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Gefordert durch

Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfaien P

KREIS OLPE

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"^1955 ^

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PAPIERFABRIK SUNDERN aM.B.H. PAPIER/, HOLZSTOFF* UND ZELLULOSE/FABRIKEN

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58810 HochsauerfancfkreTs Der Oberkreisdirektor

Inv. Nr. Zl

2>e &uctt^nnct 1955

Heimatkalender fur das kurkolnisdie Sauerland

SAUERLANPeg

Herausgegeben vom Sauerlander Heimatbund fur das kurkolnisdie Sauerland, Arnsberg

Auslieferung durdi die Gesdiaftsstelle des Sauerlander Heimatbundes in Balve

Gedrudct bei Gebruder Lensing, Budidrudcerei und Verlagsanstalt KG., Arnsberg

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JyLl^t^ ^"^-^t^lyLipe!

.v&£«^&^vad -^^^Od^^^ivV

I

Unser Kalendermann und alle seine Mitarbeiter aus dem kurkolnisdien Land sdienken uns erneut den „Suerlanner". So kommt ein guter alter Bekannter audi in diesen Jahre wieder zu uns und hoffentlidi freut uns sein Ersdieinen. Dieser Kalender, der von den Landsleuten aus unseren vier kurkol- nisdien Kreisen gesdirieben und zusammengestellt wurde, soil einen Widerhail des kulturellen und kunstlerisdien Sdiaffens unserer engen Heimat abgeben. Gerade in unserer Zeit der Weitraumigkeit und der weltumspannenden Zusammenhange mussen wir uns doppelt stark darauf besinnen, da6 besonders fur das kulturelle Sdiaffen die Heimat den natijrlidien Nahrboden furalles Gute Und Gesunde abgibt.

Dieser Kalender ist zu gleidier Zeit audi gesdirieben f u r die Men- sdien unseres kurkolnisdien Sauerlandes und fCir alle jene, die aus ihrer Heimat wegzogen, urn irgendwo Existenz und Familie zu be- % | grunden. Der „Suerlanner" will sie durdi sein Wort und durdi seine ^ Darstellungen geistig wieder mitten hineinversetzen in die sauer- landisdie Heimat mit ihrer ganz besonders gepragten Art und Atmosphare. Er will audi eine Begegnung der Mensdien durdi das gesdiriebene Wort und durdi die eindrud<svolle Spradie der kunstlerisdien Dar- stellung bringen, wie wir auf unserem Sauerlander Heimattag zu Ober- und Niedermarsberg gerade dieses Aniiegen der Begegnung von Mensdi zu Mensdi behandein konnten auf der Grundlage des gesdiiditlidi gewordenen inneren und auBeren Raumes hier im kur- kolnisdien Gebiet. Wer an unserem Familientreffen der Heimatfreunde in Marsberg nidit teilnehmen konnte, moge diesen „Suerlanner" als einen Boten aus dem kurkolnisdien Sauerland doppelt gerne aufnehmen!

I. Vorsitzender des Sauerlander Heimatbundes

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Die alte kurkolnische Residenz mit der 700jahrigen Abtei Wedinghausen

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llanuar - ^artung

HGIfnWQcht ^^' '^^^ Germanen wurden die sogn. zwoU heiligen Nadite der Winter- sonnenwende feierlidi begangen; mandies iibertrug sidi auf die neuere

Zeit, so auch die Neujahrsfeier, das Gluckwunschen zum neuen Jahr. Die jungen Bursdien ziehen in den Dorfern vielfach beim Glocfcenschlag zwolf von Haus zu Haus, urn das neue Jahr anzusingen und Wurste-Lohn einzulieimsen. In der guten alten Zeit wurde das neue Jahr audi vom Nadit- waditer und Postillion angeblasen. In manchen Orten ist es Sitte, Neujahrs-Bretzeln zu verteilen Oder Neujahrskuchen. In Brilon gab es friiher ein eigenartiges Neujahrchen: In die Krone eines dicken Apfels wurde ein Budisbaumstrauch gesteckt, an dessen Blattern Haselniisse mit Goldsdiaum umkleidet hingen. Dieser Apfel-NuB-Strauch wurde in eine Strohurne gesetzt. Das Dreikonigs- Singen wird fast iiberall noch von unserer Jugend geubt. Im letzten Jahr habe idi den drei kleinen Sangern gesagt: „Im nachsten Jahre sagt mir das Gedicht „Dai hilgen drei Kiinige mit ierem Steren . . .", aber bitte auf Plattdeutsch. Der Dreikonigstag stellt den AbsdiluB der weihnachtlidien Festfeier dar; der Weihnaditsbaum wird zum letzten Male angeziindet und „geplundert". Auf Drei-* fconige werden (oder wurden) gern Patengeschenke gemacht.

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1\ (yfch bin ein Westfale und zwar ein Stockwestfale, „Gott sei Dank!" fuge ich hinzu

und denke gut genug von jedem Fremden, wer er audi sei, um zu glauben, daO er gleidi mir den Boden,

wo seine Lebenden wandein und seine Toten ruhen, mit keinem andern Boden vertausdien wijrde.

Annette von Droste^Hiilshoff ,

De Kalanner* Kalanner, Kalanner an dear Wand, bai dey heat raaket, harr' grauten Verstand. Sunne, dai runne, wann kiimm't se und gaiht, alias ganz feyn im Kalanner staiht. Mond, wann hai steyget dat ganze Johr ? Riditig, et stemmet genau opet Hoor.

Kalanner, Kalanner an dear Wand, hev weagen dey mey de Finger verbrannt: Wail iek blaus ainmol di hev oawersaihn, was mey dat gruilike Peak geschaihn, dat iek bo Feyer un Fast vergat un dann racht daipe in't Fettnappken trat.

*) Aus dem In Vorbereltung beflndlichen Sauerlandischen Liederbuch

Kalanner, Kalanner an dear Wand, alle Kalanners ward ainmol verbrannt. Well ainen Dag jau vergeaten iek nit, fix im Kalanner seyn Kruiz hai krit. Weyt wag van Haime, reyg'op un = af Dage iek tell, bo no Hiuse iek draff.

Kalanner, Kalanner an dear Wand, aint blaus, dat es mey an dey nit bekannt: Wann woahl tauleBt bo am Weagstain ieck hiuk, ainen Kalanner dann nit mahr brink ? Auk duese Dag an dear Wand mol staiht, — blaus man, — jo, — da iek 'ne sewes nit wait —

Theodor Propper

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^^bruar - ^ornung

Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Aufg. i Untg.

Tier- kreis

ID Ignatius 8.06 17.17 ««1» 2 M Maria LiditmeB 8.05 17.19 fk 3 D Blasius 8.04 17 21 A 4 F Andreas 8.0: 17.22 Hi5 5 S Agatha 8.01 17.24 He 6 S Septuagesima, Dorothea 7.59 17.26 m 7 M Richard @ 7.58 17.28 Ti% 8 D Johannes von Matha 7.56 17.29 <* 9 M Cyrill, Apollonia 7.55 17.31 «*

10 D Sdiolaftika 7.53 17.33 4- 11 F Adolf 7.51 17.35 A 12 S Benedikt 7.49 17.37 A 13 S Sexagesima, Kastor 7.47 17.39 c«C 14 M Valentinus C 7.45 17.41 c«: 15 D Faustin 7.43 17.43 c«: 16 M Juliana 7,41 17.44 ^ 17 D Donatus 7.39 17.46 ^ 18 F Simeon 7.37 17.47 m 19 S Konrad 7.36 17.49 ^

20 S Quinquagesima, Eudiarias 7.34 17.51 oi 21 M Elenore 7.32 17.52 ->*, 22 D Fastnadit, Petri Stuhlteier O 7.30 17.54 ^ 23 M Asdiermittwod), Arnold 7.28 17.56 24 D Matthias 7.26 17.58 y 25 F Walburga 7.24 18.00 ff 26 S Alexander 7.21 18.01 «f 27 S 1. FastensonntagjVeronika 7.19 18.03 mC 28 M Romanus 7.17 18.05 ffli»

Wetterregeln: Mxn nasser Februar bringt ein fruchtbar' Jahr. — Der Februar hat seine Muk- ken, baut vom Eis oft feste Brucken. — Sonnt sich der Dachs in der Lichtmefiwoche, bleibt er vier Wochen wieder im Loche. — Sankt Matheis (24.) kalt, die Kdlte lang anhalt. — Auf harten Winters Zucht, folgt zarte Sommersfrucht. — Lecht- mij} is et Hidrte vam Win- ter. — Siinte Peiter puotte Bauhnen, — Wenn diu wost hebben vulle Schau-

Der „Hundertjahrige": Februar:

1. bis 7. triibe, Regen, Ne- bel und Wind, 8. hell und ziemlich kalt, 9. bis 12. triibe, Regen und Schnee, 12. bis 15. hell und kalt, 19. bis 22. kalter Wind, 23. bis 26. hell, friih kalt, nachts kalter Regen, 28. rauh und kalt.

Unser Bild: Jugend

ieiert Liittke Fastnacht

W<aimu/rtr/lf ^'•' ^^^^^ Stuhlfeier (22.) war sonst der Kundigungstermin des Friihjahrs Wenn St. Peter sidi auf den Stuhl gesetzt hatte, war es mit dem Winter

vorbei. Die sauerlandisdie Schuljugend trug auf einem langen Stock den Sonnen- und Sommer- vogel aus Papier. Man sang bei einem Umzug „Riut, riut Sunnevugel / Siinte Peter is kumen / Siinte Tigges will auk kumen / Kleine Mius / Greaute Mius / All te Haupe iut diam Hiuse riutl" (Wo tut man das heute noch?) LichtmeB (2. 2.) werden in den Kirchen die Kerzen geweiht. St. Agatha (5. 2.) wird im Sauerland an vielen Orten als Patronin gegen Feuersgefahr verehrt. Auf Agatha wird ein Faden urns Haus gespannt, darauf verfertigt man Kerzen, bei denen derselbe Docht verwandt wird Diese ziindet man an und laBt sie den ganzen Tag brennen. (Fiage: Wo ist dieser Branch nodi er- halten?) Am 24. 2. (Matthias) knallten friiher die Knedite vor dem Haus mit der Peitsdie zum Zeidien, daB die Feldarbeit wieder beginnt. In Allendorf wuiden ehemals alle Ackerwagen und Karren am Vorabend oder am Morgen des Matthias-Tages umgekehrt, so daB man Miihe hatte, sie wieder aufzurichten. (Schauerte: Sauerlandische Volkskunde.) Am 17. ist Luttke Fastnacht, da. unsere Kinder an vielen Orten noch nicht vergessen, da ihr Spiet (SpieB) gute Ernte halt.

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^m Brennpunkt alles heimatlidien Geschehens stehtder Mensdi, und die auReren Dinge der Heimat haben nur insofern besondere Bedeutung. als sie zum Mensdien in Beziehung treten, ihn beeinflussen und ihn formen helfen. Heimat und Leben stehen zueinander ahnlich wie Inhalt und Form bei einem Kunstwerk. Beide sind nidit zu trennen.

Heimaf Hor mich, Mutter, hore mich in deinem dunklen

Grabe, sage mir, wo ich Verirrter meine Heimat habe. Wenn ich sdilafe unter deinem Trauerweiden-

baum, zeige mir das Land, das siiCe Land, im Traume. LaB mich meine Sterne sehen, eine milde Sonne durch das Meer des Himmels segeln, junger

Saaten Wonne, und die Wasser jubelnd hoch von meinen Bergen

sieben; meine Briider, meine Schwestern zeig mir, die

mich lieben. War' der Weg auch noch so weit, ich will ihn

gerne gehen;

war' er noch so hoch und steil, ich will ihn gem bestehen.

Denn ich mag nidit, mag nicht langer in der Fremde weilen,

ich bin krank im Herzen, nur die Heimat kann mich heilen.

Kam ich auch als Bettler zu der vielgeliebten Stelle,

legen will ich mich auf meines Vaterhauses Schwelle;

Kiisse werden, Tranen auf die alten Steine brennen,

die mich besser als die Menschen in der Fremde kennen. Ricarda Huch.

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^nxj - "^m^mon^

Datum j Fest- u. Namenstage Sonnen- Aufg. 1 Untg.

Tier- Icrels

1 D Agnes ) 7.13 18.08! M 2 M Heinridi Suso 7.11 18.10 n 3 D Konigunde 7.09 18.12 Hlg 4 F Friedridi 7.07 18.13 Hig 5 S Kasimir 7.05 18.15 Hie 6 S Reminiscere 7.03 18.17 ^ 7 M Thomas v. Aquin 7.00 18.18 m 8 D Beate @ 6.58 18.20 4- 9 M Franziska 6.56 18.22 HP

10 D 40 Martyrer 6.54 18.23 A 11 F Rufina 6.52 18.25 lylL 12 S Gregor 6.50 18.27 A 13 S Oculi, Gerald 6.48 18.29 C4K 14 M Mathilde 6.45 18.30 c« 15 D Klemens Maria Hofbauer 6.43 1832 ^ 16 M Heribert ^ 6.41 18.34 ^ 17 D Gertrud 6.38 18.36 ^ 18 F Gyrillus 6.36 18.38 K£ 19 S Joseph 6.33 18.39 «2 20 S Laetare, loadilm 6.31 18.41 Jfi. 21 M Benedikt, Fruhlingsanfang 6.29 18.42 J>L 22 D Nikolaus von der Flue 6.27 18.44 23 M Otto 6.25 18.46 ^ 24 D Gabriel, Erzengel Q 6.22 18.47 f^ 25 F Maria Verkundigung 6.20 18.49 ^ 26 S Ludger 6.18 18.51 «» 27 S ludica, Rupert 6.15 18.52 m» 28 M Guntram 6.13 18.54 ffl* 29 D Eustaslus 6.11 18.56 U 30 M Roswitha ) 6.09 18.57 n 31 D Guido 6.07 18-59 -^

Wetterregeln: Mdrzenschnee tut Frucht und Weinstock weh. — Sind die Fasten trocken, gibt's reichlich Bracken, ist aber feucht und faul der Marz, bekommt der Bauer ein schweres Herz. — Ist Gertrude (17.) son- nig, so wird's dem Gart- ner wonnig. — Mdrzen- bliite ist ohne Giite. — Viel Schnee, den uns der Lenz entiernte, ld]3t zu- riick uns reiche Ernte. — SUnte Gertriud, dreywet di&n Plaug iut. — Wye de Wind wdgget iimme de Aske, Sau wdgget hai de ganJSe Faste.

Der „HundertJahrige": M dr z :

1. bis 7. rauh, 8. bis 17. sehr kalt, 19. windig, Schnee und Regen, 22. bis Ende bald warm bald kalt, bald triibe und rauhe Luft, bald Wind und Regen.

Unser Bild: Kloster Rumbeck

HeimWOCht ^^^ ^^"^^ bnngt den Fruhlingsanfang und den Beginn der Gartenarbeit an St. Gertrud (17. 3.). „Sunte Gertriud geiht dai aiste Gaorenske riut."

Beim Saen auf dem Feld wird die erste Handvoll Korner in Kreuzform ausgeworfen. an vielen Orten gibt es einen Gertrudenmarkt. Audi St. Benedikt ist widitig fur den Gartner. „Wai gahne Siepeln well iaten, draf St. Benedikt nitt vergiatten." — Die Fastenzeit hat begonnen. Fur den Jager ist dieser Monat die sdionste Zeit des Jahres. Es ist die Zeit der Sdinepfenjagd, die Pirsch auf den „Vogel mit dem langen Gesicht". Ein rechter Jager kennt seinen Spruch auswendig: „Reminiscere putz' die Gewehre / Oculi, da kommen sie / Laetare ist das Wahre / Judica sind sie auch nodi da / Quasimodigeniti halt, Jager halt, jetzt briiten sie." Der Durdizug dieses interessanten Vogels erfolgt in drei bis vier Wodien. In einigen Dorfern haben die Jungens bereits amAsdiermittwodi mit dem Sammeln des Holzes fur das Osterfeuer begonnen. Die Jugend geniei5t sdion die Vorfreude des kommenden Osterfeuers. Mit dem Josefstag (19.) sind mandierorts alte Braudie der Hand- werksvereine verknupft.

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^japier aus seiner Heimat sdieider, ist sich selten bewuGr, was er alles aufgibt; er merkt es vielleidit dann, wenn die Erinnerung daran eine Freude seines spateren Lebens wird. Diese Erinnerung ist audi wohl dem Verwildeiten ein Heiligtum, das er oft selbst entehrt und verspotter, das er aber in seinen besten Augenblidcen immer wieder aufsudit.

Gustav Freitag

Mdrz

Durch die Baume zittert ein Delinen und Strecken, Ein sehnendes Kreisen und Krafterecken, Die Zweige, die kahl ihre Nacktheit betrauern, Beben in heimlichen Wonnesdiauern, Sie fiihlen das Blut, das fiebert und drangt Und im Traum schon treibt und die Hiille sprengt: Bliihen soUen sie, bluiien!

Durch die Menschenherzen ein Stiirmen weht, Und die Kraft, die tot und versteinert steht, Gebannt in Stumpfheit, in Trage gefangen. Die reckt sich und atmet in jahem Verlangen; Durch die Menschenherzen ein stiirmisch Gebet Nach Lidit und ewiger Sdionheit geht: Bliihen wollen sie, bliihen!

Maria Kahle

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Heimwachi" ^^^ Saten und Brauche der Karwodie sind in alien sauerlandisdien Orten in Ehren gehalten. Die Felder werden gepalmtj der Palmbund wird in

Kirche gesegnet, der Palmapfel auf Ostern gegessen. In Grevenstein hing man friiher das Fasten- laken (Hungertuch) vor den Chor. Fastenlaken oder Hungertiidier waren im Mittelalter iiberall im Gebrauch. Einige Kirchen besitzen noch heute sdione Tiicher dieser Art. Der Griindonnerstag hiefi im Mittelalter Mengeltag, well Brot aus Mengelkorn an die Aimen verteilt wurde. Karfreitagspro- zessionen von Menden und Stodcum sind weit im Lande bekannt. Wenn es auf „stillen Freitag" regnet, dann verdorrt im Sommer der Rasen. Tritt in der Nacht auf Karsamstag Frost ein, so sagt man „Christus hat im Grabe gefroren, nun friert es noch 40 Tage. Am Karfreitag pflanzte das Land- volk Kartpffeln oder sate im Garten. Heute ist er stillschweigend audi zu einem stillen Feiertag ge- worden. Viel Obst bekommt, so erzahlte man sich, wer am Karfreitag vor Sonnenaufgang die Aepfelbaume schiittelt. Karsamstag wird in den Kirchen Weihwasser geweiht, von dem die Glau- bigen mit in die Hauser nehmen. Fruher brachte man Karsamstag Friichte und Lebensmittel zum Segnen in die Kirche und brannte jeder an dem in der Kirche geweihten Feuer ein Holzstiick an, womit am Ostertag zu Haus das Feuer angezundet wurde. Osterfeuerveranstaltungen sind in alien Gemeinden. Die beruhmtesten sind die zu Arnsberg und Attendorn. In Giershagen ist WeiBen Sonntag ein Ritt um die Kirche.

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teimat ist zutiefst eine seelisdie Angelegenheit, ' sie ist aber nidit nur eine seelisdie, Heimat ist eine Totalverbundenheit des Mensdien mit dem gesamten Leben und den Ersdieinungsformen der heimatlidien Welt. Heimat ist ein ,.geistiges Wurzelgefuhl', ist Verantwortung, ist Verpfliditung, ist Bewahrung, ist sdiopferisdier Wille, ist Kraftquelle.

Am Morgen auf dem Acker

Du stehst und siehst der Lerche nach, die sich ins Himmelsblau erhebt, und ihre Stimme wird zum GruB an dich und alles, was da lebt.

Du horchst und sdiickst die Augen rund ins friihlingsreich bedadite Land und fiihlst den goldnen Sonnenschein, der sich auf deinen Acker fand.

Du betest und vergiBt den Schweifi, der sommerlang nun vor dir liegt, und fiihlst, daB unter Gottes Hand dein Bangen wie ein Quell versiegt.

Du redcst didi und verspiirst die Kraft, die aus der Hohe didi begliickt, und alles, was dir Not und Last bedeuten woUte, ist entriickt.

Ferdinand Tonne

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(iMat - ^xmmxmvi^

Datum

1 S 2 M 3 D 4 M 5 D 6 F 7 S

Fest- u. Namenstage

8 S 9 M

10 D 11 M 12 D 13 14

Maifeiertag Athanasius Kieuzauffindung Monika Irene Dietrich Giseia

Sonnen- Aufg. I Untg.

4. n. Ostern, Michael Gregor Antonius Mamertus Pankratius Servatius Bonifatius

15 S 16 M 17 D 18 M 19 20 21

22 S 23 M 24 D 25 M 26 D 27 F 28 S

5. n. Ostern, Sophie lohannes Nepomuk Rudolf Eridi Christi Himmelfahrt Ulridi Konstantin

29 S 30 M 31 D

6. n. Ostern, Rita Emil, Julia Susanna Gregor VII. Philippus Neri Beda Wilhelm

Pfingstsonntag Pfingstmontag Angela

5.02 5.00 4.58 4.57 4.55 4.54 4.52

19.48 19.50 19.51 19.53 19.54 19.56 19.57

Tler- kreis

4.39 4.37 4.36 4.34 4.33 4.32 4.31

4.30 4.29 4.27 4.26 4.25 4.24 4.23

20.10 20.12 20.13 20.14 20.16 20.17 20.18

20.20 20.21 20.22 20.24 20.25 20.26 20.28

4.22 4.21 4.20

20.29 20.30 20.32

4>

4.50 19.59 4.48 20.0] 4.47 20.02 4.45 20.04 4.43 20.06 4.42 20.07 4.40 20.09

^

HI; He m m 4- 4> A

Der Mai kiihl, der Juni nap, fallen Scheune und Faff. — Viel Gewitter im Mai, schreit der Bauer Juchhei. — Regen im Mai gibt fiirs game Jahr Brot und Heu. — Der Mai kommt gezogen, wie der November verflogen. — Vm Philipp und Jakobi sind die grofiten Wetter und gedeihen die besten Linsen. — Kallen Mai giff viell Hei. — Mai sriipe, Juni natt. Git Koorn in- nen Sack. — Is't Koorn Maidag in Aohren, is't Jakobi nitt riep.

Der „Hundertjahrige":

Mai:

anfangs schon und Warm, 7. Gewitter, Regen bis zum 17., dann Wind und schones Wetter, dann rauhe Luft bis zum 29K, dann schon und warm bis zum Ende.

Unser Bild:

Wanderer auf der Hunau

Heim Wacht " "^^^ Amsberger Wald ritten die Soester ehedem auf Walburgis, um den Maibaum heimzuholen. 1447, zur Zeit der Soester Fehde heiBt es- Sev

togen na alter Zede (Sitte) und Gehohnte uther Stadt in den Arnsberger Wald. / Met Frede "l

"rraS r irs:rh "rrr''- ^"^' -*^^" ^^^iJ::.:^::

noch n^2t d h bltm" . .^ ^"^*^9'"°^5^'^ ^^^en (und sehen?) die Madchen, die ihren Garten nocti n cht glatt, d. h. bestellt batten, einen Strohkerl darin prangen. Vor Christi Himmelfahrt finden

SS " "'' • ''""'"'"'^^ ^" "'^^^^^^^ ^^^ -'^*^' e'schien wal

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¥ ie Erinnerung an die Heimat und an alles das, was ihr Name umsdilieOt, ist die Aeolsharfe im Herzen des fern vom Elternhaus weilenden Mensdien Sie tont tort in alien Lagen des Lebens. Die leisen Zephyre heiterer Stunden, wiedieStiirme kampfbewegterTage, sie alle sdilagen an sie an, weil in Gliidc und Ungludc, in Trauer und Freude das Bild der Heimat vor die Seele dessen tritt, der fern von ihr weilt, und den sein Gesdiick hinaus trieb in die Welt, fort vom Vaterhaus.

Heinridi Hansjakob

Mein Sauerland, wie schon bist du!

Mein Sauerland, wie schon bist du im frisdien Maienkleid! Du groBe Stille, siifie Ruh, du Feme, wait und breit!

Wie schwingt im Reigen Berg und Tal, so nahe und so fern! Wie rauscht es unterm Himmelssaal, wie bliihet Stern an Stern!

Wie deiner Berge bunte Flucht verblaut im Waldermeer! Wie welt das Auge spahend sucht und staunend blickfumher:

Vom Berge, von der hohen Wadit stolz winke idi dir zu. Kein Land von Gott so schon gemacht, mein Sauerland, wie du!

Franz Predeek

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funt - ^raii}m0n&

HGIinWOcht' '"^ Arnsberg ist am Dreifaltigkeitssonntag die Norbertus-Prozession. In Ausubung eines Gelobnisses der Altvorderen fiir die Rettung der Stadt voi

denHessenimDreiBigjahrigenKrieg (1634).Der27. JuniistSiebenschlafertag. An die alte Weisheit, das Wetter sei 7 Wochen wie an diesem Tag, ist durch die Tatsachen wiederlegt. 21. Johannistag- Die Buchdrucker feiern Joliannisfest zur Erinnerung an Johanna Gutenberg. Sommeranfang. Be- ginn der Heuernte. Johanniskirmes an vielen Orten. 28. Peter und Paul. Markt in Brilon und Eiringhausen. Es sind die Tage, da Linden und Rosen bluhen. Schon unsere germanisdien Vor-

fahren pflanztenRosenin didcenHeckenumihre heiligenHaine, da sie durch ihre Dornen Ein- dringlinge fernhielten. (Krimhilds Rosengarten.) In unseren Volksliedern haben wir oft die Ver- bindung von Rosen und Linden. Die Linde hielten die alien Germanen fiir heilig. Unter der Linde auf dem Markt- oder Dorfplatz wurden zu alien Zeiten widitige Gemeindeangelegenheiten verhan- delt. Hier tanzte und spielte die Jugend und das Alter ruhte sidi aus. Das Fronleidinamsfest (9.) ist audi im Sauerland ein Hochfest, an dem die grol5e theophorische Prozession durdi die Feldei zieht.

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teimatbewegung ist nicht Rudit vor der Wirklichkeit, ist nicht ein Sichverlieren im Aesthetisieren und Romantisieren. Heimatbewegung darf audi nidit vor Aufgaben zurudsdireden, die nidit vom Haudi des Poetisdien umwoben sind. Uml-assende Heimatpflege, die nidit im Speziellen erstarrt, darfanbrennendenoftwenigerfreulidienTagesfragenniditvorubergehen

Holundet Immer wieder, in des Sommers Segen, wenn die Felder dampfen nach dem Regen, der in warmen Fluten niederbricht, stehen iiber dunklem Grun die sonndurchgliihten hellen Schirme deiner Doldenbliiten, strahlen wider das empfang'ne Licht.

Abends, wenn der Vogel Sang verstummte, nur ein Kafer durch den Garten summte, saBen eng gereiht wir auf der Gartenbank. Unter deinen mondbeschien'nen Zweigen, in das tiefe sommernacht'ge Schweigen weidi das alte Abendlied erklang.

Markholunder, in der Kindheit Tagen haben wir dich frohlich heimgetragen. Uns're kleinen Hande miihten sidi, deine weichen Ruten zu durchbohren, waren ganzlidi an das Spiel verloren, wenn der erste Ton sich aus der Flote sdilidi.

Duftholunder, in des Sommers Segen gehn wir wieder auf den alten Wegen. Keiner bringt die feme Zeit zuriick. Aber deiner Dolden duft'ge Bluten die Erinnerungen uns behiiten, an der Jugend froh erlebtes Gliidc.

Richard Althaus

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3)ult" ^m^rt

Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Aufg. i Untg.

Tier- krels

1 F Fest des kostbaren Blutes 4.18 20.46 ^ 2 S Maria Heimsudiung 4.18 20.45 ^

3 S 5. n. Pfingsten, Otto 4.19 20.45 ^ 4 M Ulridi 4.20 20.45 ^ 5 D Godollva ® 4.20 20.44 «J 6 M Goar 4.21 20.43 u. 7 D Willibald 4.22 20.43 ^ 8 F Kllian 4.23 20.42 ^ 9 S Veronika 4.24 20.42 ^

10 S 6. n. Pfingsten 4.25 20.41 ^ 11 M Olga 4.26 20.41 ^ 12 D Johannes Gualbert C 4.27 20.40 «r 13 M Eugen 4.28 20.39 «f 14 D Bonaventura 4.29 20.38 <Pi» 15 F Heinrldi 4.30 20.37 «>r» 16 S Skapullerfest 4.32 20.36 JMt 17 S 7. n. Pfingsten, Alexius 4.33 20.34 ** 18 M Arnold 4.34 20.33 Hie 19 D Rufina 9 4.35 20.32 HIS 20 M Margareta 4.36 20.31 m 21 D Godefrled 4.38 20.30 m 22 F Maria Magdalena 4.39 20.29 '* 23 S Liborius, Beginn der Hundstage 4.40 20.28 HP

24 S 8. n. Pfingsten, Christine 4.41 20.26 <* 25 M Jakob 4.43 20.25 ir% 26 D Anna ) 4.44 20.24 S»I 27 M Hugo 4.46 20.23 c«C 28 D Arnulf 4.47 20.21 cue 29 F Martha 4.49 20.20 ^ 30 S Ingeborg 4.50 20.18 H 31 S 9. n. Pfingsten 4.52 20.16 ^

Wetterregeln: , Wettert der Juli mit rech- tem Zorn, bringt er dafiir reichUch Korn. — Im Juli •mufi vor Hitze braten, was im September soil gera- ten. — Hundstage hell und klar, deuten auf ein gutes Jahr, wiirden Regen sie bereiten, kommen nicht die besten Zeiten. — Wenn im Juli die Ameisen un- gewohnlich tragen, wollen sie einen friihen und har- ten Winter ansagen. — Siewen Braiers Ridgen, Duert gewifi siewen Wid- ken. — Mutter Anna hell un klor, Gitt Roggen und Hawer, un ddtt is wohr.

Der „Hundertjahrige": Juli:

anfangs triibe, 4. Reif, nachmittags Gewitter, dann schon, 11. Regenwetter bis zum 15. Am 17. sch6n.es Wetter, dann Regen bis zum 20., schon bis zum 23., dann Regen, 28. bis 29. Gewitter, 31. schon.

Unser Bild: Das Vntroptal

im Rothaargebirge

Heimwacht St. Magdalene ist die Prozession in Brudihausenj man wallfahrte friiher dorthin nidit nur bei „Rotem Weh" (d. ist die Ruhr), sondem audi zur

Erflehung guter Erntewitterung und bei Augenleiden. In Elspe, wo sdion die sadisisdien Kaiser einen Konigshof batten, wird St. Jakobus besonders verehrt (25.7.). Der Monat Juli bringt alluber- all die meisten Schiizenfeste, wir wollen sie auf gute sauerlandisdie Art feiern! Audi die Sdinade- gange werden an vielen Orten gehalten, von denen das gleiche zu sagen ware. ' Vom 23. 7. bis 23. 8. dauern die Hundstage, die ihren Namen nach dem Sirius, dem funkelnden Stern im Sternbild der „groBen Hunde" haben. „Hell zwar glanzt er hervor, doch zum sdiadlidien Zeichen geordnet, denn er bringt ausdiirrende Glut den elenden Mensdien" (Homer). Im Mittelalter veranstaltete man Prozessionen gegen den angeblidi unheilvollen Einflufi der Hundstage. Wenn's nidit zu kalt ist und audi nidit zu heifi, dann singt man gem der Hundstage Preis. Die Natur geht ihrer Er- fiillung entgegen; bald wird die Mahd beginnen. „Wer Kiihe hat, sagt Heumonat, wer Bienen hat, sagt Lindenmonat".

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11. •

?^ s gibt drei Stufen Heimatliebe: die erste: der Heimat den Riidcen kehren, den Himmel siiirmen wollen, die Welt aus den Angein heben: die zweite: sidi, der Welt gram, der Heimat wieder zuwenden, in ihr alles sehen, sie zum Mittelpunkt alles Lebens madien, die Welt da draufien veraditen; die dritte und hodiste: mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen, mit der Welt vor Augen die Heimat liebend und bauend durdidringen. Drei der Stuten: sudi und find! Gordi Fod

Reifende Ernte Golden flutet das Meer wogender Aehren. Glutende Strahlen sendet die Sonne aus dem unendlidien All, reifenden Segen zu spenden.

Fruchtesdiwangere Halme nelgen in Demut das Haupt,

harrend des rauschenden Schnittes, einzugehen -zum Tod und wieder zu werden kreiBendes Leben im anderen Sein.

Demiitig beuge audi idi das Haupt und falte betend die Hande: „Herr, laB strahlen die schaffende Glut deiner

Gnade aus deiner AUheit unfafibarer Weite iiber mein Leben, dafi ich nicht leer sei, wenn du den Schnitter sendest, einzuholein die Frudit in die unendlidien Scheuern wandellos ewigen Seins!"

Friedridi GraBhoff

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iViiguft - Jrntmg

Datum Fest- u. Namenstage S Sonnen- Aufg. j Untg.

Tier- krels

1 M Petri Kettenfeier 4.53 20.14 1 jiiJE 2 D Alfons von Liguoii 4.55 20.13 HA 3 M Aufflndung d. hl.Stephanus® 4.56 20.11 ->L 4 D Dominikus 4.58 20.09 ^ 5 F Alfred 4.59 20.07 ,*t 6 S Justus 5.01 20.06

7 S 10. n. Pfiiigsten, Albertus 5.02 20.04 >^ 8 M Cyriakus 5.04 20.02 ^ 9 D lohannes Vianney 5.05 20.01 ^

10 M Laurentius 5.07 19.59 «•!* 11 D Susanna (^ 5.08 19.57 IPI* 12 F Klara 5.09 19.55 JMt 13 S Ludolf 5.11 19.54 A 14 S 11. n. Pfingsten, Eusebius 5.12 19.52 JMt 15 AA Maria Himmelfahrt 5.14 19.50 H(6 16 D Joadiim 5.15 19.48 He 17 M Hyacinth Q 5.17 19.46 M 18 D Helene 5.18 19.44 M 19 F Sebald 5.20 19.42 4> 20 S Bernhard 5.22 19.40 H> 21 S 12. n. Pfingsten, Johanna 5.23 19.38 A 22 M Timotheus ' 5.25 19.36 A 23 D Philippus 5.26 19.34 c«C 24 M Bartholomaus 5.28 19.32 c«: 25 D Ludwig ' ) 5.30 19.30 c<K 26 F Samuel 5.31 19.27 ^ 27 S Gebhard 5,32 19.25 ^

28 S 13. n. Pfingsten, Augustinus 5.34 19.23 ^ 29 M Johannis Enthauptung 5.36 19.21 HM 30 D Rosa 5.38 19.19 ILM: 31 M Raimund 5.39 19.16 JfL

Wetterregein:

Was August nicht ver- mocht, auch September nicht kocht. — Fdngt der August mit Donnern an, er's bis zum End nicht lassen kann. — Nasser August macht teure Kost. — Je mehr Regen im Au- gust, je weniger Wein. — 1st Lorenz und Bartel (24.) schon, bleiben die Krdu- ter lange noch stehn. — Tau im August ist des Bauern Lust. •— Krdgget dai Hahn umme niegen Uhr, krit' 't Wiiir ne anne Natur. — Wat de August nit kuaket, Weert im Sep- tember nit brohn. •

Der „Hundertjahrige":

August:

Regen bis 9., ein schoner Tag, dann wieder Regen- wetter bis zum 15., dann schone warme Zeit bis zum 25., dann Regen bis Ende.

Unser Bild:

Erntezeit ist anstrengend fiir Menschen und Tiere

HGilYIWachi" Unsere heidnischen Vorfahren sammelten Mitte August gewisse Heil- fcrauter, denen sie Zauberkraft zusdirieben. Um diesen Aberglauben zu

zerstoren, weihte die Kirche jene Krauter der Himmelslconigin. Einige Namen der Krauter erinnern

nodi an altdeutsche Gotter-Vorstellungen (Donnerkraut, Baldrian). St. Laurentius (10. 8.) ist Pa-

tron mancher Kirdien; bekannt ist die Laurentius-Prozession von Enkhausen. St. Rodius (1. 8.) gait

als Schutzpatron gegen die Pest. (Rochuskapelle bei Olpe, Eslohe, Brilon, Eversberg, Sundern

Oberense). Laurentius-Tranen = Sternsdinuppenfall Mitte Augjst. Nach altem Volksglauben mu£

man, wenn man eine Sternschnuppe fallen sieht, sofort einen Wunsch bereit halten und kann hoffen

daB er in Erfullung geht. Aber man darf den Wunsch nicht laut aussprechen, sonst ist die Zauber-

kraft gebrochen. Am Laurentlustage soli man kein Feuer im Hause anmachen; in Bayern und

Baden sucht man wohl beim Mittagslauten die sogenannten Laurentiuskohlen, die in der Adcererde

Oder unter der Dachtraufe liegen und gegen Feuer und Blitz, gegen Krankheit und Verhexung

helfen, Wunden heilen und vom Korn den Brand fernhalten sollen.

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[.s ist ein wunderbares Gefuhl, auf Eigenem zu stehen. Das allein ist fester Stand. Im eigenen Hause, das im Garten steht, der im eigenen Gelande liegt, da kriegt man ein Wohlgefuhl, ein Freiheitsgefiihl, da ist es, als wiirde alles stark und stolz und sidier in uns, und wir spielen innerlidiein biOdien mit Szepter und Kione und Stern, wenn's audi bloj] die Mistgabel, der Dungeimer und die Kuhkette ist.

O. ). Bierbaum

Bluhende He/cfe Erst Wunderteppidi, violett und rot, Nur hier und da bestrickt mit goldnem Sdiimmer, Dann Opferbecken, das zum Himmel loht, Wenn sanft sie ziindet seid'ger Sonnenflimmer.

Das ist die Heide. Eine weiche Ruh Fafit rings des Leuchtens mahlidies Verschwim-

men. Ein Hauch von Schmelz und Duft — und immerzu Das feine Lauten goldigbrauner Immen.

Laufkafer irren durch den Zauberwald Wie stahl- und goldbeschiente Marchenritter, Und unsiditbarer Lerchen Psalm erschallt, Wie fliisternd klingt der Grille Silberzither.

Verloren und verwunschen Uhr und Ort. Ein Salamander sonnt sidi, flink zu huten Als Feuerdrache den ergluhten Hort Des Goldsands in dem Wunderwald der Bliiten.

Geheimnisdunkel, ernst und feierlich Steht der Wacholder betende Gemeine, Kniet Ginster, dessen goldner Mai verblich, Traumt zarter Birken madchenhafte Reine.

Heidschnucken ziehen sagengleich vorbei, Des Friedens Bild. Der Schafer breidelt Sodcen. In heller Himmel Sehnsuchtsmelodei Tont nun die Sanftmut weicher Herdenglodsen.

Ein groBer blauer Falter schwebt der Tag Ganz sonnentrunken iiber Nektarschalen Und streift mit farbensattem Fliigelsdilag Das Meer von Flimmergold und Dunst und Strahlen. Christian Schnettler

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S^pt^mber " ^^rbftmcnh

Datum Fest- u. Namenstage

11 S 12 M 13 D 14 M 15 D 16 F 17 S

18 S 19 M 20 D 21 M 22 D 23 F 24 S

25 S 26 M 27 D 28 M 29 D 30 F

Sonnen- I Tler- Aufg. I Untg. ; J^reis

Aegidius Stephan Mansuetus

14.n.Pfingsten, Irmgard Laurentius Justiniani Magnus Regina Maria Geburt Bruno Nikolaus V. Tol.

IS.n.Pfingsten, Helga Maria Namensfest Notburga Kallistus Sieben Sdimerzen Maria Edith Lambertus, Hildegard

16.11.Pfingsten, Ridiardis Arnulf Anno Matthaus Moritz Thekla (Herbstanfang) Gerhard )

l7. n. Pfingsten, Kleophas Meinhard Kosmas und Damian Wenzeslaus Midiael Hieronymiis

5.41 5.43 5.44

19.14 19.12 19.10

5.46 19.08 5.47 19.05 5.49 19.03 5.50 19.01 5.52 18.59 5.53 18.57 5.55 18.55

5.56 5.57 559 6.00 6.02 6.03 6.05

18.53 18.50 18.48 18.46 18.44 18.42 18.40

6.07 6.08 6.10 6.11 6.13 6.15 6.17

6.19 6.20 6.22 6.23 6.25 6.27

18.38 18.35 18.33 18.30 18.28 18.25 18.23

18.21 18.18 18.16 iai3 18.11 18.09

^

^

Wetterregeln:

Donnert's im September noch, wird der Schnee um Weihnacht hoch. — Sechs Wochen nach dem Stau- ben in der Ernte soil's in der Scheuer stauben. — Warmer Herbst, langer Winter. — Was langsam wachst, haltet lang. — Maria Geburt (8.) jagt die Schwalben jurt. — Wenn auf Miachelis gut Wetter ist. So gibt's einen guten Vorwinter. — Op Maria Geburt, Sind de Niitte guert.

Der „Hundertjahrige":

September:

anfangs schones Herbst- wetter, 17. bis 25. meistens kiihl und feucht, dann bis zum Ende wieder gutes Wetter. (Wenn auf Aegi- dii sehon, jolgt 4 Wochen schones Wetter!)

Unser Bild:

Schone Fachwerkhduser in Obermarsberg

HeimWOchi' "^' ^' '^^^^ Crundung des Sauerlander Heimatbundes. 16. Ludmllla Lostag soil eine sdiledite Wetter-Zeit bringeU. 21. Mathaus: Beginn des Alt-

weiber-Sommers. Sonntag und Montag vor Midiaelis in Neheim Stutchenverteilung und Donatoren- essen zur Erlnnerung an den Arnsberger Grafen Gottfried IV. Michaelis (29.) ist noch heute ein wichtiger Fristtag zum Herbst. An der Scheide von Sommer und Winter beginnt die Arbeit des Morgens sdion bei Lidit. Ehemals wediselten Knechte und Magde zu Midiaelis den Dienst. Das Vieh verlaBt die Weiden. „Von Michael sind die Wiesen frei." Die Hiitejungen sangen „Morgen ist Midiaelis! / Dann kriegen wir unser Hiitegeld / Dann konnen wir hiiten, wo wir wollen." Midiaels- dag smiiket un Petersdag drucket. Der letzte Hafer muB zu Michaelis ab, denn wenn er jetzt nodi nicht reif ist, wird er es nidit mehr. Es ist besser, „dal3 die Rinder davon springen, als die Voge) davon singen", d. h. es ist besser ihn zu verfuttern. In Brilon gab es ehemals an diesem Tage ein festlidies Sdiule ausklopfen. Mit der fortsdireitenden Masdiinisierung der Ernte sind die Ernte- braudie immer mehr verschwunden. Ausgestorben sind sie Gottseidank aber nodi nidit. Einst mufite die Ernte zu St. Jakobi, am 25. Juli, begonnen werden, heute bginnt sie mit dem Reif warden des Getreides. Als geweiht gait die erste Garbe, darum wurden drei Aehren um den Leib gebunden, sie sdiutzen die Schnitter vor Kreuzschmerzen und vor Verwundung- durdi Sensen.

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1: matliebe ist keine Spielerei, sondern ein ernster Dienst; freilidi ein selbstloser Dienst, wie der Dienst der Mutter an einem Kinde. aber ein notwendiger Dienst. Wie ein Kind verkiinnmert ohne Mutter, so die Heimat ohne Liebe.

Augustinus Baumann

Marienfdcfen

Maria spinnt vor der Himmelstur, Sankt Peter tragt ihr das Rad herfiir. Es lacht so golden der Herbstsonnensdiein, da will sie nodi einmal drauBen sein.

Bald tritt an den Rodcen das himmlisdie Kind, es greift in die Flodcen, wie Kinder so sind, • und streut in die Liifte den silbernen Lein, der flutet und sdiimmert im Herbstsonnensdiein.

Marienfaden schwimmen umher, der himmlisdie Rodcen wird nimmer leer. Zur Erde tragt sie die Wanderfahrt, dort bringen sie Segen von seligster Art.

Im Garten da binden sie Baum an Baum und geben dem Ptirsidi den kostlidien Flaum, der Birne das Gelb, dem Apfel das Rot, dem Laube ein Leuditen, das golden es loht.

Sie sdilingen ins fliegende Haar sidi ein den rosigen Kindern beim Ringelreihn. Und gehen die mit der Sonne zur Ruh, f liegt ihnen ein Traum vom Christkinde zu.

Es steht an dem Rocken das himmlisdie Kind, es greift in die Flodcen, wie Kinder so sind, und streut in die Lutte den silbernen Lein, der flutet und flimmert im Herbstsonnensdiein.

Fr. Jos. Kodl

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H^im^A/nrhh '"'^^ Emtedankfest wird gefeiert, in schoner Weise oft auch von der Stadt, zum Zeichen, daC Dort und Stadt zusammengehoren, zumal im Sauerland.

Die Arbeiten sind zuvor mit dem „Hlarkelmai" abgeschlossen worden. Auf den letzten Wagen legen die fleiBigen Magde den bunten Erntekranz, ein Sinnbild der Fruditbarkeit. Mancherorts wird audi der Erntehahn eingebradit, auf den Erntewagen gesetzt oder vor dem letzten Erntewagen hergetragen. Die Kiichenmagd liing dem Erntehahn oft einen Kranz von zwolf leeren Eiern urn. Auch Hahn und Ei sind die Erntekranz-Sinnbilder der Fruditbarkeit. Langsam beginnen die langen Abende, ehemals gefiirchtet, als die Tranfunzel oder die Petroleumlampe das einzige Licht waren, heute oft willkommen im Scheine neuen Lichtes, als Gelegenheit zu einer besinnlichen Lesestunde. Denkt an gute Biicher (Borromausverein) und vor allem an heimatliches Schriftgut, das reidilich vorhanden ist. Die groBen Kirmessen ziehen durchs Land. Die Vorsorge fur den Winter beginnt. Kartoffelernte, Beeren- und Obsternte, auch die Flachsernte bestimmen den Gang des Arbeitstages auf dem Lande. Hausvater und Hausmutter denken an Kiiche und Keller tiir den Winter

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A us der engsten Kammerzelle kannst du in den Himmel sehn, In dem kleinsten Vaterlande lernt der Mensdi die XX'eit verstehn. Fuhl erst groR didi dem Kleinen, aber dann im GroBen klein, Und wie im GroBen wie im Kleinen wird dein MaB das redite sein.

Wilh. Muiler

Mein Sauerland

Ich weiB rings auf der weiten Welt Kein Land, das mir so wohl gefallt Wie du in deiner Walder Pracht. Wie hat dich Gott so schon gemacht, Main Sauerland, vor alien!

Die tausend Berge um dich her Sind deine Wacht und deine Wehr. Der Asten sieht von seinem Thron Den lieben Gott im Himmel schon, Das mag ihm wohl gefalien!

