Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als...

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02 | 2008 SWISS MEM NETWORK Energie mit Zukunft. Zukunft mit Energie Kontroverse Ansichten am 2. Swissmem Industrietag «Das beste Fahrzeug ist immer noch das Velo» ETH-Professor Lino Guzzella über Energiefragen und den Stellenwert der Technik Getriebe für die höchsten Achterbahnen der Welt Tradition und Innovation am Beispiel des Familienunternehmens L. Kissling & Co. AG Das Magazin des Werk- und Denkplatzes Schweiz Präzision und Qualität sind bei der Firma Kissling oberstes Gebot. Der frühere deutsche Aussenminister Joschka Fischer am Industrietag.

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02 |

2008

SWISSMEMNETWORK

Energie mit Zukunft. Zukunft mit EnergieKontroverse Ansichten am 2. Swissmem Industrietag

«Das beste Fahrzeug ist immer noch das Velo»ETH-Professor Lino Guzzella über Energiefragen und den Stellenwert der Technik

Getriebe für die höchsten Achterbahnen der WeltTradition und Innovation am Beispiel des Familienunternehmens L. Kissling & Co. AG

Das

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Präzision und Qualität sind bei derFirma Kissling oberstes Gebot.

Der frühere deutsche AussenministerJoschka Fischer am Industrietag.

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2 Fakt | SWISSMEM 3Inhalt

Kluge Köpfe sind gefordertWir wissen es schon lange, aber jetzt beginnt es zuschmerzen. Ich rede vom Ölpreis. 144 Dollar kostetedas Fass kürzlich, und es ist die Rede davon, dasssich dieser Preis verdoppeln könnte. Ob diese Prog -nosen so eintreffen werden oder nicht: Tatsache ist,dass unsere Branche Preissteigerungen auch bei wei-teren Rohstoffen empfindlich spürt. Jetzt sind klugeKöpfe und innovative Betriebe gefordert. Der 2. Swissmem Industrietag (siehe Seiten 6–9) wardeshalb ganz dem Thema Energie gewidmet. Es gehtdarum, Alternativen zu entwickeln, die uns unabhän-giger machen von den fossilen Brennstoffen. DieErsetzung durch Strom ist der Ansatz. Das bedeuteterstens, dass wir auch Kapazitäten zur Strom erzeu -gung sicherstellen: die Erneuerung bisheriger und derBau neuer Kraftwerke. Zweitens müssen wir sparen.Es muss unser Ziel sein, Techno logien zu entwickeln,um die vorhandene Energie effizienter zu nutzen.Unsere Industrie kann das, sie steigert ihre Energie -effizienz jährlich. Drittens muss es darum gehen,neue Möglichkeiten der Energiegewinnung zu finden,die erneuerbaren Energien zu fördern.Neben den Unternehmen sind Swissmem und ins- be sondere die Politik gefordert, gute Rahmen bedin -gun gen zu gewährleisten: Über die Sicherung derEnergie versorgung hinaus müssen z.B. Verstössegegen den freien Markt, die sich stark preistreibendauf die Roh stoffe auswirken, bekämpft werden – fürdas nötige Gewicht zusammen mit der EU.

Peter Dietrich, Direktor Swissmem

04 Panorama

Elektroantriebe: Potenzial

für Energieeinsparungen

06 Fokus

«Energie mit Zukunft» hiess

das spannungsvolle Thema

am 2. Swissmem Industrietag

10 Vis-à-vis

ETH-Professor Lino Guzzella

über innovative Technologien

und einfache, bewährte Mittel

12 Thema

Swissmem-Direktor Peter

Dietrich über die Kernfragen

für die Industriebranche

14 Perspektive

Seit über 80 Jahren behauptet

sich die L. Kissling & Co. AG

in umkämpften Märkten

16 Palette

Die Arbeitssicherheit ist und

bleibt ein zentrales Thema

18 Service

Neue Gesichter in der

Swissmem-Geschäftsleitung

20 Moment mal

Impressum

Herausgeberin:

Swissmem, Kirchenweg 4,

Postfach, CH-8032 Zürich

www.swissmem.ch

[email protected]

Der Werk- und Denkplatz

Schweiz

Verantwortliche Redaktorin:

Gabriela Schreiber,

Kommunikation Swissmem

Konzept und Realisation:

Infel AG, Zürich;

Peter Christoph (Redaktion),

Bernadette Schenker (Layout)

Druck:

Theiler Druck AG, Wollerau

Editorial

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Prominenter Gast am Industrietag:Bundesrätin Doris Leuthard.

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1 000 000 ■ Gas ■ Erdölprodukte ■ Kohle/Koks

Zielpfad gemäss CO2-Gesetz

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CO2-Emissionen der Schweizer MEM-Industrie

Der Energieverbrauch der Swiss-

mem-Mitgliedfirmen ist in den

letzten zwei Jahrzehnten stark

zurückgegangen. Gegenüber

dem Vorjahr sanken trotz guter

Konjunkturlage und stark ausge-

lasteter Produktion sowohl der

Strom- als auch der Heizöl -

verbrauch. Der Gesamtverbrauch

betrug 2007 rund 18 000 TJ

(5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-

ger als 1990.

5 000

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15 000

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35 000 ■ Elektrizität ■ Fernwärme ■ Gas ■ Erdölprodukte ■ Kohle/Koks ■ Holz/Abfälle

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Energieverbrauch der Schweizer MEM-Industrie

Gegenwärtig liegt der CO2-Aus-

stoss der Swissmem-Mitglied -

firmen 44 Prozent unter dem

Niveau von 1990. Damit sind in

der MEM-Industrie die Zielvorga-

ben des CO2-Gesetzes bereits

deutlich unterschritten. Rund

65 Prozent des Energiever -

brauchs der Mitglied fir men sind

in Zielvereinbarungen im

Rahmen der Energieagentur der

Wirtschaft (EnAW) eingebunden.

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90 Prozent der weltweit produzierten

Kugelschreiberspitzen entstehen auf

Maschinen des Unternehmens Mikron,

das sein 100-Jahr-Jubiläum feiert.

Den Prototyp des Kugelschreibers entwi -

ckelte der Ungar Laszlo Biro in den

1930er-Jahren. Die mit einer Kugel verse-

hene Spitze machte das Eintauchen des

Füllfederhalters ins Tintenfass überflüssig.

US-Soldaten brachten den Kugelschreiber

in der Nachkriegszeit in die Schweiz, wo er

die Aufmerksamkeit der Tessiner Sauro

Albertini und Guido Bertoglio fand. Die

Gründer der Maschinenfabrik Albe in Luga-

no-Viganello konstruierten eine Maschine

für die Produktion erstklassiger Kugel-

schreiberspitzen in hohen Stückzahlen.

Damit machten sie den teuren Kugelschrei-

ber zum erschwinglichen Massenprodukt.

1965 zog die Maschinenfabrik Albe

SA nach Agno und wurde 1986 Teil der

Mikron-Gruppe. Heute werden weltweit

Oerlikon zählt zu den forschungsintensi-

ven Industriekonzernen der Welt. Der

Aufbau eines Wissensnetzwerkes soll die

Perspektiven weiter verbessern.

Innovationen sind die Voraussetzung, um

international eine Spitzenposition einzu-

nehmen. Deshalb haben Forschung und

Entwicklung in den Industrieunternehmen

einen hohen Stellenwert.

Zur Stärkung der Innovationsfähig-

keit gründete der Oerlikon-Konzern im

Frühjahr ein hochrangig besetztes Scienti-

fic Advisory Board. Ziel ist, damit die For-

schungstätigkeit effizienter auszurichten.

Bislang konzentrierten sich die F&E-Bestre-

bungen von Oerlikon auf produktnahe Tä-

tigkeiten. Die Vernetzung mit der weltweit

führenden Wissenschaftsszene wurde

nicht systematisch betrieben. Mit dem Auf-

bau eines weltweiten Wissensnetzwerkes

soll sich dies ändern: Basis dazu bietet der

Einsitz international renommierter Wissen-

schaftler im Scientific Advisory Board.

Bereits heute zählt das Unternehmen

zu den forschungsintensiven Industriekon-

zernen der Welt. 1500 Wissenschaftler und

Ingenieure arbeiten an den Produkten von

morgen. Forschungsschwerpunkte sind die

Entwicklung umweltfreundlicher Technolo-

gien sowie eine intensivere Anwendung

von Nanotechnologien.

Oerlikon zählt weltweit zu den erfolg-

reichsten Hightech-Industriekonzernen mit

einem Fokus auf Maschinen- und Anlagen-

bau. Das Spektrum reicht von Lösungen für

die Herstellung von Solarmodulen aus

Dünnschichtsilizium bis zur Antriebs-, Prä-

zisions- und Vakuumtechnologie. Als Un-

ternehmen mit schweizerischem Ursprung

und einer 100-jährigen Tradition ist Oerli-

kon mit fast 20 000 Mitarbeitenden an

170 Standorten in 35 Ländern heute ein

Global Player.

