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DEUTSCHLANDFUNK

Redaktion Hintergrund Kultur / Hörspiel

Redaktion: Hermann Theißen

Dossier

Der Nazi als guter Nachbar

Eine Nahaufnahme aus Südwest-Mecklenburg

Von Rainer Link

Sprecher:

Regie

Produktion: Di, 29.05.2012 & Mi, 30.05.2012

12:00-20:00 in H 8.1.

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Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt

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©

- unkorrigiertes Exemplar -

Sendung: Freitag, 01. Juni 2012, 19.15 - 20.00 Uhr

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Sprecher:

Wer gehört hier zur NPD?

1. O-Ton

Keine Ahnung, weiß nicht.

2. O-Ton

Ich hab da keine Meinung zu.

Sprecher.

Jeder 6. wählt hier Neonazis.

3. O-Ton:

Jeder sechste?, das ist übertrieben. Aber hier sind viele, keiner weiß, dass die da

drin sind.

4. O-Ton Zwei Männer , Dialog:

Hier? Wo denn hier? Kann doch nicht sein. Hier in Lübtheen? Ach. Tja, was denkst

Du denn?

Du weißt doch gar nicht, wer da alles drin ist. Ja, ich weiß nicht. Musst Du dich mal

Donnerstag hinstellen, wenn Versammlung ist.

Sprecher:

Wahlen sind geheim. Hier besonders:

5. O-Ton

Wenn irgendwie ein Wort rauskommt, dann geht das hier los.

6. O-Ton

Ja, ich kenn jemanden, der ist aber auch schon Rentner und kennen tu ich einen, der

ist da früher drin gewesen.“

Ansage:

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Der Nazi als guter Nachbar

Eine Nahaufnahme aus Südwest-Mecklenburg

Ein Feature von Rainer Link

Sprecher:

Die Stadt heißt Lübtheen, besitzt 2.000 prächtige Lindenbäume und etwa doppelt so

viele Einwohner. Sie liegt im Südwesten Mecklenburgs und grenzt an das

Biosphärenreservat Elbtalaue. Die Autobahn Hamburg – Berlin ist nicht weit entfernt.

Die nächste größere Stadt ist Ludwigslust. Auf dem Weg nach Lübtheen passiert

man prächtige Alleen, den Luftraum beherrschen Kraniche und Wildgänse. Eine

Idylle, die mitunter auch als Toskana der Nazis bezeichnet wird. Nur da, wo das

Naturreservat endet, beginnt ein riesiger Truppenübungsplatz der Bundeswehr.

7. O-Ton Bundeswehrwerbevideo:

Auftrag in Lübtheen: Die 4. Fallschirmjägerkompanie probt den Angriff auf ein

Gebäude von Aufständischen. Musik hoch, raus bei 0:14

Sprecher:

Wenn nicht gerade geschossen wird, ist Lübtheen eine friedliche Kleinstadt mit

gepflegten alten Häusern und engen Straßen mit Kopfsteinpflaster. Die Hauptstraße

ist nach dem Sozialdemokraten Rudolph Breitscheid benannt, der zentrale Platz

nach dem Kommunisten Ernst Thälmann. Beide Namensgeber starben im KZ

Buchenwald. Die 17-köpfige Stadtvertretung dominieren heute SPD und CDU mit

jeweils fünf Sitzen. Im Zentrum der Stadt steht eine klassizistische Kirche aus dem

Jahr 1820, deren Glocken aus Stahl gefertigt sind.

8. O-Ton Glocke

Sprecher:

Die NPD residiert gleich gegenüber der Kirche in einem fein restaurierten

Backsteingebäude. Die Wände im Parteibüro sind tannengrün gestrichen, die

Sitzecke besteht aus einem grünen Sofa und grünen Sesseln. Und dann ist da noch

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Udo Pastörs, der Hausherr; NPD Fraktionschef im Landtag zu Schwerin. Er trägt eine

grünliche Cordhose und eine grüngraue Trachtenjacke. Bei einem führenden NPD-

Kader hätte ich eher eine Vorliebe für die Farbe Braun vermutet.

9. O-Ton

Warum gefällt ihnen die Farbe grün nicht? Ich find sie sehr schön. Wir sind

Demokraten, und wie wer seine Wohnung einrichtet, das überlassen sie uns. Das ist

jetzt ein bisschen deplaziert gewesen, macht aber nichts. Das Vergnügen sollen Sie

ruhig haben.

Sprecher:

In Lübtheen ist die NPD die einzige Partei, die ein Bürgerbüro betreibt. Sie bei den

zurückliegenden Wahlen zum Landtag und zum Kreistag mit Ergebnissen um die 15

Prozent glänzen können. Ein Mecklenburger Rekord, der für Selbstbewusstsein

sorgt.

10. O-Ton

Wir sind mehr Mitglieder als die SPD hier hat vor Ort. Die SPD hat 17 Mitglieder im

Ortsverein.( Lachen). So viel dazu....

Sprecher.

Andreas Theissen freut sich über den gelungenen Vergleich. Kräftige Statur, breite

Schultern, rote Haare – der Mann könnte für eine irische Whiskey-Marke Reklame

laufen, stattdessen wirbt er für die hiesige NPD, ist deren Kreisvorsitzender im

Südwesten des Bundeslands und sitzt auch im Stadtrat von Lübtheen. Von Beruf ist

er Zimmermann, aber sein Geld verdient er als Wahlkreismitarbeiter von Udo

Pastörs. Als Fraktionsvorsitzender der NPD im Schweriner Landtag kann der sich

eines größeren Mitarbeiterstabes bedienen. Donnerstags und Freitags lädt Andreas

Theissen zur Bürgersprechstunde.

Rund um einen großen Tisch sind ein knappes Dutzend Stühle gruppiert. Kafee und

Kekse stehen bereit. Fünf männliche Besucher sitzen im Raum, nicht alle wollen mit

mir darüber reden, weshalb sie das NPD-Büro aufsuchen.

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12. O-Ton ein Besucher:

Meine Freundin hatte ein Problem mit dem Arbeitsamt. ne horrende Nachzahlung

sollte die tun, und kann das natürlich nicht, von Hartz 4 ist das mal schlecht. 100

Euro Gas für ein Vierteljahr. Und das Arbeitsamt will das nicht übernehmen und nun

haben wir erst mal nen Widerspruch geschrieben. Eigentlich müssen sie es nämlich

übernehmen. Und da ich da nicht so gut bin im Widerspruchschreiben, wird das hier

so ausgeführt und hingeschickt zum Arbeitsamt.