In jedem Grund ein Quellchen springt. Durch jedes Tal ein Wasser singt. Die Mutter Ruhr nimmt's an der Hand Mit in das fleiC'ge schwarze Land, Wo schwer die Hammer fallen.

Du groBes griines Heimathaus, Ich sing mit deinen Glocken aus, Wie wohl mir's ist in deiner Hut, Wie Gott mit dir's gemeint so gut, Mein Sauerland, vor allem!

Heinrich Luhmann

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'^oittmbtx - ^t\xt\m\^

Allerheiligen Allerseelen Hubert Karl Borromaus Reliquienfest, Florlan

7.19 7.21 7.23 7.24 7.26

10 D. 11 F 12 S

13 S 14 M 15 D 16 M 17 D 18 F 19 S

23. n. Pfingsten, Leonard Engelbert Gottfried Theodor Andreas Avellini Martin von Tours Kunibert

20 S 21 M 22 D 23 M 24 D 25 F 26 S

24. n. Pfingsten, Stanislaus Josaphat Q Albertus Magnus Bufix u. Bettag Edmund Kirdiweihfest V. Peter u. Paul Elisabeth

7.28 7.30 7.31 7.33 7.34 7.36 7.38

17.03 17.01 17.00 16.58 16.56

7.40 7.41 7.43 7.45 7.47 7.49 7.51

16.54 16.53 16.51 16.50 16.48 16.47 16.45

He

3*1

16.44 16.42 16.41 16.40 16.38 16.37 16.36

Totensonntag Maria Opferung Cacilia Clemens Johannes v. Kreuz Katharlna Konrad

7.52 7.54 7.55 7.57 7.58 8.00 8.01

16.35 16.34 16.33 16.32 16.31 16.30 16.29

Martinstag (11.) ein triiber Tag, kommt gelinder Win- ter nach. — November tritt oft hart herein, braucht nicht viel dahinter zu sein. — 1st Kathrein (25.) gelind, kommt der Winter geschwindi — Scharren die Mduse sich tief ein, wird's ein harter Winter sein, und viel harter noch, bauen die Ameisen hoch. — Novemberschnee tut der Saat wohl, nicht weh. — Wenn die Martinsgans auf dem Eise geht, das

Christkindlein im Schmutz steht. — Aller- hiUgen sittet de Winter op de Tilgen. — Siinte Kathrein is de Winter op'n Rhein, Kiiemmet de Winter te frauh, niemet hei nit mehr tau.

Der „HundertJahrige": November:

beginnt trilbe und mit rauhen Winden, 6. bis 8. „sch6n lustig", 9. kaltes Wetter, IT.bisEndeSchnee, die letzten Tage sehr halt.

Unser Bild: Vorbereitungen zum

Martinstag

Heim Wacbt A.llerseelen und Allerheiligen geben d m Monatsanfang ihren besinnlichen Ton. Am AHerheiligentag zieht man in Prozessionen zu den Friedhofen

und zundet auf den Grabern, den Toten zum Gedachtnis, Lichter an. St. Hubertus (3. 11.) sind zahl- reiche Kirdien und Kapellen des Sauerlandes geweiht. In Dollar und Miisdiede wurde St: Huber- tus seit altersher als Patron gegen die Tollwut verehrt. Die Dorlarer Kirche besitzt eine Reliquie des Heiligen. Wunden der von tollen Hunden Gebissenen wurden mit dem Hubertusschliissel ausgebrannt. Audi wird, oder wurde, Brot, Salz und Wasser gesegnet. Das Hubertusfest der Bru- dersdiaft des hi. Hubertus in Miisdiede wurde in alter Zeit durch ein Festmahl aller Hubertusbrudei gefeiert, anschlieCend zog man durch das Dorf, Menuett tanzend. Das war der sog. Pfeffertanz von Miisdiede. Martini gait als widitigster Terrain fiir Geschafte' uml Dienstverhaltnisse. Der Martins- Umzug findet neuerdings audi im Sauerland mehr Verbreitung. Nadi Grimme ersdiien ehemals am Vorabend vor Martini in jedem Haus an der oberen Ruhr das-Martens-Manndien und warf freigebig Niisse und Aepfel in den „Griwwel-Grawwel" der Kinder. — In das Grau des November leuditet noch einmal ein belles Licht: Elisabeth (19.), die Wartburgerin, die Markgratin der Nacbstenliebe schreitet durch den Monat und bunte frohe Legenden sprieBen an ihrem Weg.

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'churen wir das Feuer der Sehnsudir, am Wiederaufbau des deutsdien Hauses undzwaran der Grundlegung des Fundaments, an der Volksaufartung durch den Heimatgedanken, mitzuarbeiten biszurverzehrenden Leidenschaft! Unddann mit der Glut dieser edlen Leidensdnatt auf zur Arbeit!. Denn was uns rettet, ist die Tat allein!

Franz Hoffmeister (1921)

Es sprichf der Herbst Was weinst und trauerst du um mich, als ob idi nidits als Tod, Verwesung sei? - Des Lebens Fiille trage ich in Handen und bringe lachend dir als reiche Spenden, wonach in langen Monden du verlangt, worum in Wettern du gebetet und gebangt.

Sieh meiner Friidite leuchtend Gold! Vor Freude modxt ich singen mit dem Sturm und feiern Werkes herrliche Vollendung. Nicht schrecket mich der Sicheln harte Sendung. Nadi einmal schmiick ich mich mit Praditgeschmeide und schreite froh zum Erntetag im Purpurkleide.

Mein Werk war gut. — Des Sieges Lied ist mir der Sensen glodcenheller Klang. Gonn mir die Ruh, wenn ich nun schlafen gehe. Wer treu sein Werk getan, den trifft kein Wehe. Klag' nidit! — Tu du wie ich, das ist das Beste! Dann wird, o Mensch, dein Tod zu goldnem Kronungsfeste. Theodor Propper

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Datum Fest- u. Nam en stage

11 S 12 M 13 D 14 M 15 D 16 F 17 S

18 S 19 M 20 D 21 M 22 D 23 F 24 S

Ellglus Edmund Franz Xaver

2. Advent, Barbara Reinhard Nikolaus Ambrosias Maria Empfangnis Leokadla Judith

25 S 26 M 27 D 28 M 29 D 30 F 31 S

3. Advent, Wilburgis Ruth Lucia Berthold Christina Adelheid Sturmius

4.Advent, Wunibald Thea Gottlieb Thomas Beate (Wintersanfang) Viktoria Adam u. Eva

HI. Christfest Stephanus Johannes, Evangelist Unsdiuldige Kinder Reginbert Reiner Silvester

Sonnen- Aufg. I Untg.

Tler- krels

16.25 16.24 16.24

8.21 8.22 8.23 8.23 8.24 8.25 8.26

1H.23 16.22 16.22 16.22 16.22 16.21 16.21

16.21 16.21 16.21 16.21 16.22 16.22 16.22

8.27 8.27 8.28 8.29 8.29 8.30 8.30

8.31 8..B1 8.31 8.32 8.32 8.32 8.32

16.22 16.22 16.23 16.23 16.24 16.24 16.25

16.26 16.26 16.27 16.28 16.29 16.29 16.30

Wetterregeln:

Kalter Dezember, gutes Jahr, sind Genossen im- merdar. — Helle Christ- nacht, finstere Scheuer, finstere Christnacht, helle Scheuer. — Dezember mit viel Schnee, ein fruchtbar Jahr ich seh. — Ruben nach Christtag, Apfel nach Ostern und Madchen ilber Dreifiig haben den besten Geschmack verloren. — Gait Barbeken imme Snai, GoW t Christkinneken im- me Klai. — Gait de Gaos Luzigge op'm Eyse, dann gait se Christdag inne Schiete.

Der „Hundertjahrige":

Dezember:

die ersten beiden Tags kalt, darauf Schnee, 9. kalt bis zum 15., da es gelinde schneit, dann Regen bis 23., bis zum 30. mildes Wetter.

Unser Bild:

Nun ist der Winter da

HeimWacbf '^'^^^' ^i^termonat (Christmond) ist voll von alten Volksbraudien. St. Barbara (4. 12.) schneidet man Reiser mit Tragknospen von Obstbaumen

besonders Kirschbaumen und stellt sie in ein Glas mit Wasser, Nahe des Ofens, damit sie Weih-

nachten bluhen. 6. ist Nikolaustag. Der Umzug von St. Nikolaus ist nach Schauerte der Ueberresi

ernes heidnischen Festes, wahrscheinlich an das Fest der Wintersonnenwende, das vom 6 Dezembei

b.s zum 6. Januar dauerte. Weil nadi dem^ alten Kalender zeitweilig die Wintersonnenwende auf

den Luciatag (13.) fiel, gait er ehemals als der kiirzeste Tag mit derlangsten Nacht. „ Luzigge latt de

Dage diggen zunehmen". 21. ist St. Thomas, der kiirzeste Tag des Jahres (Thomas-Esel) Advent

und Weihnachten wollen wir als wirkliche Familienfeiern begehen und nicht allzuviel davon in die

Oeffentlichkeit tragen lassen; Adventsfeiern und Weihnachtsfeiern in alien moglichen Vereiner

sollte man vermeiden. Der Kampf gegen die Benutzung christlidier Symbole in der Weihnachts-

werbung ist gut vorwarts gekommen und findet in der Geschaftswelt weitgehend Verstandnis. —

Am Stephanstag (24.) hielt man im Mittelalter Turniere und Wettreiten ab. Auch die Bauern saBen

zu Pferde und machten den Stephansritt. Einen „ Staff en geben" heifit im Sauerland, am Stephans- tag einem Armen ein Brot geben.

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!i3ie Heimatliebe ist im Grunde ihres Wesens eine religiose Kraft. ^ Wird sie nicht so aufgefaOt,

sinkt sie herab zur Nadiahmung des Vergangenen, ohne die Seele zu kennen, ohne das enge Band zu knupfen, das uns fluditige letztzeitmensdien mit den Statten wirklidi verbindet, wo unsere Vortahren beteten und arbeiteten.

Heilige Nacht Und wieder kommst du still gegangen, du lang ersehnte Heil'ge Nadit, schenkst in der Lichterbaume Prangen uns leise Ahnung jener Nacht, da uber Bethlehem der groCe und wunderbare Stern erschien, da Gott uns durch Mariens SchoBe den eingebornen Sohn verliehn.

Du senkst dich leuchtend rein hernieder, und Glocken sdiwingen tern und nah; wir singen fromme Hirtenlieder. Und was in Bethlehem geschah, steht wach und zart in unsern Herzen. Wir gehn ihm lang und leise nach, wenn in dem sel'gen Schein der Kerzen, verstummt der Stunden harter Schlag.

Du bist in diesem lauten Leben, die Zuflucht, wo wir stille sind, wo wir uns an uns wiedergeben, und einfadi werden wie ein Kind. Magdalene Benfer

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Du und der Sauerlander Heimatbund Von Theodor P r 6 p p e r

Wiedererweckung tm Jahre 1951 schoT von 1" h" Sauerlander Heimatbund seit seiner nicht nur urn seine Existenz sondpTn ., ^ * '^^^'' gemacht, dafi jeder Sauerlander Wenn Du d^m Suerianner'' freundl^ "dt r'JJr'^'" f^'^.^°"l'*'^^ ^°"^" ^'^^^^ konnte. urn den Absender weiBt und den Kall^H.r !, -^ ^"^^^*„''", ^^^^' 9^^"^ '* ^"ch, daB Du empfunden hast. Wenn Sfcht sJ Sschte •*"?!.?"''•''"' Sauerlander Heimatbundes Weilchen miteinander plaudern kennTrn ' '^''" ""^^^ Landsleute einmal ein

f^ri:tv^'£st^il%^^-,^,^^^^^^^^^^^ geimat auch Hebst. Vielleicht halten, welter zu fragen, ob DudenndasTaueHaTr. «!,.;, i?^' Z"""^^ "^'^ ^^^' '^i*' ab- Menschen, seine Gesdiichte unL Jne Senwart? w,nl ?^^^ "^l"^ Landsdiaft, seme WeiBt Du, es gibt auch bei uns mehr MenXn 11 ^""'^^^^ ^'^ nidit ob soldier Fragen. weiten Welt, in halb EuroprLTser BesXfri wf ^' "? '°"?^° '°"**^' "'^ '^^^"fien in der Du, daB das richtig sei? Prflk D^ eSl selTst "J.t n-^^".^""^^*^'^ "^•^t. Glaubst ortes bekannt? Sind Dir von Dei^e/H^f'f, 7* /P'"^ ^^^ Geschichte Deines Heimat- Wege und Stege vertrautr K^f Du d^fGe'schTcht^/n ^'•'''" '"> "'"'^^^'^ ^^-^ ^"« versagst Du schon, wenn man DiSi nur na^ Same und sf.'nn'n'?^"T ^r"'^' "^^^^ Was denkst Du Dir wohl dabei wenn m\r^h^,,Z ^"d Stand Deines GroBvaters tragt? Lebens^pridit? Kennst Du d'n SauTrSeJ HeLa°tLnde^W^'^ ^^,^'?}''^^3 heimatlidfen nahen Programm? Es soil hier nicht ausfahrH,^^fr„^? I 5 ^^'^^ °" ''°'' ^^'""^"^ ^"t- m Sauerlandruf", der ZeitsArTLs SaueritnMf?* TK"''^"- ^an kann es ja lesen

1st Dir der Name Franz Hoffmeister oelluHaf nH» K"'**^•'*^^' J^hrgang 15, Heft 2. nidit kennst? Das ware sdiad^ wenn D r d e Na^n vnn ^>S^" ^' °'' '''**'• ^^" ^u ihn

. unser^m sauerlandischen Volke die mn der Sf rf Jl? Mannem unserer Zeit und aus landisdies Wesen weithin sich bar und leuchiend ,tf v ^f"?,^"' '° "^^"^^^ ^'^^^ sauer- meister, Johannes Hatzfeld und andere Kr unbekfnl^t ^"''^"'"'f^.^i ^*^ ^'^""^ Hoff- um dessentwillen, was sie fur unsere klso au^ D^^J T'^"": ^°'*^ ^^"^^^^ ^aben nidit vergessen zu werden. Du beSst Dkh aK q^f,o r "f •^* 3^*^" •^^''^n' verdient, es nur dann, wenn das Lob der sSheU lltrUndfsrW f ^'H' ^.^T'^' ^^^' '^3. tust Du Fremden Dir sdimeidielt, wenn Du selbs D?r^n der S d-"" R / ^^' ^^^"^ ^""''^ '^^^ zu bedenken daB jedes rechte Besitzen Ve pfS^tuS bede£? '^^^H^;.-^^^^^^^ Heimat und Sauerland im Grunde nur aerarip m,t TIVT, °!}**^'^. ^md Dir Worte wie schild fiir materielle Interessen zu Znen? wl! ^J^^: *"" P" lediglich als Aushange- zutiefst ein seelisches MebenTst das dfe Bez^huna tf^^' '1!^*^ ''f^^' "^•^t, die dodh heimatlichen Welt umgreift, un^e^Yutdllifb^el^l'S'a^rrSr:^;^^^ ^"^"*^''

:;fS^^e£t^ta2^SiS^-^^ W rfe"^ vTrnomte'n^te ""o'lirr^^r'*-^ Han^.e^^egrg l^are^'SVi^Tle^f Ja^

g|in!^S-aSS^^l^« dS^ -^- "S^ r^Sei^KH ^Lt^diSrde^r^lblL^'Lt^^^^^^^^^ dtr-'-A^^rr?^? Zt:."' "G-fiyater-Angelegenheit" aber nicht aZeinTsacheaufgesAS^^^^^^^ muter, junger Menschen zu sein, den Vorwurf, nur in der Welt der HiSe und ve;staSlr

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Warst Du dabei gewesen, als der Sauerlander Heimatbund gelegentlidi der Marsberger Heimattagung im Mai seine Generalversammlung hielt, so warest audi Du gewiB von der Lebensnahe des Sauerlander Heimatbundes beeindrudct gewesen und hattest Dich uber- zeugen lassen, daB er nicht gewillt ist, einer irgendwie notwendigen Auseinandersetzung mit Problemen und Ersdieinungen des heutigen Daseins auszuweidien. Zu einer ganzen Reihe von akuten Fragen, die idi nur in Stichworten nenne, nahm er Stellung in aus- fiihrlidien EntsdilieBungen: „Der Fremdenverkehr im Sauerland", „Die Rettung des Sonn- tags", „Das Gebiiill der Landstrafie", „Der Fernwahn als krankhafte Zeiterscheinung", „Die Forderung sauerlandischen Sdirifttums", „Die Pflege des Plattdeutsdien", „Der Ein- fluB der Tedinik auf die Lebensgestaltung der Heimat", „Begegnung zwisdien Sauer- landern und Heimatvertriebenen", „Heim und Handwerk", „Heimat und Jugend". Erinnert das an Gestern und Vorgestern? Riecht das etwa nach muffigem Aktenstaub? Idi denke: Nein. Zersdilag also die Vorurteile gegenuber dem Sauerlander Heimatbund, falls soldie in Dir aufgestanden sind. Bekunde Deine Anteilnahme und Dein Interesse an den viel- faltigen heimatpflegerisdien Aufgaben, die vom Sauerlander Heimatbund Impuls und An- trieb empfangen. Oder besser noch: Pack selbst tatkraftig mit an, wo es gilt, Deine ehr- liche Liebe zur sauerlandischen Heimat nicht nur durdi Worte, sondern vielmehr nodi durch Tat und Opfer zu beweisen! Solltest Du aber — es ware ja kaum zu denken, — es ladielnd ansehen konnen ,dafi einige Menschen sidi abmiihen im Dienst fiir die Heimat, derweilen Du selbst teilnahmslos ab- seits standest, vielleidit groBe Worte heudilerisch im Munde fuhrtest, aber andern allein die selbstlose Arbeit iiberlieBest, dabei jedodi durchaus bereit warest oder vielleicht sogar darauf spekuliertest, in materieller Hinsidit NutznieBer der Arbeit anderer zu sein, dort zu ernten, wo Du nicht gesat hattest, wie schabig ware das ! Dein ganzes Gerede von Heimatliebe wurde bei soldier Haltung verdaditig erscheinen, und das Bild eines ehr- lichen, aufrechten, heimatbewuBten und heimatliebenden Mensdien, das Du mehr und mehr in Dir formen und gestalten solltest, wiirde zur Karrikatur entstellt warden. — Frage Didi selbst, wie es im Spiegel der Fragen, mit denen idi Didi tiberschiittet habe, mit Deiner Liebe zur sauerlandischen Heimt bestellt ist. Ist alles in Deinem Verhaltnis zur Heimat in der rediten Ordnung, dann ruf ich Dir zu den GruB des Sauerlander Heimat- bundes: „Guatt lauhne!" Ware es aber nidit der Fall, hattest Du kein Herz fiir die Heimat, wolltest Du unserer von Gott geschenkten Heimat gegeniiber keine Verpfliditung aner- kennen, hatte Dir in selbstzufriedener Sattheit noch nie eine Sorge um sie auf der Seele gebrannt, dann allerdings — ja, dann —. Was soil idi sagen —? Dodi haltj — da fallt mir etwas ein. Kennst Du diese Fabel? Hore!: Es war einmal ein gar haBlicher Affe. Der schaute in einen Spiegel an der Wand und sah darin sein Bild. Da ersdirak er, sdiiittelte mit dem Kopfe und sagte: „Idi verstehe nidit, wie man ein soldies Bild iiberhaupt nur aufhangen kann!" — Du verstehst gewiB, was ich sagen will. Solltest Du im Spiegel der Selbsterkennntnis Dein Verhaltnis zur Heimat als schabig bezeidinen miissen, so hoffe idi, daB Beschamung Dir selbst die eigenen Worte in den Mund drangt: „Idi verstehe nidit, daB sich so etwas noch als „Heimatliebe" bezeidinet und breit zu machen versucht!" Doch ich glaube, Du hist keiner von dieser Sorte. Wenigstens glaube ich nicht, daB Du bosartig bist; denn sonst hattest Du die vorstehenden Zeilen wahrscheinlich gar nicbt bis hierin gelesen. Aber so ein bischen hapert es doch vielleidit hier und da mit Deiner tat- kraftigen Liebe und Treue zur Heimat, niit Deinem Verhaltnis zum Sauerlander Heimat- bund. — Oder nicht? — Hm! Eigentlich hatte icii ja gedacht und gewvinscbt, wir konnten als Landsleute hin und her miteinander plaudem. Und nun bist Du bis jetzt noch gar nicht zu Wort gekommen. Dabei ist mir doch, als wartetest Du nur darauf, Deinem innersten Bekenntnis zur sauer- landischen Heimat geziemenden Ausdruck zu geben. Was aber den Sauerlander Heimatbund betrifft, so glaube ich ganz gewiB, daB, wenn Du vielleicht auch bisher noch irgendwie abseits standest, Du in Zukunft sicher mit dabei sein wirst. Und noch etwas; Wenn der Sauerlander Heimatbund im nachsten oder iibernachsten Jahr wiederum zum groBen Heimattag einladet, dann begegnen wir uns vielleicht. Dann konnte es geschehen, daB wir die Hande ineinanderlegen und aus heimatgliihender Seele gemein- sam sagen: „Wir Sauerlanderl" — Und welter: Wir wiirden uns dann anschauen und aus der Gemeinschaft des WoUens wiirden bekenntnishaft die Worte steigen: „J a 1 — Wir-H e i m a t b u n d 1 e r !" GewiB werden wir einmal so voU Freude sprecfaen, wir beide, Du und ich und die andern alle. Bis dahin: — „Guatt help!"

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Jch' Oder „Wir"? Von Josef Ruther

TJor Jahren wies einmal jemand — ich glaube es war ein evangelischer Bischof — darauf

hin, daC es ein groBer Irrtum sei, wenn man einseitig sage: „Rette deine Seele!", dafi namlich aer Mensch, um seine eigene Seele vor Gott retten zu Iconnen, sich nicht nur um diese eine seine eigene, sondern auch um die Seelen der anderen zu kummern habe. Mit Recht, denn es wurde dem Liebesgebote „wie dich selbst" und der zugrunde liegenden Tiefensicht auf das We- sen der Einheit in Christus und seiner Erlosungs- gnade widersprechen. Es widerspricht aber auch dem naturlichen Verhaltnis von Mensch zu Mensch m der organischen Einheit der , Mensch- heit" in der alles, was ein einzelner Gutes tut zum Segen, und was er Boses tut, zum Unsegen tur alle irgendwie unmittelbar wird oder doch beitragt. Das hier auszufuhren, ware zu lang Aber wer nicht von selber aus eigener Schau in die Geschichte und das Gemeinschaftsleben davon uberzeugt ist, lese von den vielen die paar Stimmen im „Sauerlandruf" 1954 Nr 2 damit er wenigstens lerne, sich Gedanken dar- uber zu machen.

Und ist es nicht sonderbar und ein Zeichen unserer Gedankenlosigkeit, wenn wir das Vater Unser" beten, ohne zu bemerken, dafi es hier immer heifit: unser, uns, wir, und: Du, Dein von Gott, niemals aber: ich, mir, mich, mein. Und doch heiBt es da: „So so lit ihr beten"; also nicht im eigenen Namen und fur „mlch", son- dern im Namen aller in Christus geeinten — und dazu gehoren alle von ihm Erlosten, ehrlich nach der Wahrheit und dem Guten Strebenden; und fur alle, alle ohne Ausnahme.

Unter solcher Sicht mochte man glauben dafi es niemals einen solchen Abfall von Christus und Gott gegeben habe wie in der Denkhaltung der Neuzeit, die wir Individualismus nennen

^un6er idtoer '2Bun6cr Jaide Blaume ies en Wunder, lut dem Kaiern, klein un zart, Staiht sai op un bugget selber lak dat Hius op iahre Art, Ies lebendig, wasset, blogget, Lachet diek sac trondlich an, Brenget met der Tejt gediillig Frudit un Soot noh Guarres Plan. Liawet wiahlig, stirwet sialig: Kejk se di met A n d a c h t an!

Jaide Viugel ies en Wunder, Kruipet krejel iut dem Ei; Ohne H a n n e weerd hai ferrig, Dofiar owwer fluiget hai; Briuket ode nit Biix un Wammes, — Denk men jao nit, hai wor arm, — Kraig hai doch fiar't ganze Liawen 't sdioinste Klaid, — modern un warm. Singet sialig sejne Wejse: Menske, niemm di'n B e j s p i e 1 dran!

Franz Nolte

Ihm gegenuber erscheint selbst die „Gottlosig- keit" des „Atheismus" noch geringer, well er noch verbunden sein kann — und Gott mag wis- sen, wie oft es vielleicht der Fall ist — mit einem tiefen Gefiihl fiir die Mitmenschen und mit einer heimlichen Liebe zu dem unbegreif- lichen, in seiner Weltlenkung mifiverstandenen Gott. Es ist be2eichnend, dafi der geniale Mann, der selber den Individualismus unserer Jahr- hunderte auf die auCerste Spitze trieb und zu- gleich in seinem Leben wider Willen widerlegte, Friedrich Nietzsche, von dieser heimlichen Liebe zu dem gehafiten „Gott" nicht loskommen konnte: „Alle meine Tranenbache nehmen zu Dir ihren Lauf". Nietzsche hat das Ende des individualistisohen Zeitalters vorausgesehen und vorauserlebt; im leiblichen und geistigen Zu- sammenbruch; er hat ihm entgehen wollen durch wahnsinnige Obersteigerung statt durch Absage. Von dieser Absage aber an den selt Jahrhun- derten die europaischen imd alle ihre Kolonial- volker vergiftenden, gewalttatigen Individualis- mus der Staats- und Wirtschaftslenkung der europaischen Volker hangt die Zukunft der Erde ab; und diese Absage in den „oberen" Regionen des „Abendlandes" ist unmoglich ohne die vor- ausgehende von „imten", von uns her. Wenn im Volke aus dem Beruf ein blofier Erwerb, aus dem Leben ein moglichst groBer GenuB, aus der Freude Suchtigkeit, aus der menschliohen Ehre Uberheblichkeit Uber die anderen, aus dem Wirt- schaftsleben Kampf um den moglichst groBen Futterplatz, aus der Gemeinschaft ein EUen- bogenstofien geworden ist, dann darf man sich nicht wundern, wenn die „da oben", welche die wirtschaftliche Oder auch die poliUsche Macht- steUung haben, sich je nach ihren Absichten verbunden und entweder mit der politischen imd Autoritatsmacht im Vordergrunde eine offene Diktatur ausiiben oder mit der wirtschaftlichen im Hintergrunde, mit den Geldstromen mo- derner Wahlmethoden, eine „Demokratie" prak- tizieren, in der der Wahler die Stimme dorthin abgibt, wo fiir ihn — wie ihm weisgemacht wird — das Meiste herauskommt. Seiner Ent- tauschung wird man beim nachsten Male mit anderen Parolen doch wieder Herr warden Es ist in beiden Fallen die glelohe, vom bloBen Ge- nuBbegehren und von der Furcht bestimmte „Masse", die hier fur die Interessen der , Obe- ren", das eine Mai mit dem Sabel, das andere Mai mit dem Kurszettel und mit angemaBter Autoritat regiert wird, well diese Dinge fiir sie letzter Gegenstand des Interesses sind, nicht ihre eigene Verantwortlichkeit, Freiheit tmd sitt- liche Ehre.

Denn was ist dieses: Masse und Individualis- mus? Und wie sind ihre Zusammenhange? Es gibt Leute, die meinen, die beiden seien Gegen- satze. Freilich, jeder Individualist bildet sich ein, etwas Besseres, Kliigeres, Freieres usw. zu sein als die anderen, weil er etwa besser ge- stellt, reicher, „vornehmer", als andere 1st, und wenn diese Vornehmheit auoh nur darin besteht daB er semen Kindern ausgefallene Vornamen gegeben hat. Und es ist freilich auch so, daS moderne Sprachverschmierung den begrifflichen Unterschied von Individuum und Personllchkeit und damit auch von Individualismus und sitt- licher Verantwortlichkeit durcheinander gewor- fen hat. Das andert aber nichts daran, daB es •

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sich hier um zwar aneinander grenzende, aber wesentlich sehr entgegengesetzte Dinge handelt, um den Gegensatz von Individuum und Person- lichkeit beim einzelnen und von Masse und Gemeinschaft in der Verbindung mit anderen. Das Individuum ist der naturhafte Mensch; auch das einzelne Tier ist ein Individuum; Per- sonlichkeit ist der einzelne Mensch in dem MaBe, wie er in seinem Sein und Tun durch das. was iiber das Naturhafte, Zoologische hinaus- geht, bestimmt ist, namlich duroh seine V e r - n u n f t und damit aus der Sittlichkeit. Das Tier hat keine Vernunft, auch keine Sittlichkeit. Als Individuum gehort der Mensch darum dem BlutsmaCigen an, wie das Tier seinem Rudel, seiner Herde, seinem Schwarm; er wird be- stimmt von ,,Hunger und von Liebe", von der „Masse".

„Masse" ist das alien Menschen aus ihrem zoologisch tierhaften Dasein gemeinsame Trieb- hafte. Im Gegensatz dazu ist die menschliche Gemeinschaft durch die fiir alle giltige Ver- nunft und die durch sie erkennbaren Lebens- gesetze — „Naturgesetz" der 10 Gebote — be- stimmt. Sie kommt also nur zustande durch den Gegensatz zum Individuum, durch Person- lichkeiten. Je mehr der Vernunft folgende, d. h. sittlich freie Personlichkeiten, um so echter die Gemeinschaft, um so segensreicher in Leben und Geschichte alles, was daraus wachst. Aber je Weniger Leben aus der Personlichkeit, aus Ver- nunft und sittlicher Freiheit, umso mehr Masse, umso verderblicher ihre Auswirkung in Leben und Geschichte. Individualismus bedeutet die Uberordnung des triebhaften Menschen iiber die anderen; Personlichkeit die freiwillige Gleich- setzung und Gleichbewertung mit dem Mit- menschen. Der Individualist ist der Ichmensch, der das Vaterunser nur plappern kann, der an- dere denkt, sagt und betet: „Wir".

Denn riickblickend auf die Geschichte sehen wir eine immer wiederkehrende, die vielen zur Masse niederdruckende imd wahre Gemeinschaft zerstorende Haufung der Macht von Kaisem. Konigen, Fursten, Adel, Condottieren, Generalen und Diktatoren iiber unterdriickte Volker, er- oberte Lander, ausgebeutete Menschen, eine Macht von GroCbesitzern iiber Sklaven und Arme, von Bankfursten iiber die Markte der Produktion und Lebensguter, von Autoritaten und Fiihrenden gegeniiber gutmiitig Glaubenden. Auch die ,,christllche" Zeit ist eine Zeit nie ab- reiCender Kriege, von denen der Apostel sagt, daC sie „aus euren Begierden" stammen, von Fehden und Vergewaltigungen der Schwachen, ein Zeitalter niedergehaltener und ausgebeuteter Kolonialvolker und als Echo darauf blutiger Emporungen, Bauernkriege, Befreiungsaufstande, Revolutionen, Schreckmorden, von der siziliaschen Vesper iiber die Bartholomausnacht zu Mau-Mau. Und heute ist die ganze Technik in den Dienst dieser Selbstsiichte und Siichtigkeiten nach Macht, Besitz xavi GenuC getreten. Man ist bis- her weder zuriickgeschreckt vor der Bombar- dierung von Stadten, Vernichtung von Millionen von Menschen, Frauen, Kindern und Greisen, noch vor der Verfalschung der geschichtlichen Wahrheit, der Fanatisierung der Massen, vor der Entweihimg des Namens Gottes und Ohristi durch Inanspruchnahme fiir „Kreuzziige" zur Unterdriickung und Versklavung in der Ver- gangenheit, imd fiir „Kreuzzugs"wahn im In- teresse wirtschaftlicher und politischer Massen- selbstsiichtige in der Gegenwart.

DaB die Vernichtung durch die Atombombe, das Nervengas, der Bakterienkrieg etwas sei. Was der, zu dem wir als einzig gUltigen „Du"

„GrahlegiCng" Fenster in der Friedhofskapelle Freienohl

von M. Pautsch

beten, daB sem Wille geschehen moge, daB er uns vergeben moge wie wir anderen vergeben, daB er uns vom Bosen erlosen moge, uns, uns gemeinsam, daB der „Vater" und der, welcher uns so zu beten lehrte und befahl, solohes gewollt habe, ist eine Gotteslasterung, die nicht iiberboten werden kann. Und an dieser kollektiven Gotteslasterung ist jeder mitschul- dig, der durch eigenes Leben aus dem Triebe und der Sucht die Luft mitverschlechtern, und nicht durch sittliche Freiheit, durch Personlich- keit sie verbessern hilft, diese Luft der „faulen" und der „schlagenden Wetter", die wir „unsere Kultur" nennen. Wer kann nach den Erleb- nissen des letzten Menschenalters noch zweifeln, daB die, welche die Macht dieser Bomben und des Geldes, ohne das die Bomben nicht geschaf- fen werden konnten, in der Hand haben, sie auch bedenkenlos anzuwenden bereit sein wer- den, wenn sie es fiir ihre Ziele fiir giinstig hal- ten konnen, die nicht Gottes Ziele sein konnen, wenn sie auch als solche getarnt werden.

Das ist unsere Zeitlage auBerlich; und inner- lich antwortet ihr unsere Flucht in den Betrieb und den GenuB, die Angst als Charakterzug der Zeit, Angst vor dem anderen und vor „den anderen", Angst vor der Zukunft, Angst vor uns selber, vor der klaren Erkenntnis, die an unser Gewissen fassen wiirde und vor unserer inneren sittlichen Feigheit, vor unserem SpieBer-

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turn, das wir nicht wahrhaben woUen, well wir keine Selbstverantwortung haben woUen. Und so sturzt alles um uns und in ims. „Sturzen wir nicht fortwahrend? nach riickwarts, seitwarts, vorwarts, nach alien Seiten? Gibt es noch ein Oben und Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts?" (Nietzsche.) Und warum das? „Wohin ist Gott? Ich will es euch sagen. Wir haben ihn getotet. Ihr und ioh; wir alle sind seine Morder", so laCt Nietzsche den „tollen Menschen" sagen. Gott spielt nicht mehr die entscheidende, die einzig wahre Rolle in unsterer ..Kultur", well er sie in uns einzelnen nicht

mehr spielt. Weil wir nicht mehr als „Wir" zu- sammen demutig-frei vor ihm als dem „Vater" stehen, sondern jeder mit seinem triebhaften und daher schuldbewuI3ten, aber doch die Schuld leugnenden Ich.

Es gibt keine Rettung als das „So sollt ihr beten": Vater! unser! du! wir! uns! Aber beten heiUt nicht ,,plappern wie die Heiden", sondern Haltung nehmen im ganzen Leben, Zielsetzen und Tun: erst „Vater", dann „unser", ganz zu- letzt, well nur im „Wir" eingeschlossen, auch ,,ich".

An die sauerlandische Jugend

TQ ie groBen staats- und weltburgerlichen Pflichten, die wir haben, fangen in und an '1^ der Heimat an. Hier muB jede Frage zuerst in Angriff genommen warden. „Erst '^ gehorst du deinem Gotte, ihm zunachst der Heimaterde". Man hat neuerdings an der Heimatbewegung Kritik geiibt in dem Sinne, dafl die Pflege des Heimatlidien und die Betonung der Heimat- und Stammesart eine notwendige Entwicklung hemme, namllch die zum Deutschen. Diese Kritik geht auf die ganz irrige Vorstellung zuruck, als ob das eine das andere behindere, wahrend im Gegenteil im Organismus der Mensdi- heit jedesmal die nadistweitere Form die vorhergehende nicht aus- sondern ein- scfalieBt. Das liegt im Wesen des Organisdien. So schlieBt der Deutsdie den West- falen nidit aus, sondern ein. Es kann gar keinen guten Deutsdien geben, der nicht ein guter Sohn seiner deutschen Landschaft ware, und wer ein guter Sauerlander, ein guter Westfale ist, ist auch ein guter Deutscher und daruber hinaus ein guter Europaer. Man kann eben sein Mensdienleben und audi sein Leben als Deutscher n u r an einer ganz bestimmten Stelle leben. Aus der Heimat erwachst das Bild der Welt und der Mensdi- heit. Mit diesem Standpunkte bekennen. wir uns keineswegs zu einem engen Lokal- patriotismus, im Gegenteil, die Heimatpflege, wie der S. H. B. sie auffaBt, zielt gerade ube,rdieHeimathinausaufVolkundMenschheit,sie kann aber'den Ansatzpunkt nirgends anders finden als in der Heimat. Heimatpflege ist nichts anderes als Pflege jeder edit menschlidien Kultur, natiirlidi da, wo man sie hat, d. h. einer boden- standigen Kultur. Denn eine andere gibt es nicht.

Nur in der Heimat, da wo sie steht, kann auch die sauerlandische Jugend die Aufgaben erfiillen, die ihr iiber ihre Berufsaufgaben hinaus als werdenden Staatsbiirger zufallen. Die eine ist die offene Vertretung derjenigen Gedanken und MaBstabe, die sie als die der Zukunft aus christlidier Weltanschauung heraus erkennt, die aber den mit zur Zukunft berufenen Landsleuten noch nicht aufgegangen sind, vielleicht gar von ihnen unter dem Einflusse veralteter Vorstellungen noch bekampft werden. Dazu gehoren die Gedanken der sozialen Gerechtigkeit und der Erlosung der Arbeit, dazu gehoren die Gedanken der Volkerverstandigung und des Weltfriedens, dazu gehort auch die Beriditigung falscher Geschichtsvorstellungen und das Eintreten fiir den christlich- organisdien Staatsgedanken und einen dhristlichen Autoritats- und Eigentumsbegriff. Die studiereftde Jugend" hat in ihrer Heimat ein Apostolat fiir die Gestaltung der Zukunft.

Trutznachtigall 1928

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T Vor 10 Jahren:

Arnsberg in jenen Tagen Ein Beitrag zur Heimatgeschichte von Fritz Schumacher

^X ieStadtauf demAdlerberg hat oftdenBecher •^^ des Leides in harten Kriegstagen nehmen

miisseri, seit der Adler der Arnsberger Grafen seinen Horst auf der Bergkuppe in der groBen Ruhrschleife aufschlug. In der Grafenzeit gab es schon Laid und Tod durch Kriegsziige, spater — unter den Kurfiirsten — brachten die Soester Fehde, die Trudisessisdien Wirren, der DeiBig- jahrige Krieg tind der Siebenjahrige Krieg Kriegsnot iiber die Stadt. Im ersten Weltkrieg muBten 400 ihrer Sohne drauBen, fern der Hei- mat, sterben. Nun war der Hitlerkrieg iiber die Volker gekommen. Nachdem die Siegesfanfaren der „Blitzfeldzuge" im Rundfunk verklungen waren, zeigte der Krieg auch der Heimat seine grausige Wirklichkeit, und man begann zu ahnen, was die Diirerschen Apokalyptischen Reiter darstellten. Wieder brach Not und Tod fiber die alte Stadt

„Arnsberg — in jenen Tagen" — das sei als Beitrag der Heimatgeschichte aufgezeichnet.

Der totale Krieg brach die Vorstellung von Front und Heimat, die noch 1914—18 Gultigkeit gehabt hatte. Auch die Heimat muBte damit rech- nen, daB der Gegner im Zeidien des von alien proklamierten totalen Krieges' auch hier angrei- fen wiirde. Am 24. 7. 1940 Helen bereits die ersten Spreng-Bomben auf der JagerstraBe und Ober- eimerstraBe; ein paar Dadier gingen zu Bruch, und mit Interesse, aber noch ohne Grauen, sah man diese Zeichen der Zerstorung. Im August Helen Brandplattdien auf den Galgehberg und Schreppenberg, ohne irgendwelche Zeichen des beabsiditigten Erfolges. Als aber am 15. 9. 1940 nachts auf das Soldatenwaldlager, von dem wahr- scheinlich Lichtschein zu sehen war, Bomben fielen und 12 Soldaten toteten und 32 verletzten, da rudcte der Ernst des Kriegstodes schon naher an die Stadtmauern; das geschah noch starker, als sich ganz in unserer Nachbarsdiaft, in der Nacht zum 17. Mai 1943, nadi einem Bombenan- griff auf die Mohne- und Sorpetalsperre die groBe Mohnekatastrophe ^) darauf hinwies, was uns in diesem Krieg noch bevorstehen konnte. Sonst blieben die Jahre 1942 und 1943 und das Jahr 1944 bis zum Herbst ohne Angriffe auf die Stadt Arnsberg, allerdings nidit ohne Flieger- alarme. Sie sind getreulich aufgezeichnet und machen, allerdings ohne Anspruch auf Vollzah- ligkeit, rund 1600 aus; mit dem 19. 3. 1945, dem Tag der Zerstorung des Viadukts, schlieBen die Aufzeichnungen. Die Flugzeuggeschwader zogen nachts und am Tage iiber uns hinweg; auch in un- serer Stadt fiillten sich die Bunker am Waldlager,

am Liisenberg, der groBe Ruhrstollen bei der Feldmiihle, immer mehr mit Menschen, die oft am Ende des Krieges formlich im Ruhrwasser stan- den. Nacht fiir Nacht rotete sich der Himmel im Norden und Westen von den Feuersbranden nach Luftangriffen und ohnmachtig muBte man zu- sehen, wie die groBen Stadte unserer Nachbar- schaft in Feuer aufgingen.

Nach der Invasion im Westen, im Juni 1944, begannen die AUiierten, die Nachschubbasis der deutschen Armeen planmaBig anzugreifen und damit riickte auch das Sauerland ins feindliche Angriffsgebiet. Mit dem 19. 9. 1944 beginnt die Reihe der Angriffe auf Arnsberg, die vornehm- lich dem Eisenbahnviadukt, dem Bahnhof und den Eisenbahnbrucken galten, aber das ganze Nachbargebiet, d. h. also die ObereimerstraBe und Tiergarten, die alte Stadt, die BahnhofstraBe bis hinauf zum Lusenberg, die Ruhr- und Ufer- straBe in Mitleidenschaft zogen; zahlreiche Brand- und Sprenggranaten fielen, da die Rauch- zeichen abgetrieben wurden, gliicklicherweise in die benachbarten Walder. Nachts setzte man die gefiirditeten Christbaume an den dunklen Himmel als Ziel fiir die Fernbomber, denen deut-

') Es sei auf die Darstellung „Die Katastrophe im Mohnetal" im „SuerIanner 1953" verwiesen. Der abgebrannte Glockenturm 1945

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scher Widerstand kaum noch entgegengeworfen wurde.

Wie zur Parade zogea am hellen Fruhjahrshim- mel 1945 hunderte und aberhunderte Flugzeuge vorbei, ohne daB sie ir- gendwie gehindert wur- den. Anfangs setzte die Flak vom Mohne- und Sorpesee nodi Granaten in die Pulks; und hin und wieder stiirzte audi eine

Masdiine brennend irgendwohin in die Wal- der, und Fallschirme pen- delten zur Erde nieder, aber das zahlte schon nicht mehr

Die Luftangriffe Am 18. 11. fielen Sprengbomben in der Nahe

des Viadukts; am westlichen Teil des Schlofi- berges explodierten zwei Sprengbomben, der Bahnhof wurde mit Bordwaffen angegriffen, Bom- ben fielen auf die Gleisanlagen, zwei Soldaten wurden getotet.

Der 9. 2. 1945 war ein sdiwarzer Tag fur Arns- berg. 28 Flugzeuge warfen Bomben auf den Via- dukt, die Altstadt, RuhrstraBe, UferstraBe, Bahn- hofstraBe. Der Siidfliigel des Amtsgeridites und der Nordfliigel des Landratsamtes wurden zer- stort, Bomben pfliigten den Friedhof im Eidiholz und hinterliefien groBe Trichter. GroB war die Zahl der Todesopfer, Frauen, Manner und Kin- der, und die der Verletzten. Audi die Bunker auf dem SdiloBberg waren getroffen und durdi- sdilagen worden. Die Sarge der gefallenen Arnsberger wurden vor dem Landsberger Hof aufgebahrt und in einer Feierstunde, die der Be- stattung auf dem Friedhof vorausging, schwur der Parteiredner dem Feinde blutige Radie. Kein anderer Trost fiir die Hinterbliebenen.

Am 13. 2. griffen 14 Flugzeuge an. Spreng- bomben fielen auf die Fabrikanlagen hinter dem Bahnhof.

Am 28. 2. stiirzte sidi wieder ein starker Flug- zeugverband auf Arnsberg und riditete erheb- lidie Zerstorungen an. Sdiwer getroffen wurde das Eisenbahnbetriebswerk, die Bahnhofsan- lagen, die Fabrikanlagen hinter dem Bahnhof. Das Bahnhofsgebaude, die Giiterabfertigung, die Gebaude der Bahnmeisterei, die Surmiannsdie Fabrik, und einige Wohnhauser standen in hellen Flammen; es muBte auswartige Losdihilfe ge^ rufen werden. Drei Eisenbahnbedienstete wur- den getotet. Die Spreng- und Brandbomben fielen von Mitte Liisenberg bis zum Grunen Haus und riditeten an vielen Hausern Sdiaden an.

Am 5. 3. fielen Bomben auf die Jagerkaserne. wo ein Radio-Lager in Brand gesetzt wurde, welter griffen 16 Flugzeuge abermals den Bahn- hof an. Die Unterkunftsbaracke der russisdien Zivilarbeiter wurde sdiwer besdiadigt, ein Sage- werk und ein Wohnhaus am Wintroper Weg wurden getroffen.

Die grofite Luftbombe dieses Krieges trifft den Viadukt'

Am 9. Marz fielen Bomben auf die „Tiergar- ten", Obereimer- und GrimmestraBe.

Am 10. 3. wurde das Lager Hammerweide zer- stort und mehrere StraBen wurden getroffen.

Am 10. 3. wieder ein Angriff auf den Viadukt. Das westlidie Tunnelportal wurde besdiadigt.

Am 12. 3. wurde das Bahnhofsgelande bewor- fen; es entstanden Brande. Ferner fielen zahl- reidie Sprengbomben zwisdien SdiloBberg und Liisenberger Eisenbahnbrudce und auf das Ge- lande zwisdien dem oberen Liisenberg und Gut Wintrop. Sdiwer getroffen wurden an diesem Tag der Bahnhofsvorplatz, die Gleisanlagen, die LadestraBe und die Surmannsdie Fabrik, das groBe Wohnhaus am Wintroper Weg. Bei einem Volltreffer auf das Hotel Hoyndc wurden sieben Personen getotet.

Am 13. 3. wurde wieder der Viadukt angegrif- fen, die Bomben fielen, da der Feind den Viadukt meistens aus siidlidier Riditung anflog, vom Eidiholzfriedhof bis zum Viadukt. Audi die Klosterbriidce erhielt einen Treffer, ohne nen- nenswerte Beschadigung.

