Der schwierige Atemweg bei kranio-maxillo-fazialen Eingriffen · eine Intubation möglich sind,...

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Einleitung Im Rahmen der Einleitung einer Allge- meinanästhesie ist der Patient nicht mehr fähig, seinen Luftweg offenzuhalten und er stellt seine Atemanstrengungen ein. Auch die Schutzreflexe erlöschen. Zur Oxygenierung und CO 2 -Elimination wird eine externe Beatmung unter Kon- trolle durch den Anästhesisten notwen- dig. Bis zur endotrachealen Intubation erfolgt die Beatmung mithilfe einer dicht um Mund und Nase abschließenden Ge- sichtsmaske. Ein schwieriger Atemweg wird als Situa- tion definiert, in der ein durchschnittlich ausgebildeter Anästhesist Probleme bei der Maskenbeatmung, bei der Intubation auf konventionellem Weg oder bei bei- dem hat und keine adäquate Ventilation möglich ist [1, 2]. Diese Definition be- schreibt somit keine konkrete klinische Befundkonstellation (z. B. anatomische Varianten, Deformation durch Patholo- gien), sondern bezieht zu patientenspe- zifischen Gegebenheiten auch weitere Einflussfaktoren wie den Ausbildungs- stand und die Kompetenz des Anästhe- sisten sowie die äußeren Umstände (z. B. Notfallsituation, elektiver Eingriff) mit ein. n Grundsätze: Prinzipiell zu unterscheiden ist der erwartet schwierige Atemweg vom unerwartet schwierigen Atemweg Ziel der präoperativen anästhesiolo- gisch-chirurgischen Beurteilung eines Patienten während der Prämedikations- visite ist die Prävention des unerwartet schwierigen Atemwegs, um die damit einhergehenden logistischen Probleme und vermeidbare Notfallsituationen zu umgehen. In operativen Fächern, in denen vorwie- gend kranio-maxillo-faziale Eingriffeinfolge von Traumen, bei Tumoren und Deformitäten oder Fehlbildungssyndro- men durchgeführt werden (MKG-Chi- rurgie, HNO), muss mit einer Häufung von schwierigen Atemwegsverhältnis- sen und problematischen Intubationen gerechnet werden [19,21]. Wenn weder eine suffiziente Maskenbeatmung noch eine Intubation möglich sind, dann wird dieser Zustand als cannot ventilate, can- not intubate(CVCI) bezeichnet [1, 6, 7, 12, 17]. Bei einer anfänglich noch mög- lichen Maskenbeatmung und Oxyge- nierung können frustrane Intubations- versuche durch Traumatisierung und Ödembildung im Epiglottis- und Glottis- bereich zu einem lebensbedrohlichen CVCI-Szenario eskalieren [2, 7]. Zusammenfassung Das Atemwegsmanagement bei kra- nio-maxillo-fazialen Eingriffen in All- gemeinnarkose ist häufig komplex und mit mehr technischem Aufwand verbunden, als es in vielen anderen operativen Fachbereichen üblich ist, nicht zuletzt, weil das OP-Gebiet und das Arbeitsfeld des Anästhesisten iden- tisch ist. Ein Bündel typischer klini- scher Befunde ist der Wegweiser zur Vorhersage von anatomisch bedingten Intubationsproblemen und deren Be- wältigung. Als Standardverfahren beim Management des erwartet schwieri- gen Atemwegs gilt die Wachintuba- tion mit dem flexiblen fiberoptischen Bronchoskop. Um besonderen Proble- men oder einem unerwartetschwie- rigen Atemweg zu begegnen, müssen adäquate organisatorische und instru- mentelle Voraussetzungen geschaffen werden. Mit einer neuen Generation sog. Videolaryngoskope zur Sichtver- besserung auf die Glottis sollte Er- fahrung unter Routinebedingungen gesammelt werden, um sie bei schwie- rigen Atemwegsverhältnissen sinnvoll in den Ablauf integrieren zu können. The Difficult Airway in Cranio- Maxillo-Facial Operations Part 1: Anaesthesiological Management Anaesthesia and airway management for cranio-maxillo-facial procedures often present problems which are un- familiar to most other surgical special- ties, since the field for the surgical in- tervention and for the endotracheal approach are congruent. Reliable pre- diction of a difficult airway in the preoperative clinical assessment and familiarity with the requirements unique to the CMF specialties are the key for successful management. Awake fibre-optic bronchoscopy is regarded as the gold standard to secure a diffi- cult airway. In order to be able to deal with special challenges or unexpect- edly difficult airway scenarios, it is mandatory to generate a coherent plan with an adequate background in organisation, expertise and technical armamentarium. The new generation of videolaryngoscopes allowing for an improved glottic view needs evalua- tion and training in the daily operating room routine before these devices can be integrated into the succession of steps for establishing a secure airway even under difficult conditions. Der schwierigeAtemweg bei kranio-maxillo-fazialen Eingriffen Teil 1: Anästhesiologisches Management & n Matthias Jacob, Carl-Peter Cornelius, Sven Otto OP-JOURNAL 2011; 27: 160167 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1271036 160 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Befundkonstellation (z.B. anatomischeVarianten, Deformation durch Patholo-gien), sondern bezieht zu patientenspe-zifischen Gegebenheiten auch weitereEinflussfaktoren wie den Ausbildungs-stand und die Kompetenz des Anästhe-sisten sowie die äußeren Umstände (z.B.Notfallsituation, elektiver Eingriff) mitein.

n Grundsätze: Prinzipiell zu unterscheidenist der– erwartet schwierige Atemwegvom

– unerwartet schwierigen Atemweg

Ziel der präoperativen anästhesiolo-gisch-chirurgischen Beurteilung einesPatienten während der Prämedikations-visite ist die Prävention des „unerwartetschwierigen Atemwegs“, um die damiteinhergehenden logistischen Problemeund vermeidbare Notfallsituationen zuumgehen.

