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Der Ehrenfriedhof Crailsheim Ein besonderes Kulturdenkmal GOTTESACKERKAPELLE

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Der Ehrenfriedhof CrailsheimEin besonderes Kulturdenkmal

G o t t e s a c k e r k a p e l l e

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Anfänge und Entwicklung

Ursprünglich lag der crailsheimer Friedhof um die Johanneskirche. 1546 forderte eine pestseuche

im ganzen land zahlreiche opfer, so auch in crailsheim. Der bisherige kirchhof konnte die last der

495 opfer des „schwarzen todes“ nicht tragen und so musste, bedingt durch die „damahligen gro-

ßen sterbensläuffe”, eine neue Begräbnisstätte geschaffen werden.

Der evangelische pfarrer simon schneeweiß, Nachfolger des reformators adam Weiß, beschloss

daher noch im selben Jahr einen seuchenfriedhof außerhalb der stadtmauern nördlich des Dieb-

sturms anzulegen. Das erste Begräbnis fand dort am Donnerstag, den 23. Mai 1546 („nach dem

sonntag kantate“) statt.

Für die Verlagerung des Friedhofes weg von der kirche sind geistesgeschichtlich auch die neuen

Jenseitsvorstellungen des protestantismus von entscheidender Bedeutung: Das Fegefeuer wie

auch die Möglichkeit, dass die lebenden für das seelenheil der toten wirken konnten (etwa

durch Fürbitten oder ablässe), wurden abgeschafft. Damit war die vorreformatorische einheit

von kirchenbau mit seinen sakralen elementen der Heiligenverehrung und Begräbnisplatz nicht

mehr notwendig und wurde aufgelöst.

In den folgenden Jahrhunderten erlebte der Friedhof verschiedene erweiterungen, die das Bild

des heutigen ehrenfriedhofs prägen: Die erste erweiterung wurde bereits 1579 durchgeführt. Die

ursprüngliche Fläche, die einst nur den nordwestlichen teil des heutigen areals abdeckte, wurde um

die nordöstlich angrenzende Fläche erweitert. Von 1579 bis 1580 wurde hier die „Gottesackerkirche“

als Begräbniskirche erbaut. Der anbau eines Glockenturms erfolgte sechs Jahre später.

1613 wurde der Friedhof erstmals mit einer Mauer umfasst. Gleichzeitig erschütterte eine neuerliche

pestepidemie mit 500 toten die crailsheimer Bürgerschaft. Für die Verstorbenen wurde eine zweite

erweiterung auf der südlich angrenzenden Wiese notwendig, die sich im Besitz der kirchenpflege

befand. Diese zweite erweiterung lag jedoch, ebenso wie eine dritte erweiterung 1697/98, bis zur

Verlegung der südlichen Mauer (1753) außerhalb des von der Mauer umschlossenen Bereichs.

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In den Jahren 1793 bis 1795 waren im crails-

heimer schloss französische kriegsgefangene

untergebracht, von denen etwa 300 an „Nerven-

fieber und ruhr“ starben. aufgrund ihres katho-

lischen Glaubens wurden sie in der Nähe des

heutigen aok-Gebäudes auf einem separaten

seuchenfriedhof beerdigt. Dieser „Franzosen-

friedhof“ erfuhr einige Jahre später eine erneute

Nutzung. am 11. November 1813 waren 2.000

französische kriegsgefangene zum teil in der

Gottesackerkirche untergebracht. Und bis zum

21. November 1813 kamen weitere 10.000 ge-

fangene Franzosen nach crailsheim. Ihre toten

kameraden wurden ebenfalls hier begraben.

eine vierte und letzte erweiterung der Friedhofs-

fläche wurde 1849 notwendig. Mit ihr wurde

auch die Umfassungsmauer nach süden ver-

schoben. sie ist bis heute erhalten geblieben.

am 31. august 1901 fand das vorerst letzte Be-

gräbnis auf dem Gottesacker statt, bevor einen

tag später der neue (städtische) Friedhof in der

Blaufelder straße eingeweiht wurde.

auf dem „Gottesacker“ oder auch alten Fried-

hof fanden in 356 Jahren mehr als 33.000 zur

evangelischen pfarrei crailsheim gehörende

Gemeindemitglieder ihre letzte ruhestätte. Der

alte Friedhof befand sich bis 1926 im Besitz der

evangelischen kirchengemeinde crailsheim.

aufgrund bevorstehender renovierungs- und

erhaltungskosten ging er jedoch in den Besitz

der stadt über.

