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Der Mainzer Katholizismus und der Erste Weltkrieg Hausarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades Master of Education vorgelegt dem Fachbereich 01 Katholische Theologie und Evangelische Theologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von Simon Brößner geboren am 24.03.1989 in Viernheim Matrikelnummer: 2663632 2015 Studienfächer: Katholische Religionslehre Geschichte Bildungswissenschaften Erstgutachter: Univ.-Prof. Dr. theol. Claus Arnold Zweitgutachter: PD Dr. theol. Christoph Nebgen

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Der Mainzer Katholizismus und

der Erste Weltkrieg

Hausarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades

Master of Education

vorgelegt dem Fachbereich 01 – Katholische Theologie und Evangelische

Theologie

der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

von

Simon Brößner

geboren am 24.03.1989 in Viernheim

Matrikelnummer: 2663632

2015

Studienfächer: Katholische Religionslehre

Geschichte

Bildungswissenschaften

Erstgutachter: Univ.-Prof. Dr. theol. Claus Arnold

Zweitgutachter: PD Dr. theol. Christoph Nebgen

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................... 3

1.1 Ausgangssituation und Forschungsstand............................................................................. 3

1.2 Herleitung der Fragestellung ............................................................................................... 5

1.3 Forschungsmethode ............................................................................................................. 9

1.4 Aufbau der Arbeit ............................................................................................................. 11

2 Die Lehre vom gerechten Krieg ............................................................................................... 13

2.1 Der deutsche Katholizismus und die Lehre vom gerechten Krieg .................................... 13

2.2 Der Mainzer Katholizismus und die Lehre vom gerechten Krieg ..................................... 15

3 Die Causa Belgien .................................................................................................................... 17

3.1 Die Verletzung der Neutralität Belgiens ........................................................................... 17

3.1.1 Der Deutsche Katholizismus und die Verletzung der Neutralität Belgiens ............... 18

3.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Verletzung der Neutralität Belgiens ................. 18

3.2 Der Vorwurf der Gräueltaten ............................................................................................ 20

3.2.1 Der Vorwurf der Gräueltaten und der deutsche Katholizismus ................................. 21

3.2.2 Der Vorwurf der Gräueltaten und der Mainzer Katholizismus .................................. 23

4 Die Causa Frankreich ............................................................................................................... 26

4.1 Die Absprache der Religiosität Frankreichs ...................................................................... 26

4.1.1 Die Absprache der Religiosität Frankreichs im deutschen Katholizismus................. 26

4.1.2 Die Absprache der Religiosität Frankreichs im Mainzer Katholizismus ................... 28

4.2 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“ ....................................................................... 32

4.2.1 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“ und der deutsche Katholizismus ............ 32

4.2.2 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“ und der Mainzer Katholizismus ............ 33

4.3 Die Kathedrale von Reims ................................................................................................ 36

4.3.1 Der deutsche Katholizismus und die Kathedrale von Reims ..................................... 37

4.3.1 Der Mainzer Katholizismus und die Kathedrale von Reims ...................................... 37

5 Die Causa Italien ...................................................................................................................... 39

5.1 Die Lösung der Römischen Frage ..................................................................................... 39

5.1.1 Der deutsche Katholizismus und die Lösung der Römischen Frage .......................... 40

5.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Lösung der Römischen Frage ........................... 41

5.2 Die Befreiung des italienischen Volkes von der kirchenfeindlichen Freimaurerregierung

................................................................................................................................................. 46

5.2.1 Der deutsche Katholizismus und die Befreiung des italienischen Volkes von der

kirchenfeindlichen Freimaurerregierung ............................................................................. 46

5.2.2 Der Mainzer Katholizismus und die Befreiung des italienischen Volkes von der

kirchenfeindlichen Freimaurerregierung ............................................................................. 46

6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV. ...................................................................................... 53

6.1 Die Friedensbemühungen der Päpste ................................................................................ 53

6.1.1 Der deutsche Katholizismus und die Friedensbemühungen der Päpste ..................... 54

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6.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Friedensbemühungen der Päpste ...................... 55

6.2 Die deutsche Friedensinitiative von 1916 ......................................................................... 65

6.3 Die Neutralität des Papstes ................................................................................................ 66

6.3.1 Der deutsche Katholizismus und die Neutralität des Papstes ..................................... 66

6.3.2 Der Mainzer Katholizismus und die Neutralität des Papstes ..................................... 67

7 Fazit .......................................................................................................................................... 70

7.1 Ergebnisse der Arbeit ........................................................................................................ 70

7.2 Ausblick auf weiterführende Studien ................................................................................ 72

8 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 74

8.1 Quelle ................................................................................................................................ 74

8.2 Sekundärliteratur ............................................................................................................... 74

8.3 Internetquellen ................................................................................................................... 86

Selbstständigkeitserklärung ......................................................................................................... 87

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1 Einleitung

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1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation und Forschungsstand

Im August vor hundert Jahren brach er aus1: Der Erste Weltkrieg. 2 Dieser Krieg, der für

die Deutschen bis zum 11. November 1918 dauerte,3 sollte im Nachhinein als die Urka-

tastrophe des 20. Jahrhunderts („the great seminal catastrophe of this century“4) in die

Forschung eingehen.5

Bis heute ist der Erste Weltkrieg ein viel diskutiertes Themenfeld in der Geschichtsschrei-

bung.6 Dementsprechend hat die historische Forschung zum Ersten Weltkrieg mittler-

weile eine gewaltige Menge an Literatur hervorgebracht,7 selbst wenn der Geschichts-

schreibung zum Zweiten Weltkrieg lange Zeit eine höhere Bedeutung zugekommen ist.8

Vor allem in der letzten Dekade ist dabei ein wesentlicher Zuwachs an Forschungslitera-

tur zu verzeichnen.9

Dabei lag der Schwerpunkt in der westdeutschen Geschichtsschreibung nach dem Zwei-

ten Weltkrieg10 bis in die 1960er Jahre auf der Politikgeschichte. Diese wurde in den

1970ern von sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchungen abgelöst.11 Seit den

1 Der Großteil dieser Arbeit wurde im Jahr 2014 verfasst. 2 Die Bezeichnung „Erster Weltkrieg“ wurde von Oberst Charles à Court Repington einem Militärkor-

respondent der Londoner Times in seinem 1920 erschienen Werk „The First World War, 1914-1918“,

geprägt. Manche Historiker denken, dass eher der Siebenjährige Krieg (1756-1763) diesen Namen be-

anspruchen kann. Für die meisten Zeitgenossen war es „the great war“/„la Grande Guerre“/„la Grande

Guerra“. Nur die Deutschen bezeichneten ihn von Beginn an als Weltkrieg. Vgl. Howard, Weltkrieg, S.

19f. 3 Auch wenn manche Forscher den Zeitraum von 1914 bis 1945 als „Zweiten Dreißigjährigen Krieg“

zusammenfassen und bereits einige Zeitgenossen den Friedenschluss 1918/19 nicht als Endes des Krie-

ges ansahen (vgl. Greschat, Kirchen, S. 109; Winter [u.a.], Einleitung S. 10f.), gibt es viele Argumente

die für eine Eigenständigkeit des Ersten Weltkrieges sprechen. Vgl. Neitzel, Ursachen, S. 13. Daher hat

sich der überwiegende Teil der Forscher für den 11. November 1918, an dem es zur Unterzeichnung

des Waffenstillstands kam als Ende des Ersten Weltkrieges entschieden. Vgl. Bihl, Weltkrieg, S. 248;

Lätzel, Kirche, S. 56. 4 Diese Bezeichnung, die von der aktuellen Forschung weitestgehend akzeptiert ist, geht auf den ameri-

kanischen Historiker und Diplomaten George F. Kennan zurück. Vgl. Kennan, decline, S. 3. 5 Vgl. Berghan, Weltkrieg, S. VII; 11. 6 Vgl. Geinitz, Kriegsfurcht, S. 9; Winter [u.a.], Einleitung, S. 7. Auch in Mainz hat der Erste Weltkrieg

aktuell eine große Bedeutung. Dies beweisen die anlässlich des Zitadellenfestes am 13.9.2014 gehalte-

nen Vorträge über die Rolle von Mainz im Ersten Weltkrieg und die Ausstellung auf der ehemaligen

Festung. Vgl. Flyer, Zitadellenfest. 7 Vgl. Fesser, Deutschland, S. 114; Neitzel, Ursachen, S. 13. 8 Vgl. Hummel/Kösters, Einführung, S. 10f., Neitzel, Ursachen, S. 16, Scheidgen, Bischöfe, S. 1. 9 Vor allem der 90. und 100. Jahrestag des Ausbruches des Ersten Weltkrieges haben zu einem gewaltigen

Anstieg der Weltkriegsforschung geführt. Vgl. Berghan, Weltkrieg, S. VIII; Nübel, Forschung S. 1. 10 Da die vorherige Geschichtsschreibung zum Ersten Weltkrieg meist den heutigen wissenschaftlichen

Ansprüchen nicht genügt, wird hier darauf verzichtet diese Entwicklung zu skizzieren. Sie kann bei

Krumeich/Hirschfeld, Geschichtsschreibung, S. 304-308 und Neitzel, Ursachen, S. 13 nachverfolgt

werden. 11 Vgl. Bauerkämper/Julien, Einleitung, S. 11; Geinitz, Kriegsfurcht, S. 11; König, Agitation, S. 23;

Nübel, Forschungen S. 1.

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1 Einleitung

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1980er Jahren dominieren die erfahrungsgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen12 Fra-

gestellungen, wobei vor allem der Alltag und die Mentalitäten berücksichtigt werden.13

So gerieten Tagebücher, Fotografien, Feldpost und Frontzeitungen in den Fokus der His-

toriker.14 Nach der Jahrtausendwende kam es zu einer Vielzahl von Gesamtdarstellungen

und kurzen Überblickwerken, in denen sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte zusam-

mengeführt wurden. Hier ist Neitzels „Weltkrieg und Revolution“ zu nennen. Daneben

bietet die von Hirschfeld [u.a.] herausgegebene „Enzyklopädie Erster Weltkrieg“, in der

mehr als 140 internationale Experten zu Wort kommen, einen globalen Überblick über

den aktuellen Forschungsstand zum Ersten Weltkrieg.15

Innerhalb des weiten Forschungsgebietes des Ersten Weltkrieges befindet sich die vorlie-

gende Studie in der Schnittmenge von Katholizismusforschung und regionalgeschichtli-

cher Studien zu Mainz. Bemängelt Scheidgen noch 1991, dass der Katholizismus im Ers-

ten Weltkrieg nicht umfangreich genug erforscht sei,16 behauptet Geinitz sieben Jahre

später, dass die Forschung über die katholischen Kirche im Ersten Weltkrieg auf einem

breiten Fundament an wissenschaftlicher Literatur beruhe.17 Mittlerweile existieren ne-

ben vielen grundlegenden überblicksartigen Werken über den Katholizismus im Ersten

Weltkrieg18 auch wenige regionalgeschichtliche Studien.19 Ebenfalls gibt es Untersu-

chungen zu einzelnen Gruppierungen innerhalb des deutschen Katholizismus, wie bei-

spielsweise Untersuchungen zur Zentrumspartei20, zu deutschen Soldaten21 und zum Epi-

skopat und anderen Geistlichen.22 Eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse, die

sich gut für einen Einstieg in die Thematik eignet, gelang vor kurzem Lätzel, wobei er,

wie er selbst zugibt, keine neuen wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert und sich größ-

tenteils auf den deutschen Katholizismus beschränkt. 23 Um einen ersten internationalen

12 Einen umfassenden Überblick über aktuelle Forschungstendenzen zur Kultur und Sozialgeschichte des

Ersten Weltkrieges in Großbritannien und Deutschland bietet Nübel, Forschungen. 13 Vgl. König, Agitation S. 23; Krumeich/Hirschfeld, Geschichtsschreibung, S. 312. 14 Vgl. Krumeich/Hirschfeld, Geschichtsschreibung, S. 310f. 15 Vgl. Nübel, Forschungen, S. 31f. 16 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 4-10. 17 Vgl. Geinitz, Kriegsfurch S. 184. 18 Baumeister, Parität; Gatz, Kirche; Gründer, Nation; Hürten, Katholizismus; Ders. Kirche; Lutz, Katho-

liken; Loth, Katholizismus; Strötz, Katholizismus. 19 Geinitz, Kriegsfurcht; Göbel, Katholiken. 20 Loth, Katholiken. 21 Haidl, Ausbruch. 22 Scheidgen, Bischöfe; Missalla, Gott. 23 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 10.

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Überblick zu erhalten, sei auf Greschat verwiesen, der skizzenartig die staatsübergrei-

fende Rolle des Christentums behandelt.24 Die jüngste Katholizismusforschung beschäf-

tigt sich vor allem mit der religiösen Deutung des Krieges.25

Schließlich sei auf den von Berkessel herausgegebenen Band „Mainz und der Erste Welt-

krieg“ hingewiesen. Dort wird allerdings nicht explizit auf den Katholizismus im Ersten

Weltkrieg eingegangen. Stumme vertritt in seinem Beitrag „Kriegsbeginn und ,Auguster-

lebnis‘ im Spiegel der Mainzer Presse“ lediglich die These, dass dort der erste Weltkrieg

vom Mainzer Katholizismus begrüßt worden sei.26

1.2 Herleitung der Fragestellung

Der Erste Weltkrieg stellte gerade für den Katholizismus27 im Deutschen Kaiserreich eine

besondere Chance, aber zugleich auch eine Herausforderung dar. Die aktuelle Forschung

ist sich weitestgehend darin einig, dass die Katholiken den Ersten Weltkrieg als Gelegen-

heit sahen, ihren Pariahstatus28 im protestantisch-liberal geprägten Deutschen Reich zu

überwinden. Wenn man, so die damals gängige Meinung der Katholiken, die nationale

Zuverlässigkeit unter Beweis stelle, könne man dem Vorwurf der Reichsfeindlichkeit29

widerlegen und somit die Integration in den 1871 geschaffenen Nationalstaat vollenden.30

Dies würde zu der lang ersehnten politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Gleich-

berechtigung führen.31 Zwar waren die Katholiken 1914 bereits weitestgehend in den Na-

tionalstaat integriert32 und hatten vor allem im Südwesten Deutschlands seit Beginn des

24 Vgl. Greschat, Christenheit, S. 13. 25 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 37; Hummel/Kösters, Einführung S. 13. Hier sei auf Holzem, Krieg und

Christentum und den von Korff herausgegebenen Sammelband: Alliierte im Himmel verwiesen. Ebenso

gehören Holzem/Holzapfel, Kriegserfahrung und Schlager, Kult dazu. 26 Vgl. Stumme, Kriegsbeginn, S. 50. 27 Mit Katholizismus sind in der vorliegenden Studie alle Anschauungen und Haltungen, die sich an den

Grundvorgaben der römisch-katholischen Kirche orientieren, gemeint. Vgl. Beinert, Katholizismus, Sp.

888; Haidl, Katholizismus, S. 607. 28 Entlehnung vom amerikanisch-englischen pariah für „Ausgestoßene“/„Außenseiter“. Vgl. Mommsen,

Umdeutung, S. 252; Mommsen, Erster Weltkrieg, S. 170. 29 Der Vorwurf der Staatsfeindlichkeit ergab sich daraus, dass den Katholiken „Ultramontanismus“, also

eine besondere Rom- und Papsttreue vorgeworfen wurde. In den Augen der Protestanten konnte man

aber nur entweder dem Papst, oder dem Kaiser und der Nation gegenüber loyal zu sein. Die Katholiken

hätten sich für den Papst entschieden. Während des Kulturkampfes wurde Ultramontanismus daher oft

auch als Schimpfwort genutzt. Vgl. Conzemius, Katholizismus, Sp. 893; Ders., Kirchen S. 49;

Göbel, Katholiken S. 19; Lätzel, Kirche, S. 22; 39ff.; Weiß, Ultramontanismus, S. 512f.; 528f. 30 Vgl. Burkard, Kaiser, S. 46; Geinitz, Kriegsfurcht, S. 185; Göbel, Katholiken S. 12; Kretschmann, Herr,

S. 58; Lätzel, Kirche, S. 32; Leonhard, Weltkrieg Sp. 1443; Loth, Katholiken, 280; Lutz, Demokratie,

S. 21; Schatz, Kirchengeschichte, S. 132; Strötz, Katholizismus, S. 216. 31 Vgl. Betker, Einleitung, S. 21; Bruendel, Zeitenwende, S. 61; Göbel, Katholiken S. 12; Loth, Katholi-

ken, S. 279; Schlager, Kult, S. 40. 32 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 195f; Strötz, Katholizismus, S. 181.

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19. Jahrhunderts einen großen Anteil an der Nationalisierung,33 dennoch fühlten sie sich

kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges als „Bürger zweiter Klasse“34 behandelt und

meinten, im Vergleich zur protestantischen Mehrheit35 benachteiligt zu werden.36 Tat-

sächlich waren die Katholiken in den hohen gesellschaftlichen Ämtern unterrepräsentiert,

wie ein Blick in die Leitungsfunktionen des Militärs, der Politik, der Wissenschaft und

der Staatsverwaltung bestätigt. Entsprechend hatten sie im Schnitt ein geringeres Ein-

kommen als ihre protestantischen Mitbürger.37 Lätzel weist darauf hin, dass dies auch der

niedrigeren Bildung geschuldet gewesen sein könne.38 Die Katholiken waren überzeugt,

wenn sie sich in der Stunde der Gefahr von niemandem an nationaler Gesinnung überbie-

ten ließen, müssten alle Zweifel und Vorurteile im Blick auf die nationale Zuverlässigkeit

verstummen und man könne sie nach dem Krieg nicht länger von der Teilhabe an der

Macht ausschließen.39 Bestärkt wurde diese Hoffnung durch eine Rede Kaiser Wilhelms

II. Anfang August 1914, in der er statt unterschiedlicher Klassen, Parteien und Konfessi-

onen nur noch Deutsche kennen wollte.40

Doch war es für die Katholiken überhaupt legitim solch eine Chance zu nutzen? Gerieten

sie nicht vielmehr durch einen Krieg automatisch in einen Konflikt mit dem traditionell

katholischen Prinzip des Universalismus?41

Der Erste Weltkrieg bedeutete für den deutschen Katholizismus dementsprechend eine

Herausforderung. So war jeder Katholik einerseits Staatsbürger einer Nation und somit

gegenüber dem protestantischen Kaisertum und dem deutschen Nationalstaat verpflichtet.

Andererseits war man aber auch Katholik und dadurch Mitglied einer universalen Kirche

33 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 43, Scheidgen, Bischöfe, S. 20; Stambolis, Nationalisierung, S. 96. Vor allem

die konfessionelle Inhomogenität der Vereinskultur im Südwesten des Deutschen Reiches begünstigte

diese Nationalisierung. Vgl. Stambolis, Nationalisierung, S. 69-73. 34 Burkard, Kaiser, S. 46; Strötz, Katholizismus, S. 175. 35 Bei der letzten Volkszählung 1910 waren 36,7% (23,8 Millionen) aller Deutschen katholisch. Zudem

war das Zentrum mit 16,3% der Stimmen im Reichstag vertreten. Als Katholik gehörte man dement

sprechend zu einer zahlenmäßig starken sowie, zu einer politisch einflussreichen, aber wenig geachtet

Minderheit im Deutschen Kaiserreich. Vgl. Fesser, Tagen, S. 128; Hürten, Kirche S. 725; Haidl, Ka-

tholizismus, S. 607; Lutz, Demokratie S. 9; 16; Strötz, Katholizismus, S. 172. 36 Vgl. Burkard, Kaiser, S. 46; Greschat, Christenheit S. 17. 37 Vgl. Baumeister, Parität; S. 23ff; 33ff.; Göbel, Katholiken, S. 74; Lätzel, Kirche, S. 32. 38 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 32. 39 Vgl. Greschat, Christenheit, S. 17; Loth, Katholiken S. 28, Strötz, Katholizismus, S. 216. Auch im

Mainzer Journal (in Zukunft mit MJ abgekürzt) wird diese Hoffnung geäußert. Vgl. Kriegserkenntnisse,

in: MJ 26.11.1915. 40 Vgl. Loth, Katholiken, S. 279; Schlager, Kult, S. 40. Auch das MJ berichtet von dieser Rede. Vgl.

Ansprachen des Kaisers und des Reichskanzlers, in: MJ 03.08.1914. 41 Vgl. Baadte, Universalismus, S. 89; Lutz, Demokratie S. 47. Dass sich der Mainzer Katholizismus die-

ser Problematik durchaus bewusst war, beweisen Artikel wie beispielsweise: Papsttum und Weltfriede,

in: MJ 24.02.1917; Papsttum und Weltfriede, in: MJ 05.05.1917 und Der Internationalismus der katho

lischen Kirche, in: MJ 20.07.1918.

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mit dem Papst als Oberhaupt.42 Anders ausgedrückt stand der Katholizismus während des

Weltkrieges im Spannungsverhältnis zwischen Nationalismus43 auf der einen und Uni-

versalismus sowie Ultramontanismus44 auf der anderen Seite.45

Viele Historiker sind sich dahingehend einig, dass sich der deutsche Katholizismus im

Ersten Weltkrieg mehrheitlich46 für die Nation und gegen die christlichen Werte entschie-

den habe. Die deutschen Katholiken hätten vor allem beweisen wollen, dass sie gute Deut-

sche seien. 47 Aus der völkerverbindenden kirchlichen Gemeinschaft sei so eine Kirche

geworden, die ausblendete, dass in anderen Ländern ebenfalls Katholiken mit derselben

Tradition, den gleichen Dogmen und Hierarchien und vor allem dem gleichem Credo

wohnten.48 „Aus der Friedensbotschaft des Evangeliums und der universalen göttlichen

Liebe wurde die Verkündigung eines brutalen nationalen Götzen.“49 Doch gerade die

neuere Forschung weist darauf hin, dass die Haltung der Katholiken differenzierter be-

trachtet werden muss.50 Dies beweisen Spezialstudien, wie die von Scheidgen, Göbel und

Geinitz.51 Daher bieten sich weitere Detailstudien an.

Gerade der Mainzer Katholizismus ist in dieser Hinsicht ein interessantes Beispiel, da

Mainz an der Entstehung des Ultramontanismus während der Napoleonischen Zeit ent-

scheidenden Anteil hatte und daher als extrem ultramontan galt.52 Zwar hatte diese Hal-

tung zwischenzeitlich durch Einwirken der hessischen Landesregierung nachgelassen,

doch die Einstellung der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstandenen „zweiten

Mainzer Theologenschule“ kann wieder als kirchenstreng und papstloyal bezeichnet wer-

den.53 So lehnten ihre Anhänger moderne philosophische und theologische Ansätze ab

42 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 34; Hürten, Kirche, S. 725; Kretschmann, Herr, S. 58; Lätzel, Kirche, S.

177; Pollard, Pope, S. 94; Schlager, Kult, S. 42. 43 Die vorliegende Arbeit verwendet den Begriff „Nationalismus“ im Sinne einer politisch gesellschaftli-

chen Einstellung, die der Nation den absoluten Vorrang vor anderen Bindungen, wie zum Beispiel der

Religion, zumisst. Vgl. Koschorke, Nationalismus, Sp. 68. 44 Auch wenn Weiß schreibt die Definition Ultramontanismus als Papsttreue sei zu kurz gegriffen, ist dies

für die vorliegende Arbeit ausreichend. Vgl. Weiß, Ultramontanismus S. 514 und Anm. 29 der vorlie-

genden Arbeit. Zur genaueren Definition siehe Weiß, Ultramontanismus und Schulte Umberg, Berlin. 45 Vgl. Göbel, Katholiken S. 14f.; Hürten, Kirche S. 725; Haidl, Katholizismus, S. 607. 46 Eine Ausnahme war zum Beispiel Julius Bachem. Vgl. Loth, Katholiken, S. 285. 47 Vgl. Greschat, Kirchen, S. 105; Hope, world wars, S. 131f.; Hürten, Geschichte, S. 183; Kirchner,

Papsttum, S. 80f; Lätzel, Kirche, S. 31; 41; Maron, Kirche, S. 262; Schlager, Kult, S. 42; Schreiner,

Helm, S. 96. 48 Vgl. Kretschmann, Herr S. 59; Lätzel, Kirche, S. 199. 49 Greschat, Christenheit, S. 13. 50 Vgl. Werner, Gott, S. 69. 51 Geinitz, Göbel und Scheidgen kommen zu dem Schluss, dass der jeweils von Ihnen untersuchte Teil

des Katholizismus keinem bedingungslosen Nationalismus, der jeden Gedanken an die Universalität

des Christentums ausblendete, verfiel. Vgl. Geinitz, Kriegsfurcht, S. 195; Göbel, Katholiken, S. 64;

Scheidgen, Bischöfe, S. 60; S. 362. Im Hauptteil dieser Studie wird darauf genauer eingegangen. 52 Vgl. Weiß, Ultramontanismus, S. 518f. 53 Vgl. Arnold, Friedrich, S. 16f; Braun, Bistum, S. 1169; Ders., Mainz, S. 947; Kläger, Mainz, S. 442.

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und versprachen sich „Orientierung von dem Blick über die Alpen nach Rom“54. Geprägt

wurde diese „zweite Mainzer Theologenschule“ vor allem durch Bischof Haffner55,

Domdekan Heinrich56, Regens Moufang57 sowie Bischof Brück58, der als konservativ und

antiaufklärerisch galt.59 Auch der 1848 von Domdekan Lennig60 gegründete „Verein für

religiöse Freiheit“61 demonstriert die ultramontane Einstellung der damaligen Mainzer

Katholiken, indem er sich bei seiner ersten Mitgliederversammlung in „Piusverein“ um-

benannte.62 Ein weiterer Beleg für die papsttreue Haltung der Mainzer Bistumsleitung ist,

dass Domkapitular Schneider63 auf Grund seines Versuchs in den 1880er Jahren sich von

einer ultramontanen Sichtweise zu lösen eine Außenseiterrolle in Domkapitel und Diö-

zese innehatte und angesichts der kirchenpolitischen Verhältnisse in Mainz unter den Bi-

schöfen Brück und Kirstein64 resignierte.65 Allerdings schien kurz vor dem Ersten Welt-

krieg die Hochburg des Ultramontanismus umgeschwenkt zu sein, wie der Gewerk-

schaftsstreit belegt. In dieser Auseinandersetzung innerhalb des deutschen Katholizis-

mus, ging es darum, ob die Zentrumspartei und die christlichen Gewerkschaften autonom

oder von Rom abhängig und der katholischen Hierarchie untergeordnet sein sollten.66 Der

deutsche Katholizismus teilte sich dabei in zwei Lager: Die Anhänger der „Berliner Rich-

tung“ wollten eine engere Bindung an Rom und befürworteten den antimodernistischen

Weg Pius X.67 Die Gegenseite, die „Köln-Mönchengladbach Richtung“, vertrat einen Re-

formkatholizismus mit einer stärkeren Unabhängigkeit von Papst und kirchlicher Hierar-

chie.68 Die katholischen Arbeiter des Bistums Mainz waren mehrheitlich im „Verband

54 Arnold, Friedrich, S. 14. 55 Paul Leopold Haffner (1829-1899) ab 1886 Bischof von Mainz Vgl. Braun, Bistum, S. 1142;1168. 56 Domdekan Johann Baptist Heinrich (1816-1891) war ab 1869 Mainzer Generalvikar. Zudem war er

Professor für Dogmatik. Vgl. Braun, Bistum, S. 1168; Schwerdtfeger, Kirche, S. 21. 57 Franz Christoph Ignaz Moufang (1817-1890) war nach dem Tode Bischof Kettelers 1977 bis zu der

Ernennung Haffners Bistumsverweser und später Regens in Mainz. Braun, Bistum, S. 1168; Schwerdt-

feger, Kirche, S. 21. 58 Dr. Heinrich Brück (1831-1903), ab 1899 Bischof von Mainz. Vgl. Braun, Bistum S.1146f; 59 Vgl. Jürgensmeier, Bistum, S. 302. 60 Adam Franz Lennig (1803-1866), ab 1856 Domdekan. Vgl. Reusch, Lennig, S. 261. 61 Die bekanntesten Gründungsmitglieder neben Lennig waren Moufang, Heinrich, der Kirchenhistoriker

Kaspar Riffel (1807-1856) und der Laie Johann Falk. Vgl. Jürgensmeier, Bistum, S. 283. 62 Vgl. Schwerdtfeger, Kirche, S. 18. 63 Friedrich Schneider (1836-1907), wurde 1891 zum Mainzer Domkapitular ernannt. Vgl. Arnold, Fried-

rich, S. 14. 64 Georg Heinrich Maria Kirstein war von 1903/4 bis 1921 Bischof von Mainz. Vgl. Braun, Bistum, S.

1147f.; Jürgensmeier, Bistum, S. 303f. 65 Vgl. Arnold, Friedrich, S. 21-29. 66 Lätzel, Kirche, S. 29 67 Berühmteste Vertreter dieser Richtung waren der Trierer Bischof Michael Felix Korum (1881-1921

Bischof von Trier) und der Breslauer Kardinal Georg Kopp (1887-1914 Bischof von Breslau). Vgl.

Lätzel, Kirche, S. 29. 68 Generell war der Osten eher der „Berliner-„ und der Westen, mit Ausnahme von Trier, eher der „Köln-

Mönchengladbach Richtung“ zugetan. Vgl. Lätzel, Kirche, S. 29.

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1 Einleitung

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katholischer Arbeitsvereine Westdeutschlands“ vertreten, der der „Köln-Mönchenglad-

bach Richtung“ zugeneigt war. Bischof Kirstein, der Nachfolger des 1903 verstorbenen

Brück, ließ sich nicht festlegen, schien aber laut Braun eher „die Köln-Mönchengladbach

Richtung“ zu bevorzugen. Gleichwohl hatte die „Berliner Richtung“ ebenfalls Vertreter

im Bistum Mainz, wie beispielweise den Domkapitular Bendix.69 Insgesamt habe Bischof

Kirstein versucht allen Konflikten aus dem Weg zu gehen und hielt sich politisch eher

bedeckt.70 Auch dem Krieg gegenüber sei er eher zurückhaltend gewesen.71

Gerade die Fragestellung, wie sich der Mainzer Katholizismus im Spannungsverhältnis

Nationalismus und Ultramontanismus verhielt, bietet sich daher für Mainz an, da es lange

als extrem papsttreu galt und auch wenn die Stimmung kurz vor dem Ersten Weltkrieg zu

kippen schien, doch noch immer starke Vertreter des Ultramontanismus sowie einen Bi-

schof der dem Krieg eher reserviert gegenüberstand, hatte.

1.3 Forschungsmethode

Eine geeignete Methode zur Meinungsforschung ist die Zeitungsanalyse,72 denn mit Zei-

tungen ist man am „historischen Puls der Zeit. Sie kommentieren und registrieren fast alle

Ereignisse“73 als subjektive Beobachter des Zeitgeschehens und versuchen die Leser im

Sinne ihrer Meinung zu lenken.74 Auch wenn nie genau gesagt werden kann, inwiefern

die Leserschaft der geäußerten Meinung zustimmt, sagen Zeitungsartikel etwas über die

öffentliche Stimmung der zeitgenössischen Akteure aus, da sie wie auch Hirtenbriefe, die

in den Zeitungen abgedruckt sind, auf die Bedürfnisse der Leser und der Gemeinde ein-

gehen müssen, um erfolgreich zu sein.75 Zeitungen leisten somit einen unerlässlichen Bei-

trag zu der Untersuchung zeitgenössischer Einstellungen zu einzelnen politischen, wirt-

schaftlichen, historischen oder kulturpolitischen Vorgängen.76 Um die Meinung der

Mainzer Katholiken im Bezug auf die vorgestellte Fragestellung hin zu untersuchen,

wurde dementsprechend mit dem „Mainzer Journal“ (im Folgenden MJ abgekürzt) eine

Katholische Mainzer Tageszeitung verwendet.