Und hier, weiß ich, ist es unkompliziert, hier ist auf , und hier brauch ich keinen

Termin vereinbaren, hier kann ich hergehen, leg das auf den Tisch und dann wird da

was unternommen. Sofort.

13. O-Ton Rentner, Herr R.

Mich interessiert jetzt nicht die Partei NPD, ich will einfach Hilfe haben. Habe auch

nicht vor NPD- Mitglied zu werden.

14. O-Ton 173 Andreas Theissen bei 3: 18 Hartz 4 Beratung

Damals als wir das Bürgerbüro eröffnet haben, haben wir das auch gleich mit

angeboten. Und wir waren damals die ersten. Und wir konnten in vielen Fällen helfen

und so was spricht sich natürlich rum in so einer Kleinstadt. Man kennt uns hier als

Menschen. Und mich persönlich auch, meine Familie, wir leben hier schon lange.

Und ich denke auch der persönliche Kontakt, weil man uns kennt, trägt dazu bei.

Sprecher:

Die Zahl der anwesenden Ratsuchenden schwankt im Laufe des Vormittags

zwischen Null und Sechs., nicht jeder hat ein Problem, mancher zeigt sich eher an

einer Tasse Kaffee interessiert.

15. O-Ton älterer Mann

Ha, ha ha. Die Tür ist auf, die freuen sich, wenn man da ist. Ha, ha warum politisch?

Was soll das sein ha, ha.....

Sprecher:

Wer in Lübtheen ein Problem mit Hartz 4, der Grundsicherung oder der Rente hat,

könnte auch zum Arbeitslosenverband, zur Volkssolidariät oder ins Bürgerbüro der

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Gemeinde gehen..Wer das Beratungsangebot der NPD nutzt, trifft damit eine

politische Wahl.

Die Stadt Lübtheen und die Partei NPD, sie sind in der Region fast schon zu einem

Synonym geworden – sehr zur Verärgerung von Bürgern, die mit der Neonazipartei

nichts zu tun haben wollen.

16. O-Ton 2 Frauen

Wir waren im vorigen Jahr am Herrentag auf nem Schiff von Lauenburg nach

Scharnebeck, da kommen zwei Musiker, wir begrüßen die und sagen ja auch, wo wir

herkommen. Ach, die Hochburg. Wissen Sie, dann sind Sie schon geplättet. Und das

find ich so schrecklich, das ist ja nicht nur Lübtheen, das ja weit verbreitet, dass das

hier so ist. Wenn meine Tochter zu mir zu Besuch kommt, und die arbeitet in Erfurth

beim Gericht, dann sagt sie keinem, wo sie hinfährt. Und das ist doch schon

bedenklich.

Sprecher.

Insbesondere junge, gut ausgebildete Frauen haben die Stadt in den letzten Jahren

verlassen. Eine Statistik für die Gegend um Ludwigslust/ Lübtheen sagt: auf 100

junge Männer, kommen hier nur noch 75 junge Frauen.

17. O-Ton Frau

Wenn Sie sich unsere Stadt angucken, es wird immer weniger hier, was haben wir

noch? Wir sind bald nur noch alte Leute und Hartz-4 Leute. Alles andere muss sich

Arbeit sonst wo suchen und wenn sie die gefunden haben logischerweise, ziehen sie

in die Nähe, da die Kosten für die Fahrerei ja auch immer höher und schwieriger

werden. Ich nehme an, der größte Teil ist, dass sie unzufrieden sind, wie´s läuft.

Sprecher:

Im Zentrum, nur wenige Schritte vom NPD-Bürgerbüro, gibt es einen Discounter mit

einem riesigen Parkplatz. Ein Mann im mittleren Alter scheint sich um die

Einkaufswagen zu kümmern. Was hält er von den vielen Stimmen für die Rechten?

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18. O-Ton Parkplatzwächter

Ich mein, das ist ganz richtig so, dass die Stimmen kriegen. Jetzt sieht man ja wie

korrupt der Staat ist, z. B. an dem Bundespräsidenten und dass dieser Staat über

Leichen geht. Ja, das sieht man an den leider 10 Ausländern, die erschossen

wurden, da hat der Staat auch seine Hände mit im Spiel. Da kann man mir sagen,

was man will. ...

Sprecher:

Er steht ganz offen dazu, die NPD zu wählen.

Fortsetzung 18.O-Ton Pakplatzwächter:

Das ist kein Geheimnis und die Leute, die man so spricht, die wollen angeblich nichts

mit zu tun haben. Aber so in Gesprächen kriegt man das schon mit. .Ich find schon,

dass es gut ist, das die hier sind und es wird überall Mist gemacht, die machen auch

Scheiße, was mir auch nicht gefällt, nech.

Sprecher:

Ein etwa vierzig Jähriger bekennt sich ganz offen zu seiner NPD – Mitgliedschaft und

erzählt, dass er noch nicht lange Lübtheen lebt..

19. O-Ton 175, einfaches NPD Mitglied

Wegen Beruf, weil damals keine Arbeit war, hier war welche. Und wegen der Frau,

die hab ich kennen gelernt und jetzt bleib ich auch hier. Und die Liebe funktioniert

noch und dann ist das gut. Jobmäßig ist es halt nicht so doll. Zeitarbeit, 6,28 Euro ist

der Tarif und damit muss man halt leben können.

20. O-Ton, einfaches NPD- Mitglied

Ich bin ja Ostdeutscher, aber ich war nie in ner Partei früher. Und dann war damals

die große Wende. Und ich hab schon – ich sag mal - ne nationale Haltung gehabt,

damals schon. DVU Mitglied gewesen und auch gewählt. Aber das hat mir dann nicht

mehr so zugesagt, das war dann immer so ne Einmann-Show von dem Herrn Frey

und na ja. Dann hat man mal dies gewählt und mal das gewählt und auch mal gar

nicht gewählt und irgendwann hat man gesagt, jetzt reicht mir das, so geht das nicht

weiter, da müssen radikale Sachen her und da hat man NPD gewählt. Und hier läuft

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das genau auf eine Richtung, auch wenns manchmal ein bisschen radikal ist.

Sprecher.

Besuch bei der Volkssolidarität, dem Wohlfahrtsverband aus alten DDR Zeiten.