� Weitere Informationen zum Unterneh-

men finden Sie unter www.oerlikon.com

� Die Haltung von Swissmem zur For-

schungs- und Innovationspolitik ist abruf-

bar unter www.swissmem.ch > Positionen

jedes Jahr rund 40 Mrd. Kugelschreiber -

spitzen produziert – 90 Prozent davon auf

Maschinen des Unternehmens Mikron.

Mikron feiert in diesem Jahr ihr 100-

jähriges Bestehen. Das Unternehmen zählt

heute zu den führenden Anbietern von

kundenspezifischen Bearbeitungs- und

Montagesystemen. Zu den Kunden zählen

unter anderem die Automobilzuliefer- und

Medizinaltechnikindustrie. Das heutige

Kerngeschäft bilden zwei Geschäftsberei-

che, die erst im Verlauf der Zeit als Zukäufe

zur Gruppe gestossen sind: Nebst der er-

wähnten Maschinenfabrik Albe (heute

Mikron SA Agno) mit ihren Schalttellerauto-

maten ist dies die Maschinenfabrik Haesler

(heute Mikron SA Boudry), die in ihren An-

fängen Präzisions- und Transfermaschinen

für die Uhrenindustrie produzierte. Die

Mikron-Gruppe beschäftigt heute rund

1000 Mitarbeitende in zwölf Gesellschaf-

ten und fünf Ländern weltweit.

Am günstigsten ist das Energiespar-

potenzial bei der Planung von Neuanlagen

zu erschliessen. In einer energetisch opti-

mierten Anlage sind Antriebskomponenten

oft billiger, weil sie kleiner dimensioniert

werden können; zudem können Jahr für

Jahr Betriebskosten eingespart werden.

Oft zeigt sich, dass der Mehraufwand bei-

spielsweise für drehzahlvariable Antriebe

schon nach relativ kurzer Betriebsdauer zu-

rückfliesst. Grosse Antriebe mit frequenz-

gesteuerter Drehzahl sparen gegenüber

konventioneller Steuerung bis zu 30 Pro-

zent Energie. In Systemen mit langen Be-

triebszeiten, die an unterschiedlichen Be-

triebspunkten laufen müssen, lohnen sich

deshalb drehzahlvariable Antriebe.

Bei bestehenden Anlagen ist die Er-

schliessung der Energiesparpotenziale auf-

wändiger. Die grössten Möglichkeiten be-

stehen bei der Optimierung der Steuerung,

so dass die Antriebe nur laufen, wenn sie

wirklich gebraucht werden. Die Einspa -

rungen können durchaus bei 25 Prozent

liegen.

Viele Systeme mit elektrischen Antrieben

verpuffen Energie. Dabei würde sich das

Ausschöpfen des Energiesparpotenzials

auch finanziell lohnen.

Schätzungsweise 65 Prozent des Stromver-

brauchs der Industrie fallen bei Elektroan-

trieben an. Typische Anwendungsgebiete

sind Pumpen, Kompressoren, Ventilatoren,

Gebläse, Wasser-/Abwasserbehandlung,

Förderanlagen, Lagersysteme, Fabrika -

tionsanlagen usw.

Viele Systeme mit elektrischen An-

trieben sind ineffizient, weil die Leistung

des Motors nicht dem benötigten Bedarf

des Systems angepasst ist. Ein Elektro -

motor, der nicht an seinem optimalen Be-

triebspunkt läuft, hat einen schlechten

Wirkungsgrad. Fehlendes Fachwissen,

Zeitmangel und unsystematische Vorge-

hensweisen sind die wichtigsten Faktoren,

warum Energiesparpotenziale ignoriert

werden.

Mit verbesserten Antriebssystemen

können jährlich Millionen von Tonnen CO2

gespart werden.

Zahlreiche Auszeichnungen unterstreichen

die Innovationskraft des Weltkonzerns

Hilti. Wir gratulieren.

Die renommierten, internationalen Fach -

jurys des «iF product design award» und

des «red dot award» haben die Hilti-Pro-

dukte mit noch mehr Designpreisen ausge-

zeichnet als 2007. Rekordverdächtig

ist die Tatsache, dass 13 von insgesamt

14 eingereichten Geräten einen «iF product

design award» erhalten haben. Diese

Awards zählen weltweit zu den wichtigsten

Designpreisen. Mehr als 2000 Wettbe-

werbsbeiträge pro Jahr aus rund 40 Län-

dern bestätigen das eindrucksvoll.

Um eine solche Auszeichnung zu er-

langen, kommt es auf weit mehr als das

Erscheinungsbild an. Zu den Auswahl -

kriterien gehören Gestaltungsqualität,

Verarbeitung, Materialwahl, Innovations-

grad, Umweltverträglichkeit, Funktionali-

tät, Ergonomie, Gebrauchsvisualisierung,

Sicherheit sowie Markenwert/Branding.

Hilti beliefert die Bauindustrie welt-

weit mit technologisch führenden Produk-

ten, Systemen und Dienstleistungen. 1941

als Familienunternehmen gegründet, hat

sich Hilti seither zum Weltkonzern mit

rund 20 000 Mitarbeitenden in mehr als

120 Ländern entwickelt.

� Weitere Informationen zum Unter -

nehmen finden Sie unter www.hilti.com

� Über die Designwettbewerbe können

Sie sich unter www.ifdesign.de und

www.red-dot.de orientieren

Beim Kugelschreiberkommt es auf die Spitzean: Mikron ist da absoluterWeltmarktführer.

Innovationen sind für Oerlikon entscheidend, um dieSpitzenposition auf dem Weltmarkt zu behaupten.

Ein Frequenzumrichter wird im ABB-Forschungszentrum getestet.

Dieser Hilti-Rotationslasererhielt den Preis ProductDesign 2008 am«red dot award».

Die verflixte Spitze

Suche nach dem Megatrend

Hilti-Produkte holen19 Designpreise

Potenzial für Energieeinsparungenbei Elektroantrieben

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� Weitere Informationen zum Unterneh-

men sowie die Jubiläumspublikation

«Präzision in Bewegung» sind zu finden

unter www.mikron.com/100

4 Panorama | SWISSMEM

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7SWISSMEM | Fokus

Zeit für einen TechnologieschubHohe Preise als Fluch oder Segen? Ja oder Nein zur Kernenergie? Nichtin allen Fragen herrschte am 2. Swissmem Industrietag zum Thema Energie Einigkeit. Unbestritten war, dass sich das Energieproblem nur mittechnischen Innovationen und einer höheren Effizienz lösen lässt.

Energie war für die moderne Gesellschaft

lange eine Selbstverständlichkeit, über

die nicht viele Worte verloren wurden.

Doch die Situation hat sich verändert:

Angesichts des Klimawandels und seiner

Folgen, des ungebremst wachsenden

Energiehungers aufstrebender Nationen

wie China und Indien sowie von Schwei-

zer Benzinpreisen jenseits der 2-Fran-

ken-Marke ist dieses Thema an Aktuali-

tät und Brisanz kaum zu überbieten.

Der 2. Swissmem Industrietag in

Zürich unter dem Titel «Energie mit Zu-

kunft» folgte wiederum der Idee, keine

absoluten Wahrheiten zu verkünden,

sondern ein Forum für unterschiedliche

Ansichten zu bieten. Die renommierten

Referenten, die am 26. Juni im Messe-

zentrum Zürich vor über 1000 Gästen

aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft

ihre Standpunkte darlegten, waren sich

deshalb nicht in allen Punkten einig.

Es blieb zum Beispiel offen, ob ho-

he Energiepreise vor allem eine Belas -

tung für die Wirtschaft mit negativen

Folgen für das Wachstum darstellen oder

ob sie zu begrüssen sind, weil sie jenen

Leidensdruck erzeugen, der die Mensch-

heit zum Umdenken und zu innovativen

Lösungen zwingt. Ebenso umstritten

blieb, ob die Kernenergie eine unver-

zichtbare Option ist, weil bei der Bewäl-

tigung der gewaltigen Nachfrage bewähr-

te Technologien eine Schlüsselrolle

einnehmen, oder ob sie als Auslauf -

modell mit beträchtlichen Risiken zu

betrachten ist.

Effizienz als Antwort auf hohe Preise

Trotz unterschiedlicher Perspektiven bil-

dete sich quer durch das Meinungsspek-

trum aber auch ein Konsens heraus.

Praktisch alle Referenten waren sich ei-

nig, dass der technische Fortschritt für

die Zukunft der Energieversorgung ent-

scheidend ist und dass die Energieeffi-

zienz massiv verbessert werden muss.