69 Dr. Ludwig Bendix (1857-1923). Vgl. Braun, Bistum S. 1157ff. 70 Vgl. Jürgensmeier, Bistum, S. 304; Schwerdtfeger, Kirche, S. 26. 71 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 92. 72 Vgl. Wieseotte, Mainzer Journal, S. 17. 73 Matzerath, Zeitungen, S. 190. 74 Vgl. Wieseotte, Mainzer Journal, S. 17f. 75 Vgl. Geinitz, Kriegsfurcht, S. 204f.; Göbel, Katholiken, S. 40; König, Agitation, S. 28; Verhey,

Geist, S. 33. 76 Vgl. Wieseotte, Mainzer Journal, S. 17f.

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1 Einleitung

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Dieses Blatt eignet sich gut zu einer Analyse, da es „bis 1933 die maßgebende öffentliche

Stimme der Katholiken am Mittel und Oberrhein“77 und das „wichtigste Organ der ka-

tholischen Laien von 1848-1942“78 war. Im Gegensatz zu der 1821 gegründeten kirchen-

politischen Zeitschrift „der Katholik“, die 1909 nur noch 542 Abonnenten hatte und 1918

ganz den Betrieb einstellte, 79 hatte das MJ nach eigenen Angaben während des Welt-

kriegs über 19.000 Abonnementen80 und erreichte so einen weit größeren Teil des Main-

zer Katholizismus als „der Katholik“. Gegründet wurde das MJ nach Aufhebung der Pres-

sezensur im Juni 184881, unter der Redaktion Franz Sausens (1810-1866), der der „zwei-

ten Mainzer Theologenschule“ und dem „Piusverein“ nahestand.82 Das Blatt war dem-

entsprechend ultramontan eingestellt und sollte das politische Geschehen aus romtreuer

katholischer Sicht kommentieren.83 Nach der Reichsgründung stand das Blatt dem Zent-

rum nahe84 und repräsentierte so gewissermaßen als „das führende hessische Zentrums-

blatt“85 in dieser Region den politischen Katholizismus.86 Da das MJ von Laien betrieben

wurde, in ihm aber auch Hirtenbriefe und Artikel über Vereinsversammlungen abge-

druckt sind, deckt es eine große Bandbreite des Mainzer Katholizismus ab.

Es erschien sechsmal wöchentlich und erreichte bald eine Auflage von 1.000 Exempla-

ren.87 Damit gehörte es zu den am weitest verbreiteten Zeitungen im Großherzogtum Hes-

sen-Darmstadt. Kurz darauf wurde es ebenso in Bayern, Elsass-Lothringen, Baden, Würt-

temberg und Nassau gelesen. Mit diesem überregionalen Charakter sicherte sich das MJ

auch eine führende Rolle unter den katholischen Tageszeitungen Deutschlands.88 Ent-

sprechend seiner weiten Verbreitung in Süddeutschland89 kann durch die Verwendung

77 Braun, Mainz, S. 940. 78 Jürgensmeier, Bistum, S. 283. Laut Kornfeld bestand es nur bis 1941. Kornfeld, Entwicklung, S. 83. 79 Vgl. Braun, Mainz, S. 937; Kornfeld, Entwicklung, S. 202; Schmolke, Entwicklung, S. 236; Roegele,

Presse, S. 399. 80 Vgl. MJ vom 20.03.1915. 81 Nach Verkündigung der Pressefreiheit am 30.03.1948 erschien die erste Probenummer am 06.06.1948.

Vgl. Kornfeld, Entwicklung, S. 174. Regelmäßig erschien das MJ ab 16.07.1948. Vgl. Schmolke, Ka-

tholiken, S. 81. 82 Vgl. Arnold, Friedrich, S. 14; Kornfeld, Entwicklung, S. 174; Wieseotte, Mainzer Journal, S. 79. 83 Vgl. Braun, Mainz, S. 940; Kornfeld, Entwicklung, S. 174; Wieseotte, Mainzer Journal, S. 27. 84 Vgl. Braun, Bistum, S.1152; Schütz, Weltkrieg, S. 489; Stumme, Kriegsbeginn, S. 45. 85 Grundsätzliches zur hessischen Zentrumspolitik, in: MJ 11.12.1917. Im Folgenden werden alle direkten

Zitate aus dem MJ kursiv abgebildet um diese hervorzuheben. 86 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 22. 87 Im Jahre 1883 lag die Auflagenhöhe bei etwa 4800, 1887 bei circa 5000 Exemplaren. Vgl. Kornfeld,

Entwicklung, S. 83f. 88 Vgl. Kornfeld, Entwicklung, S. 175. Obwohl das MJ seine Auflagen ständig steigerte und im ganzen

Südwesten Deutschlands gelesen wurde, konnte es die führende Rolle unter den katholischen Blättern

bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs nicht beibehalten. Die zwei großen katholisch überregional anerkann-

ten Tageszeitungen, in dieser Zeit waren die Kölnische Volkszeitung und die Germania in Berlin. Vgl.

Schmolke, Entwicklung, S. 239; Roegele, Presse, S. 420. 89 Vgl. Roegele, Presse, S. 410.

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dieser Tageszeitung als Quelle nicht nur die Stimmung der Stadt Mainz, sondern auch die

des gesamten Bistums Mainz im Ersten Weltkrieg veranschaulicht werden. Über die Bi-

ographie und kirchenpolitische Stellung des Chefredakteurs zur Zeit des Ersten Welt-

kriegs Franz Koepgen ist nichts bekannt.

Allerdings erschwert die staatliche Pressezensur während des Ersten Weltkriegs den Um-

gang mit Zeitungen in diesem Zeitraum. So ging bei Kriegsbeginn gemäß Artikel 68 der

Reichsverfassung die vollziehende Gewalt im Kaiserreich auf die 62 lokalen Militärbe-

fehlshaber90 über, die somit auch für die Pressezensur zuständig waren.91 Jedoch fehlten

bis zum Kriegsende einheitliche und transparente Richtlinien92 und die Zensur war fast

ausschließlich auf die öffentliche Kriegszieldiskussion sowie auf militärische Meldungen

beschränkt.93 Weiterhin waren die politischen Grundüberzeugungen der Journalisten in

ihren Beiträgen zu erkennen, 94 obgleich sie sich quasi eine Selbstzensur95 auferlegten,

indem sie ihr Schreiben in den Dienst des Vaterlandes stellten, um ihren Beitrag zum

erfolgreichen Ausgang des Krieges zu leisten.96 Daher kann eine Untersuchung des MJ

trotz Zensurbestimmungen für die dieser Arbeit zugrunde liegende Frage zielbringend

sein.

1.4 Aufbau der Arbeit

Zunächst wird in Kapitel 2 die damals in der katholischen Moraltheologie herrschende

Lehre des gerechten Krieges vorgestellt, da dies die Voraussetzung ist, um die Argumen-

tationsstruktur des Katholizismus, während des Ersten Weltkrieges zu verstehen.

Um herauszufinden wie der Mainzer Katholizismus mit der Spannung zwischen Ultra-

montanismus/Universalismus und Nationalismus umging, wird in den Kapiteln 3 bis 5

analysiert, wie im MJ mit der Rechtfertigungsproblematik einen Krieg gegen Länder mit

überwiegend katholischer Bevölkerung, wie Belgien, Frankreich und Italien führen zu

90 In Mainz war dies der Gouverneur Hugo von Kathen. Vgl. Schütz, Weltkrieg, S. 475. 91 Vgl. Fesser, Tagen, S. 143; König, Agitation, S. 54ff. 92 Vgl. Bohrmann, Zeitung, S. 974; Creutz, Pressepolitik, S. 5; 296f.; König, Agitation, S. 54-64; Jeis-

mann, Propaganda, S. 203. 93 Vgl. Albes, Zensur, S. 975; Bohrmann, Zeitung, S. 974; Creutz, Pressepolitik, S. 291-96. Lipp sieht das

allerdings kritischer als die meisten ihrer Forscherkollegen. Laut ihr habe sich zwar die Zensur offiziell

nur auf militärische Berichte erstreckt, aber indem man politische und wirtschaftliche Fragen zu militär-

ischen Angelegenheiten erklärte, habe die Zensur beliebig ausgeweitet werden können. Vgl. Lipp, Mei-

nungslenkungen, S. 18. 94 Vgl. Creutz, Pressepolitik, S. 8. 95 Vgl. Jeismann, Propaganda, S. 203; Mommsen, Deutschland, S. 19. 96 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 40.

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1 Einleitung

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müssen umgegangen wurde.97 Dabei wird untersucht ob der Mainzer Katholizismus tat-

sächlich vergaß, dass in diesen Ländern Glaubensbrüder mit derselben Tradition wohn-

ten.

Anschließend wird in Kapitel 6 die Position zum Papst erforscht. Dabei soll der Frage

nachgegangen werden, wie der Mainzer Katholizismus seiner doppelten Verpflichtung

gegenüber Vaterland und dem Oberhaupt seiner Kirche Folge leisten konnte, wo doch der

Pontifex zu Neutralität und Frieden aufrief.98

Da Regionalgeschichtliche Studien nie einen Selbstzweck haben, sondern erst wissen-

schaftlichen Wert erlangen, wenn sie in einen größeren Zusammenhang gebracht wer-

den,99 sind die Kapitel zweigeteilt. Zunächst wird das entsprechende Thema, soweit dies

möglich ist, im Gesamtkontext der bisherigen Katholizismusforschung dargestellt.100 Da-

nach wird die Mainzer Sichtweise in diesen Kontext eingeordnet.

97 Vgl. Hürten, Kirche, S. 725; Kretschmann, Herr, S. 58; Lätzel, Kirche, S. 150; Roegele, Presse, S. 422. 98 Vgl. Becker, Religion, S. 194; Schatz, Kirchengeschichte, S. 131. 99 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 39. 100 Die Problematik eines Vergleichs ergibt sich daraus, dass es bis auf die Studie von Göbel keine weiteren

vergleichbaren regionalen Studien zum Katholizismus gibt. Oft wird nur pauschalisierend über „den

deutschen Katholizismus“ gesprochen. Es kann deshalb lediglich auf Tendenzen der Forschungen und

auf Studien zu einzelnen Gruppierungen des Katholizismus zurückgegriffen werden.

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2 Die Lehre vom gerechten Krieg

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2 Die Lehre vom gerechten Krieg

Um die in den Kapiteln 3-6 vorgestellte Argumentationsstruktur des Katholizismus wäh-

rend des Ersten Weltkrieges besser nachvollziehen zu können, wird in diesem Kapitel die

damals in der katholischen Moraltheologie herrschende Lehre des gerechten Kriegs vor-

gestellt.

2.1 Der deutsche Katholizismus und die Lehre vom gerechten Krieg

Den Kernpunkt der zeitgenössischen Rechtfertigungsversuche des deutschen Katholizis-

mus während des Ersten Weltkriegs bildet die in der damaligen katholischen Moraltheo-

logie vorherrschende Lehre des bellum iustum.101 Auch wenn Benedikt XV. 102 in der

gängigen Historiographie als der erste Papst angesehen wird, der diese Lehre in Frage

stellte, hat er die traditionelle Lehre vom gerechten Krieg nie offiziell wiederrufen. 103

Die Idee des gerechten Krieges stammt aus der Antike. Bereits Cicero verstand darunter

den Vergeltungs- und Verteidigungskrieg. Der Kirchenvater Augustinus und Thomas von

Aquin griffen diesen Grundgedanken auf. Laut ihnen ist die Teilnahme am Krieg für

Christen erlaubt, wenn er durch die oberste Autorität des Staates erklärt wird, ein gerech-

ter Kriegsgrund vorliegt und er auf rechte, das heißt völkerrechtlich gebilligte Weise ge-

führt wird.104 Als gerechter Kriegsgrund gilt die Selbstverteidigung. Der ungerechte An-

greifer hingegen stehe abseits der göttlichen Ordnung, welche durch den Kampf erneut

hergestellt werden müsse.105 Dementsprechend strafe der Krieg das Unrecht und sollte

zur Umkehr des Sünders führen. Der Krieg war demgemäß zur Zeit des Ersten Weltkrie-

ges in den Augen der Katholiken ein zulässiges Mittel zur Wiederherstellung des Rechts

und sogar sozialethische Pflicht. 106 Da es der deutschen Regierung gelang das Deutsche

Reich und Österreich-Ungarn als angegriffenes Opfer zu stilisieren, das sich lediglich

verteidige und dem Gerechtigkeit zustehe,107 dachte die Mehrheit der Deutschen, die Be-

strafung der Sünder und Wiederherstellung der göttlichen Ordnung sei die Aufgabe der

101 Vgl. Beestermöller, Krieg, Sp. 476f.; Reuter, Krieg, Sp. 1770f. 102 Benedikt XV., als Giacomo Marchesa della Chiesa 1854 in Genua geboren, war vom 3. September 1914

bis 22. Januar 1922 Papst. Vgl. Becker, Benedikt XV, S. 376; Lätzel, Kirche, S. 149. 103 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 156; Morozzo della Rocca, Benedikt, S. 188f. 104 Vgl. Holzem/Holzapfel, Kriegserfahrung, S. 287; Kretschmann, Herr, S. 56f.; Greschat, Christenheit,

S. 20f.; Reuter, Krieg, Sp. 1770f. 105 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 63; Alzheimer, Einführung, S. 18. 106 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 64. 107 Die deutsche Regierung stellte Russland als Auslöser des Krieges dar und verbreitete durch amtliche

Propaganda die Legende von der Einkreisung Deutschlands und dem Überfall durch die Ententemächte.

Vgl. Baadte, Universalismus, S. 90; Berghan, Weltkrieg, S. 30f.; Fesser, Deutschland, S. 36; Jeismann,

Propaganda, S. 200; Mommsen, Zeitalter, S. 284; Ders., Deutschland, S. 16f.

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2 Die Lehre vom gerechten Krieg

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Mittelmächte, die somit zum Werkzeug Gottes wurden. Da Gott die gerechte Sache un-

terstütze, würde er auch den Deutschen zum Sieg verhelfen und sie im gegenwärtigen

Weltkrieg unterstützen. So kam es gleichzeitig zu einer nationalen Vereinnahmung Got-

tes für die Interessen des Deutschen Reiches durch die deutschen Katholiken.108

Im deutschen Katholizismus herrschte uneingeschränkt die Auffassung, der Krieg sei

nicht vom Deutschen Reich verschuldet und somit ein von außen aufgezwungener, ge-

rechter Verteidigungskrieg.109 Für den höheren Zweck der Selbstverteidigung durfte auch

der Christ zur Waffe greifen.110 Sowohl die Zentrumspartei111, als auch die deutschen

Bischöfe waren von der Unschuld der Deutschen am Kriegsausbruch überzeugt. Sie wa-

ren der Meinung, das Deutsche Reich führe einen gerechten Verteidigungskrieg, in den

es entgegen seiner ehrlichen Friedensabsichten hineingezogen worden sei.112 Berühmt

wurde die Aussage des Speyrer Bischofs von Faulhaber113, der Weltkrieg sei „das Schul-

beispiel eines gerechten Krieges“114. Auch die Überzeugung, man kämpfe für die Sache

Gottes und die Darstellung Gottes als Sieghelfer der eigenen Sache, war in öffentlichen

Verlautbarungen des Klerus zu finden,115 wie zahlreiche Kriegspredigten beweisen.116

Auch der Freiburger Katholizismus117 und die Fuldaer Katholiken übernahmen die Parole

vom aufgezwungenen Krieg und damit von der Gerechtigkeit der nationalen Sache. In

Fulda ist die Formel des aufgezwungenen Krieges allerdings nur im ersten Kriegsjahr zu

finden. Göbel vermutet, dass die weitere Betonung im Verlauf des Krieges nicht mehr

notwendig war, so sehr hätte die Bevölkerung das Argument des gerechten Verteidi-

gungskriegs verinnerlicht.118 Dass Gott das Deutsche Reich unterstützte, wurde dahinge-

gen in Fulda während des gesamten Krieges betont.119

108 Vgl. Becker, Religion, S. 193; Greschat, Christenheit, S. 20f.; Krumeich, Gott, S. 278; Lätzel, Kirche,

S. 91. 109 Vgl. Kirchner, Papsttum, S. 81; Lätzel, Kirche, S. 68; Lutz, Demokratie, S. 43; Gatz, Kirche, S. 56;

Strötz, Katholizismus, S. 190. Auch alle anderen kriegführenden Staaten sahen sich als die Angegriffe-

nen und behaupteten einen Verteidigungskrieg zu führen. Vgl. Greschat, Weltkriege, S. 105; Bihl, Welt-

krieg, S. 66. 110 Vgl. Geinitz, Weltkrieg, S. 684; Lätzel, Kirche, S. 63. 111 Vgl. Gatz, Kirche, S. 60; Loth, Katholiken, S. 279. 112 Vgl. Burkhard, Kaiser, S. 56; Gatz, Kirche, S. 58; Geinitz, Kriegsfurcht, S. 188; Schlager, Kult, S. 56;

Scheidgen, Bischöfe, S. 356; Werner, Gott, S. 72f. 113 Bischof Faulhaber (1869-1952) wurde 1917 Erzbischof von München-Freising. Vgl. Schmaus, Faulha-

ber, S. 31. 114 Gatz, Kirche, S. 58. Diese Aussage wird auch im MJ abgedruckt, siehe: Bischof Dr. Faulhaber über

Krieg und Christentum, in: MJ 26.3.1915. 115 Vgl. Holzem/Holzapfel, Kriegserfahrung, S. 287. 116 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 110. 117 Vgl. Geinitz, Weltkrieg, S. 682. 118 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 87ff.; 135f. 119 Vgl. ebd., S. 93f.

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2 Die Lehre vom gerechten Krieg

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2.2 Der Mainzer Katholizismus und die Lehre vom gerechten Krieg

Auch im MJ erscheinen durchweg Artikel, die beweisen, dass der Mainzer Katholizismus

den Weltkrieg als einen gerechten Verteidigungskrieg ansieht.120 Das Deutsche Reich sei

zum Krieg gezwungen worden: Durch Frankreich, das eine Revanche für die Niederlage

des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wolle. Durch Russland, das von slawischer

Leidenschaft gegen das Germanentum gepackt sei und durch England, das von Deutsch-

land nicht auf dem Weltmarkt überholt werden wolle.121 Daher könne man „mit reinem

und gutem Gewissen in den Kampf“122 ziehen. Selbst Papst Pius X. sei von der Gerech-

tigkeit des Sache Österreichs überzeugt.123 Im Gegensatz zum Fuldaer Katholizismus fin-

det sich diese Deutung aber nicht nur im ersten Kriegsjahr, sondern es wird durchweg

betont, dass das Deutsche Reich aus Notwehr zu diesem Krieg gezwungen wurde und laut

christlicher Moral ein gerechter Verteidigungskrieg, wie ihn das Kaiserreich führt, durch-

aus legitim sei.124 Ebenso ist man im Mainzer Katholizismus durchgängig der Meinung,

dass Gott auf Seiten der Deutschen sei und man durch seine Hilfe den Sieg erlangen

werde.125 Hieraus den Umkehrschluss zu Göbels These zu ziehen, würde bedeuten, dass

im Mainzer Katholizismus der Gedanke eines gerechten Krieges nicht verbreitet war,

weshalb dies immer wieder betont werden musste. Doch zur Bestätigung einer solchen

These fehlen weitere Belege, sodass dieser Umkehrschluss nicht schlüssig erscheint.

120 Vgl. Vor dem Kriege, in: MJ 03.08.1914; Lokales und Vermischtes. Krieg, in: MJ 03.08.1914; England

hat Deutschland den Krieg erklärt, in: MJ 05.08.1914; Wenn es denn sein soll, in: MJ 07.08.1914;

Krieg-Kirche, in: MJ 07.08.1915; Kaltes Blut!, in: MJ 26.05.1915; Große vaterländische Kundgebung

des Volksvereins für das katholische Deutschland (Ortsgruppe Mainz), in: MJ 14.12.1914; Gebet und

Krieg, in: MJ 18.12.1914; Neujahr, in: MJ 31.12.1914; Zum Geburtstag Kaiser Wilhelm II., in: MJ

26.01.1915; Kriegs-Mai, in: MJ 06.05.1915. 121 Vgl. Ein deutsches Ultimatum an Rußland, in: MJ 31.07.1914; Im Kriegszustand, in: MJ 01.08.1914;

Vaterländische Versammlung in Mainz, in: MJ 10.08.1914; Nationalstaat und Weltreich im Weltkriege,

in: MJ 23.09.1915; Auslandsstimmen zum Kriege, in: MJ 06.05.1915; Der Jahrestag des großen Krie-

ges, in: MJ 31.7.1915; Eine französische Anklage und eine deutsche Verteidigung, in: MJ 04.03.1916;

Poincare, Frankreich und die Revanche, in: MJ 21.10.1916. 122 Auch die nicht Waffenfähigen können nützen!, in: MJ 11.08.1914. 123 Vgl. Papst Pius X. und der Krieg, in: MJ 26.08.1914; Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewe-

gung, in: MJ 23.06.1917. Dazu mehr in Kapitel 6.3. 124 Vgl. Kriegserkenntnisse, in: MJ 26.11.1915; Karfreitag, in: MJ 20.04.1916; Am Beginn des dritten

Kriegsjahres, in: MJ 31.07.1916; Sozialdemokraten über die Schuldfrage am Kriege, in: MJ 19.10.1916;

Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewegung, in: MJ 23.06.1917; Das Geheimnis deutscher Stoß

kraft, in: MJ 19.01.1918; Vier Jahre Weltkrieg, in: MJ 30.07.1918. 125 Vgl. Im Kriegszustand, in: MJ 01.08.1914; Der Krieg, in: MJ 07.08.1914; Vertrauen, in: MJ 14.08.1914;

Kaltes Blut!, in: MJ 26.05.1915; Am Beginn des dritten Kriegsjahres, in: MJ 31.07.1916; Weihnachten,

in: MJ 23.12.1916; Die dritte Osterfeier im Weltkriege, in: MJ 07.04.1917; Dies und das, in: MJ

24.02.1917; Gottesgericht!, in: MJ 02.11.1917; Italiens Zusammenbruch und die Entente, in: MJ

10.11.17.

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2 Die Lehre vom gerechten Krieg

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Auch der Mainzer Bischof Kirstein ist von der Gerechtigkeit der Sache der Mittelmächte

während des gesamten Kriegszeitraumes überzeugt.126

Vergleicht man den Mainzer mit dem bereits erforschten Katholizismus zum Themenge-

biet des gerechten Krieges, so sind keine wesentlichen Unterschiede festzustellen. Durch-

gängig waren sowohl der bisher erforschte Teil des deutschen, wie auch der Mainzer Ka-

tholizismus der Meinung, dass Gott die eigene Angelegenheit unterstütze, da man sich in

einem gerechten von den Feinden aufgezwungenen Verteidigungskrieg befinde. Auch das

Mainzer Journal fordert seine Leser auf die nationale Sache zu unterstützen und das Va-

terland zu verteidigen. Ob dabei das Verbundenheitsgefühl zu den Katholiken der Länder

gegen die man Krieg führte, verlorenging, ist in den folgenden Kapiteln zu klären.

126 Hirtenbrief Georg Heinrich Kirsteins, in: MJ 05.10.1914; Fastenhirtenbrief Georg Heinrich Kirsteins,

in: MJ 19.02.1917.

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3 Die Causa Belgien

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3 Die Causa Belgien

In diesem Kapitel wird untersucht, wie der Mainzer Katholizismus den Einmarsch in Bel-

gien legitimierte und mit den Völkerrechtsbrüchen der deutschen Regierung gegenüber

der belgischen Bevölkerung umging, wo doch die katholische Kirche als Staatskirche dort

einen zentralen Platz in der Gesellschaft einnahm.127 Stellte man sich auf die Seite der

eigenen Nation oder trat man für die Glaubensbrüder in Belgien ein und wies darauf hin,

dass ein gerechter Krieg im Sinne der christlichen Moraltheologie auch eine rechte

Kriegsführung beinhalte?128

3.1 Die Verletzung der Neutralität Belgiens

Am 2. August 1914 stellte die deutsche der belgischen Regierung ein Ultimatum, in dem

sie Belgien aufforderte den deutschen Truppen bei ihrem Durchmarch nach Frankreich

keinen Widerstand zu leisten. Da die Belgier nicht wie gefordert reagierten, marschierten

am 4. August die deutschen Truppen völkerrechtswidrig in das neutrale Belgien ein129

und besetzten es bis zum 25. August fast vollständig.130 Den Neutralitätsbruch verteidigte

der damalige Reichskanzler Bethmann Hollweg131 mit Notwehr, obwohl man offensicht-

lich in ein anderes Land eingedrungen war.132 Um den Angriff auf Belgien trotzdem als

Verteidigungskrieg darzustellen, berief man sich auf den nach Alfred Graf von Schlieffen

(1833-1913) benannten und von seinem Nachfolger Helmuth Johannes Ludwig von

Moltke (1848-1916) weiterentwickelt Plan. Dieser sogenannte Schlieffenplan sah bei der

Gefahr eines Zweifronten Krieges vor zuerst im Westen Frankreich zu besiegen, um dann

die gesamte Heeresstärke im Osten gegen Russland einsetzten zu können. Dazu musste

Frankreich allerdings schnell besiegt werden, um Russland möglichst wenig Zeit für sein

Vorrücken im Osten zu gewähren. Deshalb sollten die deutschen Truppen völkerrechts-

widrig durch die neutralen Länder Belgien, Holland und Luxemburg vordringen, anstatt

über die stark befestigte Französisch-Lothringische-Grenze vorzustoßen.133

127 Vgl. Benvindo/Majerus, Belgien, S. 138; Gatz, Kirche, S. 56f.; Ypersele, Belgien, S. 44. 128 Vgl. Kapitel 2.1. 129 Vgl. Bihl, Weltkrieg, S. 51; 89; Berghan, Weltkrieg, S. XI; Fesser, Deutschland, S. 42; Meseberg-Hau-

bold, Widerstand, S. 45; Ypersele, Belgien, S. 44. Bruendel und Greschat meinen, der Einmarsch hätte

bereits am 3. August stattgefunden. Vgl. Bruendel, Zeitenwende, S. 97; Greschat, Christenheit, S. 15. 130 Vgl. Fesser, Tagen, S. 140. 131 Theobald Theodor Friedrich Alfred von Bethmann Hollweg (1856 - 1921) war Reichskanzler von 1909

bis 1917. Vgl. Frauendienst, Bethmann, S. 188ff. 132 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 294. 133 Vgl. Berghan, Weltkrieg, S. 28f.; Fesser Deutschland 23f.; Greschat, Christenheit, S. 15.

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3.1.1 Der Deutsche Katholizismus und die Verletzung der Neutralität Belgiens

Auch die deutschen Katholiken meinten in Anlehnung an die augustinische Lehre vom

gerechten Krieg,134 dass die Verteidigung ein derart hohes Gut sei, dass sie die deutsche

Missachtung der Neutralität Belgiens rechtfertige.135 Die Reaktion des Fuldaer und Frei-

burger Katholizismus auf die Neutralitätsverletzung Belgiens werden in den betreffenden

Arbeiten nicht genauer erläutert.

3.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Verletzung der Neutralität Belgiens

In der Rechtfertigung der Verletzung der belgischen Neutralität ist beim Mainzer Katho-

lizismus eine Entwicklung zu erkennen. An dem Tag, an dem die Deutschen unter Miss-

achtung der belgischen Neutralität in Belgien einmarschierten, also am 4. August 1914,

wirft das MJ den Franzosen vor, unter Verletzung der belgischen Neutralität zahlreiche

Fliegerangriffe auf deutsche Eisenbahnlinien in Süddeutschland durchgeführt zu ha-

ben.136 Zudem übernimmt das MJ die Rechtfertigungsstruktur des Reichskanzler Hollweg

in Bezug auf die Verletzung der Neutralität Belgiens. Das Deutsche Reich hätte aus Not-

wehr und zur Selbsterhaltung gehandelt.137 So habe man gewusst, dass Frankreich eine

starke Verteidigungslinie in Elsass-Lothringen aufgebaut habe, die nur mit großem Zeit-

aufwand und unter heftigen Verlusten überwunden werden könne. Dies hätte aber Russ-

land zu viel Zeit für die Mobilmachung gegeben. Deshalb sei man gezwungen gewesen

durch Belgien, Holland und Luxemburg einzumarschieren, um Frankreich schnell zu be-

siegen und so einen Zweifrontenkrieg zu verhindern.138 Hier wird also, wie von offizieller

deutschen Seite auch, auf den sogenannten Schlieffenplan verwiesen. Gleichzeitig wird

betont, dass man den Einmarsch bedauere und man deshalb bereit sei nach Beendigung

des Krieges Belgien sofort wieder zu räumen.139 Zunächst wird also ein Völkerrechts-

bruch zugegeben, der aber nur gezwungenermaßen stattgefunden habe und den vorher

bereits Frankreich, ebenso begangen habe. Dementsprechend zeigt man sein Bedauern

und versichert den Völkerrechtsbruch sofort nach Beendigung des Krieges wieder gut zu

machen.

134 Zur Lehre des gerechten Kriegs siehe das vorherige Kapitel. 135 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 62; Meseberg-Haubold, Widerstand, S. 102. 136 Vgl. Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Frankreich, in: MJ 04.08.1914. 137 Auch am Ende des Krieges wird im Mainzer Katholizismus noch behauptet in Notwehr gehandelt zu

haben. Vgl. Die Wiederherstellung Belgiens, in: MJ 16.02.1918. 138 Vgl. Der Krieg, in: MJ 07.08.1914; Deutschland und Belgien, in: MJ 11.08.1914; Die geographische

Lage Belgiens und Luxemburgs, in: MJ 08.08.1914; Englands Bruch mit Deutschland. Der 4. August,

in: MJ 08.09.1914; Die Neutralität des Papstes, in: MJ 10.08.1915. 139 Vgl. Deutschland und Belgien, in: MJ 11.08.1914; Deutschland und Belgien, in: MJ 18.08.1914.

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Ab Mitte Oktober 1914 wird von einem Dokumentenfund in Brüssel berichtet, der be-

weisen würde, dass Belgien bereits seit 1906 ein Geheimverbündeter Englands und

Frankreichs gewesen sei. Diesem Vertrag gemäß habe England schon damals geplant im

Falle eines deutsch-französischen Krieges 100.000 Soldaten nach Belgien zu schicken

und dazu einen gemeinsamen Vorgehensplan mit der belgischen Armee entworfen. Zu-

dem hätte Frankreich bereits seit dem 24. Juli 1914 französisches Militär in Belgien sta-

tioniert. Diese Tatsachen bewiesen, dass nicht das Deutsche Reich, sondern die belgische

Regierung selbst die Neutralität Belgiens gebrochen habe.140 Dadurch dürfe wohl auch

der Reichskanzler nicht mehr der Meinung sein, dass der Einmarsch in Belgien ein Un-

recht sei, „weil ja die belgische Neutralität gar nicht mehr bestand, sondern vielmehr ein

englisch-belgischer Freundschaftsvertrag.“141 Darüber hinaus habe sich Belgien schon

im Juli 1914 auf einen Krieg vorbereitet, indem es unter anderem deutsche Funkgeräte

auf Schiffen zerstört hätte, woraus hervorgehe, dass Belgien sich offen als Feind des

Deutschen Reiches bekannt habe, noch ehe ein deutscher Soldat auf belgischem Boden

stand. Belgien sei demzufolge bereits vor Kriegsausbruch von einer neutralen zu einer

kriegsführenden Macht geworden, gegen die man sich nur verteidigt habe.142

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bis Mitte Oktober 1914 in Mainz noch eine ge-

wisse Verbundenheit zu den belgischen Glaubensbrüdern zu erkennen ist, die durch ein

Bedauern und das Versprechen auf Wiedergutmachung zu erkennen ist. Doch ab da über-

nimmt der Mainzer Katholizismus kritiklos und ohne zu hinterfragen, wie auch der übrige

bereits erforschte deutsche Katholizismus, das nationale Legitimationsmuster, nach wel-

chem kein Völkerrechtsbruch stattgefunden habe. So wird aus einem anfänglichen Ein-

gestehen, man habe aus Notwehr ein Unrecht getan, um dem höheren Zweck der Selbst-

erhaltung zu entsprechen, die vollkommene Verleugnung der Schuld. Man habe über-

haupt keinen Völkerrechtsbruch begangen, da die Neutralität faktisch bei Kriegsausbruch

nicht mehr bestanden habe. Dies muss aber nicht die vollkommene Abwehr vom Ultra-

montanismus bedeuten, da der deutsche Katholizismus, wie beispielsweise auch die So-

zialdemokraten, von den deutschen Verantwortlichen getäuscht worden waren.