G r a B M a l e a N D e r k a p e l l e N s ü D W a N D

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Das Kirchlein auf dem Felde

Im Jahr 1579 wurde der Grundstein für den Bau der Friedhofskapelle gelegt. Der Bau des kirchleins

und die damit verbundenen kosten von 600 Gulden wurden zu einem großen teil über stiftungen

und spenden finanziert. Den edlen spendern wurde zum Dank eine steinerne stiftungstafel gewid-

met, die im Innern der kapelle zu betrachten ist. auf einer stiftungstafel im Innern der kirche sind

noch heute die spender verewigt.

Zu den stiftern zählen noch viele weitere crailsheimer aus allen Gesellschaftsschichten der stadt.

Vom einfachen Bürger über ratsmitglieder bis zum Bürgermeister und adeligen waren stiftungen für

den Bau der kirche eingegangen, so dass Werkmeister leonhard trump schließlich am sonntag kan-

tate, den 21. april 1579, mit dem Bau beginnen konnte. Der vierseitige turm mit spitzem Ziegeldach

folgte 1586 und wurde von thomas schöller an der Westseite der kapelle erbaut. Im turm befanden

sich drei Bronzeglocken, die jedoch im ersten Weltkrieg zu kriegszwecken abgenommen wurden.

Öffnen wir die türen des einschiffigen Baus und treten in die kleine Vorhalle des spätgotischen Bau-

werks ein, so bietet sich uns ein Blick auf die dreiseitige chorwand im osten des raumes. Im chor ist

ein steinaltar mit einem kruzifixus aufgestellt, zu dessen rechten sich eine kanzel mit Balustergelän-

der (17. Jahrhundert) erhebt.

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lässt man die augen an den Wänden über die

scheinverzierungen der Glasfenster emporstei-

gen, erblickt man das einzigartige rundtonnen-

gewölbe. sind Ihnen die engel aufgefallen? sie

gehören zu der ursprünglichen ausmalung des

Gebäudes. Ihre entstehung kann nicht genau

datiert werden, jedoch zeigen Untersuchungen,

dass die engel wohl bereits um 1600 das ton-

nengewölbe schmückten. Vermutlich wurden

sie 1697 durch christian thalwitzer, dem spä-

teren Hofmaler zu Weikersheim, neu überfasst.

Genauere Betrachtungen zeigen, dass bereits

drei schichten Farbe die Deckenmalerei erneu-

erten, ehe die heutige Wolkenformation den

engelchen beigestellt wurde. Die ursprüngliche

Deckenbemalung bestand vermutlich aus einer

Darstellung der engel in einem rechteckras-

ter, das durch ein streifen- bzw. Bänderdekor

ergänzt wurde. Im Zuge des beginnenden

ländlichen Barock musste dieser Bänderdekor

der Wolkenformation weichen, die man wohl

als passendes Beiwerk zu den engelsköpfchen

der renaissancekunst ansah.

Die Verbindung aus einem mit Holzbohlen

verschalten tonnengewölbe und einem ma-

lerischen Dekor, welches die kunst mehrerer

epochen vereint, ist in der Hohenloher kultur-

landschaft weitgehend einzigartig und verleiht

dem kirchlein „eine stimmungsvolle Zierde“.

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k r U Z I F I x ( D e t a I l ) r U N D t o N N e N G e W Ö l B e I N D e r k a p e l l e

B l I c k V o M a l t a r I N D e N k a p e l l e N r a U M

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In früheren Jahrhunderten wirkte die kapelle auf

dem alten Friedhof nahezu überladen. an ihren

Wänden hingen unzählige Gedenktafeln, epita-

phien und trauerkränze zum Gedächtnis an die

Verstorbenen.

Im Zuge einer renovierung 1926/27 entfernte

man fachgemäß die Holzepitaphien, toten-

tafeln und verstaubten trauerkränze. Diese

Zeitzeugnisse befinden sich aus konservato-

rischen Gründen heute zu einem großen teil

im stadtmuseum im spital. Darunter auch ein

großes, schmuckvolles epitaphium, hergestellt

von dem crailsheimer Maler Michael rauck. es

erinnert an den ehemaligen kaplan der stadt,

Magister Wolf Heinrich priester (1639–1654 ka-

plan in crailsheim, 1654–1664 Dekan in Feucht-

wangen, anschließend pfarrer in Mariäkappel).

er ist der Vater der Ururgroßmutter Goethes.