In operativen Fächern, in denen vorwie-gend „kranio-maxillo-faziale Eingriffe“infolge von Traumen, bei Tumoren undDeformitäten oder Fehlbildungssyndro-men durchgeführt werden (MKG-Chi-rurgie, HNO), muss mit einer Häufung

Der „schwierige“Atemweg beikranio-maxillo-fazialen EingriffenTeil 1: Anästhesiologisches Management

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Zusammenfassung

Das Atemwegsmanagement bei kra-nio-maxillo-fazialen Eingriffen in All-gemeinnarkose ist häufig komplexund mit mehr technischem Aufwandverbunden, als es in vielen anderenoperativen Fachbereichen üblich ist,nicht zuletzt, weil das OP-Gebiet unddasArbeitsfelddesAnästhesisten iden-tisch ist. Ein Bündel typischer klini-scher Befunde ist der Wegweiser zurVorhersage von anatomisch bedingtenIntubationsproblemen und deren Be-wältigung. Als StandardverfahrenbeimManagement des erwartet schwieri-gen Atemwegs gilt die Wachintuba-tion mit dem flexiblen fiberoptischenBronchoskop. Um besonderen Proble-men oder einem „unerwartet“ schwie-rigen Atemweg zu begegnen, müssenadäquate organisatorische und instru-mentelle Voraussetzungen geschaffenwerden. Mit einer neuen Generationsog. Videolaryngoskope zur Sichtver-besserung auf die Glottis sollte Er-fahrung unter Routinebedingungengesammelt werden, um sie bei schwie-rigen Atemwegsverhältnissen sinnvollin den Ablauf integrieren zu können.

nleitung

Rahmen der Einleitung einer Allge-einanästhesie ist der Patient nichtehr fähig, seinenLuftwegoffenzuhaltend er stellt seine Atemanstrengungenn. Auch die Schutzreflexe erlöschen.r Oxygenierung und CO2-Eliminationird eine externe Beatmung unter Kon-

von schwierigen Atemwegsverhältnis-sen und problematischen Intubationengerechnet werden [19,21]. Wenn weder

-JOURNAL 2011; 27: 160–167Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkI http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1271036

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The Difficult Airway in Cranio-Maxillo-Facial OperationsPart 1: AnaesthesiologicalManagement

Anaesthesia and airway managementfor cranio-maxillo-facial proceduresoften present problems which are un-familiar to most other surgical special-ties, since the field for the surgical in-tervention and for the endotrachealapproach are congruent. Reliable pre-diction of a difficult airway in thepreoperative clinical assessment andfamiliarity with the requirementsunique to the CMF specialties are thekey for successful management. Awakefibre-optic bronchoscopy is regardedas the gold standard to secure a diffi-cult airway. In order to be able to dealwith special challenges or unexpect-edly difficult airway scenarios, it ismandatory to generate a coherentplan with an adequate background inorganisation, expertise and technicalarmamentarium. The new generationof videolaryngoscopes allowing for animproved glottic view needs evalua-tion and training in the daily operatingroom routine before these devices canbe integrated into the succession ofsteps for establishing a secure airwayeven under difficult conditions.

trolle durch den Anästhesisten notwen-dig. Bis zur endotrachealen Intubationerfolgt die Beatmung mithilfe einer dichtum Mund und Nase abschließenden Ge-sichtsmaske.

Ein schwieriger Atemweg wird als Situa-tion definiert, in der ein durchschnittlichausgebildeter Anästhesist Probleme beider Maskenbeatmung, bei der Intubationauf konventionellem Weg oder bei bei-dem hat und keine adäquate Ventilationmöglich ist [1,2]. Diese Definition be-schreibt somit keine konkrete klinische

eine suffiziente Maskenbeatmung nocheine Intubation möglich sind, dann wirddieser Zustand als „cannot ventilate, can-not intubate“ (CVCI) bezeichnet [1,6,7,12,17]. Bei einer anfänglich noch mög-lichen Maskenbeatmung und Oxyge-nierung können frustrane Intubations-versuche durch Traumatisierung undÖdembildung im Epiglottis- und Glottis-bereich zu einem lebensbedrohlichenCVCI-Szenario eskalieren [2,7].

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Präoperative anästhesiologische Visite

Eine gründliche Beurteilung der Atem-wege ist unbedingte Voraussetzung fürein zielorientiertes „airway manage-ment“ und zur erfolgreichen Atemwegs-sicherung [1,2,6–8,10,11,17,21]. Wäh-rend einer sorgfältig durchgeführtenPrämedikationsvisite vor einem elekti-ven Eingriff ist die Evaluation naturge-mäß deutlich besser möglich als in derNotfallsituation bei einem Patienten mitZeichen der Dekompensation (Stridor,Apnoe, Zyanose) [9,11].

Sofern möglich, wird die Vorgeschichtedetailliert erhoben und eine körperlicheUntersuchung durchgeführt, um prädis-ponierende Faktoren für einen schwieri-gen Atemweg zu identifizieren und die

Planung des anästhesiologischen Vor-gehens darauf abzustimmen. Die Fragenbei der Anamneseerhebung werden sichauf vorausgegangene Anästhesien, aufschwierige Allgemeinanästhesien bei Fa-milienmitgliedern und auf die derzeitigeMedikamenteneinnahme richten.