Dreissig ältere Damen sitzen an Tischen und verbringen den Nachmittag mit

Kartenspielen.

21. O-Ton Romèe Damen-Turnier

Romee, Romee, wir machen was gegen Demenz, (alle lachen ).Ob wir den Kampf

gewinnen, wissen wir aber noch nicht, (wieder Lachen)

Eigentlich merkt man die gar nicht. Man wohnt in der Nachbarschaft, aber man merkt

die gar nicht.

Das sind auch keine Lübtheener, die sind von außerhalb. Die sind von den Dörfern.

In den Dörfern ist mehr los. Hier in Lübtheen ist gar nichts.

Ich hab hier noch keine Randale gesehen, sind immer nett und grüßen und weiter

hat man nichts mit denen.

Man weiß, wer das ist, aber so lange sie einen in Ruhe lassen ....

Man weiß es und man schweigt. Denn ändern werden wir die sowieso nicht.

Ich kenne keine Menschen, die hier NPD wählen ....

Durch das ganze Arbeitslosensein wissen sie nicht, was sie machen sollen.

Oh, ich hab 15 Karten, wer hat gegeben?

Ich.

Alle lachen.

Sprecher:

Wie wird eine Kleinstadt zu einem Zentrum für Neonazis? Braucht es hohe

Arbeitslosigkeit? Muss der Anteil der nichtdeutschen Wohnbevölkerung

überdurchschnittlich hoch sein? Müssen die althergebrachten Parteien versagt

haben? Im Falle des südwestlichen Zipfels um Lübtheen trifft all dies nicht zu. Die

Arbeitslosigkeit liegt unter 10 Prozent und der Ausländeranteil ist so gering, dass

selbst die NPD – Agitatoren passen müssen.

22. O-Ton Andreas Theissen

Also hier in der Stadt spielt das Thema Ausländer fast gar keine Rolle. Wir haben

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hier einen Döner-Laden in der Stadt, das sind zwei Pakistaner. Dann hatten wir hier

bis vor kurzem noch einen zweiten Döner- Laden, die haben aufgegeben, weil sich

das wohl nicht rechnet. Und dann haben wir noch einen Asiaten, der so Krimskrams

anbietet. Ansonsten spielt das Thema hier vor Ort keine Rolle.

Sprecher:

Landesweit hatte die NPD ein Plakat aufgestellt, dass forderte: Kriminelle Ausländer

raus! Das Wort Kriminelle war indes so klein gedruckt, dass dem Betrachter die

nackte Parole „Ausländer raus“ ins Auge sprang.

23. O-Ton Andreas Theissen

Also wir hier vor Ort plakatieren das auch nicht vordringlich. Das ist hier nicht das

Hauptthema. Das ist nur nebenbei.

Sprecher:

Die NPD sei hier deshalb so stark, weil ihre Kader gezielt und in großer Zahl unter

konspirativen Umständen in die Gegend eingesickert seien, wird hinter vorgehaltener

Hand gesagt.

24. O-Ton, Rentner

Da kommt einer von der anderen Seite und der hat sich dann hier breit gemacht. Ja,

der Uhrmacher, ne......

Sprecher: Udo Pastörs handelte mit Uhren und Schmuck.

....und die ersten Jahre, wo er hier war, hat sich ja keiner drum gekümmert. Und

nachher, wo er sesshaft war hier, da ging das los. Menschenkinders hast Du schon

gehört, der Uhrmacher ist bei der NPD. Tja, er ist auch offen und man kann sich auch

sehr gut mit ihm unterhalten. .Er ist kein schlechter Mensch so, aber dass er da nun

so drin ist, ist seine Sache, neh.

25. O-Ton Frau Lindenau

Sicherlich war er erst mal als Uhrmacher hier ansässig und hatte auch viel

Kundschaft, hatte auch durchaus einen interessanten Schmuckladen auch. Ich

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denke, dass er auch viele Leute angezogen hat, das kann ich mir schon vorstellen.

Ich denke, er hat die Leute auch immer vernünftig beraten, die hatten jedenfalls nicht

den Eindruck dort schlecht behandelt zu werden. Nebenbei hat er sicherlich

irgendwelche Gespräche geführt, wie ich ihn kenne. Das hat er mit mir ja auch

versucht. Da hat er sich als netter Bürger hervorgetan und die Bürger kennen ihn in

erster Linie so und auch seine Frau in erste Linie, die ja sehr viel vor dem Laden

gefegt und gemacht hat und mit allen sich unterhalten hat, was die Leute auch

mögen, ist ja ganz normal.

Sprecher:

Die Sozialdemokratin Ute Lindenau ist die Bürgermeisterin des kleinen Ortes. Die

Fünfzigjährige ist gebürtige Lübtheenerin und hat hautnah miterlebt, wie immer mehr

braune Kameraden, denen man ihre Gesinnung zunächst nicht habe anmerken

können, in die Gegend gezogen seien. Sie hätten repräsentative, aber dennoch

billige Immobilien gekauft und sich erst danach als politische Kader zu erkennen

gegeben.

26. O-Ton Lindenau ( kann b ei Überlänge auch entfallen)

Herrn Pastörs habe ich wissentlich wahrgenommen am 27. April 2002. Da hatten wir

Sternfahrt, das ist so ein Motorradfahrt für Demokratie, Toleranz gegen

Rechtsextremismus, die jedes Jahr im Landkreis durchgeführt wird. Und dann hab

ich noch so zu den anderen die da zugeguckt haben gesagt, ach, kommen sie doch

ruhig rein, essen sie was,, trinken sie was. Und da fiel mir am Zaun ein Mann auf, ja,

in so einem Trachtenanzug, son Janker in Dunkelgrün. Und da hab ich gefragt, wer

ist das eigentlich, weiß das einer, und da meinte man, das ist Herr Pastörs.

27. O-Ton Andreas Theissen

Diese Einsickerungs- und Unterwanderungsgeschichte, die ist natürlich medial an

den Haaren herbeigezogen. Ich z. B. lebe bereits seit 1994 hier, habe 1998 bereits

auf der NPD Liste kandidiert, damals war das eine 1,o – Partei. Seitdem ist es

bekannt, dass meine Person und andere sich dafür einsetzen. Und es sind noch

mehr Geschichten mit der Unterwanderung ziemlich an den Haaren herbei gezogen.