Berühmte PersönlichkeitenAndenken für die Ewigkeit

p r I e s t e r s c H e s e p I t a p H

G r a B M a l F l Ö s e r ( D e t a I l )

G r a B s t e I N D e r a N N a s o p H I e M a I e r ( + 1 6 3 6 )

einige steinerne epitaphien der Gottesackerkirche

sind noch heute an ihrem ursprünglichen platz. so

sticht in der Nähe des eingangs, in einer reihe von

epitaphien, ein Grabdenkmal besonders deutlich

hervor: Der aus alabaster gearbeitete stein zeigt

die Gestalt eines Mädchens und erinnert an die

1636 verstorbene anna sophia Maier. sie war die

tochter des Mediziners und stadtphysikus Johann

Valentin Maier und verstarb bereits im kindesalter.

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G r a B M a l B ü r G e r M e I s t e r F l Ö s e r ( + 1 6 1 3 )Nur wenige schritte weiter in richtung des

altars zeigt der Grabstein des ehemaligen

crailsheimer Bürgermeisters konrad Flöser

das eindrucksvolle Bildnis eines Jüngsten

Gerichts mit den pforten zu Himmelreich

und Hölle und der darunter knienden und

betenden Familie Flösers. ein interessantes

Faktum stellen die roten kreuze über den

köpfen seiner kinder dar. sie markieren

die Nachkommen, die bereits zu lebzeiten

des Vaters verstarben. konrad Flöser selbst

starb 1613 an den Folgen der pest.

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G r a B M a l F r o B e N I U s

Diesem Grabstein gegenüber befindet

sich die totentafel des stadtschreibers

Johannes Frobenius für seine verstorbenen

töchter susanna und christina. Frobenius

war ab dem Jahr 1579 als stadtschreiber

im Dienste der stadt crailsheim und wurde

1598 aufgrund von trunkenheit entlassen.

er fertigte beispielsweise die akten über

den großen crailsheimer Hexenprozess von

1594 bis 1596 an, die heute noch im stadt-

archiv crailsheim erhalten sind.

Durch die renovierung der Gottesackerkapelle konnte so manches ehrwürdige andenken an verstor-

bene crailsheimer gerettet werden, unterirdische Gänge oder goldene särge aber, wie es der Volks-

glauben erwartete, wurden dabei nicht gefunden.

Betritt man den ehrenfriedhof vom südeingang her, fällt

sofort eine gebäudeähnliche Gruft an der Westmauer ins

auge. In dieser ruhte der letzte crailsheimer oberamtmann

in markgräflichen Diensten mit Gattin und tochter. lebrecht

Gottfried von Bibra war 1758 oberamtmann in crailsheim

und später Geheimer rat und oberhofmeister in ansbach,

wo er 1782 verstarb. schon zu lebzeiten ließ er seine künfti-

ge Grabgruft erbauen und legte detailliert fest, wie er be-

stattet werden wollte: Mit imposantem Gespann wurde sein

leichnam nach crailsheim überführt und nachts um drei

bei trommelschlag und Fackelschein beigesetzt. auf dem

Wappen über der Gruft ist noch heute das Wappentier der

Familie zu erkennen, ein sich aufbäumender Biber.

B I B r a s c H e G r U F t

F a M I l I e N W a p p e N V o N B I B r a

Unglückliche Leich-Begängnuße

Anno 1630 wurde zu Crailßheim eine Leich-Begängnuß gehalten, da man aber vor Glatteis kaum

gehen konnte, auch der Weg vom Ziegelthor an neben Herrn Apotheckers (jetzt Herrn Stadt-Vogts

Krausen) Garten sehr abhängig war, da rutscheten und glitscheten die Träger und fielen mit der

Todten-Bahr, der Sarg kugelte hinunter in den Graben und sprange auf, der Kör-per fiel von dem

Sarg herauß und darauf ist noch selben Jahrs der Weg gepflastert worden.

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Bedeutende und bekannte persönlichkeiten des adels, der Beamtenschaft und wohlverdiente

Bürger mit ihren Gattinnen wurden auf dem alten Friedhof in allen ehren beigesetzt. Ihre Grab-

mäler legen Zeugnis ab vom sich wandelnden selbstverständnis der crailsheimer Bevölkerung.