140 Vgl. Englands und Belgiens Schuld. Aufgefundene Dokumente, in: MJ 14.10.1914; Belgiens Abfall

von der Neutralität, in: MJ 28.10.1914; Tolle Ansprüche, in: MJ 23.01.1915; England und die belgische

Neutralität. Eine neue Erklärung der deutschen Regierung, in: MJ 29.01.1915; Die Belgische Neutralität

und die griechische Neutralität, in: MJ 06.10.1915. 141 König Albert über Belgiens Neutralität, in: MJ 13.04.1915. 142 Vgl. Belgien verletzt selbst seine Neutralität, in: MJ 24.10.1914; Wie Belgien sich auf den Krieg vor-

bereitet hat, in: MJ 28.10.1914; Hat Belgien seine Neutralität gewahrt? Eine holländische Antwort, in:

MJ 05.01.1915

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3 Die Causa Belgien

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3.2 Der Vorwurf der Gräueltaten

Bei der Durchquerung Belgiens im August 1914 kam es zu brutalen Ausschreitungen

deutscher Truppenteile gegen die Zivilbevölkerung Belgiens, denen mindestens 5.000

Menschen zum Opfer fielen. Massaker143 und Brandschatzungen begleiteten die deut-

schen Siege. Die deutsche Regierung rechtfertigte dieses Vorgehen gegen die belgische

Zivilbevölkerung mit dem Hinweis auf belgische Freischärler, die Franktireur genannt

wurden.144 Man warf der belgischen Zivilbevölkerung vor, Grausamkeiten an in Belgien

wohnenden Deutschen145 sowie an verletzten deutschen Soldaten verübt zu haben und als

Heckenschützen auf das deutsche Heer zu schießen.146 Die deutschen Maßnahmen seien

nur eine gerechte Antwort auf solche Tätigkeiten. Doch die Franktireur-Angst hatte noch

eine weitere Ursache. So stammten die meisten Truppenteile, die für den Einmarsch in

Belgien eingesetzt wurden, aus Preußen und waren somit antikatholisch eingestellt. Laut

ihnen waren die belgischen Geistlichen die Rädelsführer des Volkskrieges. Das Zusam-

menwirken dieser Beiden Dimensionen lässt sich gut am Beispiel Löwens, das zum Sym-

bol der deutschen Kriegsgräuel weltweit wurde, veranschaulichen. Sowohl die wertvolle

Bibliothek, als auch erhebliche Teile der Stadt wurden zerstört und circa 250 Zivilisten

getötet. Dabei war Löwen am 19. August 1914 zunächst kampflos eingenommen worden.

Am 25. desselben Monats kam es dann zu Schusswechseln. Historiker glauben heute,

dass es sich um friendly fire handelte. Deutsche hätten aus Versehen auf eigene Kamera-

den geschossen, die sie in der Dunkelheit für Gegner hielten. Dadurch gerieten die kampf-

unerfahrenen Soldaten in Panik und fühlten sich von Franktireur umzingelt. In der fol-

genden fünftägigen Strafaktion wurden ein Großteil der Stadt sowie die berühmte Bibli-

othek zerstört. Hierbei wurde die Bibliothek Löwens irrtümlicherweise für die katholische

Universität gehalten, weshalb Löschversuche von deutschen Truppen verhindert wurden.

143 Vgl. Benvindo/Majerus, Belgien, S. 130. In Dinant wurde beispielsweise etwa ein Zehntel (circa 675

Zivilisten) der Gesamtbevölkerung ermordet. Auch in anderen Orten wie Tamines (heute Sambreville)

und Aarschot kam es zu Massakern. Vgl. Fesser, Tagen, S. 180; Ypersele, Belgien, S. 45. 144 Die Franktireur-Angst stammt aus den Erfahrungen von französischen Freischärler Überfällen auf deut-

sche Truppen während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71. Diese noch im kollektiven

Gedächtnis der Deutschen gespeicherte Angst vor solchen Partisanen wuchs zu einer wahren Phobie,

welche die Wahrnehmung dahingehend trübte, dass auch versehentliche Schüsse undisziplinierter Sol

daten, oder friendly fire als heimtückische Überfälle interpretiert wurden. Vgl. Bruendel, Zeitenwende,

S.75; 94f.; Ypersele, Belgien, S. 46. 145 Am 3. August 1914 kam es tatsächlich zu vier Tagen andauernden antideutschen Ausschreitungen in

Antwerpen und Brüssel. Vgl. Benvindo/Majerus, Belgien, S. 129. Auch hatte es 1914 wahrscheinlich

wirklich Sabotageakte und Übergriffe auf deutsche Soldaten gegeben. Diese sind aber nicht auf einem

organisierten Volkswiderstand der Belgier und Franzosen zurückzuführen. Vgl. Bruendel, Zeiten-

wende, S. 94f. 146 Vgl. Bihl, Weltkrieg, S. 90; Bruendel, Zeitenwende, S. 94f.; Greschat, Christenheit, S. 25; Ypersele,

Belgien, S. 47.

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Zudem kam es zu Erschießungen.147 Neben dem Franktireur-Wahn sieht die Forschung

einen weiteren Grund für die Gräueltaten deutscher Truppen darin, dass die deutsche Ar-

mee infolge des Schlieffenplans unter erheblichem Zeitdruck stand. Bruendel fasst dies

gut zusammen: eine fatale Mischung aus Angst, Überanstrengung und Wut habe zu einer

Überreaktion geführt, sodass „vermeintliche Übergriffe mit zum Teil drakonischen aber

nach Meinung deutscher Soldaten legitimen Maßnahmen“148 vergolten wurden.

Die deutschen Ausschreitungen begrenzten sich zwar auf die ersten Wochen des Krieges,

doch die Propaganda der Entente benutzte diese bis zum Ende des Krieges, um deutsche

Grausamkeit zu verdeutlichen.149 Zudem schmückte sie die tatsächlich begangenen Gräu-

eltaten zum Teil erheblich aus. So kursierten beispielsweise Gerüchte, nach denen deut-

sche Soldaten Kindern die Hände abgehackt hätten.150

Ein weiterer offensichtlicher Bruch des Völkerrechts in Bezug auf Belgien war die

Zwangsrekrutierung von etwa 60.000 belgischer Arbeiter nach Deutschland ab Oktober

1916, um dem Arbeitskräftemangel in der deutschen Industrie zu begegnen. Dies wurde

nach außen hin als soziale Maßnahme zugunsten arbeitsloser Belgier dargestellt.151 Doch

bereits im März 1917 wurden die Arbeiter wieder zurückgeschickt, da man die „verhee-

rende außenpolitische Wirkung“152 erkannte. Die Bedingung eines gerechten Krieges,

dass dieser auch auf völkerrechtlich anerkannte Weise zu führen sei, wurde demnach

nicht eingehalten. Im Folgenden soll geklärt werden, wie das Verhalten der Mainzer Ka-

tholiken in den Kontext der bisherigen deutschen Katholizismusforschung eingeordnet

werden kann.

3.2.1 Der Vorwurf der Gräueltaten und der deutsche Katholizismus

Die Reaktion des deutschen Katholizismus auf die Vorwürfe von Gräueltaten fiel diffe-

renziert aus. Die einen beriefen sich auf das deutsche „Weißbuch“153 und sagten, alles sei

147 Vgl. Bihl, Weltkrieg, S. 90; Bruendel, Zeitenwende, S. 94; Gatz, Kirche, S. 57; Greschat, Christenheit,

S. 25; Kramer, Löwen, S. 683; Salden, Horde, S. 96f.; Ypersele, Belgien, S. 45. Heutige Historiker sind

sich größtenteils einig, dass die Zerstörung Löwens nicht geplant war. Auch für einen Angriff aus der

belgischen Bevölkerung gibt es keine Belege. Vgl. Salden, Horde, S. 98. 148 Bruendel, Zeitenwende, S. 95. 149 Vgl. Greschat , Weltkrieg, S. 25. 150 Vgl. Kramer, Kriegsgreuel, S. 647; Ypersele, Belgien, S. 46. 151 Vgl. Benvindo/Majerus, Belgien, S. 140; Mommsen, Deutschland, S. 22; Scheidgen, Bischöfe, S. 315.

Greschat und Ypersele sprechen von mehr als 120.000 Belgiern, von denen 3600 in Deutschland star-

ben. Vgl. Greschat, Christenheit, S. 30; Ypersele, Belgien, S. 48. 152 Neitzel, Revolution, S. 95. 153 Sowohl Deutschland als auch Belgien stellten offizielle Untersuchungen bezüglich der Vorwürfe von

Gräueltaten an. Das Deutsche Reich veröffentlichte seine Resultate im deutschen „Weißbuch“ am 10.

Mai 1915, in dem es alle Vorwürfe zurückwies. Belgien antwortete mit dem „Graubuch“. In der aktu-

ellen Forschung wird davon ausgegangen, dass die deutsche Armee, vor allem zu Beginn des Krieges,

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3 Die Causa Belgien

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gelogen, die anderen, zu denen auch die über die Vorgänge in Belgien gut informierten

Erzberger, Kardinal Hartmann154, Bischof Faulhaber und der in Belgien stationiert Mili-

täroberpfarrer Middendorf (1867-1930) gehörten, schwiegen aus Gründen der Staatsrä-

son und Furcht vor innenpolitischen Schwierigkeiten.155 Wenn der deutsche Katholizis-

mus die deutsche Verwaltung in Belgien kritisierte, dann nur wegen des angenommenen

Unverständnisses preußischer Beamter für Belange der katholischen Konfession.156 Dies

war beispielsweise im Winter 1917 und Frühjahr 1918 der Fall. So sollten 1917 Metall-

gegenstände der Universität Löwen und 1918 Kirchenglocken zum Einschmelzen einge-

zogen werden.157 Beides konnte Hartmann, der sich bereits 1914 für belgische Katholiken

eingesetzt hatte, 158 verhindern.159 Auch im Mai 1915 konnte der Vorsitzende der Fuldaer

Bischofskonferenz ein für Belgien geplantes Verbot der Fronleichnamsprozession ab-

wenden.160 Ebenso intervenierte er im Mai 1918 gegen die Überweisung belgischen Je-

suiten aus Tournai in deutsche Gefangenenlager, da sie unerlaubt Briefschmuggel zwi-

schen Belgiern und deren Angehörigen an der Front betrieben hatten. Allerdings war sein

Bemühen sie stattdessen auf Jesuiten Klöster in Belgien zu verteilen, erfolglos.161

Die Anschuldigung, die belgische Geistlichkeit würde die Zivilbevölkerung gegen die

deutsche Besatzung aufstacheln und daher die Ursache des Franktireur-Krieges sein,

wurde im deutschen Katholizismus zurückgewießen. So versuchte die Kölnische Volks-

zeitung aufkommenden Anschuldigungen, katholische belgische Geistliche würden

Gräueltaten an deutschen Soldaten verüben, zu unterbinden, indem sie sich an die oberste

Kommandobehörde in Berlin wandte. Diese untersagte tatsächlich am 16. September

1914 solche Anschuldigungen zu veröffentlichen.162 Auch in Fulda wurden die vermeint-

lichen Gräueltaten belgischer Geistlicher als Verleumdungen bezeichnet.163

tatsächlich Verbrechen an der belgischen Zivilbevölkerung beging. Vgl. Bihl, Weltkrieg, S. 90, Bruen-

del, Zeitenwende S. 94f.; Fesser, Tagen, S. 181;Ypersele, Belgien, S. 47. 154 Bruno Felix Bernard Albert von Hartmann (1851-1919), seit 1912 Erzbischof von Köln, war der Vor-

sitzende der Fuldaer Bischofskonferenz zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Vgl. Plum, Hartmann, S. 781. 155 Vgl. Meseberg-Haubold, Widerstand, S. 103. 156 Vgl. ebd., S. 102f. 157 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 317; 360. 158 Kardinal Hartmann setzte sich erfolgreich erstens für die in Deutschland internierten belgischen Geist-

lichen ein. Falls sie keine Straftat begangen hatten, sollte ihnen die Rückkehr nach Belgien erlaubt wer-

den. Zweitens sollte der Briefverkehr der belgischen Bischöfe untereinander freigegeben werden. Drit-

tens sollte die Zensur des Briefverkehres zwischen Bischöfen und dem Heiligen Stuhl aufgehoben wer-

den. Viertens sollte die Enzyklika Benedikts auch in Belgien veröffentlicht werden. Vgl. Scheidgen,

Bischöfe, S. 297f. 159 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 318. 160 Vgl. ebd., S. 298. 161 Vgl. ebd., S. 319f. 162 Vgl. ebd., S. 295. 163 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 55.

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3 Die Causa Belgien

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3.2.2 Der Vorwurf der Gräueltaten und der Mainzer Katholizismus

Die Ausschreitungen gegen die belgische Zivilbevölkerung werden im MJ auf zweifache

Art kommentiert. Einerseits werden sie als Lügen und Verleumdungen dargestellt.164 So

hätte sich auch das päpstliche Staatssekretariat über die angeblichen Gräueltaten bei den

in Rom ansässigen belgischen Ordensoberinnen und bei durchreisenden Nonnen sowie

dem Bischof von Namur erkundigt, „die alle aussagten nichts von den Greultaten (sic!)

zu wissen.“165 Andererseits werden sie als rechtmäßiges Vorgehen gegen Franktireur An-

griffe dargestellt, also indirekt zugegeben. So tauchen zahlreiche Artikel auf, die von

heimtückischen Überfällen aus dem Hinterhalt auf deutsche Truppen berichten. Immer

wieder seien bestialische Grausamkeiten auch unter Missachtung des Roten Kreuzes an

deutschen Verwundeten verübt worden. Sogar Frauen hätten sich an diesen Vergehen

beteiligt. Die Verantwortung für die Schärfe des deutschen Vorgehens trügen die belgi-

schen Behörden, die die Bürger mit Waffen versehen und zur Teilnahme am Krieg auf-

hetzen würden. Überall dort, wo sich die Bevölkerung den deutschen Truppen gegenüber

nicht feindselig verhalten habe, sei auch niemand zu Schaden gekommen.166

Auch die Ausschreitungen in Löwen werden mit einer Strafaktion und Selbstverteidigung

gegen belgische Franktireurs gerechtfertigt. Belgische Zivilisten hätten am 25. August

aus Häusern auf deutsche Truppen geschossen, wogegen man sich nur gewehrt habe. Bei

diesem Gefecht sei unabsichtlich ein Großteil der Stadt zerstört worden, was einem

selbstverständlich Leid täte.167 Die Verantwortung für das Geschehen trage erstens die

belgische Bevölkerung selbst, da sie sich außerhalb von Recht und Gesetz gestellt habe

und zweitens die belgische Regierung, die die Bevölkerung zum Widerstand antreibe.168

164 Vgl. Belgische Verleumdung deutscher Truppen, in: MJ 20.01.1915; Der Gegenbeweis, in: MJ

14.09.1914; Die „deutschen Greuel“ in Belgien, in: MJ 21.05.1915; Große vaterländische Kundgebung

des Volksvereins für das katholische Deutschland (Ortsgruppe Mainz), in: MJ 14.12.1914; Die mechel-

ner Kathedrale, in: MJ 21.11.1914; Wie die Wahrheit sich Bahn bricht!, in: MJ 22.1.1915. 165 Das Märchen von den deutschen Greueltaten in Belgien, in: MJ 11.07.1916. 166 Vgl. Belgische Schandtaten und ihre Strafe, in: MJ 19.08.1914; Verschiedene Nachrichten. Aus dem

Hinterhalt erschossen, in: MJ 20.08.1914; Ein Protest der deutschen Heeresleitung, in: MJ 29.08.1914;

Denkschrift deutscher Katholiken über den gegenwärtigen Weltkrieg, in: MJ 05.09.1914; Im deutschen

Belgien, in: MJ 12.09.1914; Eine englische Bestätigung der Franktireurangriffe, in: MJ 10.09.1914; Die

Deutschen in Gent, in: MJ 10.9.14; Vom westlichen Kriegsschauplatz. Landbewohner im Kriege, in:

MJ 10.08.1914; Die Franktireurs und Löwen, in: MJ 07.09.1914; Eine Strafexpedition nach Arlon, in:

MJ 26.08.14; Wie die Deutschen in Brüssel einzogen, in: MJ 25.08.1914; Bei Aachen und Lüttich.

Bericht eines Augenzeugen, in: MJ 11.08.1914; Deutsche Warnungen an Frankreich und Belgien, in:

MJ 17.08.1914; Vom westlichen Kriegsschauplatz, in: MJ 12.08.1914; Belgische Greuel, in: MJ

11.8.14. 167 Vgl. Löwen, in: MJ 31.08.1914. 168 Ein Ueberfall der Bürger von Löwen auf die deutschen Truppen, in: MJ 29.8.14; Die Wahrheit über

Löwen, in: MJ 03.09.1914; Die Wahrheit über Löwen. Amtliche deutsche Darstellung, in: MJ

05.09.1914; Das Schicksal der Stadt Löwen, in: MJ 31.08.1914; Der Zustand Belgiens. Englische Ge-

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3 Die Causa Belgien

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Deutsche Soldaten hingegen hätten das gotische Rathaus, die Peterskirche und deren

Schatz sowie weitere wertvolle Kunstschätze vor der Zerstörung gerettet.169 Überdies sei

Löwen, entgegen der Verleumdungen ausländischer Blätter, nicht vollkommen zerstört

worden, sondern nur die Stadtteile seien zu Schaden gekommen, in denen sich die Bevöl-

kerung am Franktireur-Kampf beteiligt habe.170 Hier wird also die amtliche Legitimie-

rung übernommen, aber zusätzlich wird aber auch ein Bedauern über das Schicksal Lö-

wens ausgedrückt.

Gegen die Vorwürfe an den Franktireur-Angriffen seien die klerikalen Kreise Belgiens

Schuld, bringt das MJ immer wieder in Artikeln, die die Unschuld belgischer katholischer

Priester beweisen und deren deutschlandloyale Haltung herausstellen.171 Die belgischen

Geistlichen verhielten sich sehr „freundlich und gefällig […] was auch mein Kamerad,

der protestantisch ist, bestätigte und lobte“172.

Die Wegführung belgischer Arbeiter wird als Gegenmaßnahme zur Arbeitslosigkeit be-

gründet. Wegen der Seeblockade Englands könnten keine Rohstoffe mehr nach Belgien

gelangen und auch keine Industrieprodukte mehr exportiert werden, weshalb es in Bel-

gien etwa 1,2 Millionen Arbeitslose gebe. Da dies der belgischen Wirtschaft und Moral

schade und nicht genug Arbeit in Belgien geschaffen werden könne, habe man sie zur

Arbeit im Deutschen Reich angewiesen, „wo bereits eine große Anzahl belgischer Arbei-

ter freiwillig tätig ist und sich bei hohen Lohnsätzen und weitgehender Bewegungsfreiheit

durchaus wohl fühlt.“173 Völkerrechtlich würde die Zwangsrekrutierung durch den Arti-

kel 43 der Haager Landkriegsordnung abgesichert, wonach die besetzende Macht zur

Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in dem besetzten Gebiet zu sorgen habe. Es

müsse demzufolge dafür gesorgt werden, dass „die Arbeitsfähigen nicht der Öffentlichkeit

zur Last fallen und durch Müßiggang eine öffentliche Landplage bilden.“174

Artikel, in denen sich die Mainzer Katholiken über die deutsche Verwaltung in Belgien

beschweren oder sich für die Belange der Katholiken, ähnlich wie Kardinal Hartmann,

fangene in Maubeuge, in: MJ 10.09.1914; Hat Belgien seine Neutralität gewahrt? Eine holländische

Antwort, in: MJ 05.01.1915; Ueber die Schreckensnacht in Löwen, in: MJ 04.09.1914. 169 Vgl. Ein amtlicher Bericht über die Lage in Löwen, in: MJ 19.09.1914; Die Beschießung von Reims u.

das Schicksal der Kathedrale, in: MJ 23.09.1914; Der Dom zu Reims, in: MJ 29.09.1914; Kunstschätze

Löwens unversehrt. Rettungsarbeiten der deutschen Soldaten, in: MJ 09.09.1914. 170 Vgl. Wie es in Löwen aussieht. Drei Viertel der Stadt unversehrt, in: MJ 09.09.1914; Die Wahrheit

unerwünscht, in: MJ 11.11.1916. 171 Vgl. Das klerikale Belgien, in: MJ 03.09.1914; Für die Nichtkämpfer, in: MJ 10.09.1914; Falsche Be

schuldigung belgischer Geistlicher, in: MJ 21.09.1914; Die katholischen Geistlichen und der Krieg!, in:

MJ 18.09.1914; Die Vorwürfe gegen die Geistlichen im Feindesland, in: MJ 02.10.1914. 172 Das Verhalten belgischer Geistlicher, in: MJ 28.11.1914. 173 Die Wegführung der belgischen Arbeiter, in: MJ 13.12.1916. 174 Ebd..

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3 Die Causa Belgien

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einsetzen, finden sich im MJ nicht. Dass die Mainzer Katholiken etwas von der Ein-

schmelzung belgischer Kirchenglocken wussten, beweist ein Artikel, der in einem Ne-

bensatz erwähnt, dass Papst Benedikt XV. sich dafür ausgesprochen habe, die belgischen

Kirchenglocken nicht einzufordern.175 Kommentiert wird das im MJ zwar nicht, aber da

der Mainzer Katholizismus auch nicht gegen den Einzug der eigenen Kirchenglocken

war,176 ist davon auszugehen, dass er auch nichts gegen den der Belgier einzuwenden

hatte.

Wie auch bei der Rechtfertigung für den Einmarsch in Belgien übernimmt sowohl der

Mainzer als auch er bisher erforschte deutsche Katholizismus die von nationaler Seite aus

vorgegebene Argumentationsstruktur gegenüber den vorgeworfenen Gräueltaten an der

belgischen Zivilbevölkerung und der Zwangsrekrutierung belgischer Arbeiter. Gleich-

wohl drückt das MJ sein Bedauern über die Zerstörung Löwens aus, was doch eine ge-

wisse Verbundenheit zu den Katholiken Belgiens vermuten lässt. So verteidigt der Main-

zer Katholizismus auch die katholische belgische Geistlichkeit, gegen die Vorwürfe für

den Franktireur-Kampf in Belgien verantwortlich zu sein und dementiert dies, genauso

wie der restliche bisher erforschte Katholizismus. Dafür, dass sich der Mainzer Katholi-

zismus für die Belange belgischer Katholiken so massiv einsetzt wie Kardinal Hartmann,

finden sich allerdings keine Belege. So kritisiert das MJ in keiner Weise das Vorgehen

der deutschen Verwaltung gegenüber Belgien, vielmehr sei es dieser zu verdanken, dass

in Belgien wieder Ordnung herrsche und die Flamen, die eine Mehrheit der belgischen

Bevölkerung stellen würden, nicht mehr unterdrückt seien.177 Doch auch hier kann nicht

mit Sicherheit gesagt werden, ob das Verhalten des Mainzer Katholizismus mit Nichtwis-

sen der tatsächlichen Umstände oder Ausblendung des katholischen Universalismus-Ge-

danken zu tun hatte.

175 Vgl. Der Papst und der Krieg, in: MJ 24.06.1918. 176 Im MJ erklärt man sich grundsätzlich zur Beschlagnahmung bereit, fordert aber eine angemessene Be-

zahlung. Vgl. Beschlagnahmung der Bronze-Glocken, in: MJ 31.03.1917; Die Beschlagnahmung der

Kirchenglocken und Orgelpfeifen, in: MJ 24.05.1917; Zur beschlagnahme der Glocken, in: MJ

19.06.1917. 177 Vgl. Deutsche Verwaltung in Belgien, in: MJ 21.07.1917.

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4 Die Causa Frankreich

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4 Die Causa Frankreich

Der Erste Weltkrieg stellte die deutschen Katholiken vor das Problem einen Krieg gegen

das vornehmlich aus Katholiken bestehende Frankreich legitimieren zu müssen, das zu-

dem im Volksmund als „älteste Tochter der Kirche“ galt.178 Besonders Herausgefordert

wurden sie dabei durch den französischen Sammelband La Guerre Allemande et le Ca-

tholicisme (künftig mit La Guerre abgekürzt), der ihnen vorwarf dem Katholizismus ent-

gegengesetzt zu handeln. Eine weitere Belastungsprobe stellt die Beschießung der katho-

lischen Kathedrale in Reims dar, die als das Symbol des katholischen Frankreichs galt.179

Im folgenden Kapitel wird dargestellt, wie der Mainzer im Vergleich zu dem bisher er-

forschten deutschen Katholizismus mit diesen Angelegenheiten umging.

4.1 Die Absprache der Religiosität Frankreichs

Obwohl sich auch Ende des 19. Jahrhunderts die Franzosen noch fast ausnahmslos als

Katholiken bezeichneten, war es doch seit der Französischen Revolution 1789 in Frank-

reich sukzessive zu einer vollständigen Laizität gekommen, die 1905 mit dem Gesetz der

strikten Trennung von Kirche und Staat abgeschlossen wurde.180 Diese Tatsache nutzte

der Deutsche Katholizismus zur Legitimierung eines Krieges gegen Frankreich. Wie ge-

nau er das tat und ob dabei jeglicher Verbundenheitsgedanke mit den Glaubensbrüdern

fallen gelassen wurde, ist im folgenden Kapitel zu klären.

4.1.1 Die Absprache der Religiosität Frankreichs im deutschen Katholizismus

Der deutsche Katholizismus rechtfertigte den Krieg gegen Frankreich, indem er den Fran-

zosen ihre Religiosität absprach.181 Dabei kam den Deutschen die politische Geschichte

Frankreichs entgegen. Denn 1905 war in der Dritten Französischen Republik die voll-

kommene Trennung von Kirche und Staat beschlossen worden. Dementsprechend warfen

die deutschen Katholiken nun den Franzosen Atheismus und Laizismus vor. Man führe

einen Kampf gegen die kirchenfeindliche Einstellung der Franzosen und sorge somit für

178 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 55; Geinitz, Weltkrieg, S. 687. 179 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 258. 180 Vgl. Cabanel, Laizität, S. 141f. 181 Dieses Argumentationsmuster taucht bereits im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 auf. Vgl. Göbel,

Katholiken, S. 141.

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einen Aufschwung der katholischen Kirche in Frankreich,182 da nur ein besiegtes Frank-

reich wieder den Weg zur Kirche finden werde.183 Ein Beweis für die katholikenfeindli-

che Haltung in Frankreich wurde darin gesehen, dass das während des Ersten Weltkrieges

vom Papst für die gesamte katholische Kirche verfasste und gleichlautende Bittgebet um

Frieden von der französischen Regierung konfisziert wurde. Erst nachdem der Erzbischof

von Paris, Kardinal Amette184, interveniert hatte, wurde es zwar wieder freigegeben, aber

zuvor in einem nationalen Sinne verändert. Statt, wie vom Papst gedacht, für einen allge-

meinen Frieden zu beten, bat man nun um den Sieg Frankreichs.185 Auch in Fulda und

Freiburg versuchten die Katholiken den Krieg gegen Frankreich hauptsächlich zu recht-

fertigen, indem sie den Franzosen ihre Religiosität absprachen und die Säkularisation von

1905 verurteilten.186 Allerdings wurde in Fulda nicht Frankreich als Ganzes als atheistisch

abgestempelt. So wurden die Priester bereits am Anfang des Weltkrieges als gute Katho-

liken, die nur Opfer des religionsfeindlichen Staates sind, angesehen. Im Verlauf des

Krieges wird noch weiter differenziert. Ab 1915 gab man nicht mehr dem gesamten fran-

zösischen Volk, sondern nur noch der sogenannten freimaurerischen Regierung die

Schuld am religiösen Verfall Frankreichs.187 In Freiburg ging die religiöse Abgrenzung

zunächst so weit, dass dort sogar von einem Kreuzzug zur Verteidigung der christlichen

Kultur gesprochen wurde. Doch bald schon sollten Geistliche dort gegenteilige Erfahrun-

gen mit der vermeintlichen Ungläubigkeit der Franzosen sammeln.188 Ein Blick in die

Feldpostbriefe beweist ebenfalls, dass viele katholische Soldaten der Meinung waren,

dass gegen den Laizismus und Atheismus in Frankreich gekämpft werden müsse.189

182 Vgl. Betker, Einleitung, S. 23; Lätzel, Kirche, S. 45;111; Loth, Katholiken, S. 268. Die französischen

Katholiken wiederum rechtfertigten ihren Einsatz im Krieg als Kampf gegen das preußisch lutherische

Kaisertum und sprachen den Deutschen den rechten Glauben ab. Vgl. Becker, Religionsgeschichte, S.

36; Greschat, Christenheit, S.23; Morozzo della Rocca, Benedikt, S. 192; 202. 183 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 45; Lutz, Demokratie, S. 44. 184 Léon-Adolphe Kardinal Amette (1850-1920) war seit 1908 Erzbischof von Paris. Vgl. Bräuer, Hand-

buch, S. 215f. 185 Vgl. Burkard, Kaiser, S. 58. 186 Vgl. Geinitz, Kriegsfurcht, S. 202; Göbel, Katholiken, S. 114. 187 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 116f.; 141. 188 Vgl. Geinitz, Kriegsfurcht, S. 203. Ob im Laufe des Krieges in Freiburg eine Wandlung des Frankreich-

bildes, wie in Fulda, stattfindet, kann nicht beurteilt werden, da Geinitz nur die ersten Kriegsmonate

untersucht. 189 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 138f.