Besonders angesprochen werden solltenSchnarchen, Schlafapnoe und anato-mische Varianten, die einer Standard-intubation unter laryngoskopischer Sichtentgegenstehen könnten. Gibt es eineeigene Vorgeschichte mit früheren anäs-thesiologischen Problemsituationen,werden Aufzeichnungen und Vorbefun-de angefordert, um zu ersehen, welcheTechniken bisher eingesetzt wordensind.

Es sind mehrere klinische Untersu-chungsparameter geschaffenworden, umeinen schwierigen Atemweg möglichstobjektiv und verlässlich vorherzusagen.Zu den bekanntesten Beurteilungskrite-rien auf der Basis der anatomischen Ver-hältnisse gehören die Mallampati-Zei-chen [2,6,12,16,17]. In der Mallampati-Klassifikation wird neben der Zungen-größe in Relation zum Pharynx auch diemaximale Kieferöffnung bzw. Schneide-zahn-Kanten-Distanz (SKD) zur Ein-schätzung des Risikos mit berücksichtigt(Kasten 1). Beim Erwachsenen bewegtsich die SKD normalerweise in Grenzenzwischen 32mm und 45mm. Ab einerSKD ≤ 25mm wird die Insertion einesStandardlaryngoskop-Spatels problema-tisch.

Mallampati-Klassifikation [12]

Abschätzung des Schwierigkeitsgradseiner endotrachealen Intubation

Zur Untersuchung wird der stehendeoder sitzende Patient bei neutraler Kopf-haltung gebeten, den Kiefer soweit wiemöglich zu öffnen und die Zunge mög-lichst weit aus dem Mund herauszustre-cken.

Prädiktoren über die Mallampati-Zei-chen hinaus sind der Sterno-Mental-Ab-stand, die Thyro-Mental-Distanz und derZahnstatus bzw. die Kieferrelation [17,19].

Der Sterno-Mental-Abstand, das ist dieMessstrecke zwischen der knöchernenJugular-Inzisur und dem Menton (= kau-daler Kinnpunkt), während der Patientseinen Kopf maximal rekliniert, gilt alsMaßstab für die Beweglichkeit im Atlan-

to-Okkzipital-Gelenk (kritischer Wertbeim Erwachsenen ≤ 12,5 cm). Bei nor-maler Beweglichkeit und guter Über-streckbarkeit von HWS und Kopf lassensich die Achsen von Mund, Pharynx undLarynx fast in eine Parallelstellung brin-gen. Diese sog. „Schnüffelstellung“ [6,10]gilt als ideal fürdiedirekteLaryngoskopieund endotracheale Intubation (Abb. 1).

Beim Erwachsenen wird ein Sterno-Mental-Abstand ≤ 12,5 cm als kritischfür eine Positionierung, in der noch eineausreichende Ventilation und Oxygenie-rung möglich ist, angesehen [8,10].

Die Thyro-Mental-Distanz, das ist dieMessstrecke zwischen der oberen Ein-ziehung des Schildknorpels bei maximalüberstrecktem Kopf und dem Kinnpunktbei geschlossenemUnterkiefer, soll einenAnhaltspunkt für die seitliche Verdräng-barkeit der Zunge mit dem Spatel desLaryngoskops liefern und damit eine Ein-schätzung der Größe des Raumes, derinnerhalb des Unterkieferbogens undvor dem Larynx zur Verfügung steht, er-möglichen. Eine Thyro-Mental-Distanz≤ 6,5 cm (etwa 3 Querfinger) gilt als kriti-scher Wert für das Vorliegen eines ana-tomisch schwierigen Atemwegs, z.B. beikurzem Hals, Blockade in Beugestellungoder mandibulärer Mikro- oder Retro-gnathie (skelettale Hypoplasie oderRückwärtslage des Unterkiefers). Als kri-

Der Mallampati-Score setzt das anatomischeRaumangebot im oropharyngealen Übergangund die SKD in Beziehung zum steigendenSchwierigkeitsgrad bei der direkten Laryngo-skopie bzw. endotrachealen Intubation.

n Kasten 1

Nach gängiger Modifikation [16] wird in4 Stufen unterschieden, wieweit sich derRachen einsehen und der Kehlkopfein-gang laryngoskopisch einstellen lässt.– Mallampati-Score 1: volle Sichtbarkeitweicher Gaumen, Uvula und Gaumen-bögen mit Tonsillen

– Mallampati-Score 2: Seitliche Gaumen-bögen und Spitze der Uvula nichtmehr sichtbar

– Mallampati-Score 3: nur weicher Gau-men sichtbar

– Mallampati-Score 4: nur harter Gau-men sichtbar

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Abb. 1a und b a Orale (OA), pharyngeale(PA) und laryngeale Achse (LA) in Rückenlage–Divergenzstellung.b ParallelausrichtungderAchsen durch Überstreckung von Kopf undHalswirbelsäule sowie Öffnung und Protrusionder Unterkiefers in der „Sniffing Position“.

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tisch ist auch eine Einschränkung derUnterkieferprotrusion zu betrachten.Dabei fehlt die Translationsbewegung inden Kiefergelenken, wodurch sich dieMandibula nicht vorschieben lässt bzw.die Unterkieferschneidezähne nicht vordie Oberkieferfront positioniert werdenkönnen.

Zu Interferenzen mit dem Laryngoskop-spatel kann es durch breite Zahnlückenin der Oberkieferfront, ein transversalenges gotisches Gaumendach und eben-so durch sehr lange obere Schneide-zähne kommen. Der Spatel wird mögli-cherweise eingeklemmt oder kann nichtausreichend anguliert werden.

Der diagnostische Stellenwert der ge-nannten Prädiktoren ist einzeln genom-men oftmals eher eingeschränkt. Mitmehreren Kriterien im Bündel steigt dieWahrscheinlichkeit, den Schwierigkeits-grad einer endotrachealen Intubationzuverlässig zu prognostizieren [8,21].