Bundesrätin Doris Leuthard beton-

te, dass die sich abzeichnende Ressour-

cenknappheit zugleich Chancen bietet.

«Mit einem offenen Innovationsklima

können wir, wie einst bei der Wasser-

kraft, zum Pionierland für neue Techno-

logien werden», sagte sie und rief die In-

dustrie auf, sich in diesem Bereich zu

engagieren: «Es ist Zeit für einen Tech-

nologieschub.» Leuthard unterstrich die

Bedeutung von Industrie und Technik

für eine florierende Schweiz: «Allein mit

Bankern, Versicherern und Anwälten

lässt sich keine gesunde Volkswirtschaft

bauen. Es braucht eine Vielfalt der Bran-

chen, und es braucht eine produzieren-

de Industrie.»

Der ehemalige deutsche Aussenmi-

nister und Vizekanzler Joschka Fischer

legte den Schwerpunkt auf die Verwen-

dung der Energie und forderte in einem

leidenschaftlichen Plädoyer eine «Effi-

zienzrevolution». Er räumte dabei ein,

persönlich über höhere Energiepreise

keineswegs traurig zu sein. «Energie ist

so billig, faktisch subventioniert, dass wir

sie wegwerfen», kritisierte er. «Der Ener-

gienutzungsgrad muss ein ganz anderer

werden, sonst wird uns die weltweite

Entwicklung überrollen.» Er forderte,

Europa müsse seine führende Rolle bei

der Effizienz behaupten und ausbauen,

dann lasse sich der Lebensstandard erhal-

1 Zwiegespräch der politischen Prominenz:Bundesrätin Doris Leuthard mit Johann Schneider-Ammann, Nationalrat und Swissmem-Präsident.

2 Kompetente Wortmeldungen in der Podiums -diskussion: Der Schweizer Uno-Botschafter PeterMaurer analysiert die Energieproblematik.F

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Plädoyer für eine «Effizienzrevolution»: der früheredeutsche Aussenminister Joschka Fischer.

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9SWISSMEM | Fokus

Dirk Schütz, Chefredaktor der Zeitschrift «Bilanz»,über Konzept und Qualität des Industrietags.

Reizvolle KontroversenMAN AG, in die Debatte ein. Er betonte

die Einheit von Ökonomie und Ökolo-

gie. «Ein Unternehmen, das seinen CO2-

Ausstoss reduziert, wird wettbewerbsfä-

higer. Deshalb sollten wir nicht darüber

diskutieren, ob das notwendig ist oder

nicht.» Er betonte die Chancen von in-

novativen Konzepten: «Der technische

Fortschritt hat ein riesiges Potenzial. Wir

werden mit Sicherheit umso kreativer, je

teurer die Energie wird.»

Der Markt schafft die besten Lösungen

In diesem Zusammenhang machte sich

ETH-Professor Lino Guzzella dafür stark,

der Ingenieurskunst einen höheren Stel-

lenwert einzuräumen (siehe auch Inter-

view auf Seite 10/11). «Naturwissen-

schaften und Technik sind die grössten

kulturellen Errungenschaften der

Menschheit», meinte er. Er empfahl, im

Fern sehen sollte man die Ärzte- durch

Ingenieursserien ersetzen: «Das wäre

spannender und würde uns helfen.»

Es ist das Konzept des Industrietags,

profilierten Köpfen aus unterschiedli-

chen Bereichen eine Plattform zu geben.

Das bedeutet aber nicht, dass Swissmem

nicht auch die eigene Stimme einbringen

würde. Swissmem-Energieexperte Ru-

dolf Hug sprach bei der Präsentation des

Grundsatzpapiers «Energie-Manifesto»

Klartext und forderte die rasche Planung

sowie kurze Verfahrenswege für den Er-

satz der bestehenden Schweizer Kern-

kraftwerke. Neben dem sorgfältigeren

Umgang mit Energie würden vor allem

technologische Lösungen helfen, das Kli-

maproblem zu bewältigen. Die Redukti-

onsziele müssten in erster Linie über frei-

willige Massnahmen erreicht werden.

Swissmem-Präsident Johann

Schneider-Ammann konkretisierte die-

sen Standpunkt in seiner Ansprache:

«Energie- und Klimapolitik brauchen

Markt. Wir vertrauen dem Markt. Im

Wettlauf werden die besten Lösungen

gefunden.» Peter Christoph

� Die Referate und weitere Fotos zum

Anlass sind unter www.swissmem.ch/

industrietag abrufbar

Herr Schütz, wie finden Sie als

Wirtschaftsjournalist das Konzept des

Industrietags mit Referenten, die

politisch sehr unterschiedliche

Positionen vertreten?

Ich finde das Konzept gut. Die Kontro-

versen machen doch den Reiz einer sol-

chen Veranstaltung aus. Wenn alle der

gleichen Meinung sind, wird es schnell

langweilig. Das besonders strittige The-

ma war an diesem Industrietag sicherlich

die Atomkraft. Es war extrem, aber auch

sehr belebend, wie weit die Ansichten da

auseinandergingen.

Welcher Referent hat Sie speziell

beeindruckt?

Ganz ehrlich: Alle waren wirklich gut.

Aufgefallen ist mir der ETH-Professor

Lino Guzzella mit seinem leidenschaftli-

chen Plädoyer für die Wissenschaft. Beim

Streit um die Atomkraft wurden sowohl

die Pro- als auch die Contra-Argumente

sehr prägnant vertreten. Joschka Fischer

ist einer der renommiertesten Atomkraft-

gegner überhaupt und war rhetorisch

brillant. Aber es war auch spannend, zu

hören, wie Wolfgang Clement als SPD-

Mitglied für die Atomkraft plädierte und

sagte, er habe sich eben lange Zeit ge-

täuscht. Swissmem selber hat sich mit

dem «Energie-Mani festo» ja ebenfalls

klar für die Atomkraft ausgesprochen.

Ist es opportun, dass Swissmem nicht

nur anderen eine Plattform bietet,

sondern auch selber Stellung bezieht?

Das ist eine Gratwanderung. Es ist rich-

tig, dass der Präsident in der Begrüs-

sungsrede die Marschrichtung von Swiss-

mem vorgibt. Ebenso finde ich es

passend, dass ein Vertreter von Swiss-

mem an der Podiumsdiskussion mit-

wirkt. So wie jetzt ist es also in Ordnung,

mehr aber wäre nicht gut. Die Besucher

einer solchen Veranstaltung dürfen nicht

das Gefühl haben, ein «Brainwashing»

verpasst zu bekommen.

Kann ein Anlass wie der Industrietag

dazu beitragen, dass die Industrie in der

Öffentlichkeit vermehrt als kraftvolle

Branche wahrgenommen wird?

Dieses Gefühl habe ich schon. Bei den

zwei bisherigen Industrietagen war die

Teilnehmerliste – mit Josef Ackermann

und Christoph Blocher im Vorjahr, mit

Joschka Fischer und Doris Leuthard in

diesem Jahr – für schweizerische Mass-

stäbe absolut top. Solche Prominenz

garantiert ein grosses Medienecho.

Wie nehmen Wirtschaftsjournalisten

heute die Industriebranche wahr?

Als spannende und innovative Branche.

Die Renaissance der Industrie hat schon

vor einigen Jahren begonnen. Die Zeiten,

als alle nur auf Finanzen und Pharma

schauten, sind vorbei. Während die Fi-

nanzbranche in einer furchtbaren Krise

steckt, ist die Industrie kerngesund.

ten: «Günstiger wird die Energie in Zu-

kunft nie mehr werden, also heisst die

Antwort darauf Effizienz.»

Energie mit Zukunft. Zukunft mit Energie

Nach wie vor ablehnend zeigte sich Fi-

scher gegenüber der Kernenergie und

nannte als Hauptgründe die Entsor-

gungsfrage, das Schadenrisiko und die

Proliferationsgefahr. Doch hier wider-

8

gegen internationale Lösungen wird in

den USA abnehmen.»

Die globale Perspektive betonte

auch Wolfgang Clement, früherer deut-

scher Wirtschaftsminister und Kollege

von Fischer in der rot-grünen Regierung.

Neue Technologien mit dem Ziel einer

«sauberen Kohle» – mittels einer CO2-

Abscheidung und -Speicherung – könn-

ten nach seiner Auffassung entscheiden-

de Verbesserungen bringen. Clement ist

heute in der freien Wirtschaft tätig und

Aufsichtsrat im Energiekonzern RWE.

Die Kernenergie stuft er als Notwendig-

keit ein, und einer ungebremsten Förde-

rung von Alternativenergien steht er

skeptisch gegenüber: «Wir befinden uns

in Europa auf dem Weg zu einer gewal-

tigen Ökobürokratie.»