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4.1.2 Die Absprache der Religiosität Frankreichs im Mainzer Katholizismus

Auch das MJ spricht Frankreich seine Religiosität ab. Bereits zu Beginn des Weltkrieges

wird behauptet, Frankreich sei von der katholischen Kirche und dem katholischen Glau-

ben abgefallen.190 Demgemäß wird Frankreich immer wieder als atheistische Republik191

sowie „Land der Katholikenverfolgung und des Religionshasses“192 dargestellt. Dabei

wird stets auf die 1905 erfolgte Trennung von Staat und Kirch angespielt.193 Ein Beleg

für den Abfall Frankreichs vom Glauben sei, so das MJ, dass Geistliche nicht vom Mili-

tärdienst befreit würden.194 Sogar Bischöfe würden zum Dienst an der Waffe gezwun-

gen.195 Ein weiterer Beweis für die Gott- und Kirchenfeindlichkeit der Franzosen sei, dass

kriegsgefangene französische Geistliche von den eigenen mitinternierten Kameraden be-

schimpft und verspottet würden. In Deutschland hingegen würde man die gefangenen

Kleriker wie Offiziere behandeln.196

Bei allen Vorwürfen der Ungläubigkeit Frankreichs macht das MJ aber Abstufungen zwi-

schen den einzelnen Franzosen. So verteidigt es die französischen Geistlichen, die „ihre

Gläubigen zu Ruhe und Besonnenheit aufrufen und von Unrecht abhalten“197 von Anfang

an. Ab Ende November 1914 wird dann weiter differenziert. So gebe es in der Bevölke-

rung Frankreichs „noch edle Katholiken, aber die, die den Ton angeben, haben Gottlo-

sigkeit auf ihre Fahnen geschrieben, sie haben das Volk mit allen Mitteln von Gott und

der Religion fortgerissen“. 198 Das MJ macht demnach vor allem die Regierung für das

gottlose Verhalten Frankreichs verantwortlich, wie auch die Artikel der nächsten Zeit be-

weisen. So findet sich im Folgenden im MJ die Unterscheidung zwischen der kirchen-

190 Vgl. Se. Heiligkeit Papst Pius X. gestorben, in: MJ 20.08.1914. 191 Vgl. Der Krieg und der Katholizismus, in: MJ 24.02.1915; Krieg-Kirche, in: MJ 07.08.1915. 192 Konferenz der katholischen Männer und Arbeitervereine, in: MJ 05.01.1915. 193 Vgl. Der Krieg und Christus, in: MJ 01.05.1915; Die Stellung der Kirche zum Kriege. Benedikt XV.

als Friedenstifter, in: MJ 21.04.1915. 194 Vgl. Eingezogene Priester im französischen Heere, in: MJ 10.09.1914; Konferenz der katholischen

Männer und Arbeitervereine, in: MJ 05.01.1915; Die französischen Geistlichen und der Krieg, in: MJ

04.12.1915; Die Kriegsleistungen der Priester, in: MJ 01.04.1916; Ueber den Geistlichen im französi-

schen Heere, in: MJ 21.10.1916; Dies und das, in: MJ 24.02.1917. 195 Vgl. Bischöfe im französischen Heere, in: MJ 06.10.1914. 196 Vgl. Die gefangenen französischen Militärgeistlichen, in: MJ 05.10.1914; Das Schreiben des Hl. Vaters

Papst Benedikt XV., in: MJ 24.10.1914; Der Papst und Deutschland, in: MJ 24.10.1914; Ein Gespräch

mit dem preußischen Gesandten beim Vatikan, in: MJ 09.11.1914. 197 Die katholischen Geistlichen und der Krieg!, in: MJ 18.9.1914. Auch die Elsässischen Priester, denen

eine deutschlandfeindliche Haltung vorgeworfen wird, verteidigt das MJ, indem es ihnen ein dem Deut-

schen Reich wohlgesonnenes Verhalten attestiert. Vgl. Die Stimmung in Straßburg, in: MJ 10.08.1914;

Die Lügen über das Kloster Delenberg im Elsaß, in: MJ 26.08.1914; Amtliche Ehrenrettung der katho-

lischen Geistlichkeit, in: MJ 08.09.1914. 198 „Thron und Altar“. Apologetischer Vortrag, in: MJ 20.11.1914.

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feindlichen Freimaurerregierung Frankreichs, die Schuld am Weltkrieg habe und sich an-

tikatholisch, antikirchlich und antipäpstlich verhalte199 und der katholischen Bevölkerung

Frankreichs, die von dieser Regierung unterdrückt werde und die „in den Krieg hineinge-

stoßen“200 wurde, fortwährend wieder. So habe die französische Regierung den „Kriegs-

willen des Volkes gefälscht und mit Lügen angestachelt“.201 Die Katholiken Frankreichs

aber hätten bedauernswerterweise keinen Einfluss auf ihre Regierung.202 Vielmehr wür-

den sie von der Regierung „fortwährend wie arme Verwandte und wie Franzosen zweiter

Klasse behandelt. […] [und] von der öffentlichen Macht und von den Verantwortungen

ferngehalten“203.

Die feindliche Haltung der Regierung gegenüber Papst und Kirche wird im MJ ständig

mit Beispielen belegt. Ein erster Beweis wird darin gesehen, dass das Gebet des Papstes

für den Frieden im Februar 1915 erst erlaubt wurde, nachdem es auf einen national fran-

zösischen Sinn, also einem dem Papst zuwiderlaufenden Sinn begrenzt wurde.204 Ein

nächster Beweis besteht darin, dass die Regierung die Hirtenbriefe der französischen Bi-

schöfe beschneide.205 Die französische Regierung treibe „ihre feindliche Haltung gegen-

über dem Heiligem Stuhl soweit, daß (sic!) sie die Auslieferung der bei französischen

Banken deponierten Geldern des Vatikan verweigert.“206 Ein weiterer Anlass auf die

Papst- und Kirchenfeindlichkeit der französischen Regierung aufmerksam zu machen ist

das Bekanntwerden, dass die französische Regierung der italienischen Forderung entspro-

chen hat, sich niemals auf die Internationalisierung oder Veränderung der bestehenden

römischen Garantiegesetze zugunsten des Papsttums einlassen zu wollen, was einer Miss-

achtung der Rechte und Interessen des Heiligen Stuhles und der katholischen Kirche

gleichkomme.207 Auch hier unterscheidet das MJ zwischen den Katholiken Frankreichs

199 Vgl. Die Kurie und der Weltkrieg, in: MJ 03.05.1915; Gotteslästerliche Geschmacklosigkeiten in Frank-

reich, in: MJ 14.08.1915; Der Sinn von diesem „großen Sterben“, in: MJ 14.12.15; Zur Lage des Paps-

tes, in: MJ 02.02.1916; Weltkrieg und Jakobinertum, in: MJ 10.05.1916; Die unbelehrbaren französi-

schen Katholiken, in: MJ 19.10.1916; Papst und Friedensfrage, in: MJ 28.07.1917; Der Hl. Stuhl und

die Katholiken, in: MJ 27.12.1917; Demokratisches Ideal und die Wirklichkeit in Frankreich, in: MJ

05.03.1918; Die letzten Friedensschritte Benedikts XV. in Frankreich, in: MJ 04.04.1918; Der Papst

und der Krieg, in: MJ 07.06.1918. 200 Die Auguren Frankreichs, in: MJ 19.04.1916. 201 Verantwortungsgefühl gegenüber der Menschheit, in: MJ 21.12.1917. 202 Vgl. Frankreich und der Vatikan. Französisches Liebeswerben, in: MJ 06.03.1915. 203 Die neue Regierung und die Katholiken in Frankreich, in: MJ 13.11.1915. 204 Vgl. Das verbotene Friedensgebet, in: MJ 04.02.1915; Der Krieg und die französischen Katholiken, in:

MJ 21.04 1915; Der Friedens-Aufruf des Papstes, in: MJ 03.08.1915. 205 Vgl. Frankreich und der Vatikan. Französisches Liebeswerben, in: MJ 06.03.1915; Die Kurie und der

Weltkrieg, in: MJ 03.05.1915. 206 Der Heilige Stuhl und der Weltkrieg, in: MJ 08.04.1915. 207 Vgl. Der Vierverband als Feind des Hl. Stuhles, in: MJ 08.01.1916; Die russischen Geheimakten und

der päpstliche Stuhl, in: MJ 08.12.1917. Mehr dazu in Kapitel 5.1.

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und der Regierung der französischen Republik. So schreibt das MJ: „Das haben die fran-

zösischen Katholiken wahrlich nicht verdient“208 und „Die Katholiken Frankreichs sehen

die Londoner Klausel als Beleidigung an und setzten sich mit aller Macht für die Wieder-

herstellung der offiziellen diplomatischen Beziehung Frankreichs mit dem Vatikan

ein."209 Auch wird ein Brief des Kardinal Dubois, Erzbischof von Rouen 210, im MJ ab-

gedruckt, in dem er dem Papst sein Bedauern und Protest gegenüber dem Londoner Ver-

trag ausdrückt.211 Die Einstellung der Pariser Regierung zeige sich auch darin, dass

„Frankreich bei der chinesischen Regierung gegen die Anknüpfung diplomatischer Be-

ziehungen zwischen China und dem Vatikan […] Einspruch erhoben hat. Der Protest

werde damit begründet, daß (sic!) gemäß dem Vertrage von 1858 die katholischen Orga-

nisationen unter französischem Schutz stehen. Es ist eine unerträgliche Bevormundung,

die sich das offizielle Frankreich damit gegenüber dem Heiligen Stuhle herausnimmt […]

China wie der Vatikan erhalten, damit einen neuen Vorgeschmack davon, was es mit der

Freiheit auf sich hat, die der Sieg der Verbandsmächte der Welt bringen soll.“212 Auch

die päpstliche Friedensnote vom August 1917213 bietet dem MJ einen Anlass die franzö-

sischen Glaubensbrüder in einem guten und die französische Regierung in einem schlech-

ten Licht erscheinen zu lassen. So sei das französische Volk für den Frieden und pro Papst

eingestellt.214 Die friedensbefürwortenden und der Papstnote freundlich gegenüberste-

henden Hirtenbriefe katholischer Bischöfe würden aber in Frankreich zensiert werden

und Anlass für eine antikirchliche Hetze sein.215 Selbst das antideutsche Verhalten fran-

zösischer Katholiken wird in einem Artikel des MJ entschuldigt. Dass sie „so aufgebracht

gegen uns sind, liegt an der unverantwortlichen Hetze gegen uns, bei den französischen

Katholiken, soweit sie kirchentreu sind, herrscht eine Vorstellung von deutschen Verhält-

nissen vor, die ihren schädlichen Einfluß (sic!) auch auf die Beurteilung der deutschen

208 Die Ausschließung des Papstes von den Friedensverhandlungen, in: MJ 19.12.1917. 209 Der Papst und der Krieg, in: MJ 24.06.1918 210 Louis-Ernest Kardinal Dubois (1856-1929) war ab 1916 Erzbischof von Rouen und ab 1920 Erzbischof

von Paris. Vgl. Bräuer, Handbuch, S. 238. 211 Vgl. Die antivatikanische Klausel im Londoner Vertrag, in: MJ 29.06.1918. 212 Frankreich und der Hl. Stuhl, in: MJ 20.08.1918. 213 Dazu mehr in Kapitel 6.1. 214 Vgl. Für und gegen den Frieden, in: MJ 01.09.1917. 215 Vgl. Frankreichs Priester und der Frieden, in: MJ 21.11.1917. Laut Baadte lehnte die Mehrheit der

französischen Bischöfe diesen Friedensvorschlag Benedikts XV. ab. Vgl. Baadte, Universalismus, S.

103.

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4 Die Causa Frankreich

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Katholiken ausübt, wonach das deutsche Volk im allgemeinen protestantisch also ketze-

risch sei“216. In diesem Sinne veröffentlicht das MJ auch Artikel, die nach dem Erschei-

nen des Buches La Guerre die Katholiken Frankreichs verteidigt.217

Der Kampf gegen die Dritte Französische Republik im Weltkrieg wird nun damit gerecht-

fertigt, dass ein Sieg des sitten- und gottlosen Frankreichs im gegenwärtigen Weltkrieg

verhindert werden müsse, denn dadurch würde das dortige „atheistische Regiment gefes-

tigt und der Sturz des Katholizismus“218 in der gesamten Welt herbeigeführt. Wenn die

Mittelmächte aber gewinnen, würde „dadurch der Geist der Religion des Christentums

und der christlichen Sitte in die ganze Welt getragen werden.“219 „So ist das deutsche

Schwert gezogen auch für Frankreichs Katholiken […] fürwahr das Schwert ist gezogen

wie für des Reiches so für der katholischen Weltkirche Freiheit […] Jedesmal (sic!) wenn

wir rufen es lebe das Vaterland, klingt […] mit der Ruf - es lebe die Kirche!“220 Die

Interpretation, dass ein Sieg Frankreichs ein großes Unglück für die katholische Welt

bedeuten würde, ein Sieg des Deutschen Reiches dagegen Frankreich und der gesamten

Welt den Glauben wieder bringe und man daher auch im Dienste der französischen Glau-

bensbrüder kämpfe, findet sich immer wieder in Artikeln des MJ.221 Darüber hinaus wird

hier deutlich, wie die nationale Sache, der Sieg des Vaterlandes, mit der katholischen

Sache, der Stärkung der Kirche und der Verbreitung des katholischen Glaubens, mitei-

nander in Einklang gebracht werden.

Sowohl der bisher erforschte deutsche als auch der Mainzer Katholizismus rechtfertigen

den Krieg gegen die ehemals „älteste Tochter der Kirche“, indem sie das ehemals beto-

nen. Nun sei Frankreich Kirchen-, Katholiken- und Papstfeindlich eingestellt. Allerdings

differenzieren der Fuldaer Katholizismus ab 1915 und der Mainzer Katholizismus bereits

im November 1914 zwischen der kirchenfeindlichen Freimaurerregierung und den treuen

Katholiken Frankreichs.222 Der Mainzer Katholizismus betont immer wieder, dass es in

Frankreich noch kirchen- und papsttreue Katholiken gebe. Er blendet also keineswegs

216 Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewegung, in: MJ 30.06.1917. 217 Siehe dazu das folgende Kapitel. 218 P. Cohausz über den Weltkrieg und die deutschen Katholiken, in: MJ 18.06.1915. Pater Otto Cohausz

SJ (1872-1938) diente freiwillig im Weltkrieg als Feldgeistlicher. Vgl. Hillig, Nachruf, online unter:

http://www.con-spiration.de/syre/files/rothe-nr/cohauss.html 219 „Thron und Altar“. Apologetischer Vortrag, in: MJ 20.11.1914. 220 Krieg-Kirche, in: MJ 24.08.1915. 221 Vgl. „Thron und Altar“. Apologetischer Vortrag, in: MJ 20.11.1914; Konferenz der katholischen Män-

ner und Arbeitervereine, in: MJ 05.01.1915; Die Stellung des Papstes, in: MJ 07.01.1915; Die sittliche

Erneuerung durch den Krieg, in: MJ 12.02.1915; Der Krieg und der Katholizismus, in: MJ 24.02.1915. 222 An dieser Stelle bieten sich weitere regionale Studien an um herauszufinden ob es diese Differenzierung

auch außerhalb von Mainz und Fulda gab.

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aus, dass in anderen Ländern Glaubensbrüder mit der gleichen Tradition lebten. Um eben

diese Glaubensbrüder von der atheistischen Regierung zu befreien, müsse man im Dienste

der gesamten katholischen Kirche die nationale Sache unterstützen. Denn nur durch einen

Sieg der Mittelmächte würde die katholische Kirche gestärkt aus dem Weltkrieg hervor-

gehen. So werden durch den Mainzer Katholizismus deutsche/nationale mit katholischen/

weltkirchlichen Zielen gleichgesetzt.

4.2 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“

Obwohl sich die deutschen Katholiken im Ersten Weltkrieg patriotisch und nationalis-

tisch gaben, lehnten sie doch den Hass gegenüber anderen Nationen ab.223 Diese Einstel-

lung wurde durch die Ende April 1915 vom französischen Kirchenhistoriker Baudril-

lart224 herausgegebene und von einigen Bischöfen aus Frankreich empfohlene Sammel-

schrift La Guerre auf die Probe gestellt.225 In diesem Buch warfen unterschiedliche Au-

toren in sieben Beiträgen der Regierung und Intellektuellen des Deutschen Reiches vor,

einen Kampf gegen den Katholizismus zu führen. Frankreich hingegen sei der Kirche treu

ergeben. Veranschaulicht wurde dies durch einen zeitgleich veröffentlichten Bildband.226

Dieses Werk war hauptsächlich als Propagandaschrift für die Katholiken in den neutralen

Ländern gedacht und wurde daher in mehrere Sprachen übersetzt.227 Im Folgenden soll

betrachtet werden, wie der Mainzer Katholizismus im Vergleich zum deutschen Katholi-

zismus auf dieses Buch reagierte.

4.2.1 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“ und der deutsche Katholizismus

Auch wenn sich die Vorsitzenden der Fuldaer228 und Münchner Bischofskonferenz229

über diese Aufsatzsammlung beim Papst beschwerten, unterließen die Bischöfe doch im

päpstlichen Sinne eine direkte Entgegnung.230 So unterschrieb auch kein Mitglied des

223 Vgl. Gatz, Kirche, S. 64. 224 Alfred Henri Marie Kardinal Baudrillart (1859-1942) war ab1907 Leiter des Institut catholique de Pa

ris. Ab 1921 war er Titularbischof von Hemeria und Weihbischof in Paris. Vgl. Bräuer, Handbuch, S.

286. 225 Vgl. Baadte, Universalismus, S. 97; Burkard, Kaiser, S. 57f.; Gatz, Kirche, S. 64. 226 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 258f.; Arnold, Guerre, S. 3. Eine Zusammenfassung der einzelnen Artikel

findet sich bei: Lätzel, Kirche, S. 71ff. und Scheidgen, Bischöfe, S. 261-268. 227 Vgl. Baadte, Universalismus, S. 98. 228 Zu Kardinal Hartmann vgl. Anm. 152. 229 Vorsitzender der Münchner Bischofskonferenz war zu diesem Zeitpunkt Franziskus Kardinal von Bet-

tinger (1850- 1917), der ab 1909 Erzbischof von München und Freising war. Vgl. Krausen, Bettinger,

S. 195. 230 Im August 1915 beschwerten sich deutsche Bischöfe beim Papst. Dieser betonte, dass er nicht wolle,

dass man ein anderes Volks durch Wort oder Schrift herabsetzen würde. Letztendlich verzichteten die

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Episkopats die von Theologie-Professor Rosenberg und 125 weiteren namenhaften Ver-

tretern des deutschen Katholizismus herausgebrachte „Denkschrift deutscher Katholiken

gegen das französische Buch: ,La Guerre allemande et le Catholicisme‘“231. Auch der

Kirchenhistoriker Pfeilschifter232 brachte 1915 zusammen mit anderen Gelehrten einen,

die französischen Vorwürfe abwehrenden, Sammelband heraus.233 In beide Schriften be-

mühten sich die Autoren um einen ruhigen wissenschaftlichen Ton.234

4.2.2 „La Guerre Allemande et le Catholicisme“ und der Mainzer Katholizismus

Nach der Herausgabe des Buches La Guerre erscheinen im MJ Artikel, die die Argumente

der Schrift und des Fotobuches zusammenfassen und widerlegen.235 Ebenso werden die

Gegenschriften von Rosenberg236 und von Pfeilschifter237 mit ihren Argumenten vorge-

stellt. Dabei reagiert das MJ ähnlich wie der restliche bereits erforschte Katholizismus in

Deutschland. So wird betont, dass im Gegensatz zu den französischen Katholiken, die

„selbst mitten im blutigen Völkerringen ihrem religiösen Hasse keine Zügel anlegen“238

und daher vom Evangelium Jesu abfielen,239 man selbst vollkommen sachlich bleiben

wolle und auf jede Art von Beleidigung verzichten würde240, um „die letzten Verbin-

dungsfäden nicht zu zerschneiden, welche für die Zukunft geblieben sind […]. Wir dürfen

auch nicht vergessen, daß (sic!) der im Angriffsbuch vertretene Katholizismus nicht den

gesamten französischen Katholizismus darstellt.“ 241 Das beste Beispiel biete hierfür ein

Bischöfe auch auf eine Reaktion, um der Weltgeschichte das Schauspiel eines sich streitenden Episko-

pats zu ersparen. Vgl. Baadte, Universalismus, S. 100; Burkard, Kaiser, S. 57f.; Gatz, Kirche, S. 64. 231 Vgl. Gatz, Kirche, S. 64. Eine Zusammenfassung der Kapitel bietet Lätzel, Kirche, S. 79-83. Bereits

zuvor hatte Alfred Rosenberg unter dem Titel: „Der deutsche Krieg und der Katholizismus. Deutsche

Abwehr französischer Angriffe“ eine Schrift gegen die Vorwürfe verfasst. Vgl. Arnold, Guerre, S. 308. 232 Georg Pfeilschifter (1870-1936). Vgl. Faller, Pfeilschifter, Sp. 1090. 233 Dieser erschien unter dem Titel: „Deutsche Kultur, Katholizismus und Weltkrieg. Eine Abwehr des

Buches `La guerre allemande et le catholicisme´“. Wie La Guerre war es vor allem an neutrale Nationen

gerichtet, weshalb es auch in die Weltsprachen übersetzt wurde. Vgl. Arnold, Guerre S. 308. Eine Zu-

sammenfassung der Artikel findet sich bei Lätzel, Kirche, S. 74-79. 234 Vgl. Gatz, Kirche S. 64f.; Strötz Katholizismus, S. 187. 235 Vgl. Eine Widerlegung der französischen Anschuldigungen, in: MJ 28.06.1915. Zudem erscheinen im

MJ sechs Artikel, die alle mit „Eine französische Anklage und eine deutsche Verteidigung“ überschrie-

ben sind an folgenden Tagen: 29.01.1916; 11.02.1916; 19.02.1916; 23.02.1916; 26.02.1916;

04.03.1916. 236 Vgl. Der deutsche Krieg und der Katholizismus, in: MJ 04.06.1915; Der deutsche Katholizismus im

Weltkriege, in: MJ 09.10.1915. 237 Vgl. Eine neue Abwehrschrift der deutschen Katholiken, in: MJ 06.01.1916. 238 Eine französische Anklage und eine deutsche Verteidigung, in: MJ 23.02.1916. 239 Vgl. Frankreichs im Chauvinismus ertrunkener Katholizismus, in: MJ 30.09.1915. 240 Vgl. „Der deutsche Krieg und die katholische Kirche“ in: MJ 16.03.1915; Der deutsche Krieg und der

Katholizismus, in: MJ 02.06.1915; „Der deutsche Krieg und der Katholizismus“, in: MJ 10.06.1915;

Eine französische Anklage und eine deutsche Verteidigung, in: MJ 29.01.1916. 241 Die Katholiken in Deutschland und Frankreich während des Weltkrieges, in: MJ 15.09.1915.

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französischer Benediktinerpater, der das Buch kritisiert.242 Zudem wird daran erinnert,

dass sehr viele französische Katholiken, auch solche, die La Guerre unterstützen, den

deutschen Kriegsgefangenen gegenüber großartige, versöhnend wirkende Werke der

Caritas ausgeübt hätten.243 Dementsprechend findet sich hier erneut die Mahnung nicht

zu Verallgemeinern. Selbst über die französischen Glaubensgenossen, die die Anklage-

schrift unterstützen, solle nicht zu hart geurteilt werden, da sie in ihrer Jugend Zeugen der

furchtbaren Katastrophe des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 gewesen seien und

sie von Jugend auf nichts anderes gehört hätten, als dass „Frankreich die erstgeborene

Tochter der Kirche“244 sei. Außerdem wird ein Artikel abgedruckt, in dem Kardinal Hart-

mann die Beteiligung seiner Mitbrüder im Episkopat damit verteidigt, dass sie auch durch

die falsche Entente-Presse aufgestachelt worden seien.245

Ebenso findet sich im MJ auch ein Artikel, der das Darmstädter Tageblatt kritisiert, da es

anlässlich des Buches La Guerre Folgendes schreibt: „wo käme es mit der Vaterlands-

liebe hin, wenn man die Herzen der Jugend nicht mehr entflamme zum Hasse gegen un-

sere heimtückischen Feinde.“246 Dagegen wendet das MJ ein, es sei zwar gestattet, „Ent-

rüstung zu haben […], ebenso, den Angreifer so niederzuwerfen, wie es die eigene Si-

cherheit verlangt; aber nie kann gestattet sein der Haß (sic!), das heißt die blindwütige

Sucht, ein Volk, […], wo und wann sich Gelegenheit bietet zu vernichte. […] Insbeson-

dere die katholische Kirche, die Weltkirche, die die Menschen aller Völker, aller Zonen,

aller Farben ihrer erhabenen Bestimmung der Gotteskindschaft entgegenführen soll und

will, kann nie schweigen zur Predigt des Hasses unter den Völkern […] wohl aber kann

der Fall eintreten, daß (sic!) man der Ansicht sein darf, im Interesse der Kirche sei der

Sieg der einen oder anderen Partei wünschenswert, ja notwendig. [...] Die Katholische

Kirche muss gegen den Haß (sic!) protestieren. Hinweg mit der blasphemischen Sprache

vom deutschen Gott, es gibt keinen deutschen Gott. […] Gott ist auch der liebevolle Gott-

vater des armen betörten Franzosenvolkes. […] Echtes Christentum gibt es auch in gal-

lischen, d.h. französischen, in gelben, braunen und schwarzen Menschenherzen. […] alle

sind gleichberechtigte Kinder derselben heiligen Gotteskirche, alle bestimmt zur selben

himmlischen Gottesgemeinde.“247 Dieser Artikel ist kein Einzelfall: Immer wieder betont

das MJ, dass der deutsche Katholizismus es aus Liebe zur katholischen Einheit ablehne

242 Vgl. An die belgischen Katholiken, in: MJ 12.10.1915. 243 Vgl. Die Katholiken in Deutschland und Frankreich während des Weltkrieges, in: MJ 15.09.1915. 244 Eine französische Anklage und eine deutsche Verteidigung, in: MJ 19.02.1916. 245 Vgl. Geistliche Würdenträger ueber den Krieg, in: MJ 12.06.1918. 246 Krieg-Kirche, in: MJ 24.08.1915. 247 Krieg-Kirche, in: MJ 24.08.1915.

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anderen Nationen mit Hass zu begegnen, da dies gegen das Evangelium der christlichen

Liebe wäre.248 Selbst wenn das französische Verhalten dem deutschen Katholizismus

noch so sehr geschadet habe, so dürfe das die deutschen Katholiken nicht von einem ent-

gegengesetzten Handeln abhalten.249 Wenn man auf den Hass gegen andere Völker ver-

zichtet, würde man ganz im Sinne des Papstes handeln. So wird ein Papstschreiben im

MJ veröffentlich, das er an die Bischöfe der Fuldaer Konferenz sendet, in dem es heißt,

dass es keinem Katholiken erlaubt sei „die Handlungen der Katholiken eines anderen

Volkes durch Wort und Schrift in einer Weise herabzusetzen, daß (sic!) sie, wie der Apos-

tel sagt ,einander, herausfordern, einander beneiden‘ und so neuen Zunder zu der Erbit-

terung liefern […] Daher ermahnen Wir alle Katholiken, daß (sic!) sie jede Zwietracht

meiden und durch christliche Bruderliebe miteinander zur Wiederherstellung eines sol-

chen Friedens allesamt beitragen müssen.“250 Ein Beweis für die Menschlichkeit und den

Hassverzicht sieht das MJ darin, dass die Deutschen in den von ihnen besetzten Gebieten

Gelder an hilfsbedürftige Franzosen gespendet hätten.251 Diese vorgestellten Zeitungsar-

tikel sind klare Belege dafür, dass sich der Mainzer Katholizismus dem Gedanken des

Universalismus bewusst und nicht einem übertriebenen Nationalismus verfallen war.

Auch wird es im Mainzer Katholizismus gutgeheißen, dass sich die deutschen Kardinäle,

Erzbischöfe und Bischöfe nicht an der Erwiderung des Buches La Guerre beteiligen. So

sei „das rein politische Ziel und die Art der Polemik über Katholizismus und Weltkrieg

nicht mit der Würde und den Aufgaben des bischöflichen Hirtenamtes vereinbar.“252 Viel-

mehr hätten „die beiden deutschen Kardinäle im Namen des gesamten deutschen Episko-

pats inzwischen durch ihre Beschwerde beim Heiligen Vater den ihnen offenstehenden

und gebotenen Weg beschritten.“253 Hierbei hätten „die deutschen Kirchenfürsten den

ausdrücklichen Wunsch des Papstes vor den Augen, Streitigkeiten zwischen Mitgliedern

der katholischen Hierarchie zu vermeiden. Die deutschen Bischöfe haben stets diese Ver-

haltungsmaßregeln befolgt, auch wenn sie dabei Opfer bringen mußten (sic!).“254

248 Vgl. Der deutsche Krieg und der Katholizismus, in: MJ 04.06.1915; Patriotismus, ein schönes aber auch

viel mißbrauchtes Wort, in: MJ 28.12.1915; Fastenhirtenbrief Georg Heinrichs, in: MJ 19.02.1917. 249 Vgl. Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewegung, in: MJ 28.06.1917. 250 Eine Mahnung des Papstes, in: MJ 27.09.1915. 251 Vgl. Deutsche Hilfstätigkeit im besetzten Frankreich, in: MJ 22.02.1917. 252 Denkschrift deutscher Katholiken gegen das französische Buch „La Guerre allemande et le Catholici-

sme“, in: MJ 18.06.1915. 253 „Der deutsche Krieg und der Katholizismus“, in: MJ 10.06.1915. 254 Geistliche Würdenträger ueber den Krieg, in: MJ 12.06.1918.

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Die Berichterstattung des MJ in Bezug auf das Buch La Guerre verdeutlicht, dass im

Mainzer Katholizismus der Gedanke des Universalismus auch im Weltkrieg noch veran-

kert war. Die Reaktion des Mainzer Katholizismus unterscheidet sich hierbei nicht we-

sentlich von der des übrigen bereits untersuchten deutschen Katholizismus. So überwie-

gen die Stimmen, die dazu auffordern, die Reaktion auf La Guerre solle nicht in gleicher

polemischer Weise ausfallen, in der das Buch verfasst sei. Vielmehr wird betont dem

Feinde Nächstenliebe statt Hass entgegen zu bringen. Gleichwohl gibt es auch ein paar

spitze Andeutungen, die darauf abzielen sich selbst als moralisch besser darzustellen, in-

dem darauf hingewiesen wird, dass man im Gegensatz zu den französischen Katholiken

die Grundsätze der Christenheit und des Papstes beherzige.

4.3 Die Kathedrale von Reims

Zwischen dem 4. und 12. September besetzten die deutschen Truppen die französische

Stadt Reims, ohne dass dabei die Kathedrale, die als Symbol für das katholische Frank-

reich galt, 255 beschädigt wurde. Mitte September mussten die Deutschen sich allerdings

bis auf einige Kilometer nördlich von Reims zurückziehen. Am 19. September beschoss

die deutsche Artillerie die Kathedrale. Dadurch fingen die Gerüste an der Westfassade

und das Dach Feuer, wodurch zahlreiche Skulpturen und mittelalterliche Glasfenster zer-

stört wurden. Die Deutschen behaupteten, sie hätten die Kathedrale nur beschossen, da

die Franzosen Artillerie in ihrer Nähe stationiert hätten und die Türme der Kathedrale als

Beobachtungs- und Winkerstation benutzt hätten, was der Erzbischof von Reims

Luçon256 verneinte.257 Auch im weiteren Verlauf des Krieges rechtfertigten die Deutschen

die Beschießungen der Kathedrale mit dem Vorwurf die Franzosen würden in ihrer Nähe

Artillerie aufstellen und die Kathedrale als Beobachtung und Winkerstation missbrau-

chen.258 Im Folgenden wird analysiert, wie sich der Mainzer Katholizismus im Vergleich

zu dem übrigen deutschen Katholizismus zu der Beschießung der Kathedrale von Reims

verhielt.

255 Die dortige aus dem 13. Jahrhundert stammende Kathedrale war der Krönungsort der französischen

Könige und hatte damit einen großen Symbolwert für den französischen Katholizismus. Vgl. Greschat,

Christenheit, S. 25; Horne, Reims, S. 790; Meseberg-Haubold, Widerstand, S. 79. 256 Louis-Henri-Joseph Kardinal Luçon (1842-1930) war ab 1906 Erzbischof von Reims. Vgl. Lohmann,

Lucon, Sp. 308. 257 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 285. Laut Horne war in der Nähe Kathedrale keine französische Artillerie

stationiert. Dass die Türme als Beobachtungstürme genutzt worden seien, könne dagegen zugetroffen

haben. Allerdings hätte es sich dabei auch um zivile Schaulustige handeln können. Vgl. Horne, Reims,

S. 790. 258 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 285-293.

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4 Die Causa Frankreich

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4.3.1 Der deutsche Katholizismus und die Kathedrale von Reims

Kardinal Hartmann hatte schon durch den Verzicht der direkten Antwort auf die Schrift

La Guerre zum Ausdruck gebracht, dass die nationale Begeisterung der deutschen Bi-

schöfe durchaus seine Grenzen kannte. Noch deutlicher ist dies in seinem Einsatz für die

Kathedrale von Reims zu erkennen. Ihre Beschießung konnte er zwar anfangs, aber nicht

dauerhaft verhindern.259 Wie sich andere Gruppierungen im deutschen Katholizismus zu

der Beschießung der Kathedrale äußern, ist bisher nicht erforscht worden.