Die Einstellbarkeit der Glottis mithilfedes Laryngoskops lässt sich in 4 Gradeunterteilen [4] (Kasten 2). Allerdingsmuss diese Einschätzung im Rahmeneiner kürzlich vorausgegangenen Intu-bation erhoben worden sein und stehtdaher oft nicht zur Verfügung.

Cormack & Lehane-Skala [4]

CL-Grade

EinAtemwegkannaufgrundangeboreneroder erworbener irreversibler anatomi-scher Verhältnisse permanent schwierigsein, aber auch infolge akut aufgetre-tener Veränderungen, z.B. durch einTrauma, Entzündungen, Abszedierungenoder Tumoren, welche letztlich zur aktu-ellen Narkose geführt haben [1,2]. EineReihe der wichtigsten Erkrankungen,die nach Erfahrungswerten bei CMF-Ein-griffen sehr oft für Schwierigkeiten beieiner konventionellen naso- oder oro-endotrachealen Intubation [11,19] ver-antwortlich sind, ist in Tab. 1 zusam-mengestellt.

Zur Einschätzungder Atemwegssituationsollte auch die Bildgebung aus CT undMRT Beachtung finden. Die Schnittebe-nen in den 3 Raumebenen geben sehrgenaue Auskunft über Raumforderungenund Einengungen oder anatomische Ver-ziehungen und Varianten im Bereich derLuftwege. In Extremfällen kann anhandder CT-Datensätze sogar eine virtuelleEndoskopie simuliert werden.

Spezielle Anforderungen an denAtemweg bei CMF-Eingriffen

CMF-Eingriffe zur Behandlung von Trau-men, Tumoren, Logenabszessen oder De-formitäten finden im Bereich der Atem-wege oder in deren unmittelbarer Nähestatt, sodass beim Airway-Managementauch praktischen Gesichtspunkten, wiez.B. einem ungestörten transoralen Zu-gang zum Operationsgebiet, Rechnungzu tragen ist [21].

n Der Passageweg zur endotrachealen In-tubation durch Mundhöhle oder Naseund das Gebiet, in dem die chirurgischeIntervention vorgenommen wird, ist beiCMF-Eingriffen zumeist identisch, wo-raus sich besondere Erfordernisse beider Atemwegssicherung ergeben.

Bereits bei der OP-Planung müssen imTeamalle Informationenüber potenzielleAtemwegsprobleme und operativ-tech-nische Erfordernisse, welche die Zu-gangsmöglichkeiten oder die Sicherungder Atemwege betreffen, ausgetauschtwerden.

DasklassischeBeispiel, bei demein oralerTubus einfach im Weg ist, sind Eingriffe,in deren Verlauf eine „mandibulo-maxil-läre Fixation“ (MMF) etabliert werdenmuss. Unter einer MMF versteht maneine Immobilisation des Unterkiefers am

Oberkiefer in Schlussbissstellung (Okklu-sion) über Verankerungselemente (z.B.zahngetragene Schienenverbände oderdie Köpfe von Kortikalisschrauben).

Die MMF wird obligat in der CMF-Trau-matologie und in der Orthognathen Chi-rurgie (Umstellungsosteotomien zurKorrektur skelettaler Gesichtsdeformi-täten) verwendet, um Frakturen mitOkklusionsbeteiligung in optimaler Re-positionsstellung oder osteotomierteKiefersegmente in einer vorgeplantenNeuposition zu verschlüsseln. Bei Frak-turmustern, die gleichzeitig den Unter-kiefer wie auch das Mittelgesicht invol-vieren (panfaziale Traumen) und simul-tan eine MMF wie auch ein operativesVorgehen in der Naso-Orbito-Ethmoidal-Region verlangen, ist ein „chirugischerAtemweg“ in Erwägung zu ziehen. Beider Entscheidungsfindung werden auchintensivmedizinische Aspekte eine Rollespielen, wenn es aufgrund einer abseh-bar langwierigen Beatmungspflichtig-keit bspw. um die primäre Anlage einesTracheostomas geht.

Erwartet schwieriger Atemweg

Elektive fiberoptische Wachintubation

Das sicherste Verfahren zum Manage-ment des erwartet schwierigen Atem-wegs bei wachen, spontan atmendenPatienten (ohne Blutung und ohne Dys-pnoe) ist die elektive fiberoptische (fiber-bronchoskopische) Intubation, die in allerRegel nasotracheal, seltener orotrachealdurchgeführt wird. Die elektive fiber-optische Wachintubation (Indikationund Kontraindikationen siehe Tab. 2) istnur bei einem gut über den Ablauf auf-geklärten und kooperativen Patientennach entsprechender Vorbereitung mög-lich. Insofern ist sie im frühen Kindes-alter oder bei einem sich zur Wehr set-zenden Patienten wenig sinnvoll.

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Die Sicht auf die Glot-tis bei direkter laryn-goskopischer Einstel-lung mit dem Mac-intosh-Spatel wird in4 Grade eingeteilt.

n Kasten 2

– CL-Grad 1: Kompletter Überblick aufLarynxöffnung bzw. Glottis

– CL-Grad 2: Partielle Sicht auf hinterenAnteil der Stimmritze und die hintereKommissur

– CL-Grad 3: Nur Epiglottis sichtbar– CL-Grad 4: Nur Zungengrund erkenn-bar. Weder der Larynxeingang nochdie Epiglottisstrukturen werden sicht-bar.