Bei ^nem Angriff am 14. 3. auf den Viadukt durdisdilug eine Sprengbombe die Tunnelwand Von den im Tunnel weilenden Personen mei- stens Soldaten, wurden 28 getotet. Es entstan- den sdiwere Sdiaden an Tunnel und Bahndamm

Nadidem am 18. 3. ein kleinerer Angriff auf den Bahnhof geflogen wurde, griff am 19. 3. wie- der ein starkerer Verband von ungefahr 36 Flug- zeugen Bahnhof und Eisenbahnviadukt an. Der Viadukt wurde durch Spezialbomben (10 t Ge- widit) besdiadigt und unbraudibar gemadit; zwei Bogen waren eingerissen. Der Bahnhof und das Gelande bis zum Grunen Haus hinauf wurde mit Sprengbomben belegt. Eine der genannten Sezialbomben von 200 Zentnern ging auf das Ge- lande Surmann als Blindganger nieder; am Via- dukt wurden Jahre spater nodi einige gefahrlidie Blindganger ausgegraben.

Das Gelande vom Krankenhaus bis zum Gru- nen Haus und Gut Wintrop war mit Triditern be- dedtt; Trichter an Triditer befand sich audi langst der Ruhr vom Bahnhof zur Innenstadt, im Seufzertal und auf der Hiistener StraBe, wo in

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diesen Tagen auch die Papierfabrik einen Treffer erhalten hatte, der eine der Hallen in Schutt legte. Hier befand sidi ein Ausweidibetrieb der Druckerei Lensing mit einer Rotationsmasdiine und mehreren Setzmaschinen. Die Hiistener Strafie konnte nur iiber einen Fufipfad langst des SdilolSberges passiert werden

Der ganze Bahndamm hinter dem Viadukt war eingerissen und muBte durch viele hunderte Waggons Schutt und Kies angefiillt werden. Die Kleinbahnbriicke in der Nahe war ebenfalls zerstort, die Hauser am Eingang der Wen- nigloher StraBe lagen in Triiminern. Die Ruhr hatte kein FIuBbett mehr. Ein Eisenbahnsdiie- nenstiick des Viadukts war hinauf bis zum Soester Weg geflogen und hing in der Linde iiber dem Kapelldien des ZoUpostdiens.

Auch auf den Hasenwinkel fielen zirka 50 Bomben, gliicklidierweise alle in freies Gelande und den Wald.

Mit der Zerstorung des Viadukts und Bahnhofs horten die Luftangriffe auf. Jagdbomber madi- ten sidi nur nodi ein Vergniigen daraus, Bahn- hofe, Lokomotiven, einzelne Reisende und flii- gende Bauern auf dem Felde zu besdiieBen. Aber nun rudtte das Sauerland langsam ins Opera- tionsgebiet.

Die amerikanisdien Truppen hatten in einer groBen Zange audi das Sauerland im Suden und Norden umklammert. Vom Mohnesee her naher- ten sirh ihre Panzerspitzen bis Breitenbrudi, wo man die Bevolkerung in die Walder trieb, die Hauser besetzte und Arnsberg aus vielen Rohren besdioB. Dies war in der Zeit vom 9. bis 12. April. In Brand gesdiossen wurden die groBen Hauser am Steinweg 9 und 10 und die Sdireinerei Ploger und das Mobelhaus Wortmann, Kloster- straBe. Die Losdiarbeiten wurden ersdiwert, da die Sdilaudileitung der Feuerwehr, die bis zur Ruhr gelegt werden muBte, immer wieder von Gesdiossen durdilodiert wurde und nidit aus- reidiend Manner zur Verfugung waren.

Von der Rumbedcer Hohe feuerte nodi ein Flakgesdiutz; in der Stadt selbst befanden sich kaum nodi Truppen. Man stellte eines Tages grofle Sdiilder auf den Neumarkt „Lazarett- Stadt", aber diese wurden bald wieder entfernt. Das Kurhotel (als SS-Lazarett) lag voller Ver- wundeter. Man horte von heftigen Kampfen im Rothaargebirge, wo General Model den unsinni- gen Versudi madite, die Amerikaner aufzuhal- ten und dadurdi eine Reihe sdioner sauerlandl- sdier Dorfer zerstorte. So kam der letzte Tag des Krieges fiir Arnsberg.

Der ParlamentSr von Niedereimer Im Laufe des WelBen Sonntags (8. April)

hatten sidi die Amerikaner langs des Arnsberger Waldes von Mesdiede her und vom Mohnesee her der Regierungsstadt genahert. Von Breiten- brudi sdiossen sie, wie sdion gesagt, in die Stadt. Am Dienstag, 10. April, gegen 16 Uhr er- sdiienen die ersten USA-Panzer auf dem Bock- stall. Nach einem kurzen Feuergefecht mit einem Flakgeschutz auf der RumbecJcer Hohe zogen sie sich wieder zuriick. Die Amerikaner sollen dabei drei Gefallene gehabt haben. Am 10. April gegen

19 Uhr besetzten die Amerikaner Niedereimer und bereits die Hammerweide vor den Toren der Stadt. Der Zugang zur Stadt war durch die riesi- gen Bombentricfater einstweilen nocii gesperrt. In der Stadt horte man Masdiinengewehrfeuer von alien Seiten. Der Wald am Seltersberg brannte an vielen Stellen. Auch Oeventrop wurde noch an diesem Tag besetzt. Wie es heiBt, hatte die Nordarmee, oder der nordliche Fliigel dieser Armee, den Auftrag, die Stadt Arnsberg zu neh- men, da der siidliche Fliigel durch die Kampfe im Rothaargebirge aufgehalten wurde.

Am 11. April waren die deutsdien Dynamit- Kommandos noch in der Stadt an der Arbeit. Die Klosterbriicke wurde in die Luft gejagt. Die amerikanischen Panzer und Fahrzeuge fuhren

^er Seng •Was bist du uns, gepriesner Lenz? „Die D i c h t e r singen von Under Luft, Von Liederklang und Fliederduft, Von Himmelblau und Sonnenschein, Von neuem Leben in Flur und Hain: Mein Wesen ist das Hoffnungsgluck."

Was ist d e i n Lenz, mein liebes Kind? ' „Idi hoffe, daB nach Winters Graus, Der midi gefesselt ans dumpfe Haus, Ein Maitag. goldnen Lichtes voU, Zu Spiel und Tanz mich fiihren soil: Komm, lieber Friihling, komm doch bald!"

Was ist d e in Lenz, hold Mag d e 1 e i n ? ,DaB, angelockt vom Zauberschein, Den Stolz und Anmut uns verleihn, Zu uns ein holder Schmetterling Aus blauer Luft sich niederschwingh Das ist der zarten Sehnsucht Lenz."

Was ist d e i n Lenz, mein J ii n g 1 i n g, du? „Das aus der Blumen frisdiem Kranz, Der mich umbliiht in Duft und Glanz, Ein R 0 s I e 1 n mir am Busen bliih. In treuer Neigung fiir mich gluh: Das ist der Jugend suBer Lenz."

Was ist d e i n Lenz, duBauersmann? „Die Hoffnung, daB nach all dem Bliihn, Nach all dem heiBen Sommermiihn, Noch eh' die Sdiwalbe siidwarts fliegt, Ein Tag der goldnen E r n t e liegt: In dieser Hoffnung liegt mein Lenz."

Was ist de in Lenz, du Menschheit du? „Einst kommt, wenn alle Zeitlichkeit Verrauscht im Strom der Ewigkeit, Ein ew'ger Friihling, himmliscfa schon, Da droben iiber Sternenhohn: Das ist der Menschheit w a h r e r Lenz."

Franz Nolte

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emfach nebenan durchs seichte Wasser. Eine Zerstorung des Telegraphenamtes wurde durch emen vernunftigen deutschen Beamten verhin- dert. Die lejtenden Beamten der Partei, die noch m der Woche vorher in der grunen Phantasie- uniform eines nicht existierenden „Freikorps Sauerland" herumspazierten, hatten sich „vom Femd abgesetzt", die Warenlager auswartiger Firraen wurden bereits ausgeraubert, in der Jagerkaseme wurde der Hafer sack- und wagen- weise an Interessenten mit und ohne Bezahlung abgegeben, das Arbeitsdienstlager im alten Feld fand viele Interessenten, uber die Waldwege zogen lange Ztige Gefangener hin und her, viele Geschafte wurden von Fremdarbeitern gepliin- dert. Das war die Situation am 11. April 1945.

Da rief der Adjutant der amerikanischen Ein- neit m Niedereimer den dortigen Vikar, Pater Linus Kotter, zu sich und forderte ihn auf, als Parlamentiir nach Arnsberg zu gehen und vom Burgermeister oder Stadtkommandant'en die Uebergabe der Stadt zu verlangen. Andernfalls wurde die Stadt in wenigen Stunden zusammen- geschossen. Pater Linus Kotter tat den schweren Gang, obwohl er fiihlte, dafi dieser Wag fiir ihn verhangnisvoll werden konnte. Im Luftschutz- keller der Frauenklinink fand er den Burger- meister, der iiber diesen Besuch in nicht geringe Aufregung versetzt wurde und sidi sofort mit dem Stadtkomiriandanten, einem jungen SS- Major, in Verbindung setzte, der sich gegeniiber dem Offizierskasino im Eichholz einen Unter- stand gebaut hatte. Pater Kotter wurde mit ver- bundenen Augen im verhangenen stadtischen Wagen, begleitet von einem Wehrmachtoffizier, zum Luftschutzkeller in der Kreisleitung der NSDAP an der EichholzstraBe gebracht, in dem sich eine dramatisch verlaufene Unterredung ab- spielte, wozu auch der damalige Propst Kamp- sdiulte aus dem Luftschutzbunker in derEichholz- promenade geholt worden war. Der als beson- ders parteifreundlich bekannnte General Model soil durch Funkspruch die Erschiefiung des Parla- mentars befohlen haben. Propst Kampschulte und auch Burgermeister Isphording erreichten es doch, daC die zunachst angedrohte Erschiefiung unterblieb; der Parlamentar wurde mit verbun- denen Augen kreuz und quer durch die Stadt ge- fahren und dann im Lazarett der Jagerkaserne interniert. Seine Mission war ergebnislos ver- laufen.

In der Frauenklinik hatten Chefarzt Dr. Beaufays und der Hausgeistliche Pater Junne- mann von den Vorgangen erfahren. Gemeinsam gingen sie uber den Schlofiberg in Richtung Schefferei. Als sie auf der Hohe hinter dem Schlofiberg angekommen waren, gerieten sie in direktes Artilleriefeuer. Wenige Meter von ihnen entfernt fielen noch Einschlage. Die bei- den Unterhandler anderten darum den Weg und gingen quer durch die Garten auf den Fuhrweg zur Schefferei. Am Ausgang der Stadt, in der Nahe eines Panzergrabens, trafen sie den letzten deutschen Posten:

„Sie gehen auf eigene Gefahr!" „Jawohl, das wissen wir!" Einige hundert Meter weiter horten sie von

einem Zivilisten, dafi die Amerikaner bei der Schefferei standen.

Die beiden Herren gingen auf die Feldwache zu und sagten: „Wir wollen den Kommandeur sprechen . Der Posten geleitete sie zur Komman- dantur, die im Hause von Franz Bienstein Quar- tier aufgeschlagen hatte. Sie brachten das An- liegen der Arnsberger Bevolkerung vor, die Stadt nicht zu beschiefien, da keine Notwendig- keit vorliege. Pater Junnemann wurde aufgefor- dert, zur Stadt zuriickzugehen und nochmals die offizielle Ubergabe im Auftrage der Amerikaner zu verlangen. Der Biirgermeister, so wurde ge- fordert, solle mit den wenigen im Norden der Stadt befindlidien Soldaten ohne Waffen an der Stadtgrenze erscheinen. Frist 16 Uhr. Auf Bitten wurde diese Frist bis auf 17 Uhr verlangert. „Wir haben Material genug, um die Ubergabe zu er- zwingen, ohne audi nur einen Mann zu opfern", sagte man den beiden deutschen Unterhandlern. Tatsadilich hatten sie nur einzumarsdiieren brauchen; es ware bestimmt kein Schufi mehr ge- fallen, denn von einer Verteidigung konnte keine Rede sein.

Pater Junnemann wurde an der Schefferei ab- gesetzt; er ging zur Frauenklinik, den Biirger- meister traf er in grofiter Aufregung. Er lieB den Spfecher erst gar nidit ausreden. .^Das geht Sie garnichts an. Verderben Sie nicht alles wieder! Wir hoffen, Ihrem Konfrater das Leben gerettet zu haben!" Pater Jiinnemann hielt es darauf fiir richtig, Arnsberg schnell wieder zu verlassen.

Am Ausgang der Stadt stand die deutsche Feldwache bereit zum Abmarsch, wie vorher vei- einbart worden war.

Man sagte ihr: „Es wird ein neuer Ausweg ge- sucht."

Pater Junnemann konnte den Amerikanern nur seinen Mifierfolg melden. Die Antwort des Adjutanten: „Nun, dann machen wir es anders!"

Dr. Beaufays und Pater Jiinnemann, begleitet von der heutigen Frau Beaufays, versuchten, die Amerikaner mit alien Griinden der Vernunft und der Menschlichkeit davon zu iiberzeugen, dafi eine BeschieBung der Stadt sinnlos sei.

Tags darauf horten sie erieichtert, daB die Stadt inzwischen besetzt worden sei von Trup- peneinheiten, die durch das Ruhrtal uber Rum- beck gekommen waren. Das war am 12. April

Die leitenden Beamten der Regierung wurden von den einrudcenden Amerikanern verhaftet- der derzeitige Regierungsprasident in Iserlohn' wo erne Ausweichstelle. der Bezirksreqierunq bestand. ^

Insgesamt sollen 1800 Bomben auf Arnsberger Gebiet gefallen sein. Im Luftkrieg, vor allem des Monats Februar/Marz 1945 wurden in Arns- berg getotet 64 Manner, 56 Frauen und 20 Kinder; verwundet 175 Manner, 178 Frauen und 35 Kinder. Totalzerstort wurden 102 Hauser, teilweise 44 Hauser, 4 Brucken wurden total zerstort und zahlreiche StraBen mit den Versorgungsleitungen fiir Wasser, Strom und Gas schwer besdiadigt.

Der amerikanische Kommandant setzte zur Leitung der Stadt einen Biirgerausschufi ein. Ein neues Blatt in der Arnsberger Stadtgesdiidite wurde aufgeschlagen.

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SAUERLANDER

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Das Wappen des

kurkolnischen Souerlandes Ein heimatpflegerisches Aniiegen - Von Heinrich Schauerte

Personen und Gemeinschaften, Stadte und Lan- der haben sich im Laufe der Zeit kennzeichnende Symbole beigelegt, welche die Bezeichnung Wappen erhalten haben. Ihre Anfange reichen bis in die alteste Zeit hinauf. Heerfiihrer und Krieger, vorab die Ritter, schmiickten ihre Waff en (niederdeutsch Wappen), insbesondere den Waffenrock, Schild und Fahne, mit Ab- zeichen. Im 12. Jahrhundert wurde die Sitte, Wappen zu fiihren, im Abendlande allgemein. Vom hohen Adel ausgehend, verbreitete sie sich auf den niederen Adel, auf geistlidie Personen, Stadte, Burger, Handwerker, Bauern. Die Wap- pen der Dynasten ubertrugen sich auf ihr Ter- ritorium, und so entstanden die Landeswappen. Ein gewisses Selbstbewuiitsein, ein Stammes- und Standesgetiihl pragte sich in der Fiihrung eines Wappens aus.

Als in den Jahren nadi dem ersten Weltkriege im kurkolnischen Sauerlande eine starke Hei- matbewegung erwadite, die aus der geschicht- lichen Vergangenheit Gedanken und Krafte tiir eine Erneuerung des sauerlandischen Volkes und den Aufbau einer neuen Zeit schopfte, die dann unter Fiihrung unseres unvergeBlichen Franz Hoffmeisters in der heimatbegeisterten studie- renden Jugend kraftig anhub und 1919 zu der „Vereinigung studierender Sauerlander" fiihrte, dann auch die Aelteren mitrifi und 1921 ihre Kro- nung fand in der Griindung des „ Sauerlander Heimatbundes", da suchte man nach einem Ab- zeidien, das die Menschen des kurkolnischen Sauerlandes als heimatverschworene Gemein- sdxaft auch auCerlich kennzeichnen sollte.

Den AnstoB hierfur gab der Wunsch des Krie- gervereins in Finnentrop, auf seiner neuen Ver- einsfahne ein Symbol des Sauerlandes anzubrin- gen. Man suchte nun nach einem solchen und kam dabei zu der Erkenntnis, daB dieses Symbol in dem Wappen zu suchen sei, daB die Kolner Erzbischofe als Herzoge in Westfalen und spater als Landesherren des heutigen kurkolnischen Sauerlandes fiihrten. Dieses vierteilige Wappen hat in den einzelnen Feldern zugleich die Ent- stehung und Ausdehnung des kurkolnischen Sauerlandes festgehalten.

Als nach dem Sturze Heinrichs des Lowen sein groBes Herzogtum Sachsen aufgeteilt wurde, er- hielt derKolnerErzbischofim Jahre 1180 fur treue Dienste fiir sich und seine Nachfolger die Wurde und den Titel eines „H e r z o g s in Westfalen und Engern". Der Engergau, zu dem sich nach urkundlichen Zeugnissen auch die Stadte Soest.Werl, Erwitte,Brilon redineten, umfaBte alles Land, das ostlich einer Linie lag, die man sich von W e r 1 nach B i 1 - stein gezogen denkt, mit der Nordgrenze der Lippe entlang. Zum Engergau gehorte also im wesentlichen das heute kurkolnische Sauerland;

noch heute ist die Mundart dieses Gebietes, also auch das sauerlandische Platt, der engrischen, das ist ostwestfalischen Mundartengruppe zuzuredi- nen. Dieses westfalische Engern (Angaria) kommt schon friih auch gleidizeitig unter dem Namen „Westfalen" vor; somit sind in urkundlichen Nachrichten Westfalen und Engern nicht zwei verschiedene Gebiete, sondern beide Namen be- zeichnen das eine spatere kolnische Territorium.

Das Wappen von Engern zeigte aut rotem Felde drei goldene Seerosenblatter, die Blatter der weiBen Seerose, die in den Teichen und Siimpfen des alten Engerlandes eine hanfige und auffallende Blume sein mochte. Die See- rosenblatter sind allerdings spater zu Herzen ge- worden, well man den Urgrund des Wappens nicht kannte und die Seerosenblatter fiir Herzen ansah. Der Graf von Tecklenburg fiihrt dann auch heute noch drei Herzen in seinem Wappen.

Unter den Dynasten traten friih die G r a f e n vonArnsberg hervor, die allmahlig invielen Teilen des Sauerlandes die Landeshoheit erwar- ben. In bewuBter Anlehnung an den Namen

Eine schiine Haustiir (in Schmallenberg), wie man sie nicht mehr oft sieht

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Wachterlied Wenn nidit der Herr die Stadt bewadit, vergeblidi dann der Wachter wachet. Wenn nidit der Herr erhellt die Nadit, kein Licht zum Leuchten wird entfachet.

Wenn nicht der Herr den Weg uns zeigt, wir sidier dann den Weg verfehlen. Wenn nicht der Herr die Hand uns reicht, dann sind verloren unsre Seelen.

Wenn nicht der Herr das Haus erbaut, wird nimmermehr der Bau gelingen. Wenn nicht das Herren Grade taut, wird GroBes nie ein Mensdi vollbringen.

Wenn nicht der Herr die Mauern halt, dann werden stiirzen Turm und Feste. Drum: — Wollt ihr bauen neu die Welt, beginnt mit Gott; das ist das Beste! —

TheodorPropper

ihrer Residenz (Arnsberg-Adlersberg) nahmen sie den Adler als Wappen an, und zwar war es unter Veranderung der friiheren Farben — in kurkolnisdier Zeit ein silberner Adler mit golde- nem Sdinabel und goldenen Fangen in blauem Felde. Im Jahre 1368 verkaufte der kinderlose Graf Gottfried IV. seine Graftsdiaft Arnsberg gegen eine jahrlidie Rente an das Erzstift Koln. So besaBen die Kolner Erzbisdiofe ein abgerun- detes Gebiet, das als sogenanntes „kurk61nidies Sauerland" die heutigen Kreise Arnsberg, Brilon, Meschede, Olpe und auBerdera nodi das Amt Menden umfaBte.

Als Herren des Herzogtums Westfalen fiihrten die Erzbischofe ein eigenes Wappen, das also audi als Wappen unseres kurkolnischen Sauer- landes gelten kann. Das Wappen des Erzbischofs von Koln war einschwarzesKreuzauf weiBemGrunde. Dieses fuhrten dann audi die Stadte und Freiheiten des Herzogtums West- fallen vielfach in ihren Wappen, so Atten- dorn, Balve, Bodefeld, Brilon, Ha- chen, Hallenberg, Hiisten, Me- schede, Olpe, Schmallenberg und ebenso die kurkolnisdien Stadte R ii t h e n und W e r 1; A f f e 1 n fuhrte das Kolner Kreuz in an- deren Farben: ein weiBes Kreuz auf rotem Grunde. Audi das Wappen der Grafen von Arnsberg, der silberne Adler in blauem Felde, ist in mehrere Wappen aufgenommen, meist in Ver- bindung mit dem Kolner Kreuz, namlidi in die Wappen von Arnsberg, Balve, Me- schede, Bodefeld, Eversberg, Ha- Chen, H ii sten,Neheim. Als „Herz6ge in

Westfalen und Engern" iibernahmen die Kolner Kurfursten audi das westfalisdie Wappen: ein weiBes springendes RoB auf rotem Grunde und das genannte Wappen von Engern. Seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts fiigten sie noch den Arnsberger Adler hinzu.

Der alteste Gesdiiditssdireiber des Sauerlan- des, Caspar Christian Voigt von Elspe, hat in sei- ner „Gesdiichte der Herzogtiimer Westfalen und Engren" (1694) dieses sauerlandisdie Wappen in lateinisdier Spradie besdirieben. Die Stelle lautet in deutsdier Uebersetzung: „Wappen von Westfalen und Engern. Der Erzbischof hat einen vierteiligen Wappenschild. Das erste silberne Feld mit schwarzem Kreuze bezeichnet das erz- bischofliche Amt als soldies. Das zweite rote Feld mit einem silbernen ungezaumten Rosse deutet Westfalen an. Das dritte purpurne Feld mit den drei goldenen Herzen oder Seerosen- blattern bezeidinet Engern. Das vierte Feld, dab auf blauem Grunde einen silbernen Adler mit goldenem Schnabel und goldenen Fangen tragt, weist auf die Grafsdiaft Arnsberg hin."

Dieses Wappen der Kolner Erzbisdiofe als Lan- desherren des kurkolnisdien Westfalens befindet sich auf einer Offenplatte aus dem Jahre 1551 in Haus Gerling in Erwitte, ferner in Stein gehauen iiber der Eingangstur am Rathause in Erwitte aus dem 18. Jahrhundert, audi in dem erz- bischoflidien Wappen am Hodialtare in Kloster Brunnen, der vom Kurfursten Klemens August gestiftet und 1744 autgebaut wurde.

Seitdem das kurkolnisdie Herzogtum West- falen im Jahre 1803 seine Selbstandigkeit verlor und zunachst an Hessen-Darmstadt und dann 1815 an PreuBen fiel, ist dieses sauerlandisdie Wappen allmahlidi in Vergessenheit geraten, bis es der Sauerlander Heimatbund wieder ent- deckte und zum Symbol des kurkolnisdien Sau- erlandes machte. Der Kriegerverein in Finnen- trop lieB es daraufhin auf seiner neuen Vereins- fahne anbringen, und der Sauerlander Heimat- bund wahlte es in Anknupfung an die gesdiidit- lidie Vergangenheit passend als Abzeidien (An- stedcnadel) fiir seine Mitglieder, lieB es seiner Heimatzeitschrift „Heimwacht", und aucfa deren jetziger Fortsetzung „Sauerlandruf", seinen Nachriditenblattern und audi spateren Jahrgan- gangen seines Heimatkalenders aufdrudcen. Neu- erdings (1925) ist es iiber dem Portal der neuen Kirche in No r d e n a u in Stein ausgehauen (das Wappen fur Engern wieder in der alten Form der Seerosenblatter) sowie (1948) auf einer Tafel uber der neuen Kapelle in Ohlenbach (Ptar- rei Oberkirchen) in den entspredienden Farben angebracht.

Es ware zu begriiBen, wenn dieses Wappen im Sauerlande wieder mehr auf Vereinsfahnen, an Baudenkmalem, wie Rat- und Gemeindehau- sern und dergleichen ersdieinen wiirde, einer- seits als Symbol der geschichtlichen Vergangen- heit, anderseits als Ausdrudc stammhaften Ge- meinschaftsgeistes, der uns Sauerlander beseelen und zusammenhalten und sidi audi alien mit- teilen soil, die heute mit gleicher Gesinnung sidi in unsere sauerlandisdie Heimatgemeinschaft eingliedern wollen.

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Vom Wesen

neuer Sauerlander

Kunst

Von Erwin Sylvanus Kohlezeichnung von Hans Geilen, Niedersfeld

Die Schriftleitung hatte Erwin Sylvanus gebeten, eine Vbersicht Uber die darstellende Kunst im Sauerland der Jetztzeit zu gehen.

Der bekannte Schriftsteller und Kunst- kritiker schreibt uns hierzu, daji er s eine

Erfahrungen und Erkenntnisse hier auf die junge Kunst des kurkolnischen Sauerlandes

anwende im Sinne einer Sichtung des Vor- handenen und einer helfenden Kritik. Wir bitten diesen Aujsatz in diesem Sinne zu

verstehen.

schiedener und unterschiedlicher „Obrigkeiten" moglich ist. Es miiBte hier versucht werden, so etwas wie — ganz realistisch gesprochen — einen Zweckverband zur Forderung der bilden- den Kunst zu schaffen.

Bezogenheit wird auch geweckt durch eitizelne iiberragende Kiinstlerpersonlichkeiten, die allein sdion durch ihr Schaffen in kiinstlerischer Nach- barschaft unendlidi fruditbar und anregungS- reich wirken. Der jungen Kunst kurkolnischen Sauerlandes fehlen iiberragende Kiinstlerperson-

Gibt es eine junge Kunst, die man als typisch fiir das Sauerland bezeichnen konnte, die zwar eingeschlossen wird von dem, was die Kunst un- serer Zeit ganz allgemein kennzeichnet, die abei gleidiwohl eine gewisse landschaftsgebundene Akzentuiirung aufweist?

Kunst vollzieht sich nie in der Isolierung, son- dern immer in der Bezogenheit. Eine solche Be- zogenheit ist zunachst einmal in einem Mafie, das machtiger und starker ist, als man gemeinhin an- nehmen mochte, durch die Tradition gegeben. Auch die sogenannte junge Kunst hat nie die Tradition verleugnet. Wir brauchen nur auf das Beispiel des Avantgardisten der jungen Soester Kunst, Wilhelm Morgners.zu verweisen, der ohne die mittelalterlichen Malereien in den Soester Kirchen gar nicht zu denken ist.

Eine derart lebendige, anschaulidie Tradition fehlt dem Schaffen der Sauerlander Kiinstler, und selbst wenn diese Tradition sich erweisen lielie, so miifite sie ihnen zunachst einmal bewuBt ge- macht werden. In den Stadten haben wache Geister stets dieses BewuBtmachen gefordert, wie ja iiberhaupt die Stadte ihre kunstlerisdien Be- gabungen sorgfaltiger und nachdriicblicher for- dern, als es einer Landschaft mit einer Ftille ver- Portrait uon P. H. Schodder, Allendorf

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Olbild: Reinhold Bicher, Grevenbriick

lichkeiten, wie sie andere westfalische Land- schaften als Kunstlandschaften besitzen, nicht zuletzt etwa das benachbarte Siegerland, das sich zudem seine Tradition sehr nachdriicklich bewuBt gemacht hat. Die Sauerlander Kiinstler haben sich auch nicht zusammengeschlossen — wie die Kiinstler des Miinsterlandes in der „Schanze" Oder die des Soester Kunstkreises im „Kunst- ring" —, um gemeinsam Ausstellungen zu veran- stalten und die Kameradschaft zu pflegen. Nicht zuletzt kann Bezogenheit durch eine gemeinsame Aufgabe geschehen, wie sie etwa — in vielerlei Variationen — die Wiedenbrucker Kiinstler eint.

Erfreulicherweise hat sich im vergangenen Jahr der Westfalische Kunstverein der Sauerlan- der Kiinstler angenommen, um Sammlung und Sichtung vornehmen zu konnen. Naturlich konnte bei der Ausstellung, die darauf hin in Meschede veranstaltet wurde, noch kein voll- giiltiges Ergebnis erzielt werden, zumal nicht alle Sauerlander Kiinstler darin vertreten waren. So fehlten Vater und Sohn ,G e r w i n , deren Red- lichkeit gegenuber dem Motiv und handwerk- liche Gediegenheit gegeniiber den Mitteln der malerischen Darstellung doch wohl nicht iiber- gangen werden konnen, wenn man das Wesen neuer Sauerlander Kunst im kurkolnischen Raum erfassen und deuten will. Ebensowenig mochten wir auf Grauenhorst verzichten, dessen Ernst, dessen mitunter mystische Verbundenheit in der Farbe mit der Wesenheit der Landschaft eben zu dieser neuen Kunst im Sauerland ge-

„Vertriebene" Pastell von Martin Pautsch, Freienohl

Die Trauer Holzplastik von Fr. Jos. Greitemann, Seidfeld

horen. Und es gehort auch die Schlichtheit, die Schicksalsergebenheit und die fromme Verbun- denheit mit dem Wunder des Lichtes — vor allem des abendlichen Lichtes — liber der sauerlandi- schen Landschaft hinzu, das wir in manchem der Bilder von G e i 1 e n lieben. Der Bildhauer Hartje-Cohrs mu6 erwahnt werden mit sei- ner Genauigkeit, mit seiner fast diagnostizieren- den Art des Blickens und der konkreten Art des Gestaltens, und ebenso muB die Sorgfalt und dienende Sachlichkeit des Bildhauers Greite- mann erwahnt werden. Vergessen sei nidit Josef Schwermer, der das ganze unentdedcte Sauerland immer erneut entdeckt und ihm dabei seine Schweigsamkeit belafit, seine Verborgen- heit und Abgeschiedenheit. Manchmal meint man vor einem seiner Bilder, hier sei der erste

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Gemdlde von Kniffka, Calle

Schopfungsmorgen nachvollzogen worden, der Sdiopfungsmorgen iiber dem Saueirland. Viel- leicht gibt es nodi den einen oder anderen, der genannt sein miiUte und der in seinem Werke denen nicht nachsteht, die hier erwahnt wurden.

Freilich, nimmt man die hier bisher Genannten und auch die Ungenannten zusammen, stellt man sidi vor, sie waren in der vom Westfalischen Kunstverein betreuten Ausstellung in Meschede vertreten gewesen, so wiirde doch der Gesamt- eindruck keine wesentliche Nuancierung erfah- ren haben. Und gerade auf diesen Gesamtein- druck kommt es an, wenn wir die Frage zu- reichend beantworten wollen, mit der wir unsern Beitrag begannen.

Vorweg: es war gut, da]5 man einmal die Kiinst- ler des Sauerlandes gemeinsam mit den Sieger- lander Kiinstler ausstellte, weil hierdurch eine ge- wisse Ortung gesdiehen konnte, ein gegenseitiges , nachbarliches Wagen. Die

Siegerliinder Kiinstler sind allgemein der neuen Sehweise sehr naher; das Vorbild von Kiinstlern, wie Hans Achenbach, ist iiberaus anregungs- reich. Es bieten sich meh- rere Namen an, die im Gediichtnis haften. Man hat A.nschluB zu den all- gemeinen Anliegen der bildenden Kunst heute, und dabei ist doch ein eigener Klang spiirbar .. .

Kunst nur aus ortlicher Bezogenheit zu werten, ist immer verfehlt. Die Aus- sage der Kunst ist immer allgemein und mu6 tiber- ortlich begriffen werden.

Dennoch ist es gut, um die geistigen Zuflusse der

Kunst einer Landschaft zu wissen.

Der geistige Ertrag der Werke der in der Mesche- der Ausstellung vereinten Kiinstler konnte insge- samt nicht allzu erheblich

genannt werden, eine merkwiirdige Sprode und Befangenheit schien eine glutende Aussage zu ver- hindern. So sah man audi so gut wie kein gegen- standloses Bild, wie ja iiberhaupt die Auseinan- dersetzung mit den Pro- blemen der modernen Kunst von keiner Aktu- alitat fiir die Kunst des Sauerlandes im kurkolni- schen Raum zu sein scheint. Dies Urteil wurde nicht

leichthin geschrieben, sondern von einem Rezensenten, der alle wesent- lichen Ausstellungen Westfalens regelmaBig zu sehen pflegt.

Dieses Urteil will zudem helfen, es wurde von einem Freund des kurkolnischen Sauerlan- des geschrieben, der gleichzeitig ein Freund der bildenden Kunst unserer Zeit ist. Dies Urteil will auch zunachst gar keine negative Ein- engung bedeuten, sondern darauf verweisen, daB sich die hier gemeinten Kiinstler nicht iiber- waltigen lassen von Kunsttheorien, iiber die man anderswo diskutiert und die man durch- experimentiert, sondern daB ihr Schaffen ganz vital und stark von der Landschaft bestimmt wird. Sie haben alle ein Gefiihl fiir Landschaft, ein starkes, unmittelbares Gefuhl, und es kommt dabei gar nicht so sehr darauf an, ob sie nun die Landschaft des Sauerlandes malen oder

Industriebild, von Prof. Gerwinn, Hellefeld

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eine andere Landsdiaft. Aber das starke, vitale, unmittelbare Gefiihl fiir Landsdiaft uberhaupt verdanken sie gewiB ihrer Heimat — mogen sie nun hier geboren oder spater zugezogen sein.

Merkwiirdig genug, daB die vormodernen franzosischen Malimpulse stilistisdi von groBer und keineswegs vereinzelter Wirkung sind, daB der Nachimpressionismus ein gem verwaltetes Erbe ist — und auch der Naivismus (iiber eine Naturalismen im Stile der Miinchener Rechtsan- waltsbilder kann man hinwegsehen; es kommt sogar vor, daB sie gar nicht so schlecht gemalt sind).

Was nun hatte der Westtalische Kunstverein ausgewahlt? Von B. H e i m e s , der sich dem Spatimpressionismus am riickhaltlosesten hin- gibt, Bilder mit auch landschaftlichen Themen der Provence. Hannes Pingsmeier hatte ahnliche Themen gestaltet, die mit der Rohr- feder groBzugig notiert und dann eindrucksvoll laviert waren. Dabei erwies er sich als sehr viel konzentrierter, barter und auch personlicher. Ein fesselndes Temperabild war von Gerhard L o e w e ausgestellt, „Hiihner" — zwar gegen- standlich erkennbar, dabei aber doch wie Zeichen und Gleichnisse geistiger Emotionen.

Von schoner malerischer Kultur wirkten wie immer die Aquarelle von Heinrich K n i f f k a — bei ihm malt wirklich das Wasser mit, was nur wenigen Aquarellisten gelingt. Im Oel ist er unsidierer. Von Reinhold Richer gefiel eine „Bildhauerfamilie" wegen ihrer sorgfaltigen figuralen Anordnung und der verhaltenen

,,'Wiederaufbau" Plastik von Emil Kleinsorge, Wennemen

An der Ruhr Olgemdlde von Hermann Springborn, Oeventrop

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Transparenz der Stiraihung. Marin P a u t s c h erinnert in seinen religiosen Szenen an Stein- hausen; in seinen Federzeichnungen lieben wir ihn eher, weil sie eigener und auch genauer im Gefiihl sind.

Heinridi W u r m arbeitet mit dekorativen Ele- menten und sucht in seinen Aquarellen Wirkung niidit zuletzt aus dem Kontrast. In ahnlicher Weise liebt auch Hermann Broermann in seinen Aquarellen die Farbigkeit und mufi be- dacht sein, daB sie nicht bunt werden. Hermann Springborn malt in sauberem Naturalismus.

Zwei Bildhauer waren vertreten: Hermann Senge-Platten mit einer sicher und subtil gestalteten Portraitplastik — von seinen neue- ren Arbeiten in Schiefer konnte man leider nichts sehen — und Karl Josef Hoffmann mit zwei

handwerklich sauberen Sdinitzarbeiten in Holz. Von Austen war eine sehr eigenwillige und doch fesselnde Mosaikarbeit in der neuen Seh- weise ausgestellt. Man hatte gem mehr von diesem Siedlinghauser Kunstler gesehen.

Insgesamt also ein Ereignis, das durdiaus zui Hoffnung berechtigt. Ansatze zu einer eigenen Kunstlandsdiaft sind fur das kurkolnische Sauer- land substanziell gegeben. Es liegt nicht nur an den Kiinstlern, die Moglidikeiten zu nutzen, son- dern auch an denen, weldie sich die Betreuung der bildenden Kunst angelegen sein lassen soil- ten, und nicht zuletzt an denen, fiir die sie ge- schaffen wurde. Denn liebevoUes und audi kritisciies Betrachtetwerden sind dem Kiinstler notwendig. Unsere Ausfiihrungen woUten nidits anderes als forderlich und vielleicht wirk- sam sein, zu solchen Dienst zu helfen.

Brucke des Schweigens Von Heinrich Luhmann

^Nie Selve ist ein frohlich Wasserlein im Land der Berge, das sich mit der Holzmtihle an

seinem Oberlauf nicht gerade besondere Ver- dienste um die Menschheit erworben hat. Den Ruhm seines Namens kann es gleiohfalls tragen: mit der Moldau zimi Exempel hatte es ebenso- wenlg gemein, wie das lobesame Kirchdorf Selvenroth an seinen Mittellauf mit der Stadt Prag gemein hatte — wenn nicht hier wie dort die Brucke iiber das Wasser geschlagen ware mit dem Bildnis des heiligen Schweigers Johan- nes Nepomuk daraut. Seit sie die Bohlen uber die Selve legten, steht die Heilige recht mitten auf der Brucke wie eine Schildwacht des lieben Gottes. Indessen wenn ihn der liebe Gott auch mit eigenem Munde zu solchem Dienst abkom- mandiert hatte, seine Ausstattung und Einklei- dimg hat er gewiBlich einem Zimmermann friiherer Generationen ubertragen. Der aber stellte ihn holzern und heilig hin in Barett und Priesterrock, die Augen auf die Wellen gerichtet und fronuji lachelnd, als danke er ihnen, daB sie ihm fiir das kleine Schweigen zu seinen Leb- zeiten den kurzen Tod und die jetzige lange Heiligkeit gebracht haben.

Es ist nicht gehort worden, daU der stille Mann iiber den Wassem zu Selvenroth durch die langen Zeiten andere als fromme Gedanken und gute Vorsatze in den Herzen der Voriibergehen- den geweckt hatte. Indessen auch die stumme Heiligkeit kann endlich zum Argernis werden — wenn sie nur ihren Mann findet. Der kam diesmal aus dem Unterdorf und war der Adam Jost Henneken. Den Adam Jost zierte nicht ge- rade die Tugend des Schweigens, und wenn es nach dem alten Wort Gold sein soil, so ver- kannte er die Wahrung voUig und schatzte-das roUende runde entschieden hoher ein. Was er redete, war hlngegen auch kein Silber, sondern klang bedenklich nach Blech, wenn es nicht ge- rade auf ein gottsjanunerliches Fluchen hinaus- lief. Er betrieb vor dem Dorf seine Ackerwirt- schaft, weU ihm aber die karge Biergerde nicht Genuge tat, suchte er durch Fuhren in die Holz- miihle ein iibriges hinzuzuschachem. Bel dieser Arbeit hatte er wleder einmal sein Ochsenge- sparm zu Tode gehetzt. Auf dem Markte, wo er das Neue erwarb, gelang es ihm nach schwerer

Muhe, drei Taler von dem Preise abzuhandeln. Froh des Sieges machte er sich mit den Ochsen am Halfter, dem Geld in der Tasche und der iiber alles gellebten Pfeife im Munde auf den Heimweg, als ihn auf der Briicke, just vor dem Heiligen, die Tiere zur Rast notigten. Da stach ihn die Gier, daB er die Taler berauszog und in der warmen Friihlingssonne blitzen lieB, gleich- zeitig kam ihm die Bosheit an: mit verschmitz- tem Lacheln zu dem Heiligen hinaufsehend meinte er, ob er sie nicht in seinem Opferstocke haben mochte? Was musse auch die Offnung daran fiir elende Pfennige berechnet sein, wo solch ein Geber wie er mit groBen Talern da- vorstehe? Denn wie er sich auch miihte, sie paBten nicht hinein! In der Tat machte er sich uber dem Spalt zu schaffen und stellte sich, als wolle ihm das gute Werk nicht gelingen, als das eine Tier heftig mit dem Kopfe nach Fliegen schlug. Dadurch rifi es an dem Halfter, den sich das Bauerlein um den Arm gelegt, hatte. Von dem Ruck aber loste sich die feste Hand, und so koUerten die Taler derm gliicklich in den Opferkasten zu FiiBen des Heiligen. Auf diese Weise hatte der Adam Jost zum ersten Male in seinem Leben, wenn auch v611ig gegen seinen Willen, ein betrachtliches Almosen geopfert. Er geleitete es freilich nicht mit frommen Gebe- siim, sondern mit heftigen Schimpfreden und verlangte gar unter zomigem Aufbrausen die so- fortige Riickgabe seines Eigentums von Sankt Johannes. Der aber hatte fiir solches Begehren nichts als sein stummes LScheln und ein eiser- nes SchloB am Opferstock unten. Diese beiden Dinge hielten auch stand, als sich der ge- schlagene Mann vom Fluchen aufs Flehen ver- legte. Da er so den Heiligen nicht zu riihren ver- mochte, versuchte er es bei den -Menschen, band seine Ochsen ans Briickengelander und klopfte beim Pfarrer um JMitleid mit seinem Unfall xmd um Herausgabe des Schliissels an. Allein hier kannte man das brave Schaflein zu genau, um ihm nicht sein MiBgeschick von Herzen zu igon- nen. So blieb denn gegeben, was eigentlioh nicht gegeben sein sollte, imd der Adam Jost konnte vorlaufig nichts anderes tun, als sein Gespann loszukoppeln und mit einem bosen P»eitschen- hiebe nach den Tieren und einem noch boseren

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Blick nach dem Heiligen hin schleunigst heim- zutreiben.

Von Stunde an aber nahrte er einen argen Groll in seinem Herzen gegen den holzernen Mann. Nun wollte es nicht bloC sein Geschaft daC er aUe Tage etliche Male mit einer Fuhre Langholz an ihm vorbei iiber die Briicke muBte sondern aueh die Liebe wollte es so. Die aber auBerte sich bei ihm besonders heftig, wohl aus der Erkenntnis heraus, daC bei der zunehmenden kahlkopfigen Weil3heit seiner Jahre manches nachzuholen sei, wozu er sich fruher keine Zeit gelassen hatte. Und zwar war es des Einnehmers Tochterlein, die Agathe, in dem Zollhauschen zum Oberdorfe hin, die er beglucken wollte. Solche Absicht ware selbst einem jiingeren als der Adam Jost es war, nicht zu verdenken ge- wesen; denn sie war in ihrer Tugend und Jugend em hebliches Kind und bluhte auf wie eine Rose im Bruckenhausgartlein. Der Adam Jost hatte nun bei aller Liebe noch soviel Einsicht, daI3 er wul3te, die Schone wiirde sich nicht ohne jeden Dornenstich von ihm brechen lassen, und da kamen ihm denn die himdert Taier zugute die er ehedem dem Meister Zollner geliehen hatte, als sem Weib auf den Tod lag. Er drohte also, ihm die einzige Kuh Im Stalle verkaufen zu lassen, wenn er nicht vaterlich nachhulfe. Der Zollner schwankte nicht lange, sondern entschied sich fiir die Kuh, der Tochter aber gonnte er geme das Gluck, des reichsten Dorfmannes Weib zu werden. Er setzte ihr also kraftig zu und tat das Seine redlich; indessen vermag auch ein Bruckenzollner am oberen Ufer der Selve nicht, sein Kind zur Liebe zu zwingen — wenn dessen Herz es anders will. Das Herz der scho- nen Agathe nun wollte es anders, und daran war des Seilziehers Altester vom anderen Ufer nicht zuletzt schuld.

Ein Teil der Schuld darf freilich uber die Briicke von ihm abgewalzt werden; denn die wolbte sich seit ihrem ersten Lebenstag vom Seilerhaus huben zum Briickenhauschen druben in den blauen Himmel ihrer Kindheit hinein. Unter den Augen des Heiligen spielten sie ihre Spiele, und es war schon, wie tags die Wellen unten durch die Bohlenluken blitzten und abends

Der Sfrunzerdaler Friedrich Wilhelm Grimme

Wie ward der Knahe wundersam verstrickt Wenn er im „Strunzerdaler" las und las Und einst der strengen Schule gar vergafi, Ins Schelmenldndchen allzufroh entriickt!

Heut' hab den Freunden ich die Hand gedriickt Dem Kauwes, Koierken, und nicht zuletzt Dem Girkmanns Heern - still hab ich mich gesetzt Zum frommen alten Moierken begliickt.

Mein Leben rann, es brack die Welt in Scherben - Aus Triimmern ward gerettet mir der AUe! Sein giitig Ldcheln strahlt mir stets aufs neue.

Sein Sauerland! Dein Bestes wiirde sterben Wenn je sein Wort, sein Lachen dir verhallte Das reme, gute! Dem Treuen die Treue halte!

Ferdinand Wippermann („Niederdeutsche Dichtersonette")

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die Sterne uber ihnen 'standen. Unter seinen Augen auch spielten sie sich in die Liebe hinein der Christ und die Agathe, und nun brauchten sie mcht Tag und Nacht und Wellenblinken und Sternenleuchten, sondern waren sich selbst ge- nug auf der Brucke ihres Gluckes. Eine Glucks- brucke blieb sie — bis eben der Adam Jost mit seiner Ochsenfuhre uber sie hinpolterte und die Kuh aus dem Zollhaus der Fracht seiner Liebe vorspannte.

Ganz leicht aber, wie er es sich wohl gedacht hatte, hefen die Rader trotzdem nicht ins Land ^^^.'}f\ Hoffnungen. Im Gegenteil, die Agathe griff kraftig in die Speichen und hielt sie zu- ruck, was aber mehr mit List als Gewalt se- schehen muBte. Der Christ sprang ihr nur zu gerne bei. AUemal, wenn der Adam Jost mit seiner Holz- und Liebesfuhre unterwegs war mufite er erst bei ihm vorbei. Was dann die lachende, liebesgewisse und sieghoffende Jugend des Christ unter den Seilen bewuBt oder unbe- wufit dem alten Knaben antun konnte, das ge- schah. Der kam dann nicht gerade freudigge- stimmt vor dem Bruckenhauschen an und es erhohte seine Wonnen gleichfalls nicht, wenn er zu der gewohnten Rast auf der ZoUbank die Agathe nicht an seiner Seite halten konnte Ge- schah es doch einmal; daB der Vater sie darauf festhielt, so schlug es dem gewaltsamen Freiers- mann dennoch nicht zur Freude aus; denn er erhielt fur sein drangendes Werben nichts an- deres als die schonste Abneigung der Jugend gegen ein Alter, das sich bemuht, der Lacher- lichkeit zu verfallen.