4.3.1 Der Mainzer Katholizismus und die Kathedrale von Reims

Über die Beschießung der Kathedrale von Reimes wird im MJ zum ersten Mal am 22.

September 1914 berichtet. Der Dom sei bei der Beschießung der Stadt geschont worden,

trotzdem seien die Türme des Doms in Rauch gehüllt, da er „insgesamt während der

dreitägigen Beschießung achtmal getroffen wurde. Der Schaden [sei] aber sehr gering-

fügig.“260 Auch einen Tag später schreibt das MJ, dass man es sehr bedauern würde, wenn

der alte prächtige Dom in Reims bei der Beschießung beschädigt würde, und so würde

man die Kathedrale nach Möglichkeit schonen. „Wenn die Franzosen aber ihre Geschütze

bei dem kostbaren Bauwerk aufstellen und es als Deckung nutzen, dann hört die Mög-

lichkeit der Schonung auf und die Franzosen üben selbst den Vandalismus aus, den sie

den Deutschen vorwerfen. […] Kostbarer als das Bauwerk ist uns das Menschenle-

ben.“261 In der Folgezeit erscheinen immer wieder Artikel, die beschreiben, dass die Ka-

thedrale nur geringfügige Schäden erlitten habe und man nur gezwungenermaßen die Ka-

thedrale beschieße, da die Franzosen vor der Kathedrale Artillerie zur Beschießung deut-

scher Truppen aufgestellt hätten und die Türme als Signal- sowie Beobachtungsstationen

missbrauchen würden. Alleinige Schuld an der Zerstörung der Kathedrale trügen daher

die Franzosen selbst.262 Außerdem veröffentlicht das MJ einen Artikel, in dem es sarkas-

tisch feststellt, dass es sonderbar sei, mit welchem Eifer nun auf einmal Frankreich auf

259 Am 20.05.1915 bat Kardinal Hartmann auf Wunsch des Papstes Kaiser Wilhelm II. bei einer Beschie-

ßung Reims Rücksicht auf die Kathedrale zu nehmen. Die deutsche Führung sicherte Hartmann zu von

einer Beschießung der Kathedrale abzusehen, wen diese nicht zu militärischen Zwecken miss braucht

würde. Anfang Mai 1917 bekam Hartmann die Nachricht, die Kathedrale sei erneut bombardiert wor-

den. Auf seine Nachfrage hin, wurde dies damit begründet, dass die Franzosen bei ihrer Frühjahrsof-

fensive in der Nähe der Kathedrale Geschütze aufgestellt hätten. Zudem seien ab Anfang Oktober 1917

ihre Türme zu Beobachtungs- und Meldezwecken missbraucht worden. Am 7. November sei sogar eine

Antenne und am 4. Dezember eine Blinkstation eingerichtet worden. Die Franzosen seien daher selbst

Schuld, wenn die Kathedrale zerstört würde. Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 285-293. 260 Die Beschießung von Reims, in: MJ 22.09.1914. 261 Die Beschießung von Reims u. das Schicksal der Kathedrale, in: MJ 23.09.1914. 262 Vgl. Die Kathedrale von Reims steht noch, in: MJ 24.09.1914; Eine vernünftige italienische Stimme,

in: MJ 24.09.1914; Die Kathedrale in Reims, in: MJ 25.09.1914; Der Dom von Reims, in: MJ

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den Schutz seiner Kirchen bedacht sei. Seit Jahren hätten die Franzosen nicht das ge-

ringste Interesse für ihre Kirchen gezeigt und sie größtenteils nicht kirchlichen Zwecken

zugeführt, manche seien sogar als Pferdestall missbraucht worden.263 Das Thema der Be-

schießung der Kathedrale von Reims wird im MJ dann erst im April 1918 wieder im Zuge

des deutschen Rückzuges virulent. Erneut wird das Bedauern darüber zum Ausdruck ge-

bracht, aber die Kathedrale sei zum wiederholten Mal zu militärischen Zwecken miss-

braucht worden.264

Der Mainzer Katholizismus protestiert im Gegensatz zu Hartmann nicht gegen die Be-

schießung der Kathedrale. Er glaubt und verbreitet die von der Regierung propagierte

Begründung, dass die Franzosen selbst Schuld seien, wenn die Kathedrale beschädigt

würde, da sie den Dom zu militärischen Zwecken missbrauchen würden. Kostbarer als

Bauwerke seinen nun einmal Menschenleben. Allerdings bringt der Mainzer Katholizis-

mus wie schon im Fall Löwens sein Bedauern mehrmals zum Ausdruck, was auf eine

gewisse Verbundenheit mit den französischen Glaubensbrüdern schließen lassen kann.

26.09.1914; Der Dom von Reims, in: MJ 28.09.1914; Der Dom zu Reims, in: MJ 29.09.1914; Zur

Kriegslage, in: MJ 30.10.1914; Ein Gespräch mit dem preußischen Gesandten beim Vatikan, in: MJ

09.11.1914; Die Kathedrale von Reims, in: MJ 15.11.1915; Zerstörung von Kunstschätzen, in: MJ

27.11.1914; Der Dom von Reims, in: MJ 02.11.1914. 263 Vgl. Frankreich und seine Kirchen, in: MJ 08.10.1914. 264 Vgl. Die Schuld, in: MJ 06.04.1918; Die Beschießung von Reims, in: MJ 23.04.1918.

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5 Die Causa Italien

Obwohl Italien seit 1882 mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich in einer Alli-

anz verbunden war, erklärte es am 3. August 1914 seine Neutralität. Seitdem bemühten

sich beide kriegsführenden Parteien durch territoriale Zugeständnisse Italien für sich zu

gewinnen. Im April 1915 unterzeichnete das Königreich Italien einen Geheimpakt mit

der Entente und erklärte am 23. Mai 1915 den Habsburgern sowie am 28. August 1916

dem Deutschen Reich den Krieg.265 Der Kriegseintritt Italiens stellte die deutschen Ka-

tholiken vor die Herausforderung ihren Einsatz im Weltkrieg zu legitimieren, da Italien

eine traditionell katholische Nation war266 und nach wie vor die katholische Kirche eine

entscheidende Rolle in Italien spielte.267 Vor allem zwei Argumente werden hier vom

deutschen Katholizismus verwendet: Erstens: Durch den Krieg könne die Römische

Frage zugunsten des Papstes gelöst werden und zweitens: Man führe den Krieg lediglich

gegen die Freimaurerregierung Italiens. Dies wird im Folgenden weiter ausgeführt.

5.1 Die Lösung der Römischen Frage

Als Römische Frage wird der von 1870 bis 1929 andauernde Konflikt zwischen katholi-

scher Kirche und italienischem Staat bezeichnet, in dem es einerseits um den Status Roms

als Hauptstadt und andererseits um die staatsrechtliche Stellung des Vatikans in Rom

ging.

Die national-liberale italienische Einigungsbewegung (Risorgimento) hatte bereits seit

den 1830er Jahren die Forderung nach der weltlichen Herrschaft über Rom vertreten, da

sie die „Ewige Stadt“ als die natürliche Hauptstadt des italienischen Königreiches ansah.

Dagegen wehrte sich der damalige Papst Pius IX. Bis 1870 sicherte eine französische

Garnison die päpstliche Herrschaft im noch verbliebenen Kirchenstaat (Latium mit der

Stadt Rom). Doch als die französischen Truppen im Sommer 1870 im Zuge des Deutsch-

Französischen Krieges nach Frankreich abberufen wurden, konnte das italienische Heer

ohne nennenswerten Widerstand Rom einnehmen und die weltliche Herrschaft des Papst-

tums dort beenden sowie den Kirchenstaat in den seit 1861 bestehenden Nationalstaat

Italien integrieren. Im folgenden Jahr wurde die italienische Hauptstadt von Florenz nach

Rom verlegt und ein Garantigesetz von der italienischen Regierung erlassen, welches von

Pius IX. als ungenügend abgelehnt wurde, obwohl es dem Pontifex Souveränitätsrechte,

265 Vgl. Berghan, Weltkrieg, S. 40f.; Greschat, Kirchen, S. 105; Lätzel, Kirche, S. 152. 266 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 121. 267 Vgl. Greschat, Christenheit, S. 45.

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freie Ausübung seines geistlichen Amtes, eine jährliche Vergütung, eine diplomatische

Vertretung sowie die Benutzung der vatikanischen Paläste, Gärten und anderen Gebäude

versicherte. Überdies erklärte sich der Papst zum Gefangenen im Vatikan und forderte

die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papsttums. Auch die nachfolgenden

Päpste versuchten die Wiedererrichtung des Kirchenstaates zu erreichen. Endgültig ge-

klärt wurde die Römische Frage erst unter Pius XI. durch die 1929 geschlossenen La-

teranverträge mit der faschistischen Regierung Italiens unter Benito Mussolini. Rom

wurde hierbei von der katholischen Kirche als Hauptstadt Italiens anerkannt. Im Gegen-

zug garantierte die italienische Regierung dem Vatikan als Vatikanstadt die volle staatli-

che Souveränität und politische Unabhängigkeit.268

5.1.1 Der deutsche Katholizismus und die Lösung der Römischen Frage

Der Deutsche Katholizismus legitimierte den Krieg gegen Italien damit, dass man mit

einem Sieg über Italien etwas zur Verbesserung der Lage des Papsttums beitragen

könne.269 So sah man eine Möglichkeit die Römische Frage zu Gunsten des Papstes zu

entscheiden und den Papst somit wieder zu einem Souverän mit eigenen Territorien zu

machen.270 Immer wieder wurde erörtert, wie die territoriale, die rechtliche und die finan-

zielle Situation des Papstes verbessert werden könne.271 Dabei kam den deutschen Ka-

tholiken entgegen, dass das Königreich Italien im Londoner Geheimvertrag (26. April

1915)272, bei dem es einen Kriegseintritt auf Seiten der Entente zusagte, in Artikel 15

seine künftigen Bündnispartner dazu verpflichtete, jedwede Beteiligung des Papstes an

Friedensverhandlungen oder auch nur den Einfluss auf die künftige Friedensordnung zu

verhindern.273 Auch die Fuldaer katholische Presse äußert die Hoffnung durch den Krieg

die Stellung der Kirche und des Papsttums in Deutschland und der ganzen Welt zu ver-

bessern sowie die Italienische Frage zugunsten des Papstes entscheiden zu können und

den Kirchenstaat in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen.274

268 Vgl. Gelmi, Römische Frage, Sp. 1286f. 269 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 134; Loth, Katholiken, S. 286. 270 Vgl. Hürten, Kirche, S. 729. 271 Vgl. Lutz, Demokratie, S. 44; Strötz, Katholizismus, S. 192. 272 Vgl. Maron, Kirche, S. 214. 273 Bereits 1899 und 1907 verhinderte Italien, dass der Heilige Stuhl zu Haager Friedenskonferenzen ein-

geladen wurde, da es ihn als italienischen Staatsbürger und Untertan des Königreichs Italien ansah. Vgl.

Hürten, Kirche, S. 726. An den Friedensverhandlungen am Ende des Ersten Weltkrieges war der Papst

dann tatsächlich auf Wunsch der italienischen Regierung nicht beteiligt. Vgl. Lätzel, Kirche, S. 172. 274 Vgl. Göbel, Katholiken, S.77f.; 121ff.

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5.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Lösung der Römischen Frage

Bis zum Kriegsbeitritt Italiens betont das MJ regelmäßig, wie sich durch den Krieg die

Stellung des Papsttums gebessert habe. So würden sogar die Protestanten schreiben, dass

mit dem Krieg ein Wachstum der päpstlichen Macht und eine Festigung seiner Stellung

einhergehen275. Dies sei vor allem darin erkennbar, dass nun wieder zahlreiche, dem Va-

tikan eigentlich fern stehende Staaten, unter anderem auch das kirchenfeindliche Frank-

reich, das orthodoxe Russland, aber auch Japan und England diplomatische Beziehungen

zum Vatikan aufnehmen wollen. Durch den Weltkrieg sei das Papsttum längst nicht mehr

eine bloße moralische Instanz, sondern ein gewichtiger politischer Faktor geworden.276

So sei der „Papst heute die meist umworbene Persönlichkeit“277 und Rom wieder caput

mundi.278

Doch dies änderte sich mit dem drohenden Kriegseintritt Italiens. Bereits wenige Monate

vor der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn erscheinen Artikel, die sich mit

der Römischen Frage auseinandersetzen und auf die Lückenhaftigkeit des italienischen

Garantigesetzes von 1871 sowie auf die vielen unklaren Fragen bezüglich des Papsttums

hinweisen. 279 Wie der Mainzer Katholizismus zur Römischen Frage und dem Garantie-

gesetz von 1871 steht, verdeutlicht ein Artikel, in dem es heißt: „Der päpstliche Stuhl hat

dies Gesetz aber nie anerkannt, vielmehr wiederholt gegen den Rechtsbruch und die Be-

raubung der Kirche Protest erhoben, so daß (sic!) ein Rechtsverhältnis auf Grund des

Garantiegesetzes zwischen dem italienischem Staate und dem Heiligen Stuhle nicht be-

steht, rechtlich vielmehr das Verhältnis des Papstes zum König von Italien hinsichtlich

des Kirchenstaates das eines seiner territorialen Souveränität beraubten Herrschers zu

einem Usurpator ist.“280 Da der Papst das Garantiegesetz nicht anerkannt hat, könne es

allerdings auch jederzeit von der italienischen Regierung zurückgezogen werden und

biete daher als einseitige Abmachung keine Grundlage zum Erheben von Rechtsansprü-

275 Vgl. Die Stellung des Papstes, in: MJ 07.01.1915. 276 Vgl. Die gegenwärtige Stellung des Heiligen Stuhles, in: MJ 17.02.1915; Der Heilige Stuhl und der

Weltkrieg, in: MJ 08.4.1915; Der Papst im Völkerkrieg, in: MJ 09.04.1915; Papst Benedikt XV. und

der Weltkrieg, in: MJ 24.03.1915; Der wahre Friedensfürst, in: MJ 11.05.1915; Rom. Anerkennung des

Papsttums, in: MJ 17.07.1915; Weltkrieg, Weltfriede und Papsttum, in: MJ 15.09.1915; Papst Benedikt

XV., in: MJ 02.09.1916. 277 Papst Benedikt XV., der Krieg und Italiens Neutralität, in: MJ 30.01.1915. 278 Vgl. Die Kurie und der Weltkrieg, in: MJ 03.05.1915. 279 Vgl. Stellung der Kurie bei einem Kriege Italiens, in: MJ 25.03.1915; Die Lage des Heiligen Stuhls, in:

MJ 24.04.1915; Die Souveränität des Hl. Stuhles in einem italienischen Krieg, in: MJ 24.04.1915; Die

Sorge des Heiligen Stuhles, in: MJ 08.05.1915; Italien und der Heilige Stuhl, in: MJ 15.05.1915. 280 Italien und der Heilige Stuhl, in: MJ 15.05.1915.

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chen, weder durch den Vatikan noch durch einen anderen Staat. Diese Lücken- und Man-

gelhaftigkeit des bisherigen Garantiegesetzes werde durch die zahlreichen sich stellenden

Fragen verdeutlicht, die durch den Ersten Weltkrieg offen gelegt geworden seien. So ist

ungeklärt, ob „die italienische Regierung, falls sie zum Kriege sich entschließt, das Ga-

rantiegesetz noch weiter als sie verpflichtende anerkennen [wird]? Wird sie die Exterri-

torialität des Papstes und damit auch das Recht der beim Vatikan beglaubigten Gesand-

ten auf Exterritorialität respektieren? Wird sie vor allem der persönlichen Freiheit des

Papstes, seinem Rechte als Oberhaupt der Kirche mit all seinen Bischöfen in Verbindung

zu treten, keine Schranken auferlegen?“281 Auch sei in den Gesetzen nichts „über die

große Anzahl von Personen der verschiedensten Staatsangehörigkeiten vorgesehen, die

als Prälaten, Beamte oder Hofwürdenträger zur Kurie oder zum päpstlichen Hofe gehö-

ren, ihren Wohnsitz, oft auch ihren Amtssitz aber nicht in dem exterritorialen vatikani-

schen Gebiet, sondern in der Stadt Rom haben. In welcher Weise garantiert beispiels-

weise Italien im Falle eines Kriegs die Unverletzlichkeit der Prälaten des internationalen

Gerichtshofes, der Rota, der Protonotare „di numero“, der päpstlichen Kammerherren,

der Ordensgenerale und -prokuratoren und aller sonstigen derartigen Kurialbeamten,

soweit diese nach ihrer Staatszugehörigkeit Bürger jener Staaten sind, mit denen Italien

in den Kriegszustand eintreten würde [….] Doch nicht nur persönliche Fragen kommen

hier in Betracht, sondern auch materielle. […] Ebenso wie die Nationalstiftungen ist auch

das Vermögen der nationalen Ordenskongregationen im Kriegsfall in einem völligen Ex

lex-Zustand“282.

Nach dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente werden nun genau diese Fragen

immer wieder aufgegriffen, um die Kirchen- und Papstfeindlichkeit der italienischen Re-

gierung zu verdeutlichen und auf die Mangelhaftigkeit des bisherigen Garantiegesetzes

hinzuweisen. Das italienische Garantiegesetz sei völlig wertlos und die Lage des Heiligen

Stuhls unhaltbar geworden. 283 So hätten mit dem Tag der Kriegserklärung die Rechte des

Papstes faktisch aufgehört zu existieren. Benedikt XV. könne sein Hirtenamt nun nicht

mehr ungestört ausüben und die Kirche unbehindert regieren, da er nicht mehr in der Lage

sei mit den Gläubigen im Ausland frei zu verkehren und die italienische Regierung allen

281 Italien und der Heilige Stuhl, in: MJ 15.05.1915. 282 Lage des päpstlichen Stuhles im Kriegsfalle, in: MJ 22.05.1915. 283 Der Papst selbst bezeichne den jetzigen Stand der Römischen Frage als unhaltbar und ungenügend. Vgl.

Die Ansprache des Hl. Vaters Papst Benedikt im Konsistorium, in: MJ 08.12.1915; Die Friedensrede

Papst Benedikts XV., in: MJ 09.12.1915; Die Ansprache des Heiligen Vaters im Konsistorium am 6.

Dezember, in: MJ 14.12.1915.

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Verkehr mit den Mittelmächten abgeschnitten habe. Gerade aber für die katholische Kir-

che als Universalkirche ist es „einleuchtend, daß (sic!) sowohl die Staaten, als auch die

katholischen Bürger in einem ständigen und ununterbrochenen Verkehr mit der Kurie

und mit dem Papst stehen müssen.“284 Nach der Kriegserklärung Italiens aber hätten der

preußische und bayrische Gesandte beim Heiligen Stuhle, der österreichische Botschafter

sowie alle am Vatikan lebenden Geistlichen der sich mit Italien im Krieg befindenden

Länder Rom und die Kurie verlassen müssen, da sie sich dort nicht mehr sicher fühlten.

Das habe beispielsweise auch den Generalabt der Benediktiner Freiherr von Stotzingen

betroffen.285 Des Weiteren sei ein telegraphischer Verkehr mit dem Vatikan für die Mit-

telmächte nur noch bedingt möglich, der Postverkehr sogar vollkommen unterbrochen.

Auch der diplomatische Kurier darf seit der vollkommenen italienisch-schweizerischen

Grenzsperrung nun nicht mehr verkehren. „So ist es einem großer Teil der katholischen

Bevölkerung unmöglich mit dem Papst in Kontakt zu treten, […] nicht einmal das offizi-

elle Amtsblatt des Hl. Stuhles („Acta Apostolicae Sedis“), oder das offiziöse vatikanische

Blatt „Osservatore Romano“ können aus Italien herauskommen, und so sind die unent-

behrlichen Beziehungen zwischen dem Vatikan und einem großen Teil des Episkopates

und den Gläubigen unterbunden“286. Zudem sei der päpstliche Nachrichtenverkehr einem

Zensus unterlegen. Es würden Briefe geöffnet287 und päpstliche Kundgebungen im Os-

servatore Romano zensiert.288 Ebenfalls seien vielfach Briefe und Telegramme der Kurie

von den italienischen Behörden zurückgehalten und unterschlagen worden, selbst mit

amtlichen Kundgebungen des Papstes sei so verfahren worden.289 Beispielsweise sei

„eine Depesche an den päpstlichen Nuntius in München nicht angekommen, die aller

Wahrscheinlichkeit nach von italienischer Zensur zurückgehalten wurde.“290

Gleichsam sei die finanzielle Lage des Papstes auf Grund der Annexion des Kirchenstaats

gefährdet. Denn der Papst benötige jährlich eigentlich circa 7,2 Millionen Lire, bekam

284 Die Stellung des Papstes, in: MJ 18.08.1915. 285 Vgl. Das Papsttum im Kriege, in: MJ 27.05.1915; Abreise der deutschen Gesandten beim Vatikan, in:

MJ 28.05.1915; Die augenblickliche Lage des Papsttums in Rom, in: MJ 29.05.1915; Die Gesandten

beim Vatikan, in: MJ 29.05.1915; Die Römische Frage, in: MJ 04.11.1915; Bedrohliche Gestaltung der

Lage des Papstes, in: MJ 22.01.1916. 286 Der Papst als Gefangener im Vatikan, in: MJ 28.11.1917. Die Acta Apostolicae Sedis seien seit 1. Januar

1916 nicht mehr an die bischöflichen Ordinariate in Deutschland weitergeleitet worden. Vgl. Kirchliche

Nachrichten, in: MJ 16.04.1916. 287 Vgl. Die Römische Frage, in: MJ 26.06.1915; Die Freiheit der Meere und die Freiheit des Papstes, in:

MJ 02.10.1916. 288 Nach dem Kriegseintritt Italiens wurde der Osservatore Romano, wie jede andere italienische Zeitung

auch, der Pressezensur unterzogen. Vgl. Pollard, Pope, S. 100. 289 Vgl. Die Römische Frage, in: MJ 04.11.1915. 290 Die finanzielle Lage des Papstes, in: MJ 14.09.1915.

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aber von italienischer Seite in den Garantiegesetzen nur 3,5 Millionen angeboten. Auch

hier sei demnach die unabhängige und freie Ausübung des päpstlichen Amtes einge-

schränkt. Wenn also, wie man hoffte, nach dem Weltkrieg die Römische Frage einer be-

friedigenden Lösung zugeführt werden solle, müsse dabei auch der materielle Aspekt be-

dacht werden.291

Dabei wird den Mainzer Katholiken suggeriert, dass sie gegen Italien in den Krieg ziehen,

um die Stellung des Papsttums in der Welt zu verbessern und die Römische Frage zu

seinen Gunsten zu entscheiden.292 Dies wird besonders in folgenden drei Artikeln deut-

lich. Erstens „Darum ist es die Pflicht aller Katholiken, darauf hinzuarbeiten, daß (sic!)

Rom seinem rechtmäßigen Besitzer, dem Papsttum, zurückgegeben wird. Hierdurch wird

das Unrecht, das vor 45 Jahren begangen wurde, wieder gut gemacht. […] Alle Katholi-

ken der Welt setzten ihre Hoffnung auf Deutschland und Oesterreich und wünschen, daß

(sic!) es den Heeren dieser beiden Mächte gelingen wird, das Haupt der katholischen

Kirche wieder in den Besitz seines Eigentumes zu setzten […] der Sieg Italiens [würde]

auch den Sieg der Feinde des Christentums bedeuten“293. Zweitens: „Hoffentlich wird

aber die Lösung der Römischen Frage nicht von Italien, sondern von anderer Seite dik-

tiert, und aus diesem Grunde wünschen wir den beiden Kaiserreichen einen glorreichen

Sieg auf allen Punkten.“294 Drittens: „durch unseren Sieg soll auch dem Vater der Chris-

tenheit Recht und Gerechtigkeit teil werden, daß (sic!) die Siegesglocken, wenn sie einmal

läuten werden, auch den Sieg seiner Sache verkünden werden. Der Hl. Vater will nicht,

daß (sic!) um seinetwillen der Krieg nur einen Tag länger dauert; es soll kein Schuß (sic)

mehr abgegeben werden, um seiner Sache zum Siege zu verhelfen. Aber wir wollen zu

Gott bitten, er möge es fügen, daß (sic!), wenn wieder Weltfrieden ist, auch […] der

Papst, frei sei.“295 Obgleich hier zugegeben wird, der Papst wolle nicht, dass man seine

Rechte mit Waffengewalt erzwinge, wird doch der Weltkrieg vom Mainzer Katholizis-

mus dadurch verteidigt, auch für eine Verbesserung der Lage des Papsttums zu kämpfen.

Ganz in diesem Sinne ist auch in einem anderen Artikel zu lesen, dass Benedikt XV. zwar

nicht wolle, dass der Krieg für die Rechte des Papsttums weitergeführt werde, aber es

bedarf nun einmal der Korrektur des Garantiegesetztes. Es könne dem Papst allerdings

291 Vgl. Dies und das, in: MJ 05.06.1915; Die finanzielle Lage des Papstes, in: MJ 14.09.1915; Die finan-

zielle Unabhängigkeit des Heiligen Stuhles, in: MJ 02.11.1915. 292 Vgl. Die Stellung des Papstes, in: MJ 18.08.1915; Die Lage des Papstes in dem gegenwärtigen europä-

ischen Kampfe, in: MJ 08.10.1915. 293 Die Römische Frage, in: MJ 16.06.1915. 294 Die Einigung Italiens, in: MJ 03.07.1915. 295 Papst und Weltkrieg, in: MJ 22.04.1916.

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lediglich mit Waffengewalt zu seinem Recht verholfen werden.296 Vorsichtiger formuliert

es Bischof Kirstein in seinen Hirtenbriefen. In diesen ruft er nicht zu Waffengewalt, son-

dern zum Gebet für den von Feinden umringten Papst auf, dass Gott ihn aus dieser Lage

errette, beschütze und Benedikt XV. noch „die Wiederherstellung der Freiheit des päpst-

lichen Stuhles erleben lasse“.297 Damit wählt er das Mittel, das Benedikt XV. erlaubt,

nämlich das Gebet.298

Daneben fordert das MJ unablässig die Internationalisierung der Römischen Frage, da die

katholische Kirche eine Weltkirche sei und daher „nicht bloß 35 Millionen Italiener, son-

dern 270 Millionen Katholiken daran unmittelbar beteiligt sind.“299 Es sei Aufgabe der

internationalen Diplomatie, die völlige Unantastbarkeit und Unabhängigkeit des Papstes

als „wirklichen weltlichen Souveränität mit Gebietshoheit über irgendein Territorium“300

zu gewährleisten und ihn nicht dem Belieben des Königreiches Italien zu überlassen.301

Die Berechtigung dieser Forderung ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass auch viele nicht

katholische Kreise für die völlige Freiheit des Papstes eintreten würden.302

Die Zeitungsartikel, die die Römische Frage betreffen, verdeutlichen demnach, dass die

Mainzer Katholiken ihr nationales Engagement quasi damit rechtfertigen, die Universa-

lität der Kirche schützen zu müssen. Damit der Katholizismus seinen länderübergreifen-

den Charakter wahren könne, müsse Italien besiegt werden, um die Römische Frage zu

Gunsten des Papsttums entscheiden zu können. Durch den Ersten Weltkrieg scheint end-

lich das machbar, was die Ultramontanen seit 1871 unablässig gefordert hatten. Der

Mainzer Katholizismus argumentiert demnach wie der bisher erforschte Katholizismus.

Der Tatsache, dass der Papst nicht will, dass für seine Sache der Krieg weitergeführt wird,

wird wenig Beachtung geschenkt. Obgleich sich zumindest Bischof Kirstein nur für das

296 Vgl. Franz Ehrle S. J. zur Lösung der Römischen Frage, in: MJ 26.09.1916. Der Jesuit Franz Ehrle

(1845 -1934, ab 1922 auch Kardinal) war bis 1914 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek. Während des

Ersten Weltkrieges war er Chefredakteur und Herausgeber der katholischen Zeitschrift: „Stimmen aus

Maria Laach“. Vgl. Holtzmann, Ehrle, S. 360. 297 Georg Heinrich: Fastenhirtenbrief, in: MJ 07.03.1916. Auch in seinem „Hirtenschreiben des Hochwür-

digen Herrn Bischofs Dr. Georg Heinrich Kirstein betr. die Feier der Herz-Jesu-Festes“ in: MJ

05.06.1915 ruft er lediglich zum Gebet auf. 298 Um die Haltung Kirsteins zu untersuchen, würde sich eine Studie anbieten, die seine während des Ersten

Weltkrieges gehaltenen Predigten analysiert. 299 Die Römische Frage, in: MJ 04.11.1915. 300 Die Forderung nach Lösung der Römischen Frage, in: MJ 17.10.1916. 301 Vgl. Die „Römische Frage“, in: MJ 05.06.1915; Die Römische Frage, in: MJ 26.06.1915.; Die völker

rechtliche Stellung des Papstes, in: MJ 09.07.1915; Die Sicherung der Unabhängigkeit des Heiligen

Stuhles, in: MJ 03.01.1916; Bedrohliche Gestaltung der Lage des Papstes, in: MJ 22.01.1916; Die Rö-

mische Frage und die Pflicht der Katholiken aller Nationen, in: MJ 08.03.1916; Dies und das, in: MJ

11.11.1916. 302 Vgl. Der Papst und die kriegsführenden Mächte, in: MJ 26.06.1915; Die Römische Frage, in: MJ

26.06.1915.

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Gebet und nicht für die Weiterführung eines Kampfes zur Verbesserung der Lage des

Papstes einsetzt. Auch wird der Wunsch Benedikts XV. nicht einfach verschwiegen, son-

dern erwähnt. Dies sollte wohl den Friedenswunsch des Papstes, auf den im folgenden

Kapitel eingegangen wird, hervorheben.

5.2 Die Befreiung des italienischen Volkes von der kirchenfeindlichen Frei-

maurerregierung

Im Folgenden soll das Argument des deutschen Katholizismus, man führe den Krieg nur

gegen die von Freimaurern durchdrungene Regierung Italiens, nicht aber gegen die ka-

tholische Bevölkerung des Königreiches näher beleuchtet werden.

5.2.1 Der deutsche Katholizismus und die Befreiung des italienischen Volkes von der

kirchenfeindlichen Freimaurerregierung

Das zweite Argument, mit dem der deutsche Katholizismus seinen Einsatz im Ersten

Weltkrieg gegen Italien legitimiert, ist, dass das italienische Volk den Krieg nicht gewollt

habe, sondern durch die kirchenfeindliche von Freimaurern durchdrungene Regierung zu

einem Krieg gezwungen worden sei. Die italienischen Katholiken lehnten einen Kriegs-

eintritt Italiens sogar ausdrücklich ab. Man führe den Krieg, um die Katholiken Italiens

von eben dieser Regierung zu befreien.303 Auch die Fuldaer Katholiken argumentieren

auf diese Weise.304

5.2.2 Der Mainzer Katholizismus und die Befreiung des italienischen Volkes von der

kirchenfeindlichen Freimaurerregierung

Schon vor dem Eintritt Italiens in den Weltkrieg schildert das MJ, dass es im neutralen

Italien zwei Strömungen gebe. Einerseits die Prodeutsche und andererseits die Antideut-

sche. Diejenigen, die gegen das Deutsche Reich agitieren würden, seien die Freimaurer.

