Der Diptam – selten und leicht entzündlich

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bei dem die 10 bis 25 Blüten von un-ten nach oben aufblühen. Die Blütensind groß und meist rosa mit dunk-lerer Aderung. Die strahlig-symmetri-schen Blüten sind aufgrund der Ein-wirkung der Schwerkraft leicht dor-siventral, wobei ein Kronblatt eine„Unterlippe“ bildet. Als Blütenbesu-cher fungieren vor allem Bienen undHummeln, die auf den waagrecht ab-stehenden, am Ende hochgebogenenStaubgefäßen landen, um den amBlütenboden durch einen ringförmi-gen Diskus ausgeschiedenen Nektaraufzunehmen. Die fünffächrige, et-was sternförmige Balgkapsel ist nurim unteren Bereich verwachsen undbeherbergt relativ große schwarzeSamen. Durch Turgoränderungen inden Früchten öffnen sich zur Samen-reife zunächst die beiden äußerenFruchtschichten, während anschlie-ßend das Endokarp explosionsartigaufreißt und die Samen mehrereMeter weit ausschleudert.

Die ganze Pflanzen und vor allemdie Blüten verströmen einen starkätherischen, zitronen- bzw. zimtarti-gen Geruch. Neben den lysigenenÖlbehältern der Blätter produzierenvor allem mehrzellige, purpurfarbeneDrüsen, die sich am Ende der Staub-gefäß-Filamente befinden, reichlichätherisches Öl. Besonders bei sehrwarmer und windstiller Witterunglässt sich die aus dem Blütenbereichverdunstende Ölwolke mit einemFeuerzeug leicht abflammen, ohnedass die Pflanze Schaden nimmt.Hiervon leitet sich die Bezeichnung„brennender Busch“ bzw. der Volks-name „Brennkraut“ ab. Der wissen-schaftliche Name Dictamnus beziehtsich auf den Berg Dikta auf Kreta, dasgriechische Wort thamnus bedeutet„Busch“. Das lateinische albus spieltauf die Blütenfarbe an, die aber eherselten reinweiß ist.

Neben seiner Verwendung alsZierpflanze in Bauern- und Kloster-

gärten wurden in früheren ZeitenKraut und Wurzel des Diptams in derVolksheilkunde genutzt, so soll er alsFrauenmittel etwa die Menses regu-lieren, „Fluor albus“ und Krämpfebeseitigen. Außerdem wurde er zumAustreiben der Nachgeburt und ge-gen Rheuma eingesetzt sowie äußer-lich auf Wunden aufgetragen. Zudemwurde er in alten Pflanzenbüchernzusammen mit Mistelzweigen undPfingstrosenwurzeln als Mittel gegenEpilepsie beschrieben, außerdemtreibt er den Harn und beseitigt Blä-hungen. Bei Hautkontakt kann esunter Sonneneinstrahlung allerdingszu phototoxischen Reaktionen kom-men. Inhaltsstoffe sind neben äthe-rischen Ölen Furochinolinalkaloide,Furanocumarine, Flavonoide undLimonoide. Von den Alkaloiden derPflanze kommt z.B. Dictamin in derWurzel und das Herzgift Skimniaminin den Blättern vor.

Der Diptam kommt in den außer-tropischen Gebirgen sowie demwestlichen Mittelmeergebiet bis Ost-asien vor, seine Hauptverbreitung be-sitzt er als Steppenheidenpflanze imsüdlichen Eurasien. Im Allgemeinenordnet man der Gattung nur die eineArt zu auch wenn diese über einegroße Variationsbreite verfügt undbestimmte Formen, vor allem in Mit-

Der Diptam (Dictamnus albus) istneben der im Mittelmeergebiet vor-kommenden und auch bei uns stel-lenweise eingebürgerten Weinraute(Ruta graveolens) der einzige einhei-mische Vertreter der Pflanzenfamilieder Rautengewächse (Rutaceae). Die-se sind mit etwa 150 Gattungen undwohl mehr als 1000 Arten vor allemin den Tropen beheimatet, wobeiSüdafrika und Australien als Verbrei-tungszentren gelten können. Vongroßer weltwirtschaftlicher Bedeu-tung sind allein die rund 40 Artender Gattung Citrus (Zitronen, Oran-gen etc.), die zu den ältesten Obst-gehölzen der Menschheit gehören.