Die Kreativität steigt mit dem Preis

Ebenfalls aus dem Blickwinkel der Wirt-

schaft brachte sich Hakan Samuelsson,

Vorstandsvorsitzender der Münchner

sprachen mehrere Referenten. Jürgen

Thumann, Präsident des Bundesverban-

des der Deutschen Industrie, sagte zum

Beispiel: «Wir müssen alle Energieträger

und Technologien einsetzen – fossile, re-

generative und nukleare. Die steigende

Energienachfrage lässt uns gar keine an-

dere Wahl.» In Anlehnung an das Motto

der Veranstaltung forderte er: «Wir wol-

len Energie mit Zukunft. Und wir wollen

eine Zukunft mit Energie.» Thumann

wies darauf hin, dass der Anteil von

Kohle und Gas bei der weltweiten Ener-

gieproduktion weiter steigen werde und

deshalb die Klimaproblematik zentral sei.

Die weltweit grössten Schadstoffemitten-

ten müssten das Problem aber endlich

ernst nehmen.

Diesbezüglich überbrachte der

Schweizer Uno-Botschafter Peter Maurer

gute Nachrichten aus New York: «Unab-

hängig vom Wahlausgang wird die neue

Regierung eine grundlegend andere Ein-

stellung zum Thema Klimawandel ha-

ben», prophezeite er. «Der Widerstand

Am Industrietag leitete Dirk Schütz die erstklassigbesetzte Podiumsdiskussion.

«Wir müssen alle Energieträger und Technologieneinsetzen. Die Nachfrage lässt uns gar keine andere Wahl.»Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie

Hakan Samuelsson von der MAN AG betontedie Chancen, die der technische Fortschritt bietet.

Der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister WolfgangClement warnte vor einer «Ökobürokratie».

Zwischen den hochwertigen Referaten gab es für dieGäste Stärkung auf hohem kulinarischem Niveau.

Der deutsche Industrieverbandschef Jürgen Thumannerachtet die Klimaproblematik als zentrale Aufgabe.

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«Der beste Brennstoff ist die Bildung»

10 Vis-à-vis | SWISSMEM 11

Herr Guzzella, weltweit wird momentan

viel in Umwelttechnologien investiert.

Bewegen wir uns genügend schnell?

Die Schweiz hat traditionell relativ stark

in eine klimafreundliche Energieversor-

gung investiert. Bei der Wasserkraft

waren wir Pioniere, und auch der öffent -

liche Verkehr ist im Verhältnis gut ausge-

baut. Wenn wir bestehende Techno -

logien optimal nutzen, ist schon viel

gewonnen. Zudem verfügen wir über di-

verse, sehr innovative Unternehmen, die

international erfolgreich sind. Wir sind

grundsätzlich gut aufgestellt.

Im Bereich der Informationstechnologien

spricht man auch von verpassten

Chancen. Zürich hätte, so Stimmen, das

Silicon Valley Europas werden können.

Da darf man die Dimensionen nicht aus-

ser Acht lassen. Kalifornien ist die siebt-

grösste Volkswirtschaft der Welt und ver-

fügt über mindestens drei Hochschulen,

die gleich gut oder gar besser als die ETH

sind. Da ist es nur selbstverständlich, dass

nicht die gleiche Innovationskraft ent-

steht. Unsere grundsätzlich gute Position

darf aber sicherlich nicht dazu führen,

dass wir uns zurücklehnen und in eine

Wohlstandsträgheit verfallen. Wir müs-

sen, zumindest in einigen Bereichen,

weltweit ganz vorne mitspielen können.

Die USA scheinen sich allmählich zu

bewegen. Ein Drittel des Risikokapitals

fliesst bereits in klimafreundliche

Technologien. Findet die Umsetzung von

Ideen bei uns genügend Unterstützung?

Wenn sie gut sind, ja. Wichtig ist die

Qualität der Innovation, und hierfür

braucht es Fleiss und Kreativität. Die

ETH hat in den letzten Jahren Dutzende

Spin-off-Firmen hervorgebracht, die zei-

gen, dass intelligente Ansätze auch hier-

zulande zu marktreifen Produkten wei-

terentwickelt werden können.

Ohne junge Forscher keine neuen Ideen.

Wie stehts mit dem Nachwuchs?

Der Grossteil der Studenten an der ETH

ist sehr gut. Im Bereich des Maschinen-

baus konnten wir zudem in den letzten

zehn Jahren die Zahl der Studierenden

fast verdoppeln. Sicherlich fehlen der In-

dustrie insgesamt Ingenieure, und wir

könnten noch mehr Studenten brau-

chen. Es wäre nun aber für die ETH der

falsche Weg, das Niveau zu senken, um

mehr Studierende anzuziehen. Wir müs-

sen uns um Spitzenleistungen bemühen.

Sollte sich der Staat mehr engagieren,

um Umwelttechnologien zu fördern?

Eine starke Lenkung durch den Staat ist

immer etwas fraglich. Grundsätzlich aber

plädiere ich für gute Rahmenbedingun-

gen und eine Re-Industrialisierung der

Wirtschaft. Wenn wir die Herausforde-

rungen der Zukunft wie Energie, aber

auch Nahrung, Mobilität und Wasser lö-

sen wollen, braucht es Technologien. Al-

lein mit Dienstleistungen ist dies nicht zu

erreichen. Hierfür ist die Bildung zentral.

Die Technologien sollten also auch in der

Schule stärker zur Sprache kommen?

Auf jeden Fall. Ohne die technischen In-

novationen ist unsere Zivilisation in der

heutigen Form nicht denkbar. Man muss

den Jugendlichen bereits früh die Zu-

sammenhänge aufzeigen. Die Technik

sollte auch im Sinne eines Kulturver-

ständnisses im Unterricht mehr Platz ha-

ben. Naturwissenschaft und Technik sind

die wichtigste Basis für den wirtschaftli-

chen Erfolg der Schweiz. Diese Grundla-

gen müssen in Erinnerung gerufen und

stets neu erarbeitet werden.

In der Klimadiskussion sind die CO2-

Emissionen ins Zentrum gerückt und

haben das Ziel einer 2000-Watt-Gesell -

schaft etwas verdrängt. Können wir

beliebig viel Energie produzieren, solan-

ge wir keine Klimagase verursachen?

Nein, die 2000-Watt-Gesellschaft bzw.

die 1-Tonnen-Gesellschaft, wenn wir von

CO2 sprechen, sind sozusagen die zwei

Seiten der gleichen Medaille. Weltweit

wird der Energiehunger in den nächsten

Jahren enorm anwachsen, denn die auf-

strebenden Nationen werden ihren be-

rechtigten Anspruch nach Energie ein-

fordern. Energie bedeutet Komfort.

Wenn wir allen einen gewissen Lebens-

standard ermöglichen wollen, müssen

wir effizienter und sparsamer werden.

In der Schweiz stammen die meisten

Klimagase vom Verkehr, weltweit sind

es immer noch mit fossilen Brennstoffen

befeuerte Kraftwerke. Macht es da Sinn,

Er baute das sparsamste Fahrzeug der Welt und erachtet das Fahrrad alsnach wie vor bestes Verkehrsmittel. ETH-Professor Lino Guzzella plädiert im Umgang mit Energie ebenso für neue, innovative Technologienwie für einfache, altbewährte Mittel.

Wünscht sich eine Re-Industrialisierungder Wirtschaft: ETH-Professor Lino Guzzella.

Persönlich

Professor Dr. Lino Guzzella (1957) ist seit 1999 or-

dentlicher Professor für Thermotronik an der ETH Zü-

rich und seit 2004 Leiter des Instituts für Mess- und

Regeltechnik. Er studierte Maschinenbau und arbei-

tete nach der Promotion in der Konzernforschung

bei Sulzer, anschliessend als Leiter der Entwick-

lungsabteilung bei Hilti. Öffentlich bekannt wurde

er mit der Entwicklung des Fahrzeugs PAC-Car II, das

mit einem Gramm Wasserstoff 20 km weit fuhr;

also mit acht Litern Benzin um die Erde fahren

könnte. Lino Guzzella trat am 2. Swissmem Indus -

trietag als Referent auf.

Elektroautos oder Brennstoffzellen

stark zu fördern?

Je nachdem, wie der Energiemix in ei-

nem Land aussieht, macht dies keinen

Sinn. Ich habe meinen Studenten mal

aufgezeigt, dass der mit Kohle produzier-

te Strom für ein Elektroauto mehr CO2

verursacht, als ein Dieselfahrzeug an CO2

ausstösst. So sind auch grosse, schwere

Autos für den Stadtverkehr völlig un-

zweckmässig. Das beste Fahrzeug ist in

dieser Hinsicht immer noch das Velo.

Wenn der Staat etwas unternehmen

kann, dann zum Beispiel Velowege bau-

en. Für einen intelligenten Umgang mit

unseren Ressourcen müssen solche Zu-

sammenhänge bereits in der Schule ver-

mittelt werden. Der beste Brennstoff ist

immer noch die Bildung.