„Mit vielem Geld unterstützen die Freimaurer, die die gehässigsten Feinde des Christen-

tums sind, die deutschfeindlichen Zeitungen.“305 Unablässig erscheinen Artikel, die be-

haupten, dass die italienischen Katholiken deutschlandfreundlich seien und entweder an

der Seite der Mittelmächte kämpfen oder zumindest wohlwollende Neutralität wahren

303 Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass dies wahrscheinlich nicht so war. Zwar distanzierten sich

die Katholiken Italiens zunächst vom Weltkrieg. Doch spätestens seit Ausbruch des Krieges unterstütz-

ten sie den Weltkrieg vorbehaltlos. Auch die Kirchenhierarchie zeigte sich patriotisch. Vgl. Greschat,

Christenheit, S. 46; Pollard, Pope, S. 102f.; Stevenson, Weltkrieg, S. 345. 304 Vgl. Göbel, Katholiken, S.121-124; 142. 305 „Thron und Altar“. Apologetischer Vortrag, in: MJ 20.11.1914.

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wollten,306 während die demokratischen Parteien, die von den Freimaurern durchdrängt

seien, versuchen würden mit allen Mitteln Italien gegen den Willen des Volkes zu einem

Krieg gegen die Mittelmächte zu drängen.307 Dass das MJ dabei grundsätzlich eine ita-

lienfreundliche Haltung einnimmt, beweisen Artikel, die das Königreich gegen die deut-

schen Stimmen verteidigt, die Italien dafür kritisieren, dass sie nicht an der Seite der Mit-

telmächte in den Krieg eintreten.308

Die Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn wird vom MJ heftig kritisiert. Es stellt

sie als Treuebruch, wie ihn in der Geschichte zuvor noch nie gegeben hat, dar.309 Doch

von Anfang an unterscheidet das MJ, wie in Frankreich, auch in Italien zwischen dem

Volk auf der einen und der Regierung auf der anderen Seite. Es erscheinen fast täglich

Artikel, die den Kriegseintritt Italiens damit begründen, dass es den italienischen Frei-

maurern durch „Unterwühlung (sic!) der öffentlichen Meinung in Italien, Druck auf die

Regierung und Aufpeitschen der italienischen Bevölkerung […] gegen Deutschland und

Oesterreich (sic!)“310 gelungen sei „die Regierung und den Koenig (sic!) in den vergan-

genen Woche ins Bockshorn zu jagen und ihr, wenn sie sich nicht für den Krieg gegen

Oesterreich (sic!) erkläre, mit der Empörung des Volkes zu drohen“311. Der Hass gegen

Österreich als älteste Monarchie und Personalisierung der Theokratie sowie die Abnei-

gung gegen das Papsttum seien die Ursachen für das Handeln der antiklerikalen italieni-

schen Freimaurerlogen,312 denn „[d]en Weltkrieg halten sie [die Freimaurer] für die

beste Gelegenheit, die Menschheit von ,Thronen und Altären´ zu befreien.“313 Auch der

„Ausspruch eines italienischen Freimaurerhäuptlings, daß (sic!) durch das Eingreifen

Italiens in den Weltkrieg die Hoffnung bestehe, dem ,heiligen Gaukler´ in Rom den Gar-

aus zu machen und mit ihm die ganze christliche Religion zu vernichten“314 belegt diese

306 Vgl. Zur Neutralitätserklärung Italiens, in: MJ 12.08.1914; Die Haltung Italiens, in: MJ 21.04.1915;

Dies und das, in: MJ 15.05.1915. 307 Vgl. Die italienischen Parteien und der Krieg, in: MJ 30.01.1915; Die Haltung Italiens, in: MJ

21.04.1915; Die Haltung Italiens, in: MJ 11.05.1915; Dies und das, in: MJ 15.05.1915; Die romanischen

Freimaurer gegen Deutschland. Geheime Rundschreiben der Mailänder Großloge, in: MJ 26.05.1915;

Ueber die wirtschaftliche Kriegsrüstung Italiens, in: MJ 27.05.1915. 308 Vgl. Der Krieg. Italiens Haltung, in: MJ 07.08.1914; Depeschenwechsel zwischen dem Kaiser und dem

König von Italien. Das Verhalten Italiens, in: MJ 12.08.1914; Italien und der Weltkrieg. Etwas zum

Rätselraten, in: MJ 01.05.1915. 309 Vgl. Wie der Dreibund gekündigt wurde, in: MJ 22.05.1915; Italiens Vertragsbruch, in: MJ 22.05.1915;

Italiens Treuebruch, in: MJ 25.05.1915; Von der Extratour zum Treuebruch, in: MJ 1.6.1915; Schadet

uns der italienische Verrat?, in: MJ 11.06.1915. 310 Feldzug der italienischen und französischen Freimaurerlogen gegen die Zentralmächte, in: MJ

28.05.1915. 311 Die Politik der romanischen Freimaurerei, in: MJ 05.06.1915. 312 Vgl. Italiens Stellung zu Deutschland und Oesterreich, in: MJ 30.05.1916. 313 Zur 200 jährigen Jubelfeier der Freimaurerei, in: MJ 27.06.1917. 314 Die Einigung Italiens, in: MJ 03.07.1915.

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antipäpstliche Haltung. Die Kirchenfeindlichkeit der italienischen Freimaurer gehe sogar

so weit, dass sie „Verbrecher und bezahlte Kreaturen in geistliche Gewänder steckt, die

nun unter dem Volk agitieren, als wäre der italienische Klerus selbst gegen den Papst.

Natürlich hat die italienische Geistlichkeit nicht den geringsten Anteil an der Hetze“315.

Bei ihrer Kriegstreiberei würden die italienischen Freimaurer von ihren englischen und

französischen Gesinnungsgenossen unterstützt,316 „um das Werk der Zerstörung der Kir-

che, das so gut in Frankreich gelungen ist mit Hilfe der italienischen Freimaurerlogen zu

vollenden.“317 Der Kriegseintritt Italiens stelle dementsprechend „einen Sieg der republi-

kanischen Partei und der verbrüderten französisch-italienischen Freimaurerei unter dem

antikirchlichen Logenbruder Sonnino318 dar.“319

Schuld am Bündnisbruch und an dem Kriegseintritt auf Seite der Entente ist dem MJ zu

Folge die „radikal freimaurerische Regierung in Italien“320, die gegen den Willen des

Volkes handelt.321 Die „Antikatholiken gaben in Italien den Ausschlag zum Krieg.“322 Die

Katholiken Italiens hingegen hätten alles getan, um den Verrat zu verhindern. Deshalb

würden sie auch „blutenden Herzes und mit der Schamesröte im Angesichte“ 323 in den

Krieg ziehen. Gleichwohl erschien Mitte Juli 1915 ein Artikel, der den italienischen Ka-

tholiken zwar attestiert bis Mai 1915 dem Neutralitätsprinzip treu geblieben zu sein, doch

nach der Kriegserklärung hätte die katholische Presse in die nationale Begeisterung ohne

Einschränkung mit eingestimmt und der Aufmarsch der Truppen habe unter begeistern-

den Kundgebungen der Bischöfe und Seelsorger stattgefunden. Dabei hätten die italieni-

schen Katholiken zu den Ersten gehört, „die unter Hintansetzung aller entgegenstehenden

früheren Anschauungen sich voll aufrichtigem italienischem Patriotismus für den Natio-

nalkrieg gegen Oesterreich-Ungarn (sic!) erklärten.“324 Dieser Artikel bleibt aber der

einzige, in dem die Katholiken Italiens für ihr Verhalten kritisiert werden. Auch gegen

Ende des Kriegs vertritt das MJ die Meinung, dass die italienischen Katholiken an der

315 Der Papst in Gefahr, in: MJ 03.07.1915. 316 Vgl. Die Politik der romanischen Freimaurerei, in: MJ 05.06.1915; Gegen wen führt Italien eigentlich

Krieg? Italienischer Freimaurer und Vatikan, in: MJ 07.07.1915; Weltkrieg und Jakobinertum, in: MJ

10.05.1916; Wann kann der Friede kommen?, in: MJ 13.01.1917. 317 Die Römische Frage, in: MJ 16.06.1915. 318 Baron Sidney Costantino Sonnino (1847-1922) war während des Ersten Weltkrieges italienischer Au-

ßenminister. Vgl. Pollard, Pope, S. 95f. 319 Benedikt XV. und Italien im Weltkrieg, in: MJ 14.06.1915. 320 Prozeß des Bischofs von Sutri-Nepi, in: MJ 08.01.1916. 321 Vgl. Italiens militärische Mißerfolge, in: MJ 22.05.1915; Der Vierverband als Feind des Hl. Stuhles, in:

MJ 08.01.1916; Ein Jahr italienischer Krieg, in: MJ 24.05.1916. 322 P. Cohausz über den Weltkrieg und die deutschen Katholiken, in: MJ 18.06.1915. 323 Feindeshaß oder Feindesliebe?, in: MJ 11.06.1915. 324 Zur Römischen Frage, in: MJ 15.07.1916.

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Kriegserklärung unschuldig seien.325 So bringt es anlässlich der dritten Wiederkehr des

Tages der italienischen Kriegserklärung gegen Österreich einen Artikel, der betont, dass

die Katholiken den „Krieg nicht gewollt [haben]. Sie haben niemals Umzüge mit Fahnen

durch die Straßen veranstaltet […] aber trotzdem haben sie immer treu die Pflicht der

Bürger eines kriegsführenden Staates erfüllt.“326 Ebenso sei zu bedenken: „der Einzelne

tut nur seine Pflicht und darob verdient er unsere Achtung. […] Diese Leute haben auch

ein Herz im Bußen, das schlägt für Vaterland und Soldatenehre.“327 Hier wird also zum

einen zwischen dem einzelnen Soldaten und der feindlichen Regierung differenziert. Zum

anderen werden die Katholiken Italiens in diesem Artikel als treue Staatsbürger des eige-

nen Vaterlandes dargestellt. Dies soll einerseits das Verhalten der italienischen Katholi-

ken entschuldigen. Anderseits kann dies aber auch in Bezug auf die in der Einleitung

erwähnte Integration in den Nationalstaat gelesen werden. So wird hier deutlich, dass

Katholizismus und Nationalismus sich nicht ausschließen. Auch als Katholik könne man

treu zum eigenen Vaterland stehen. Dass auch im Mainzer Katholizismus die Angst vor

einem erneuten Kulturkampf nach Ende des Weltkrieges und die Auseinandersetzung mit

dem Vorwurf der Staatsfeindlichkeit virulent waren, beweisen einige Artikel.328 Dabei

wird betont, dass der „völkerumspannende Charakter der katholischen Kirche […] eine

nationale Entwicklung der Kultur keineswegs [ausschließe] […] Die katholische Kirche

huldigt keinem verschwommenen, nivellierenden Internationalismus, […] sondern sie be-

trachtet die einzelnen Völker als ihre Kinder, deren jedes seine Eigenart in vollem Maße,

trotz aller Harmonie in den Grundwahrheiten des Glaubens entfalten kann und soll.“329

So wird einerseits den eigenen Lesern verdeutlicht, dass man sich durchaus als Katholik

für die nationale Sache einsetzen dürfe, andererseits wird gegen Stimmen argumentiert,

die den Katholiken Reichsfeindlichkeit vorwarfen. Dass der Mainzer Katholizismus da-

bei durchaus Grenzen des Nationalismus sieht und den Gedanken des Universalismus

nicht aufgibt, beweisen die bereits in Kapitel 4.2.2 erwähnten Artikel.330 Auch der For-

derung, die deutschen Katholiken sollen sich in Zukunft deutsch-katholisch statt römisch-

325 Vgl. Die italienischen Katholiken und der Krieg, in: MJ 16.05.1918. 326 Ebd.. 327 Feindeshaß oder Feindesliebe?, in: MJ 11.06.1915. 328 P. Cohausz über den Weltkrieg und die deutschen Katholiken, in: MJ 18.06.1915; Für die kommenden

Aufgaben des deutschen Katholiken, in: MJ 13.11.1917; Bedauerliche Entgleisungen, in: MJ

29.05.1918; Burgfriede und Kulturkampf, in: MJ 05.06.1918. 329 Der Internationalismus der katholischen Kirche, in: MJ 20.07.1918. 330 Siehe dazu Kapitel 4.2.2 und die Artikel: Feindeshaß oder Feindesliebe?, in: MJ 11.06.1915; Pfingsten,

in: MJ 10.06.1916.

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katholisch nennen, entgegnet das MJ: „das kommt nicht in Frage. Die enge Anbindung

an Rom ist Pflicht und Ruhm.“331

Genau wie die katholische Bevölkerung Italiens, so seien auch der Vatikan und der itali-

enische Klerus gegen diesen Krieg332, weshalb von Seiten der italienischen Freimaurer-

regierung „dem italienischen Volk vorgeschwindelt würde, der Papst trage die Schuld,

am ganzen Mißerfolge (sic!) [um so] den Pöbel gegen den Vatikan aufzuhetzen“333,

wodurch die persönliche Sicherheit des Papstes gefährdet sei.334 Der Papst befinde sich

daher in einer gefährlichen Lage. Demzufolge würden die Mittelmächte auch für die Si-

cherheit des Papstes kämpfen.335 Kurz vor Ende des Krieges würde sogar fast jeder Tag

Nachrichten über Verhaftungen von italienischen Priestern bringen, da diese sich für den

Frieden einsetzen und deshalb als Pazifisten angeklagt werden.336

Ein weiterer Beleg für die Kirchen- und Papstfeindlichkeit der italienischen Regierung

sei die Verfolgung und Verleumdung des Bischofs Döbbing von Nepi-Sutri 337 durch ita-

lienischen Freimaurer, die behauptet hätten, das Volk sei gegen ihn. Die rege Teilnahme

des Volkes an der Trauerfeier aber bewiese laut MJ das Gegenteil.338 Auch die Beschlag-

nahmung des österreichischen Botschaftspalastes durch die italienische Regierung, gegen

die auch der Papst protestiert habe, gebe die Katholiken und Kirchenfeindlichkeit der

Regierung Italiens zu erkennen, so sei dieser Palast trotz der Abwesenheit des österreich-

ungarischen Botschafters doch immer noch Eigentum des Vatikans.339 Einen weiteren

Anlass die Papstfeindlichkeit der italienischen Regierung zu betonen, bietet dem MJ die

Offenlegung der Verträge der Entente durch die russische Regierung, nachdem Russland

aus dem Krieg ausgetreten war. Dadurch wurde bekannt, dass Italiens Regierung in Arti-

kel 15 des Londoner Vertrages tatsächlich340 die Forderung an seine Bündnispartner

331 „Römisch-katholisch“ oder „deutsch-katholisch“, in: MJ 25.06.1918. 332 Vgl. Zum Krieg mit Italien. Preßfehde, in: MJ 28.05.1915. 333 Italienische Hetze gegen den Vatikan, in: MJ 15.01.1916. 334 Die finanzielle Lage des Papstes, in: MJ 14.09.1915; Zur Lage des Papstes, in: MJ 02.02.1916. 335 Dieses Argument wurde bereits im vorherigen Kapitel ausführlich erläutert. 336 Vgl. Der Papst und der Krieg, in: MJ 07.06.1918. 337 Der Franziskaner Bernhard (Taufname Josef Heinrich Maria) Döbbing (1855-1916) war ab 1900 Bi-

schof von Nepi-Sutri. Vgl. Hardick, Döbbing, S. 10. 338 Vgl. Eine Ehrenerklärung für Bischof Doebbing, in: MJ 03.04.1916. 339 Vgl. Die Protestnote des Papstes über die Wegnahme des Palazzo Venezia, in: MJ 28.09.1916; Der

Mummenschanz der italienischen Kriegshetzer, in: MJ 04.10.1916. 340 Bereits in den Artikeln des MJ „Der Vierverband als Feind des Hl. Stuhles“ vom 08.01.1916, „Bedroh-

liche Gestaltung der Lage des Papstes“ vom 22.01.1916 und „Der Römischen Frage Ende und Anfang“,

von 03.03.1916 wird dies behauptet. Allerdings wird hier im MJ darauf verwiesen, dass man sich nicht

sicher sei, ob es sich dabei um eine Tatsache oder nur ein Gerücht handele, was vor allem der Artikel

im MJ: „Die römische Frage und die Pflicht der Katholiken aller Nationen“, vom 08.03.1916 beweist.

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stellte, Italien zu unterstützen den Heiligen Stuhl daran zu hindern, jedwede diplomati-

schen Schritte für die Erreichung eines Friedensschlusses oder die Regelung von mit dem

gegenwärtigen Krieg zusammenhängenden Fragen zu unternehmen. Zudem wurde ver-

einbart die Römische Frage nicht zu einer internationalen Angelegenheit werden zu las-

sen und sich auf Änderungen des Garantiegesetzes zu Gunsten des Heiligen Stuhles ein-

zulassen.341 Die Artikel zu diesem öffentlichen Bekanntwerden zeigen noch einmal deut-

lich, dass das MJ zwischen den Katholiken Italiens und ihrer Regierung differenziert. So

sei damit bewiesen, dass die führenden Männer Italiens antikatholische Freimaurer und

Atheisten seien342, die Katholiken Italiens hingegen seien enttäuscht und verärgert343 über

den Artikel 15 des Londoner Vertrages, der auf Veranlassung des „kleinen Gernegroß[es]

auf dem italienischen Königsthrone und seiner freimaurerischen Regierung“344 zustande

kam. Im Gegensatz zu ihrer Regierung fordern die italienischen Katholiken die Zulassung

und Mitwirkung des Vatikans bei einer künftigen Friedenskonferenz.345Auch anlässlich

der Friedensnote des Papstes 1917 wird darauf verwiesen, dass das italienische Volk im

Allgemeinen und vor allem die Katholiken für den Frieden und daher papstfreundlich

gesinnt seien.346 Dahingegen untersage die paspstfeindliche Regierung Italiens „den ka-

tholischen Blättern die Friedensnote des Papstes […] zu verbreiten.347

Dass das MJ nicht alle Italiener vorbehaltlos verurteilt, sondern wie bereits mehrfach er-

wähnt, zwischen den Kriegshetzern und dem katholischen Volk, dass den Krieg über-

haupt nicht gewollt habe, differenziert, beweisen auch Artikel, die zur Besonnenheit ge-

gen die in Deutschland lebenden Italiener aufrufen. Es liege kein Grund vor diesen die

Gastfreundschaft zu versagen und sie in irgendeiner Weise zu belästigen,348 denn zahlrei-

che Italiener wollen sogar für die Mittelmächte in den Kampf ziehen, wie badische Be-

hörden mitteilen.349 Es sei „zu hoffen und zu wünschen, daß (sic!) der gerechte Zorn des

deutschen Volkes gegen die italienischen Kriegshetzer und Kriegsmacher niemand zu ei-

ner unfreundlichen Behandlung der Italiener verleite, die auf deutschem Boden für und

341 Vgl. Die russischen Geheimakten und der päpstliche Stuhl, in: MJ 08.12.1917; Der Vatikan und die

Entente, in: MJ 11.12.1917; Die Ausschließung des Papstes von den Friedensverhandlungen, in: MJ

19.12.1917. 342 Vgl. Der Hl. Stuhl und die Katholiken, in: MJ 27.12.1917. 343 Vgl. Die Klausel gegen den Vatikan, in: MJ 20.2.1918. 344 Was sagen dazu die Katholiken der Welt?, in: MJ 06.12.1917. 345 Vgl. Italien, der Papst und die künftige Friedens-Konferenz, in: MJ 14.7.16, Nr. 162. 346 Vgl. Friedensbestrebungen in Italien, in: MJ 28.08.17; Die Friedensnote des Papstes, in: MJ 28.08.1917;

Für und gegen den Frieden, in: MJ 01.09.1917. 347 Unterdrückung der Verbreitung der Papstnote an der italienischen Front, in: MJ 01.09.1917. 348 Vgl. Mahnung zur Besonnenheit, in: MJ 22.05.1915. 349 Vgl. Italiener in Deutschland, in: MJ 01.06.1915.

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5 Die Causa Italien

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mit uns arbeiten, […] und den verräterischen Krieg ebenso verdammen wie wir selber“350

Man dürfe niemals vergessen, dass es in Italien noch Gerechte gebe351 und große Volks-

teile Italiens sowie Vertreter der verschiedensten Stände und Berufskreise gegen den

Krieg waren. Deshalb wird auch ein Artikel der Darmstädter Zeitung kritisiert, der dazu

aufruft fünf Jahre lang nicht nach Italien zu reisen. Das MJ hingegen legt entschiedenen

Widerspruch gegen solche Boykotterklärungen für die Zeit nach dem Kriege ein, die ein

ganzes Volk für die fanatischen Entgleisungen weniger verantwortlich machen würden.

„Alle Verallgemeinerungen sind bedenklich, also Vorsicht oder sagen wir lieber Gerech-

tigkeit“352. Dieser Artikel ist nicht nur deshalb wichtig, da er die Differenzierung des

Mainzer Katholizismus verdeutlicht, sondern auch, weil er beweist, dass es in der deut-

schen Bevölkerung durchaus Stimmen gab, die nicht so dachten wie der Mainzer Katho-

lizismus.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Mainzer Katholizismus von dem übrigen

bereits erforschten deutschen Katholizismus in der Rechtfertigung des Weltkrieges gegen

das italienische Königreich nicht unterscheidet. So differenziert das MJ im Falle Italiens,

zwischen der freimaurerische kirchen- und papstfeindliche Regierung und der katholi-

schen Bevölkerung Italiens, die einen Krieg gegen das Deutsche Reich nicht wolle. Ein

Sieg gegenüber Italien würde sich positiv für den Heiligen Vater und die Katholiken Ita-

liens auswirken und zu einer für das Papsttum erfreulichen Klärung der Römischen Frage

führen. Das nationale Ziel: Der Sieg der Mittelmächte, würde dementsprechend auch eine

Verbesserung der Situation der Kirche und des Papstes bewirken.

350 Der Krieg mit Italien, in: MJ 05.06.1915. 351 Vgl. Eine Audienz beim Papste, in: MJ 30.10.1915. 352 Nicht zu hitzig!, in: MJ 02.11.1915.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

Durch den Krieg befanden sich die Katholiken in dem Dilemma, wie sie ihren Einsatz für

die Nation legitimieren konnten, wo doch ihr geistliches Oberhaupt, der Papst, die Neut-

ralität und den Frieden predigte.353 Wie sie damit umgingen, wird im Folgenden analy-

siert.

6.1 Die Friedensbemühungen der Päpste

Bereits Pius X.354 rief in seinem apostolischen Schreiben Dum Europa fere am 2. August

1914 die Katholiken auf der ganzen Welt auf, Buße zu tun und für den Frieden zu beten.355

Sein Appell verhallte aber ohne große Resonanz.356 Auch sein Nachfolger Benedikt XV.

setzte sich immer wieder für den Frieden ein und forderte die deutschen katholischen

Bischöfe auf, den Hassgefühlen ihrer Gläubigen entgegen zu wirken.357 Bereits in seiner

ersten offiziellen Ansprache vom 8. September 1914, einem Mahnruf an alle Katholiken

weltweit (Exhortatio: Ad universos orbis catholicos), verlangte Benedikt XV. die rasche

Beendigung des Krieges.358 Auch in seiner ersten Enzyklika Ad beatissimi apostolorum

principis359, die am 1. November 1914 veröffentlicht wurde, forderte das katholische

Oberhaupt die Katholiken zum Frieden auf und bat sie von jedweder Zwietracht unterei-

nander und von gegenseitigen Beschuldigungen abzusehen.360 Zudem schrieb der Papst

Bittandachten für den Frieden für den 7. Februar sowie 21. März 1915 vor und verfasste

in diesem Zusammenhang auch ein Gebet für den Frieden361, das verbindlich bei jeder

Messe gebetet werden sollte.362 Zum ersten Jahrestag der österreich-ungarischen Kriegs-

erklärung an Serbien, also am 28 Juli. 1915, veröffentlichte Benedikt XV. ein Apostoli-

sches Mahnschreiben an die sich im Kriege befindenden Völker und deren Regierenden

353 Vgl. Becker, Religion, S. 194; Kretschmann, Herr, S. 59; Lätzel, Kirche S. 177; Mommsen, Anfang, S.

175; Schatz, Kirchengeschichte, S. 131. 354 Pius X. wurde als Giuseppe Melchiorre Sarto 1835 geboren und war von 4. August 1903 bis 20. August

1914 Papst. Vgl. Maron, Kirche, S. 209; 212. 355 Vgl. Strötz, Katholizismus, S. 200f. 356 Vgl. Schlager, Kult, S. 55. 357 Vgl. Morozzo della Rocca, Benedikt XV., S. 201. 358 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 150f.; Pollard, Pope, S. 85; Scheidgen, Bischöfe, S. 322. 359 Die Originalfassung ist in: AAS VI (1914), S. 565-581 (lat.); S. 630-646 (dt.) zu finden. 360 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 152; Pollard, Pope, S. 85ff.; Strötz, Katholizismus, S. 202. 361 Dieses Gebet wurde in Frankreich zunächst verboten und erst erlaubt, nachdem es mit einem Zusatz

versehen wurde, in dem es ausdrücklich für den Sieg Frankreichs bat. Vgl. Kapitel 4.1 der vorliegenden

Studie. 362 Vgl. Strötz, Katholizismus, S. 203; Lätzel, Kirche, S. 171.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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(Exhortation: Allorché fummo chiamati)363, in dem er ausdrücklich dazu aufrief den

Krieg zu beenden.364 Dabei verurteilte er den Ersten Weltkrieg als „grauenhafte nutzlose

Schlächterei“, was in den deutschen Übersetzungen mit „entsetzlichem Kampf“ verharm-

lost wurde. 365 Da alle diese Anregungen kaum etwas brachten,366 beschloss Benedikt XV.

im Sommer 1917 den kriegsführenden Mächten konkrete Friedensvorschläge zu unter-

breiten. So kam es ab Juli zu Vorverhandlungen mit dem Deutschen Reich um die Bedin-

gungen auszuloten, auf deren Basis das Kaiserreich gewillt gewesen wäre einem Frieden

zuzustimmen.367 Am 9. August wurde den kriegsführenden Nationen die auf den 1. Au-

gust 1917, also den dritten Jahrestag des Krieges, zurückdatierte Friedensnote Dès le

début368 übergegeben. In dieser betont der Papst erneut seine Neutralität und den Wunsch

nach einem gerechten und dauerhaften Frieden und mahnt die Regierenden der kriegfüh-

renden Länder unter anderem zur Abrüstung und dem Verzicht auf Gebietserweiterungen

und gegenseitige Kriegsentschädigung. Zudem fordert er die Freiheit der Meere und eine

Räumung Belgiens. Dabei orientierte sich der Papst größtenteils am Status quo ante bel-

lum.369 Während die Regierung des Deutschen Reiches und seine Verbündeten formell

und ausweichend reagierten, stellte die USA Bedingungen, die einer Ablehnung gleich-

kamen. Frankreich, Großbritannien, Russland und Italien antworteten sogar überhaupt

nicht, was mit einer schroffen Ablehnung vergleichbar war.370

6.1.1 Der deutsche Katholizismus und die Friedensbemühungen der Päpste

Der deutsche Katholizismus reagierte unterschiedlich auf die vielen Friedensbestrebun-

gen Benedikts. Der patriotisch gesinnte Teil des Katholizismus verschwieg oder kriti-

sierte sie sogar, um nicht in den Verdacht der Reichsfeindlichkeit oder der nationalen

Unzuverlässigkeit zu geraten. 371 Die Bischöfe wiederum unterstützten die päpstlichen

363 Der Wortlaut ist in: AAS VII (1915), S. 365-368 (lat.); S. 372-374 (dt.) zu finden. Zudem ist er online

unter: http://w2.vatican.va/content/benedict-xv/de/apost_exhortations/documents/hf_ben-xv_exh_191

50728_ fummo-chiamati.html abrufbar. 364 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 153ff. 365 Vgl. Alzheimer, Einführung, S. 17. 366 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 172; Strötz, Katholizismus, S. 206. 367 Den genauen Ablauf der Vorverhandlungen nachzuzeichnen, würde den Rahmen dieser Arbeit spren-

gen, deshalb sei hier auf Neitzel, Revolution, S. 107, Lätzel, Kirche, S. 159-163 und Scheidgen, Bi

schöfe, S. 328-330 verwiesen. 368 Offizieller lateinischer Text in: AAS IX (1917), S. 417-420. 369 Vgl. Alzheimer, Einführung, S. 17; Burkard, Kaiser, S. 58; Greschat, Christenheit, S. 80; Kirchner,

Papsttum, S. 82; Lätzel, Kirche, S. 164; Pollard, Pope, S. 123-128; Scheidgen, Bischöfe, S. 330. 370 Vgl. Burkhard, Kaiser, S. 58f.; Gatz, Kirche, S. 59; Greschat, Christenheit, S. 80f.; Hoff, Friedeninitia-

tive, S. 511; Lätzel, Kirche, S. 169; Neitzel, Revolution, S. 108; Schatz, Kirchengeschichte, S. 133;

Scheidgen, Bischöfe, S. 331. 371 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 137; Morozzo della Rocca, Benedikt XV., S. 192; 195.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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Anordnungen der allgemeinen Gebettage und des allgemeinen Friedensgebets.372 Zudem

veröffentlichten die Amtsblätter der einzelnen Diözesen ab 1916 verstärkt Auszüge aus

Friedensbotschaften des Papstes.373 Auch die Reaktion auf Dès le début fiel im deutschen

Katholizismus unterschiedlich aus. Während die deutschen Zentrumsabgeordneten, allen

voran Erzberger, die Initiative des 1. Augusts 1917 fast gänzlich begrüßten,374 reagierte

die Zentrumspresse uneinheitlich auf diesen Friedensvorschlag. Die Berliner Germania

befürwortete die päpstliche Note. Dahingegen hielt sich die Kölnische Volkszeitung mit

einer Beurteilung zurück, da laut ihr die nationale Kriegszielpolitik nicht mit den Vor-

stellungen des Papstes vereinbar sei.375 Fast bis Kriegsende tritt sie für eine Hegemonial-

stellung des Deutschen Reiches ein.376 Die Bischöfe trugen die Friedensinitiative von

1917 zwar inhaltlich,377 allerdings hielten sie sich im Gegensatz zu den anderen Friedens-

bekundungen in der Öffentlichkeit mit Stellungnahmen zurück, um den diplomatischen

Erfolg nicht zu gefährden.378 Auch die Fuldaer katholische Presse hält die Friedensnote

des Papstes inhaltlich für akzeptabel und berichtet daher, im Gegensatz zu einem Großteil

des deutschen Katholizismus, positiv über sie.379 Anhand der Stellungnahmen zu den

Friedensinitiativen des Papstes lässt sich demnach ablesen, ob man eher ultramontan oder

eher national orientiert war.380

6.1.2 Der Mainzer Katholizismus und die Friedensbemühungen der Päpste

Das MJ verschweigt weder die Einstellung der Päpste zum Krieg noch die der Friedens-

initiativen. So berichtet es bereits am 7. August 1914, dass Papst Pius X. von „tiefste[m]

Schmerz erfüllt“381 sei und alle Christen aufrufe zu Gott zu beten, damit „Gott die unheil-

volle Kriegsstachel wieder abwendet und den obersten Leitern der Nationen Gedanken

des Friedens eingebe“.382 Auch in den folgenden Wochen wird immer wieder berichtet,

dass Pius X. durch den Ausbruch des Krieges sehr gelitten habe und ihn der Krieg mit

372 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 124; 357. 373 Vgl. Burkard, Kaiser, S. 58; Scheidgen, Bischöfe, S. 327. 374 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 157; Schlager, Kult, S. 38; 43. 375 Vgl. Baadte, Universalismus, S. 104; Heinen, Zentrumspresse S. 112-121. 376 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 133. 377 Vgl. Burkhard, Kaiser, S. 58f.; Kirchner, Papsttum, S. 83; Scheidgen, Bischöfe, S. 331f. 378 Weder der Wortlaut, noch ein Kommentar zu der Friedennote findet sich in einem Amtsblatt. Vgl.