Der Diptam ist eine ausdauernde,40 bis 120 (–150) cm hohe Pflanze,aus dessen Wurzelstock zumeist meh-rere, im oberen Bereich dicht flaumigbehaarte Sprosse aufsteigen. Die Blät-ter sind unpaarig gefiedert und durchdas Vorhandensein zahlreicher Öldrü-sen durchscheinend punktiert. Dieunverzweigten Sprosse tragen einenterminalen, an Kastanien erinnern-den großen traubigen Blütenstand,

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A B B . 1 Der Diptam im Saum einesFlaumeichen-Waldes im südbadischenKaiserstuhl-Gebiet.

ABB. 2 Die großen, attraktiven undleicht dorsiventralen Blüten des Diptams.

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tel- und Ostasien, teilweise als eigen-ständige Arten angesehen werden.

In Deutschland findet man denDiptam nur in sehr wärmebegünstig-ten Naturräumen. Hier bildet er zu-sammen mit anderen Arten eine cha-rakteristische Saumgesellschaft anWaldrändern und in Gebüschen lich-ter Trockenwälder auf warmen, ma-geren und meist kalkreichen Böden.Besonders gefährdet ist die Art durchRebflurbereinigungen und Aufgabeder Niederwaldwirtschaft, da diePflanze nur einige Jahre auf vollschat-tigen Standorten zu überdauern ver-mag. So ist der Diptam in den letztenJahrzehnten recht selten gewordenund gehört daher zu den nach derBundesartenschutzverordnung beson-ders geschützten Arten.

Thomas Junghans, Borchen

Allergien

Sind sie die Epidemie des 21. Jahr-hunderts? Eigentlich denkt man beiEpidemien immer an Infektions-krankheiten, die gemäß der Defini-tion „zeitlich und örtlich gehäuft auf-treten“. Doch eine Infektionskrank-heit sind Allergien zweifellos nicht,trotzdem treten sie mittlerweileschon recht gehäuft auf: Fast jederdritte Deutsche leidet mittlerweile aneiner Allergie und die EuropäischeStiftung für Allergieforschung gehtdavon aus, dass in den Industriestaa-ten bald schon jeder Zweite untereiner allergischen Reaktion leidenwird. Die dadurch verursachtenvolkswirtschaftlichen Kosten werdenin der Europäischen Union bereitsauf ca. 25 Milliarden Euro geschätzt.Insofern besteht gerade auch auf die-sem Gebiet großes Interesse an Prä-ventionsmaßnahmen, aber auch anvernünftigen Diagnoseverfahren undTherapiestrategien.

Eine kompakte Übersicht überdie verschiedenen Aspekte rund umAllergien bietet der kürzlich erschie-nene Seminarband 82 aus der Schrif-

tenreihe der Bayerischen Landesapo-thekerkammer.

Das kleine, gerade einmal guthundert Seiten starke Büchlein ist inzwei Teile gegliedert. Der erste Teilist mit „Diagnose und Symptome derAllergie“ überschrieben und bringtnach einer kurzen Einführung eineÜbersicht über die Pathophysiologieder allergischen Sofortreaktion, be-vor die Diagnostik, die primäre Prä-vention und die spezifische Immun-therapie angesprochen werden. Dasletzte Kapitel des ersten Teils be-schäftigt sich mit dem wichtigenThema der Anaphylaxie.

Der zweite Teil umfasst nur zweigroße Kapitel: zum einen die apothe-kenrelevanten Krankheitsbilder undzum anderen die möglichen Arznei-mittel zur Behandlung der Allergien.

Beide Teile sind von den jewei-ligen Autoren sehr kompetent ge-schrieben und kurz, aber doch ver-ständlich gehalten. Gemeinsam istden Autoren, dass sie die evidenzba-sierte Medizin hochhalten und bei-spielsweise eine Bioresonanztestungals nicht sinnvolle Allergiediagnostikeinordnen (Teil 1) bzw. homöopathi-sche Ansätze nur bei Erkrankungengeringer Ausprägung als Therapie-versuch akzeptieren aber spätestensbeim „Etagenwechsel“ zu wirksamenArzneimitteln raten (Teil 2).

Insgesamt ist es ein sehr schöneskleines Büchlein, mit dessen Hilfeman sich auf die Schnelle mit denallergischen Reaktionen vom Sofort-typ rundum vertraut machen kann.

Ilse Zündorf, Frankfurt

Thomas Spind-ler, HermannLiekfeldSchriftenreiheder BayerischenLandesapothe-kerkammerBand 82GOVI-Verlag,Eschborn 2011ISBN 978-3-7741-1153-015,- Euro