Der Adam Jost trieb es mit dieser Lacher- lichkeit so ernst, daB er, nachdem die Reize seiner Personlichkeit so wenig wirksam igewesen J^«.^n;,.<i« Kuh den Sieg uberlieB - und sie tatsachlich zur Pfandung stellte. Den Vater ZoUner nun griff bei seinem Alter die bevor- stehende Trennung von dem milchgebenden Vieh derart an, daB er alien Ernstes krank wurde und die schlechtesten Aussichten fur sein Leben gab Diese Wendung der Dinge vermochte nun gewiB nicht das Herz der armen Agathe in Liebe fur den Ochsenmann ergluhen zu lassen aber sie vermochte doch, daB sie sich zur Rettung der beiden Gefahrdeten von den Menschen seine verlobte Braut heiBen lieB.

Nun warf das Bild des Heiligen einen breiten Schatten uber die Brucke.

Aber auch dem ruhmreichen Sieger im Karnpfe schien nicht die helle Sonne der Be- fnedigung. Selbst er fiihlte sich niclit eigentlich wohl in tiefster Seele. Um aber daruber we^zu- kommen, trieb er sein Wesen lauter und arger als sonst, und jetzt war es, wo der sohnellen Taler wegen sein Grimm auch gegen den Hei- ligen uber den Wassern aufloderte.

Fuhr er von dieser Zeit an bei ihm vorbei so uiiterlieB er nicht, ihn etwa der Habsucht zu bezichtigen, well er sein Geld gierie ge- schluckt habe, oder ein boshaft Verslein uber sein faules Stehen auf der Brucke zu singen wahrenddem er sich bitter qualen musse. Da- mit hatte es seine Richtigkeit; denn der Mai war diesnial mit Sonnenhitze gekommen, und es mochte selbst em anderer den Heiligen um seine Ruhe beneiden als em Ochsenfahrer auf schlech- i ten Wegen. Nun war ein ausnehmend heiBer Tas ^ gewesen, und was der Adam Jost zu beiden- i Seiten der Brucke erlebt hatte, war auch nicht ; gerade zur Kuhlung dienlich — da in der ' Dammeruftg, als er mit der leeren Fuhre heim- I trieb, schimpfte und stichelte er sich vor dem ' holzernen Mann auf dem Gelander seinen Zorn '

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Pfliigender Bauer

also grob und spitz wie niemals zuvor vom Leibe. Und zwar klang es wieder einmal aus in die Melodie, wie gut der oben es habe in seiner Tragheit, und ob er nicht mit ihm tauschen wolle, he?

Nun war gerade der Tag des Heiligen, und da ist ihm von Gott alle Jahre eine besondere Gnade gewahrt. In seinen Augen stand ein un- endliches Mitleid mit der siindhaften Armselig- keit dieses Menschen, als er sich zu unverdienter Hilfe herabbeugte. Er bedeutete aber dem Lasternden, daB sein Wunsch erfuUt werden soUe und er auf den Tausch eingehe. Ehe der sich von dem ersten Sohreck erholt hatte, war Sankt Nepomuk auch schon herabgestiegen und veranlaBte ihn mit einer Gebarde, der nicht zu widersprechen war, mit ihm Kleid und Gestalt zu wechseln. Darauf befahl er ihm, in Barett und Priesterrock seine Stelle auf dem Sockel einzunehmen und dort diesen Sommer lang, wie er es gewunscht, zu verbleiben. Nur dreimal in dieser Zeit wurde ihm fur die Dauer eines Glockenschlages die Sprache zuruckgegeben werden. In der Tat stand auch der verkappte Heilige nach diesem Wort stumm und holzem da und ruhrte kein Glied — Sankt Nepomuk aber im Kittel schwang die Peitsche, zog die Pfeife und schritt vor den Ochsen her dem Hause Adam Josts vor dem Dorfe zu.

Alle Tage tat er darauf treulich sein Werk, bestellte den Acker, schnitt das Futter, fuhr das Langholz in die Miihle, rausperte sich und spuckte, wie der Bauer es vordem getan, so daB die Selvenrother den Wechsel nicht merkten. In- des ganz war er doch nicht der Adam Jest, und das ihatte ein groBes Verwundem und auch sonstige Dinge im Gefolge, wie sich bald zeigen sollte.

Inzwischen hielt der Adam Jest in Vertretung die heilige Wacht auf der Briicke und tat so ernst, als sei er es gewesen, den der Konig Wenzel ehedem um seines Weibes Beichte in die Moldau sturzen HeB. Uberdies igefiel ihm sein

Stand in der warmen Maisonne nicht schlecht, und an Freuden fur seine Art fehlte es auch nicht. So war es dem braven Manne erquicklich zu sehen, wie die Vorubergehenden allesamt sich placken und plagen muBten und schwer an ihrem Packchen Arbeit zu tragen hatten. All ihr Schwitzen war ihm sanfte Kiihlung, all ihr Klagen um des Lebens Muhsal war ihmMJusik. Binzig der heilige Ochsenfahrer trieb Tag fur Tag still und fromm und ohne Aufhebens an ihm vorbei und gab ihm keinen AnlaB zu freudigem Argernis, wohl aber tat solches Meister ZoUner vom Bruckenhauschen ami obersten Ufer. Davon aber ward es dem Adam Jost nicht gerade freu- dig zu Mute, sondern sehr sehnsuchtig.

Der Einnehmer namlich hatte sich von dem Schmerz um das geliebte Homtier soweit erholt, daB er wieder auf den Beinen war. Indessen trugen sie ihn noch weiter als in leichtem Trott immer die Briicke auf und ab. Dabei rauchte er ein Kraut, das in seinem billigen Duft den Hei- ligen vertraut umschmeichelte und das er bald als seine Sorte erkannte. Das war nun anfang- lich eine wahre Wohltat fiir seine Nase, bcild aber packte ihn eine so iibergroBe Sehnsucht nach seiner Pfeife Reuter A B, daB er zu ver- gehen meinte. Alle seine reinen Freuden auf der Brucke schienen ihm fahl gegen die Won- nen dieser Pfeife, aus der ihm der Zollner bei zunehmender Genesung immer dichtere, lieb- lichere und verfuhrerische Dufte entgegenblies, daB der arme Mann Qualen litt wie der reiche Prasser in seiner Wassersnot.

Inzwischen war ein Drittel der Vertretimgs- zeit hingegangen. Da, gerade am Tage des hei- ligen Namensvetters, des Taufers Johannes, um die Mittagszeit trieb es der Zollner so arg, daB der unheilige Heilige auf dem Gelander ganz in Wolken gehuUt stand. Es war aber jetzt die Stunde, wo er ftir ein Kurzes die Sprache wie- der erhielt. Da ging denn der Mund iiber von dem, dessen das Herz seit langem voU war, und es klang in die Zwolf deir Kirchturmuhr mit

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Verwandelt Die Sonne durchflutet nur kahles Gedst, noch bliiht keine Rose zum rauschenden Fest wie an pjingstlichen Tagen. — Soil ich's beklagen?

Doch da ich so frage, perlt's hell im Gezweig. Verweht ist der Triibsinn, ich fuhle mich reich wie von Bliiten umgeben. — Klagte ich eben?

Ferdinand Tonne

unverfalschter Selvenrother Deutlichkeit: „Kas- per, lott mik trecken — lott mik trecken!"

Nun hatte der Bruckengeldeinnehmer zu Selvenroth an der Selve Kaspar Eberhard Helle- mann in seinen Jahren mancherlei erlebt, aber er war bislang doch noch nicht von Sankt Nepo- muk angegangen worden, ihn an seiner Pfeife ziehen zu lassen. Er lieB daher zunachst vor Uberraschung das begehrte Instrument fallen, daraul hielt er es dem Heiligen heftig zitternd hin — der aber schien es nicht mehr zu woUen, wenigstens auBerte er es mit keinem Wort, son- dern er blieb stumm wie alle Zeit zuvor. Da fafite den Zollner ein kalter Graus, und er ver- schwand schleunigst aus der Nahe des sonder- baren Heiligen. Die Agathe daheim aber, als sie davon erfuhr, redete ihn zu Bett, wo er seinS vollige Genesung abwarten solle; die Pfeife aber hielt sie in Sorge um seinen Zustand zuruck.

Von dieser Seite also konnte dem Adam Jost fur die erste Zeit kaum noch ein Argernis kommen. Es kam ihm aber bald schon ein an- deres, und zwar wiederum aus dem Briicken- hauschen. Oder ist es nicht argerlich, wenn die Agathe alle Abende im ersten Dunkeln sich vor das Bild des falschen Nepomuk stiehlt und ihm betend erzahlt, wie glucklich sie sei, daI3 der grausige Wuterich und Ochsenkerl sich eines Besseren besonnen habe und sie in Ruhe lasse? Und ist es nicht argerlich, wenn eine ihrem An- gelobten ins Gesicht sagt, er sei ein glatz- kopfiger Esel, und sie konne nicht von dem Seiler Christ lassen in Ewigkeit, und er moge helfen, daC sie beisammen kamen?

Ahnliches zwar erzahlte der Christ dem ver- meintlichen Heiligen auch. Eines Morgens aber lief es doch mehr auf prakttsche Dinge hinaus: er klimkte namlich zehn Silbergroschen der Reihe nach in den Opferkasten mit der Be- griindimg, er habe in der Frfihe ein glattge- striegeltes Mutterkalb schonsten Wuchses unter seinen Seilen angebimden gefunden, das sich durch beigefugten Schreibebrief von unbe- kannter, aber himmlisch feiner Hand als sein Geschenk erwiesen habe. Es sei ihm nur der Wunsch beigefUgt gewesen, der Christ mbge es gut ziehen, leicht werde es eine stattliche Kuh. die ihre hundert Taler wert sei, imd hundert Taler taten fur viele Dinge igut. . .

Wenn der Adam Jost im Priesterrock zu die- ser Frist hatte sprechen konnen, so ware es ge- schehen, und zwar in den lieblichsten Aus- driicken, die er je hinter den Ochsen ersonnen

hatte; denn es stieg ihm eine Ahnung auf uber die Person des Gebers und eine Erinnerung, daC es mit der Rotbunten daheim an der Zeit war. So aber muCte er zu seinem VerdruB schweigen und durfte nicht einmal an Sankt Nepomuk seinen Zorn auslassen, wenn der alle Tage mit gleichmaBigem Unschuldsgesicht an ihm vorbei- trieb. Es blieb ihm nichts iibrig, als sich fur die Zeit der Befreiung, die er nun mit grimmiger Reue uber sein einstiges Begehren herbeisehnte, zu vertrosten.

Vorlaufig aber erwuchs ein neuer Kummer aus dem Tierreiche, der diese Erlosung von seiner Scheinheiligkeit ebenfalls sehr wiinschen lieB. Seine Ochsen indes wiinschten sie gewiB nicht; denn sie brachen alle Nachte aus ihrer kahlen Weide am Berge aus und ergingen sich bis zu ihrer schlauen Ruckkehr am Morgen auf dem fetten Kleeacker ihres Herrn, gerade so. daB der sie von seinem Stand trefflich sehen konnte. Das war nun schlimmer als alles bis- herige; denn es griff ihm in den Beutel, weil er durch solche unzeitige GefraBigkeit die beste Aussicht hatte, sein Winterheu kaufen zu mus- sen. Unter diesen Qualen verstand er das zweite Drittel seiner Vertretung. Da gerade in der Nacht zum Sankt Annentag war es besonders stark; nach jedem Schritt namlich sahen die treuen Tiere zu ihm hinauf und sangen ihn mit jhren lieblichen Stimmen breit und m&chtig an. Tat es der verwandtschaftliche Klang oder war wieder einmal seine Sprechstunde gekommen — mit dem Glockenschlag zwolf stieg es dem Adam Jost in der Kehle hoch. Eben kam der Pfarrer von einem Kranken uber die Brucke heim, da tonte es ihm ohne jeden bohmischen Beiklang rein und echt auf Selvenrothsch entgegen: ,,PaB op de Ossens — paB op de Ossens!" Nun waren dem Pfarrer von Selvenroth in seinen langen Dienstjahren die sonderlichsten Anforderungen gekommen, aber auf die Ochsen zu achten war er doch noch nicht angegangen worden, inson- derheit nicht von dem Heiligen. Er erbat deshalb nahere Anweisungen von ihm — aber mit dem Verhallen des letzten Glockenschlages in die Nacht schwieg Sankt Nepomuk und war nicht mehr zu bewegen, sich mit einem Wort zu auBern. In schwerer Sorge ging der Pfarrer heim und qualte sich uber den Sinn des geheimnis- voUen Auftrages, bis ihm endlich der Gedanke kam, Ob der Heilige nicht im Gleichnis geredet habe, um ihn mit dem kraftigen Bild eifriger in seinen Hirtenpflichten zu machen, und da tat er denn mit frommerem FleiB seinen Dienst unter den Bauern und auf der Kanzel.

Auch der Adam Jost auf dem Sockel tat sei- nen Dienst, er aber wurde nicht frommer vmd fleiBiger dabei, sondern sann mit argem In- grimm nach, wie er Menschen und Tieren gut- mache, was sie ihm getan, wenn er erst wieder unter ihnen sein wurde; xmd immer groBer wurde die Sehnsucht nach den Erdenwegen sei- ner einstigen Zeit in ihm. Er glaubte es nicht aushalten zu konnen bis zu dem Tage, da er in seinen Siindenkittel zuriick durfte — seine Ochs- lein hielten es aber inzwischen die Nachte treff- lich aus und taten sich vor seinen Augen giit- lich, und auch das Kalb des Seilers hielt es aus und wuchs taglich einen halben Taler im Werte. Mit dieser Steigerung und dem durchaus pas- siven Verhalten des vertauschten Adam Jost vor dem ZoUnerhauschen kam dem Christ immer mehr JVtut auf gewisse Dinge, imd der Agathe gleichfalls — sie beide aber, Herz an Herzen. machten das MaB des Leides fUr den armen Briickenmann voU und brachten es zum Uber- flieBen.

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Es geschah aber einfach dadurch, daC sie sich an diesen blauen Abenden nach allem Schweren auf die Briicke ihrer Liebe wieder zusammen- fanden, heimlich zwar erst und scheu, dann aber zu langeren Gangen an dem Scheinheiligen vor- bei, von huben nach druben. Das war ein selig Schreiten in suCer Enge und war ein wonnig Wandern uber den Wassern alle Abende den hohen Sommer lang. Aber einmal war es doch am schonsten: da der Tag der Himmelfahrt unserer lieben Frau zu Ende ging. Von alien Blumen und Baumen hing noch ein Duften in der Luft, von alien Vogelliedern war ein Klingen geblieben, und der liebe Gott lachelte in tausend Sternen hernieder auf seine Welt. Da konnten die zwei nicht Abschied nehmen iiber aller Schonheit. Immer wieder hatte eins dem an- deren das Geleit zu geben von oben nach unten, und immer wieder auf der Mitte, gerade vor dem Heiligen, kam es zum letzten KuB, der dann aber doch niemals der letzte war. Dieser ewige KuB vor seinem Angesichte, an dem der Adam Jost doch auch von Rechts wegen Anteil haben muBte, bewirkte mehr, als drei Pfeifen und sie- ben Ochsen bewirkt hatten. Es war namlich im Plane Sankt Nepomuks beschlossen, dafi er an diesem Abend um die neunte Stimde zum letztenmal von seiner hohen Warte herab sprechen durfe, gleich darauf aber sollte er seinen heiligen Verpflichtungen enthoben sein. Wie nun die Glocke zu schlagen anhub und ihm unbeschrankte Redefreiheit gegeben ward — da schwieg der Adam Jost Henneken. So eine greu- liche und grimmige Wut faBte ihn an, daB er schwieg. Er schwieg — trotzdem gerade wieder ein letzter KuB fallig war. Dieser indessen war wirklich der letzte; denn mit dem neunten Schlage klang ein ernster Mannerschritt uber die Briicke, und nun gab es einen schnellen Ab- schied.

Es aber war kein anderer als der Heilige selbst. der wieder in sein Recht eintreten woUte. Dazu bedurfte es freilich erst eines gewaltsamen Riittelns und einer deutlichen Aufforderung.

Dann aber stieg sein Vertreter doch von der Hohe auf die Erde nieder, wechselte unter be- wunderungswurdiger Schweigsamkeit, aber mit susammengebissenen Lippen mit ihm Gestalt und Kleid zuruck und verschwand eilig, immer noch stumm, von der Briicke seines Argers. Der wahre Nepomuk aber stieg leise lachelnd auf seinen alten Platz und stand schon bald wieder in heiliger Ruhe dort, als habe er ihn niemals verlassen.

Der Adam Jost war nicht zum Unterdorf und nicht nach Hause abgebogen, wie es fiir den spaten Abend gut gewesen ware, sondern er hatte seinen Lauf nach oben genommen und hielt bald vor dem Briickenhauschen. Gerade woUte er die Hand auf die Klinke legen, um denen da drinnen ein Nachtgebet zu sagen, wie es der Teufel nicht besser ersinnen konnte, da aber waren seine FiiBe plotzlich wie gehalten und gingen keinen Schritt vorwarts. Gleich- zeitig fiihlte er mit einem Male, wie die Warme des heiligen Leibes, der eine Zeit in seinen siindigen Kleidern gewohnt hatte, mit einer siiBen Gewalt auf ihn Uberging und sein Blut eigen mild riihrte, als tranke er einen kiihlen- den Wein. Er woUte in wildem Auflehnen da- gegen anwUten, allein seine Stimme verlor den menschlichen Laut und wurde wie das Gebriill der Gehornten in dem Briickenhausstalle, die er eben wieder einmal und jetzt sofort fiir sich fordern wollte — da schauderte doch auch er zum ersten Male vor dem Tier in sich zuruck und stand still. Und wie er stand, sanftigte die heilige Warme mehr und mehr seine Leiden- schaft, daB er ablieB. Dann aber schlich er, die Briicke zu vermeiden, auf Umwegen uber eine fremde Fahre seinem Hause zu. Zuvor ware sein Zorn beinahe neu aufgeflammt; er kam namlich an dem Kleefelde vorbei, und dort ergingen sich die Ochsen abermals in der griinen Uppigkeit. Als er sich aber naherte, sah er, wie jedes Buschel. das sie brachen, gleich wieder in jungen Sprossen neuer und reicher aus der

Kloster Grajschaft in alten Zeiten

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Erde sprang. So hatte der ganze Acker keinen Schaden genommen, sondern stand doppelt sut fiir die Wintermahd.

Zu Hause schlupfte er glucklich, ohne er- kannt zu werden, unter. Am anderen Morgan aber hub fur ihn eine groCe Verwunderung an wie er sie noch nicht erlebt hatte. Als er nam- heh die Tiere an den Wagen geschirrt hatte und gerade zu Holze fahren wollte, kam die Schaff- nerin und stellte eine Biitte frischer MUch auf Darauf trug die Kleinmagd einen Korb Eier herbei. Gleich stand auch schon der Knecht mit ernern Beutel Mehl bereit, und zuletzt sprang der Hutejunge mit einem dampfenden Topf hin- zu. Also richtete das Gesinde den Wagen als gmge es zum Markt in die Stadt; indessen' der Herr erkannte bald, was es mit solchem Werk bedeuten m6ge, und daB es eine Angewohnheit Sankt Nepomuks sein muBte. Eben wollte er zu allem seine Einwilligung auf seine leicht ver- standliche Art nach der alten Weise geben — als ihm noch zur rechten Zeit einfiel, daB er sich dann vor seinen Leuten schmahlich ver- riete und seine Abwesenheit bekannt gabe. Es blieb ihm also nichfs iibrig, als die aufge- zwungene Rolle wohl oder ubel weiterzuspielen. Mit schweigendem Ingrimm tat er es und trieb die Ochsen an zur Fahrt durch das Dorf.

Hier erst zeigte sich, wie Sankt Nepomuk die Tiere gewohnt hatte; denn kaum waren sie

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vor dem ersten Haus angelangt, als sie seine Bewohnerin, die arme Kohlerwittib, mit ihrer iStimme weckten. Sie zogen nicht eher zur Weiterfahrt an, bis ihr Herr den Milchkrug, den sie mit freudigem Zutrauen ihm entgegenhielt. fiillte. Von dort ging es in schnellem Zuge vor das Haus des Hinkepeters mit den neun Kin- dern, wo ein gleiches geschehen und zudem noch jede kleine streichelnde Hand ein Ei hin- eintragen muBte. Dann iiberschlugen die barm- herzigen Tiere ein paar breit und wohlig da- liegende Hofe, um vor dem Gemeindehaus zu langerer Rast und Ausgabe zu verweilen. Also ging es die Morgenfahrt durch das Dorf; wo aber die Rader laut wurden, kam es auf alle Turschwellen und an alle Stubenfenster ge- sprungen zu frohlichem GruB und lachelndem Nicken, die er mit erheuchelter Heiligkeit zu- riickgeben muBte. Mit erheuchelter Bereitwillig- keit lieB er sich gleichfalls hier einen Sack Korn und dort ein zerbrochenes Gerat aiifladen, um sie beim Muller oder Schmied im Vorbei- fahren abzuladen. So kam er nach manchem Halten, das aber die Tiere durch eine frohliche Schnelligkeit gutmachten, auch an die Briicke. schritt an Seilerhaus und Heillgenbild vorbei mit geschlossenen Augen, bis ihm am ZoUstand abermals Halt geboten wurde. Er war aber nur eine Schiissel mit einem Krankensiippchen imd einer gebratenen Taube fiir das Elend des Vaters Einnehmer zu veiigeben geblieben; die aber nahm die Agathe mit einem Blick, darin nichts mehr von dem einstigen trotzigen Abscheu, son- dern ein demiitiger Dank fiir alle Giite lag, die er ihr jetzt und die letzte Zeit erwiesen habe — und hier stieg dem Adam Jost zum ersten Male etwas wie Scham auf, daB es nicht so war, und ein Ahnen, was es sein moge um ein stummes und selbstloses Wohltun zu anderer Gliick.

Es verschlug indessen schnell wieder; denn wie der Wald sich auftat und er sich von keiner Menschenseele beobachtet glaubte, da wollte er seihem Zorne in der alten Art freien Lauf las- sen. Wie er aber die Pedtsche iiber die Ochsen schwang, die seine erste Rache fuhlen soUten, da traf der Schlag niemals hin, sondern immer nur ihn selbst. Und wie er seine SUmme zu Fluch und Verwiinschung gebrauohen wollte, da war es wieder wie am Abend, ein Tier bruUte aus ihrfl, und es kam ihm ein Grauen an vor sich selbst, das immer starker wurde. Da lieB er ab von seinem Vorhaben und hieB die Ochsen weiterziehen, er selbst aber schritt ihnen vor- aus, scHwelgend und tief in Gedanken, und blieb also den ganzen Tag.

Am Abend suchte er zu erforschen, welcher Schaden ihm duroh die Freigebigkeit des Hei- ligen zugeftigt sein moge. Da ward er bald ein neues Wunder gewahr: seine Zeit hatte jede Ahre doppelte Frucht getragen und jedes Mutter- tier ein zweifaches Leben geboren, daB Sankt Nepomuk, ohne sich an fremder Habe zu ver- greifen, immer eine voile Hand zur Liebe hatte.

Eine voile Hand muBte vorerst auch der Adam Jost behalten; denn alle Morgen zur Ab- fahrt luden sie ihm die gewohnte Fracht auf die Ihm dann im Dorfe freudigen Dank und warme Liebe einbra(^te, wo er friiher Furcht und HaB geemtet hatte. Das tat auch ihm wohl wie er sich nicht verhehlen konnte; dieserhalb und der LeUte willen lieB er denn bestehen was er nicht andem durfte und nach geraumer Zeit auch eigentlich schon gar nicht mehr mochte. Durch Tage und Wochen ward Gewohn-

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heit, die er nicht ungern tat, was er aus Zwang begonnen.

Nach und nach indessen wurde es doch mehr; was einmal unter dem stummen Blick der Agathe wie ein femes Ahnen vom Gluck der Giite in ihm aufgeschimmert war, verdichtete sich bei jeder Begegnung mit ihr mehr zu dem Verlangen, so gewandelt zu sein, wie sie es durch das Verhalten des Heiligen von ihm glauben muBte. Und wie er wunschte, gut zu sein, wurde er es auch. Aus allem AuCerllchen ward nach und nach die reine Freude am Werk, und nun lebte er sich hinein in das Leben, das der Hei- lige ihm vorgelebt hatte, und es war ihm wohl dabei wie niemals zuvor. In solcher Nachfolge schwieg allgemach aUe seine friihere Gier nach der Erdenhabe, alle Lust am lauten Wort, selbst seiner irdisohen Liebe wuchsen himmlische Pliigel. Nun war ein stUles Genugen in ihm liber den Lauf der Dinge und eine frohliche Dankbarkeit uber die Wendung seines Ge- schickes.

Jetzt auch konnte er mit offenen Augen zu beiden Seiten der Briicke und an dem Heiligen voriibergehen, ohne fttr die Leidenschaft seines Herzens zu fiirchten. Was er aber vor dem Seilerhaus im Gras des neuen Friihlings weiden sah, war die junge Rotbunte, die mit der Zeit iiber die Himdert hinausgewachsen war und also reichlich ihre Bestimmung erfUUen konnte. In der Tat bot sie ihm auch der Christ als Ersatz fiir sein verpfandetes Eigentum im Briicken- hausstalle an, dabei aber hatte er sich wieder einmal iiber den Adam Jost und sein ganzlich verwandeltes Wesen zu verwundem; denn der nahm beide, den Mann und die Kuh, und fuhrte sie lachelnd uber die Brucke der Agathe zu mit der Begriindung, es gehore jedes ihr: der Mann

mit dem Recht ihrer Jugend, das Tier aber als seine Hochzeitsgabe an sie.

Nun warf das Bild des Heiligen einen hellen Schein iiber die Brucke, durch den schon bald ein kleiner Zug dem Dorfe zuschritt in die Kirche hinein.

Indessen nicht bloB fiir den Christ und die Agathe im Gliick hatte der Adam Jost seine Uberraschung, eine grofiere noch bereitete er ganz Selvenroth diesseits und jenseits des Was- sers. Dazu gab nun eigentlich der Meister Z611- ner, wenn auch ganzlich ungewoUt, in seiner Krankenstube den AnlaB. Er iiberlebte namlich die Freude, nun endlich das Vieh seiner Schmer- zen im Stalle unten erb- und eigenrechtlich zu besitzen, nicht lange, sondern starb schnell aus seinem Reichtum fort. Was er im Tode besorgt hatte, tat der Adam Jost noch zu Lebzeiten: er entledigte sich aller Habe an Haus, Hof, Gut und Gesinde — und trat in des Einnehmers Stelle am Zollhaus vor der Selve ein.

Dort tut er sein kleines Werk an den Voriibergehenden. Wird er indes nicht zum Dienst begehrt, da schreitet er hin iiber die Brucke seines Schlcksals. Die aber hebt sich oftmals, wenn eine helle Klarheit um ihn ist, und tragt ihn hoch und hoher uber alle Ufer der Tiefe empor — bis es ihn wieder vom Him- melstraum zu seinem kleinen Werk an den Voriibergehenden ruft. Dann aber macht er das Kleine groB und tut sein Werk, wie es der Hei- lige ihn immer neu lehrt: in Lacheln und Schweigen . . .

In Lacheln imd Schweigen alle Erdenarbeit! Das Wort wartet auf den Brticken und We-

gen, Markten und Gassen des Lebens, auf dal3 es gehort werde.

Die lebende Chronik Ein Beitrag zur Quellenforschung

Jiingst kehrte ich in einer heimatlich an- mutenden Dorfwirtschaft des Sauerlandes ein. Mein Begehren war gerichtet auf erstens: einen guten Korn und eine gute Tasse Kaffee, zwei- tens auf allerlei Auskiinfte iiber das Leben und die Gesdiichte des Dorfes. Wunsch Nummer 1 Wurde zur Zufriedenheit erfiillt. Bezuglich des Wunsdies Nummer 2 lenkte der Wirt, ein prach- tiges Original aus dem Stande der hodiehrbaren Gastwirte, das Gesprach allsogleich auf einen hochbetagten Opa und eine ebenso hochberingte Oma. Den beiden besagten Alien war es be- sdiieden gewesen, eine hohe Sprosse auf der Leiter der neuziger Jahre erklimmen zu dtirfen.

„Ja, da batten Sie Opa Erlenkemper oder die Oma Krukenkamp befragen miissen. Die hatten Ihnen jede gewunsdite Auskunft geben konnen; der Opa ist 96 Jahre alt und die Oma deren 92 geworden. Aber seit kurzem sind beide tot."

Wie oft mogen Wanderer, Sdiriftsteller, Be- richter oder Heimatforscher ahnlich besdiieden werden! Fast stets ist es so; die guten Alten nahmen ihr reidies Wissen um Dorf und Ge- nieinde, um Sitten und Gebraudie, frohe und schmerzlidie Ereignisse aus fruhester Zeit mit ins sdiweigende Grab. Kein Berufener kam je auf den Gedanken, das Wissen dieser Alten zu er-

griinden und sicher zu stellen und so der Nach- welt wichtiges Quellenmaterial zu iiberliefern.

Und wie leidit ist es doch, die guten Alten gespradiig zu machen, sie zum Plaudern, Er- zahlen und Beriditen zu bringen! Bei einer guten Tasse Kaffee, einem echten Korn oder einer Pfeife Tabak, freundlichst vom Wirte odei einem andern berufenen Befrager gespendet, tauen sie so leidit auf. Freilidi, es geniigt nidit, ihnen lediglich zuzuhoren, ihre oft hausbacke- nen Witzchen mit herzhaftem Ladien zu quit- tieren oder ihre Donekes und Erinnerungen bei- fallig zur Kenntnis zu nehmen. Es muB da — unauffallig — nach Forsdierart vorgegangen werden, es mussen da System und Methode in die Sache gebradit werden. Heimatfreunde und Heimatbiinde, die Ortspfarrer (die doch auch in ihren Kirchenbiichern pfliditgemaB die Chronik des Dorfes fiihren), Volkssdiullehrer und vor allem die Kreisheimatpfleger konnen hier eine hodist wertvolle und ersprieBliche Arbeit leisten. Man soUte es hoheren Orts zu den Amtspflichten der hier angefiihrten Berufenen machen, die lebende Chronik auszuhoren und auszuforschen und das zu Tage geforderte Material zu sichten, sicher zu stellen und auszu- werten. Hier wiirde sidi auch fiir die Heimat- presse ein Feld reidister Tatigkeit eroffnen.

Es ist zu hoffen, daB die hier gegeb^nen An- regungen in weiten berufenen Kreisen auf- fruchtbaren Boden fallen. Der Heimat zu Nutz und Frommen. — Franz Predeek

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Lidit aus IVeheim 1900: Der Eiffelturm war in

Bremer-Lidit getaudit

Von B. Bahnschulte

DaB Neheimer Lampen verdienterweise Weltruf haben, ist hinreichend bekannt; in den nachstehenden Zeilen soil iiber den Neheimer Erfinder Hugo Bremer be- richtet werden, der mit dem Bremer- Licht die Welt eroberte.

Auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 erregt ein neues, sehr belles Lidit die Bewunde- rung der Besucher. Die Umgebung des Eiffel- turmes, an dem eine der neuen 50 000-Kerzen- Lampen angebradit war, erstrahlte abends in einem warmen, rotlich-gelben Licht, dessen Helligkeit alle anderen elektrischen Lampen weit iibertraf. Das neue Licht, nach dem Erfinder Hugo Bremer aus Neheim „Bremer-Licht" genannt, erhielt die hochste Auszeichnung, die die Aus- stellungsleitung zu vergeben hatte: den Grand Prix.

Ausgangspunkt bei der Erfindung des neuen Lichtes waren Versuche, eine Lichtwirkung fiir Kriegsschiffe zu erzielen, wodurch diese im Dunkeln blieben, jedes herannahende Boot aber durch eine ringformige Beleuchtung in einiger Entfernung siditbar werden sollte. Bremer ver- wandte hierftir schnellrotierende elektrische Scheinwerfer. Im weiteren Verlauf priifte er verschiedenartige Elektroden.

Aufflackern weckte Idee

Vor 1900 wurde das sogenannte Bogenlicht durch Erzeugung eines etwa 4-Millimeter-Licht- bogens zwischen Elektroden gebildet. Fiir die Fachleute bestand der Glaubenssatz, daC diese nur aus reiner Kohle hergestellt sein muBten. Verunreinigung durch Metalle oder Metallsalze verursachte ein Aufzucken des Lichtes. Die Polizei im Bezirk „Unter den Linden" in Berlin war beauftragt, jedes Aufflackern gewissenhaft in ihren Berichten zu vermerken, das dann zum Anlafi einer ernsten Vorstellung beim Elektrizi- tatswerk wtrrde. Bremer ging von einer vollig entgegengesetzten Auffassung aus. Er fuhrte die-

Hugo Bremer als SSjahriger

ses Aufzucken absichtlich herbei durch Beimen- gung bestimmter, der Fluorgruppe angehorender Calciumsalze und zwar in solch hohem Prozent- satz, dafi die Einzelexplosionen infolge ihrer schnellen Aufeinanderfolge dem Auge nicht mehr erkennbar waren. Das Ergebnis war eine unter Bildung eines grofien farbigen Flammenbogens vor sich gehende, bedeutend erhohte Lichtaus- beute.

Bremer fuhrte diesen Erfolg auf die Dissozia- tion (Zerstreuung, Auflosung) der Metallsalze mnerhalb des Lichtbogens und sofortige Wieder- assoziation (Verbindung) beim Verlassen der Lichtbogengrenze zuriick. Hierbei wurden Fluor- salze ausgeschieden, und es bildeten sich Schlacken, die die praktische Verwendungsmog- lichkeit bedrohten. Bremer erkannte aber, dafi durch Bechrankung der Luftzufuhr auBer der be- kannten Erhohung der Brenndauer nun auch eine geniigende Verminderung der Schlackenbildung erreicht wurde. Auf der Grundlage all dieser Erkenntnisse und Verbesserungen sind alle spateren Flammenbogenlampen aufgebaut.

Mit Effektkohlen

Nach dem Vorgang von Bremer verwendete man von jetzt an statt der gewohnlichen Kohlen- stabe sogenannte Effektkohlen. Das sind eln- fache Kohlenstabe, die aber mit bestimmten Substanzen (wie Bariumoxyd, Strontiumoxyd usw., die Masse ist Geheimnis der einzelnen Fabriken), impragniert sind. In dem Lichtbogen emer solchen Lampe strahlt nicht bloB die weiB- gliihende Kohle, sondern es strahlen auch die

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Dampfe der impragnierten Substanzen und zwar leuchten diese Metalldampfe je nach ihrer Natur in verschiedenen Farben. Diese Farbung hat nicht nur den Vorteil, daB sie das Licht der Bogenlampe, das an sich wegen seines Reich- tums an blauen Strahlen kalt erscheint, bedeu- tend warmer macht, sondernsie hat den weiteren Vorteil, daB sie die Helligkeit des Lichtes bei gleicher Stromstarke bedeutend steigert. Das kommt daher, daB diese Salze wesentlich nur sichtbare Strahlen aussenden, wahrend in dem Lichtbogen der weiBgliihende Kohlen auch sehr viele Strahlen enthalten sind, die unserem Auge nicht sichtbar sind und daher in Bezug auf die Helligkeit nicht zahlen.

Ungewohnlicher Fortschritt

Durch die Entdeckung Bremers wurde mit der gleichen Energiemenge die dreifache Lichtstarke erzielt. Ein solcher Fortschritt erschien selbst den Fachleuten so ungewohnlich, daB sie den ersten Angaben der Autoritat auf diesem Gebiet, Professor Wedding von der Technischen Hoch- schule in Charlottenburg, auf der Tagung der Vereine Deutscher Elektrotechniker in Kiel im Jahre 1900 Zweifel entgegenbrachten. Aber die vorgetragenen MeBresultate erwiesen sich als richtig und hielten jeglicher Nachpriifung stand. Professor Wedding schloB damals seinen Vor- trag mit den Worten: „Wenn die Elektrotechnik, die der zweiten Halfte des vergangenen Jahr- hunderts ein so deutliches ruhmreiches Geprage aufgedriickt hat, gleich zu Beginn des neuen Jahrhunderts mit einer bedeutenden Erfindung eines deutschen Mannes hervortreten sollte, so werden wir alle gern und freudig daran teil- nehmen."

Vom Kaiser besichtigt

Wahrend jener Elektrotechniker-Tagung in Kiel umfuhr der Kaiser, von Professor Slaby und dem Grafen v. Arco von den Telefunken auf die Erfindung Bremers aufmerksam gemacht, in Be- gleitung seiner Admirale mit einer Pinasse das Schulschiff „Bliicher", auf dem eine der 5000- Kerzen-Lampen installiert war. Eine weitere Vorfiihrung des neuen Lichtes fand bald daraut im Saal des Reichspostamtes in Berlin vor eini- gen hundert Vertretern der Berliner und auswar- tigen Hochschulen und Universitaten, der Kriegs- akademie und hohen Behorden statt. Auch hier erwiesen sich die vorgetragenen MeBresultate als richtig.

Nachdem die Bedeutung der Erfindung offen- kundig war, begannen die Anfeindungen, beson- ders von der GroBindustrie, die bis dahin die Versuche miBtrauisch und geringschatzig belacht und die mit Metallsalzen impragnierten Elektro- den als „Salzstangen" bespottelt hatte. Bremer nahm damals zeitweise seinen Wohnsitz in Berlin. Wahrend er mit maBgebenden Mannern in guten personlichen Beziehungen stand, fiihr- ten die GroBfirmen der Elektrotechnik einen scharfen Kampf gegen seine Patente. SchlieBlich aber kam es zu einer Einigung. Siemens und AEG und andere deutsche Firmen nahmen Lizenzen.

Ueberall Bremerlicht

Es beriihrt eigenartig, daB im Ausland die neue Erfindung sdion vorher giinstiger aufgenommen war. Wie bereits erwahnt, war auf der Pariser- Weltausstellung das Licht bei Wissensdiaftlerii und in der Oeffentlichkeit bekannt geworden und nachdem Professor Janet von der Societe International die Messungen bestatigt hatte, durch die Verleihung des GroBen Preises ausge- zeichnet. Kurz darauf wurden auch einige Lam- pen im Zentralpunkte des Londoner Westens, dem Piccadilly-Circus, installiert. Hier sah es der amerikanische Erfinder Westinghouse. Er sandte gleich zu Bremer, und nach kurzen Ver- handlungen und einem sehr langen Kabelge- sprach nach Amerika iibernahm er sogleidi die Patente fiir Amerika, England und Frankreich. Durch die haufigen Reisen nach Amerika trat Bremer auch zu den beruhmten Erfindern Edison und Tesla und anderen amerikanischen Fach- leuten in Verbindung.

Das Flammenbogenlicht wurde auf StraBen und Platzen groBer Stadte, z. B. in Diisseldorf und in Berlin sowie im Auslande noch bis in die Kriegszeit verwendet, bis in der Neuzeit die Leuchtstoffrohren es ablosten. In Neheim brann- ten um die Jahrhundertwende dreiBig Bremer Bogenlampen. Ihre Ueberlegenheit gegeniiber der vorher gebrauchlichen Kohlenfaden-Gliih- lampe trug dazu bei, daB die Metallfaden-Gliih- lampe vervollkommnet wurde und die gesamte elektrotechnische Industrie einen kraftigen Auf- trieb erhielt.

Ing. Bremer gelangen noch manche andere technischen Erfindungen, u. a. erhielt er 1917 ein Patent auf „entscheidende Verbesserungen der Laufketten an Kampfwagen (Tanks)", er brachte die Heftzwecken-Fabrikation nach Neheim, er- fand die Paplerbleistifte und Patentknopfe u. a. m. Durch groBe Auslandsreisen erhielt er wichtige Verbindungen und schaffte sich her- vorragende Kenntnisse iiber die industriellen Verhaltnisse anderer Lander, vor allem von England, Amerika, China, Japan und Nieder- landisch Indien. Wahrend seines Aufenthaltes auf Java weilte er mehrere Tage am Hofe des Sultans von Soerakarta und wurde von diesem Fuisten oft zur Jagd eingeladen. Er schrieb ein reich bebildertes Werk „Indien in Moll", Java (Stuttgart 1908).

Auch beim Kaiser von Japan erhielt er eine Audienz und war ein personlicher Freund des 1914 in Serajewo ermordeten osterreichischen Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand, den er haufig auf der Jagd begleitete.

In seiner Schrift „Technik und Lebensgestal- tung" (Berlin 1941) stellt er die Aufgabe der Technik als Mittel zur Hohergestaltung des menschlichen Lebens dar.

Hugo Bremer erblickte am 13. 1. 1869 in Elber- feld das Licht der Welt. Nach dem Besuch der Volks- und Realschule trat er in die kaufman- nische Lehre ein, kam Ende der BOer Jahr nach Menden und kaufte 1890 in Neheim die von Wortmann & Scheiwe gegriindete Fabrik, die an derselben Stelle lag, wo nachmals Bremers Fabrik stand. Er starb am 19. 4. 1947 in Neheim.

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^ez dzitte T^iit^ I Von Ferdinand Tonne

'^iirgen war aufgestanden und hatte das Fen- ^ster geschlossen.

Da wuBte Christine, daB er ihr etwas beson- deres sagen wollte; den andernfalls, wenn es ihm etwa gefrostelt hatte — die Abende waren schon herbstlich kiihl— andernfalls hatte er sicher ge- fragt: „Wie ist es, wollen wir nidit das Fenster schlieBen?"

Ja, Jurgen hatte ihr etwas zu sagen. Er setzte sich wieder in seinen Sessel und sah verloren zum Fenster hinuber, als scheue er sidi, Christi- nes fragenden Blick zu begegnen. Er sprach seine Frage dann auch zum Fenster hinaus. „Wie denkst du dir deine Zukunft, Christine?"

Es war nach der Frage so still in der Stube, daB beide sich nicht zu riihren wagten. Und ihre Ge- danken gingen aut gleichen Wegen zurucki das konnte nach dieser Frage nicht anders sein.

Der junge Bauer war plotzlidi gestorben, nodi ehe Christine ihm einen Erben schenken oder audi nur versprechen konnte. Da hatte Jurgen sich angeboten, den Bruder zunadist einmal zu ersetzen. „Zunachst", mehr wurde nidit abge- madit in den schweren Tagen. Daraus aber war nun schon ein Jahr geworden, ein Jahr gemein- samer Tageslasten, ein Jahr aber auch gemein- samer Abendstunden im stillen Gesprach, im schweigenden Riickwartssehen, und heimlicii aucii einmal im Fragen nach dem, was der andere an Gedanken habe. Ein Jahr lang, ist das noch immer „zunachst"?

Und nun war es offen ausgesprochen. Christine wuflte, was Jurgens Frage im letzten

wollte. Ein Jahr gemeinsammer Abendstunden ist lang. Da wird auch von schweigenden Lippen viel abgelesen. Nun hatte sie gern eine Antwort gegeben, wie Jurgen sie wunschte; aber sie konnte, sie durfte es nicht. „Ja", sagte sie zogemd, „Das ist eine schwere Frage." Dann schwieg sie wieder.

„Du hast dir doch schon Gedanken gemacht", suchte Jurgen sie wieder zum Sprechen zu bringen.

Christine nidcte. „ Gedanken schon ..." „Ja, und?" Dodh Jurgen bekam keine Antwort darauf.

Da sah er Christine fliichtig an, ob ihre Augen ihm etwas verraten wurden. Christine aber hatte den Kopf in die Hande gestiitzt und die Augen geschlossen.

„WeiBt du, Christine, was icJi dich fragen modite?"

„Frage bitte nicht danach." „Warum nicht? Warum denn nicht?" Da lieB Christine die Hande sinken und hob

den Kopf. „Das weiBt du so gut wie ich." Auch Jurgen sah sie nun offen an. „Wegen

Martha vielleicht? Als ob du nicht wuBtest, wie es um mich und Martha steht."

„Sie ist und bleibt deine Frau."

Jurgen stand auf. Er stutzte sich auf die Sessellehne und beugte den Kopf ein wenig vor. „Du meinst also, daB ith mein Leben lang auf die Ehe verzichten miiBte, well Martha noch lebt? Nein, nein, Christine, niemand kann das von mir verlangen. Wir sind geschieden, mit Brief und Siegel geschieden. Ich bin noch jungj ich will und ich brauche nicht zu verzichten. Nein, niemand kann das von mir verlangen, auch du nicht, Christine."

Christine schloB einen Augenblidc lang von neuem die Augen, als miiBte sie sich zunachst von dem Bilde des Mannes trennen, der ihre Gedanken in Unordnung bringen wollte. „Was du iiber solche Fragen denkst, das hast du selbst zu verantwortenj aber auch ich trage Verantwor- tung, Jurgen: vor mir selbst, vor Gott, und, ja. auch vor dir. Mogen heute wer weiB wie viele Menschen den dritten Ring ohne Bedenken an ihren Finger stecken — ich nicht!"

Christine hatte das hart und hastig herausge- stoBen, doch nun wurde ihre Stimme weicher. „Jiirgen, du muBt verniinftig sein. Ich verstehe dich gut. Ja, ich will dir noch mehr verraten: Ware es njcht so, wie es nun einmal ist, dann wiirde ich mir Bedenkzeit von dir erbitten. Das ist wohl genug gesagt. Aber so . . . Nein, Jur- gen, es gibt hier nichts zu bedenken fiir midi. Und wenn du nun gehen willst, Jurgen, morgen, in einer Woche, von mir aus soil das in voUer Freundschaft geschehen. Aber du darfst auch bleiben. Ganz wie du willst. Verstehst du mich Jurgen?"

„Doch, doch! du willst mich nur nicht ver- stehen. Ueberdenke es griindlich, Jurgen. Nun geh nur in deine Kammer. Ich sehe selbst in den Stallen nach."

So trennten sie sich mit schweren Herzen. Am nachsten Tage gingen sie ihrer Arbeit

nach, als hatte es keinen Abend gegeben, der ihnen den Schlaf aus den Kammern vertrieb. Und so blieb es von Woche zu Woche. Nur daB die Abende ihneh nun nicht mehr gemeinsam ge- horten.

Aber einmal saBen sie doch wieder in der Stube zusammen. Der Ofen brannte nun sdion, der Novembersturm sdilug ans Fenster, und Jurgen hatte die Kiste neben dem Ofen voU Holz gepackt. Dann setzte er sidi: „Ich habe viel nadigedacht in den letzten Wodien, Christine, ich verstehe dich zwar, ich meine aber . . . sieh, wir sind beide noch jung, wir haben beide ge- htten, es kann doch nicht Gottes Wille sein, dafi wir uns nun das Leben noch bitterer madien. Wem ist denn damit gedient? Dir nicht, mir nicht, auch Martha nicht. Und Gott... das leuch- tet mir eintach nicht ein — wie sollten wir Gott denn damit zu nahe treten? Er will doch das Gluck der Menschen."