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Entscheidende Maßnahme in der Vor-bereitungsphase zur Wachintubation isteine ausgiebige Lokalanästhesie in Nase,Mund, Rachen und Larynx. Zur örtlichenBetäubung und gleichzeitigen Schleim-hautabschwellung werden wiederholtund in zunehmender Tiefe eine Lokal-anästhetika-Lösung und ein Vasokon-striktor (Epinephrin/Metazoline) einge-sprayt und zusätzlich als Gel in die Nasegegeben. Begleitend dazu erfolgt zurAufrechterhaltung einer suffizientenSpontanatmung und Oxygenierung einebedarfsadaptierte Analgosedierung.

Der Tubus wird über das Fiberbroncho-skop (Abb. 2) gezogen und das flexibleEnde der Optik über Nase oder Mundbis in den Rachenraum eingeführt. Dannwird der Kehlkopfeingang dargestelltund unter Sicht in die Trachea vorgegan-gen.

Manipulationen im Luftweg sind unan-genehm und können Husten und Erbre-chen provozieren, die Tubuspassage derGlottis ist äußerst schmerzhaft. Daherist vor dem Einführen des Fiberbroncho-skops und der eigentlichen Intubationeine sorgfältige Lokalanästhesie uner-lässlich. Der Patient wird zur tiefen In-spiration aufgefordert. Dabei öffnet sichdie Glottis und das Fiberendoskop kannbis in die Trachea auf Höhe der Carinavorgeschoben werden. Der Tubus wirddann über das Fiberbronchoskop alsFührungsschiene in die Trachea vor-geschoben. Sobald das Fiberbronchoskopzurückgezogen und die korrekte Positiondes Tubus verifiziert und gesichert ist,kann die Allgemeinnarkose medikamen-tös induziert werden. Die orotrachealefiberoptische Intubation ist technischanspruchsvoller als die nasotracheale,da die flexible Optik beim Vorschieben

vom Oropharynx in den Hypopharynxfast im rechten Winkel anguliert werdenmuss, zudem ist ein Beißschutz zwi-schen den Zahnreihen notwendig, umeine Beschädigung der Optik zu vermei-den.

Die fiberoptische Intubaton ist trainings-und techniksensitiv und sollte nur vonentsprechend erfahrenen Anästhesistendurchgeführt oder zumindest super-visiert werden, damit ein Maximum anSicherheit für den Patienten gewährleis-tet ist. Während einer fiberoptischen In-tubation sollte sich ein in der Etablierungchirurgischer Luftwege versierter Opera-teur im OP-Trakt befinden, um beim je-derzeit möglichen Verlust des Atemwegssofort eingreifen zu können.

Komplikationen bei derfiberoptischen Wachintubation

Apnoe bei zu tiefer Analgosedierungwährend der Vorbereitungen

Ein apnoeischer Patient wird unter Vor-halten einer Sauerstoffmaske (Flow> 10 l/min) laut und unter physika-lischen Reizen aufgefordert, wieder zuatmen. Reagiert der Patient nicht, wirdein Beatmungsversuch über eine Ge-sichtsmaske vorgenommen. Ist der Ver-such erfolgreich, so wird beatmet, bisdie Vigilanz des Patienten zurückkehrtund nach Plan weiterverfahren werdenkann.

Tab. 1 Erkrankungen/Pathologien oberhalb des Larynx, die typischerweise mit einemschwierigen Atemweg assoziiert sind.

erworben potenzielle Komplikationen

starke aktive Blutung infolge von CMF-Trauma oder Tumor im Kopf-Hals-Bereich

problematische Atemwegsfreihaltung, Aspirations-gefahr, schwierige Laryngoskopie und Intubation

instabiler Unterkiefer mt Aussprengungder Symphysen-/Kinnregion

Verlust der Aufhängung von Zunge, Hyoid und La-rynx, Atemwegsobstruktion, schwierige Masken-beatmung/Ventilation und direkte Laryngoskopie

Larynx-Traumen Tubuspassage nach endotracheal unmöglich

Logenabszesse im Orofazial- und Hals-bereich (z.B. Ludwigʼs Angina, Zungen-grundabszess, Pterygomandibularabs-zess, Parapharyngealabszess, Peritonsil-larabszess)

reflektorische Kieferklemme (Trismus)direkte mechanische Atemwegsobstruktion, Intu-bationshindernis, Aspirationsgefahr bei akziden-teller Rupturierung

ausgedehnte Tumoren in Mundhöhle,Oro- und Hypopharynx, Larynx

Atemwegsobstruktion, Intubationshindernis,Distorsion der normalen Anatomie

Zustand nach OP und/oder Bestrahlungvon Kopf-Hals-Tumoren mit Weichge-webefibrosierung

Distorsion der normalen Anatomie, keine Über-streckung des Kopfes, stark eingeschränkte direk-te Laryngoskopie

ossäre Kiefergelenksankylose hochgradige Kieferklemme mit geringer SKD,direkte Laryngoskopie unmöglich

Sklerodermie starre unbewegliche Haut- und Weichgewebestruk-turen perioral bzw. im unteren Gesichtsdrittel, bin-degewebige Kieferklemme mit eingeschränkterSKD, schwierige/unmögliche Laryngoskopie

angeboren

Pierre-Robin-Sequenz schwierige Laryngoskopie und Intubation durchmandibuläre Mikrognathie, Glossoptose, ggf.auch Gaumenspalte

kraniofaziale Syndrome: Goldenhar,Nager de Reynier, Treacher Collins,Dysostosis cleidocranialis etc.

Unterkiefer-Hypoplasie (mandibuläre Mikrogna-thie), ggf. Anomalien der HWS, Gaumenspalten,gotischer Gaumenbogen – transversale Enge imOberkiefer etc., Laryngoskopie meist unmöglich

Trisomie 21 Mikrostoma, Makroglossie, Neigung zum Laryn-gospamus, schwierige Laryngoskopie

Tab. 2 Fiberoptische Wachintubation –Indikation und Kontraindikationen.