Wenn ich als Vater meine Kinder zum Sport bringe, unterwandere ich nicht gleich

einen ganzen Sportverein. Da sind Ängste geschürt worden und die haben das

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einfach aufgegriffen.

( Neu ! ) Atmo O-Ton Kneipe

Sprecher.

Drei Männer gruppiert um einen Resopaltisch, auf dem eine ganze Batterie von

kleinen Kräuterschnapsflaschen steht. Sie kommen aus Dörfern rund um Lübtheen

und sprechen über ihr Hobby: die Arbeit am Fischteich. Ich frage dagegen nach der

NPD, das ist nicht ihr Thema:

28. O-Ton Collage: Drei männliche Renter

1. Kann ich schlecht was zu sagen. Da kann ich schlecht was zu sagen.

2. Ja, da kann man schwer was zu sagen. Was soll man dazu sagen?

1. Man ist überrascht gewesen, nech.

3. Ich sag nichts, ich weiß nichts.

2. Wir kennen die Leute nicht, und mehr können wir nicht sagen.

1. Herrn Pastörs kennen wir nur als Uhrmacher, da hab mir schon mal ne Batterie

wechseln lassen und weiter kenn ich ihn nicht.

2. Handwerklich einwandfrei.

1. Mehr können wir dazu nicht sagen.

Sprecher:

Gibt es Gründe die NPD zu wählen?

29. O-Ton Collage: Drei männliche Renter

Das ist der Frust. Das ist der Frust hundertprozentig. Viele wählen sie nicht aus gut

Freundschaft, nur aus Frust wählen sie die.

Davon kommt das auch. Jeder kleine Hühnerdieb wird bestraft, der eine klaut ein

Brötchen, der wird bestraft, der wird entlassen. Und diese großen Menschen werden

befördert, die kriegen noch ne Zapfenstreich. Das ist nicht schön, nech.

Ja, Ja. Ja.

Aus dem Frust sagen die, ja, dann wählen wir die lieber, aber nicht aus

Überzeugung, das macht keiner. Kann man ja gar nicht, von der Sache her geht das

ja gar nicht.

Die sind alle ärgerlich mit den ganzen Ausländern, alles was ist, die rein und

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rauskommen, die uns die Arbeit wegnehmen nech. Soll´n unseren Leuten erstmal

Arbeit verschaffen. Nicht das unsere kilometerweit fahren, um arbeiten zu können.

Sprecher:

15 Prozent Zustimmung bei Wahlen ist das Ergebnis langjähriger und geduldiger

Arbeit auf der Straße, im Stadtrat und in der Gemeinde. Ein Malermeister mit NPD-

Parteibuch hatte vor einiger Zeit angeboten, einen heruntergekommenen

Klassenraum kostenlos zu renovieren, was die Gemeinde allerdings abgelehnt habe.

NPD-Kreisvorsitzender Andreas Theissen habe versucht,, sich als ehrenamtlicher

Übungsleiter beim örtlichen Sportverein zu verdingen, erzählt man mir. Eltern hätten

ihn gefragt, ob er nicht das Training der Kinder beaufsichtigen könne, entgegnet er.

Theißens Ehefrau Birkhild ließ sich als Elternsprecherin einer Grundschulklasse

wählen und war zeitweilig Betreuerin einer Krabbelgruppe für Kleinkinder.

( Neuer ! ) 29 c. O-Ton 174 Andreas Theissen

Meine Frau ist eine gänzlich unpolitische Person und ist eigentlich Mutter und in ihrer

Funktion als Mutter bringt sie sich ganz normal in den Alltag der Schule ein als

Elternarbeit ganz normal, das hat auch nichts mit Unterwanderung zu tun, das ist an

den Haaren herbeigezogen.

Sprecher:

In der Stadtvertretung sind es vor allem Alltagsprobleme der Bürger, um die sich die

zwei NPD-Vertreter kümmern.

30. O-Ton Andreas Theissen

Wir stellen natürlich Fragen. Wir fragen, wie die Dinge sich verhalten, wie die Zahlen

zustande kommen. Warum z. B. Der Baum XY an dieser Stelle gefällt werden muss.

Und warum die Baumaßnahme so viel kostet?

31. O-Ton Andreas Theissen

Man kennt uns hier in der Stadt, wir leben hier öffentlich, unsere Kinder gehen hier in

die Schule. Wir gehen hier in der Stadt einkaufen, ganz normal betätigen wir uns am

normalen Vereins- und Schulleben hier Und ich denke, dass die Menschen uns

kennen, persönlich kennen und vergleichen können, ob wir das, was wir sagen auch

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leben, das ist der große Baustein unseres Erfolges hier.

Sprecher:

Man gibt sich als Kümmerer, als Anwalt der kleinen Leute. Hier soll eine

Ortsdurchfahrt verkehrsberuhigt, dort ein Steg an einem Badesee erneuert und

woanders der Fuhrpark der Freiwilligen Feuerwehr erweitert werden. Die genuinen

NPD-Themen werden nur sparsam dosiert unter die Leute gebracht und in ihrer

Radikalität auf ein bekömmliches Maß heruntergeschraubt. Das ist das NPD

Geschäftsmodell in Lübtheen.

Eine große Rolle für die NPD-Erfolge spielt eine landesweite Kampagne, die die

Neonazis auf den Slogan “Todesstrafe für Kinderschänder“ gebracht haben. Wenn

irgendwo in Mecklenburg Vorpommern Sexualstraftäter nach Verbüßung ihrer

Haftstrafe an ihren ursprünglichen Wohnort zurückkehren, stehen Neonazis bereits

am Gartenzaun und mobilisieren verunsicherte Nachbarn. Oder verunsicherte

Nachbarn bedanken sich für die Unterstützung der Rechtsradikalen. Die Vorbehalte

gegen die Unterbringung von Sicherungsverwahrten im eigenen Wohnumfeld sind

dabei häufig größer als die Scham, sich mit den Aktivisten der NPD einzulassen.

Dabei treten die mit offenem Visier auf und sind für alle Beteiligten als Nazis

identifizierbar:

32. Fremd- O-Ton aus DLF Sendung „Hintergrund“ 06. März 2012 Titel: „Am Ende der

Strafe“ aus der Ortschaft Insel ( liegt auf der anderen Elbseite, gehört zu S. Anhalt ):

"Wir haben im Grunde genommen, na nicht gefreut, aber wir waren im Moment doch,

... die waren nur anwesend, anwesend, die haben ja nichts gemacht. .Die waren nur

da, wollten sich das angucken, mehr nicht. Die haben sich zwischen uns gestellt

sozusagen, mehr nicht. Für uns war es so, dass eben noch eine größere Masse

aufmarschiert ist."