Christine seufzte: „Darauf gabe es viel zu sagen, Jiirgen. Vielleicht wurde ich manches selbst nicht so recht verstehen Oder verstehen

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wollen, was ich dir sagen konnte aber eines, Jiirgen, laCt sich in klare Worte fassen, an denen wir nidit zu deuteln haben: die Ehe ist unauf- loslidi. Daran andert audi eine geriditliAe Sdieidung nidits. Mehr kaim und will idi dazu nicht mehr sagen, Jiirgen."

Da stand Jiirgen nun auf. „Aber idi, idi werde nodi viel dazu sagen. Idi lasse didi nidit! Und idi werde didi sdilieBlidi auf meine Seite brin- gen. VerlaB didi darauf; einmal kommt dodi der Tag, da idi hier auf dem Hof der Bauer bin und nidit nur Verwalter."

Nun sprang audi Christine auf. In ihren Augen lag tiefstes Ersdiredcen. Sie stridi sidi iiber die Stirn. „Wenn es so steht. . ." Sie ging zur Tiir. Dann stodcte ihr Sdiritt aber dodi nodi einmal. Sie wandte sidi um. „Den Hof kannst du haben, Jiirgen, midi nidit!" Und damit verlieB sie die Stube.

Am nadisten Morgan erwadite Jiirgen davon, daB ein Pferd auf dem Hofe stampfte. Er trat ans Fenster und sah Christine den Einspanner- wagen mit Biindeln und Koffern beladen.

Fiir einen Augenblidc lahmte der Sdireck ihm die Glieder. Sollte Christine . . . Er wollte das Fenster offnen, wie einen Hilferuf ihren Namen sdireien; aber er bradite die Kraft nidit auf, nein, das konnte dodi nicht .... Dann iiberlief es ihn plotzlidi heiB und kalt, und er fuhlte das Leben in seinen Gliedern wieder erwadien. Hastig streifte er seine Hose iiber und lief die Treppe hinunter.

Christine betrat gerade das Haus. Siestanden sidi gegenuber und fanden beide kein Wort fiir das, was sie sagen wollten.

Da offnete Jiirgen die Stubentiir und Christine gehordite der stummen Bitte.

Und wieder standen sie voreinander wie Mensdien, denen der Sdimerz die Stimme ver- sdilagt. Bis Jiirgen dann dodi ihren Namen haudite. Da nidcte Christine. „Ja, Jiirgen, idi gehen nun. Du hast deinen Willen sdinell be- kommen."

„Idi verstehe didi nidit." „Mufi idi didi wirklidi daran erinnern? Du

bist nun der Bauer hier auf dem Hof." ..Christine, du meinst . . ." Jiirgen bradite den

Satz nidit zu Ende. „Nein, nein!" Er sdirie es fast in die Morgenstille hinein: „Nein, nein!"

Was sollte Christine tun? Ihm noch einmal ihre Meinung sagen? Sdiweigen und gehen? Am liebsten hatte sie seine Hand genommen und often gesagt, wie gem sie geblieben ware

und seinem Willen entsprodien hatte; aber sie durfte nidit auf die Stimmen horen, die heimlidi in ihr lebendig waren, er sollte nidit um die Tranen wissen, von denen die Augen nodi brannten. Sie riihrte sidi nidit und sdiwieg.

Und Jiirgen? Ihm war zu Mute, als hatte Christine ihn angespien. Ihr Sdiweigen dampfte die laute Stimme, mit der er sein „Nein" ge- sdirien hatte. ..Das kann dodi nidit sein. Christine. Das kannst du nidit von mir meinen. Idi habe nur didi gemeint, nur didi.

Und als Christine audi jetzt nodi nidits sagte; „Das muBt du mir glau- ben, ganz gleidi. was du sonst audi von mir denkst: Idi habe an didi und nidit an den Hof gedadit, nein, nie an den Hof. Und jetzt will idi gehen. Idi gehe. nidit du!" Er preBte die Lippen zusammen, at- mete tief und verlieB die Stube.

Christine aber setzte sidi an den Tisch und barg ihren Kopf in den Handen.

So blieb sie sitzen, bis Jiirgen die Stube wieder betrat und ihr sdiweigend die Hand hinhielt. Da sah er nun ihre Tranen. Ja, und er wuBte, warum sie weinte. Er hatte

sich vorgenommen, ihr richtig die Hand zu reichen und sdiweigend davonzugehen; nun sprach er trotzdem, er spradi wie ein Angeklag- ter. der zwar keinen Glauben zu finden hofft, aber trotzdem noch einmal erklart. wie schuld- los er selbst sidi fuhle.

..Idi habe es ehrlicb gemeint. Christine. Martha ist mir davongelaufen. Sie selbst hat die Scheidung beantragt, nidit idi. Sie wurde fiir sdiuldig befunden und wehrte sidi nidit da- gegen. Sie lebt bei dem Anderen ohne Sorgen und hat midi wahrsdieinlidi sdion ganz ver- gessen. Wie soil idi midi da nodi gebunden fiihlen? Sag selbst, ob idi nodi gebunden bin?"

Christine aber sagte nidit ja nodi nein. Sie sah vor sidi hin und zeigte nidit, was sie dadite.

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Da faBte Jiirgen nach ihrer Hand. „Du sollst nicht schlecht von mir denken, Christine. Ich kann die Dinge nicht anders sehen. Das, was du dagegen zu sagen hast, mag irgendwie seine Richtigkeit haben; fiir mich aber kann ich das einfadi nidit gelten lassen. Ich fiihle mich nicht belastet und will nicht vom Leben verstoBen sein. Versuche das wenigstens zu verstehen, Christine, wenn du es auch nicht billigen kannst. Du sollst nicht schlecht von mir denken, ich bin nicht schlecht. VergiB mich, wenn du das kannst; aber wenn du schon an mich denkst, dann nicht mit der Bitterkeit dieser Nacht, die dich trieb, die Koffer zu packen. Das habe ich nicht verdient, Christine."

Und damit ging Jiirgen davon. Die letzten Novembertage stiirmten mit Re-

genschauern ums Haus. Dann fiel iiber Nacht eine Schneedecke nieder, die wochenlang nicht verging.

Christine hatte den Aufruhr der letzten No- vemberwochen nun auch uberstanden. Es war ihr zu Mute, als hatte die eisige, alles be- deckende Stille dort drauBen auch sie erfaBt.

Aber dann kam ein Brief von Jiirgen. Es waren nur wenige Satze. Und alle umschrieben das- selbe: Wenn Martha nun nicht mehr lebte, wiirdest du dann . . .

Christine starrte die Zeilen an, als ware sie eben aus einem schrecklichen Traum erwacht. Sie hatte nur einen Gedanken, sie konnte die Worte nicht anders verstehen.

..Jiirgen!" Sie rief seinen Namen. Sie rief ihn uber die Weite hinaus. „Nein, Jurgen. nein' Das darfst du nicht tun! Ich will mir's ja iiber- legen. Nur das nicht, Jiirgen!"

Und dann uberkam sie plotzlich die Angst, daB es vielleicht schon zu spat ein konnte, daB Jiir- gen nidit alles geschrieben hatte, was inzwischen gesdiehen ware oder vielleicht gerade in dieser Stunde geschah. Und ohne den Schritt erst zu uberlegen, machte Christine sich auf zu ihm. Sie wurde getrieben. So unklar auch ihre Gedanken waren, sie fanden doch in dem Willen zusammen, Jiirgen vor solcher Schuld zu bewahren. Es war, als hatte sie immer und immer wieder dasselbe Gebet auf den Lippen: Es darf nicht zu spat sein. Ich muB ihm helfen. Ich muB ihn aus dieser Ver- suchung retten.

Dann standen die beiden sich gegeniiber. Christine wartete nicht erst ab, daB Jurgen ihr etwas erklaren wurde, sie hatte nur eine Frage: ..Lebt Martha noch?"

Jiirgen war zwar erstaunt dariiber, daB ihn Christine so unvermittelt und offen nach Martha fragte, ja, dieser Besuch an sich erstaunte ihn sdion, aber er horte doch nicht heraus, daB die Frage aus einem Herzen kam, dem die letzten Stunden ein Fegefeuer gewesen waren. Er sah nur den einen Grund fiir Christines Verhalten; Sie wollte wissen, ob das Tor sich geoffnet hatte, das Tor fur sie beide. Er nickte. „Sie lebt, sie ist aber unheilbar krank."

Christine sah angstlich in seine Augen, als sei ihr damit nicht genug gesagt. Aber Jiirgen ver- stand diese Frage nicht. So muBte Christine denn

offen bitten, ihr nichts zu verschweigen. „Was ist denn mit Martha? Du mufit es mir sagen, Jiirgen."

Jiirgen hatte nichts zu verschweigen. So iiber- horte er auch die tiefe Sorge, die hinter Christines Frage stand. Er gab ihr nur wie am Rande Antwort, daB Martha es an der Lunge habe.

Seine Gedanken gingen schon andere Wege. Jetzt waren es seine Augen, die Antwort such- ten. „Verstehe ich alles richtig? Du wiirdest mich nicht mehr abweisen, Christine, nicht mehr — wenn Martha ..."

Christine fiel ihm ins Wort: „Jiirgen, ich habe dir Unrecht getan."

..Unrecht, wieso?" „Ja, schweres Unrecht. Ich will es dir spater

erklaren. Ich habe viel wieder gut zu machen an dir. Nein, ich wurde dich nicht abweisen.

Jiirgen; doch ich bitte dich, sprich nicht mehr davon, in dieser Stunde noch nicht."

Jiirgen verstand zwar nur wenig von dem. was Christine ihm unter Tranen sagte, aber was er verstand, das hatte genugt, sie sogleich in die Arme zu reiBen. wenn ihre Augen ihn nicht ge- beten hatten, verniinftig zu sein. Er suchte nach ihrer Hand. „Kein Wort mehr davon Christine, solange du selbst nicht damit beginnst!"

,.Und wenn wir dariiber alt werden sollten?" „Auch dann nicht, Christine!" Was iiberwog nun, der Schmerz, die Freude?

Versprechen und doch entsagen, das laBt sich so leicht nicht fassen. das muB erst wie eine Waage pendeln, bevor es im Gleidigewidit Ruhe findet. Christine hielt immer noch Jiirgens Hand. „Ich mochte nun wieder gehen, Jiirgen. Aber ich'

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komme zuriick. Dann will ich dir alles erklaren. Darf ich jetzt gehen, Jiirgen?"

„Bleibst du noch, wenn ich dich bitte?" Christine blieb. Und spat am Abend bekannte

sie dann auch ihre Schuld. Am nachsten Morgen aber fuhr sie auf ihren

Hof zuriick; und sie fiihrte ihn nun, als seien die Wiesen und Felder ihr nur zu Lehen gegeben fur eine Zeit, die sie und auch Jiirgen nicht zu be- stimmen hatten, vielleicht fiir ein Jahr, vielleicht aber auch fiir ein ganzes Leben.

Jeden Abend jedoch, bevdr sie die Lampe loscht, steht Christine am offene Fenster, sieht uber den dunklen Berg hinweg und faltet die Hande: „Bewahre uns Herr: ihn, daB er nicht in Versuchung falle und doch die Geduld verliere, sie, daB ihr das Leben, wenn es dein Wille so ist, erhalten bleibe, ja, und bewahre auch mich, auch mich."

lUustrationen: Relnhold Blcher

Der Drosfe von Bilsfein Caspar von FUrstenberg eine bedeutende Persiinlichkeit des Sauerlandes

Es ist kaum zu verstehen, daB man uns Sauer- lander Jungen in unserer Schulzeit nicht bekannt gemacht hat mit einem solchen Manne wie Caspar von Furstenberg, der als Droste von Bil- stein und spater als Landdroste von Arnsberg die hervorragendste Personlichkeit seiner Heimat war und der in der Geschichte des Sauerlandes Ob seines tatenreichen, tief- und weitgreifenden Lebens unvergeBlich eingegangen ist.

Caspar von Fiirstenberg (1545—1618) folgte seinem Vater, dem ersten Amtmann von Bilstein und Waldenburg aus dem Hause der Fiirsten- berger, im Jahre 1567 Im Amt. Wie er unent- wegt darauf bedacht war, die Rechte seines Herrn, des Kurfiirsten von Koln, zu wahren, so wuBte er aber auch gleich den Glanz und die Macht seines eigenen Hauses zu mehren. Da- her gilt er mit Recht als der Begriinder der Madit und des Reichtums der Famllie Furstenberg mit ihrem alten Stammgut an den Hangen der Haar. Wohl hatte der Droste das Redit, die Richter dem Kurfiirsten vorzuschlagen, die iibrigen Beamten und Diener zu ernennen, die Geschaftsfiihrung zu leiten und an ihr teilzunehmen. Aber bis zum Ableben des Vaters Caspar von Furstenberg hatte man in dieser Hinsicht von der Tatigkelt des Drosten wenig gemerkt. Mit dem Amtsan- tritt Caspars von Furstenberg aber wurde das griindlich anders. Er nahm sich der Verwaltung des Amtes personlich aufs ernsteste an, hielt Termine ab, setzte Verhore an, schlichtete Strei- tigkeiten, fiihrte den Vorsitz in Strafsachen, vor allem in Hexenprozessen, und ordnete die Ur- teilvoUstreckung an. Infolge dieser Tatigkeit kam es nicht selten zu Reibereien mit den stadti- schen Behorden, die solche Abhangigkeit nicht zu tragen gewillt waren, ohne daB der Droste sich dadurch in seinem Tun beirren und behin- dern lieB.

In seinen MuBestunden pflegte Caspar von Fiirstenberg der Jagd auf Wolfe, Biber und Luchse, wahrend ihm die Trinkgelage der Ritter- schaft zuwider waren. In seinem Tagebuche, das fiir die Geschichte des Sauerlandes von einzig- artiger Wichtigkeit ist und das er von 1572 bis

1610 (nicht ohne Liicken) durchgefiihrt hat, horen wir von seinen vielen Reisen, den peinlichen Hexenprozessen, von Besuchen da und dort im Amte, Empfangen und Festlichkeiten auf SchloB Bilstein und Schnellenberg, AbwehrnaBnahmen gegen die Pest, Verhandlungen mit Kriegsvolk und Freibeutern, um Streitigkeiten um Wald und Hude (z. B. zwischen Olpe und Neger),Teilnahme an Ratswahlen und in den Amtsstadten, am VogelschieBen bei den Schiitzengesellschaften, an der Fronleichnamsprozession z. B. in Atten- dorn, iiber seine Fastenspeisen, die Verniditung Arnsbergs durch eine Feuersbrunst, Musterung in den Gerichten Olpe, Drolshagen, Wenden, iiber den Bergwerksbetrieb in Olpe und Um- gegend und der damit zusammenhangenden In- dustrie. Legte doch der Kolner Kurfurst den groBten Wert auf einen geordneten Betrieb des Bergbaues und der Eisen- und Kupferwerke.

Wenn er gehofft hatte, sich aus Gesundheits- riidcsichten 1610 zur Ruhe setzen zu konnen, so sah er sich getauscht. Sein Kurfurst ernannte ihn 1613 zum Landdrosten von Arnsberg. Erst 1618 konnte er in den Ruhestand treten, starb aber noch im selben Jahre und wurde in der Klosterkirche (Propsteikirche) zu Wedinghausen beigesetzt.

Das Grab Caspar von Fiirstenbergs befindet sich unter dem siidlichen Seitenaltar; dariibei stand friiher der jetzige Hochaltar (Kreuzaltar) im Renaissancestil aus schwarzem Marmor und Alabaster mit Kreuzigungsgruppen, Darstellung aus der Leidensgeschichte, Wappen und Inschrif- ten (ein Werk des Paderborner Meisters Hein- rich Groninger). Unter dem groBen Kruzifix kniet etwas seitlich Caspar von Fiirstenberg in ritterlicher Riistung mit gefalteten Handen. Die Portratahnlichkeit ist augenfallig, die Unter- schrift Archisatrapa bedeutet Landdrost.

Die lateinischen Inschriften besagen, daB Friedrich von Fiirstenberg seinem verdienten Vater (Caspar von Fiirstenberg) dieses Anden- ken gewidmet hat, daB jener 72V2 Jahre alt ge- worden und 49 Jahre Landdrost gewesen ist.

Jos. Schmelzer

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Vor lOOjahren:

Sauerlander wollten in RuAland IVapoleons Kriegskasse holen Von F. Jiirgens

Wir lesen gern von vergangenen Zeiten oder horen autmerksam zu, wenn erfahrene Manner und Frauen aus ihrem Leben, aus ihrer Kindheit erzahlen und dabei Bilder malen von ihren Vor- fahren oder Nachbarn, von deren Leben und Um- welt. So vererbt sich oft ungeschriebene Fami- lien-, Dorf- und Kulturgeschichte von Geschlecht zu Geschlecht.

Um 1920 wanderte ich mit meinem Onkel fiber Land. Wir wollten etwas fiber unsere Ahnen zu erfahren sudien und kamen nadi ==-^;= Enste, wo nachmundlidierUeber- lieferung unsere Familie lange Zeit beheimatet war. Auf dem alten Schultenhof kehrten wir audi ein, denn Bauer Frede- bolling-SdhultebesaB neben alten Akten auch ein Geburtsregister seines Dorfes. Bald fanden wir in diesem Verzeichnis unsere Fa- milie,' soweit ihre Mitglieder in Enste geboren und im nahen Me- schede getauft waren. (Spatere Ausziige aus den Mescheder Kir- dienbudiern bestatigten es.) Bei einem Namen hielt mein Onkel inne: „Dieser Ahn unserer Fami- lie zog 1812 mit nach RuBland und kehrte nicht heim."

Wie viele Sauerlander mogen damals in der groBen Armee des stolzen, ehrgeizigen Korsen ver- zagt Oder siegesbewuBt nach Osten marschiert sein, einem zwar genannten, aber sonst un- bekannten Ziel und einem unge- wissen Schicksal entgegen! Es ware einmal eine kleine heimat- geschichtlidie Autgabe, nachzu- forschen, wie viele kurkolnische Sauerlander 1812 dabei sein muB- ten, sofern es sich aus Familien- akten oder -uberlieferung, aus Kirchenbfidiern oder Dorfchroni- ken feststellen laBt.

Vor 20 Jahren wurde ich wie- der an das Jahr 1812 erinnert, Ein SOjahriger geistig und kor- perlidi rustiger Mann aus Ober- henneborn erzahlte mir eine merkwurdige kurze Abenteurer- gesdiichte, glaubhaft verburgt, well sein Vater dabei war. Diese kleine Geschichte steht im Zu- sammenhang mit dem Jahre 1812 und soil deshalb hier erzahlt warden.

Es war 1855, somit vor 100 Jahren. Ein fremder Gast kehrte eines Tages in Oberhenneborn ein und erzahlte von einem ge-

heimnisvollen, vergrabenen Schatz in welter Feme. Und dieser Fremde, ein gewisser Siebel aus Rothemfihle, Kreis Olpe verspurte Lust, den Schatz zu suchen, den er einst gesehen, gehiitet und vergraben hatte. 1812 sei er mit nadi RuB- lang gezogen, sei in Moskau mit einmarschiert, dann aber geflfichtet. Er habe es nicht leicht ge- habt, denn er habe Napoleons Kriegskasse ge- fahren und sie auf der uberstfirzten Flucht am Ufer der Beresina vergraben. Und diese Kisten

Dies war die meine — -

Ein Grabstein auf dem Friedhof in Wormbach, einem der altesten des Sauerlandes, mit der Sonnenuhr und der Auf- schrift: „Dieses war die meine Eine von den Zwolfen ist die deinel

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miiBten nddi unversehrt in der Erde liegen, ein reicher Fund fiir den, der ihn findet und gliicklich heimbringt. Wer ist bereit mitzugehen?

Siebel, der nach seiner Heimkehr 1812 lange Zeit als Hirte ein besdieidenes Dasein gefiihrt hatte, traumte wohl oft von Gold und Silber und hatte ernstlidi vor, eine besdiwerliche Fahrt nadi Rufiland zu wagen. Allein mochte er nicht hin, deshalb sudite er Gefahrten. Er fand Ver- trauen mit seiner Erzahlung und gewann vier Fahrtgenossen, davon zwei aus Oberhenneborn. Nun berieten sie uber den Weg, bereiteten sidi fiir ihre weite und lange Reise vor in der stillen Hoffnung, den schnell und heimlich an der Bere- sina vergrabenen Schatz zu finden, zu bergen. gliidclich heimzubringen und ehrlich zu teilen.

Der Krimkrieg 1855 erforderte einwand- freie Passe. Als Bauern genannt und gekleidet, notwendiges zum Teil geliehenes Reisegeld in der Tasche, zogen die fiinf Manner los. Zuerst suchten sie in Siegen eine Wahrsagerin auf, um von ihr die Zukunft zu erfahren. Sie durch- sdiaute den Plan und warnte, aber die Manner lieBen sich nicht von ihrem Vorhaben abhalten. Ihr nachstes Ziel war Berlin, wo der russische Gesandte die Passe priifte und unterzeichnete. Wagemutig und hoffnungsfroh fiihrte nun Seibel seine Freunde ostwarts, bis er endlich am Ziel War. Die miindlidie Ueberlieferung nennt Boro- dino (es handelt sich wohl um Borrisow an der Beresina, denn Borodino liegt auf der Karte hinter Smolensk).

Sicher fieberten alle fiinf vor Ungeduld ob des erhofften Gliidces: drei Kisten Gold lagen nach Siebels vertraulichen Worten an bestimmter Stelle am Ufer des Flusses vergraben. Man fand Quartier und verbrachte eine gute Nacht im fremden Land. Doch nun kam fiir die vier Be- gleiter ein unerwarteter Sdilag: Ihr Anfuhrer Siebel, der irgendwie im Ort nahere Vorberei- tungeii traf und wohl Verdacht erregt hatte, kehrte friihmorgens nidit zuriick. — Seinen Ge- fahrten wurde angst und bange. Wo blieb Sie- bel? Was war ihm zugestoBen? Langeres Ver- weilen war unniitz, denn ihnen war die Stelle unbekannt, und ein Nachforschen nach Siebel und dem vergrabenen Schatz erschien ihnen nicht ratsam. So eilten die Fahrtgenossen angstlich, und mehrfach auf Irr- und Umwegen, ohne ihren Anfuhrer westwarts, bis man endlich Wieder deutschen Boden, sauerlandisdie Erde unter den FliBen hatte.

Das unbekannte Schicksal Siebels lieB die beiden Oberhenneborner Werth und Tielt nicht los. Sie gingen nach Wormbach, bestellten dort eine „Bann"-Messe, um irgendwie etwas iiber ihren Freund zu erfahren. „Tielt standen wah- rend des Gottesdienstes die Haare zu Berge. Ihr Anfuhrer soil ermordet sein von einem russi- sdien Juden, dem er das Geheimnis ihrer Reise anvertraut habe", so erzahlte mir 1935 Job. Werth, der noch um 1890 etwa 40 Taler jenes Reisegeldes zuruckzahlen muBte, das sein Vater Ludwig 1855 fur die Fahrt nach RuBland geliehen hatte. Und er sprach ferner von dem ReisepaB, den er von seinem Vater als Andenken geerbt hatte.

Es diirfte abwegig sein, zu denken, daB Siebel seinen sauerlandischen Landsleuten etwas vor- gelogen hat. Wer wurde damals aus blofier Reise- oder Abenteuerlust eine solchen Fahrt gewagt haben!'— Es ist sehr wohl anzunehmen, daB 1812 auf der Flucht alter unnotige Ballast und damit auch die Kriegskasse zurudiblieb.

1941/42 stand ich selbst als Soldat mehrfadi in ruhigen, dienstfreien Stunden an den triiben und tragen Wassern der Beresina, nidit w:eit von der Stadt Bobruisk. Der FluB, seine Ufer und die Hauser in der Nahe zeigten ein anderes Ge- prage als die heimatliche Welt des Sauerlandes und des deutscJien Vaterlandes. An den Kriegs- schatz Napoleons dachte icJi nidit, aber einige Monate spater wurde ich wieder daran erinnert. Ich kam nach Minsk und las mehrfadi die dort in deutsdier Spradie herausgebradite „Minsker Zeitung". Fines Tages fand idi darin einen kleinen Beitrag, den ich mit Aufmerksamkeit las und den ich hier erwahne, well er Napoleons Kriegsschatz nennt. Die darin genannten Orte Borrisow-Molodetschno habe ich auf Urlaubs- fahrt gesehen. Der Leser dieses Zeitungsberich- tes vom 9.-7. 1943 mag sich nun sein Urteil uber den Schatz selbst bilden. In dem Beridit der Minsker Zeitung heiBt es u. a.:

In den „Notizen der nordwestlichen Abteilung der kaiserliciien russischen geographischen Ge- sellschaft" Band I, aus dem Jahre 1910 ist fol- gendes zu lesen:

„In den Zeitungen ersdiien ein Bericht iiber ein Nachtlager Napoleons auf dem Gut Se- lischtsche an der StraBe Borisow—Molodetschno, das damals im ehemaligen Gouvernement Wilna lag.

Diese Zeilen iiber das Nachtlager in Selitscht- sdie sind keine Legende, sondern eine iiber- prufte Erzahlung der alten Bewohner dieser Gegend. Wahrend des bekannten gesdiichtlichen Riickzuges der Franzosen im Jahre 1812 hatte ein Teil der napoleonischen Armee die StraBe von Borisow nach Molodetschno eingesdilagen. Diese beiden Stadte waren damals wie audi heute durch eine breite StraBe verbunden. Auf dieser StraBe zogen die im Jahre 1812 zuriick- weidienden Truppen und die Hauptmasse des Nadischubs.

Auf dieser historischen StraBe zog auch Na- poleon selbsti mit ihm wurde auch die Staats- kasse mitgetiihrt. Auf einigen Lastwagen befan- den sich kleine Passer mit Gold. In der Nahe der Siedlung Motygol blieb der voUig ersdiopfte Napoleon mit seinem Stab auf dem Gut Selisch- tsche, das einige hundert Schritt von der groBen StraBe entfernt war, zur Nacht und richtete sich im alten herrschaftlichen Hause ein. Hier mel- dete ihm das Gefolge, daB es unmoglich sei, die Goldfasser welter zu befordern, da fast alle Pferde umgekommen seien und es nicht moglich sei, neue zu bekommen. Napoleon gab den Be- fehl, das Gold in der Erde zu vergraben. Am nachsten Morgen, als es noch dunkel war und die Menschen schliefen, wurde der Befehl des Kaisers durch die Franzosen ausgefiihrt."

Der Verfasser des Berichtes spricht dann von seinen eigenen Erlebnissen in Selitschtsche:

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Ueber den Schatz selbst war in dieser Ort- schaft und bei den benachbarten Bewohnern nichts bekannt. (1812—1840.) Um diese Zeit begann man mit dem Bau eines neuen herrschaft- lichen Hauses auf dem Gut. Fiir das Fundament dieses Hauses wurden von den Maurern Steine von den umliegenden Feldern gebracht.

Nach der Fertigstelllung des Hauses kam ein Mann mit einem Plan aus Frankreich und sagte liber den Zweck seiner Reise, er wolle die FaB- chen mit Gold, die im Jahre 1812 vergraben worden sind, ausfindig machen. Die Lage der Ortschaft stimmte jedoch nach der langen Zeit jetzt nicht mehr mit dem Plan uberein, da der Weg, der nach dem Gut Selitschtsche von der HauptstraBe abzweigte, umgepfliigt war und ein anderer zum Gut fuhrte. AuBerdem fehlte auch der spitze Stein, der genauer die Stelle bezeich- nete, wo der Schatz vergraben war. Auf diese Weise konnte ein ganzer Bezirk der Ortschaft von einigen Desiatynin nicht genau untersucht werden. Der Schatzgraber beschrankte sich darauf, bei der ortlichen Bevolkerung nach dem Verbleib des Steines umzufragen, der, wie es sich gezeigt hat, zum Fundament des Hauses mit ver- wendet worden war.

Z. Z. (also 1910) kann man diesen Stein in der rechten Seite der AuBentreppe im Fundament des Hauses sehen. Auf dem Stein war ein Huf- eisen dargestellt. Von welcher Stelle dieser Stein aber weggeholt worden ist, konnte keiner angeben. Der Franzose muBte leider, nachdem alle Spuren, die die Lage des Schatzes bezeich- nen konnten, verwischt waren, in sein Vaterland zuriidikehren; das Gold aber befindet sich bis zur letzten Zeit noch in der Erde."

Die vorhin dargestellte miindliche Ueberliefe- rung von der Reise einiger Sauerlander nach RuBland, 1855, ist eingegangen in die beschei- dene Chronik eines stillen Dorfes Es zeigt sich.

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Es isf schon so Es ist schon so: wir stohnen viel zu viel Urn's liebe Brot, das sauer wir verdienen heute, Und um die guteri Sitten, die des Zeitgeist's

[Beute. MaBloses Klagen schieBt weit iiber's Ziel. Des Hergotts Sonne bleibt uns fruh und spat; Sie laBt es wachsen iiberall, wo wir gesat.

Es ist schon so: wir reden viel zu viel Und tragen dabei eine schwarze Brille, Wir sind verwandt der immer murr'schen Grille. Des Herrgotts Sonne treibt ein ander Spiel, Sie schweigt und warmt und weckt zum Leben

[neu Die diirrste Scholle, dem Befehl des Herrn getreu.

Es ist schon so: wir zogern viel zu viel, Und sollten mutig in die Speichen greifen, Anpacken, vor der Tat nicht banglich kneifen! Bekannt ist jedem seines Daseins Ziel, Du sollst den Keim der Erde senken ein! Gott dankt dir iiber Nacht mit einem Hahnchen

[klein.

Caspar Schmelzer

daB dann und wann bestimmte Ereignisse der Weltgeschichte ihre Wellen trugen bis in die Bergwelt des Sauerlandes, das heute mehr, lau- ter und gefahrlicher denn je den Pulsschlag und auch die Unrast und den Ungeist der Zeit spiirt und erleidet und sich damit auseinandersetzen muB.

Der GlockengU^ von Attendorn Eine saueriandische Sage

Es lebte einstmals in der Blutezeit der Hansa in Attendorn im Sauerlande ein ehrenwerter Mann. Dieser zog nun einmal in die Fremde und erwarb sich allda viel Geld und Gut. Einmal schickte er seinen lieben Verwandten Silber und Blei in die Heimat. Doch sie wuBten nicht um den hohen Wert dieser Metalle. Als man daher nun in Attendorn gerade daran war, eine Glocke herzustellen, gaben die die wertvollen Stiicke zum GolckenguB her. Der GlockengieBer, ein tiichtiger Meister, der die Metalle untersuchte, vermutet, es sei Silber. Da kommt ihm plotzlich der Gedanke, das Silber fiir sich zu behalten. Ohne noch weiter zu iiberlegen, ruft er seinen Gesellen. Als dieser kommt, sagt er zu ihm, er miisse gar bald verreisen, well er ein wichtiges Geschaft vorhabe, der Geselle solle aber dieweil um Himmels willen nicht mit dem GuB der neuen Glocke beginnen, sondern vielmehr alle Vorbe- reitungen treffen. Als der Meister in das Sieger- land abgereist ist, um einen Handel uber das Silber abzuschlieBen, geht der Geselle hin, rustet

alles gar sorgfaltig und, well der Herr sehr lange auf sich warten laBt, richtet er sogar die Glocken- speise her, tut aber auch das groBe Silberstuck hinzu. Endlich, als er auch damit fertig ist, der Meister noch immer nicht wieder heimgekommen ist, da wird er des langen Wartens mude und gieBt eigenhandig die Glocke. Nicht lange darauf kehrt der Meister von seiner Reise zuriick, der Geselle aber, dem unterdessen sehr angst geworden ist, des Herren Wut moge sidi auf seinem Haupte entladen, well er seinem Befehle nicht nachgekommen ist, eilt ihm entgegen, wirft sich zu seinen FiiBen nieder und bittet instandig^ ihm doch zu verzeihen. Als der Meister aber hort, daB das Silber, das er zuriickgelassen hatte, verbraucht habe, wird er zornig und laBt ihn von vier Pferden in vier Stiicke zerreiBen. Die Stelle aber, wo dieses geschah, heiBt bis auf den heu- tigen Tag „das Viertel". Als man nun nachher die Glocke aus der Grube hob, hatte sie einen wundervollen und reinen Klang, wie man selten einen vernommen hat.

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Bin unbekannfer Grimme-Brief Von H. S o m m e r

Vor einiger Zeit wurde im Mendener Stadt- airchiv ein bisher vollig unbekannter Brief unse- res sauerlandischen Heimatdichters Friedrich Wilhelm G r i m m e gefunden. Rund einhundert Jahre hat dieses Schreiben in einem dicken Aktenbande geruht, der uns manches berichtet tiber die Geschichte der „Stadtischen Biirger- sdiule", die spater Rektoratschule genannt wurde und ein Vorlaufer unseres heutigen Gym- nasiums war.

Sdion von 1842 bis 1848 hatte hier die erste selbstandige Biirgerschule bestanden, deren Leiter und einziger Lehrer ein Dr. P a 1 a s t war. Als dieser sich nach Geldern versetzen lieB, ging die Schule ein und wurde erst 1854 wieder ein- gerichtet.

Der damaligeMendenerBiirgermeister (1848bis 1862) war Clemenz H o 1 z a p f e 1, der fur diese Schule ein groBes Interesse hatte, wie die Akten zeigen. Er sorgte nicht nur fiir die Wahl eines neuen Leiters — Rektor Peter W \i r z , gestorben 1860 — und fiir die Aufbringung der erforder- lidien Geldmittel usw, sondern er war auch darauf bedacht, daB nur die besten und wertvoll- sten Schulbiicher hier gebraucht werden sollten. Deshalb wandte er sich an drei Gymnasiallehrer mit der Bitte um Angabe der brauchbarsten Lern- biicher.

Auch G r i m m e, der damals im 27. Lebens- jahre stand und am Gymnasium zu Brilon tatig war, hatte eine solche Anfrage bekommen, da er anscheinend ein guter Bekannter Holzapfels war. Und schon wenige Tage spater sandte er folgen- den Antwortbrief — auf hellblauem, gutem Papier mit schoner, leichtlesbarer Schrift:

Sehr geehrter HerrBiirgermeister!

In Erwidrung Ihres Geehrten vom 16ten h. f olgendes: Die kleine lateinische Schulgrammatik von Ferd Schulz ist jeden- falls gut, well das groBere Werk desselben Verfassers gut ist. Das D^bersetzungsbuch von Holker und Dieckhoff ist brauchbar. — Ubrigens ist auch sehr zu empfehlen Sieberts kleine Grammatik, die hier gebraucht wird; desgl. Otto Schulz, die in Arnsberg neben Hueggs Ubungsbuch gebraucht wiird."

In ahnlicher Weise empfiehlt er Schulbiicher fiir Religion, Franzosisch, Englisch und G e o m e t r i e, die uns jedoch heute wenig interessieren, da sie veraltet und vergessen sind. Dann folgen zwei Worte: „W e 1 t g e - schichte: Welte r". Das einzige fiir Ge- schichte in Frage kommende Lernbuch fiir Ge- schichte war also schon vor hundert Jahren das Geschiditsbuch von Welter," das gewiB manchen alteren Lesern noch gut bekannt sein wird, da es vor 50 bis 60 Jahren in sehr vielen Schulen verschiedenster Art noch gern und mit gutem

Erfolg benutzt wurde. dann weiter:

In dem Briefe heiBt es

„Ich halte ferner dafiir, daB das Fran- zosische spater als das Lateinische angefangen werde; die beste Grundlage fiir alle Sprachen ist das Lateinische.

Nun machen Sie, daB Ihre Anstalt recht bald in Zug komme, und erhalten Sie die- selbe wach, daB sie nicht wieder einsdilafe.

Wahrscheinlich werde ich in sehr naher Zeit auch einmal wieder durch Men- den vagabundieren (hoffentlich wird mich aber die Polizei ungeschoren lassen), da konnen wir dann die Sachen eines Weite- ren besprechen. — Wenn Sie mir gruBen wollen. was in Dr. Berings Hause GriiBbares ist, so soUen auch Sie — aber auch auBerdem — gegruBt sein

von Ihrem ergebensten FriedrichWilhelmGrimm e."

Brilon, den 23. 8. 54.

Der letzte Tell des Briefes zeigt uns, daB Grimme schon damals ein groCer F r e u n d des Wanderns war und M e n d e n bereits b e s u c h t hatte. GewiB ist er spater nodi haufiger in dieser Gegend gewesen, denn die er- gotzliche plattdeutsche Erzahung „Dat Moier- ken imme Postwagen" zeigt uns, dafi er sidi in Menden und seiner Umgebung gut auskannte.

Der in dem Briefe erwahnte Dr. Bering (geb. 1817, gest. 1888) ist der vom Beringhof bei Men- den stammende Arzt Dr. Fritz Bering, der ein F r e u n d des Dreizehnlinden-Dichters Dr. Fried- rich Wilh. Weber war, mit diesem in Greifs- wald studierte und mit ihm auch eine grofie FuBwanderung durch Danemark, Schweden und Norwegen machte. Zeitlebens blieben beide in inniger Freundschaft verbunden. Auch Dr. Bering war ein groBer Freund der Dichtkunst und schrieb einen ganzen Band wertvol- ler Gedichte, die aber nur fiir seine Ver- wandten und Freunde gedruckt wurden. Nach den Iserlohner Unruhen 1849 wurde Dr. Bering verhaftet und angeklagt, in Iserlohn a u f - reizende Reden gehalten zu haben. Er war auch der F ii h r e r einiger hundert Mende- ner gewesen, die zwar an dem verhangnisvollen Himmelfahrtstage nach Iserlohn marschiert waren; doch batten sie an den blutigen Unruhen sich nicht beteiligt, da diese bereits voriiber waren. —

Nach iiber einjahriger Haft wurde der in Menden sehr beliebte und h o c h g e - schatzteArzt Dr. Bering — wie die meisten der 67 Angeklagten — vom Schwurgericht in Wesel freigesprochen. Seine letzten

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Lebensjahre verbradite er bei seinem Sohne, dem Arzte Dr. Friedridi Bering in Frondenberg, dodi fand er seine letzte Ruhestatte in der Familiengruft in M e n d e n.

Audi der Empf anger des Brief as, der Biir- germeister Holzapfel, geriet 1849 in den Verdadit, ein Aufriihrer, ein „D e m o - krat", zu sein. Wie Dr. Sdiulte in der „Ge- sdiichte Iserlohns" sdireibt, hatte man 1848 den damaligen Kreissekretar Holzapfel zum K o m - pagniefiihrer in der Iserlohner Biir- g e r w e h r gewahlt, da „ergutniitdenAr- beitern umgehen konnte und von ihnen geschatzt wurd e."

So wundert es uns nicht ,daB Holzapfel, der inzwischenBurgermeisterin Menden

geworden war, nadi den Iserlohner Unruhen 1849 verhaftet und seines Amtes vorlaufig enthoben wurde. Die Untersudiung sdieint aber nidits Belastendes ergeben zu haben, so daB er nach elf Monaten, am 4. Mai 1850 f e i e r 1 i c h wieder in sein Amt eingesetzt wurde.

Nadi dieser kleinen Absdiweifung kehren wir zu dem Grimme-Brief zuriids. Aus den wenigen Zeilen des angefuhrten Briefes erken- nen wir klar, daB Grimme sdion damals ein humorvoller und sehr gewandter Schreiber war, der aber gewiB in diesem Jahre selbst noch nicht ahnte, daB er — wenig- stens bis heute! — derbedeutendsteund beriihmteste Dichter unseres ge- liebten Sauerlandes werden wiirde.

Hans,

der Fohrochse

Von Adolf FSrber

Hans, der im Dienste des Lohnfuhrmanns Jiirn im Dorfe vor dem Rusper Walde, unterm Nadcen- jodi, hart fronende Fahrodise, sdiaukelte die steile und holperige Trift hinunter zu Tal. Mit den von der Last langer und sdiwerer Jahre nadi innen geknidcten Vorderbeinen sdiritt er eine breite Spur, hinter sidi einen hodiradrigen, mit einer langschwanzigen, didit ineinander ge- fiigten Ladung Sdialeidien und Birken hodi be- fraditeten Wagen.

In der absdiussigen, sdilaglodierreidien Kurve barsten die von den nagenden sdimalen Radreifen tief gespaltenen Hemmklotze der Bremse, unter der iibergebiihrlidien Inansprudi- nahme auseinander, so daB die ganze Wudit des sdiweren Gefahrts plotzlidi auf das in die Gabel gezwangte Haupt Hansens sdioB. Infolge des ubermaBig starken StoBes bradi das Jodi mitten durdi, das um die Horner gewundene und uber das lederne Stirnkissen sidi hinziehende Rie- menzeug rifl, Hans geriet auf die Keulen, er warf den maditigen Vorderkorper zu Boden, dudcte den freigewordenen Kopf, und indem die Adisen die obersten Wirbel seines gewdlbten Rudc- grats blutig streiften, raste der Wagen ilber ihn hinweg und landete seitwarts im Gestange des Triftrandes.

Hans dahinter aber hob das vom Marterholze entbloBte Haupt und sdiaute dem vor seinen Augen zur nidit geringen Aufregung Jurns sidi abspielenden Vorgange gelassen zu.

Zeichnung: Volker Engelhardt

Nun war ihm bei Ausbrudi der Katastrophe mitniditen einerlei zumute gewesen. Aber der gjlimpflidie Ausgang erfiillte ihn mit selbstge- falliger Genugtuung. Fand er dpdi wieder ein- mal seine goldene Lebensregel gereditfertigt, nadi der man am besten sdion mal was iiber sidi ergehen laBt, ob es sidi nun um auBergewohn- lidie Explosionen der Sdiidcsalslaune oder um die miihselige Eintonigkeit der alltaglidien Pla- gerei handelte.

Den Kopf zu sdiutteln oder ihn unwillig und verneinend nach der Seite zu wenden und ab- warts zu senken, wenn der Jiirn ihm das unter haBlidiem Klirren der eisernen Endringe vom Wandhaken heruntergelangte Joch iiber den Trog hinweg auf den Nadcen zu biirden sidi an- sdiickte, hatte er als nutzlose Torheit junger Jahre lange aufgegeben. Soldierlei Abwehr- manover hatten nur Zwang, Unfreundlidikeiten, Unfrieden und ansonsten noch mandierlei Un- annehmlidikeiten im Gefolge gehabt.

Alle Morgen, wenn von der knarrend sidi offnenden Tiir her die trube sdiwelende Stein- ollaterne in Jurns Hand mit sparlidiem Sdiim- mer in den Stalldunst der dunklen Fruhe herein- sdiwebte, erhob sidi Hans von dem karg be- streuten Lager, ohne einen Wedcruf abzuwarten. Die feuditen Schenkel dampften; er spannte die"

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Schwanzwurzel zu steilem Bugel, driidcte den Sdiwanz, indem er ihn einwarts bog, zwisdien die hohen Hinterbeine, krummte den lahmen Riidcen, senkte, sich stredcend, das Kreuz, zog die Nustern und die Haul iiber den dicken Augen kraus und blies dann, den Korper aus seiner Spannung losend, den Dunst der Nacht in zwei grauen Strahlen in den fahlen Laternen- sdiein des Futterganges.

Dann wiirgte er gemadilich sein geriittelt Hauflein Riisper Heu herunter, zermahlte unter langsamen Kaubewegungen seiner abgesdilisse- nen Zahne die nidit allzu iippig bemessene Ra- tion leicfaten Hafers und sdilurfte zum SchluB den mit ein wenig Mehl verruhrten Morgen- trank durdi den engen Spalt der festen Lippen. Der Rest troff siepend aus dem Maul in den Eimer zuriick.

Darauf lieB er sidi ergeben das Jodi auflegen, senkte unter den Handgriffen Jiirns zuerst das linke Horn, dann, wenn der befestigende Riemen von der Stirn her nadi der andern Seite gefiihrt wurde, das rechte Horn. Zuletzt lieB er sidi geduldig den Halfter um die langen Kinnladen streifen und hinter den vom Jochholze behinder- ten Lausdiern verkoppeln. Das Rasseln der her- unterfallenden gelosten Halskette nahm er bin als. das allmorgendliche Zeichen zum Beginn sei- nes harten Tagewerkes.

Tag fur Tag trottete Hans vor seinem hackern- den Wagen die Strafien und Wege, keudite unter der Mistkarre getiirmter Last, die er starren Halses und krampfhaft erhobenen Kopfes dahin- trug, nahm die Boschungen unter Anlauf im Sturme, daB die Griffe seiner Hufbesdilage sidi tief in die Grasnarbe gruben oder aut steinigem Grunde Funken sdilugen, krodi triefenden Mau- les die steilen Berghange hinan, zog stumpfen Oder traumenden Blidces den knirsdienden Pflug durdi steinige Furchen; und wenn die sein armes Haupt riittelnde und sdiuttelnde Egge am Abend endlidi hinter ihm zuriidcblieb, tau- melte er benommen und fast bewuBtlos dahin.

Unfahig, den Kopf seitwarts zu wenden, um im Voriibergehen ein Maulvoll zu erhaschen, zog der vor dem Heuwagen beim Einfahren in ergebungsvoUer Entsagung an der knister- diirren, duftenden Futterwelle entlang, daB ihm lange Sdileimfaden aus dem Maule hingen, die silberne Spuren auf dem Boden hinterlieBen. Der Sdiwanz hing den ganzen Tag untatig her- unter, weil er sidi bei der versuditen Abwehr der Fliegen dodi immer zwisdien Rumpf und Gabelstangen festklemmte.

Wenn dem Hans aut seinem Leidensweg ein Genosse seiner geplagten Gilde begegnete, tausditen sie mit verdrehten Augen stummen GruB miteinander. Wenn ihm ein vom Fort- sdiritt gesegneter, in Stirnjodi, lodcerem Um- gang und unter gepolstertem Tragsattel froh und leicht und rustig aussdireitender Zunftgenosse iiberholte, dann sdiielte er ihm wohl weh- miitig und ein wenig neidisdi nadi.