Strom wird – gerade auch durch den

Ersatz fossiler Brennstoffe – in Zukunft

der wichtigste Energieträger sein. Wie

sehen die Perspektiven aus?

Beim Strom steht für mich neben der

CO2-Bilanz die Versorgungssicherheit im

Vordergrund. Ich plädiere nicht für eine

ausgeprägte Tiefpreispolitik, aber auch

aus Gründen der Versorgungssicherheit

für den Ersatz der bestehenden Kern-

kraftwerke. Mit Blick auf das umliegen-

de Ausland ist die langfristige, saubere

Stromversorgung noch ungelöst. Nur

wenn wir über wirtschaftlichen und ge-

nügend Strom verfügen, ergibt sich für

uns der nötige Handlungsspielraum, um

neue, klimafreundliche Technologien zu

entwickeln. Interview: Jonas LangF

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Page 7: Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als 1990. 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 Elektrizität Fernwärme Gas Erdölprodukte

13SWISSMEM | Thema12

StandortDer Industriestandort Schweiz ist ein

Standort mit Zukunft. Dies beweisen un-

sere Unternehmen tagtäglich, indem sie

sich immer wieder mit ihren hochent-

wickelten Produkten gegen harte inter-

nationale Konkurrenz durchsetzen kön-

nen. Parallel dazu wird es auch Platz für

Industriebetriebe geben, die eher tradi-

tionelle Arbeiten verrichten.

Nicht nur für die Bewältigung von

sehr anspruchsvollen Tätigkeiten können

wir die erforderlichen Arbeitskräfte nicht

mehr vollständig im Inland rekrutieren.

Dies gilt mehr und mehr auch bezüg -

lich gut ausgebildeter Facharbeiter. Die

Schweizer Industrie ist deshalb auf den

internationalen Arbeitsmarkt angewie-

sen. Eine vernünftige Einwanderungs -

politik und der freie Personenverkehr

mit der EU sind deshalb von höchster

Bedeutung, um die Attraktivität unseres

Industriestandorts zu erhalten.

GlobalisierungIn einer Branche mit einer Exportquote

von gegen 80 Prozent ist Globalisierung

eine zentrale Herausforderung. Die aller-

meisten unserer Mitglieder stehen vor

der Frage, wie sie sich im internatio -

nalen Wettbewerb weiterhin durchset-

zen können. Die Schweiz hat Erfahrung

darin, trotz unterschiedlicher kultureller,

sprachlicher und religiöser Hintergründe

eine funktionierende Gesellschaft zu

errichten. Diese Kompetenz ist entschei-

dend, wenn es darum geht, mit Vertre-

tern anderer Kulturen Wirtschaftsbezie-

hungen aufzubauen. Damit sind die

Schweiz und unsere Industrie in der sich

mehr und mehr globalisierenden Wirt-

schaftswelt hervorragend aufgestellt.

Swissmem unterstützt dabei ihre

Mitgliedfirmen: Wir machen uns beim

Bund dafür stark, dass bei internationa-

len Kontakten das Anliegen der Wirt-

schaft für einen möglichst ungehinder-

ten Marktzugang eingebracht wird.

Wenn beispielsweise unsere Wirtschafts-

ministerin nach Russland reist, informie-

ren wir das Departement vorgängig, auf

welche Hindernisse Schweizer Unter-

nehmen in diesem Markt stossen.

DemografieDie Alterspyramide ist eine Tatsache, der

sich auch die Industrie nicht entziehen

kann. Swissmem engagiert sich, damit

die Unternehmen die demografische

Herausforderung besser bewältigen kön-

nen: Wir motivieren unsere Mitglieder,

die älteren Mitarbeitenden wieder mehr

zu schätzen und zu pflegen. Eine vorzei-

tige Pensionierung als Normalfall und für

fast alle werden wir uns in Zukunft nicht

leisten können, erstens wegen der Fi-

nanzierung und zweitens wegen des

Know-how-Verlusts. Es braucht neue

Formen wie Altersteilzeit. Wichtig ist al-

lerdings, dass die Unternehmen indivi-

duelle Konzepte entwickeln können und

ihnen keine Pauschallösungen aufge-

zwungen werden.

Beim knapp werdenden Berufs-

nachwuchs ist es entscheidend, die Vor-

züge unserer Branche besser bekannt zu

machen. Die Industrie kann und will bei

den Löhnen nicht mit Banken oder Ver-

sicherungen mithalten, aber sie bietet ei-

ne Vielfalt an Tätigkeiten und gute Ent-

wicklungsmöglichkeiten an. Lernende

sind bei uns öfters schon im 3. oder

4. Lehrjahr im Ausland unterwegs. Es ist

für einen 18-Jährigen doch eine tolle Er-

fahrung, an einer Endmontage in Brasi-

lien dabei zu sein. Wir müssen vermehrt

solche Perspektiven aufzeigen.

Tatsache ist, dass wir auch auf aus-

ländische Fachkräfte angewiesen sind.

Weil unsere Nachbarländer alle mit den-

selben Schwierigkeiten kämpfen, stehen

wir hier aber ebenfalls in Konkurrenz.

Das Potenzial ist folglich begrenzt. Eine

gute Integrationspolitik ist deshalb sehr

wichtig.

EnergieDie sichere Energieversorgung ist eine

zentrale Forderung der Industrie. Die

Gefahr einer Stromlücke ist unbedingt

abzuwenden, wozu es einen breiten

Energiemix braucht.

In erster Linie müssen wir Techni-

ken entwickeln und anwenden, die zur

Steigerung der Energieeffizienz beitra-

gen. Unsere Industrie ist aber auch in der

Lage, mit ihrer Innovationskraft erneu-

erbaren Energien zum Durchbruch zu

verhelfen. Doch damit allein werden wir

nicht zum Ziel kommen. Swissmem

spricht sich klar dafür aus, die Kapazitä-

ten der bestehenden Kernkraftwerke

durch neue zu ersetzen. Diese Technolo-

gie ist sauber, sicher und praktisch CO2-

frei. Es geht nicht ohne sie, vor allem

auch mit Blick auf den Klimawandel.

InnovationDie Innovationskraft ist der entscheiden-

de Erfolgsfaktor für unsere Industrie und

zeichnet uns gegenüber ausländischen

Standorten aus. Die Schweiz ist gut po-

sitioniert, darf aber in den Bemühun-

gen nicht nachlassen. Wir unterstützen

Massnahmen, die den Forschungsplatz

Schweiz stärken, und pflegen Kontakte

zu wichtigen Stellen bei der ETH/EPFL,

Universitäten und Fachhochschulen.

Es ist uns wichtig, dass die Mittel

sinnvoll eingesetzt werden. Sie sollen

nicht nur der Grundlagenforschung, son-

dern genauso der praxis- und lösungs -

orientierten Forschung zugutekommen.

Wir setzen uns speziell für den Techno-

logietransfer ein und fördern den Kon-

takt zwischen Wissenschaft und Praxis.

PositionierungSwissmem ist beides: ein Dienstleister für

die Mitglieder und gleichzeitig der Opi-

nion Leader für die Branche.

Die Dienstleistungen für die Unter-

nehmen haben sich bewährt. Die Unter-

stützung beispielsweise in wirtschafts-

oder arbeitsrechtlichen Fragen wird sehr

geschätzt. Doch die politische Arbeit ist

ebenso unverzichtbar. Swissmem muss

als Sprachrohr der Branche auftreten

und den Einfluss der Mitgliedunterneh-

men geltend machen. Angesichts des

permanenten Wandels und der schneller

werdenden Gesetzesmaschinerie wird

die politische Arbeit in Zukunft noch an

Bedeutung gewinnen.

ImageZwar sind die Zeiten vorbei, als von der

Indus trie als «Old Economy» gesprochen

wurde, und es wird vielerorts anerkannt,

dass die Industrie auch in der Schweiz

eine Branche mit Zukunft ist. In den

letzten Jahren verzeichnete die Industrie

ein starkes Wachstum, es wurden zahl-

reiche Arbeitsplätze geschaffen. In einer

Boomphase ist es relativ einfach, eine

Branche erfolgreich darzustellen.

Es ist meines Erachtens jedoch zu

wenig bekannt, welche faszinierenden

Problemlösungen die Industrie anbietet.

Wir müssen deshalb grosse Anstren -

gungen unternehmen, das Image der In-

dus trie so zu verbessern, dass sie in allen

Bevölkerungsschichten als Problem -

löserin und Anbieterin spannender Jobs

wahrgenommen wird.