Sprecher:

Als im Frühsommer 2011 ein verurteilter Sexualstraftäter in ein Dorf im Umkreis

Lübtheens zurückkehren sollte, war dies eine Sternstunde für die NPD Agitatoren. In

Stadtratssitzungen, in Flugblättern und direkt vor Ort wurde der Abgeurteilte mit

vollem Namen und Adresse genannt und die Kinderspielplätze und

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Kinderbetreuungseinrichtungen in der Nähe aufgezählt. In der Maske des besorgten

Nachbarn hysterisierte man die örtliche Bevölkerung. In Lübtheen hingegen kam das

Transparent mit der Aufschrift „Todesstrafe für Kinderschänder!“ nicht zum Einsatz.

Es war wohl zu radikal für die Strategie des Nazis als guter Nachbar.

33. O-Ton Andreas Theissen

Sie kennen uns und wir verstellen uns nicht, wir brauchen uns auch gar nicht zu

verstellen, das würde auch gar nicht funktionieren, wenn ich mich verstellen würde.

Wenn ich was anderes wäre, als ich es darstelle, in so einer kleinen Stadt, dann

würde mir das sofort auf die Füße fallen. In meiner Gemeinde, in meinem Dorf, da

sind wir zweitstärkste Kraft, das liegt natürlich auch daran, dass man mich persönlich

dort kennt dort.

Sprecher:

In Andreas Theissens Heimatdorf Langenheide, einem kleinen Vorort von Lübtheen,

kennt man ihn als den freundlich grüßenden, immer ansprechbaren

Kommunalpolitiker von der NPD. Da ist schnell vergessen, dass er wegen Verstoßes

gegen das Sprengstoffgesetz vorbestraft ist. Von 1992 bis zu deren Verbot war

Andreas Theissen zudem „Unterführer“ der militanten Wiking-Jugend. Und auch in

dem NPD-Verbotsantrag des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2001 taucht

sein Name auf. Dort wirft man ihm vor, als NPD- Mitglied die Kontakte zur

verbotenen „Nationalistischen Front“ gepflegt zu haben.

Körperverletzungs – und Nötigungsdelikte runden das Persönlichkeitsbild ab.

---------------- Hier Musiktrenner ( Militärmarsch?? ) ----------------

Sprecher:

Ich fahre von Lübtheen nach Wöbbelin; ein langgezogenes Straßendorf in der Nähe

von Ludwigslust. Hier warb die NPD bei der zurückliegenden Landtagswahl 2011

besonders intensiv um Wählerstimmen, okkupierte dabei nahezu jeden Lichtmast für

ihre Wahlplakate und erzielte mit 12 Prozent ein Rekordergebnis.

Am Ortseingang malochen polnische Erntehelfer zur Mittagszeit auf einem

Spargelfeld. Wenige Hundert Meter entfernt begibt sich ein junger Deutscher zur

gleichen Zeit in das Lokal „Zur Eiche“ und will dort ein Bierchen trinken.

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34 a. O-Ton 205, NPDler

Ich hab auch NPD gewählt, da bin ich ganz ehrlich. Das geht einem auf den Sack,

das die reinkommen hier und wir arbeitendes Volk müssen schuften, schuften

schuften und die kriegen dann alles frei Haus vom Staat und dürfen machen, was sie

wollen. Das hat aber nichts damit zu tun, dass man Nazi ist, das hat damit zu tun,

dass man Deutscher ist.

Was bei uns hier so abgeht, hier wird ja viel geklaut, Autos aufgebrochen, Baustellen

platt gemacht, Benzin geklaut und wenn man das hört sind dass alles nur Tschechen

und Polen.

Sprecher.

In Wöbbelin liegt ein deutscher Krieger und Dichter begraben, der seit den frühen

1930er Jahren auch und vor allem von den Nationalsozialisten verehrt wurde:

Theodor Körner.

35. O-Ton Wöbbelin R. Ramsentaler

Ja, wir sind hier jetzt beim Körner Denkmal, das 1814 hier aufgestellt wurde. Und es

gibt eine Inschrift auf diesem Grabdenkmal, die einen direkten Bezug auch hat dazu,

dass dieser Ort, vor einigen Jahren ein Ort war, zu dem die Kameradschaften hier

aus der Region gekommen sind bzw. ich möchte mal sagen Personen aus dem

rechten Kreis:

Vaterland wir wollen hier sterben

wie ein großes Wortgebäud

unsere Lieben mögens erben

was wir mit dem Blut befreit

wachse Du Freiheit der deutschen Eichen

wachse empor über unsere Leichen

Ein Zitat von Theodor Körner und wir haben die drei Begriffe, die natürlich in der

Ideologie der Nationalsozialisten eine Rolle gespielt haben: Das Blut, die deutschen

Eichen und die Leichen.

Sprecher:

Gedenkstättenleiterin Ramona Ramsenthaler ist beruflich zu einem politischen

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Spagat gezwungen. Sie soll unter einem Dach an den Freicorps Kämpfer Theodor

Körner und gleichzeitig an die Opfer des Konzentrationslagers Wöbbelin erinnern,

dass hier im Frühjahr 1945 für wenige Wochen bestand. Widersprüche deutscher

Geschichte werden selten so deutlich wie hier.

Als Mitglied des Lützower Freicorps war Körner im Kampf gegen Napoleon gefallen

und in Wöbbelin beigesetzt worden, ein deutschnationaler Hurra-Patriot, nach dem

die Bundeswehr wie auch die Nationale Volksarmee Kasernen benannt hat Seit den

1930 Jahren ist das Grab Theodor Körners ein Pilgerort für Nazis und ist es bis heute

geblieben.Ausgerechnet direkt neben dessen Grabstätte hatten US- Militärs 1945 die

Toten des KZ Wöbbelin beerdigen lassen. Seitdem ist Wöbbelin auch ein Ort der

Erinnerung für die Angehörigen der Ermordeten. Körner und die NS-Opfer liegen nur

einen Steinwurf voneinander entfernt.