Indikation

Goldstandard bei erwartet schwierigemAtemweg

keine Überstreckungsmöglichkeit vonKopf und Halswirbelsäule

Kontraindikationen

starke aktive Blutungen im oberenAerodigestivtrakt (oral/nasal)

Tumoren im Hypopharynx- oder Larynx-Bereich mit:

– aktuellen oder rezidivierenden Blutun-gen

– rezidivierender oder permanenterDyspnoe

Patienten, die nicht mithilfe der fiberopischenBronchoskopie intubiert werden sollten, fin-den sich mit Schwerpunkt in der Hals-, Nasen-und Ohrenheilkunde. Die Dyspnoe äußert sichv.a. nachts und bei flachem Liegen, weshalbdie Patienten mit deutlich erhöhtem Oberkör-per schlafen.

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Scheitert der Beatmungsversuch mit derMaske, erfolgt ein konventioneller La-ryngoskopieversuch durch einen erfah-renen Anästhesiefacharzt. Wenn ent-gegen der präoperativen Einschätzungdoch eine direkte Laryngoskopie mög-lich ist, wird die Narkose vertieft unddie endotracheale Intubation (evtl. auchnasal) vorgenommen.

Falls die direkte Laryngoskopie nicht ge-lingt, wird der Zungengrundmit dem La-ryngoskop maximal angehoben und dasInstrument in situ an einen Helfer über-geben. Dann wird versucht, das Fiber-bronchoskop wie geplant zügig nasal indie Trachea vorzuschieben und darüberzu intubieren.

Wenn auch dieser Versuch nicht pro-blemlos und sofort umsetzbar ist (CVCI-Szenario), wird ohne Verzögerung einchirurgischer Atemweg geschaffen.Während der Durchführung einer Ko-niotomie/Tracheostomie sollte versuchtwerden, den Patienten über eine La-rynxmaske oder über Rachen-CPAP zubeatmen (Näheres siehe nächste Seite).

n Patienten sterben selten daran, dass sienicht zu intubieren sind. Vielmehr trittder Tod ein, weil frustrane Beatmungs-und Intubationsversuche nicht rechtzei-tig beendet werden und stattdessenzielorientiert nach einem lebensretten-den Algorithmus bis zur schnellen undsicheren Etablierung eines Luftwegs vor-gegangen wird.

Akuter Verlust des Atemwegsunter Lokalanästhesie beinoch erhaltener Vigilanz

Grund für diese dramatische CVCI-Situa-tion mit einem „bei lebendigem Leib“ er-stickenden Patienten und deutlich er-kennbarer Todesangst ist fast immereine Fehleinschätzung in der präoperati-ven Evaluation der Atemwege. CVCI beivollem Bewusstsein des Patienten führtinnerhalb kürzester Zeit zum Tod oderschweren zerebralen Hypoxien undmuss deshalb zügig beendet werden.

Ist der Luftweg des wachen Patientenkomplett verschlossen und auch mit Ra-chen-CPAP nicht zu öffnen, so ist das Le-ben und die Gesundheit des Patientennur über einen chirurgischen Luftwegzu retten. Daher kann und sollte aus inerster Linie humanitären Gründen zügigeine opioidbetonte Allgemeinanästhesieeingeleitet werden (z.B. 50 µg Sufentanilund 150mg Propofol bei einer Körper-

masse von 80 kg), zudemwird der Sauer-stoffbedarf des Patienten gesenkt undder Ablauf des chirurgischen Eingriffs istweniger gestört. Parallel zur Eröffnungder Luftröhre werden die Versuche mitdirekter Laryngoskopie, Larynxmaskeund Rachen-CPAP fortgesetzt, jedochohne die chirurgische Intervention zuverzögern.

Unerwartet schwieriger Atemweg

Murphyʼs Law und seine Konsequenzen

Zweckpessimismus nach dem Motto„Anything that can go wrong will gowrong“ ist die beste Vorsichtsmaßnah-me gegen das „worst case scenario“ einesunerwartet schwierigen Atemwegs, dersich bei jedem Patienten zu jedem Zeit-punkt einstellen kann [10]. Für die jeder-zeit denkbare und besonders gefürchteteCVCI-Situation ist optimale Vorsorge zutreffen und ausreichende Ressourcen be-reitzuhalten. Eine geeignete, allen Be-teiligten bestens vertraute Ausrüstungsowie professionelle Manpower mitanästhesiologischer und chirurgischerExpertise muss selbstverständlich ver-fügbar sein [8,9,17].

Es empfiehlt sich die Aufstellung einesstandardisierten Algorithmus, der in sei-ner Systematik so einfach wie möglichsein sollte und die hausinternen Gege-benheiten berücksichtigen muss.

Jeder Anästhesist muss sich vorab ge-danklich, aber auch im praktischen Trai-ning mit den möglichen Szenarien aus-einandersetzen, um imBedarfsfall gezieltund sicher auf strikt vorgegebenen Algo-rithmusstufen voranzuschreiten, stattwertvolle Zeit mit untauglichen Maß-nahmen zu opfern.

n Hypoxien bei Intubationsschwierigkei-ten sind gewöhnlich das Resultat von:– vergeblichen Mehrfachversuchendurch wechselnde Akteure

– Versuchen mit immer wieder identi-schen Hilfsmitteln

– unzureichender Beatmung durchman-gelnde Oxygenierung zwischen deneinzelnen Versuchen

– Aspiration von Mageninhalt währendder Maskenbeatmung

– Traumatisierung und/oder Ödembil-dung im Eingangsbereich des Larynx

Probleme beim Airway-Management,bei denen es nicht gelingt, die Atemwegeoffen und eine suffiziente Ventilationaufrechtzuhalten, werden in bis zu einDrittel der Fälle als Grund für schwer-wiegende Komplikationen bei Allge-meinnarkosen genannt [3]. Die Inzidenzschwieriger Atemwegsszenarios, in de-nen mehrere Intubationsversuche not-wendig werden, soll sich im Opera-tionssaal zwischen 1,15 und 3,8% [5,21]bewegen, wobei in 0,05–0,35% [20,21]die laryngoskopischen Intubationsver-suche scheitern.