Und am grunen Kampe, wo die Schar blanker Kuhe und flinker Rinder unbeschwert und be- haglich grasend sidi erging oder zufrieden

Gewitter im Mofineta/ In Schwule zog der Tag herauf. Lastende Schwere in Stuben und Hdfen. Bosartig grellte der Sonne gelblicher Schein: Unheil drohend, Gewitter geschwdngert. Bleierne Mudheit bei Mensch und Tieren In alien GUedern das dumpfe Stauen schweren

Bluts. Im Mittag brauen sich Nebel zusammen, umlauern der Sonne zerstrdhltes Haupt. In lautlosen Schritten steigt Ddmmerung erd-

wdrts Zwingt nieder den Tag im Zenit semes Laujs. Schwarz wird es, schwdrzer, das ist tote die

Nacht. Vnruhig zerrt und brullt das Vieh an den Ketten. Prall wie zum Bersten ist die Luft. Da jdh ein Blitz, dann Totenstille wie wenn Atems Lange das Herz wohl stockt. Kurz, knapp und steil jetzt ein harter Schlag. Ein Grollen danuch, ein Rollen und Murren, das breit auslduft und dann in der Feme verebbt. Jetzt wieder das Zucken, zungelnde Flammen

am. Himmel, als wenn tausend gierige Brdnde nach der Erde

XschztSTt Vnd abermals Schlag und nochmals Schlag. Wilde Gewalten verkndueln sich wirr in den

Liiften, aus denen die ungebdndigte Kraft hermeder-

braust. Das ist wie ein Fangen und Gleiten, Ein iSchiebeTi und Stolen, Ein Drdngen und Drdun. Todliisterne Blitze zerfurchen die Wolken, Schiefien herab in ddmonischer Pracht. Wie Urwaldriesen in ihrem Falle breit hinklatschen mit dem Gedste und mit des Stammes schwerem Gewichte dump/ aufschlagen und stampfen den Leib der

Erde wund; So toben und wUten die Donner und Blitze in

dichtem Gefolg. Jetzt endlich entlassen die Wolken die Wasser

aus ihrem Gewan.de, sie schiitten av.s in der Erde gierig durstigen

Schlund. In ilppiger Fulle rauscht der reiche Segen her-

Und ein Dankgebet flustert heimlich der Men- schen Mwnd.

Walter Dalhoff

niederriidcend im Sdiatten der Baume lagerte, hielt er wohl an, um mit seiner hellen Stimme Laute der Sehnsudit in das Land der Freiheit und des Genusses zu senden, bis der immer ein Studc vorangehende Jurn ihn aus der Seligkeit der Traume in die harte Wirklidikeit zuriidt- fuhrte, indem er ihn durdi einen Wink mit dem aus geweiBten Weidengerten gedrehten Stiele der „Odisenpeitsdie" zum Weitergehen notigte.

Als ihm gegen Ausgang seines langen Lebens voll Miihe und Arbeit das Aufstehen am Mor- gen immer besdiwerlidier wurde, lieB er sidi aufheben; er straubte sich audi nidit, als sie ihn eines Tages ohne Jodi auf dem Stalle fiihrten, obwohl er ahnen modite, daB das das Ende war.

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Von cfer a/ten Schmiedezunft in O/pe Von Norbert Scheele

Man schrieb das Jahr 1796. Bose sah es in Olpe aus. Am 28. April des Vorjahres hatte eine riesige Feuersbrunst binnen einer ganzen Stunde die ganze Stadt mit Kirche, Schule und Rathaus vernichtet. Nur die auBerhalb der Stadtmauer liegende Vorstadt, die Felmicke mit drei Hau- sern und das Weierhol mit 25 Hausern, war vor dem fiirchterlidien Schicksalsschlage verschont geblieben. Nun regten sich aber in der Stadt allenthalben fleiI5ige Hande, die beengende alte Stadtmauer auBer der Siidseite zu sdileifen und iiber ihren Grund hinaus ein groBziigiges grad- liniges StraBennetz zu spannen. Nach einem wohldurchdachten Plane waren die neuen Bau- platze an die Brandgeschadigten vergeben. Nun wetteiferten alle, bald wieder ein schiitzendes Dach liber ihr Haupt zu bekommen.

Im Weierhol und in der Felmicke aber konn- ten die Pfannenschmiede ohne besondere Storun- gen, gleich den zahlreichen Gerbern, ihrem ur- alten Gewerbe nachgehen.

Oberhalb der „Renne", wo der Miihlengraben den Olpebach tiberquert, hatte der Pfannen- schmied Jakob Hunold sein'Heim und seine Schmiede. Er stand gerade in seinem ledernen Schurzfell vor seinem AmboB, dessen kreisfor- mige Oberflache nach alien Seiten abgerundet war. Des Meisters linke Hand hatte mit einer Zange aus der gliihenden Esse eine runde Eisen- platte gegriffen und auf den AmboB gelegt. Mit der Rechten schwang er nun den Hammer, und unter lustigem Hammern und Pinken formten sich die Rander der Platte zu einer Bratpfanne. Die beginnende Dammerung mahnte den Mei- ster, Feierabend zu machen.

Seinem 14jahrigen Sohne Franz, der den ge- schickten Bewegungen seines Vaters aufmerk- sam gefolgt war, gab er einen herzhaften Schlag auf die Schulter, indem er sprach: „So, mein Junge, von Montag ab bist du nun mein Lehrling. Du kennst dich ja in der Schmiede schon gut aus, hast dich schon haufig im Schmieden versucht und versprichst in dem ehrenwerten Handwerk dei- ner Vater und Vorviiter ein tuchtiger Meister zu warden."

Der Vater legte das Schurzfell ab und begab sich mit Franz in die warme Kiiche. Die „Lediter- stunde" (Dammerstunde) war dazu angetan, das begonnene Gesprach fortzusetzen.

„Du weiBt schon", fuhr er fort, „wir Pfannen- schmiede sind mit den Kesselschmieden der Stadt in der Schmiedezunft oder dem Schmiede- amt zusammengeschlossen. Ich war mehrere Jahre im Amtsvorstande. Da habe ich mir vom Amtsrichter (dem Vorsitzer der Zunft) die alten Zunftbiicher geliehen. In den vergilbten Blat- tern habe ich mandie Stunde studiert; dazu auch keine Sitzung unserer Zunft versaumt, so daB ich in ihrer Vergangenheit und mit ihren Gepflogen- heiten wohl bewandert bin.

Schon vor dreihundert Jahren war hier die Schmiederei in hoher Bliite. Die Siegener waren von diesem Wettbewerb nicht sonderlich erbaut.

Im Jahre 1567 schlossen sich die Olper Pfannen- und Kesselschmiede zu der Sdimiedezunft zu- sammen. Sie wollten dadurch gemeinsam ihr Gewerbe vor Konkurrenz schiitzen, ihre Rechte m starkerem MaBe geltend machen und nidit zu- letzt das Gemeinschaftsleben fordern. In 30 Ar- tikeln sind die naheren Vorsdiriften uber Auf- nahme, Mitgliedschaft sowie die Rechte und Pflichten der Zunftmitglieder niedergelegt.

Du weiBt schon, wer in Olpe oder in der Vater- stadt schmiedet und die angefertigte Ware ver- kauft, muB Mitglied der Zunft sein. Dasselbe gilt auch fiir den, der nur mit Eisenwaren handelt.

Wer Mitglied der Zunft werden will, muB eine nicht geringe Aufnahmegebiihr bezahlen; diese ist doppelt hoch fur solche, die keines Zunft- bruders Sohne sind.

Kein Amtsbruder darf auBer Landes arbeiten und erst recht nicht zum Schaden der Olper Schmiede dieses Gewerbe in fremden Orten ein- fuhren. Hieriiber muB jedes Zunftmitglied vor Burgermeister, Rat und Amtsrichter einen feier- lichen Bid ablegen.

Und du, mein Sohn, machst am kommenden Sonntag mit den anderen neuen Lehrjungen den ersten Schritt in die Zunft. Unsere Vater in der Schmiedezunft hatten in unserer ehrwiirdigen Kirche zur Ehre Gottes, der hi. Maria, Anna, Mar- garetha und Lucia einen besonderen Altar aut- richten lassen. Auf dem St.-Anna-Tage wurde bisher jedes Jahr an diesem Altare ein Seelen- amt fur die verstorbenen Zunftgenossen gelesen. Vor demselben Altare habe ich als Lehrjunge ein Pfund Wachs geopfert und den Eid geschwo- ren, daB ich das Handwerk nicht an andere Orte bringen wollte. Nun hat das groBe Feuer des Vorjahres auch diesen Altar zerstort. Deshalb muBt du am Sonntag den Eid in der Kreuzkapelle leisten."

Franz war aufmerksam den Ausfiihrungen sei- nes Vaters gefolgt. Er wagte den Vater zu unter- brechen: „Sicher will ich ein tiichtiger Pannen- klopper werden und dir und der ganzen Zunft keine Unehre machen!" Mit innerer Freude nahm der Vater diese Worte auf. Der Sohn fuhr fort: „K6nntest du mir nicht auch etwas erzahlen von den Schmieden auf den Hammerwerken im Dohm, in Liitringhausen, in der Wiiste, in Ronne- winkel, Riiblinghausen und den vielen anderen Werken in der Nahe von Olpe?""

Gern kam der Vater dem Wunsche des Sohnes nach: „Die Hammerwerke, die du genannt hast, werden von Wasserradern getrieben. Dicke Hammer schlagen in gleichen Zeitabstanden auf den darunter stehenden groBen AmboB. Die meisten der genannten Hammer schlagen die erst zum Gliihen gebrachten Eisenstiidce oder -blocke zu Platten; mit anderen Worten: das Eisen wird gebreitet., Deshalb heiBen diese Hammer auch Breit- oder Plattenhammer. Sie leisten fiir unsere Pfannenschmieden die notige Vorarbeit. Nach altem, haufig bestatigten Vorrecht durfen in der

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naheren Umgebung von Olpe nur 15 Breitham- mer betrieben werden.

Audi die Breitschmiede haben sich zeitig zu einer Zunff zusammengeschlossen, der B r e i t - schmiedezunft oder dem Breitwerksamte. Von Unseren gnadigsten Landesherrn, den Kur- fiirsten und Erzbischof von Koln, wurden die Zunftartikel genehmigt, erganzt und immer wie- der bestatigt.

Jaiirhunderte lang hallen unsere Berge von dem munteren Pochen der Hammer in den Talern wider. In uralten Zeiten war der Eisenverarbei- ter unserer Heimat in einer Person Bergmann, Koliler, Schmelzer und Sdimied. Er hackte im Tagebau das Eisenerz unserer Berge, brannte in kleinen Kohlenmeilern unserer Walder die notige Holzkohle und verhiittete an Ort und Stelle das Erz. Dann gab er sidi in der selbst er- richteten kleinen Schmiedestatte ans Schmieden, Weil er diese Tatigkeit im Walde verricHtete, nannte man ihn den Waldschmied. Noch an vielen verschwiegenen Stellen unserer Walder luhen unter dem Rasen Eisenschlacken als Zeu- gen des ehemaligen Waldschmiedes.

Seit etwa 1445 hat der Schmied seine Tatigkeit an die Bache verlegt, um nach Siegerlander Muster die Wasserkraft zum Bewegen der Blase-

balge fur die Schmelzhutte oder der Schmiede- hammer auszunutzen.

Es stehen jetzt diistere Wolken am Himmel. Gebe Gott, dal5 zu Nutz und Frommen unserer Heimat unserem altuberlieferten Handwerk kein Unheil widerfahre!"

Die bangen Ahnungen des Jakob Hunold soil- ten sich leider bald erfiillen. Napoleon zog die unter geistlichen Herrschern stehenden Lander ein. So hob er im Jahre 1803 auch das unter dem Erzbischof von Koln stehende Kurfiirstentum auf. Unser Gebiet kam an Hessen-Darmstadt, dann 1816 an PreuBen. Die Hessen raumten mit vielen altiiberlieferten Rechten und Gewohn- heiten auf. Ihrem Erneuerungsdrang fielen auch die wesentlichen Vorrechte der Schmiedezunft zum Opfer. Der Wettbewerb von auBen und andere wirtschaftliche Grunde braditen das alte Gewerbe in Olpe ganz zum Erliegen.

Franz Hunold, der es spater zu einem tiichtigen Gesellen und Meister brachte, muBte den Riidc- gang des alien Gewerbes mit erleben. Aber vor dem volligen Niedergange desselben bewahrte ihn der zeitige Tod im Jahre 1813.

Heute erinnert nur noch der Name „Pannen- klopper", mit dem die Nachbarorte die Olper be- denken, an das ehemals bltihende Gewerbe.

Schutzenfest in Talfeld Kleophas Groth, der Pfarrherr spricht

einige Worte zu den Schiitzen, die ihm am Vor- abend des Festes mit Musik ein Standchen brin- gen. Viele junge und alte Leute stehen ringsum.

„Freuen.sollen sich alle! Das ist christlich und gut. Aber es muB ein Freuen in Zucht und Ehren sein. Bel aller Frohlichkeit muBt ihr immer so tun, als ob der Herrgott selbst, ganz genau so wie damals auf der Hochzeit zu Kanaa, jetzt unter dem Sdiiitzenzelt mit dabei ware . . . ."

In der Friihe des Sonntags geht ein festlicher Zug zur Kirche. Flotmanns Hannes spielt mit seinen Leuten feierliche Weisen. Voraus weht die Fahne mit dem Bilde des hi. Sebastian.

In dieser Stunde sollen sich die Talfelder wie- der einmal auf die Urgrunde besinnen, aus denen vor Jahrhunderten ihre Schiitzenvereini- gung erstand, die sich mit Recht eine Bruder- schaft nannte. Die war ausgestattet mit dem Segen und der Weihe der Kirche. Die war ein Hort des Friedens und der Eintracht, eine Wehr gegen viele Uebel, die Talfeld einst drohten.

Heute gedenken die Leute von Talfeld ehren- voller Ueberlieferung und dem Willen der Treue zur Ueberlieferung halten sie ihren festlichen Kirchgang.

Meister Gebhard, der Schiitzenhauptmann, hangt seine Augen mehr als sonst an den Seiten- altar, der die Jahreszahl 1720 tragt, und an das bunte Kirchenfenster, die einst beide von der Talfelder Schutzenbruderschaft gestiftet wurden.

Ob nicht fiir Talfeld wieder einmal Zeiten kommen, wo es fiir die Schiitzenbriider nicht genug ist, nur frohlidie Feste zu feiern, wo es vielmehr gilt, um Treue und Glauben, um Recht

und Sitte eine starke Wehr zu bilden, die fest steht wie eine Mauer?

Hilf Gott, daB die Bruderschaft auch dann sich ihrer Geschichte wiirdig erzeigt ....

Aus: Theodor Propper: „Im Schritt des Jahres"'

Beim Sensedengeln

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Verschneites Derkere-Tor in Brilon

Nachtliche Schlitfenfabrt Von Franz Predeek

?ift"!*'" ^'''''\^^L'^ sternhelle Nacht. , Mit der Rojilein klingendem Schellengelaut IT ^TZ T '"" ^"^'^- '''"' "'' ^^"^^''^ rnunterem Schlagen wZT,Z .T' ^"'i^'^'fi^^'^^ Pracht, Wie v,andern am Hiramel die Sterne so weit Weich schzmmeH's vom Berg und vom Hiigel. Vor der Venus funkelndem Wagen!

Juchheifia, es gilt, wer am schnellsten jagt: Die Rosse oder die Sterne! Schellen erklingen in sternheller Naeht und tragen mein Herz in die Feme.

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Sohne einer Heimat Von Anna Kayser

^\ un, wie gefallt dir unser kleines Sonnen- v_ heim, Egon?" Der junge Geselle Peter saB mit seinem

Jugendkameraden, der mit seiner jungen Frau auf ein paar Stunden Wochenend ins Heimatdorf gekommen war, am Fenster seiner kleinen Wohnstube, einem friiheren Behelfsheim; er hatte es vor seiner Hodizeit um eine grofle Kammer erweitert.

Egon Renders steckte sidi eine Zigarette an und wiegte den Kopf: „Ganz nett ist's. Aber, Mensch, das soil Euer Heimnest sein auf Lebens- zeit — so ein paar Puppenstuben?"

„Das. steht nodi nirgends geschrieben", lachte Peter frohlidi. „Aber glaube mir, der Graf da oben in seiner alten Burg kann sidi nidit reidier diinken als meine Grete' und ich in un- serm hellen Eigenheim."

„Hin, du warst immer ziemlidi ansprudislos dem Leben gegenuber, Grete auch. Uebrigens haben wir audi einstweilen nur e i n e n groBen Raum, aber wir sind audi nur nachts und ein paar Stunden am Tage drin. Wir stehen ja beide im Beruf. Mittags essen wir billig aus- Warts, abends tun wir's kalt, und dann brechen Wir sdileunigst wieder aus. Der Volkspark ist gleich nebenan. Film, Kiosk und alle moglichen Vergniigungsstatten, fiinf Minuten StraBenbahn. Sonntags gehts mit Motorrad, oder Bus ins Blaue."

Frau Leonie kam mit der jungen Hausfrau aus der kleinen Kiiche: „Ei ja, es ist ja ganz sdion hier, ober ich kame um in dieser Stille, die vor Einsamkeit schreit. Wo ware hier eine Moglidi- keit zu Freude und Entspannung?"

„Alles ist hier Freude, um uns und in uns, ja, Peter?", lachte Grete gliidclidi. „Fruh weckt Ins schon unentgeltlidi der Choral der Herr- ffottssanger in den Miihlenlinden: Amsel, Dros- sel, Fink und Star . . ."

nUnd tagsiiber singen wir mit ihnen um die Wette", stimmte Peter frohlich zu. „Sie hat sidi Wir damals mit ihrer Laute ins Herz gesungen und tuts nodi alle Tage zum Feierabend."

„Ihr seid unbegreiflich geniigsame Mensdien", kopfsdiiittelte Egon. „Ihr kennt eben nichts Besseres und ahnt nidit, was Ihr draufien ver- PaBt. Idi lebe nun seit anderthalb Jahren in der groBen Stadt und hab' langst nodi nidit alias, Was sie an Herrlichem bietet, ausgekostet."

"Ja, es ist eine Fiille, daB man kaum noch zu sich selber kommt", stimmte Leonie zu. „Man konnte sich gar das Selbstdenken ersparen; andere tun es fiir uns, und man bekommt es fix ^nd fertig angeboten: Gleidi beim Erwadien Radio — Radio auf der Fahrt — zum Werk — °ei der Arbeit — in der Pause und zum Feier- abend."

Durdi Peters sonnenbraunes Gesicht fadcelte Spott: „Stedcte idi in so einer Haut, ich wiirde mich fragen, ob ich nodi idi selber ware oder irgend einer aus der groBen Herde, die alle egal blodcen. Zur Atrappe wiirde idi."

„Redensarten!" knurrte Egon unsidier. „ Allen- falls leben wir unendlich sorgloser und bequemer als Ihr und redinen wirklidier. Wir beidenbudien im Monat zusammen iiber sedishundert Mark. In ein paar Jahren haben wir soviel, daB wir mit einem Werkfreund ein vielversprediendes Patent ausfiihren konnen. Dann werden andere fiir uns arbeiten. Wir werden einen eigenen Wagen fahren und uns jeden Sommer eine Kur gestatten konnen."

Peters Gesidit blieb unbewegt. Grete sprang unter einem plotzlidien Einfall auf: „Beinahe hatte idi's vergessen, idi wollte ja Frau Rungen- berg bei der Abendarbeit helfen. Das ist die Frau vom Sagewerk, wo mein Mann arbeitet", wandte sie sidi zu Leonie. „Sie ist unerhort iiberlastet: Fiinf Kinder, drei Gesellen, Lehrlinge und seit wir verheiratet sind, kein Madel. Die gehn ja alle zur Industrie. Also entsdiuldigt mich fiir ein Stiindchen."

Leonie lief ihr nadi, sie wollte mit. Es wurde ihr zu eng in den kleinen Raumen. Aber Grete war sdion weg.

„Ein zweifelhaftes Sonntagsvergniigen, sich mit anderer Leute Kinder herumzusdilagen!" warf sie miBvergniigt hin. „Idi hatte gern mal gesehen, wie sie das anfangt."

„Sie war ja sieben Jahre dort in der Hauswirt- sdiaft. Die Frau ist ein biBdien schwachlidi und lieB Grete schalten und walten. Die Kinder hingen an ihr wie an einer zweiten Mutter. Idi habe die Frau schwer beraubt, daB idi sie ihr wegholte. Aber einmal will jeder den eigenen Herd. Grete ist aber nocb jede freie Stunde driiben.

„Wer sidi so eine Unzahl Sdiafdien an die Krippe holt, muB audi zusehen, wie er damit fertig wird und die Last nicht andem aufbiir- den", warf Leonie mit einer erledigenden Ge- barde hin und ging hinaus in die kleine Wiese, in der drei possierliche Zidclein ihre grasende . Mutter umtoUten.

Peter zog den Jugendkameraden an das kleine Fenster; „W eiBt du, was um Krautweih dort im Gartdien unter dem alten Bimbaum stehn wird? Eine Wiege mit Lebendigem drin, Junge oder Madeldien. Grete kann es kaum abwarten, sie summt immer sdion Wiegenlieder, sie spridit im Traum. schon mit dem Kleinen. Ich konnte eifersiichtig werden, wenn ich midi nicht selbst so unbandig freute."

„Du schwarmst, Kerl! Icb soUte Leonie mit Wiegen und Windeln kommen —! Sie kann von sidi selbst nie satt werden. Und ich muB sagen.

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ich habe auch noch keiiie Lust, mich mit so einer Plackerei zu beladen. Man ware doch sehr ge- bunden — und der zweite Verdienst fiele weg."

„Ah, da ist's nur der gemeinsame Unterstand. Wozu waren da Sakrament und Brautsegen?"

„Nun, das ist halt so Brauch." Egon stand auf, ging ein paar Mai heftig in

dem kleinen Raum bin und her — und warf sich wieder bin. „Ich mocbte endlich zum Zweck un- seres Besuches kommen. Wir haben nicht das groBe Sportfest am Rbein versaumt, um bier bausbackene Gespracbe zu fiibren. Ich sprach dir von einem Patent meines Abteilungsleiters. Wir suchen noch einen zuverlassigen Teilhaber. Ich babe dicb empfoblen. Du bist ein kluger Kopf und ein durchaus ehrenhafter Charakter. Wenn Du das kleine Anwesen hier losschliigest und Crete tate ibr Erspartes dazu, konntest du gleich als Mitbegriinder eingetragen werden. Ibr konntet auch beide mit in den Betrieb eintreten. Das Kind — nun, das konnte in den Dienststun- den eine Aushilfe betreuen. Ihr Beide wiirdet mebr verdienen als wir jetzt. Und Ihr hattet Aussicbt auf ein schones Siedlerheim auBerhalb der Stadt — well Ihr doch einmal Mr Griin und Gemiise seid."

Peter sab Egon belustigt an und sagte trocken: „Sag der Schwalbe oben in unserm kleinen Dach- first, sie soUe ihr Nest abreifien und es irgendwo an einem Zechenschlot bauen ..."

„Nun wirst du poetiscb, und das ist heutegegen alle Mode."

„Ah! Ich mochte dir iibrigens einen Gegen- vorscblag machen. Uns fehit im Sagewerk eine tiichtige Kraft. Du hast ja damals jahrelang mit- gearbeitet. Du wuBtest in den Buchenscblagen immer schon, wieviel Festmeter — wenn ich's noch mit Specht und Kuckuck hatte. Du wiirdest bald den Meister machen, und der Chef wiirde dir die Balkan zu einem Eigenbeim zum halben Preise liefern."

Leonie lachte laut auf. Egon knurrte bose: „Du halst uns zu Narren, Mensch. Wir sollten vom RoB auf den Esel? Ware die Sache nicht barer Bluff, wo bliebe unser schoner Doppelverdienst?"

„Wo blieb der ebemals fiir deine Mutter und meine Mutter? Ah ja, sie standen schon im Ver- dienst. Deine Mutter hat fiinf, meine sechs Kin- der geboren und groBgezogen. Sie haben dazu Flachs und Korn auf eigenem Grund gebaut und sind froh dabei gewesen wie die Vogel im Hanf. Das mag schon eine dicke Lobndiite aut- wiegen."

Egon stieB aus inwendigem Unbehagen den Ranch seiner Zigarette durch die Nase: „Mensch, wir leben doch nicht mebr in der Zeit, wo sie bei Spedc und Riibenkraut „Danket dem Herrn" sagten und das ganze Jahr keinen SpaB batten als das Schiitzenfest. Aber ich merke, Ihr Beiden pfeift auf einen hoberen Lebensstandard. Ueber- legt es immerhin, und gebt Nachricht. Vielleicht erreichen wir den Achtuhrzug noch."

Leonie stand in der Tiir: „Ich hab's dir ja gleich gesagt, daB sich der Verzidit auf unser schones Wochenende am Rbein nicht lohnen wiirde."

Sie zog vor dem kleinen Spiegel das ver- schwitzte Rot auf Backen und Lippen nach: „Am

besten laBt man jedem sein eigenes Plasier — wie den putzigen Zicklein drauBen an derHecke."

Crete kam eilig gelaufen, eine groBe Schiissel mit belegten Schnitten in der Hand: „Frau Run- genberg machte sie fiir Euch mit. Sie horte, daB wir Besuch batten. Greift zu!"

Sie griffen mit HeiBhunger nach den saftigen Schinkenbroten, aber keiner wuBte noch ein Wort zu sagen.

„Als wenn ihnen die wilde Hatz auf den Fersen ware!" sagte Peter, als sie den FuBweg hinab liefen. Sie sahen ihnen nach, bis ibre wehenden Mantel hinter Buschwerk ver- schwanden.

„Sie leben halt auf einem anderen Planeten als wir, und so mag jeder seine Bahn zieben."

„Bahn ist das schon nicht mebr. Das ist der Mensch der Herde in einem weltweiten Irr- garten. Sie diinken sich reicb mit ibrem Doppel- einkommen und sind arm zum Erbarmen."

„Ja — ohne Seele — ohne Kind Gott ..."

ohne

Es wurde gliickselig wabr, was Peter Helder dem Jugendkameraden gesagt hatte, um Maria Himmelfahrt lag in der hell erneuerten Wiege aus Peters Elternhaus ein kleines blondes Magd- lein — Angela.

Jetzt kamen die Beiden sich noch reicher vor als der Graf auf seinem ScbloB, denn seine alte vergoldete Familienwiege stand leer. Die junge Mutter Crete meinte gliicklich zu ibrem Peter,

nun soil noch einmal einer sagen, es gabe nicht noch ein Paradies auf der Erde.

„Das habe ich schon verstanden, als der Pastor uns damals am Altare von jungen Oelbaum- sprossen um unsern Tiscb herum sprach", stimmte Peter vaterstolz zu.

Das kleine Magdlein Angela litt es nicht all- zulange in der Wiege, es stellte sich friih auf

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Wdnn de Kuckuck raipet

Wann de Kuckuck raipet, wann de Kuckuck raipet es dat Froijohr do. Wann de Maibaum blogget, wann sik alles frogget, wunners viel geschoh.

Niu es dai schoine, graine Teyt, Dai maket Aeug' un Hearte weyt. Stradcs in dear Sunne iek stoh: Froijohr es do! —

Wann deGinster lochtet, wann deGinster lochtet, hell in Flammen staiht, wann sik Aehren naiget, Wind de Halme waiget, oawert Koorn hengaiht,

Wann scheynt dear Sunne giilden Rund op alle Pinkestfarwen bunt, es mey sau woahl, wait nit bita ; Suemmer es niu! —

Wann de Swalften tredtet, — wann de Swalften [trecket,

WanndeNiiette reypet un deSturmwind peypet, peypet, jo, dann es et woahr: Ward dat Hearte swor.

Hen sind niu Blaume, Sunnenstrohl — —. Sau gaiht dat jaides-jaidesmol —. Welk es dat Lauv, —t'es niu kolt. — War langsam olt.

Theodor Propper

Aus dem in Vorbereitung befindlichen Sauerlandisdies Llederbudi

stramme Beinchen und machte einem pausbacki- gen kleinen Buben Platz.

Die Beiden hinderten aber Frau Crete nicht, auch weiterhin in Rungenbergs Haus und Garten rnitzuschaffen. Und Peter wurde immer mehr die rechte Hand und der denkende Kopf des altern- den Sagemiillers.

An dem Tage, als Peter seinen „Meister" niachte, legte er ihm den Grundstein zu einem neuen Meisterhaus mit einem Morgen Land dazu.

Kurz bevor Grete ihr drittes Kind gebar, zogen sie ein, und Rungenberg stand Pate zu dem kleinen Jungen Felix.

Von dem Jugendkameraden Egon Renders hatten sie in all der Zeit nichts gehort, es waren nur hie und da Geruchte ins Bergdorf gedrungen, die nicht viel Gutes wuCten, nicht von ihm und besonders nicht von seiner lebenssiiciitigen jungen Frau.

Vierzehn Tage nach dem Tauffest kam Egon an einem friihen Sommermorgen plotzlich zu Peter

in den Buchenschlag, wo er eben mit einem Ge- sellen Buchen auszeidinete.

Peter erkannte ihn erst nicht, so unbegreiflidi war er veraiidert, gealtert, das Gesidit von friihen Furchen durchzogen und von einem Aus- druck, der Peter erschreckte. Sdieues, Ge- hetztes, Angst war in seinem Blick und Wesen.

Amseln schlugen in hohen Baumwipfeln, der Specht strich bang um sein Nest in einer mach- tigen Buche.

Peter zog den Besucher beiseite: „So, du klei- ner Zimmermann, zieh erst deine Brut fliigge, dann magst du neubauen; das hab' ich audi ge- tan."

„Bist du immer noeh so", fragte Egon rauh.- „Und du — bist d u immer nodi so —?" Peter

sah den Jugendgenossen lange forschend an: „Als ware die wilde Jagd hinter dir, so sdiaust du aus."

„Vielleicht ist sie das. Was ist da unten ande- res als die wilde Jagd?"

„0, Hermes Ferdinand zum Beispiel sieht keiner was an von Jagd und Hatz. Er lebt mitten im Kohlenpott friedlich auf heimatliche Weise. Die Hast schaffen sidi die Mensdien selber."

„Ja. wer so ein frisches Landkind an seine Deichsel spannt, mag friedlidi fahren."

Egon lehnte an einer Buche und zog in tiefen Ziigen die herbe Waldluft ein: „Hier laBt sich wenigstens mal wieder frei atmen. Da unten wars zum Erstidcen. Aber sdiick den Jungen weg. Ich hab' mit dir zu reden."

„Eigentlich geht das nicht; der Betrieb lauft auf hohen Touren. Aber well du es bist —I" Peter gab dem Gesellen Anweisungen, und sie waren allein.

„Nun, was gibts denn Gutes bei Euch?"

„Was es bei uns Gutes gibt, wirst du mir wohl ansehen", stieB Egon heiser heraus. „Pech — Pleite — alles verfahren und verbodct. Und mit sich selbst ist man am Ende in dem standigen Rasen, ohne ein rechtes Heim. Wir sind ja beide schuld, aber sie mehr als ich mit ihrer maBlosen Sucht nach allem, was iiber unsere Grenzen ging. Der groBe Wurf hatte sonst gelingen miissen. Ich habe sie immer wieder auf eine glanzende Zukunft verwiesen, aber sie will keine Zukunft, sie will nur den Augenblick, wie ich friiher auch. Aber unsereiner hat es immerhin nodi im Knochenmark sitzen, daB zweimal eins zwei sind und nicht zehn oder hundert. Als dann alles in die Briiche ging, schwenkte sie ab zu einem, der ihr ein besseres Konto hot. Idi habe sie laufen lassen. Was hatte uns auch zusammenhalten soUen? Ein Kind haben wir nicht..."

„So, ein Kind habt Ihr nicht, immer nodi nidit, Ihr Armen?"

Egon stohnte aus inwendigem Zerspringen und starrte diister ins Ungewisse. Nadi einer Weile sagte er durch gepreBte Zahne; „Nein, immer noch nicht. Ich hielts eines Tages nicht mehr aus — ein Quentchen Glauben an Gott und die Angst vor dem Allerletzten meldet sich dodi dann und wann von der jungen Zeit her. Ich habe sie mal auf deine Grete hingewiesen. Sie

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lachte mich aus, sie sei nicht so ein einfaltiges Sdiaf, das sich ihr Lebensrecht beschneiden lasse. Pelzmantel, Badereise waren wichtiger und weiB Gott, was sonst nodi! Ich wurde es erst ganz ge- wahr, als wir uns getrennt batten. Ich wuBte mir keinen Rat und hab's aus der Kasse genommen. Mein Teilnehmer sollte mir nicht dahinter kom- men; aber er war langst miBtrauisch und revi- dierte plotzlich. Herr, die Szene, die es dann gab, war ein Gericht. Er stieB mich brutal ab — KurzschluB. Ich konnte es loben, daB e'r mich nicht verklagte. Aber nun — muB idi verdienen, abzahlen."

Egon griff sich an den Kopf: „Hier drinnen ist alles wie taub. Idi ertrage kaum noch Stimmen. In die tiefsten Walder mochte ich fliichten zu Has und Reh. WeiBt du noch, was du mir damals an- botest und ich dich auslachte? Tatest du es heute —!"

Sie saBen sich auf bemoosten Baumstiimpfen gegeniiber, Peter immer noch schweigsam, Egon diister gespannt, als hange vom nachsten Wort Tod Oder Leben fiir ihn ab.

Peter stand auf. „Komm!"

Sie gingen durch hochragende Buchen und schiissige Tannen zum Dorf hinab.

Peter bog ab zu seinem neuen Heim. Egon stutzte betroffen: „Wie, du wohnst nicht mehr da unten?"

„Das war mal", lachte Peter und fing seine beiden GroBten, die ihm entgegen gelaufen kamen, mit weiten Armen auf.

Sie gingen ins Meisterhausdien. Crete saB in der hellen Wohnkiiche auf dem Sdiemel, gludc- lich an den kleinen satten Buben auf ihrem SchoB verloren. Sie stand auf, als sie den Frem- den sah und trug den Kleinen in die Schlat- kammer.

„Adi, du bist — Renders Egon?" staunte sie, als sie zuriickkam. „Bist du krank?"

„Ja, krank — an mir, am Leben, an der ganzen Welt. Die verfluchte Stadt —!"

„Verfluche nicht die Stadt", widersprach Peter aufgebracht. „Ich sag's dir wieder, die Mensdien sinds, die sich das Unheil Leibes und der Seele schaffen, ob in der groBen Stadt oder im ver- lorensten Bergnest. Da gehts nur um das „Mea culpa" an die e i g e n e Brust."

„Du bist hart, aber recht hast du. Ich modite am liebsten da oben in d er Kohlerhiitte im Rusterwalde hausen, wo man keinen Zug pfeifen hort."

„Die ist nicht mehr. Und einer wie du allein? Das halt nidit an. Eines Tages wird wieder der Hunger nach Menschen kpmmen, und du wirst neu ausbrechen."

„Niemals!" schnaufte Egon. Oder ja, nach Mensdien, wie Ihr Bei- den." Seine Augen hingen lechzend an den beiden Blondkopfchen auf Peters Knie, die ihn vorsiditig musterten. Egon versuchte den Jun- gen mit seiner blitzenden Uhr zu sich zu locken, aber Berndchen hielt sich miBtrauisch zuriidc und kuschel- te sich wohlich in Peters Arm.

Plotzlich sprang Egon auf, ans Fenster: „Du, wer wohnt jetzt in deinem Hauschen von damals?"

„Niemand. Ich habe es Rungen- berg fiirf Bauholz iiberlassen. Er will einen Warter fiirs Werk drin setzen."

„Midi!" StieB Egon hin, als ginge es um einen seltenen Besitz. „Aber ob er mich wiedernimmt, wo idi da- mals so Knall und Fall SchluB bei ihm machte, alles um — das ver- lorene Geschopf ^"

„Immer soil's die Eva schuld sein", sagte Peter hart. „Jeder

packe sich selbst bei der Adamsnase."

Peter ging nocfa vor Abend zu Rungenberg und hielt fiir Egon an. Der biedere Sag'emiiller, der zeitlebens geraden Pfad gegangen war, zogerte erst: ..Eigentlich sollte man ihn seine salzige Suppe ausloffeln lassen, so wie er damals iiber alles hier lasterte. Aber um des Herrgotts und seiner braven Eltern willen wird man ihn aus der Klemme reiBen miissen. Gib ihm seine Axt wieder in die Hand und laB ihn meinetwegen in deinem alten Hausdien hausen. Wenn er dann seinen Verstand und' seinen Herrgott wieder- findet, soil's midi nidit gereuen."

Egon stieB ein hartes Schluchzen aus sich her- aus, als Peter mit der erlosenden Kunde kam. Er preBte schmerzhaft fest seine Hand und lief ihm schon voraus zum verlassenen Hauschen am Miihlenteidi.

„Dies ist nun fiir lebenslanglidi. Hier kriegt mich keiner mehr 'raus!"

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Schwedenfafel

und

Trillerfanz in

Aftendorn

„Kattenfiller" nicht Spott-

sondern Ehrenname

Von Julius Mette

Da sah er staunend am Fronleichnamsfest Den Tanz und frug: Is diit der Kattendanz?"

Aus Peter Somers „Hager6sdien".

In der Pfarrkirdie der alten Hansestadt an der Bigge hangt ein frommes und zugleich stolzes Denkmal Attendorner Gesdiidite: die be- riihmte Sdiwedentafel auf dem Jahre 1634. Auf ihr haben die Attendorner dem Herrgott, seiner Mutter und den Schutzheiligen zu Lob und Dank und sidi selbst zum Ruhm verewigt, wie sie im Jahre 1632 vier Wodien lang der Belagerung sdiwedisdier Soldnerhaufen standhielten, wie sie im Februar 1633 eine sdiwedische Abteilung nadi Olpe bin vertrieben und zersprengten und wie sie 1634 viermal den Sturm hessischer Be- lagerungstruppen siegreich abscfalugen. Es ist ruhrend und erbaulidi, wiq selbstverstandlidi es den Attendornern des DreiBigjahrigen Krie- ges war, ihren Ruhm „in Gott" zu sehen und der Fiirbitte seiner Heiligen dankbar zu gedenken.

Die auf der Tafel zu Seiten der Gottesmutter mit dem Kinde dargestellten Heiligen sind Johannes der Taufer und Erzbisdiof Engelbert I. von Koln. Der Taufer ist der Sdiutzheilige der Kirdie, die urkundlich sdion 1072 erwahnt wurde, deren Grundung aber wahrsdieinlidi in die Zeit der Christianisierung reicht, weil sie eine Taufkirdie war und als Dekanatssitz ge- wahlt wurde. Engelbert aber ist der Patron der Stadt, der ihn „im Jahre der Menschwerdung

des Herrn eintausend zweihundert zweiund- zwanzig" eine Urkunde verlieh, in der es heiBt: „Wiewohl wir auf Grund des iibernommenen Herrscheramtes auf die Einriditungen, den Sdiutz und das Gliick aller Bewohner unserer Diozese und unseres Herzogtums unser Augen- merk zu riditen verpflichtet sind, so miissen wir doch mit groBerer Sorgfalt auf die Forderung und Ruhe derjenigen Bedadit nehmen und den- jenigen unsere Gnadengunst mit groBerer Ge- neigtheit zuwenden, die uns und der kolnisdien Kirdie vor den iibrigen durdi das Band groBerer Geneigtheit und Treue verbunden sind. Des- wegen wiinschen wir durdi die Kundgebung gegenwartigen Sdireibens alien bekannt zu madien, daB wir in der Absicht, unsere Stadt Attendarre, die wir von neuem mit Graben und Mauerwerk haben befestigen lassen, zur Ver- mehrung ihres Ansehens zu heben und sie in vaterlidier Fiirsorge zu fordern, unseren in ihr lebenden Biirgern Freiheit und alle Redite, welche unsere Stadt Soest bekanntlidi von altersher besitzt, fiir immer vor Augen haben, wobei wir unter Strafe des Bannes mit aller Strenge verbieten, daB irgend jemand sich in verwegener Kiihnheit unterfange, sie in selbi- ger Freiheit zu belastigen oder ihre Redite zu

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schmalern," Noch eins erinnert an die kampferprobten

Ahnen Attendorns. Es ist der Schweden- t a n z, den die Schiitzen gelegentlich ihres Jahresfestes, am Fronleichnamstage auffiihr- ten, der als TriUertanz beruhmt wurde, zu dem sich in ganz Deutschland kein Gegenstiick findet. Nachdem die ehrwiirdige Bruderschaft an der groBen Prozession teilgenommen hatte, bei der die jiingsten Schiitzen die von den Schweden erbeuteten Harnische und Sturmhau- ben trugen, begann der Tanz mit einem drei- maligen Umzug um den Marktplatz. Dann stell- ten sich der Hauptmann in die Mitte und je ein Fahnentrager, Trommelschlager, Hornist und Pfeifer an die vier Enden des Platzes. Nach einem galoppartigen Takt, dessen Tempo der Tambour steigerte und gegen Ende jeder Tour wieder abnehmen lieB, fiihrte die Kompagnie den Tanz in verschlungenen Windungen aut. Die Schiitzen tanzten zu zweien Arm in Arm und der Tanz bestand in einfachen Laufschritten und galoppartigen Hiipfern, bei denen abwech- selnd jeder FuB zweimal den Boden beriihrte. „Noch jahrlich wird es aufgefiihrt in hergebrach- ter Weis', am hochsten Fest; denn Gott gebiihrt fiir jenen Sieg der Preis!"

Es geht die Sage, daB dieser Tanz, den man auch den „Kattentanz" nennt, im Taumel des Sieges entstanden sei, den die Attendorner Biirgerwehr iiber die mit den Schweden verbiin- deten Hessen erfodit, deren Vorfahren bekannt- lich die germanischen Chattuarier oder Katten waren. Doch schon weit friiher hatten die Atten- dorner Gelegenheit ihre Tiiditigkeit gegen Krieger des genannten Volksstammes zu be- weisen, die als Soldner im Jahre 392 unter dem romischen Feldherrn Arbogast bis ins Lenne- gebiet vorstieBen und zuriickgesdilagen wurden, wobei die Attendorner die Fiihrung hatten. So erklart sich der Spottname ,KattenfiIler' als Ehrenname, denn ,Fillen' ist , Fallen', das die schwertgewandten Attendorner an den Katten Oder Hessen ja reichlich besorgten.

Weil die Attendorner zur Zeit des DreiBig- jahrigen Krieges sich in Wirklichkeit doch auch mit Hessen oder Katten herumschlugen, die dies- mal im Solde der Schweden standen, scheint der Name Kattentanz fur die Auffiihrungen der Schiitzen am Fronleichnamstage bereditigter als Schwedentanz. Aber dieser Name bekommt besondere Bedeutung bei der Erwagung, daB er eine Entstellung von ,Schwertertanz" sein kann, der Bezeichnung fur jenes germanisdie Kampf- und Geschicklichkeitsspiel, das jahrlich der Aus- wahl der jiingsten Krieger diente. So hatte der Attendorner TriUertanz eine uralte Tradition, die nach den siegreichen Feldziigen im DreiBig- jahrigen Kriege neuen Auftrieb bekam. Das ,Trillern' eine Verhochdeutschung von ,drillen" — dem Drehen beim Tanz — ist, diirfte bekannt sein; man sollte aber auch bedenken, daB die- selbe Bezeichnung fur Einexerzieren gilt, das schon fleiBig vorgenommen sein muBte, um iiberhaupt am ,Schwertertanz' teilnehmen zu konnen.

Leider blieb es nicht aus, daB den Atten- dornern ihr Ruhm als .Kattenfaller' geneidet und dem Ehrennamen eine abtragliche Bedeutung unterschoben wurde, wozu folgendes als ,histo- rische' Begriindung gilt; 1583 kam der Kolner Erzbischof TruchseB auf seiner Reformations- reise durch sein Herzogtum auch nach Atten- dorn, wo gerade groBe Prozession war. Nicht wenige der Attendorner wandten sich dem Ab- triinnigen zu und flohen vor den der alien Re- ligion treu gebliebenen Biirgern nach dem fasten SchloB Bilstein. Dort glaubte einer der Ver- folger im Turmfenster den mit einer weiBen Haube bedeckten Kopf der Geliebten des Erz- . bischofs zu sehen. Er schoB, und mit Jammer- geschrei fiel vom hohen Pels herab eine dicke weiBe Katze, die sich dort oben behaglich ge- sonnt hatte. „Kattenfiller! Kattenfiller!" riefen nun die Eingeschlossenen den Belagerern hoh- nend zu; das sollte bedeuten, daB der Erfolg dieses kriegerischen Zuges nur in einem Katzen- fell bestand.

c52:^/^«» *'S^_SAD

Ein wohlgemeintes Wort an die sauerlandische Jugend und an jeden, der sich noch jung fiihlt und die Heimat liebt

Gehe stets mit offenen Augen durch deine Heimat und wandere gern und oft und zuerst im Sauerland. Ueberall findest du Schonheit am Wege, und die Heimatnatur in Feld und Wald, in Wiese und Tal will auch dich erfreuen. Achte und schiitze sie, wie und wo und wann du es immer vermagst! Ueberall findest du Zeugen der Vergangenheit: in alten Wallen und Ruinen, in Feld- und Flurnamen, in alten Hausern und ihren Inschriften, in alten Truhen und Geraten, in Haus- und Hofakten, in Kirchenbuchern und Schulchroniken, in Kirchen und Kapellen, in Bildstocken am Wege. Schau auch nach, ob du an dieseri gottgeweihten Orten alte oder neue kirchliche Kunst entdeckst und laB sie dir zeigen und erklaren. Wandere allein! Wandere mit deinen Geschwistern! Wandere mit deiner Familie! Wandere in froher Gemeinschaft mit frohem Lied auf den Lippen! Wenn du so deine Heimat erwandert hast, dann darfst du auch an die Fremde denken, „schauen, was hinter den Bergen haust und wie die Welt so weit".

Regen, Wind, wir lachen driiber, wir sind jung und F. J.

Auf, aut, ihr Wandersleut! das ist schon!

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Winter uni Heringhausen. Im Hintergrund der Bastenberg Blcisdinitt von Hubert Tonne 54

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Bassmes Willem Von Dr. Fritz Ernst

Am „Bassmerg" liegt „Bassmes Hof", und dort ist „Bassmes Willem" geboren. Sein Name lau- tet eigentlidi Wilhelm Kathol, denn er war das jiingste Kind von Lorenz Kathol, des damaligen Aeltesten der Familie Kathol. Woher dann aber der Name „Bassmes"? Nun, die Kathols sitzen auf dem „Bassmes Hof" sdion dreihundert Jahre lang, und als eine eng mit der Landsdiaft ver- bundene Familie werden sie nach dem Berg, an dem sie wohnen, dem Bastenberg — kurz ge- sprochen „Bassmerg" — von jeher „Bassmes" ge- nannt. Bassmes Hof ist der hochste des an dem Berghange liegenden Dor- v fes Berlar, und der Berg ••••'i beherrscht die ganzeLand- sdiaft. Er ist sozusagen ein Vorwerk des Asten- berges, an dessen Hohe ihm nur hundert Meter fehlen. Dafiir hat der Bastenberg aber einen Budistaben mehr; und auch wenn man ihn mit den Berlarern, den „Be- relsken", kurz „Bassmerg" nennt, hat er vor dem „Assmerg" immer noch das B vorauf. Ueber die Abkurzung der letzten Silben mag sich ein Nicht- westfale wundern, wir Westfalen und Sauerlan- der spredien nidit mehr ' Silben aus als wir notig haben, der Sauerlander 5*^1* i sagt auch nidit Fredeburg S.3 *• und Schmallenberg, son- ' ' , i

dem „Friawerg" und „Schmallmerg".