35a . O-Ton junger Mann:

Wir waren auf der Theodor Körner Seite immer halt nech und nicht auf der anderen

Seite.

35 b. O-Ton Nazi-Wähler:

Schwamm drüber, ja Schwamm drüber, so sehe ich das. Was früher war, war früher

und was jetzt ist ist jetzt. Und dann muss man da nicht noch lange drauf rumreiten.

Ja, so sehe ich das.

35 c. O-Ton Unternehmer

Ich selber engagiere mich da nicht und geh da auch nicht hin persönlich, weil die KZ-

Überlebenden auch mal sagen, es muss mal Ruhe sein. Mich stört es nicht, muss ich

sagen, aber ich schreie auch nicht, dass es weitergehen muss. Ich bin da neutral,

muss ich sagen.

35 d . O-Ton Wirtin „Zum Dreieck“

Es würde reichen, wenn man da ne Kranzniederlegung macht, oder vielleicht ne

kleine Feierstunde aber man muss da nicht, da hinten am KZ wird die Straße

gesperrt -also für zwei Stunden- Also, das wird zu sehr aufgezogen diese Sache, weil

es ja schon so lange her ist, der Krieg ist ja schon so lange her. Gut, für die, die da

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drin waren ist es traurig, aber viele haben es ja überlebt. Aber, wie gesagt: es könnte

auch mit einer kleinen Feier abgegolten werden, ist meine Meinung.

Sprecher:

Der NPD ist das Gedenken an die KZ- Opfer generell nicht recht, die Ehrung

Theodor Körners dagegen eine Herzensangelegenheit.

36. O-Ton Ramsentaler

Es hat in den Jahren 2006, 2007 Aufmärsche von Kameradschaften und NPD

Mitgliedern an der Körner Gedenkstätte gegeben. Und das ist besonders diffizil,

wenn zum gleichen Zeitpunkt dann auch ein Bus eintrifft mit Opfern und Angehörigen

von Opfern aus Belgien, die dann mit den Leuten konfrontiert wurden, die in einem

entsprechenden Outfit dann damals aufgetreten sind.

Sprecher:

Die Rechtsradikalen sprechen verächtlich von der „Kranzabwurfstelle“ Wöbbelin.

37. O-Ton Ramsentaler

Also, es hat in den vergangene Jahren mehrfach Schändungen gegeben, 2002 in

extremer Form, da ist das Denkmal für die Opfer der Todesmärsche von Jo Jastram

mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Arme und Beine sind abgeschlagen

worden. So das dieses Denkmal extrem zerstört war und restauriert werden musste .

Es hat namentlich in den letzten drei Jahren wiederholt Vandalismus im Bereich des

ehemaligen Lagers gegeben, Anti -Amerika -Aufkleber sind auf den Infotafeln

verklebt worden, Blumenschalen sind zertreten worden.

Musiktrenner

Sprecher:

Auch im mecklenburgischen Grevesmühlen unterhält Udo Pastörs ein Bürgerbüro.

Es befindet sich in einer martialisch anmutenden Wehranlage in einer ehemaligen

Zementfabrik. Ein hölzerner Wachturm ist nicht besetzt als ich an einem normalen

Werktag Einlass begehre. Das ganze Areal ist mit einem mannshohen Holzzaun

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gegen fremde Blicke oder Eindringlinge gesichert und erinnert an ein Südstaaten

Fort aus einem Wildwest-Film.

39. O-Ton Andreas Theissen

Äh, äh erst mal hat die NPD dort kein Büro mit nem Zaun drum rum, sondern sie hat

ein Büro in einem Gebäude, wo ein Zaun drum rum ist. Ne, so verhält sich das erst

mal. .Es gefällt mir persönlich nicht, ich find´s offen viel besser, weil wir haben nichts

zu verbergen. Ich habe nichts zu verbergen, die Leute können zu mir kommen.

Sprecher:

Hinter dem Zaun grillen die braunen Kameraden ihre deutschen Würstchen auf

einem stählernen Holzkohlengrill, in dem die Worte „Happy Holocaust“ eingestanzt

sind. In direkter Nachbarschaft des Bürgerbüros liegt der Redaktionssitz der NPD

nahen Internetzeitung MUP – Kürzel für Mecklenburg und Pommern. Ein Organ, in

dem Nazis schreiben dürfen, was ihnen so durch den Kopf geht, z. B. über die von

der Zwickauer Zelle ermordeten Ausländer:

Zitator:

„Leute, Ihr rafft auch gar nichts. Die Abdul´s und Schlabdul´s haben die eigenen

Döner gegessen und sind daran elendlich krepiert .Deshalb ´´Bratwurst statt Döner“.

Ist wesentlich gesünder und man lebt länger. Eine Schweigeminute können die

Gutmenschen ja halten, indem sich jeder einen Döner in den Mund schiebt und dann

vielleicht auch daran verr…. Es wäre ein Segen für die Menschheit.“

Sprecher:

Ein Grill mit Holocaust Bezug, eine Verhöhnung von Mordopfern rechter Gewalt.

Kommt hier die hässliche Fratze des Neofaschismus unter der Biedermeier-

Verkleidung zum Vorschein? Udo Pastörs schäumt.

40. O-Ton Pastörs

Also zunächst sollten Sie bemüht sein, ich hör das ja aus dem ganzen Diktion heraus

und auch der Duktus Ihrer Fragestellungen lässt das auch vermuten, den Rat möchte

ich Ihnen wirklich geben als ganz normaler Mann von 60 Jahren, sollten Sie von

vorne herein nicht ausschließen, dass das Bild, das von einer Partei gezeichnet wird,

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nicht unbedingt mit der Wahrheit übereinstimmen muss.

Sprecher:

Der Happy Holocaust Würstchengrill ist jüngst an einen anderen Ort verfrachtet

worden, kann keine bösen Fragen mehr provozieren. Aber die Grundstimmung rund

ums Grevesmühlener Thing- Haus bleibt aggressiv und bedrohlich. Glatzköpfe in den

schwarzen T-Shirts der Freien Kameraschaft Wismar“ machen den Grevesmühlener

Marktplatz unsicher. Hier paktieren NPD Strategen ganz offen und eng mit den

militanten Schlägern aus der Kameradschaftsszene. Und das ist absolut nicht

ungewollt. Eher ein Test zur Frage: Wie weit kann sich Rechtsradikalismus offen

darstellen, bevor das eigene Wählerklientel entsetzt abwinkt oder die Gesellschaft

zur Gegenwehr aufruft.