Scheidgen, Bischöfe, S. 331f.; 359. 379 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 61; 137. 380 Vgl. Baadte, Universalismus, S. 103; Schatz, Kirchengeschichte, S. 132. 381 Kundgebung des Papstes Pius X. an die katholische Christenheit, in: MJ 07.08.1914. 382 Ebd.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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großer Sorge und Trauer erfülle,383 was auch der Grund für den besorgniserregenden Ge-

sundheitszustand des Papstes sei384 und sogar zu seinem Tod geführt habe.385 Auch die

erste offizielle Ansprache Benedikts XV., in der er den Weltkrieg als „schreckliches krie-

gerisches Schauspiel […], [das] Europa unter der Herrschaft des Feuers und des

Schwertes rot färb[t] vom christlichen Blut“386 beschreibt und in dem er auffordert, für

die Beendigung der Weltkrieges zu beten, wird in einer deutschen Übersetzung im MJ

abgedruckt.387 Dieses Schreiben wird ebenso vom Mainzer Bischof Kirstein in seinem

am 5. Oktober 1914 im MJ abgedruckten Hirtenbrief erwähnt. In diesem fordert der Main-

zer Bischof ganz im Sinne des Papstes: „gerade der Rosenkranzmonat soll genutzt werden

den Frieden vom himmlischen Vater zu erflehen.“388 Auch alle weiteren Friedensbemü-

hungen Benedikts XV. werden vom MJ bekanntgegeben. So wird dort die Enzyklika Ad

beatissimi Apostolorum princips vom 1. November 1914 erstmals am 17. November er-

wähnt und ihr gesamter Wortlaut in einer deutschen Übersetzung auf drei Ausgaben ver-

teilt abgedruckt.389 In dieser Enzyklika, so das MJ, zeichne der Papst ein furchtbares Bild

des gegenwärtigen Krieges. Er bezeichnet ihn als „Schauspiel von Blut. […] Das Un-

glück, das daraus hervorgehe, mache es ihm [dem Papst] zur Pflicht sich wie sein Vor-

gänger dafür einzusetzen, dass er [der Krieg] beendet wird, indem er Fürsten und Völker

beschwört dem brudermordenden Streit ein Ende zu machen. […] Die Enzyklika schließt,

wie sie beginnt, mit dem innigen Wunsche für den Frieden […] Der Papst empfiehlt zum

Schluss zu Gott um Frieden zu beten und die Fürbitte der Allerheiligsten Jungfrau anzu-

rufen.“390 Außerdem fordere der Papst in der Enzyklika, „daß (sic!) jeglicher Streit und

jeglichen Zwiespalt zwischen den Katholiken welcher Art er auch sei vollständig aufhöre

und in Zukunft kein neuer Streit entstehe“391. Der Friedenswunsch des Papstes und die

Verurteilung des Krieges durch Benedikt XV. werden demnach im MJ nicht verschwie-

gen. Ebenso werden sie auch nicht negativ kommentiert. Im Gegenteil: Die Darlegungen

383 Vgl. Zum Tode des Hl. Vaters, in: MJ 24.08.1914; Se. Heiligkeit Papst Pius X. gestorben, in: MJ

20.08.1914. 384 Vgl. Erkrankung des Hl. Vaters Papst Pius X., in: MJ 19.08.1914. 385 Vgl. Wir haben einen Papst!, in: MJ 04.09.1914; „Was tat der Papst, um den Krieg zu verhindern?“, in:

MJ 15.01.1916. 386 Die erste Enzyklika des Papstes Benedikt XV.. Eine Ergreifende Bitte an die Staatsoberhäupter für den

Frieden, in: MJ 15.09.1914. 387 Vgl. ebd. 388 Hirtenbrief Georg Heinrich Kirsteins, in: MJ 05.10.1914. 389 Vgl. Eine Enzyklika für den Frieden, in: MJ 17.11.1914; Enzyklika des Papstes Benedikt XV., in: MJ

24.11.1914; Enzyklika des Papstes Benedikt XV., in: MJ 26.11.1914; Enzyklika des Papstes Benedikt

XV, in: MJ 27.11.1914. 390 Die erste Enzyklika des Papstes Benedikt XV., in: MJ 18.11.1914. 391 Enzyklika des Papstes Benedikt XV., in: MJ 26.11.1914.

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Benedikts XV. seien „nüchtern, klar und von stählerner Logik“392. Auch das Apostolische

Mahnschreiben, das Papst Benedikt XV. 1915 aus Anlass des Jahrestages des Krieges

herausbringt und in dem sich der Pontifex klar gegen den Krieg ausspricht und die Re-

gierenden erneut aufruft endlich Frieden zu schließen, wird in einer Übersetzung im MJ

veröffentlicht. So ist dort zu lesen, dass der Papst den Weltkrieg als „Brudermörderi-

sche[n] Kampf, […] furchtbare Geißel […] [und] entsetzliches Blutbade“393 bezeichnet.

Erneut werden im MJ die Aussagen des Papstes auf keinerlei Weise kritisiert. Vielmehr

gebe es wohl „niemanden, der den warmherzigen Aufruf des Papstes […] ohne Bewegung

und Zustimmung lesen müßte (sic!). Der Aufruf […] verdient ob seiner […] edlen Absich-

ten die ernste und aufrichtige Beobachtung aller Christen auf dem Erdenrund, […] Wir

wünschen dem Heiligen Vater, daß (sic!) es ihm gelingen möge eine Verständigung an-

zubahnen und daß (sic!) sein Friedensaufruf vom 28. Juli erfolgreich sein möge, auf daß

(sic!) der Friede bald komme. In diesem Sinne werden alle Freunde der Religion, der

Kultur und der Zivilisation am heutigen Jahrestag des Weltkrieges dem Vater der katho-

lischen Christenheit gern die Hand reichen und seine Wünsche in christlicher Liebe er-

füllen“394. Auch wird der Papst gegenüber protestantischen Pressestimmen, die den Frie-

densaufruf des Papstes wenig freundlich kommentieren, verteidigt und zahlreiche Bei-

spiele nicht-katholischer Blätter geliefert, die den päpstlichen Bemühungen Anerkennung

zollen.395 Ein Indiz dafür, dass es auch von katholischer Seite Bedenken daran gab, die

päpstlichen Friedensvorstellungen zu verwirklichen, ist ein Artikel vom Juni 1917, in

dem explizit die Frage gestellt wird: „Dürfen und können wir katholischen Christen auch

wirklich mit mutigem Vertrauen daran arbeiten, daß (sic!) das päpstliche Friedenspro-

gramm seine Verwirklichung finde?“396. Hätte es in katholischen Kreisen keine Zweifel

an der Unterstützung des Papstes in seinen Friedensbestrebungen gegeben, hätte es eines

solchen Artikels wohl nicht bedurft. Welcher Standpunkt im MJ vertreten wird, darüber

gibt der Artikel auch Auskunft, so heißt es dort: „Gewiß: ja wir müssen sogar daran

arbeiten“ […]Wer sich einen Sohn des Friedenspapstes nennt, kann sich daher der Mit-

arbeit an diesem - wie Leo XIII. sagt - ,außerordentlich christlichen und wohltätigen

Werke‘ nicht entschlagen […].397

392 Zur päpstlichen Enzyklika. Eine zusammenfassende Betrachtung, in: MJ 28.11.1914. 393 Eine Friedensbotschaft des Papstes. Ein Aufruf des Papstes an die Völker und Fürsten, in: MJ

31.07.1915. 394 Der Friedens-Aufruf des Papstes, in: MJ 03.08.1915. 395 Vgl. Protestantische Stimmen zum Friedenswerk des Papstes, in: MJ 06.10.1915. 396 Das päpstliche Friedensprogramm und die christliche Diesseitshoffnung, in: MJ 25.06.1917. 397 Ebd.

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Allerdings ist anlässlich des päpstlichen Mahnschreibens im MJ auch zu lesen, dass sich

„eine glänzendere Rechtfertigung und Verteidigung der Verbündeten Kaiserreiche, als es

mittelbar durch die päpstliche Ausrufung der Leitsätze einer wahren Friedenspolitik ge-

schieht kaum denken [lässt]. Niemals wollten die verbündeten Kaiserreiche andere Staa-

ten und Nationen vernichten und auch nur sie erniedrigen oder unterdrücken. Immer ha-

ben sie die […] die Würde der anderen geachtet. Immer waren sie bereit zu einer Politik

des wechselseitigen Wohlwollens überzugehen, aber das gerade Gegenteil von all dem

haben unsere Gegner getan. Sie haben das Unrecht und ungerechte Aspirationen auf ihre

Fahnen geschrieben [...] Auf dem Banner, daß (sic!) die Verbündeten Kaiserreiche durch

die blutigen Grausen dieses Weltkriegs hindurch getragen haben, strahlen die Grunds-

ätze, welche auch der Papst in den Mittelpunkt seiner Friedensmahnung gerückt hat. […]

zum Friedenschließen gehören zwei [...] Aus dem unfreundlich-hämischen Wiederhall,

den die päpstliche Friedenskundgebung in der maßgebenden italienischen Presse gefun-

den hat, [...] scheint der Schluß (sic!) zulässig, [...], dass die Kriegsraben noch einige

Zeit um den Berg kreisen und unsere unvergleichlichen Armeen noch manche Großtat zu

verrichten haben werden, ehe die Stimmung unserer Feinde soweit gebracht ist, daß (sic!)

die Friedensvermittlung des Papstes bei ihnen Aussicht auf Erfolg hat.“398 Ähnlich wird

auch im Dezember 1915 berichtet: Das Deutsche Reich sei zwar zum Frieden bereit,

„aber zum Frieden gehören zwei und die Staatsmänner der uns bekämpfenden Nationen,

wollen gar nicht daran denken mit uns Frieden zu machen, so lange sie uns nicht nieder-

gerungen haben. Trotzdem sind wir Papst dankbar für seine Friedensbemühungen und

nehmen sie willigendes Herzen entgegen. Wir haben diesen Krieg weder gewollt noch

heraufbeschworen. Nur ein dauerhafter und gerechter Friede, wie ihn auch der Heilige

Vater empfiehlt, ist unser Ziel.“399 Es erscheinen nun unablässig Artikel, die betonen, dass

es nicht am Deutschen Reich und seinen Verbündeten liege, wenn der Wunsch des Paps-

tes nach Frieden unerfüllt bleibe, sondern an der Entente und ihren Verbündeten. Denn

im Gegensatz zur Entente habe das Deutsche Reich den Friedensappell des Papstes wohl-

wollend entgegengenommen und sei gewillt ihn umzusetzen.400 Auch das Friedensange-

bot der Mittelmächte im Dezember 1916401 beweise, dass jedes weitere Blutvergießen nur

398 Der neue Vermittlungsversuch des Papstes, in: MJ 6.8.1915. 399 Die Friedensrede Papst Benedikts XV, in: MJ 09.12.1915. 400 Vgl. Die Ansprache des Heiligen Vaters im Konsistorium am 6. Dezember, in: MJ 14.12.1915; Dies

und das., in: MJ 24.12.1915; Neujahr 1916, in: MJ 31.12.1915; Der Papst über des Kaisers Friedens-

liebe, in: MJ 21.07.1916. Der Katholizismus und der Friede, in: MJ 07.07.1917. 401 Siehe dazu Kapitel 6.2

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die Schuld der Entente sei402, wie auch Bischof Kirstein in seinem Fastenhirtenbrief von

1917 betont: „Lieber wollten unsere Feinde die ungeheure Last des Weltkrieges tragen,

lieber sollten Hunderttausende bluten und sterben, lieber sollten Güter aller Art zu

Grunde gehen, als daß (sic!) man die zum Frieden dargebotene Hand eines edlen Mo-

narchen ergreift“403 Daher gebe es momentan „keinen anderen Weg zum Frieden zu ge-

langen als durch eine Fortsetzung unseres Siegeszuges.“404

Der Friedensaufruf des Papstes wird dementsprechend vom MJ zwar durchweg positiv

dargestellt, aber er wird auch gleichermaßen dazu verwendet sich selbst als gerecht und

die Mächte der Entente als Schuldige darzustellen. Ebenso wird die Weiterführung des

Krieges legitimiert. Dementsprechend kann man an diesen Stellen von einer Umdeutung

des päpstlichen Friedensaufrufes im Sinne des nationalen Ziels des Deutschen Kaiserrei-

ches sprechen.

Dieses Argumentationsmuster spielt auch bei der Beurteilung der großen Friedensinitia-

tive des Papstes vom August 1917, die kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges vom

MJ als das „für alle Zeiten […] reinste und leuchtendste Zeugnis dieser Geschichtsperi-

ode“405 bezeichnet wird, eine große Rolle. Bereits bevor diese große Friedensinitiative

Benedikts XV. erfolgte, schriebt das MJ, der Papst plane, am bevorstehenden Jahrestag

des Kriegsausbruches eine Note mit einem Friedensvorschlag an die kriegsführenden

Staaten zu richten. Während vom Deutschen Reich und seinen Verbündeten angenommen

werden dürfe, dass sie auf die Stimmen des Papstes hören, könne man nicht davon aus-

gehen, dass „die von einem jakobinistisch-sozialistischem Freimaurerflügel beherrschte

Französische Republik, die eben den tollsten Kulturkampf hinter sich hat und […] die

Regierungen in London, Rom und Washington, die fasst einseitige Freimaurerregierun-

gen sind“ 406 auf das päpstliche Friedensangebot positiv eingehen würden. Am 17. August

1917 wird dann der Wortlaut der Note auf der Titelseite des MJ abgedruckt407 und im

Folgenden immer wieder betont, dass sich die Vorahnung bestätigt habe. So seien das

deutsche Volk und die deutsche Regierung zur Vermittlung und zum Frieden bereit und

der Note positiv gegenüber gestellt,408 was durch die Zufriedenheit des Papstes mit der

402 Vgl. Ein Friedensangebot der Mittelmächte, in: MJ 13.12.1916; Der Katholizismus und der Friede, in:

MJ 07.07.1917. 403 Fasten-Hirtenbrief Georg Heinrichs, in: MJ 19.02.1917. 404 Friedensvermittlung?, in: MJ 16.12.1915. 405 Die Weltkrisis und ihre Entwicklung, in: MJ 12.09.1918. 406 Papst und Friedensfrage, in: MJ 28.07.1917. 407 Vgl. Der Wortlaut der Friedensnote Papst Benedikts XV., in: MJ 17.08.1917. 408 Vgl. Die Friedensnote des Papstes, in: MJ 18.08.1917; Des Papstes Friedensbemühen, in: MJ

21.08.1917; Die Note des Hl. Vaters, in: MJ 21.08.1917; Die päpstliche Note im Hauptausschuß, in:

MJ 28.08.1917.

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Antwortnote der Mittelmächte bewiesen sei. 409 Aber wie bereits im Zuge vorheriger Frie-

densvorschläge vom MJ angeführt, brauche es zum Friedenschließen zwei. Die Entente

trage die Schuld, dass es zu keinem Frieden komme, da sie der Note ablehnend gegenüber

stehe. Jeder Tropfen Blut, der in Zukunft noch vergossen wird, jeder Schaden, der in

Folge des Krieges noch angerichtet wird, sei demgemäß der Entente zuzuschreiben.410

„Je freundlicher, je entgegenkommender wir sprechen, je dringender die Verbandsvölker

selber durch unsere freundliche Sprache ermuntert nach dem Frieden rufen, umso ärger

treiben es die Verbandsstaatsmänner, umso halsstarriger und trotziger widersetzen sie

sich allen Geboten der Billigkeit und Vernunft und der Sehnsucht der Menschheit.“411

Deutlich wird an diesem Artikel aber auch, dass das MJ zwischen dem Volk der feindli-

chen Mächte, das den Frieden will und den Regierenden der Völker, die den Krieg wollen,

unterscheidet. Sowohl die französischen, als auch die italienischen Katholiken seien dem

Papst und dem Frieden zugeneigt, weshalb sie durch ihre Regierungen verfolgt würden.412

Anlässlich der Friedensnote des Papstes erschienen im MJ allerdings auch zwei Artikel,

die verdeutlichen, wie der deutsche Katholizismus durch die Friedensinitiative Benedikts

XV. in das Spannungsverhältnis zwischen Universalismus und Nationalismus gerieten

und wie versucht wurde dieses zu lösen. So veröffentlicht das MJ, einen Tag nachdem es

die Friedenote Benedikts XV. abgedruckt hatte, einen Artikel der liberalen Kölnischen

Zeitung. Diese schreibt, dass aus deutschem Blickwinkel der päpstliche Vorschlag aus

territorialer und materieller Sicht unannehmbar erscheine. „Derartiges bietet aber noch

keinen ausreichenden Grund, die Hand, die hier der Menschheit den Frieden zurückge-

ben will, zurückzuweisen, der päpstlichen Note ein schroffes Nein entgegenzusetzen.

Deutschlands Ansprüche, die es um seiner Selbsterhaltung in der Zukunft willen stellen

409 Vgl. Das Urteil des „Osservatore Romano“, in: MJ 25.09.1917; Friedensbestrebungen des Hl. Vaters,

in: MJ 26.09.1917; Zur Lage, in: MJ 28.09.1917; Zufriedenheit des Papstes mit der Antwort der Mit-

telmächte, in: MJ 11.10.1917. 410 Vgl. Die Auffassung der Entente, in: MJ 17.08.1917; Die Friedens-Note des Papstes, in: MJ 17.08.1917;

Der Friedensschritt des Papstes, in: MJ 20.08.1917; Die Erklärung der französischen Regierung, in: MJ

20.09.1917; Preßstimmen zur Antwortnote, in: MJ 22.09.1917; Unsere Feinde haben das Wort, in: MJ

22.09.1917; Die Friedensfrage, in: MJ 23.10.1917; Was sagen dazu die Katholiken der Welt?, in: MJ

06.12.1917. 411 Ein kräftiges Wort an die friedlosen Verbandsmächte, in: MJ 03.11.1917. 412 Vgl. Frankreichs Priester und der Friede, in: MJ 21.11.1917; Für und gegen den Frieden, in: MJ

01.09.1917; Unterdrückung der Verbreitung der Papstnote an der italienischen Front, in: MJ

01.09.1917. Zu der Differenzierung zwischen Volk und Regierung vergleiche auch die Kapitel 4.1 und

5.1.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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muß, sind so bescheiden, daß (sic!) sie auf einer Friedenskonferenz kein ernstliches Hin-

dernis der Einigung bilden werden.“413 Ein zweiter Artikel betont, die deutschen Katho-

liken hätten dankbar die päpstlichen Friedensbemühungen aufgenommen. Bei dieser Frie-

densinitiative des Papstes sei allerdings zwischen allgemein religiösen Mahnungen und

konkreten politischen Vorschlägen zu unterscheiden. „Die Stellung der deutschen Katho-

liken […] ist gegeben, vom religiösen und nationalen Standpunkt aus. Vom religiösen

Standpunkt aus nehmen sie die Mahnungen des Hl. Vaters mit Ehrerbietung und Genug-

tuung auf, ist es doch christliche Pflicht, alles zu tun, was Menschenkraft vermag, die

Welt von diesem furchtbaren Kriegselend zu befreien. Sie sind mit dem Hl. Vater einig,

daß (sic!) nicht die Gewalt der Waffen […] einen dauerhaften Frieden bringen können,

sie erkennen deshalb die Notwendigkeit eines Verständigungsfriedens an. Mit besonderer

Genugtuung erfüllt es die deutschen Katholiken, daß (sic!) dieser Wunsch nach Verstän-

digungsfrieden von der Mehrheit des deutschen Reichtags und auch von dem Kaiser und

der Regierung geteilt wird […]. Der Hl. Vater hat aber auch bestimmte politische diplo-

matische Vorschläge zur Beilegung des Völkerkonflikts gemacht, die zwar auch mit der

dem Papste zustehenden Ehrerbietung beurteilt werden müssen, denen gegenüber aber

der Katholik religiös nicht gebunden ist. Diese konkreten politischen Vorschläge des

Papstes […] werden bei den deutschen Katholiken auch vom politischen und nationalen

Standpunkt aus zu bewerten sein. Diese Vorschläge macht der Papst als neutraler Sou-

verän, der den Meinungen und Forderungen der beiden kriegsführenden Gruppen ge-

recht werden muß, wenn er den Boden zu einer Verständigung ebnen will […]. So finden

wir bei den Vorschlägen des Papstes solche, die den Forderungen Deutschlands entge-

genkommen und solche, die den Wünschen der Entente Rechnung tragen. Die Forderung

der Entente, die volle Unabhängigkeit Belgiens herzustellen, wird berücksichtigt, Rech-

nung getragen wird aber auch der deutschen Forderung auf Herausgabe der deutschen

Kolonien und der Sicherung der Freiheit der Meere. Bei den besonders komplizierten

Fragen wie Elsaß-Lothringen […] vermeidet der Papst bestimmte Vorschläge, er über-

lässt diese den Verhandlungen der kriegsführenden Länder. An diese Fragen wird der

Katholik von seinen nationalen Grundsätzen aus heranzutreten haben; so betrachten es

die deutschen Katholiken als selbstverständlich, daß (sic!) sie nur bei voller Sicherung

der Lebensinteresse des deutschen Volkes, gelößt (sic!) werden können. […] Die deut-

schen Katholiken waren noch immer gute Katholiken und gute Deutsche, sie haben es

schon immer verstanden ihre Pflichten gegenüber dem Oberhaupt ihrer Kirche und gegen

413 Deutschland und die päpstliche Note, in: MJ 18.8.17.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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ihr Vaterland in Einklang zu bringen, weil diese Pflichten sich niemals widerstreiten kön-

nen. Zwei Vorschläge liegen dem Hl. Vater besonders am Herzen: Abrüstung und

Schiedsgericht zur Verhinderung weitere Kriege. Welcher Christ sollte diesen idealen

Gedanke des Papstes nicht zustimmen […] Die deutschen Katholiken hoffen, daß (sic!)

die Friedensbemühungen des HL. Vaters Erfolg haben, daß (sic!) seine Vorschläge als

Grundlage von Verhandlungen genommen und ein Friede erzielt wird, durch den der

Welt Ruhe und Zufriedenheit gegeben, dem deutschen Volke Sicherung seiner politischen

und wirtschaftlichen Existenz gewährleistet wird.414

Es wird also deutlich, dass der Mainzer Katholizismus der päpstlichen Note grundsätzlich

positiv gegenübersteht. Die Vorschläge, die der Pontifex macht, seien als Grundlage für

Verhandlungen geeignet. Bei den Verhandlungen müssten dann aber auch nationale

Standpunkte eine Rolle spielen: Einem Frieden um jeden Preis befürwortet das MJ

nicht.415 Es bringt zwar seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Friedensnote des Papstes

zu einem Frieden führe, ist aber „gleichzeitig eisern entschlossen so lange weiterzukämp-

fen bis zu einem ehrenvollen Frieden.“416 Gleichzeitig wird in diesem Artikel deutlich,

dass der Mainzer Katholizismus es vermeiden will in den Verdacht der Reichsfeindlich-

keit zu geraten. Man leugnete in einen Interessenkonflikt zwischen Papst und Nation zu

geraten, da ja die deutsche Regierung und der Kaiser die Forderungen des Papstes unter-

stützten. Man kämpfe nur weiter, um einen gerechten Frieden, wie ihn sich auch Benedikt

XV. wünsche, zu erreichen.

Nicht nur anlässlich der großen Friedensinitiativen wird im MJ auf den päpstlichen

Wunsch nach Frieden hingewiesen. Vielmehr wird kontinuierlich berichtet, dass der

Papst den Weltkrieg verurteilt und sich für den Frieden einsetze.417 Dabei ruft das MJ

dazu auf alle Friedensinitiativen des Papstes zu unterstützen.418 Auch die zahlreichen

414 Die deutschen Katholiken und die Friedensvermittlung des Papstes, in: MJ 25.08.1917. 415 Das beweisen auch die Artikel „Erzbischof Dr. v. Hauck über die Friedensfrage, in: MJ 26.05.1917;

Grundlagen zum Frieden, in: MJ 13.06.1917. Johannes Jakobus von Hauck (1861-1943) war ab 1912

Erzbischof des Erzbistums Bamberg. Vgl. Albrecht, Hauck, S. 78. 416 Der Papst und der Friede, in: MJ 18.08.1917. 417 Vgl. Kirchliche Nachrichten, in: MJ 18.12.1914; Von Papst Benedikt XV., in: MJ 17.04.1915; Der Papst

und der Krieg. Ein Aufruf zur Dankesbezeugung, in: MJ 27.04.1915; Der wahre Friedensfürst, in: MJ

11.05.1915; „Zwischen Krieg und Frieden“, in: MJ 18.11.1915; Die Ansprache des Hl. Vaters Papst

Benedikt XV. im Konsistorium, in: MJ 07.12.1915; Eine Weihnachtsansprache des Papstes, in: MJ

27.12.1915; Das Papstschreiben an Kardinalvikar Pompili, in: MJ 11.03.1916; Gemeinschaftliche Hl.

Kommunion der Kinder am 30. Juli 1916, in: MJ 21.07.1916; Eine Ansprache des Papstes an die Kinder

von Rom, in: MJ 01.08.1916; Papst Benedikt XV., in: MJ 02.09.1916; Antwort des Papstes an die deut-

schen Bischöfe, in: MJ 10.10.1916; Ein Friedensruf des Papstes, in: MJ 10.05.1917; Papsttum und

Friede, in: MJ 22.09.1917; Das Friedenswerk Benedikts XV., in: MJ 04.09.1918. 418 Vgl. Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewegung, in: MJ 30.06.1917; Die Erzbischöfe und Bi-

schöfe Deutschlands entbieten ihren Gläubigen Gruß und Segen in unserem Herrn Jesus Christus, in:

MJ 27.11.1917.

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Aufforderungen des Papstes für den Frieden zu beten werden dort abgedruckt und vorbe-

haltlos befürwortet.419 So wird ab dem 23. Januar 1915 regelmäßig auf die am 7. Februar

und in den Diözesen außerhalb Europas am 21. März stattfindenden Gebetsandachten für

den Frieden hingewiesen420 und mehrfach dazu aufgefordert dieses Gebet nach dem Wil-

len des Papstes nach jeder Maiandacht zu beten.421 Auch Bischof Kirstein bestätigt im

MJ, dass man den Gebets- und Bußaufforderungen des Heiligen Vaters „gerne und willig

entsprechen“422 werde und ruft im Sinne des Papstes zu einem Gebet zum Erbitten des

Friedens am 17. Juni 1917 im Rahmen des Herz-Jesu-Festes auf.423 Anlässlich eines Motu

proprio des Papstes, in dem Benedikt XV. für den 29. Juni 1918 eine Messe in allen

kriegsführenden Ländern verordnet, bei der für den Frieden gebetet werden soll,424 ver-

sichert das MJ: „Dieser Weisung und Mahnung des Hl. Vaters werden die Priester unse-

rer Diözese gewiß (sic!) bereitwillig entsprechen. Sie werden auch den Gläubigen von

den wesentlichen Inhalten des Motu proprio Kenntnis geben und sie einladen, der Hl.

Messe an diesem Welt-Opfer- und Bittag (sic!) zahlreich und andächtig beizuwohnen,

[…] und in der Meinung des Hl. Vaters zu beten“425

Es gibt auch immer wieder Stimmen im MJ, die die Universalität der katholischen Kirche

betonen. Stellvertretend sei hier auf einen Artikel verwiesen, der die Leser mahnend fragt:

„Sind wir uns allgemein in wirksamer Weise der Verbindung zur einen katholischen Kir-

che bewußt? […] Die übernatürlichen Bande der kirchlichen Gemeinschaft müssen stär-

ker sein als alle Kriegsgegnerschaft, die um irdische Reiche sich jetzt so blutig ab-

spielt.“426 So wie auch der Papst immer wieder die Geschwisterliebe und den Frieden

419 Vgl. Papst Benedikt XV. und der Rosenkranz, in: MJ 06.10.1915; Die Friedensbemühungen des Paps-

tes, in: MJ 06.03.1916; Papst Benedikt XV. ermahnt neuerdings um Erlangung des Friedens zu beten,

in: MJ 16.05.1917; Kundgebung des Heiligen Vaters Benedikt XV. um den Frieden von Jesus Christus

durch Vermittlung der Allerheiligsten Jungfrau durch eifrige Gebete zu erflehen, in: MJ 27.06.1917;

Der Papst für den Völkerfrieden, in: MJ 30.6.1917; Hirtenschreiben des Hochwürdigsten Herrn Bi-

schofs Dr. Georg Heinrich Kirstein, in: MJ 02.10.1917. 420 Vgl. Ein katholischer Weltbettag, in: MJ 23.01.1915; Allgemeines Gebet um den Frieden am 7. Februar

1915, in: MJ 27.01.1915; Buß- und Friedens-Gebet des Heiligen Vaters Papst Benedikt XV., in: MJ

26.01.1915; Um was wir bitten sollen, in: MJ 01.02.1915; Gebet um Frieden, in: MJ 20.03.1915; Eine

Übersetzung des Gebetes wird allerdings nur im Artikel vom 23. Januar 1915 veröffentlicht. Ab dann

wird nur darauf hingewiesen, dass man das Gebet in einer authentischen Übersetzung nach Wortlaut

der acta apostoliicae sedis kaufen kann. Vgl. Buß- und Friedens-Gebet des Heiligen Vaters Papst Be-

nedikt XV., in: MJ 26.01.1915. 421 Vgl. Kirchliche Nachrichten. Friedensgebet, in: MJ 12.04.1915; Für den Maimonat Friedens-Gebet des

Heiligen Vaters Papst Benedikt XV., in: MJ 28.04.1915. 422 Zur heiligen Adventszeit, in: MJ 26.11.1915. 423 Vgl. Gebet zur Erflehung eines segenreichen Friedens, in: MJ 11.06.1917. 424 Vgl. Das päpstliche Motu proprio, in: MJ 11.05.1918. 425 Ein päpstliches Motu proprio, in: MJ 28.06.1918. 426 Papsttum und Weltfriede, in: MJ 05.05.1917. Weitere Artikel wurden bereits in Anm. 243-248; 291

aufgegriffen.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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gepredigt habe, sei es Aufgabe aller Katholiken sich für die Nächstenliebe und den Frie-

den einzusetzen.427 Diese Liebe gebühre auch der Bevölkerung der anderen Länder, vor

allem den Kriegsgefangenen, denn die feindlichen Soldaten erfüllen auch nur ihre Pflicht

und folgen höheren Befehlen. 428

Die Mainzer Volksversammlung fasst die Einstellung des Mainzer Katholizismus zu den

päpstlichen Friedensinitiativen gut zusammen: Laut dieser gebe es in diesem schreckli-

chen Kriege zwei Lichtpunkte, zu denen die Menschen gläubig hoffend aufblicken könn-

ten. „Papst und Kaiser, Friedensfürsten, Verteidiger und Hüter des Rechts […] Wir kön-

nen dem Papst keinen besseren Dank erweisen, als den, daß (sic!) wir ihn in seinen Frie-

densbestrebungen unterstützen […] Also beten wir recht fleißig nach der Meinung des

Hl. Vaters für den Frieden. Dann erfüllen wir die Bitte des Hl. Vaters und erweisen uns,

unserem Vaterland und der ganzen Welt einen großen Dienst […] Möge Gott […] unse-

rem tapferen Heere zum Sieg und Frieden führen. Wir aber alle beugen in Demut vor

Gott unsere Knie und beten: ,Gott erhalte uns den Papst‘, ,Gott erhalte uns den Kai-

ser‘.429 So wird in diesem Artikel zum Ausdruck gebracht, dass man sowohl dem Papst

als auch dem Kaiser gegenüber loyal sei. Indem man die Friedensinitiativen des Papstes

unterstütze, diene man auch der eigenen nationalen Sache. Ultramontanismus und Natio-

nalismus würden sich demnach nicht widersprechen, sondern seien deckungsgleich. So-

wohl für das Wohlergehen Wilhelms II. als auch Benedikts XV. wird gebetet.