Bassmes Willem wurde am AUerheiligentag 1854 geboren, als Vater, Geschwister, Knedite und Magde in Ramsbedc in der „Hohmesse" waren. Was sidi dann in seinen ersten Kinder- tagen zutrug, erzaht Bassmes Willem alles in seinep Jugenderinnerungen, als wenn er damals nidit in der Wiege gelegen hatte, sondern zwisdien den anderen herumgelaufen ware. Er hat auch genau behalten, wie seine Mutter und die Hebamme sidi unterhalten batten. „Ik hewwe dut Gesprak tusker dian baiden Fruggens nit hort, ik schlaip jo. Bai awwr meyne Mutter Sau gutt kannt hiat arre ik, da werd mey taugie- wen, dat alles Woort fiiar Woort riditig is. Denn wenn ik ok viel iut den Fingern siuge, ey konnt mey op meyn Woort glowen: et is nix dervon geluagen."

Diese Sauerlander Misdiung von Sdialkheit und Geradheit durdiwirkt die ganzen Erinnerun- gen Willems an seine Kinderjahre zwisdien jenen hohen Bergen. ' Es ist sdion etwas Schones um so eine Kinderzeit in der Sauerlander Berg-

welt, wie sie uns audi Friedrich Wilhelm Grimme gesdiildert hat, der als Kind unter der Sauer- lander Sonne auf den „Assenkuser" Bergen im Heidekraut gelegen hat. Wenn wir in der Sdiule sangen

„Idi bin vom Berg der Hirtenknab, Seh auf die Schlosser all herab. Die Sonne strahlt am ersten hier. Am letzten weilet sie bei mir",'

so haben die Kinder der Berge das selbst erlebt. Der kleine Willem genoB dieses Bergleben in voUen Ziigen, wenn er als klei- nes Kerlchen mit dem fiinfzehnjahrigen „Nigge- huisers-Frans", dem jun- gen Schweinehirten der Gemeinde, und mit der ganzen Schweinegesell-

sdiaft zur Eidiel- und Budieckernmast auf den hohen Berg stieg. Dort oben liegt ein Hodimoor, und Frans erzahlte von dem Kloster, das darin versunken sei, mit Kirche, Glocke und Mondien. Von Gott waren sie gestraft worden, well sie herrlidi und in Freuden gelebt batten. „Wenn eener in de Christnacht sids met dem rediten Ohr op der Eeere legget, dann kann hai et Luien ter halven Misse ganz gutt horen."

Es gibt einen bekannten westfalischen In- dustriepionier, der als Junge nadi der Sdiulent- lassung zunadist derselben Besdiaftigung nadi- gegangen ist, wie „Niggehuisers Frans". Auch er wurde Franz gerufen, mit Hausnamen hiefi er Dinnendahl, und er wurde spater der Begrunder des deutsdien Masdiinenbaues. Von seinem ersten Brotherrn indessen wurde er fur untaug- lidi befunden, well er abends oft nur die Halfte seiner Pfleglinge wieder nadi Hause bradite. Aber das war an der unteren Ruhr, an der oberen Ruhr, in der Luft des Strunzertals, kann so etwas nidit vorkommen: Der Berlarer Franz lieB seine Herde laufen, wie sie wollte, und biles am Abend nur in sein Horn, dann kamen sie von alien Seiten herangestiirmt. Eine Aehnlidikeit jedodi hatten die beiden Junghirten. Der Franz von der unteren Ruhr schnitzte als Hirt kleine Oel- und Kornmuhl6n, Eisenhammer und Wasserkunste und vergaB daruber seines Amtes, der von der oberen flodit (durch sein Horn gesidiert) aus den Weiden das Hochmoors Stridce zum Dohnen-

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stridi und Korbchen, madite „Huppelken", «Truatelken" und „Flaitepeypen".

Ob das dem kleinen Willem tedinische An- regungen gegeben hat? Moglidi, jedenfalls zeigte er sdion in der Kindheit eine gesdiickte Hand und Neigung zu allerhand tedinisdien, ja diemischen Vorgangen und Einriditungen. Dazu hatte er viel Gelegenheit, denn vor hundert Jahren madite man auf dem Lande nodi alles, was man braudite, selbst. Man baute sogar sein Haus selbst — der Vater Lorenz Kathol baute den Hof, als dieser 1869 abbrannte, nadi eige- nem Plan, unter eigener Leitung und aus eige- nem Material wieder auf. Ebenso beschaffte man selbst die Kleidung, spann und webte selbst; und vom Webstuhl kam das Leinen in die Beize der Asdienhiitte. Ja, die Asdienhiitten! Sie um- sdilossen eine edite diemisdie Industrie, etwas bezeidinend Sauerlandisdies: man gewann da aus der Budienholzasdie kohlensaures Kali (Pottasdie) tiir die Seifenfabriken. Ein Guts- nadibar von Kathols, Johannes Mesdiede in Halbeswig, besaB sogar damals sdion eine Ein- riditung zum Kalzinieren der Pottasdie. Der her- anwadisende Willem, der sidi brennend gern mit diesen Dingen besdiaftigte, wurde in Halbes- wig mit ihnen vertraut gemadit und bekam dort audi ein Lehrbudi der Chemie geliehen, in das er sich vertiefte.

Hier begegnet uns der sauerlandisdie Ge- werbefleiC und die Begabung des Sauerlanders fur angewandte Naturwissensdiaften; sie sollten das spatere Leben von Bassmes Willem be- stimmen, wie denn seine Familie uberhaupt ver- sdiiedene Ingenieure und Baumeister gestellt hat. Zunadist muCte aber Willem nodi die Sdiulen durdilaufen! Die damalige Sdiule in Berlar war vorlaufig „iiwer Witthowes Kalwer- stalle" untergebradit. „Ungen bolkeren manedi- mal de Kalwer, wan uawen de Sdiaulblagen bolkeren". Der Lehrer war aber tiiditig; bloB dem kleinen Willem, dem kiinftigen Mathe- matiker, wurde sonderbarer Weise zunadist das Redinen sdiwer, seinem Vater tat er den tiet- griindigen Aussprudi: „Vamme Riaknen kumet me dodi nit in den Hiemel". Aber der Vater stand den Dingen der Welt naher, und der Sohn lernte das Rechnen dann gut, das besonders, als er spater bei seiner altesten m Calle verheira- teten Sdiwester Florentine untergebradit wurde und dort die trefflidie Sdiule besudite. An die Sdiule sdiloB sidi eine praktisdie Lehre in ver- sdiiedenen Werkstatten und die theoretische Ausbildung auf den Gewerbesdiulen in Hagen Und Koblenz. Die Gewerbesdiule in Hagen War eine sehr angesehene Anstalt; audi dei groBe Industrielle Fritz Harkort war durch sie gegangen. Fiir Willem folgte sodann die Tech- nisdie Hodisdiule in Braunsdiweig und endlidi eine Ausbildung an Maschinenfabriken in Koln- Kalk und in Grevenbroidi.

Dort ergriff ihn der Zug in die weite Welt. Weitblidc hatte Willem sdion von seinem Vater her, dessen Verwaltungsgabe iiber die Berlarer Gemarkung weit hinaus reidite. So war der Vater Gemeidevorsteher der GroBgemeinde Velmede, und als im Jahre 1865 in Miinster in Anwesenheit des Konigs das Huldigungsjubi-

laum der Provinz Westfalen begangen wurde, vertrat er mit dem Landrat Frh. von Devivere, dem Frh. Karl von Liinindc und dem Amtmann Roper den Kreis Mesdiede. Mandies aus der groBen Welt horte man in Bassmes Hof audi, wenn der Graf Clemens von Westphalen aus SdiloB Laer auf seinem Sdiimmel angeritten kam zu ausgiebigem Gespradi.

So griff denn audi Willem weitblidcend zu, als ihn die Masdiinenfabrik Grevenbroidi beauf- tragte, im Ausland Zudcerfabriken zu bauen und in Betrieb zu setzen. Er war in Frankreidi, Ita- lien, der Sdiweiz, in Persien und Kalifornien tatig. In Persien erhielt er vom Sdiah bei der Besiditigung einer neuen Zudserfabrik den „Sonnen- und Lowenorden". Spater wohnte er als Vertreter der Masdiinenfabrik Grevenbroidi zehn Jahre in Amerika. Seine sauerlandisdie Heimat aber trat ihm immer wieder hell vor die Augen, denn fiir den Westfalen und besonders den Sauerlander steht neben dem Fernweh immer das Heimweh.

Ganz plotzlidi kann es ihn befallen. Willem beriditet, er habe einmal in Amerika englisdi sprediende Kinder einander das Ratsel aufgeben horen: „Humptydumpty sat on the wall, Humptydumpty had a great big tumblefall, And all the Kings horses and all the Kings men Could not get Humptydumpty together again.

What is it?" (Zu Deutsch:

„Rundpud!:el saB auf der Mauer hodi, Rundpudcel fiel in ein tiefes Lodi.

Kein Konigsreiter gibts, kein Konigs Mann, Der Rundpuckel wieder zureditflidcen kann.

(Was ist das?") Und vor Bassmes Willem stand die Sdiule in

Berlar. Die Kinder hodcten, als es wahrend der Pause drauBen regnete, beisammen und gaben einander Ratsel auf. Von denen lautete eines:

Peywitt, Peywitt op der Bank, Peywitt, Peywitt unger der Bank, Do is kan Dokter in Engeland, Dai Peywitt weyer kurairen kann.

Bat is dat?" Die Losung?

Ein heruntergefallenes Ei! Wer kann sagen, woher soldie Gleidiheiten

kommen? Sind es uralte sadisisdie Volksratsel, in beiden Volkern am Leben geblieben, oder von sauerlandisdien Auswanderern in Amerika eingefiihrte Heimatscherze. — Denn Kolumbus hat, wie jeder Sauerlander weiB, als er Amerika entdedcte, dort zu s einer peinlidien Ueber- rasdiung schon zwei Sauerlander Hausierer vor- gefunden.

Und welche Freude erst, wenn Bassmes Wil- lem von Amerika her den Ozean iiberquerte, wohl gar in Begleitung seiner aus Grevenbroidi stammenden Frau und seiner Kinder! Er ist vierzehnmal iiber den Atlantisdien Ozean ge- fahren, auBerdem zweimal iiber den Indisdien. Seekrank ist er dabei niemals geworden, denn

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er meinte, seine beiden vier Jahre alteren Brii- der, die Zwillinge Johann und Josef, die ihn als Kleinkind hatten wiegen miissen, waren dabei so kraftig ins Zeug gegangen, daB er schon von der Wiege her starkes, heftiges Schaukeln und Schlingern gewohnt gewesen sei.

Im Jahre 1907 kehrte er dauernd nach Deutsch- land zuriick. Er ist sehr alt geworden, das lag an seiner von friiher Jugend an geiibten Abhar- tung. Seine Schwester Florentine hat damit be- gonnen: Als er ihr einnlal beim Waschen im Hemdchen davonlief, mitten im Winter, durch die Diele iiber den Hof und iiber die niedrige

Mauer auf die Wiese, immer welter mit den blossen Beinchen durdi den tiefen Schnee, steckte sie ihn zur Strafe bis unter die Arme in die eiskalte Trankbiitte der Pferde, den „Piarepott". Krankheiten hat Bassmes Willem in der Tat kaum gekannt, gestorben ist er erst im neunzigsten Lebensjahr.

Seine Kindheitserinnerungen hat er mit acht- zig Jahren niedergeschrieben. Das Buch ist 1938 gedruckt worden, es ist vergriffen. Der Ver- lag, der riihrige Heimatverlag von Dr, Wagener in Meschede, besteht nicht mehr.

Im Schlo|5hof / Von Willibrord Menke

^^ie Sommerferien waren angebrochen, und •^^die Kornernte hatte begonnen. Nur sangen die Sensen ihre Siegeslieder auf den Aeckern in das Rauschen der stiirmischen Aehrenwalder.

Onkel Anton hatte eine gesegnete Ernte. Der Roggen trug voile und schwere Aehren und verspradi ein gutes Bauernbrot. Es war ein goldenes Erntewetter und so konnte schon nadi wenigen Tagen Fuder um Fuder auf den groBen Erntewagen in die Scheune gebradit werden. Dort wurde der Roggen gleich gedroschen, in Sacke gefiillt und auf dem Kornspeicher zum Trocknen ausgeschiittet.

Ich muBte in diesen Tagen wieder tiichtig mitschaffen. Der SchweiB floB reichlich und jeden Abend sank ich iibbermiidet ins Bett. Ich sehnte mich nach meinem kiihlen, wilden Waldtal, "nach meiner Hiitte und den klaren Bergbachen. Ich hatte einen Brief andie Eltern geschrieben und ihnen mitgeteilt, dafi ich zum Fest Maria Himmelfahrt fur eine Woche nach Hause auf Ur- laub kommen wiirde. Tante Theres hatte das der Mutter bei ihrem Besuch versprochen. Ich sollte iiber Brilon nach Olsberg fahren und dann den Weg zu FuB zuriicklegen, wenn sich keine Fahrgelegenheit bieten wiirde.

Eine Woche vor diesem Urlaubsantritt war der letzte Roggenwagen in die Scheune gefahren. Hafer und Gerste sollte nach Maria Himmelfahrt geschnitten werden.

Es war ein schwiiler Abend und Onkel Anton saB auf der Feierabendbank vor dem Hause und rauchte seine Pfeife. Langsam fiel die Damme- rung ins Tal und mit ihr wehte ein kiihles, lindes Liiftchen um das Haus.

Ich hatte bis dahin auf dem Rasen gesessen und gelesen. Nun klappte ich das Buch zu, um ins Haus zu gehen und Onkel und Tante gute Nacht zu sagen, denn ich war miide.

Da winkte mir Onkel Anton und gab mir zu verstehen, mich zu ihm auf die Bank zu setzen. Er blickte in eine bestimmte Richtung, deutete dann mit der rechten Hand darthin und sagte:

„Siehst du dort den Nebelstreifen, der iiber dem Acker steht?"

„lm SchloBhof", sagte ich. Er nickte. Man nannte das Gelande, das zu Onkel Antons Besitz gehorte, „im SchloBhof", Ich hatte diesen Namen iibernommen, wie all die anderen Flurnamen, iiber deren Entstehung sich niemand Rechen- schaft gab.

„Was soil das?", fragte ich. „Er ist, so lange ich weiB, immer um die Zeit

der Ernte. Wenn ich hingehe und nachsehe, ist er verschwunden. Nur hier vom Hause ist er sichtbar."

Warum helBen diese Aecker „lm SchloBhof"? „Sie haben schon so zu Vaters Zeiten ge-

helBen und beim GroBvater haben sie den gleichen Namen getragen. Als ich vor vielen Jahren dort ein Stiick Brachland urbar machte, stieB ich auf einen Steinhaufen. Ich wollte ihn wegraumen und entdeckte darunter einen alien, verschiitteten Brunnen. Nun fing ich an, diesen Brunnen vom GeroU zu leeren, als aber die Steine so schwer und groB wurden, daB ich sie nicht mehr heben konnte, stellte ich die Arbeit ein und schiittete den Brunnen wieder zu. Dieser Brunnen aber lieB mir dann keine Ruhe mehr. Ich begann zu forschen, las in alten Chroniken und ging zu den altesten Bewohnern von Erling- hausen. Damals lebte noch ein 95jahriger Mann mit Namen Hannes. Er war die lebendige Chronik der hiesigen Gegend. Von ihm horte ich das meiste, was ich dir erzahlen will und was in keinem Buche geschrieben steht. Anderes horte ich von den alteren Bewohnern der Ober- stadt. Und so ergab sich folgenden Geschidite:

Dort, wo jetzt die Felder „im SchloBhof" liegen, stand vor vielen, vielen Jahren ein SchloB. Es gehorte dem Grafen von Erlinghau- sen. Dieser Graf hatte keine Nachkommen und daher entschloB er sich, den Grundbesitz an zwolf junge Manner von Obermarsberg zu ver- schenken, die die Stadtaltesten und die Geist- lichkeit als die bravsten und tiichtigsten bezeich- nen wiirden, und die eine einwandfreie Vergan- genheit nachweisen konnten. Nur eine Be- dingung kniipfte der Graf an diese Schenkung: die Siedlung der zwolf jungen Manner sollte seinen Namen Erlinghausen tragen. Das SchloB

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selber wurde von den zwolf jungen Manner ver- iest. Das Los traf den jiingsten und er nahm Be- sitz von dem schonen Haus. Wenige Jahre spater brach der DreiBigjahrige Krieg aus, der Mars- berg schwer heimsuchte. Als die Hessen zu den Sdiweden iibertraten, eroberte ein hessischer Oberst — bekannt unter dem Namen „der kleine Jakob" — 1632 die Unterstadt. Alle Burger fliichteten mit Frauen und Kindern in die Ober- stadt, die er nicht einnehmen konnte. „Der kleine Jakob" aber wohnte tagelang im SchloB Erling- hausen, dessen Bewohner in der Oberstadt Schutz gefunden batten. Er zerstorte das Innere des Scblosses und schlachtete alles Vieh ab. Nachdem er dann vergebens versuchte, die Ober- stadt zu stiirmen, zog er wieder ab. Nach einem Jahre aber kamen die Hessen wieder. Das SchloB befand sich noch in einem furchtbaren Zustand. Der Bauer wohnte mit seiner Familie in einem ehemaligen Pferdestall, well nur dieser Raum ein wasserdichtes Dach hatte. Die Hessen brand- schatzten von neuem die Unterstadt und pliin- derten sie vollig aus. Dann war zwei Jahre Ruhe. Die Leute richteten sich wieder notdiirftig ihre Heimstatten her. Auch im SchloB Erling- hausen wurden einige Raume wieder wohnbar gemacht. Die Not aber war groB und bitter, da kein Vieh mehr im Stalle stand. Um 1636 kam der Feind wieder und beschloB, die Oberstadt einzunehmen. Wahrend des Beschusses aber setzte ein so gewaltiger Regen ein, daB die Ab- sicht der Feinde vereitelt wurde. Dann kamen die kaiserlichen Truppen und vertrieben den Feind. Im Jahre 1643 wurde die Unterstadt aber- mals von den Hessen erobert, und es war wieder ein wustes Treiben, Blut und Tranen flossen in Bachen. Dann kam drei Jahre spater das bose Jahr fiir Obermarsberg, das niemand seiner Be- wohner, nicht Kind und Kindeskinder je ver- gessen soUen; Es war eine Frau, die dieses groBe Leid verursachte, und zwar die damalige Landgrafin von Hessen. Sie veranlaBte den schwedischen General Wrangel nach der Ein- nahme von Paderborn, Obermarsberg zu stiir- men. Er eroberte die Stadt und voUbradite ein Werk grausamer Vernichtung. Ueber 500 Biirger wurden getotet. Tagelang dauerte das Pliindern und Morden. Die Glocken wurden von den Kirchtiirmen gestiirzt und die Kirche selber arg beschadigt. Die Bewohner, die iibrig blieben, Wurden splitternackt ausgezogen und ihrer letz- ten Habe beraubt. Die Stadt wurde verbrannt und lange dienten die Keller als einzige Wohn- statten fiir die Ueberlebenden.

Bei der Erstiirmung von Obermarsberg durch die Schweden erlitten auch die Einwohner des Schlosses Erlinghausen ein furchtbares Schicksal. Man nagelte der Bauerin ein Kreuz auf die Stirn, daB sie blutiiberstromt niedersank und dahin- starb. Dann warf man sie mit ihren Kindern in den Brunnen. Der Bauer, der sich zur Wehr setzte, wurde erschlagen. Aber jene beiden Ver- brecher, die diese Schandtaten an Frau und Kin- dern verbracht batten, saBen am Abend be- trunken am Brunnenrande. Sie hielten sich um- armt und grohlten ein schreckliches Kriegslied. Dann verloren sie plotzlich das Gleichgewicht, stiirzten kopfiiber in den Brunnen und ertranken. Das SchloB wurde vollig niedergebrannt und

Pafer Willibrord (Bernhard) Menke

geboren am 4. 5. 1892 in Silbach, Kreis Brilon, ist am 4. 3. 1954 in Berlin W 15, gestorben. Wir gedenken unseres liebenswiirdigen Mitarbeiters in aufrichtiger Dankbarkeit und wiinschen, daB seine zahlreichen Jugendbiicher auch in seiner sauerlandiscben Heimat immer mehr Verbrei- tung finden. Fast voile 30 Jahre wirkte der Sauerlander in der GroBstadt Berlin. „Seine natiirliche Herzlichkeit und Bereitwilligkeit zu helfen, wo er nur konnte, war der Ausdrudc seiner tiefen innerlichen Verbindung mit seiner Heimat und seinem gottlichen Heiland", heiBt es in einem Nachruf zu seinem Tode.

Seiner sauerlandiscben Heimat blieb er Zeit seines Lebens aufs engste verbunden, noch auf seinem Krankenlager hat er des „Suerlanner" gedacht und seine letzten Manuskripte fiir ihn bestimmt.

Moge ihm der Herrgott seine Liebe und sein Wirken lohnen!

niemals mehr aufgebaut. Spater verwendete man die Steine zum StraBenbau und kein Mensch wollte sich in jenem Gelande ansiedeln. Die Aecker verodeten und man nannte die ganze Gegend „im alien Feld", ein Name, der bis heute erhalten geblieben ist. Auch in der Bezeidinung „im SchloBhof" lebt die Stelle welter, wo das SchloB des Grafen Erlinghausen gestanden hatte."

„Und was ist mit dem Nebel?" fragte ich. „Nun, diese Flur dort ist die feuchteste und

tiefste Senkung unserer Aecker, wie du siehst. Und damit hangt auch der Nebel zusammen.

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Aber meine Mutter und audi Xante Theres den- ken anders. Sdion meine selige Mutter stedcte um diese Zeit, wenn die Nebel kamen, vor dem Wandkreuz in der Ecke eine Kerze an, und Xante Theres tut es noch heute."

„Und warum tut sie das?" „Nun ja, sie denkt dabei an jene Mensdien,

die einmal dort gelebt haben und deren Seelen vielleidit noch leiden mussen. Wo Verbredien gesdiehen sind, da ist es nie geheuer, sagte meine selige Mutter, da muB man durch Gebet und Segen Scbutz sudien! Darum ging sdion meine Mutter ofter auf dieses Feld und be- sprengte es mit Weihwasser."

„Aber der Nebel?", fragte ich von neuem.

„Der hat seine natiirlidie Ursadie. Nur er- innert er immer wieder an diese Stelle, auf der unsdiuldiges Blut geflossen und so viele Xranen geweint wurden."

Wir saBen noch eine Weile still, bis sidi die Dammerung iiber das Xal legte. Dann gingen wir ins Haus. Und in der Tat, vor dem Kreuze brannte eine kleine Kerze. Xante Theres riidcte den kleinen Betsdiemel davor und sagte:

„Wir wollen beten und dann schlafen gehen." Sie sprach das Abendgebet und das der

Weihe an die Heilige Familie. Dieses besdiloI5 sie mit einem „Vater unser" fiir die armen Seelen. Dann gingen wir zur Ruhe.

Hai hort de Floih hausten

Anstatt eines einifachen Vergleidis wird manchmal eine Umschreibung gebraudit, In der der Vengleidi durch einen ganzen Satz ausgedruckt ist. Etn junges Madchen wird in Gegenwart seiner Mutter gelobt wegen seines einfachen Kleides. „Oh", sagt die Mutter mit Stolz auf ihre hubsche Tochter, „ein Roisken ies lichte te sehmudcen." — Du triffst nach Jahren einen Freund wieder, der fruher einen schonen, schwarzen Vollbart trug, und siehst nun, daB der Bart igrau geworden ist: „Jos, Franz, diu hiast di jo den Bart grejs an- strieken." — „Nee, Keerel", ladit er, „do ies mie de Riuhfaust rin gdhen."

Aus solchen und ahatilichen Lagen sind die folgenden Umschreibungen zu verstehen. Meist bandelt es sich um Beurteiiungen des „iieben Nachsten"; sie werden gem mit ironischer Ubertreibung gegeben.

Da die seelischen Zustande an sich nicht veranschaulidit werden konnen, erfulit der Vergleich hier einen besonderen Zweck, mdem er die Zustande in ihrer sinnfalligen AuB^rung bezeichnet. Wir ordnen die Ver- gMche nach geistigen Eigenschaften, korper- iichen Zustanden und einzelnen besonderen Vorgangen.

Geistige Eigenschaften: Hai kennet Jaidermann am Hausten, wenn't noirig wor, amSpiiggen. Hai hort de Floih hausten (fejsten). Dai stillen Wiatters het de doppesten Grunne. Bohien dai visaiert, dohien schiitt hai noch lange nit. Hai well di de Mxiske fauem. Hai gackelt, ©her at hai legget. — Hai wait wuahl, hat hai daiht, wenn hai 'ne Lius an die Remme- keje niemmet. Hai kann keinen Ruef vam Aerse missen, hai denket, dai konn noch wejer anwassen. — Hai faiat et liuter drudc arr 'ne Henne met ainem Kuiken. — Me kann keine Hasen met iehme fangen. Hai ies te dumm, met dem lesel te danzen, un wenn me iehme den Steert in de Band daiht. Diu twingest den lesel int Water, owwer nit, dat hai suipet. — Dai ies en Hiusduiwel un en Strotenerxgel. bat Menske drohlt sao diumm, dat ennem de Tiahne lang weert (Gahnen). — lat latt dat Mau'l hangen bit op de Scbauh. — Hai buahrt geeren,

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Umsdireibungen in der plattdeutschen Spracfae

bo da Briatt am diinnesten ies. — Hai schrem- pet siek arr en Kuilekopp in der haiten Panne. Hai kuiert bio Gom driimme.

KorperlicheZustande: Dicke Agger het dunne Schalen (Gesundh^it und Freund- Khaften). Dai Junge gaiht, arre wenn hai op Aggern gange. Hai ies en Keerel, arre wenn hai iut der Habaike hoggt wor. Wenn 't mol wejer saat Schtoken un Speck gieht, denn krejge vej ummetejt rare Kamme.

Miihselige, schlechte, unniitze A r b e i t: De Halme stott sao dunne, me matt se met dem Ruien ibejnan hessen. Dai Garben sind sao schlecht bunnen, me kann den Schaper metsamt der Holster derunner hiar jagen. Do ies keine Klafunie achter (Kolophonium!) — Jawuahl, sulk Liawerwuaste im Ruienstalle! Dat ies iehme owwer op dat Buetter-Enne fallen. lek hewwe saoviel Tranen derbej ver- guatten, me korm en Backere dermet mahlen. Dat Inbaiten kostet diek mehr arr dat Backen. Do woll iek doch liewer mejner Olsken en Schieppel Aske in de Fuett blosen.

Kleinigkeit: Dat ies, arre weim 'ne Kauh 'ne Alwe te schluiket. Dat ies saoviel, arre wenn me in den Backuawen spigget. Dat ies gerade, arre wenn de Katte tieger dat Ge- witter s—pigget. En Lulling mag Uchte kacken (sagt der GroBbauer zum Kotter). Et ies tdx Kieines, en lesel op der Buettersdiiiettel un en Ei op der Mistdriage.

Abfertigung eines Gegners (Schiwatzers usw.): Do sin iek iehme owwer in de Triimpfe •grohn. Do wor hai stiuf; hai geng af arre, wenn hai Liar friatten harr. Dai hiat si de Horen afstott. Hai halt iimime guet Wiar an.

F r i g g e r e j : Friggen un Haimaken ge- schiuht fake iimmesus. Dai wejsen Haiihner legget aok mol in de Nietteln. Iek woll Ugge Dochter int lange Johr maien. Et ies kein Pottken sao schaif, et passet en Diecklken drop. — En olt Hittken lustet doch noch wuahl en grain Blatken. Je oiler, je doller. Wenn Fuier in olle Schuiern fallt, torennt et diasto schliemmer. Franz Nolte

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De Peiter in der Wursfekuecke Von Anna K a y s e r

Schmitten-Peiters junge Frau un iare Schwa- gerin Aennecken woren in der Waskekuecke am Wursten. Se barren de Diar tausdiallert. De Peiter harre miarkwiirdegerwiese all ein enem Wat in em Keller tedauhne. Do woren deu beuen Frauluie gamit iimme verliagen.

Do rappeleret alt wier an der Klinke. Seu hellen iark stille. Ne knufftege Fiust buenekere an de Diar.

Lineken: „Weu is do?" „Iecke." „Weu is lecke?" „Iecke!" „Ieck kenne keunen lecke!" Peiter: „Makeste jetz uap?" Aenneken: „Diu bias nix bie inne verluaren." Peiter rappelere balle de Klinke iutem

Schluatte: De ganse Masse bewek do inne ver- luaren. le Oese, lat mieck dorin oder te pas- saiert wat. leds weit ode wat Nigges."

Deu Beuen hollen met aller Macbt de Diar tau. Do — ne Bums, un se stouv iuten Angeln, deu Frauluie stiiewen biesiete, un de Peiter laggte sou lank ase was op Nase un Miul.

Lineken, sine junge Frau, reup unger Lacben un Schengen: „Karel. biste dull?" Deu Beuen hellen ne met Gewalt dial, awer heu spattelere sieck inter Hoib un genk soufotens op dian Napp met Civelonswurstdeig loB.

„Do mat ne nou ne guerren Sdioppen Rum in", saggte un koggere met voUen Backen.

Lineken genk met em Stoiter op ne loB: „Bliste dovan! Et viertemol biste diien Dag drane! Soune Friatpoost!"

Aenneken: „Un wat isset met diar Niggeg- keut?"

„Dar ieck s o u n grout Luack im Magen hewe!" Peiter druggte beue Hanne op et Liev: „Mien Siusack schluackert mie im Biuke as en Waske- plett."

Heu sdiouv fix nou ne Handvoll ant Duistere Un fluditere fiar em Aenneken sienem Kuacke- lieppel hingerm Lineken sienen Riiggen: „Frau, un dat laste mie andauhn? Un diu bias am Altore luawet, diu wos bie mieck hallen in guerren un boisen Dagen!"

„Van Wurstedagen biat de Pastouer nix saggt." „0 diu truilouse Menske, wat hiate dann siiB

meunt met dian guerren Dagen? SeB Wiacken biat me an der lesten Sdiinkenhacke gnappet, do is erne de Buam iut em Liewe sacket. Ieck werre, wann Wilkers alle Stine jetz kame, dat krieege de beste Wurst van der Sneuse. De Peiter sail de Swaren lecken."

Met diame toug heu met em Taskenmesser lange$t dian Lummerbroen, dian se grade inkuacken wollen.

Aenneken gaffte me ennen met em Schreuwen-

lieppel iiewern Riiggestrank: „Friatsack! Gliek tebiesteste. Lineken, dau diu me dodi mol wat. Ieck well mieck nit in Auen Eihestand misken un wanne et Schwien met en Biiesten friettet."

Lineken woll ne grade packen, awer heu snappere fix nau en paar „arme Jungelkes" van der Schiiettel un was met ner langen Nase ter Diaren riut.

Lineken lachere hinger me biar. Aenneken muilere. Deu Beuen woren eis en paar Wiacken bestatt. Et soil ne wuall nou anders iimme de Nase weren.

Aenneken genk; et woll mol iawen no en Kuackepotten seubn.

Lineken was alleine in der Wurstekiiecke. De Hanne in der Siet keik et langes deu langen Rielen Wiirste an en Sneusen. Wilkers Fine, harre de Peiter saggt. — Et Lineken was en Duarpesmiaken, un iat harre terheime van jeder Schlachterie diam alien Mensken wat brengen mocht. — Wiu et Aenneken wual doiiewer dach- te? Et harre siecker nix tergieger, wann et Fine en paar Happkes metkriege. Awer biatter woret et diitmal nounit gewahr." ^

Lineken scbneit fix ne Brotwurst van der Sneuse, wickelere se inne Uewerbringer un lent se in de Waskemascbine glien. Do was et Aenneken ock alt wier do.

No ner Wiele reup Peiter em Lieneken, et mocbte mol fix kummen, do wor en Zigeuner- deier, dat woll iimme de blauerge Nout en paar Swaren hewen. Et harre Spitzen te handeln.

Lineken laup. Wann dat scbwuate Volk iimme de Wiage was, mocbte me no en Sliattern seubn.

Aenneken was alleine, awer et stonk meuteg viar den Rielen Wiirsten: Ob et Lineken se wuall tallt harre? Wilkers Xante Fine harre Schmitten Wurstedage metfiert, soulange iat denken konn. Un et eiste Eu iut en Nestern un et eiste Koppken Buetter van der „Spinker barret van der Mutter krien. Et Lineken is jo soun guet Menske, awer weu mag wietten, wiut bie iiewer daciite. Aet is jo niu de Frau im Hiuse, ewer ieck hewe mieck all deu Jobre, siet dat de Mutter dau is, alleine in Hius un Felle ploget ....

Aenneken reit ne Wurst van der Stange, sleug se in en Droigedauk un hurre se hinger de Waskemascbine.

Do was ock Lineken alt wier. „WeiBte wat, Aenneken, ieck well mol iawen beime loupen, ob miene Mutter nou ne Sluecfc Rum in de Civelonswiirste do biat. De Peiter biat recht, Rum mat drin."

„Goh men, Lineken. Vie sind jo souwiet ferreg met dian andern Wiirsten. Diu briukes dieck nit te ielen. Deu paar Civelonswiirste konn vie op en Fierowend maken."

Lineken makere sik an der Waskemascbine te schaffen un flitzkere ume de Ecke fut.

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Nachtgebiaf De Dag was schwor un warme, Niu niemet mik in de Aarme Dai stille Nacht! Dann saik ik nau sau geren Am Himmel dai giillenen Steren In iahrer Pracht! Ik hor dai Bieke riusken, Ik saih dai Bidrge liusken In diiser Nacht! Meyn Hidte mat niu klingen Un Dankeslaier singen FUdr diise Pracht!

Mathilde Menzebach

Aenneken dachte, diit geratt. lat stuackere dian grouten Pott taum Wiirste-kuacken, ruie- mere nou en wanneg op un leup op me Uemme- wiage diar de Hecken no Wilkers Huisken an der Bieke.

lat kloppere an der Kiieckendiar. tweimol, dreumol. Ob et Fine nit do was? Aenneken klinkere de Diar uappen, de Kiiecke was lieg. Op em Diske laggte op me Taller ne Wurst; deu kam em Aenneken sou miarkwiirdeg bekannt viar ....

lut em Stiaweken kamen Stemmen. Aenneken halt sieck stille ....

„Ne, Lineken", horet Wilkers Fine sien, „Miaken, nei, wat is mie diit ne SpaB, dat diu ock in Smitten Hiuse an mieck alle Menske dacht lias. Mie loipet liuter et Water in der Miule bienein, wann ieck en Kiwweken quieken hore. leck konn dieck sou in en Armen niamen met samter Wurst un knatzkaput drocken."

Lineken: „Dat daut leuwer nit, Fine. Dann krien le et met mienem Peiter te dauhne. Sin le me ock nit mehr boise?"

„Wriimme soil ieck me boise sin? Meunste, wielen datte mie domols et Nest vam Koppe schuatten hiat met sienem Luftpuister. Ha-ha-ha, mienetwiagen kanne dat jeden Dag dauhn, ieck halle me stille, viar deu echte Wurst. Heu harret jo ock op diam Beilken Ossen sienen Start af- seuhn un konn nit dertau, dat ieck me grad viar en Schiiett leup."

„Ie barren me de Ohrlappkes sollt langteuhn, diam Unducht", lachere Lineken. Un dann kamen deu Beuen in de Kiiecke.

Wat was dann do passeiert? Dian Beuen blie- wen de Muiler uappenstohn. Op diam Taller laggten opmal twei Wiirste. Un hingerm Schape wol sieck weu krankladien — Aenneken. Deu Beuen bedachten sieck un lachern met.

Lineken leup niawent Schap: „0 Aenneken, wat konn vie Beuen Kasperletheater spiellen!"

Opmol dan se alle Dreu ne Bolk. Et Finster floug uap, un ne fatten Swienestert siuesere inter Kiiecke. Fine bochte sieck nou fix biesiete, siiB ware me stracks an en Kopp fluagen. Un hingerm Swienestert hiar stiattere Peiter diar et Finster rin. Un niu lachern veier Mann un wollen nit wier ophoren.

Lineken pack en Peiter im Knick; „Karel, keu- nen Ougenblick is me siecker viar die."

Peiter: „Ieck mat doch oppassen, dar le Beuen mieck nit iut Hius un Huawe wurstet."

Heu striepere em Fine iiewert Flechtennest: „Sin vie niu strack, Fine-Moihne?"

„Ach Harre, diu leuwe Unducht, dat sin vie lange wiast. Schuit men, schuit! Ieck deu keun Geliut!"

„Ne-ne-ne!" kam Lineken dergieger: „Et sind genaug Ossensterter imme Duarpe, wann heu partiu sdieuten mat. Un niu kum, Junge, vie mot de Wiirste in en Pott dauhn — un ieck mat dian Lummerbroen nou inkuacken."

„Diariimme kannste nou veierten Dage hie- bliewen", saggte Peiter verniemmes." Dat Broeken hey vie — heve ieck — weiBte, ieck woll die Arwet sparen ..."

Jetz pack Aenneken ne im Knick: „Junge, diu bias dian gansen Broen vertimmert un bis nit tebuasten?"

„Dat harrek siecker spuart. Awer et giet nou mehr smaditerge Muiler im Duarpe ase Smitten Peiter."

Heu pack et Lineken iimmen Hals: „Kumm, Frau, vie welt heime gohn un iaten!"

Eine Vorgeschichfe aus GerI'mgen Es mogen gut vierzig Jahre verstrichen sein.

Da kommt eines Sommerabends der Jostes (Schneiders) Gottfried zu seinem Nachbar, dem Zimmermeister Karl Haner, um auf der Hausbank etwas zu „nowern".

Nachdem die Tagesereignisse behandelt sind, leitet der Gottfried plotzlich iiber: „Karl, ick mut die es wat vertalln." Dann erzahlt er mit ge- widitiger ernsthafter Miene: „Do owen im Lin- gensiepen un Haiderstiick, da weren noch es en masse Hiiser gebouet."

Der bedachtige Zimmermann antwortet: „Wann ich alles gloiwe, dat gloiwen ick nit!"

Doch der Gottfried beteuert: „Jo, ick han de Lampen briin siin, et was alles ain Lechtermeer! In der Tit duent mi awer de Hoore nit me wai." —

Zeuge dieses Zwiegespraches war mein Nach- bar August Haner.

Der Jostes Gottfried ist nun schon lange tot. Er hat aber recht gesehen. Imme Lingensiepen wurden wenige Jahre nach obigem Vorfall die Hauser von Sieler, Menne und Ruttmann gebaut, und das weiter links vom Fiber Weg gelegene Gelande am Heiderstiick von etwa 12 Morgen wurde nach dem zweiten Weltkrieg gesidiert und in kluger Planung fiir 50 Wohnhauser er- sdilossen. Elf Hauser, die Halfte davon Doppel- hauser, sind bereits bewohnt. Weitere Wohn- statten befinden sich dort im Bau. Und zur Dun- kelheit ist das Siedlungsgelande haute sdion durch viele Lampen erhellt. Und wie wird es erst nach 5 oder gar 10 Jahren aussehen? '

Norbert S c h e e 1 e , Gerlingen. '

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Kammd mffdm Erzahlung von Martha Schlinkert

<T'ahrig und nervos fuhr Rudi Ibele in seinen Tr"grauen Arbeitsanzug. Wilhelm Fronemann,

dem er als bester SchweiBer fiir heute bei der Arbeit zugeteilt war, sah zu ihm hiniiber. Mit Rudi ist heute nichts los, dachte er, und well er schon umgezogen war, verlieB er den Umkleide- raum. Er uberquerte mit schnellen Schritten den freien Platz vor dem Gebaude.

Als Wilhelm den groBen Gasbehalter erreicht hatte, horte er Rudis Ruf. „Du Duckmauser, Du Augendiener!" schrie jener wiitend. Und als er herangekommen war, schoB er dem anderen feindliche Blicke zu.

„Was hast Du denn wieder?" fragte Wilhelm ungeduldig.

„Was ich habe? Einen netten Arbeitskollegen, der sich die Beine aus dem Leibe rennt, um an die Arbeit zu kommen. Du willst dich nur be- liebt machen beim Alten. Wenn es langsam im Betrieb geht, dann darf der fleiBige Wilhelm Fronemann bleiben und ich fliege! Und so einer nennt sich Arbeitskamerad!" hohnte Rudi.

Wilhelm Fronemann blickte den Aufgebrach- ten sekundenlang schweigend an. Dann sagte er langsam und bedachtig: „Ja, ich nenne mich Kamerad." Denn, so dachte er in seinem In- nern, wenn ich das nicht ware, konnte ich mit diesem jahzornigen und nervosen Menschen nicht ziisammen arbeiten.

Sie schritten nun nebeneinander an der Gas- leitung her. Ein ungutes Schweigen lag zwischen ihnen. Rudi fiihlte, daB er zu weit gegangen war. Aber er hatte nun einmal schlechte Laune, Weil er unausgeschlafen und nervos zur Arbeit gekommen war. Wenn der Verdienstausfall nicht nachkame, ware er nach der durchzechten Nacht Zu Hause geblieben. Den Wilhelm, den hatte er gem mal betrunken gesehn. Dieser ver- dammte Tugendbold, dachte er, dem konnte das garnicht passieren. Und die Wut, die er gegen sich selbst fiihlte, wandte er gegen jenen.

Hans, der Lehrling, hatte den SchweiBapparat schon aufgestellt. Ueber einem Bock lag die Eisenplatte, aus der eine runde Scheibe von 50 cm Durchmesser herausgeschnitten werden sollte.

Rudi riB dem Jungen den SchweiBbrenner aus der Hand, lieB Karbidgas und Sauerstoft durch die Leitung stromen und ziindete es an. Eine lange blaue Flamme zischte auf.

„Warte doch, Rudi", rief Wilhelm, dem der Stechzirkel, mit welchem er die Scheibe aut der Platte aufzeichnen wollte, weggerutscht war, ich muB noch einmal anfangen.

Rudi lachte nervos; „Schweinerei, jetzt steht man hier und kann noch nicht einmal anfangen. Mach schon voran!"

Ehe Wilhelm den Zirkel neu angesetzt hatte, stieB Rudi einen Schrei aus und lieB den Schneid- brenner fallfen. Seine olige Arbeitskleidung hatte Feuer an dem Schneidbrenner gefangen. Als er zu Wilhelm hingeschaut hatte, muBte der Brenner seiner Kleidung zu nahe gekommen sein. Wahrend er wie wild das Feuer mit den Handen zu ersticken versuchte, ergriff der Lehr- ling den Schneidbrenner und drehte das Gas ab. Mit einem lauten Knall erstarb die Flamme.

Wilhelm war bei dem Schrei hochgefahren. Er sah, daB die Arbeitskleidung Rudis Feuer gefangen hatte und fiihlte sich vor Sdireck wie gelahmt. Jetzt begann Rudi in Richtung des Waschraumes auf die Gasleitung zuzulaufen, die zu dem groBen Gasbehalter fuhrte.

„GroBer Gott, das konnte eine Explosion geben!" durchzuckte es Wilhelm wie ein Blitz- strahl. Mit bebenden Lippen sprang er in groBen Satzen hinter dem ungliicklichen Rudi her. Er erreichte ihn in wenigen Sekunden, warf ihn zu Boden und stiirzte sich auf ihn, um mit seinem eigenen Leib die Flammen zu ersticken.

Von dem Ansetzen des Stechzirkels bis zu dieser Tat war nicht mehr als eine Minute ver- gangen. Aber was war nicht alles in diesen sechzig Sekunden geschehen! Zwei Manner, die eben noch in bliihender Gesundheit ihre Arbeit autgenommen hatten, lagen mit Brandwunden bedeckt am Boden und stohnten vor Qual. Ueber den Platz stromten von alien Seiten die Ar- beiter des Werkes herbei. Sie hatte ihre Miitzen abgenommen und diskutierten mit leiser Stimme, welche moglichen Folgen der Unfall gehabt hatte, wenn Rudi an der Gasleitung ent- lang gelaufen ware.

„Ein ganzes Stadtviertel ware in die Luft ge- sprengt worden, wenn der Gasbehalter explo- diert ware", sagte einer aus dem Kreis, und alle schauderten bei der bloBen Moglichkeit eines solchen Ungliicks.

„Wer hatte wohl den gleichen Mut aufge- bracht wie Wilhelm!", flusterte ein anderer, und alle schwiegen in Achtung vor dem heldenhaften Verhalten des Arbeitskameraden.

Als der Sanitatswagen vorfuhr, um die beiden Verletzten wegzuschaffen, verliet sich die Menge der Zuschauer.

Im Krankenhaus standen die Betten der beiden Verletzten nebeneinander. Trotz der Morphium- spritzen stohnten sie vor Schmerzen. In der Nacht wurde Rudi einmal hellwach. „Wilhelm!" rief er mit leiser Stimme, „Wilhelm!"

„Ja?" fragte der unter leisem Stohnen zuriick. „Kamerad Wilhelm", sagte Rudi ganz

langsam, jede Silbe des Wortes Kamerad be- tonend. Da lachelte Wilhelm unter Schmerzen.

'tdgticf) Arbeit, taglid) Q3rot et)rt un6 naf)rt un6 tDcf)rt 6er Qtlot.

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Dcr tUcUcr brcnnt - nudi licutc nod| In alten Geschichtsbiichern haben wir mancher-

lei gelesen von Kohlern, die in tiefer Waldein- samkeit hausen und still und unbemerkt ihre Ar- beit tun. Eine Prinzessln, die sich im Walde verlaufen hatte, fand bei ihnen Hilfe und gast- lidie Aufnahme. Einen verirrten Jagersmann bewirteten sie, so gut es in ihren Kraften stand, und zeigten ihm den Weg zum Gefolge zuriidc. So gesdiieht es im Marchen. Wer von uns weiB

Stamme zerschneidet er mit der Sage zu Unter- holz, ungefahr 1,80 m lang. Die starken Stiidce werden nodi gespalten. Dieses Holz bildet nadi- her den Unterbau des Meilers. Krumme Stucke werden auch zerkleinert und spater auf dem Unterbau aufgebaut. Bevor der Bau des Meilers beginnt, muB die Kohlgrube von der aus friihe- ren Branden herriihrenden Asche gereinigt werden.

Kohlerhiitte im Rothaargebirge

mehr von der Welt des Kohlers und der brennen- den Meiler? Diese Welt ist nidit eine Erfindung der Mardienerzahler. Sie gehort auch heute nodi nidit der Vergangenheit an. In den Budien- waldungen des Sauerlandes und Siegerlandes, namentlidi im Rothaargebirge, finden sidi nodi Mensdien, die diesen stillen, vom lauten Larm des Tages so weit entfernten Beruf ausiiben. Auf Wanderungen durdi die Walder kann man die kreisrunden Meilerstellen, die „Holzgruben", entdedcen. Dort hat der Kohler seine Holzkohle gebrannt. Und heute nodi wie vor Hunderten von Jahren kann man auf den Kohler selber stoBen, der da seinen Meiler baut und Holzkohle brennt. Seine Arbeitsweise hat sidi im Vergleidi zu fruheren Zeiten kaum geandert. Und audi das stimmungsvolle romantisdie Bild wird das- selbe geblieben sein, wenn der sdiwelende Raudi von einem brennenden Meiler durdi den abendlidien Wald langsam zu Tale zieht.