41. O-Ton Pastörs

Die NPD hat in den letzten Jahren eine ganz hervorragende Arbeit abgeliefert, in

dem sie der letzte Hort des politischen Labors war. Hier konnten die jungen Leute

reinkommen, ob Parteimitglied oder nicht Mitglied und konnten innerhalb der NPD im

Bereich der legalen politischen Betätigung die unterschiedlichsten Dinge

ausprobieren. Wir sind, wenn Sie so wollen, die neuen 68er gewesen, nur unter

anderem Vorzeichen.

Sprecher:

Einer der maßgeblichen Macher des Grevesmühlener Thing-Hauses kann derzeit

keine Interviewfragen beantworten. Es ist der Bauunternehmer Sven Krüger, NPD-

Kader der ersten Stunde, er sitzt derzeit in Haft. Sven Krüger, seine Helfer und seine

Baumaschinen sorgten dafür, dass auf den Ruinen der verfallenen Zementfabrik das

Thing-Haus, als nationales Begegnungszentrum wuchs.

Die Justiz schickte den mehrfach Vorbestraften diesmal für 3 Jahre und 4 Monate

hinter Gittern. Er hatte sich der Hehlerei von Baumaschinen im großen Stil schuldig

gemacht. Und dann war da noch eine Maschinenpistole mit passender Munition.

Kann so einer wie Sven Krüger NPD Mitglied bleiben.

42. O-Ton Pastörs

Da ist Platz für sehr viele Leute, aber es ist auch bei uns irgendwo Schluss, wo wir

20

dann sagen, von diesen Leuten müssen wir uns distanzieren oder von der einen oder

andren Person müssen wir uns sogar verabschieden. Das wir dann nach unseren

Statuten, diese Leute aus der Partei rauswerfen. Und das tun wir da auch, wo wir das

für angebracht halten.

Sprecher.

Aber im Fall Sven Krüger dachte die NPD nicht über einen Parteiausschluss nach,

sondern organisierte eine Solidaritätsveranstaltung.

Der Parteibarde Frank Rennicke, der schon einmal NPD Kandidat für die

Bundespräsidentenwahl war, griff im Thing-Haus zur Klampfe und sang ein Lied für

den Inhaftierten und alle anderen politischen Gefangenen des nationalen

Widerstands.

43. O-Ton Rennicke singt...

geht über in Musiktrenner

Sprecher.

Besuch bei Udo Pastörs, dem NPD-Fraktionsvorsitzenden im mecklenburgisch

vorpommerschen Landtag in seinem Büro im Schweriner Schloss. Auf seinem Tisch

hat er gut sichtbar die erste Verfassung der DDR gelegt. Hobbyhistoriker Pastörs lobt

dieses Werk ungefragt als die freieste Verfassung, die jemals in Deutschland

existierte. Hier würde der Gedanke der deutschen Souveränität und der deutschen

Einheit eindrücklich betont.

Er ist zum Interview bereit, hat seinen Fraktionsgeschäftsführer als Ohrenzeugen

dabei, und kommentiert beinahe jede Frage mit einer harschen Tirade.

Warum gibt sich die NPD in Lübtheen so angepasst gutbürgerlich und im

benachbarten Grevesmühlen so offen nationalsozialistisch, will ich wissen.

44. O-Ton, Pastörs

Das ist dann auch ein Defizit ihrer Recherche bzw. seriöse Arbeit stelle ich mir dann

anders vor.

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Sprecher:

Strategie und Taktik wären aus einem Guss, Fraktionierungen gäbe es nicht - und

das Feindbild ist ohnehin klar.

45. O-Ton Pastörs

Wir gehören nicht zum Block, zum etablierten Block, sondern wir sind ganz klar eine

Alternative zum Einheitsbrei und zum politisch sozialen Verbrechertum in den letzten

10 bis 15 Jahren auch hier in Mecklenburg Pommern erlebt haben. Und so ist das zu

verstehen unser Konzept.

Sprecher:

Für die Parlamentarier der sog. Systemparteien empfindet Pastörs nur Verachtung.

46. O-Ton Pastörs

Für mich sind viele hier in diesem Landtag völlig unterqualifiziert und zum Teil

intellektuell primitiv. Nicht alle, aber viele. Das wissen die auch, und dann reagieren

die natürlich wie die Verrückten, wenn man sie zur Raserei bringt.

Sprecher:

Es gelingt Pastörs zuverlässig in jeder Landtagssitzung, die Vertreter der andern

Parteien zur Raserei zu bringen – absichtsvoll und wohlkalkuliert. Ungezählte

Ordnungsrufe und Saalverweise pflastern seine parlamentarische Karriere.

48. O-Ton Pastörs

Dann fragen mich die Leute in Lübtheen: Sagen Sie mal Herr Pastörs, warum haben

Sie gestern eigentlich den Ordnungsruf bekommen? Und ich sage dann, weil ich das

Wort Kamerad verwandt habe. Oder wenn ich sage: Mecklenburg Pommern, dann

gibt's einen Ordnungsruf.

Sprecher:

Dabei sind seine Parlamentsreden verglichen mit seinen Tiraden auf NPD

Veranstaltungen vergleichsweise moderat:

50. O-Ton Pastörs , Wahlkampfauftritt

22

Neuer Führungsstil: ganz klare Definition, was wir wollen und ganz klare Definition

von dem, was wir können, und erst dann, wenn wir das definiert haben, schlagen wir

politisch eiskalt los. Und dann haben wir auch die Selbstsicherheit, dass unser

Schlag die richtigen Leute, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort zu Boden ringt, meine

Damen und Herren, weil das gesamte Finanzgebäude dieser Judenrepublik in den

nächsten zwei Jahren untergehen wird. Starker Beifall

Sprecher:

Udo Pastörs meidet den offiziellen Namen seines Bundeslandes Mecklenburg

Vorpommern wie der Teufel das Weihwasser, denn er reklamiert Gebietsansprüche

auf polnischem Territorium.

51. O-Ton Pastörs

Ich persönlich benutze sehr bewusst auch Pommern, weil Vorpommern, wenn sie die

Geschichte kennen würden, dann werden sie sehen, dass das ein Kunstname ist.

Mecklenburg Vorpommern, das ist historisch völlig hahnebüchen. Und wenn man

sich dafür interessiert, dann merkt man, dass nicht alles koscher ist, was man uns da

auf den Geschichtsteller packt.

