. Der Frankenkönig "Karl der Große" zog im Jahr 789 persönlich mit einem großen Panzerheer gegen den aufständischen Wilzenkönig "Dragowit". Nach einer längeren Belagerung ergab sich der Wilzenkönig in seiner Burg Demmin-Vorwerk (Vermutung) der fränkischen Übermacht. Es wurden Geiseln gestellt und von dort an standen die Wilzen in loser Abhängigkeit zum Frankenreich. In der fränkischen Überlieferung wurde auch erwähnt, dass die Truppen von Karl dem Großen auf dem Zug zur Hauptburg des Wilzenkönigs viele andere Wilzenburgen zerstörten. Ob auch der "Grapenwerder" bei diesem Unternehmen direkt angegriffen und zerstört wurde, ist heute nicht mehr feststellbar. Bisher liegen vom Burgareal slawische Keramikreste des Feldberger, Fresendorfer und Menkendorfer Typs vor. Vermutlich diente das Burgareal auch nach der Aufgabe der Burg als Siedlungstelle bis in das 10. Jahrhundert. Etwa 700 Meter nordöstlich des "Grapenwerders" lag im 11. bis 12. Jahrhundert eine slawische Niederungsburg, die als "Fischerwall" (Gemarkung Lapitz) bezeichnet wird. Vermutlich handelte es sich hierbei um die Nachfolgeburg des "Grapenwerders".

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Blick von Osten zur Höhenburg, 2012

Auf dem Burgareal wurden in der Neuzeit auch frühdeutsche Scherbenreste und Münzen angetroffen, die auf eine Reaktivierung des alten Burgplatzes im 12./13. Jahrhundert hindeuten. Ob das Areal in jener Zeit wieder als Burg oder nur als einfache Siedlung diente, ist unbekannt. Zum Schluss dieser kleinen Publikation möchte ich auch eine alte überlieferte Sage vom "Grapenwerder" vortragen:

"Bei Penzlin, auf dem so genannten "Grapenwerder", soll einmal eine alte Wendenburg gestanden haben, deren Herren den Königen von Rethra dienstpflichtig waren. Der letzte Ritter, welcher auf dieser Burg hauste, hieß Wernicke. Die "Rethrarier " waren von den Sachsen mit gewaffneter Hand zum Christentum bekehrt worden. Aber sobald diese den Rücken wendeten, waren sie immer wieder zur Verehrung ihres alten Gottes Radegast zurückgekehrt, dessen Bildsäule von gediegenem Golde sich in Rethra befand. Einmal wurde diesem Gotte zu Ehren ein großes Fest gefeiert, zu welchem sich auch der Ritter Wernicke mit seinen Vasallen eingefunden hatte, als plötzlich Nachricht kam, dass die Sachsen heranrückten. Es verbreitete sich große Bestürzung. Ritter Wernicke eilte nach seiner Burg, wohin auch das Radegast-Bild geflüchtet werden sollte, um es vor den Christen zu retten. Doch waren die Sachsen zu schnell. Ritter Wernicke fiel im Kampfe, zündete aber vorher noch seine Burg an. Die Radegast-Bildsäule soll von den Priestern in eine sumpfige Wiese bei Penzlin, die »Trennelkoppel«, versenkt worden sein und sich noch darin befinden. Es wird von Schatzgräbern erzählt, die danach suchten, aber noch ist es keinem gelungen, diesen Schatz zu heben. Münzen, Streitäxte und Totenurnen sind

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auf dem Grapenwerder ausgegraben worden, und der Platz ist noch frei und von einer Hecke umgeben, wo die alte Burg gestanden hat, während das Land umher urbar gemacht ist."

Am Wall, Blick nach Norden 2012

Wer die Höhenburg "Grapenwerder" heute besuchen will, sollte sich dafür die kälteren Jahreszeiten von November bis April aussuchen. Von der Landstrasse Puchow - Penzlin führt ein Sandweg in die Niederung, an derem Ende die Höhenburg liegt. Dieser Weg ist für moderne Autos aber sehr unwegsam und daher nicht zu empfehlen. Am besten parkt man sein Auto an der Landstrasse und geht die ca. 800 m zu Fuß zum Bodendenkmal.

von Ronny Krüger, 2014