Aufgezeichnet von Peter Christoph

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Der neue Swissmem-Direktor Peter Dietrich äussert sich zu sieben Stichworten, welche die zentralen Herausforderungen für die SchweizerIndustrie beschreiben. Dietrich möchte die Attraktivität der Branche noch besser in derÖffentlichkeit darstellen.

«Die politische Arbeit wirdan Bedeutung gewinnen»

Persönlich

Im Frühling 2008 wurde Peter Dietrich (41)

zum neuen Direktor von Swissmem gewählt.

Er war zuvor bereits zwölf Jahre für den

grössten schweizerischen Industrieverband

tätig gewesen. Seit 2000 war er Leiter des

Bereichs Arbeitgeberpolitik und Mitglied der

Geschäftsleitung.

Dietrich hat an der Universität Fribourg Jus

studiert und 1992 mit dem Lizentiat abge-

schlossen. 1995 erwarb er das Anwalts -

patent des Kantons Aargau und 2002 den

Master of Law in internationalem Wirt-

schaftsrecht. Peter Dietrich ist verheiratet

und Vater einer Tochter.

Die Maschinenindustrie war in den letzten Jahren sehr erfolgreich, muss aber fit bleiben für die Zukunft.Peter Dietrich: «Es ist zu wenig bekannt, welchefaszinierenden Lösungen die Industrie anbietet.»

Page 8: Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als 1990. 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 Elektrizität Fernwärme Gas Erdölprodukte

60 Prozent. «Unterdessen hat sich das

Umfeld allerdings stark verändert», weiss

Jens Westh, Leiter Verkauf und Marke-

ting. «Zwei Anbieter beherrschen den

Seilbahnmarkt, Leitner-Poma und Dop-

pelmayr-Garaventa.» Und beide haben

«ihre» Getriebelieferanten.

Bei Poma ist das Kissling, was dem

Zürcher KMU einen immer noch stolzen

Weltmarktanteil von fast 30 Prozent er -

möglicht.

Qualität ist das oberste Gebot

Kissling wäre nicht Kissling, hätte das

Unternehmen nicht auf diese Verände-

rungen reagieren können. «Das ist eine

unserer Stärken», betont die Firmen -

chefin, «wir sind klein und entsprechend

flexibel.» Und innovativ. Kissling-Getrie-

be werden längst nicht mehr nur im Seil-

bahnbau eingesetzt. Stark gefragt sind

die Produkte auch in vielen produzieren-

den Branchen wie Lebensmittel-, Pa -

pier-, Chemie- oder Zementindustrie. Im

Portfolio finden sich zudem einige eher

exotische Anwendungen. Die höchsten

und schnellsten Achterbahnen der Welt

15SWISSMEM | Perspektive14

Von Pioniertaten hat sich Esther Kissling

noch nie abschrecken lassen. Und schon

gar nicht von Männerwelten. «Ich war

die erste Forstbeamtin der Schweiz und

später die erste Kreisförsterin im Kanton

Zürich», blickt die Forstingenieurin ETH

und Dr. sc. techn. auf ihre Laufbahn zu-

rück. Auch der Mut zu grossen Verände-

rungen zeichnet die Unternehmerin aus.

Nach 20 Jahren Forstdienst wechselte sie

in die Reformierte Landeskirche Zürich,

wo sie sechs Jahre die Diakonie und

Seelsorge leitete. Und seit April 2008

steht sie an der Spitze der L. Kissling &

Co. AG, die von ihrem Grossvater ge-

gründet und von ihrem Vater ausgebaut

worden war. Eine absehbare Rückkehr

ins Familienunternehmen? «Keines-

wegs», lacht sie, «das hätte ich mir

früher nie träumen lassen.»

Spontane Idee beim Spaziergang

Als in den letzten Jahren die Nachfolge-

frage drängender wurde, kam ihr auf ei-

nem Spaziergang am Zürcher Limmat-

ufer plötzlich die spontane Idee: «Das

wäre was für mich!» Unterstützt wird die

neue CEO von ihrem Bruder Martin

Kissling, der seit 25 Jahren im Unterneh-

men tätig ist, den Verwaltungsrat präsi-

diert und die Bereiche Technik, Diagnos -

tik und Beschaffung leitet. Nun haben es

spontane Ideen manchmal an sich, dass

man sie später bereut ... «Ganz im Ge-

genteil», verneint Kissling. «Ich habe

hier eine exzellente Firma mit qualifizier-

ten und motivierten Mitarbeitenden,

einer starken Marktstellung und viel

Potenzial angetroffen.» Kurz: «Es ist

enorm spannend hier.»

Mit ihrer wechselvollen Vita passt

die neue Chefin gut ins Familienunter-

nehmen, das in seiner über 80-jährigen

Firmengeschichte einige Auf und Ab er-

lebt hat. In den 60er- und 70er-Jahren

eroberten die Kissling-Getriebe die Ski-

gebiete in Europa und den USA. Im

Kerngeschäft Getriebe für Seilbahnanla-

gen erarbeitete sich das dynamische

KMU so einen Marktanteil von nahezu

etwa setzen auf die Kissling-Qualität. Zu-

dem war das Unternehmen auch in der

Entwicklung des Swatch-Mobils, des

Vorgängers des Smart, beteiligt.

Stillstehen wird das Innovationska-

russell auch in Zukunft nicht. «Grosses

Potenzial sehen wir im hochdrehenden

Bereich», sagt Jens Westh. Mit Getrieben

für Biomasse-Kraftwerke etwa ist das

Zürcher KMU bei der Entwicklung von

Zukunftstechnologien an vorderster

Front mit dabei. Die Kissling-Getriebe

bringen die 24 000 Umdrehungen pro

Minute der Turbine auf 1500 Umdrehun-

gen für den Generator herunter. Absolu-

te Präzision und Qualität sind da oberstes

Gebot. Dass dieser Markt Potenzial hat,

erlebte Westh kürzlich an einer Messe in

Mailand. «Wir waren das erste Mal dabei

und wurden förmlich überrannt.»

Neue Produkte, neue Märkte, neue

Anwendungen, neue Strukturen – in der

über 80-jährigen Firmengeschichte wer-

den immer wieder neue Kapitel geschrie-

ben. Das war in den 90er-Jahren so, als

die Produktion ausgelagert wurde. Und

das wird nächstes Jahr so sein, wenn das

KMU seinen neuen Firmensitz im Ba-

chenbülach beziehen wird. «Dort haben

wir alles, was wir brauchen», sagt Esther

Kissling. Der bestehende Standort, wo

man seit bald 50 Jahren tätig war, genüg-

te den Ansprüchen nur noch teilweise.

Eines aber wird bei aller Veränderungs-

bereitschaft gleich bleiben. «Wir stehen

zum Standort Schweiz!» Martin Stutz

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Führend in Seilbahngetrieben

Die L. Kissling & Co. AG (Kissgear) wurde

1925 von Albert Glutz gegründet. 1934 tritt

Leander Kissling in das Unternehmen ein

und übernimmt dieses später. Seit April

2008 wird der traditionsreiche Getriebeher-

steller in dritter Generation von Esther Kiss-

ling geleitet. Das Unternehmen ist führend

in Seilbahngetrieben und stellt Techno-

logien für die Lebensmittel-, Papier-, Ze-

ment-, Kunststoff- und Chemie-Industrie her.

Zudem sind Achterbahnen in aller Welt mit

Kissling-Getrieben ausgestattet. Zusammen

mit den rund 50 Mitarbeitenden erwirtschaf-

tete das Unternehmen 2007 über 17 Mio.

Franken Umsatz. Mittelfristig möchte CEO

Esther Kissling diesen Wert auf rund 24 Mio.

Franken erhöhen.

Klein, fein, flexibelDer traditionsreiche Getriebehersteller L. Kissling & Co. AG bewährt sich in umkämpften Märkten – seit über 80 Jahren. Mit Esther Kissling istim Familienunternehmen die dritte Generation am Ruder.

«Rückkehr ins Familienunternehmen? Dashätte ich mir nie träumen lassen.» Esther Kissling

Getriebe für einen Sessellift in den Werkhallen der L. Kissling & Co. AG. Flexibilität als Wettbewerbsvorteil: CEO Esther Kissling und Jens Westh, Leiter Verkauf und Marketing.Präzises Arbeiten ist absolute Pflicht.

Page 9: Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als 1990. 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 Elektrizität Fernwärme Gas Erdölprodukte

Arbeitssicherheit ist ein her-

ausragendes Thema. Swiss-

mem leistet Unterstützung zur

Einhaltung der Bestimmungen

und bei der Ausbildung von

Sicherheitsverantwortlichen.

Mit dem Ziel, Arbeitgeber, Ar-

beitnehmer, Lernende und die

Öffentlichkeit für die lauernden

Vorbeugen ist besser als heilen

Der russische Markt hat ein

enormes Potenzial. Die füh -

rende Werkzeugmaschinen -

ausstellung in Moskau war für

Swissmem deshalb ein Anlass

mit grosser Bedeutung.