Sprecher:

Die polnische Westgrenze ist für den NPD-Politiker lediglich ein Produkt der Willkür

von Siegermächten. Das Territorium, das in Parteikreisen Hinterpommern genannt

wird, soll heim ins Reich geholt werden - 2 plus 4 Verträge hin, EU-Charta her.

Die NPD lässt nichts aus, was Polen in schlechtem Licht erscheinen lassen kann.

Beispiel Atomkraft. Gegen den Betrieb deutscher Atomkraftwerke sah man die NPD

noch nirgendwo demonstrieren. Gegen die Planung eines AKWs in Polen laufen die

mecklenburgisch vorpommerschen Neonzis Sturm.

52. O-Ton Pastörs

Atomtod aus Polen, eine sehr gute Diktion, die sehr viel Aufmerksamkeit erregt hat,

propagandistisch sehr gut gemacht war.

Sprecher.

Auch gegen sog. polnische Piratenfischer, die den Deutschen Kollegen Hering und

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Dorsch streitig machen sollen, wird eine Kampagne geführt. Man fordert, den

„Piratenfischern“ jenseits der Oder das Handwerk zu legen. In vielen

parlamentarischen Anfragen will die NPD auch Details über die sog.

Grenzkriminalität von Polen erfragen, ein mobilisierendes Thema, dass sie offensiv in

alle parlamentarische Gremien trägt. Der Abgeordnete Tino Müller:

O-Ton 52a, NPD-Redner, Tino Müller

Wenn ihnen zehn mal der Wasserhahn auf dem Friedhof gestohlen wurde.....

überblenden auf

52 b. O-Ton 182, Pastörs, bei 15: 35

Und dazu gehört ganz selbstverständlich kriminelle Ausländer auszuweisen. Ich bin

da ganz auf der Seite der Leute, die das fordern.

Sprecher:

Udo Pastörs sitzt im Bundesvorstand der NPD, gilt neben dem sächsischen

Fraktionschef Holger Apfel als der flügelübergreifend starke Mann der Partei. Er leitet

seine Landtagsfraktion unangefochten, dominiert den mecklenburgischen

Landesverband und verfügt auf allen Parteiebenen über eine starke Hausmacht. Er

ist ein aufwühlender Redner. Und dann ist er auch noch vermögend. Die Zukunft der

Bundes - NPD ist eng mit seiner Person und seinen strategischen Vorstellungen

verbunden. Aber auf welchen Kurs will er die Partei führen? Möglicherweise weiß er

es selbst noch nicht genau. Die so unterschiedlichen Politikansätze in Lübtheen und

in Grevesmühlen sind jedenfalls zwei Optionen, die sich ziemlich antagonistisch

gegenüberstehen.

Mal spielt er die Rolle des alarmierten Lokalpolitikers, der sich über die

Auswirkungen von Hartz 4 sorgt, der gerechten Lohn für gute Arbeit fordert und das

örtliche Handwerk stärken will, und wenig später tritt er als der braune Tribun auf, der

seine Anhänger mit nazistischen Ungeheuerlichkeiten aufputscht, wofür er auch

schon wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.

Musiktrenner hier Wiederholung

8. O-Ton Kirchenglocke Lübtheen

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Sprecher:

Zurück nach Lübtheen. Die NPD hat bei den letzten Kommunalwahlen zugelegt und

ihre Kader können sich in der Rolle des nachbarschaftlichen Kümmerers weiter

profilieren. Die Partei gewinnt an Einfluss und die Familie Pastörs beträchtliche

Zuwächse an Immobilien.

Als der verstorbene Neonazi Jürgen Rieger in den vergangenen Jahren bundesweit

als Kaufinteressent von Immobilien auftrat, rief das noch heftige Gegenreaktionen

hervor. Man wollte unbedingt verhindern, dass die NPD sich Tagungshäuser oder

andere Schulungsstätten aneignen konnte. Man versuchte Rieger juristisch zu

stoppen und wenn das nichts half, bot man bei Versteigerungen mit. In Lübtheen ist

das nicht so. Die Familie Pastörs verfügt bereits über einen erheblichen Grundbesitz.

Ein Hotel und zwei Häuser – alle direkt im Zentrum - sollen zuletzt in braune Hände

übergegangen sein. Kein Aufschrei. Keine Gegenwehr. Die Bürgermeisterin war

machtlos.

53. O-Ton Lindenau

ja, wenn sie es denn wissen, können sie ein Riesenspektakel machen, wenn sie

nichts wissen, können sie keins machen. Ich wusste vorher nichts von diesen

Verkäufen.

54. O-Ton Pastörs

Ich unterscheide schon meine privaten Geschäfte von parteipolitischer Aktivität. Und

das trifft auch für den Kauf und die Bewirtschaftung von Immobilien zu. Das Geschrei

´Haltet den Dieb` funktioniert vielleicht anonymisiert in ganz Deutschland, wenn

solche Berichte kommen, aber vor Ort, wo die Leute ihre roten Barone kennen, trägt

das nicht. Da läuft genau das Gegenteil. Da sehen die Leute, was ich kaufe, wird

traditionell solide in Ordnung gebracht und wird dann auch zu Konditionen an Leute

weitergegeben, d. h. vermietet, die absolut im Bereich Sozialmiete liegen.

55. O-Ton Lindenau

Die Leute, die jetzt hier vor Ort ansässig sind, die sind in meinen Augen 24 Stunden

Nazi, mit denen muss ich keinen Dialog führen, weil, die werden niemals aussteigen

oder abschwören, da bin ich mir Hundert Prozent sicher.

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Sprecher:

Die Bürgermeisterin wehrt sich tapfer, will keinerlei Konzessionen machen, hofft im

Stillen auf ein rasches NPD-Verbot. Denn mit Lübtheener Bordmitteln ist die NPD

vermutlich nicht zu besiegen.

56. O-Ton Lindenau

Die haben natürlich alle Haus und Hof hier und wenn man nur ne Wohnung hat, dann

zieht man vielleicht auch mal woanders hin, aber die sind hier ja im Grunde fest

angesiedelt, das ist einfach so. Und ich glaub nicht, dass die so einfach wieder

wegziehen würden. Es sei denn, die finden ein anderes Gebiet, was sie als nächstes

einverleiben möchten.

ENDE