Der Gang über den alten Friedhof ist ein spaziergang durch verschiedene stilepochen der

kunst. Von der renaissance über den ländlichen Barock, das rokoko, die romantik bis zu

einem sentimentalen Naturalismus und einem ausgeprägten klassizismus findet der kunst-

verständige Besucher Zeugnisse vergangener Zeiten.

auch der Namensvater der leonhard-

sachs-schule in der schönebürgstraße

fand auf dem ehemaligen Gottesacker

seine letzte ruhestätte. Der ehemalige

stadtschultheiß und landtagsabgeordnete

setzte sich jahrzehntelang für die entwick-

lung der stadt und das Wohl der Bevölke-

rung ein.

auch traurige schicksale sind auf dem

ehrenfriedhof zu finden. ein in barockem

stil gestaltetes Grabmal mit reliefartigen

ornamenten, palmen, putten und einer

Wappenkrone erinnert an die Familie

cranz. Die tochter karoline elisabeth Maria

des markgräflichen rates und amtskast-

ners verstarb bereits im kindesalter als

Dreijährige. Der Grabstein trägt folgende

Inschrift: „Hier ruhet/ Tugend und Jugend/

sonst seltene Gefährten/ diese aber im Leben/

durch das stärckste Band der Liebe vereint/

sollten auch im Tode ungeschieden seyn.“

Weite Reise

eine steintafel an der Nordmauer erinnert an soldaten aus der Umgebung crailsheims, die an

der blutigen Niederschlagung des Boxer-aufstands 1900/1901 in china beteiligt waren.

an der Nordseite zur ludwigstraße findet man eine weitere in einfacher architektur gestaltete

Gruft mit einer eindrucksvollen Inschrift: „Biedersinn und redlichkeit waren Hauptzüge seines

charakters“. Diese Worte erinnern an den am 21. april 1806 verstorbenen Hauptmann Hermann

von lindenmeier, der zur preußischen Garnison im crailsheimer schloss zählte und zunächst

im siebenjährigen krieg und später in amerika kämpfte. In der lindenmeierschen Gruft fanden

zudem die Frau des oberforstmeisters Friedrich Freiherr von lützow, eine in Utrecht geborene

Freiin von Nellesteyn und die lindenmeiersche ehegattin ihren Frieden. Diese hatte 2.700 Gulden

für die armen und Bedürftigen der stadt crailsheim gespendet.

G r a B M a l D e r F a M I l I e D e s o B e r a M t s k a s t N e r s c r a N Z

s t a D t s c H U l t H e I s s l e o N H a r D s a c H s ( 1 8 4 3 – 1 8 9 9 )

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W I N t e r I M p r e s s I o N M I t k r I e G e r D e N k M a l

Kriegerdenkmal des Ersten Weltkriegs

auf dem kleinen Vorhof der Gottesackerkirche wurde 1927 ein kriegerdenkmal für die Gefallenen

des ersten Weltkriegs errichtet. entworfen wurde es von professor Jost aus stuttgart und umge-

setzt von Bildhauer Jakob Wilhelm Fehrle aus schwäbisch Gmünd. am 11. september 1927 fand

die einweihung mit einem feierlichen Festzug vom Marktplatz aus statt. Das Denkmal zeigt einen

zusammengesunkenen „kämpfer, der bis zum letzten Hauch gerungen hat“. Der sockel trägt die

martialischen Inschriften: „Ihren Helden von 1914–1918 die stadt crailsheim“ und „sie sind gestor-

ben, damit wir leben. Gebeugt, nicht gebrochen“.

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seine ursprüngliche Funktion verlor der alte Friedhof bereits 1926 mit der übergabe an die stadt

crailsheim und der errichtung eines kriegerdenkmals für die Gefallenen und Vermissten des

ersten Weltkriegs. eine letzte große aufgabe bekam der crailsheimer Gottesacker durch die Fol-

gen des zweiten Weltkriegs, als im südöstlichen teil des Friedhofs zwei Massengräber angelegt

wurden. sie waren all jenen zugedacht, die während der kämpfe um crailsheim in den tagen vom

6. bis 20. april 1945 ihr leben verloren.

Durch das kriegsgräbergesetz von 1952, das die Umbettung der kriegsopfer auf Friedhöfe vor-

schreibt, wurde die Öffnung der Massengräber notwendig. 1956 wurde das sammelgrab geöffnet,

alle 167 kriegsopfer exhumiert und soweit als möglich identifiziert. Dokumente in Form von Brie-

fen oder Bescheinigungen jedweder art, sowie Bilder waren in den leinen-Brieftaschen der Wehr-

machtssoldaten teilweise gut erhalten geblieben, und auch eheringe mit Gravur erleichterten es

dem Umbetter Hans-Joachim endler seine forensische arbeit zu verrichten.