Im Vergleich zur klinischen Anästhesieist in der Notfallmedizin die Rate vonMehrfachversuchen und Fehlintubatio-nen weiter erhöht.

Larynxmaske

Eine Larynx- bzw. Kehlkopfmaske(Abb. 3a) besteht aus einem kleinen Sili-kontrichter, der i.d.R. von einem auf-blasbaren umlaufenden Randwulst ein-gesäumt wird.

In der Mitte des Trichters ist ein großlu-miger Silikontubus angebracht, der wieein Stutzen aus dem Mund ragt. Die Ba-sis der Trichtermaske hat Tropfenformund liegt vor dem Kehlkopfeingang, wo-bei die Spitze in den Ösophaguseingangzeigt. Durch Aufblasen des Randwulsts

Abb. 2 Fiberopti-sches Bronchoskop.

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wird der Kehlkopf gegen die Valleculaepiglottidis, die seitlichen Hypopharynx-Wände, die Sinus piriformes und die Re-trokrikoidalregion abgedichtet (Abb. 3b).

Die Larynxmaske ist nicht rotationssta-bil, leicht dislozierbar und bietet keinenAspirationsschutz, weswegen sie nichtals „definitiver Atemweg“ verwendetwerden kann.

Larynxmasken werden blind, also ohneVerwendung eines Laryngoskops, einge-führt. Die Technik der Platzierung vari-iert aber mit dem jeweiligen Typ, sodasssie hier nicht allgemeingültig beschrie-benwerden kann. Die Larynxmaskewirdv.a. bei absehbar kurzen und unkompli-ziertenEingriffenverwendet. Larynxmas-ken werden aber auch als Begleitmaß-nahme in CVCI-Situationen eingesetzt,und zwar während ein Tracheostoma an-gelegt wird. Für schwierige Intubationengibt es spezielle Intubationslarynxmas-ken mit einem extra großen Lumen desTubusstutzens. Innerhalb dessen könnennach der Platzierung vor dem Kehlkopf-eingang Endotrachealtuben bis durch dieGlottis vorgeschoben werden, ohne dasses zu Obstruktionen kommt. In Kom-

bination mit einer Intubationslarynx-maske kann auch ein Fiberbronchoskop(Abb. 4) mit einem darauf gestecktenEndotrachealtubus Verwendung finden[11,23].

Rachen-CPAP

Der sog. Rachen-CPAP (CPAP = Continu-ous Positive Airway Pressure/kontinuier-licher positiver Atemwegsdruck) bieteteine elegante Möglichkeit, Apnoephasenbei zu tiefer Analgosedierung währendder Narkoseeinleitung zu überbrücken.Zugrunde liegt die Vorstellung, dass dernachlassende Muskeltonus bei zu tieferAnalgosedierung sowohl die Spontan-atmung als auch Maskenbeatmung ver-hindert. Der bereits bereitliegende Tubuswird transnasal bis in den Hyopharynxvorgeschoben, um die obstruierendeZungengrundebene zu umgehen undüber den ungeblockten Tubus zu beat-men, evtl. unter Zuhalten von Mund undNasenlöchern [15].

Transkrikoidale/transtrachealeJetventilation

Zu den Einsatzgebieten der transkrikoi-dalen bzw. transtrachealen Jetventila-tion gehört die Unterstützung beischwierigen fiberoptischen Intubationenund die rasche Oxygenierung in CVCI-Si-tuationen. Zur einer Jetbeatmung wirddas Ligamentum conicum mit einemspeziellen Teflonkatheter oder einemZentralvenenkatheter punktiert und dieKunststoffkanüle nach Zurückziehen desFührungsmandrins in die Trachea vor-geschoben. Die Kanüle wird dann miteinem Jetsystem konnektiert, das wie-derum an die zentrale Sauerstoffversor-gung oder eine O2-Flasche angeschlos-sen ist. Die intratracheale O2-Insufflationdurch die englumige Kanüle (Düsenwir-kung) erfolgt stoßweise mit hohem

a

b

c

Abb. 4a bis c Intubationslarynxmaske imSchema: a Fiberoptisches Bronchoskop(grau) mit aufgezogenem Tubus (grün) istdurch den Stutzen bis in den Trichter der La-rynxmaske geführt. b Fiberoptik und Tubusliegen endotracheal. Larynxmaske befindetsich noch vor dem Kehlkopfeingang. c Fiber-optik und Tubus liegen endotracheal. La-rynxmaske zur Entfernung bereits in dieMundhöhle zurückgezogen.

b

Abb. 3b Positionder Larynxmaske.

Abb. 3a Larynx-maske.