An der wichtigsten Werkzeug-

maschinenausstellung in Mos-

kau waren über 60 Schweizer

Unternehmen in einer von

Swissmem organisierten

Schweizer Halle präsent. Sie

machten damit die zweitgröss-

te Messebeteiligung aus. Die

Teilnehmer äusserten sich

mehrheitlich zufrieden über

den Verlauf, wenngleich bei

den Geschäftsabschlüssen sek-

torielle Unterschiede auszu -

machen waren. Die Bereiche

Energie und Luftfahrt verzeich-

neten eine gute Nachfrage,

während im Automobilsektor

die Erwartungen nicht ganz

erfüllt wurden.

Der russische Markt liegt

für die Schweizer Werkzeug -

maschinenindustrie bei den Ex-

porten zwar nur auf Platz 11,

ist aber auf Grund seiner Dyna-

mik und seines Potenzials aus-

serordentlich wichtig. Mit

Exporten von über 120 Mio.

Franken gehörte die Schweiz

2007 zu den wichtigsten vier

Werkzeugmaschinenlieferanten

in Russland. Im vergangenen

Jahr konnte die Industrie ihre

Exporte nach Russland massiv,

um fast 40 Prozent, steigern.

Damit lag die Wachstumsrate

zum dritten Mal in Folge im ho-

hen zweistelligen Bereich.

An einem eigens durchge-

führten Schweizer Tag organi-

sierte Swissmem nebst dem of-

fiziellen Besuch des Schweizer

Botschafters Erwin Hofer für die

Rektoren der 15 wichtigsten

Universitäten Russlands einen

speziellen Messerundgang und

schaffte so die Möglichkeiten

für den Kontakt der Hochschu-

len zu Schweizer Unternehmen.

Starke Präsenz an derMetalloobrabotka

Das Thema Energie stand

im Zentrum des EUROPUMP

Annual Meeting, welches die-

ses Jahr von der Swissmem-

Fachgruppe organisiert wurde.

Im Mai fand in Luzern das

EUROPUMP Annual Meeting

statt, an dem 125 Pumpenher-

steller aus 18 europäischen

Ländern sowie Gäste aus den

USA und Indien teilnahmen.

Die Swissmem-Fachgruppe

Pumpen ist seit der Gründung

im Jahr 1960 Mitglied des Ver-

bandes. Allein innerhalb der EU

beträgt der Umsatz aller Mit-

glieder rund 8 Mrd. Euro pro

Jahr. EUROPUMP vertritt die

Interessen der europäischen

Pumpenindustrie – insbeson-

dere gegenüber der Europäi-

schen Kommission.

Zurzeit besteht die Aufga-

be des Verbandes vor allem in

der Unterstützung der EU bei

der Erarbeitung einer neuen

Gesetzgebung, die grosse Aus-

wirkungen auf die Pumpenin-

dustrie haben wird: die Verbes-

serung der Energieeffizienz von

Pumpen. Erfolgversprechend

werden in Zukunft Pumpen

sein, die energiesparend arbei-

ten. Hier ist die Kombination

aus drehzahlvariablen Antrie-

ben, Sensoren und integrierter

Regelungstechnik interessant.

Dies reduziert die Energiekos -

ten und erhöht auch die Verfüg-

barkeit.

EUROPUMP hat drei Pu-

blikationen erarbeitet, um

Pumpensysteme hinsichtlich

des Energieverbrauchs zu opti-

mieren: «Variable Speed Pum-

ping», «Pump Life Cycle Costs»

und «Systems Efficiency».

� Die Publikationen können

unter www.europump.eu > eco-

pump bezo gen werden.

Weitere Informationen zur Fach-

gruppe Pumpen sowie zum

Verband EUROPUMP erhalten

Sie bei Brigitte Waernier-Gut,

Ressortleiterin Fachgruppen,

Tel. 044 384 48 52,

[email protected]

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Die Leitlinien der Wirtschaft

für Bildung und Forschung sind

ein wichtiges Instrument.

Swissmem hat an der Entwick-

lung des Papiers mitgewirkt.

In den im Frühjahr vor gestellten

Leitlinien der Wirtschaft für

Bildung und Forschung legt der

Wirtschaftsdachverband econo-

miesuisse fest, wie in den

nächsten drei Jahren gehandelt

werden muss. Swissmem hat

an diesem Papier mitgearbeitet

und konnte eigene Vorstellun-

gen und Forderungen zu einem

grossen Teil einbringen; Diffe-

renzen in Details sind selbst-

verständlich zu diskutieren. So

konnte angeregt werden, dass

der Berufsbildung eine stärkere

Bedeutung beigemessen wird.

Derzeit werden zwei Drittel

der Ingenieure in der MEM-

Indus trie aus Fachhochschulen

rekrutiert.

Die Schweizer Wirtschaft

setzt insgesamt auf mehr Qua-

lität und Leistungsorientierung.

Das Papier legt den Fokus auf

folgende Aspekte: Der Wettbe-

werb zwischen den Hochschu-

len soll gestärkt und ihnen

mehr Autonomie eingeräumt

werden. Durch leistungsabhän-

gige Studiengebühren auf

Masterstufe könnten erfolgrei-

che Studierende belohnt wer-

den. Mit der Harmonisierung

der Schulstruktur und Leis -

tungsvergleichen in der obliga-

torischen Schulzeit sollen Un-

terschiede aufgedeckt und so

die Qualitätssteigerung geför-

dert werden. Verwaltung und

Politik sollen möglichst wenig

Rektoren von russischen Universitäten besichtigen die Schweizer Messestände.

Pumpen, die energiesparend arbeiten, werden in Zukunft erfolgreich sein.

Gefahren am Arbeitsplatz zu

sensibilisieren, hat die Eidg.

Koordinationskommission für

Arbeitssicherheit (EKAS) im

April eine Kampagne gestartet.

Ihre Hauptaufgabe besteht

darin, Arbeitnehmer so gut wie

möglich gegen Betriebsunfälle

und berufsbedingte Krankhei-

ten zu schützen. In der Verord-

nung über die Verhütung von

Unfällen und Berufskrankhei-

ten (VUV) ist festgehalten, dass

der Arbeitgeber Arbeitsärzte

und andere Spezialisten der

Arbeitssicherheit beiziehen

muss, wenn es zum Schutz der

Gesundheit und für die Sicher-

heit der Arbeitnehmenden er-

forderlich ist. Die EKAS hat da-

zu die ASA-Richtlinie erarbeitet

und am 1. Januar 1996 in Kraft

gesetzt. Diese sieht vor, dass

die Arbeitgeber ein Sicherheits-

konzept erarbeiten müssen,

das die Gefahrenpotenziale in

ihren Unternehmen ein-

schliesst. Diese Richtlinie wur-

de 2006 auf eine Vereinfa-

chung der Abläufe und eine

Erleichterung für die Unterneh-

men hin überarbeitet.

Swissmem bietet Semina-

re zur Anwendung der Richtlinie

sowie Kurse zur Ausbildung von

Sicherheitsverantwortlichen

an. Im Herbst sind wieder zwei

Seminare vorgesehen: am

28./29. Oktober sowie am

4./5. November 2008.

� Weitere Informationen unter

www.ekas.ch; Details zu den

Seminaren: www.swissmem.ch

Gefahren am Arbeitsplatz jederzeit im Griff haben: eine Daueraufgabe für alle Beteiligten.

Die Berufsbildung muss zwingend einen höheren Stellenwert erhalten.

in die Themenfestlegung ein-

greifen, die Forschungs- und

Innovationspolitik soll sich auf

die Optimierung der Rahmen-

bedingungen konzentrieren.

Swissmem fordert zusam-

men mit economiesuisse und

anderen die Überführung der

Kommission für Technologie

und Innovation (KTI) in eine

Stiftung.

� Die Leitlinien können unter

www.economiesuisse.ch > Pu-

blikationen abgerufen werden.

Die Swissmem-Positionspapie-

re zur Bildungspolitik sowie zur

Forschungs- und Innovations -

politik sind zu finden unter

www.swissmem.ch > Positio-

nen. Bei Swissmem ist Peter

Stössel zuständig für Bildung

und Innovation:

[email protected],

Tel. 044 384 48 23

Für Höchstleistungen in Bildung und Forschung

17SWISSMEM | Palette

Energieeffizienz von Pumpen verbessern

Page 10: Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als 1990. 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 Elektrizität Fernwärme Gas Erdölprodukte

Das jährlich publizierte Nach-

schlagewerk «Panorama» ver-

mittelt auch in der Ausgabe

2008 aktuelle Zahlen und Fak-

ten zur Schweizer Maschinen-,

Elektro- und Metallindustrie.