Zusammenfassend kann man sagen, dass beide Päpste in Mainz generell einen hohen

Stellenwert genossen, was die durchgängig positive Berichterstattung beweist.430 An kei-

ner Stelle in den zahlreichen Artikeln des MJ über die Päpste ist ein Anzeichen von Kritik

herauszulesen. Zudem schaffen es nur diese beiden Persönlichkeiten während des Welt-

krieges Kriegsnachrichten von der Titelseite zu verdrängen: Das erste Mal geschieht dies

am 20. August 1914 anlässlich des Todes Pius X.431 Das zweite Mal am 4. September

1914 anlässlich der Krönung Benedikts XV.432 Auch die Einstellung zum Krieg und die

zahlreichen Friedensinitiativen werden im Gegensatz zu eher national orientierten Katho-

lizismuskreisen weder verheimlicht noch kritisiert. Vielmehr wird zu deren Unterstützung

aufgefordert und positiv über sie berichtet, wie es auch in Fulda und bei der Germania

427 Vgl. Papsttum und Weltfriede, in: MJ 05.05.1917. 428 Vgl. Fasten-Hirtenbrief Georg Heinrichs, in: MJ 19.02.1917. 429 Oeffentliche Versammlung der Ortsgruppe Mainz des Volks-Vereins für das kath. Deutschland, in: MJ

02.02.1916. 430 Vgl. Erinnerung an Papst Pius X., in: MJ 27.08.1914; Zum Gedächtnis Papst Pius X.. „Ignis ardens“,

in: MJ 02.09.1914; Papst Benedikt XV., in: MJ 02.09.1916. 431 Vgl. Se. Heiligkeit Papst Pius X. gestorben, in: MJ 20.08.1914. 432 Vgl. Wir haben einen Papst!, in: MJ 04.09.1914.

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der Fall war. Auch anlässlich der großen Friedensinitiative des Papstes 1917 wird betont,

man wolle zwar keinen Frieden um jeden Preis, aber die Forderungen des Papstes können

als Grundlage zur Verhandlung dienen und seien deshalb akzeptabel. Gleichzeitig wird

behauptet, dass man durch die Friedensinitiativen des Papstes nicht in das Spannungsver-

hältnis von Nationalismus und Ultramontanismus geraten würde, da der Papst und die

Regierung des Deutschen Reiches dieselben Friedensvorstellungen hätten.

6.2 Die deutsche Friedensinitiative von 1916

In eine schwierige Lage wurde der deutsche Katholizismus zwischen Dezember 1916 und

März 1917 gebracht. So hatte die deutsche Regierung Ende des Jahres 1916 ein Friedens-

angebot an die Ententemächte gestellt und sowohl die USA als auch den Papst um Unter-

stützung gebeten. Da Großbritannien und Frankreich dem Pontifex signalisiert hatten nur

auf das deutsche Angebot einzugehen, falls der Vatikan sich nicht in die Verhandlungen

einmischen würde, kam der Papst der deutschen Bitte nicht nach. Der Grund hierfür

wurde allerdings erst im März 1917 bekannt, bis dahin schien es so, als hätte der Papst

das Angebot der Mittelmächte abgelehnt, was zu einer Abkühlung der Beziehungen zwi-

schen Papst und Deutschem Reich führte.433

Das MJ berichtet von der Übermittlung der Friedensnote der Mittelmächte an den Papst

und der Hoffnung, dass der Versuch der Mittelmächte wohlwollend vom Papst aufge-

nommen und unterstützt würde.434 Man erwarte mit Spannung die diesjährige Weihnachts-

ansprache des Papstes im Konsistorium und sei sich sicher „der Papst werde nicht ver-

fehlen, auf den deutschen Friedensvorschlag einzugehen“.435 Doch bei dieser Audienz

des Bischofskollegiums wiederholte der Papst zwar seine früheren Friedensmahnungen,

aber das Friedensangebot der Mittelmächte erwähnte er nicht. 436 Kritisiert wird der Papst

dafür im MJ jedoch nicht.437 Auch von einer Abkühlung der Beziehung ist im MJ nichts

zu spüren. Es wird weiter wie bisher positiv über ihn berichtet.

433 Vgl. Strötz, Katholizismus, S. 206; Pollard, Pope, S. 120. 434 Vgl. Die Uebermittlung der Note an den Papst, in: MJ 16.12.1916. 435 Die Haltung des Papstes, in: MJ 20.12.1916. 436 Vgl. Des Papstes Friedenswunsch, in: MJ 27.12.1916. 437 Vgl. Die Weihnachtsansprache des Papstes Benedikt XV., in: MJ 28.12.1916.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

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6.3 Die Neutralität des Papstes

Während Pius X. von der Rechtmäßigkeit des österreichischen Vorgehens gegenüber Ser-

bien überzeugt schien,438 versuchte sein Nachfolger Benedikt XV. fortwährend strikte

Neutralität zu wahren und betonte immer wieder seine vollkommene Unparteilichkeit, da

er als Stellvertreter Christi der Vater aller Katholiken sei.439 Doch diese Neutralität wurde

von beiden kriegsführenden Parteien immer wieder angezweifelt. So warf man ihm ent-

weder vor auf der anderen Seite zu stehen440, oder aber man behauptete, der Papst unter-

stütze die eigene Sache.441 Wie der Mainzer im Vergleich zum deutschen Katholizismus

damit umging wird im Folgenden dargestellt.

6.3.1 Der deutsche Katholizismus und die Neutralität des Papstes

Auch von deutscher katholischer Seite wurde die Neutralität des Papstes oft nicht respek-

tiert.442 Entweder wurde versucht den Pontifex für sich zu beanspruchen, oder man warf

ihm vor auf der Seite der Entente zu stehen.443 Vielmals wurde der Papst dazu benutzt

einen Einsatz im Weltkrieg zu rechtfertigen. So wurde immer wieder betont, ein Sieg

würde die Wiederherstellung der traditionellen Schutzfunktion des Deutschen Reiches

für das Papsttum bedeuten.444 Besonders seit dem Kriegseintritt Italiens wurde die Mei-

nung verbreitet, der Pontifex sei ein Nutznießer des deutschen Sieges, da dann die Römi-

sche Frage zu seinen Gunsten entschieden werden könne.445 Die Fuldaer Katholiken ver-

suchten den Papst für sich zu vereinnahmen: So erschienen in den dortigen Zeitungen

immer wieder Artikel, die behaupteten, der Pontifex stünde auf der Seite der Mittel-

mächte. Andere Zeitungsartikel sollen verdeutlichen, dass nur das Deutsche Reich und

438 So bezeichnet er das Vorgehen Franz Josephs I. gegen die Serben als gerecht. Gleichwohl weigert er

sich die Waffen Österreich-Ungarns zu segnen. Vgl. Gatz, Kirche, S. 59; Strötz, Katholizismus, S. 199.

Siehe hierzu auch Kapitel 2. 439 Dies ging so weit, dass der Papst es vermied Länder wegen Kriegsaktionen, die offenkundig gegen

internationales Recht verstießen, wie beispielsweise der Einmarsch des Deutschen Reiches in Belgien,

ausdrücklich zu verurteilen. Vgl. Baadte, Universalismus, S. 101; Burkard, Kaiser, S. 57; Gatz, Kirche,

S. 59; Greschat, Christenheit, S.78f.; Hürten, Kirche, S. 726; Lätzel, Kirche, S. 150; 157; 172; Morozzo

della Rocca; Benedikt XV., S. 189ff.; Scheidgen, Bischöfe, S. 324; Strötz, Katholizismus, S. 202. 440 So sprach man in Frankreich vom „pape boche“ und im Deutschen Reich vom „französischen Papst“.

Vgl. Pollard, Pope, S. 87; 94. 441 Vgl. Kretschmann, Herr, S. 59; Mommsen, Umdeutung, S. 258. 442 Vgl. Morozzo della Rocca, Benedikt XV., S. 193; Strötz, Katholizismus, S. 192. 443 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 172.; Becker, Religionsgeschichte, S. 38; Kirchner, Papsttum, S. 82; Maron,

Kirche, S. 214. 444 Vgl. Strötz, Katholizismus, S. 191; 197. 445 Siehe hierzu Kapitel 5.1.

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seine Verbündeten im Sinne des Papstes handeln würden.446 Die Bischöfe hingegen be-

tonten die Neutralität Benedikts XV. Sie verteidigten den Papst gegen sämtliche Vor-

würfe, die seine Neutralität anzweifelten.447 Vor allem Bischof Hartmann war stets von

der Neutralität Benedikts XV. überzeugt, weshalb er sich bei Bethmann Hollweg über

einen Zeitungsartikel über ein angebliches Bündnis des Papstes mit der Entente be-

schwerte.448

6.3.2 Der Mainzer Katholizismus und die Neutralität des Papstes

Der Gedanke, dass Papst Pius X. auf der Seite der Mittelmächte stehe und das Vorgehen

Österreichs gegen Serbien für ein Gerechtes halte, scheint auch im Mainzer Katholizis-

mus verbreitet zu sein. So berichten zwei Artikel, dass Pius X. auf die Bitte gegen den

Krieg zu intervenieren geantwortet hätte: „Der einzige Herrscher, bei dem ich mit Aus-

sicht auf Erfolg intervenieren könnte, weil dieser Monarch stets in Treue dem Heiligen

Stuhl ergeben war, ist Kaiser Franz Josef. Aber gerade bei ihm kann ich nicht intervenie-

ren, denn der Krieg den Österreich führt ist gerecht, nur allzu gerecht“449. Gleichzeitig

wurde mit dieser Aussage die Vorstellung der Mittelmächte sie würden den Weltkrieg als

gerechter Verteidigungskrieg führen, bestärkt.450

Auch über Benedikt XV. behauptet das MJ zunächst, der neue Papst sei österreich- und

deutschlandfreundlich.451 Doch im Folgenden wird immer wieder die Neutralität452 und

die „vollständige und unbedingte Unparteilichkeit“ 453 des Papstes und des Vatikans be-

tont. Diese habe der Heilige Vater, obwohl er „von beiden Seiten angefeindet worden

ist“454, „unter den schwierigsten Umständen vollkommen zu wahren gewusst.“455 So seien

alle Versuche ihn auf die eine oder andere Seite zu ziehen fehlgeschlagen.456 Das MJ

446 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 95f.;137. 447 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 359. 448 Vgl. Lätzel, Kirche, S. 158f. 449 Papst Pius X. und der Krieg, in: MJ 26.08.1914; Die Stellung der Katholiken zur Friedensbewegung,

in: MJ 23.06.1917. 450 Siehe hierzu Kapitel 2. 451 Vgl. Die Persönlichkeit des Hl. Vaters, in: MJ 12.09.1914. 452 Vgl. Der deutsche Kurienkardinal, in: MJ 20.11.1915; Papsttum und Weltfriede, in: MJ 24.02.1917. 453 Die Objektivität in der Kriegsfrage, in: MJ 08.09.1914; Kirchliche Nachrichten, in: MJ 09.10.1914;

Papst Benedikt XV. und die Kirchenfürsten der Entente, in: MJ 19.06.1918. 454 Der Papst und der Friede, in: MJ 18.08.1917. 455 Friedensvermittlung?, in: MJ 16.12.1915. 456 Vgl. Die gegenwärtige Stellung des Heiligen Stuhles, in: MJ 17.02.1915; Papst Benedikt XV., der Krieg

und Italiens Neutralität, in: MJ 30.01.1915; Der Papst und die kriegsführenden Mächte, in: MJ

26.06.1915; Der Krieg mit Italien. Der Wortlaut der Unterredung Papst Benedikts XV., in: MJ

29.06.1915; Unterredung des Papstes mit Latapie über die Streitfragen des Krieges, in: MJ 30.06.1915;

Die Neutralität des Papstes, in: MJ 10.08.1915; Eine Audienz beim Papste, in: MJ 30.10.1915; Die

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verteidigt dabei den Papst einerseits gegen die Vorwürfe, er stehe auf Seiten der En-

tente457, die aus dem Inland auch von katholischer Seite, aber überwiegend aus protestan-

tischen Kreisen stammten.458 Andererseits wird den Vorwürfen aus dem Ausland, er sei

deutschfreundlich, widersprochen.459 Vielmehr sei sich der römische Pontifex bewusst,

dass er als „Vertreter Jesu Christi, der für alle und jeden gestorben ist, mit dem gleichen

Gefühl der Liebe alle Kämpfenden umfassen […] müsse, [da] er als gemeinsamer Vater

der Katholiken sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite der Kriegsführenden eine

große Zahl von Kindern, deren Heil ihm gleichmäßig und ohne Unterschied am Herzen

liegen muß (sic!) [hat]“460. Seine vollkommene Neutralität habe der Papst nicht zuletzt

damit bewiesen, dass er auch alles daran gesetzt habe, dass Italien neutral bleibe, um den

Krieg nicht zu verlängern. Auch dem Vorwurf des Papstes, Neutralität sei in Wahrheit

Opportunität, wird im MJ widersprochen.461

Gleichwohl tauchen im MJ immer wieder Artikel auf, die, wie bereits mehrfach erwähnt,

versuchen darzulegen, wie man selbst im Sinne der Forderungen des Papstes entspre-

chend handelt, während die Entente die Wünsche das Papstes missachte. So wird zum

Beispiel geschrieben, der Papst habe einen Gesandten nach Frankreich und England ge-

schickt, um den dortigen Episkopat aufzufordern, dass der Gottesdienst „nicht zur Ver-

hetzung gegen andere Nationen mißbraucht (sic!) werde [...] Der päpstliche Vertrauens-

mann hat den Auftrag, auf das musterhafte Beispiel der deutschen Bischöfe und Geistli-

chen hinzuweisen.“462 Auch wird in einem Artikel betont, dass im Vatikan Frankreich

gegenüber eine ungünstige Stimmung herrsche.463 Neben den Friedensbemühungen kam

es zu zahlreichen humanitären Hilfsmaßnahmen von Seiten des Papstes.464 Da solche ka-

Neutralität des Papstes, in: MJ 17.11.1915; Die Neutralität des Papstes, in: MJ 19.02.1916; Erpressung

gegen Vatikan, in: MJ 09.09.1916. 457 Vgl. Eine mißdeutete Stelle der Weihnachtsansprache des Hl. Vaters, in: MJ 05.01.1918; Protestanti-

sche Stimmen über die Haltung des Papstes, in: MJ 02.03.1918; Eine Verletzung der Neutralitätspflich-

ten des Vatikans?, in: MJ 15.05.1918; Der Papst und der Krieg, in: MJ 07.06.1918; Papst Benedikt XV.

und die Kirchenfürsten der Entente, in: MJ 19.06.1918. 458 Vgl. Die Neutralität des Papstes im Weltkrieg, in: MJ 02.02.1918. 459 Vgl. Die Stellung des Vatikans zum Weltkrieg, in: MJ 30.04.1918. 460 Der Papst über den Krieg, in: MJ 23.01.1915. 461 Vgl. Der Heilige Stuhl und der Weltkrieg, in: MJ 08.04.1915. 462 Der Papst gegen den Mißbrauch der Kanzel, in: MJ 20.02.1915. 463 Vgl. Frankreichs Bemühungen im Vatikan, in: MJ 23.04.1915. 464 So erreichte der Papst beispielsweise einen Austausch von dem für den Militärdienst untauglich gewor

denen Kriegsgefangenen. Sein Versuch über Weihnachten 1914 eine vorrübergehende Feuerpause zu

erwirken misslang. Vgl. Gatz, Kirche, S. 59; Lätzel, Kirche, S. 172; Schatz, Kirchengeschichte, S. 134;

Scheidgen, Bischöfe, S. 322; Strötz, Katholizismus, S. 213.

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6 Die Päpste Pius X. und Benedikt XV.

69

ritativen Maßnahmen allerdings vorbehaltlos von allen, gleich welcher Konfession, be-

grüßt wurden465, soll hier im Laufe der vorliegenden Arbeit nicht genauer darauf einge-

gangen werden.466 In diesem Kontext sind sie aber insofern wichtig, als dass im MJ darauf

hingewiesen wird, dass das Deutsche Reich im Gegensatz zur Entente all diese Maßnah-

men unterstützt habe.467

Man verteidigt den Papst im Mainzer Katholizismus dementsprechend gegen jede Art

von Vorwürfen, die ihm die Neutralität absprechen wollen und gibt sogar im Gegensatz

zum Fuldaer Katholizismus zu, dass der Papst nicht auf der Seite der Deutschen stehe.

Man respektierte demnach im Gegensatz zu einem Großteil des bisher erforschten Katho-

lizismus den Wunsch des Papstes als neutral angesehen zu werden. Gleichwohl betont

man, dass man selbst in jeglicher Hinsicht den Prinzipien des Papstes entspreche, wäh-

rend die Länder der Entente papstfeindlich eingestellt seien. Dadurch konnte man sich,

wie bereits in den vorherigen kapiteln erläutert, sowohl als moralisch überlegen, als auch

als diejenigen hinstellen, die im Sinne des Katholizismus handeln.

465 Vgl. Scheidgen, Bischöfe, S. 322. 466 Das MJ berichtet in zahlreichen Artikeln über die humanitären Hilfsmaßnahmen Benedikts XV. wäh-

rend des Krieges. Stellvertretend seien hier genannt: Papst Benedikt XV. und der Weltkrieg, in: MJ

24.03.1915; Der Papst im Völkerkrieg, in: MJ 09.04.1915. 467 Der Vatikan und der Krieg, in: MJ 19.12.1914; Der Papst im Völkerkrieg, in: MJ 09.04.1915; Der Papst

und der Krieg. Ein Aufruf zur Dankesbezeugung, in: MJ 27.04.1915.

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7 Fazit

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7 Fazit

7.1 Ergebnisse der Arbeit

Der Mainzer Katholizismus sieht sich wie der gesamte Katholizismus durch den Ersten

Weltkrieg dem Spannungsverhältnis zwischen Universalismus auf der einen und Natio-

nalismus auf der anderen Seite ausgesetzt. Dabei nimmt der Mainzer Katholizismus eine

mittlere Position zwischen diesen beiden Extremformen ein.

Einerseits wird immer wieder die nationale Zuverlässigkeit der Katholiken betont. So

wird während des gesamten Ersten Weltkrieges vom Mainzer Katholizismus, in Anleh-

nung an die damals gültige moraltheologische Lehre des bellum iustum, der Weltkrieg als

gerechter Verteidigungskrieg angesehen, für den auch der deutsche Katholik zur Waffe

greifen und somit das Vaterland unterstützen darf. Auch verbreitet das MJ beständig die

Meinung, dass Gott den Deutschen im Krieg helfe, da Gott immer auf der Seite der Ge-

rechten stünde. Auch die amtlichen Legitimationsstrukturen im Falle der Rechtfertigung

des deutschen Vorgehens gegenüber Belgien -man habe aus Notwehr und zur Selbstver-

teidigung gehandelt- wird vom Mainzer Katholizismus ohne Kritik übernommen. Sowohl

der völkerrechtswidrige Einmarsch als auch das scharfe Vorgehen gegenüber der belgi-

schen Zivilbevölkerung werden im MJ nicht verurteilt. Hier stellt sich die katholische

Mainzer Tageszeitung vollkommen in den Dienst der amtlichen nationalen Propaganda.

Auch fordert das MJ seine Leser dazu auf den Krieg weiterzuführen und die nationale

Angelegenheit zu unterstützen, bis ein gerechter Friede erreicht sei.

Andererseits werden dabei nie die Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche, der

völkerumspannende Charakter des Christentums sowie die Verbundenheit mit dem Papst

geleugnet. So lehnen die Mainzer Katholiken auch den Vorschlag, der Katholizismus

solle sich in Zukunft deutsch-katholisch statt römisch-katholisch nennen, strikt ab. Die in

der Einleitung vorgestellte These, dass aus der übernationalen Kirche eine Kirche gewor-

den sei, die ausblendete, dass in anderen Ländern ebenfalls Katholiken mit derselben Tra-

dition, den gleichen Dogmen und Hierarchien und vor allem dem gleichen Credo wohn-

ten468, trifft für den Mainzer Katholizismus demnach nicht zu. Dies wird auch dadurch

bewiesen, dass die Mainzer, ebenso wie die Fuldaer Katholiken, deutlich zwischen den

Glaubensbrüdern und der Regierung in Frankreichs und Italien differenzieren. So wird

468 Vgl. Kretschmann, Herr S. 59; Lätzel, Kirche, S. 199.

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immer wieder betont nur gegen die kirchenfeindliche Freimaurerregierung in diesen Län-

dern Krieg zu führen. Dadurch würde den Glaubensbrüdern in diesen Ländern ein Gefal-

len getan. Zudem betont das MJ zwar immer wieder, dass die Katholiken dem Vaterland

treu ergeben seien und ihm dienen, aber dies dürfe nicht in eine generelle Abneigung

gegen andere Völker an sich ausarten. Höchstens die Schandtaten des Feindes dürfen ge-

hasst werden. Vielmehr wird eine Nächstenliebe verkündet, die auch den gefangenen

Feinden gezollt werden müsse, da auch diese nur ihre Pflicht gegenüber der Obrigkeit

erfüllen. Auch das Bedauern über die Zerstörung Löwens und der Kathedrale von Reims

sowie die Reaktion auf das Buch La Guerre belegen, dass man sich im Mainzer Katholi-

zismus durchaus noch einer Verbindung zu den Glaubensbrüdern in den anderen Ländern

bewusst war.

Die beiden Päpste des Ersten Weltkrieges werden im Mainzer Katholizismus durchweg

positiv bewertet. Weder ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Ersten Weltkrieg, noch

irgendeine Friedensinitiative von ihnen werden durch das MJ verschwiegen. Vielmehr

werden alle Friedensinitiativen Benedikts XV. begrüßt und er wird gegenüber den Vor-

würfen, er sei parteiisch, verteidigt. Sogar als der Papst das Friedensangebot der Mittel-

mächte 1916 nicht unterstützt, wirft man ihm keine Entente-Freundlichkeit vor. Auch

verschlechtert sich die Stimmung gegenüber dem Papst, im Gegensatz zu einem Großteil

des Deutschen Reiches, dadurch im MJ nicht.

Trotzdem missbraucht man den Papst gegen seinen Willen zur Legitimation des Krieges.

So wird den Mainzer Katholiken durch das MJ suggeriert, dass durch einen Sieg im Welt-

krieg eine bessere Stellung des Papsttums erreicht werden könne. Vor allem mit dem

Kriegseintritt Italiens wurde der Wunsch geäußert zu einer Lösung der Römischen Frage

zu Gunsten des Papstes beizutragen. Nur wenn der Papst wieder vollkommen frei in der

Ausübung seines Amtes sei, könne der Universalismus Gedanke der Katholischen Welt-

kirche verwirklicht werden. Zudem stärke ein Sieg der Mittelmächte die Position der Kir-

che in der ganzen Welt und befreie die Katholiken Italiens und Frankreichs von den dor-

tigen kirchenfeindlichen Freimaurerregierungen. Auch werden die päpstlichen Friedens-

initiativen dazu benutzt ein Weiterkämpfen zu legitimieren und sich selbst als moralisch

besser hinzustellen. Nur ein Sieg der Mittelmächte führe zu einem Frieden wie ihn der

Papst sich wünsche. Man selbst sei zwar schon zu einem solchen Friedensschluss bereit,

aber die Entente wolle aus Eroberungssucht immer weiterkämpfen. Daher müsse man

solange Durchhalten bis ein gerechter Friede, wie ihn sich auch der Papst vorstellt, errun-

gen sei.

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Indem der Mainzer Katholizismus den Krieg damit rechtfertigt für das Papsttum, die

Glaubensbrüder und die katholische Kirche in den Weltkrieg zu ziehen, verschmelzt er

die universelle katholische Angelegenheit der Weltkirche mit der nationalen Sache

Deutschlands. Im Mainzer Katholiken herrscht die Auffassung um die Universalität der

Kirche langfristig zu schützen, müsse man im Weltkrieg die deutsche nationale Angele-

genheit unterstützen. Universalismus und Nationalismus gehen so im Mainzer Katholi-

zismus während des Ersten Weltkrieges ineinander über. Man konnte gleichzeitig für

Kaiser und Papst in den Krieg ziehen, wodurch das Dilemma einer Loyalität zur Kirche

und Nation aufgebrochen wurde.

Abschließend kann für den Mainzer Katholizismus wie er sich im MJ zeigt, behauptet

werden, dass er innerhalb des deutschen Katholizismus eine mittlere Position innehatte.

Die Mainzer Katholiken waren sicherlich nicht ganz so universalistisch eingestellt wie

beispielsweise die Bischöfe, allen voran Bischof Hartmann, aber auch nicht so national

wie beispielsweise die Kölnische Volkszeitung. Ebenso wie für die Fuldaer Katholiken

kann auch für den Mainzer Katholizismus festgehalten werden, dass er trotz nationaler

Bekundungen auch „die Zugehörigkeit zur universalistischen Gemeinschaft der Kirche

und de[m] katholische[n] Glaube[n] immer wieder betont und mindestens gleichberech-

tigt neben das Bekenntnis zur Nation stellt. Dabei ist häufig der Versuch zu erkennen, die

nationale mit der kirchlichen Loyalität zu verknüpfen“.469

7.2 Ausblick auf weiterführende Studien

Um in die in dieser Arbeit vorgestellte Thematik tiefer einzudringen, könnte einerseits

das MJ genauer analysiert werden. So hätte noch auf den Kriegsbeginn eingegangen wer-

den können. Wurde dieser vom MJ mit nationaler Begeisterung begrüßt, oder verhielt

man sich eher zurückhaltend? Auch wie man sich gegenüber nationaler Leit-/Geschichts-

bilder und Identifikationsfiguren verhielt, wie den protestantischen Persönlichkeiten Wil-

helm II., Ludendorff und Hindenburg sowie Bismarck oder auch dem Sedangedenktag,

hätte untersucht werden können.470 Andererseits hätten weiter Quellengattungen in den

Blick genommen werden können. Hier bieten sich, falls vorhanden, Tagebücher und Feld-

postbriefe Mainzer Katholiken an.

469 Vgl. Göbel, Katholiken, S. 127. 470 Quellen sind im MJ dazu vorhanden so sei exemplarisch auf die Artikel: Am Gedenktage von Sedan,

in: MJ 02.09.1914; Zum Geburtstag Kaiser Wilhelm II., in: MJ 26.01.1915; Bismarcktag, in: MJ

30.03.1915; Aus dem Leben des Generalfeldmarschalls von Hindenburg. Zu seinem 70. Geburtstag, in:

MJ 02.10.1917.

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Um den Mainzer Katholizismus im Ersten Weltkrieg allgemein besser einordnen zu kön-

nen, bietet es sich an das MJ auch im Hinblick auf seine Kriegsdeutung zu untersuchen.

Finden sich im Mainzer Katholizismus, wie im bereits erforschten deutschen Katholizis-

mus Stimmen, die den Krieg als „Strafgericht Gottes“, „Lehrmeister“ und „von Gott zur

religiös-sittlichen Erneuerung der Menschheit gewollt“, darstellen.471 Dabei würde sich

neben der Einordnung des Mainzer Katholizismus in den Deutschen Katholizismus auch

ein Vergleich mit dem Katholizismus weltweit anbieten.

Zudem wären auch Fragestellungen zu innenpolitischen Themengebieten, wie beispiels-

weise der Position des Mainzer Katholizismus zur Kriegszieldiskussion, oder zum deut-

schen Regierungssystem interessant. Hierbei könnte das MJ mit Zeitungen anderer poli-

tischer Strömungen in Mainz, wie zum Beispiel dem bürgerlich-liberalen Mainzer Anzei-

ger oder der sozialdemokratischen Volkszeitung verglichen werden.472

Schließlich sei wie in der Einleitung bereits erwähnt darauf hingewiesen, dass es bisher

nur wenige vergleichbare Studien zu regionalen Katholizismen im Ersten Weltkrieg gibt.

Um die vorliegende Studie in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können, wäre

es deshalb wünschenswert, wenn ähnliche Studien für andere Regionen durchgeführt

werden würden.

471 Auch hierzu finden sich zahlreiche Artikel im MJ, beispielsweise: Karfreitag. Golgatha und Völker

krieg, in: MJ 01.04.1915; Ostern, in: MJ 08.04.1915; Der Krieg und Christus, in MJ 01.5.1915; Es soll

und muß besser werden, in: MJ 09.09.1918. 472 Vgl. Stumme, Kriegsbeginn, S. 45.

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Selbstständigkeitserklärung

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Selbstständigkeitserklärung

Erklärung gemäß § 18 Abs. 6 und § 15 Abs. 8 der Ordnung für die Prüfung im lehramts-

bezogenen Bachelorstudiengang an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

(POLBA), bzw. § 13 Abs. 2 und 3 der Ordnung im Zwei-Fächer- Bachelorstudiengang

an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (BAPO).

Hiermit erkläre ich, Simon Brößner (Matr.-Nr.: 2663632), dass ich die vorliegende

Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen oder Hilfs-

mittel (einschließlich elektronischer Medien und Online-Quellen) benutzt habe. Mir ist

bewusst, dass ein Täuschungsversuch oder ein Ordnungsverstoß vorliegt, wenn sich diese

Erklärung als unwahr erweist. § 18 Absatz 3 und 4 POLBA bzw. § 20 Abs. 3 und 4 BAPO

gilt in diesem Fall entsprechend.

Mainz, 27.03.2015 __________________________

Ort, Datum Unterschrift

Auszug aus § 18 POLBA: Versäumnis, Rücktritt, Täuschung, Ordnungsverstoß (3) Versucht die

Kandidatin oder der Kandidat das Ergebnis einer Prüfung durch Täuschung oder Benutzung nicht

zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen, gilt die betreffende Prüfungsleistung als mit „nicht aus-

reichend“ (5,0) absolviert (…) (4) Die Kandidatin oder der Kandidat kann innerhalb einer Frist

von einem Monat verlangen, dass Entscheidungen nach Absatz 3 Satz 1 und 2 vom jeweils zu-

ständigen Prüfungsausschuss überprüft werden. Belastende Entscheidungen sind der Kandidatin

oder dem Kandidaten unverzüglich schriftlich mitzuteilen, zu begründen und mit einer Rechts-

behelfsbelehrung zu versehen. Der Kandidatin oder dem Kandidaten ist vor einer Entscheidung

Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Auszug aus §20 BAPO: Versäumnis, Rücktritt, Täuschung, Ordnungsverstoß (3) Versucht die

Kandidatin oder der Kandidat das Ergebnis einer Prüfung durch Täuschung oder Benutzung nicht

zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen, oder erweist sich eine Erklärung gemäß § 13 Absatz 2

Satz 5 als unwahr, gilt die betreffende Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ (5,0) absol-

viert (…) (4) Die Kandidatin oder der Kandidat kann innerhalb einer Frist von einem Monat ver-

langen, dass Entscheidungen nach Absatz 3 Satz 1 und 2 vom zuständigen Prüfungsausschuss

überprüft werden. Belastende Entscheidungen sind der Kandidatin oder dem Kandidaten unver-

züglich schriftlich mitzuteilen, zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

Der Kandidatin oder dem Kandidaten ist vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu

geben.