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Druck und mit hoher Frequenz in dienach außen offenen Atemwege. DieVolumina der Einzelhübe sind hierbeideutlich kleiner als der anatomische Tot-raum, d.h. als die zuleitenden Luftwege,in denen kein Gasaustausch stattfindet.Durch Sog- und Austauscheffekte er-reicht trotzdem ein kontinuierlicherzentraler O2-reicher Gasfluss entlangdes Bronchialbaums die Alveolen undentweicht als CO2-reiches Gemisch überdie oberen Luftwege bzw. den Mund-Ra-chen-Nasen-Raum nach peripher, sodasseine effektive Beatmung möglich wird.Aus dem permanenten Flow aus der Tra-chea nach oben ergibt sich auch ein ge-wisser Aspirationsschutz. Bei der Jetven-tilation muss unabdingbar sichergestelltsein, dass der Exspirationsweg unbehin-dert ist. Wenn der Luftweg verlegt ist(z.B. unsachgemäße Manipulation, Wes-penstich, Tumor) und das insufflierteGas nicht wieder entweichen kann, istdie transkrikoidale/transtracheale Jet-ventilation ungeeignet, weil es zu einemBarotrauma der Lunge kommen könnte,was das Jetgerät jedoch durch Abschal-ten verhindert.

Innovative optische Hilfsmittel –Videolaryngoskopie

Die Neuentwicklungen zum Manage-ment des schwierigen Atemwegs sindzahlreich [13,22]. Vielversprechend sindneuartige Varianten des McIntosh-La-ryngoskops, die zur Sichtverbesserungmit einer digitalen Videokamera undeinem LCD-Monitor ausgestattet sind.Bisher ist jedoch noch keines der neuenVideolaryngoskopiegeräteuniversell ein-setzbar und in jeder Situation zur Plat-zierung des Endotrachealtubus in glei-cher Weise geeignet [13].

Anders als beim konventionellen Laryn-goskop ist bei den neuen Geräten einegerade Sichtlinie von der Mundöffnungbis auf die Stimmbänder (Abb. 5) nichtmehr nötig, weil eine spezielle Biegungund die Optik an der Spitze es ermögli-chen, „um die Ecke“ zu sehen.

Die VideolaryngoskopeMcGrath® Serie 5(Abb. 6) und C‑MAC® (Abb. 7) eignensich zur oralen und nasalen endotra-chealen Intubation. Zur oralen Intuba-

tion ist bei diesen Geräten meist ein vor-gebogener Führungsstab erforderlich, dasie keine integrierte Tubusleitschienebesitzen, mit der sich der Tubus um dieEcke führen lässt.

Die Vorbiegung kann nach der Passageder Glottis jedoch zu Problemen führen,da ein weiteres Vorschieben des Tubusdurch den Führungsstab behindert wird.Abhilfe schafft das Vorschieben des Tu-bus unter gleichzeitigem Zurückziehendes Führungsstabs [13].

Beim McGrath® Serie 5 Videolaryngo-skop (Aircraft Medical LTD, Edinburgh)ist ein bewegliches kleines Display direktam Griff angebracht. In Verlängerung desGriffes ist der „CameraStick®“ montiertmit einer Kamera und einer LED-Licht-quelle. Auf den „CameraStick®“ wird einEinmalspatel aufgesteckt, der sich aufverschiedene Längen bis zu einer Maxi-malhöhe von 1,3 cm einstellen lässt. SeitJahresanfang ist eine kostengünstigereVariante (McGrath® MAC) verfügbar.

Das C‑MAC®-Videolaryngoskop-System(Karl Storz GmbH, Tuttlingen) bestehtaus einem Set wiederverwendbarer kon-ventioneller Macintosh-Spatel in ver-schiedenen Größen mit integrierterLED-Lichtquelle und Kamera.

Die LED-Lichtquelle erwärmt das Kame-rafenster und verhindert dessen Beschla-gen. Das Bild wird über ein Kabel aufeinen externenMonitor übertragen. Auf-zeichnungen von Standbildern und Vi-deosequenzen sind möglich.

Abb. 5 Die direkteSicht auf die Glottisentlang des Spatelsist nicht möglich(roter Pfeil). DieVideolaryngoskopie(schwarzer Pfeil) er-laubt es, die Glottisüber die Kamera ander Spatelspitze in-direkt einzusehen.

Abb. 6 McGrath® Serie 5 Videolaryngoskopmit aufgesetztem Einmalspatel.Abb. 7 C‑MAC®

Videolaryngoskopin Verbindung mitexternem Monitor.

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Die Lernkurven bis zum sicheren Um-gang mit einem Atemwegsinstrumentsind unterschiedlich steil [14]. Der Ein-satz in kritischen Szenarios setzt eineRoutineanwendung voraus, um die Stär-ken und Schwächen der Hilfsmittel rea-listisch einschätzen zu können und siesinnvoll in das Repertoire beim Manage-ment des schwierigen Atemwegs zu in-tegrieren.

Schlussfolgerung

Das erfolgreiche Management desschwierigen Atemwegs verlangt struktu-rierte Konzepte während der klinischenVoruntersuchung sowie bei den Vor-bereitungen und der Durchführung derendotrachealen Intubation. Eine Stan-dardoption ist die fiberoptische Bron-choskopie. Die Grenzen dieser Technikmüssen jedoch beachtet werden, um kei-nen Schaden anzurichten. Nach Aus-schöpfung der verschiedenen Möglich-keiten in geplanten Stufen muss ohneZeitverzögerung gegebenenfalls ein chi-rurgischer Atemweg etabliert werden.

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Priv.-Doz. Dr. med. Matthias JacobOberarzt der Klinik fürAnaesthesiologieKlinikum der Universität MünchenProf. Dr. med. Dr. med. dent.Carl-Peter CorneliusOberarztDr. med. Dr. med. dent. Sven OttoAssistenzarzt

Klinik und Poliklinik für Mund-,Kiefer- und Gesichtschirurgieder LMU MünchenLindwurmstraße 2a80337 München

[email protected]

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