B e I s e t Z U N G D e r s t e r B l I c H e N ü B e r r e s t e D e r k r I e G s t o t e N a U F D e M e H r e N F r I e D H o F

s ä r G e F ü r D I e ü B e r r e s t e D e r e x H U M I e r t e N a U s D e N M a s s e N G r ä B e r N V o N 1 9 4 5

Der EhrenfriedhofOpfer und Täter in letzter Ruhestätte vereint

Die sterblichen überreste, die endler fand, wurden zunächst in speziellen kunststoffsärgen in der

Gottesackerkirche aufgebahrt und später mit einem individuellen Grabstein versehen. als todes-

ursache trägt jeder Grabstein die Inschrift „Gefallen“. Zu den kriegsopfern zählen gleichermaßen

Nationalsozialisten, etwa der crailsheimer Gestapo-Vertreter alfred Mattes, wie auch kriegsgefan-

gene und Zwangsarbeiter. opfer und täter – sie alle liegen hier seite an seite begraben. Zudem

wurden 181 Gefallene aus den landgemeinden nach crailsheim umgebettet.

1958/1959 wurde der Gottesacker zur

ehrenanlage für 345 kriegstote umgestal-

tet (drei tote wurden in ihre Heimatorte

überführt). Die kriegsgräber sind auf der

östlichen Hälfte des ehrenfriedhofs rund

um die Gottesackerkirche angesiedelt. ein

steinernes kreuz, das im Mai 1959 einge-

weiht wurde, mahnt zum Gedenken an die

toten. es trägt die Inschrift: „Ihr opfer diene

dem Frieden. seele vergiß nicht die toten.

seele vergiß sie nicht.“

e r I N N e r U N G s s t e I N F ü r D I e U M G e B e t t e t e N

k r I e G s t o t e N a U s D ü N s B a c H

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Unerwartete Rückkehr

Die angehörigen der bekannten und identifizierten Gefallenen wurden benachrichtigt, ob

sie mit der Umbettung einverstanden seien. Dabei meldete sich ein als verstorben geltender

soldat und teilte dem crailsheimer standesamt mit, er wolle nicht umgebettet werden, da er

sich noch „seines lebens erfreue“.

Quelle: Hohenloher tagblatt vom 5. april 2007

D e N k M a l F ü r D I e o p F e r V o N F l U c H t U N D V e r t r e I B U N G

ein weiteres Denkmal in der Nähe des südeingangs zeigt eine Gruppe fliehender Menschen und

erinnert an die opfer von Flucht und Vertreibung: „Zum Gedenken aller opfer der Flucht, Vertrei-

bung, Verschleppung. 1945–1946. ost-Westpreußen, pommern, schlesien, sudetenland, sieben-

bürgen, Donauschwaben, Bessarabien.“

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In den späten 1980er Jahren wurde die Gottesackerkirche grundlegend renoviert und so vor

dem Verfall gerettet (Fertigstellung am 11. Juni 1989). In den Jahren 1999 und 2000 folgte die

sanierung der Friedhofsmauer. sie war auf der südseite stark einsturzgefährdet und wurde

mit einem Gesamtaufwand von 200.000 DM erneuert. Hierbei wurden die einzelnen steine

nummeriert, abgetragen und soweit möglich wiederverwendet. Zugleich wurden die stein-

und Metallkreuze sowie die Gruft restauriert.

Die Geschichte des alten Friedhofs legt über einen Zeitraum von 450 Jahren Zeugnis ab vom

leben und sterben der stadtbevölkerung und stellt inmitten eines modernen stadtbildes einen

festen ankerpunkt der crailsheimer Vergangenheit dar.

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t o D e s s y M B o l a U F D e M G r a B s t e I N V o N J o H a N N G e o r G G e r e t ( + 1 7 6 1 )

Impressum

texte: sebastian kopf

abbildungen: sebastian kopf

Michaela Butz

stadtarchiv crailsheim

karl Wiedmann

Gestaltung: ÖZer Grafik.Design

Druck: schnelldruckladen crailsheim

stand: april 2015

Stadt Crailsheim

stadtarchiv

Marktplatz 1–2

74564 crailsheim

tel. 07951 403-1290

www.crailsheim.de