Das Jahr 2007 verlief sehr er-

folgreich. Die Exporte konnten

um 11,7 Prozent gesteigert

werden und erreichten über

78 Mrd. Franken. Die hohen

Wachstumsraten bei den Expor-

ten und Auftragseingängen

führten zudem zu einer mar-

kant erhöhten Beschäftigung in

der Industrie.

� Die statistische Branchen-

publikation ist unter

www.swissmem.ch > Medien >

Publikationen abrufbar oder

kann bei [email protected]

bezogen werden

Hintergründe zu einem Erfolgsjahr

19SWISSMEM | Service

Seit Anfang Juni 2008 leitet lic.

iur. Daniella Lützelschwab (40)

den Bereich Arbeitgeberpolitik;

sie nimmt damit gleichzeitig

Einsitz in die Geschäftsleitung

und ersetzt Peter Dietrich, der

neu dem Verband als Direktor

vorsteht.

Daniella Lützelschwab ar-

beitet seit dem 1. Juli 2000 im

Bereich Arbeitgeberpolitik von

Swissmem und verfügt über

grosse Erfahrung und ver-

bandspolitisches Know-how. In

den letzten Jahren war sie

nebst der Firmenberatung für

die Betreuung der sozialpoliti-

schen Themen zuständig.

Regional betreute sie den

Raum Basel, Zentralschweiz

und Tessin, wobei es von den

Tessiner Mitgliedunternehmen

geschätzt wird, eine Ansprech -

person in ihrer Sprache auf der

Geschäftsstelle zu haben.

Nach ihrem Studium in

Basel absolvierte Daniella Lüt-

zelschwab Praktika in Verwal-

tung, Advokatur und Gericht

und arbeitete in der kantonalen

Amtsstelle für Arbeitslosenver-

sicherung des Kantons Basel-

Stadt und danach bei einer

Rechtsschutzversicherung. Sie

bekleidet heute auch das Amt

der Präsidentin der Vorsorge-

stiftung der Verbände der Ma-

schinenindustrie und ist Mit-

glied zahlreicher arbeitgeber-

sowie sozialpolitischer Kom-

missionen und Arbeitsgruppen.

In ihrer neuen Funktion wird sie

für alle arbeitgeber- und sozial-

politischen Themen sowie die

fachspezifischen Beratungs-

dienstleistungen für Mitglied-

unternehmen zuständig sein.

� Daniella Lützelschwab

ist erreichbar unter

Tel. 044 384 42 03,

[email protected]

� Sämtliche Geschäftsleitungs-

mitglieder sind zu finden unter

www.swissmem.ch > Der Ver-

band > Porträt > Geschäftsstelle

Ziel gesetzt, tatkräftig sowohl

die Geschäftsleitung zu unter-

stützen als auch mit einem

kompetenten Team die vielsei-

tigen Aufgaben des Bereichs

Wirtschaftspolitik wahrzuneh-

men. Er freut sich darauf, die

Maschinen-, Elektro- und Me-

tallindustrie in ihrer ganzen

Breite näher kennenzulernen

und sich in diesem überaus in-

teressanten Umfeld zwischen

Privatwirtschaft und Politik den

neuen Herausforderungen zu

stellen.

� Jean-Philippe Kohl ist

erreichbar unter

Tel. 044 384 48 15,

[email protected]

Jean-Philippe Kohl leitet den BereichWirtschaftspolitik.

Daniella Lützelschwab leitet den BereichArbeitgeberpolitik.

Vom Industriekapitän bis zum Nobelpreisträger

Wie man mit kosteneffizienter

Produktion zu konkurrenz -

fähigen Spitzenprodukten

kommt, erfahren Sie am

6. Swissmem Symposium im

Casino Lake Side in Zürich. Die

Auswahl der Referenten kann

sich sehen lassen.

Am Donnerstag, 28. August

2008, wird bereits zum sechs -

ten Mal das mit hochkarätigen

Rednern dotierte Swissmem

Symposium stattfinden. Auch

dieses Jahr werden sich an die

150 Unternehmensführer und

Industriekapitäne aus der

Von einem starken Netzwerk profitieren

Unter dem Titel «Swissmem –

Wir machen uns stark für Sie»

stellt eine neu erschienene Bro-

schüre das Spektrum der Ver-

bandsaktivitäten vor. Konzen-

trieren Sie sich als Mitglied auf

Ihre Kernkompetenzen und

schaffen Sie so optimale Vor-

aussetzungen für Ihren Markt-

erfolg. Wir unterstützen Sie

dabei mit praxisorientierten

kostenlosen Dienstleistungen,

beobachten und analysieren

für Sie die politische, rechtliche

und wirtschaftliche Entwicklung

und handeln entschlossen,

wenn es die Interessen der

MEM-Industrie zu wahren gilt.

Profitieren Sie von einem star-

ken Netzwerk und dem Erfah-

rungsaustausch und nutzen Sie

die Möglichkeiten unseres Aus-

und Weiterbildungsangebots.

� Die Publikation kann über

[email protected] in den vier

Sprachen Deutsch, Franzö-

sisch, Italienisch oder Englisch

bezogen werden. Weitere Infor-

mationen zum Verband finden

Sie unter www.swissmem.ch.

Gerne zeigen wir Ihnen auch

persönlich in einem Gespräch

Ihren Nutzen als Mitglied von

Swissmem auf. Sie erreichen

uns unter Tel. 044 384 41 11

oder über [email protected]

Neue Gesichter in der Swissmem-Geschäftsleitung

Mit Jean-Philippe Kohl und

Daniella Lützelschwab

verstärken zwei jüngere Fach-

kräfte seit Frühling 2008

die Geschäftsleitung von

Swissmem.

Jean-Philippe Kohl (42) ist im

Mai 2008 zur Geschäftsleitung

bei Swissmem gestossen; er

leitet neu den Bereich Wirt-

schafts politik.

Nach seinem Studium der

Volkswirtschaftslehre an der

Universität Zürich hat er an der

Universität Basel eine Disserta-

tion verfasst, um anschliessend

berufliche Erfahrungen in der

Privatwirtschaft und in der öf-

fentlichen Verwaltung zu sam-

meln. Zunächst arbeitete er

rund 3½ Jahre beim Migros-

Genossenschafts-Bund in der

Direktion Wirtschaftspolitik und

Konsumentenfragen. Anschlies-

send war er während knapp

acht Jahren als stv. General -

sekretär in der Finanzdirektion

des Kantons Bern tätig, wo er

zum engsten Mitarbeiterstab

des bernischen Finanzdirektors

gehörte. Seit fünf Jahren nimmt

er zudem einen kleinen Lehr-

auftrag an der Fachhochschule

Nordwestschweiz wahr.

In seiner neuen Funktion

hat sich Jean-Philippe Kohl zum

Schweizer MEM-Industrie im

Casino Lake Side in Zürich zu

einem mit interessanten Refe-

raten angereicherten, auf die

nachhaltig gewinnbringende

Produktion fokussierten Ge-

dankenaustausch treffen, und

zwar unter dem Motto «Best

Production Practice».

Dieses Jahr präsentiert sich die

Auswahl der Referenten inter-

national: Wichtige Exponenten

der Industrie, zum Beispiel

Masahiko Mori (Präsident, Mori

Seiki Co. Ltd.) aus Japan oder

Mathias Kammüller (COO,

Trumpf GmbH + Co. KG) aus

Deutschland geben dem Publi-

kum ihre An- und Einsichten als

Anstoss. Neben der Darstellung

verschiedener Industriebei -

spiele aus der Schweiz wird

auch die Wissenschaft (Prof.

Konrad Wegener, iwf/inspire

AG, und Prof. Reimund Neuge-

bauer, IWU, Chemnitz) Akzente

setzen. Den Schlusspunkt

bildet das Referat von Nobel -

preis träger Prof. Andreas

Fischlin (ETH Zürich) zum Span-

nungsfeld «Industrie – Klima –

Umwelt».

� Weitere Informationen

unter www.swissmem.ch >

Veranstaltungen.

Auskünfte erteilen gerne

Christoph Blättler, Ressort -

leiter Fachgruppen,

Tel. 044 384 48 25,

[email protected],

oder Doris Kern, Sekretariat,

Tel. 044 384 48 34,

[email protected]

Interessante Ansichten und Einblicke am Swissmem Symposium.

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Page 11: Der frühere deutsche Aussenminister SWISSMEM NETWORK · (5 x 109 kWh); 37 Prozent weni-ger als 1990. 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 Elektrizität Fernwärme Gas Erdölprodukte

Laudatio für Weltmeister. Adrian Trachsel und Ciril Stefanini wurden am2. Swissmem Industrietag für ihre Goldmedaillen an den Berufs-Welt -meisterschaften in Japan geehrt. Die Lobrede auf die beiden Automatikersprach Swissmem-Präsident Johann Schneider-Ammann.

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