Im Winter und Fruhjahr, bevor der Saft in die Baume steigt und Blatter hervortreibt, beginnt der Kohler seine Arbeit. Er geht mit der Axt in den Wald und fallt die Baume. Die geraden

Der Kreis der Kohlgrube, die einen Durdi- messer von 24 bis 32 FuB hat, wird mit Holz- pflodcen abgestedtt, und nun wird auf niedrigen Holzsdilitten das „Kohlhofcz" zur Meilerstelle geschafft. Der Aufbau des Meilers beginnt. In der Mitte laBt der Kohler die „Fulle" frei, das ist ein Raum von ein bis zwei FuB Durdimesser. Um die Fiille herum stellt er nun das gesamte Unterholz senkredit auf. Da driiber kommt das Oberholz, das Krummholz und die Aeste, bis der Meiler die abgerundete Form bekommt. Zum SdiluB dedct der Kohler den ganzen Holzhaufen mit groBen Rasenstudien und mit Asdie von dem letzten Brand zu. Der Meiler ist fertig und kann angezundet werden. Das gesdiieht von oben durdi den freigelassenen Raum, die Fiille. Das Feuer darf nur gluhen, damit das Holz nidit zu Asdie brennt. Durdi kleine Lodier, die der Kohler rundherum in der Dedce des Meilers an- bringt, lenkt er das Feuer. Adit bis vierzehn Tage brennt dann der Meiler langsam in sidi welter. Dann konnen die Kohlen ausgebrodien werden. In den folgenden Tagen und Naditen aber muB der Kohler nodi bei ihnen wadien, well

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Holzkohlen bekanntlich leicht wieder zu gliihen anfangen und zu Asche verbrennen. Und was geschieht nun mit den Kohlen? Sie werden in Sacke gefiillt und mit Pferd und Wagen aus dem Walde zur nachsten Eisenbahnstation gefahren und verladen. Holzkohlen werden heute in erster Linie in Stahlwerken verwandt.

Das ist die langwierige und miihsame Arbeit des Kohlers, die ihm keinen reichen Lohn ein- bringt. Nach getaner Arbeit und zum Feierabend haust er dann vor und in seiner Kohlerhiitte, die er sich auf einfache Weise im Walde aus Holz aufgebaut und mit Rasenstiicken abgedichtet hat.

Karl Schulte-Milchenbach.

Bei sauerlondischen Bergleufen Von Richard A 11 h a u s

r^it es nicht ein biBchen vergessen bei vielen —^Wandersleuten, dieses fast verwunschene Landchen, das von der Ruhr im rechten Winkel umflossen wird? Meschede ist ein schoner Aus- gangspunkt fiir eine Wanderung durch ein eben- so reizvolles wie interessantes Gebiet. Wandern wir also los!

Durch das liebliche Elpetal geht's hinauf bis zur Bauerschaft Elpethal und welter auf schmalen Waldwegen bis Neu-Andreasberg. Wie kommt der garnicht sauerlandische Name ins Sauer- land? Vor rund hundert Jahren erlebten die Berge hier im abgelegensten Teil unserer Heimat eine Art „kalifornischen Goldrausch". Im Gebiet um Ramsbeck herum waren auf Grund alter Ueberlieferungen Erze gefunden worden, und nun wurde es plotzlich lebendig in diesen stillen Dorfern. Wie von Magneten angezogen tauchten auch „verkrachte Existenzen" auf und griindeten Bergwerksgesellschaften mit hoch- trabenden Namen. Die Kurse an den Borsen zogen an und alles war voUer Hoffnung auf reichen Gewinn. Auf diese Aussicht hin lieB man auch aus dem Harz eine Reihe von Fach- arbeitern kommen, Bergleute mit Erfahrung im Erzbergbau, die bald eine neue Siedlung bauten und sie nach ihrem Heimatort im Harz, Neu- Andreasberg nannten. Leider war der Spuk all- zubald verflogen, die Erzadern erwiesen sich bei genauerem Zusehen als nicht so fiindig, wie man zuerst annahm. Und obwohl sogar. Silber gefun- den wurde, war eine groBe Pleite die Folge. Viele Bergleute zogen wieder in ihre alte Heimat, andere blieben und wurden seBhaft. Es

_blieb bis heute ein bescheidener Bergbaubetrieb, der Blei, Zink und Kupfer fordert, aber auch heute noch wird hin und wieder etwas Silbet gefunden.

Wir brauchen nicht mehr weit zu gehen, da taucht mitten aus den Baumwipfeln der Forder- turm einer Schachtanlage auf. Es ist die Grube „Aurora", die hier ihren Einfahrtschacht hat. Um die Mittagszeit wird es sehr lebendig auf den stillen StraBen, da sieht man beim Schichtwech- sel iiberall die Bergleute mit Grubenlampe und Grubenmiitze, und von alien Seiten klingt uns das „Gliick auf" entgegen. Vielen sieht man ohne weiteres die tremde Stammeszugehorigkeit an. Maschinen- und Forderhaus der Grube sind im h eimatlichen Fachwerkstill erbaut. GroBe Abraumhalden kiinden von der Arbeit in der Tiefe der Erde.

Welter ftihrt uns der Weg iiber den Dornberg zum Dorf Wasserfall und wenig spater stehen wir vor einem der schonsten Naturwunder ,des Sauerlandes, der „Plaisterlegge", dem pracht- vollen Wasserfall. Wie es rauscht und spriiht und platschert, zuerst eine senkrechte Felswand hinunter und dann iiber Stufen und Blocke, bis dasWasser endlich wieder ruhig durch den Wald hinunter zur Elpe flieBt.

Garnicht lange, und wir befinden uns schon wieder auf dem Gelande einer anderen Grube. Diesmal ist es die „Willibald", die durch ihre modernen Anlagen und durch ihre ungewohn- lich riesigen Halden auffallt, die hier die Land- schaft vollig verandern. Und bald darauf er- reichen wir auch Ramsbeck, das Zentrum des Bergbaues im ostlichen Sauerland. Dann gehts steil hinauf nach Berlar, unterwegs prachtvoUe Ausblicke auf den 745 m hohen Bastenberg, wohl der erzreichste Berg hier im ganzen Gebiet. Nebel tanzen um seine schdne Kuppe, sodaB er schier urzeitlich anmutet. Ein abwechlungs- reicher Hohenweg laBt uns noch einmal das Land in seiner ganzen Eigenart erleben, ehe wir uns, wieder abwarts wandernd, dem Ruhrtal und un- serem Ausgangspunkt Meschede nahern. Die gastliche tadt halt uns noch ein Weilche n gefan- gen, bis wir uns auf die Heimfahrt begeben.

Auf Wiedersehen, du schones Landchen!

Heimat Ich bin hinauf, hinab gezogen und suchte Gliick und suchf es weit; es hat mein Suchen mich betrogen, und was ich fand, war Einsamkeit.

Ich horte, wie das Leben harmte, ich sah sein tausendfarbig Licht; es war kein Licht, das mich erwarmte, und echtes Leben war es nicht.

Und endlich bin ich heimgegangen zu alter Stell und alter Lieb, und von mir ab fiel das Verlangen, das einst mich in die Feme trieb.

Die Welt, die fremde, lohnt mit Krankung, was sich,umwerbend, ihr gesellt; das Haus, die Heimat. die Beschrankung, die sind das Gliick und sind die Welt.

Theodor Fontane

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Ein biBchen Freude, das tut so gut, Ein wenig Sonne im tragen Blut .

So begann Friedridi Castelle gem mit eigenen Versen seine Dichterabende. Friiher pfiff er sidi ein Lieddien, in lustiger Wanderlaune, wenn er im Sauerlande weilte, wie obenstehendes Bild ihn auf dem Klosterberge zu Arhsberg zeigt. Audi im Sauerlande war der bekannte west- falisdie Diditer und Rezitator beliebt und wurde zu seinen Vortragsabenden immer mit Begeiste- rung begrilBt. Er war so recht ein Freudenbrin- ger und ein Sdimerzbezwinger. Darum ist es nur recht und billig, wenn „De Sauerlanner" audi Friedrich Castelle als einen der steten Verkiin- der heimatlicher Werte, ein Lorbeerreis dank- barer Erinnerung flidit.

Heilige Erde! Urewige Nlutter Du! Unerschopflidier SchoB der Mensdiheit!

So empfand der heimattreue Westtale die Bin- dung an das Land, dem er und sein Gesdiledit entsprossen war. In dieser heimattreuen Hal- tung spridit er auch den Sauerlander an. Was Castelle in seinem Roman „Heilige Erde" iiber Heimat, Mutter, Liebe, reines Frauentum, iiber Wilde Lebenskraft, irregeleitetes Menschsein und hohe Mensdienwurde schreibt, das gilt auch fiir das Sauerland.

„Avalun, du schones Land ..." Nur Castelle mit dem Schmelz seiner Stimme, aus seiner un- bewuBt so heimwehkranken Seele konnte dieses Gedidit des Freundes und Heidesangers Her- mann Lons so spredien, dafl hinter den Worten eine Ewigkeit voU Seligkeit aufleuditete. Als ich, nadi Jahren des Krieges und der Not, zum ersten und auch zum letzten Male mit Dr. Castelle zusammensaB, da war er merkwurdig versonnen und wie von inneren Gesiditen be- drangt. Da sprach er, in die Stille nadidenk- lidier Pausen, wie zu sidi selbst . . . „in Avalun, da soUst Du ruhn, iiber ein Jahr!" — Und gleich darauf sdinickschnadcte er wieder im droUig- sten Miinsterlander Platt. Dodi dann trieb es

ihn wieder, zu erzahlen von seinem dichte- rischen Werk, an dem er schrieb „Nobis Krug" (Nobis Krug ist nadi alten Miinsterlander Legen- den das Rasthaus der Seelen, bevor sie sich ein- schiffen zur Fahrt des Nimmerwiederkehrens).

Damals — in Miinster — war soviel Ueber- schwang, soviel Kraft und Glanz in ihm, wenn er Gedichte sprach, sei es die Droste, sei es Raabe, Lons oder Miinchhausen. Seine Inter- pretationen waren geadelt durdi die Wieder- gabe des ewig Giiltigen im Mensdien. Erst in der Wiedergabe durch ihn hob sidi jene Klarheit verdiditeter Wahrheit, der besondere Glanz eines Wortes, die tiefe Symbolik eines Ge- dankens, reidite er die Kostlichkeit eines Ge- didites wie einen bisher unbeachteten Sdiatz.

Der Nachgestalter des Unsterblichen im Worte lebt in seiner strahlenden Menschlichkeit wel- ter. Wir haben in Westfalen einfach keinen Gultigen mehr, der — Diditer und Interpret zu- gleich — so den Geist aus der Schale des Wortes. zu losen vermag. Wohl hat audi Castelle dichte- risdie Werke hinterlassen. Doch sein unruhiger, hodifliegender Geist war in der sdiopferisdien Umgestaltung durch das gesprodiene Wort un- gemein bezwingender. Seine Rezitationen waren ein geistiger WerdeprozeB. Durch die Madit dieses Spradikiinstlers wurde jedes Wort neu geformt, mit neuer KlangfuUe, in durdisiditi- ger Reinheit geboren.

Das ganze Geheimnis seiner sdiopferischen wie dichterisdien Personlidikeit, wie sie nun nadi seinem Tode welter lebt, lag wohl in seiner starken Bindung an die Heimaterde. Audi im Sauerlande bleiben Dr. Friedrich Castelle Freunde iiber den Tod hinaus.

Tilly Popperling.

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X>tc 0trnf c dc0 tncincidiscn Eine Sage aus dem RShrtal

In Hachen wohnte ein junger braver Schrei- nermeister, der erst seit kurzem sein Handwerk selbstandig betrieb. Von seinem verstorbenen Vater hatte er ein hiibsdies und fast neues Haus- chen und einigen Morgen Acker und Wiesen geerbt. Er selbst hatte sich durdi FleiB und Spar- samkeit eine nette Summe Geldes erspart und da er in seinem Handwerk auCerordentlich ge- sdiickt war, so hoffte er mit seiner Braut, die er nadistens heimzufuhren dachte, ein giuckliches und sorgenfreies Leben zu fiihren.

Da ersdiien bei ihm eines Tages der Bauer vom Birkeiihofe jenseits des Miissenberges und brachte ihm eine Rechnung iiber geliefertes Bau- und Nutzholz, das sein verstorbener Vater seit einer Reihe von Jahren von ihm erhalten hatte. Die Forderung war so hoch, daB zu ihrer Bezah- lung der Wert seines Besitztums kaum hin- reichte. Der junge Mann erschrak und suchte alle hinterlassenen Papiere seines Vaters durdi; allein er fand nichts, womit er beweisen konnte, daB die Schuld bezahlt sei. Und dodi war er iiberzeugt, daB das der Fall war; denn sein Vater hatte niemals etwas geborgt und ihm nodi kurz vor seinem Tode erklart, er sei niemandem etwas schuldig und konne ruhig sterben. Der Bauer aber stand nicht in dem Rufe eines ehr- lichen Mannes. Da nun dieser keinen Schuld- schein vorzeigen konnte, so lieB es der Sdireiner auf die gerichtliche Entscheidung ankommen.

Der Bauer Iclagte wirklich. Er konnte durch Zeugen beweisen, daB er dem verstorbenen Meister ofter Holz geliefert habe und bekraftigte durch einen feierlidien Eid die Richtigkeit sei- ner Forderung. Der junge Sdireiner verlor den Prozefi, und well er nidit bezahlen konnte, so soUte ihm sein Eigentum verkauft werden.

Traurig und niedergeschlagen madite er sidi auf den Heimweg. Mit seinen sdionen Zu- kunftsplanen war es nun fiir lange Zeit vorbei. Er besdiloB wieder hinauszuziehen in die Welt, um sein Gliidi von neuem zu versuchen.

Der Bauer vom Birkenhofe hatte einen fal- sdien Eid gesdiworen und sudite sein boses Ge- wissen im Branntwein zu betauben. Erst gegen Abend verlieB er halb betrunken die Stadt und begab sidi auf den Weg iiber das Gebirge. Als er bei Mtisdiede den Rohrflufi iibersdiritt, war es sdion so dunkel, daB er kaum den Weg unter- sdieiden konnte. In der Sdiludit am Miissen- berge aber vermodite er unter den diditen Budien keine Hand mehr vor den Augen zu er- kennen. Bald fiihlte er, daB sein FuB vom redi- ten Weg abgewidien war. Er glaubte, er habe sidi so weit nadi links gehalten und steige jetzt den Miissenberg hinan. Es ward ihm angstj denn so viel er audi friiher iiber die Sage von den Berggeistern geladit hatte, jetzt begann er sidi davor zur turditen und er lenkte seine Sdiritte nadi redits. Indem er sidi mit Muhe Bahn durdi das Gebiisdi bradi, gelangte er auf die Hohe iiber der Kiindel. Er hatte sidi in einem Halb-

kreise bewegt, ohne es zu wissen. Von redits sdioU Hundegebell zu ihm herauf. In der Mei- nung, er habe Habbel zu seiner Rediten liegen, bog er wieder nach der linken Seite ab, um den Weg an der Kuhrast zu gewinnen. Der konnte nidit mehr weit sein. Aber es ging hergauf und bergab, ohne daB sidi die Kuhrast zeigte. SdiweiBtriefend gelangte er endlidi auf den Gipfel der Hohe. Allein an dem felsigen Boden erkannte er, daB er sich oben auf dem Miissenberge befand.

Da horte er hinter sich und von der Seite ein Sdinauben und Raschein im Laubwerk und ein Knadcen, wie von bredienden Zweigen. Schwarze Gestalten huschten an ihm voriiber. Rechts und links glaubte er funkelnde Augen von gehornten Ungeheuern auf sich gerichtet zu sehen. Nur der Weg vor ihm war frei. Dorthin rannte er den steilen Abhang hinunter. Obsdion er jeden Augenblick mit dem Kopfe gegen einen Baumstamm stieB und iiber die Wurzeln von Eichen und Buchen stolperte, erreidite er dodi ohne einen ernstlidien Unfall den FuB des Hauptberges. Wieder lieB sidi ein lautes Rau- sdien und dazwigdien ein schauerlidies Geheul, diesmal aber aUs dem Tale vor ihm, vernehmen. Da erblidcte er die Umrisse einer riesenhaften Gestalt, und er horte die drohenden Worte:

„Her mit den Beweisen Deiner Verbredien, und dann fliehe in dein Verderben!"

Zugleich fiihlte er sidi beim Mantel ergriffen, von dem ein Stuck mit der Brusttasche abriB. Von Angst erfullt jagte er rechts durch den Wald, daB ihm die Zweige das Gesicht blutig rissen.

Endlich lichtete sich das Gebiisdi. Der Mond war aufgegangen. Vor ihm lag das Rohrtal, und er horte unter sich das Rauschen des Flusses. In dem glanzenden Mondlichte glaube er das Was- ser des zu dieser Zeit ziemlich seichten FliiB- diens schimmern zu sehen. Er stiirzte, ohne sidi lange zu besinnen ,darauf zu,, um ihn zu durch- waten. Aber was er fiir Wasser gehalten hatte, war nur ein mondbeglanzter Nebelstreif, der sich unter ihm hinzog. _

Nodi ein Sdiritt und der Bauer vom Birken- hofe stiirzte mit lautem Aufsdirei iiber den hohen Bilstein hinab. Wahrend des Falles uber- schlug er sich. Der redite Arm geriet dabei in eine schmale Spalte, die nadi unten immer enger jvurde. Die sdiarfen Rander griffen Messern gleich in das Fleisch, weldies sich von den Arm- knochen abloste und hielten endlidi den Sturz auf, in dem sie die Handwurzel wie eiseme Zangen umklammerten. Da hing der Bauer zwisdien Himmel und Erde. Der Arm war zer- schunden, gebrodien und aus der Sdiulterhoh, lung gerissen. Eine Ohnmacht raubte ihm die Sinne. Fast war es schon Morgen, als er untet entsetzlichen Sdlmerzen erwadite und seine sdireckliche Lage erkannte.

Friih am nachsten Morgen verlieB der junge Schreiner, das Felleisen auf dem Riicken, seinen

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Heimatort; denn er wollte den Verkauf seines Giitchens nicht erwarten, wobei fiir ihn ja doch nichts mehr zu erhoffen war. Traurig und mit zu Boden gesenktem Blick schritt er durch die heimatlichen Fluren und wollte eben raschen Ganges in die Talenge unter dem Bilstein ein- biegen, da horte er von der Felswand ein lautes Stohnen. Er schaute nach links in die Hohe und gewahrte mit Schaudern den Birkenhofbauern blutiiberstromt mit zerfetzten Kleidern.. die Hand, weldie er gestern zum Schwure erhoben hatte, zwisclien das Gestein in der halben Hohe der Felswand hangen.

Er erkannte den Verungliickten sofort. Ohne des ihm widerfahrenen Unrechts zu gedenken, sann er, wie er ihm Hilfe bringen konne. Allein konnte er hier nichts ausrichten und File tat not. Schnell kehrte er ins Dorf zuriick, rief eine An- zahl handfester Manner zusammen und teilte ihnen mit, was er gesehen hatte. Man versah sich mit Stricken und einer Tragbahre und elite nach der Hohe des Bilsteins. Der junge Schreiner wahlte zwei feste Seile aus, die so lang waren, dafi sie von der Hohe bis zum FuBe des Felsens reichten, und befestigte die oberen Enden an einem Baum. Das andere Ende des einen Seiles lieB er sich dann unter den Armen so um den Korper binden, daB er nicht zu sehr am Atmen gehindert wurde. Nun muBten ihn die Manner so weit an der Felswand hinablassen, bis er neben dem Ungliicklichen hing. Diesem kniipfte er sorgsam den zweiten Strick um den Leib und lieB denselben darauf anziehen, um die Hand aus der Felsspalte befreien zu konnen. Es gelang ihm, und beide Stricke wurden jetzt langsam und vorsichtig nachgelassen, sodaB die daran Han- genden allmahlich tiefer sanken, bis sie unten an- langten. Dabei war der selbstlose Jiingling sorgfaltig bemiiht, den Verletzten vor alien StoBen ai den Felsen zu bewahren. Endlich erreichten sie den Erdboden. Der Bauer wurde auf die Bahre gelegt und die Manner trugen ihn nach dem Dorfe.

Der Retter schaute eine Welle dem Zuge nach. Eine fast freudige Riihrung liberkam ihn; denn heute er die schonste Tat seines Lebens vollbracht. Er gedachte seines Feindes ohne Bitterkeit und wollte mit neuen Hoffnungen sei- nen Stab welter setzen. Als er sich umwandte, stand der Alte vom Miissenberg vor ihm, reichte ihm ein Leinenpackchen und eine gefiillte Geld- borse und sprach:

„Heil dir, Jiingling, ob deines EdelmuteslMit solchen Taten, wie du eben eine verrichtet, er- zwingt man sich das Gliick. Hier dieses Pak- chen enthiilt die Quittungen, die du vergebens gesucht hast; denn der Meineidige hatte sie deinem Vater gestohlen. Zeige sie ihm, so wird er Dir Gerechtigkeit widerfahren lassen, aber ihn iibergib dem hoheren Richter. In dieser Borse wirst du stets einen Notpfennig finden, so oft du eines solchen bedarfst und solange du Treue und Nachsicht iibst. Nun gehe in Frieden."

Der Alte verschwand hinter dem Felsen und der Schreiner begab sich mit klopfendem Herzen in das Dorf zuriick. Als er bei dem Bauern ein- trat, der auf dem nachsten Hofe im Belt lag, fahd er ihn bei voller Besinnung. Sein Frevel-

Taum Hiusbiaren (l^ichfefesO

Niu stdiht dat Hius, dat nigge Hius! Met Muiern, Balken, Posten! Et ies en schoin, en storig Hius, Noh Plan un Widrk am besten. Et stdiht sdo struck, et stdiht sdo lejk In Ldot un Wage fangen. Niu sail dai bunte Kranz ock glejk Am hoggestea Spdier hangen. Vej het int Fundamente rin Met Vidrbedachte bugget Dien echten, daipen, jromraen Sinn, Dai Guatt dem Heern vertrugget. Un in dat MiddelstUcke dann Vej m,uiern in de Wdnne Dien flejtigen Gdist fidr Frau un Mann Un ock fidr Kinnerhdnne. Un hdoge tiisker Jack' un Spann, Bo de Sunn' am disten schimmert. Do het de Timmerluie dann Dat frdohe Lachen timmert. Dai fromme Sinn, dai wackre Flejt Sind Aiken-Kdiern-Poste; Dai hollet ock in Sturmestejt Dat Hius un sejne Gdste. Dat Lachen ies de Sunnenschejn, Verdrejwet alle Liunen, Sail bejm Gewitter bidtter sejn Arr Duennem rnet Kaniunen. Un niu well vej ock noch terlest En Extro-Krdnzken flechten: Hort, bat vej Uch taum Richtefest Van Hidrten wUnsken mochten: Drei guerre Dinge sollt dat sejn; De besten! — Passet op! Gesundheit un Tefriensejn Un guerre Nohwerskop. Gesund sollt Kopp un Hidrte sejn Un guet de Awwetejt; Tefrien, wenn't ock nit liuter Wejn Un Brohn un Britzeln sejd. 'ne guerre, truie Nohwerskop In GlUcke un in Ndot Ies bidtter arr 'ne Brdoerskop Fidr Lidwen un fidr Ddot.

Dat gelt fiar Ellern un fidr Kind All hundert Johr vidriut, Fidr Alle, dai im Hiuse sind, Fidr Bruime un fidr Briut.

Niu danket Guatt dem Heern iut Hidrtensgrunne! Taum. Hiemmel stejget op dat nigge Hius. Sdo sail opstejgen in dUer schoinen Stunne Iut ueser Buast dem Hidrrguatt Dank un Griufi!

Franz Nolte

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mut war gebrochen, und er fand sich gleich be- reit, vor Notar und Zeugen zu erklaren, daB er bezahlt sei. Darauf wurden die Quittungen ver- brannt. Nun stand dem jungen Manne nichts mehr im Wege, das voile Eigentumsrecht auf sein Besitztum zuriickzuverlangen, und er- konnte nach einigen Wochen seine Braut heim- fiihren. Er lebte mit ihr lange froh und gliicklich.

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Dos Wetter 1953 im Sauerlond Von Theodor Tochtrop

Der Wetterbericht des Jahres 1953 weist fiir Nuttlar (300 m ii. d. M.) insgesamt 906 mm Niederschlage auf, das entspricht 90 bis 95 "/o einer normalen Jahresmenge. Recht ungiinstig war die Verteilung der Niederschlage auf die einzelnen Jahreszeiten: wahrend die Sommer- monate ein UebermaB von Niederschlagen ver- zeichneten, herrschte wahrend des Herbstes eine anhaltende Trockenheit. Der regenreichste Monat war der Juni mit einer Spitzenleistung von 150 mm. Die Zahl der Tage mit Nieder- schlagen betrug 196 = 54 "/o. An 34 Tagen, namentlich im Mai und Juni, erfolgten im Ruhr- tal gewitterhafte Entladungen, die durchweg ge- ringfiigig waren. Zeitweise dichter Nebel wurde an 61 Tagen beobachtet. Die Durchschnitts- temperatur des Jahres, die meistens nur gering- fiigigen Schwankungen unterworfen ist, lag mit 9,8 leicht iiber dem normalen Ansatz. Im Jahre 1953 sind im Ruhrtal ingesamt 110 cm Schnee gefallen, davon die weitaus groBte Menge im Monat Februar. Die Zahl der Sonnenstunden des Jahres betrug annahernd 1800, das ist ungefahr ein normaler Wert, der in unsern Breiten nur in seltenen Fallen wesentlich iiberschritten wird.

Vernebelter Januar

Der Hartung iibernahm das unbestandige Erbe des vergangenen Jahres und spielte welter verteilte RoUen. Er schickte uns 22 cm Schnee und bedeckte damit 25 Tage die Fluren. Be- merkenswert waren die dichten, oft fast undurch- dringlichen Nebelschwaden, die diesen nafikalten Wintertagen mit einem Minimum von insgesamt 24 Sonnenstunden ein iiberaus diisteres Geprage verliehen. Die durchschnittlichen Tagestempera- turen des oberen Ruhrtales bewegten sich zwischen + 6 Grad und — 8 Grad. blieben aber an mehr als 20 Tagen ganz in der Nahe des NuU- punktes. Die Summe der monatlichen Nieder- schlage betrug in Nuttlar 70 mm, ein Ergeb- nis, das um 30 "/o hinter dem langfristigen Durch- schnitt zuriickblieb.

Der Februar

kam mit anhaltendem Schneegestober und hiillte unsere Bergwelt wochenlang in Schnee und Eis. Er behinderte so aufs argste den StraBenverkehr. In den Hohenlagen von 300 m fielen mehr als 75 cm Flocken, die erst die freundlichen Sonnen- strahlen im letzten Monatsdrittel nach und nach hinwegschmolzen. Die gesamte Niederschlags- inenge des Monats betrug in Nuttlar 103 mm. An 7 Tagen herrschte dichter Nebel, wahrend die Zahl der Sonnenstunden die erfreuliche Bilanz von etwa 80 aufwies. Die Durchschnittstempe- ratur lag leicht iiber dem NuUpunkt. Die tiefste Nachttemperatur des Ruhrtals erreichte zum 17. Februar — 17 Grad, wahrend die hochsten Tages- temperaturen am Monatsende auf iiber 12 Grad emporkletterten. Die letzten Tage des Februai Waren iiberaus sonnig.

Der Marz Nicht in jedern Jahr sieht man im Monat Marz

Pflug und Egge auf sauerlandischen Feldern. Aber die nun vergangenen Marzwochen erfiill- ten das Land mit Friihlingsahnen. Trockenheit und Warriie ermoglichten dem Landmann, zeitig die Arbeiten zur Bestellung des Ackers aufzu- nehmen und erhebliche Riickstande aufzuholen. Mehr als die Halfte aller Marztage waren sonnig und heiter, obgleich die nachtlichen Tempera- turen oft erheblich unter den Gefrierpunkt san- ken. Mit 180 Sonnenstunden stellte der Lenzing einen waren Rekord auf. Die hohe monatliche Tagesdurchschnittstemperatur war entsprechend und lag mit etwa 5 Grad erheblich iiber dem ge- wohnten Durchschnitt. Die Summe der Nieder- schlage im Ruhrtal war mit 37 mm ebenfalls auBergewohnlich gering. Erhebliche nachtliche Regenfalle waren nur gegen Ende des Monats zu verzeichnen. Der Schneefall in der ersten Monatshalfte war unbedeiltend und betrug etwa 10 cm.

Der April hat alle MutmaBungen Liigen gestraft und uns nicht auf den Hut geschneit. Im Gegenteil: Er zeigte bestandiges, sonniges Wetter, so daB es der jungen Saat in den Garten voriibergehend an Feuchtigkeit mangelte, bis in der Nacht zum 28. 4. ein goldener Landregen herniederging, der uns im oberen Sauerland 20 mm Niederschlag bescherte. Die NiederschlagsmeBstelle Nuttlar verzeichnete im April an 15 Tagen mit Nieder- schlagen insgesamt 78 mm Regen, ein Normal- wert, der durch keinerlei Schneefall beeinfluBt war. Sonnig und heiter war dieser April, zahlte er doch allein 15 Tage mit mehr als 10 Sonnen- stunden, insgesamt iiber 240. Es hat den An- schein, als wolle das Jahr 1953 in dieser Hin- sicht die Versaumnisse des Grippejahres 1952, das mit mehr als 500 Sonnenstunden im Riick- stande blieb, aufholen. Die durchschnittliche Monatstemperatur wurde mit 9,5 Grad regi- striert.

Der Mai bescherte uns einen abwechslungsreichen Witte- rungsablauf, der dem Pflanzenwachstum durch- weg recht giinstig war. Den ersten sonnigen Maitagen folgte ein heftiger Regentall in der Nacht zum 10. 5. Zum 11. 5. „fiel ein Reif in der Friihlingsnacht, der namentlich den jungen Bliiten des Kernobstes erheblichen Schaden zu- fiigte. Die Bliitenpracht mancher Obstanlagen an ungeschtitzten Hangen wurde in dieser Nacht zerstorta Sogar der junge Laubwald wurde hier und dort in Mitleidenschaft gezogen. Nach die- sem nachtlichen Voriibergang der drei Eisheili- gen bereitete sich hochsommerliches Wetter aus mit Tagesdurchschnittstemperaturen von mehr als 24 Grad und 12 Sonnenstunden am Tage. Zahlreiche gewitterhafte Storungen verursachten erguickende Niederschlage von zusammen fast

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50 mm in der zweiten Monatshalfte. Die ge- samte Niederschlagsmenge des Monats, die sich auf 15 Tage verteilte, erreidite in Nuttlar den Normalwert von 76 mm. Die Zahl der Sonnen- stunden iibersdiritt 200, wahrend sidi die durdi- sdinittliche Monatstemperatur mit 14 Grad iiber den langfristigen Durchschnitt erhob. Der Mai — „kiihl und naB" — verabschiedete sich mit einer recht empfindlichen und feuchten „S chaf skal t e".

„Aequatoriales" Juniwetter

Gewittersdiwule und Regengiisse, wie sie sonst in siidlichen Breiten haufiger sind, bezeich- nen den Witterungscharakter des Brachmonds. Mehr als 12 gewitterhafte Entladungen bewirk- ten uber dem Ruhrtal reiche Niedersdilage, die vielerorts mit wolkenbruchartiger Heftigkeit herniedergingen. Die Gesamtniederschlags- menge in Nuttlar betrug fast 150 mm, das ist mehr als das verdoppelte NormalmaC. An ins- gesamt 18 Junitagen hat es geregnet, nadidem sidi haufig bis zum Nachmittag eine driickende Sdjwule entwickelt hatte. Die Ertahrung lehrt, daB sidi oft um Johanni starke Regengiisse ein- stellen, die in eine „Johannisflut" ausarten kon- nen, wie war es am Tage vor Johanni und zwei Tage spater erlebten. Am 23. 6. sind insgesamt 30 mm und am 25. 6. innerhalb von 2 Stunden 25 mm Regen hernieder gebraust. Die Flut hat an den Hangen und sogar innerhalb der Orts- lagen vielfach zerstorerisch gewirkt, die Saaten

beeintrachtigt und der Heuernte erheblidi ge- schadet. Die Durdisdinittstemperatur des Mo- nats Juni lag mit 16 Grad etwa um 2 Grad iiber dem NormalmaB, wahrend die Zahl der Sonnen- stunden kaum 150 iibersdiritt.

Juliwetter betrttblidi Das Gesamtbild des Juliwetters ist betrublidi.

Nur mit Miihe und Not konnte die Heuernte geborgen werden. Im Juli, der ja hier zu den regenreidisten des Jahres zahlt, in dem kein Schiitzenfest sidier ist, (ausgenommen das Anrs- berger. Die Redaktion), sind 90 mm Nieder- sdilage zu verzeidinen. Die Zahl der Sonnen- stunden blieb mit 150 in beachtlidiem AusmaB hinter der normalen Erwartung zuruds. Aber als Gewittermonat machte der Juli seinem Namen alle Ehre, denn mehr als 12 gewitterhafte Storungen und Entladungen uber dem Ruhrtal losten durdiweg heftige Regengusse aus. Die Durdisdinittstemperatur des Monats lag bei 18 Grad.

Emtemond mit 17 Segentagen Im Sauerland ist dem August als Erntehelfer

nidit redit zu trauen. Mit einem wolkenbrudi- 'artigen Dauerregen von insgesamt 35 mm inner- halb von 8 Stunden fing es an. Dann folgte eine fast zweiwodiige heitere Sommerzeit, die dem Beginn der Mahd auBerordentlidi giinstig war. In der zweiten Monatshalfte hat es fast taglidi geregnet, so daB die Bauern das Getreide

Zu den bekannten Freilichtspielen des Sauerlandes (Hallenberg, Elspe, Balver Hohlenspiele) ist jetzt noch Herdringen im Kreis Arnsberg gekommen, wo man mit Sdiillers Wilhelm Tell einen erfolgyerspredienden Anfang gemacht hat. Unser Bild zeigt eine Scene vor dem Tell-SdiuB. Auf SdiloB Hohenlimburg im markischen Sauerland fanden zum ersten Mai SdiloBfestspiele statt mit Sdiillers „Rauber" und Eichendorffs „Die Freier".

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geradezu vom Felde stehlen mufiten. Der August bradite es im Ruhrtal auf 17 Regentage mit zu- sammen 125 mm Niedersdilagen. Die Zahl der Sonnenstunden ubersdiritt 220, Durdisdinitts- temperatur um 18,5 Grad. Mitte August spurten wir eine halbe Woche die Wirkung der Hunds- tage.

Septemberwetter

Der September bradite uns zahlreiche sonnige Herbsttage, die der Landarbeit und dem Aus- klang des sauerlandisdien Fremdenverkehrs in gleidier Weise dienlidi waren. Das erste und letzte Monats-Drittel waren iiberwiegend trocken, wahrend um die Mitte des Monats starkere Regenfalle — darunter am 18. 9. eine Tagesmenge von 17,4 mm — zu verzeidinen waren. Die monatliche Tagesdurdisdinitts- temperatur lag bei 14 Grad, wobei das Absinken des Thermometers wahrend der Nacht bis in die Nahe des Gefrierpunktes bereits in der ersten Septemberhalfte eintrat. Die monatliche Nie- dersdilagsmenge betrug im oberen Ruhrtal 64 mm, die Gesamtzahl der Sonnenstunden 220.

Die sonnigen September- und Oktoberwochen

waren ein willkommener Ausgleich fur die ver- regnete Sommerzeit. Bis zum 17. Oktober sind kaum nennenswerte Niedersdilage gefallen. In der Nadit zum 9. Oktober trat der erste empfindlidie Nachtfrost (— 5 Grad) ein, der einen starken Laubfall bewirkte. Audi die drei folgenden Nadite verzeidineten Minustempera- turen, wahrend tagsviber bei redit hoher Warme bis zu 18 Grad die Oktobersonne 8 bis 10 Stun- den freundlidi ladite. Erst wahrend der letz- ten drei Oktobertage gewann diisterer Nebel die Oberhand. Die Zahl der Sonnenstunden des Oktober betrug 115, die Durchsdinittstempe- ratur des Monats annahemd 12 Grad. An 15 Tageniiel im oberen Ruhrtahl Regen. Die Nie- dersdilagsmefistelle in Nuttlar verzeidinete ins- gesamt 50 mm. An 9 Tagen herrsdite zeitweise diditer Nebel.

Der November brach alle Kekorde

Samtlidie Witterungsrekorde seiner Klasse hat der November uberboten. Ein November- wetter mit einer Durdisdinittstemperatur von etwa 7 Grad war seit 15 Jahren nidit mehr zu verzeidinen; daB zu gleidier Zeit die Nieder- sdilagsmenge auf ein Minimum von 13 mm zu- sammensdirumpfte. verleiht diesem verflossenen Neblung eine Seltenheit, die man in den ver- flossenen 100 Jahren kaum ein zweitesmal erlebt hat. Nur an 4 Tagen sank die Temperatur im Tagesdurchschnitt auf 2 bis 3 Grad ab, im lAn- gen betrug sie durdiweg 7 bis 8 Grad mit Hodist- temperaturen, die am friihen Nadimittag oft 5 Grad dariiber lagen. Die tiefsten Nadit- temperaturen zeigte das Thermometer einigemal mit 4 bis 5 Grad an. Die Zahl der Sonnenstun- den betrug 70. Bemerkenswert war die betradit- liche Nebelbildung an 9 Tagen. Am 23. 11. war sie vorubergehend so stark, dafi die Sidit auf 20 m behindert war.

Bluhende Lupinen und Rosen am Barbaralag Die ersten Dezemberwodien setzten das milde,

sonnige Herbstwetter des verflossenen Jahres- viertels, das durdi seine geringe Niederschlags- menge und hohen Durdisdinittstemperaturen seit Mensdiengedenken ohne Beispiel war, fort, so daB sidi die Pflanzenwelt nur sdiwer an die Winterruhe gewohnen konnte: Bliihende Lupi- nen, Aurikeln und gar Rosen am Barbaratag sind gewiB eine ausgesprodiene Seltenheit. Am 16 November pfliidcten Kinder in einem Garten inEversberg reife Erdbeeren! Erst in der zwei- ten Monatshalfte tastete der Dezember sidi zaghaft vor, begniigte sich aber m unsern H6henlagen mit einem, genngen Sdineefall von wenigen cm. Gesamtniederschlagmenge: 51 5 cm, Dur*sdinittstemperatur: 3 Grad, Zahl der Son- nenstunden 60, Schnenemenge 3 cm.

Lob dem Sauerkohl Schon im ersten Jahrhundert nach der Zeiten-

wende lehrte der griechische Arzt Dioskundes- dafi dem Sauerkohl fabelhalte gesundheitsfor- dernde Eigenschaften innewohnen. Auch die alten mediftnischen Bucher weisen au| d^e Vor- zSe des Sauerkohls fUr die Gesunderhaltung d^'Venschengeschlechtes hin f-Jtf^^^f; ipr rook nahm auf seiner Fahrt uber 60 iasser Sauerkohl ^ und berichtete nach Beendigung fer Fahrt, daB der Inhalt dieser 60 Fasser einen hervorragenden Anteil an seinem Erfolg gehabt hibe Der Schrecken der Seefahrer, der Skor- but hatte keinen Ausfall in seiner Mannschaft hervo^ufen konnen, weil der vitaminreiche Sauerkohl ein vorzugliches Gegenmittel dafar sei.

Auch in der Neuzeit hat sich eine groBe Zahl von Arzten und Forschem mit dem Sauerkohl beschaftiet und ihn aul seine gesundheithchen Eigenschaften untersucht. Sie haben festgesteUt, daB die Milchsaure und die ReichhalUgkeit an Vitaminen einen groBen Anteil hleran haben. Es ist allgemein bekannt, dafi die Milchsaure eine reinigende, entgiftende und klarende Eigen- schaft in sich tragt, die fur den Ko^Perhai^alt gar nicht hoch genug angeschlagen werden kann. So hatte der Sauerkohl In zahlreichen Fallen von Darmkatarrh auBerst gunstige Heil- erfolge erzielen konnen. Wenn wir auBerdem noch horen, dafi in rohem Sauerkohl besonders das Vitamin C vorhanden ist und er noch das Vitamin B enthalt, so wissen wir bei dem heutigen Stande der Forschung, dafi gerade diese Vitamine fiir den Auibau des Organismus von- weitgeihender Bedeutung sind. Die bekannte Fruhiahrsmudigkeit ist auf das Fehlen des Vita- mins C zuruckzufiihren. Es gibt also kein bes- seres Mittel, um sich hiergegen zu schutzen, ais den Sauerkohl. Auch der Gehalt an Mineral- stoffen und Eisen ist fiir den menschlichen Korper nicht ohne Bedeutung.

Es handelt sich bei dem vorstehend geschil- derten Spender des Vitamins C um jene Gabe, von der es schon in der lehrreichen Gechichte der bosen Buben Max und Moritz heifit:

Eben geht mit einem Teller Witwe Bolte in den Keller, DaiB sie von dem Sauerkohle Eine Portion sich hole, Wofiir sie besonders schwarmt, Wenn er wieder aufgewarmt.

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I

lietedtei^ ^^^U^ 144S

Eine geschichtliche ErzShlung ^von Walter Dahlhoff

'T» ber die Haarhohen zieht dichter Rauch. Seit ^''^ Tagen schon. Irgendwo brannte ein Dorf ab: die Bauernhofe in der Runde sind Triimmer- statten geworden. Es ist Krieg, Fehide. . . Ins fiinfte Jahr zieht sie sich nun schon bin. Seit- dem die stoize Hansestadt Soest dem Kohier Erzbischof die Untertanigkeit aufgesagt und sich den Herzog von Cleve als Landesherrn erkoren hat, ist Unruhe im Lande. Lippstadt ist auf Soest's Seite getreten. Unablassig ziehen kleinere bewaffnete Trupps durch die Gegend. Nur wintertags ist halberlei Ruhe, wenn es im offe- nen Lande nicht viel zu holen gibt.

Schlimm, sehr schlimm steht es um den Bauern In der offenen Feldmark. Soli er es mit den Soestern halten Oder mit den Kolnern? Was ihm die einen heute noch lassen, nehmen ihm die andern vielleicht morgen schon. Manches Bauerngesicht von gestern birgt sich hinter den struppigen Barten. Was blieb schon viel anderes iibrig, als sich zu den landstreichenden Scharen zu schlagen! Man hat einmal Frau und Kind gehabt. Leben sie noch? Man weiB es schier nicht mehr . . .

Die kleinen Stadte haben ihre Mauern ver- starkt. Die Tore miissen immer gut bewacht werden. Wenn die Burger am Morgen auf den Acker ziehen, haben sie Waffen bei sich. Ge- schlossen fahren sie aus, ebenso kehren sie mit- tags und abends heim. Zudem imiissen nach alien Richtungen standig ein paar Wachter kundschaften, sonst hat man unversehens den Teufel auf dem Halse.

Wie oft hatte man schon kopfiiber heim- miissen, weil einem die Knochen im Leibe doch noch lieber waren als der ohnehin sparliche Hafer Oder Roggen. Was sollte bei solch ver- riickter Wirtschaft auch richtig gedeihen! Nichts konnte man in Ruhe tun, nicht saen, nicht hacken und pflijgen und auch nicht ernten, wenn es iiberhaupt etwas zu ernten gab.

Der alte Schweinehirt Willem hat die jungen Ferkel seit Tagen in den Belecker Stadtvi/ald getrieben. Ganz viel finden sie noch nicht. Aber daheim im Stalle gabe es noch weniger. Es ist Dienstag vor Pfingsten im Jahre des Herrn 1448! Willem hat so etwas wie das zweite Gesicht. Manchmal schnuppert er in den Wind hinein; dann wei(3 er, daB einer stirbt. Heute rumort ihm irgend etwas im Blute herum. Da kennt er sich nicht aus. Kurz nach der Vesper haut er den Hiitejungen ein paar Maulschellen her- unter, daB sie sich verdutzt beeilen, und ist friihzeitig im Stadtchen zurijck. Das gibt Auf- ruhr in den engen StraBen. Der olle Willem ist da! Sicher ist etwas los! Er weiB etwas! Warum ist er nicht im Walde geblieben! Viele Fragen

bestlirmen ihn. „Et goit loB", ist alles, was er brummt. DaB es ihm ernst ist, sieht man an der steilen Falte iiber seiner Stirn . . .

Nun jagt die Unruhe wie ein Fieber durch die Stadt. Jedes Haus ist voU davon, 6nd in den Kammern wird es lange nicht still.

Beim Biirgermeister Wilke sitzen ein paar Stadtrate: der durre Schomaker; behabig und schwerfallig der frtihere Burgermeister Schelle- wald; Jobst Schrewe, genannt Humpeljobst, weil er einmal beim Heuabtun einen bosen Sturz getan hat, und noch einige andere. Heute wissen sie nicht viel. Man hat in den letzten Tagen so allerlei Gesindel herumstreunen sehn. Da ver- schlagt es einem leicht das Wort. Am meisten spricht noch Wilke. Er entwickelt einige Plane, die er seit langerem mit sich herumgetragen hat. Er merkt freilich, daB sie nur haj.b zuhoren. Ihre Gedanken sind drauBen beim Hafer, bei den Rvjben, dem Klee. Hatten die Soester nicht noch jedes Jahr ein gut Teil davon in den Grund geschandet? Vor vier Jahren war allerlei Vieh darauf gegangen. Vor drei Jahren war von SchloB Welschenbeck nichts iibrig geblieben als ein paar rauchende Triimmer. Und die 20 Kiihe und 10 Ackerpferde hatte man mit Ingrimm ver- wunden. In den beiden folgenden Jahren waren die Scharen immer wieder dagewesen, und je- desmal waren sie mit Beute abgezogen. Wie hatten die Acker hinterher ausgesehen!

Man hatte Rache genommen, ja, Belecke, Riithen, Warstein, Kallenhardt und noch ein paar Stadte hatten sich zusammengetan, Reisige ausgeriistet und in die Soester Fluren entsandt. Sie waren auch zuriickgekommen, wenn schon langst nicht alle. Beute hatten sie auch gemacht und ebenso Schaden angerichtet. Aber kam man damit welter? Wohin sollte das fiihren? Und wann wiirde diese Plage einmal aufhoren?

Immer noch redet Wilke. Warum eigentlich? Wo sie doch nicht recht aufmerken! In seinem Leben hat der kraftvolle Mann noch keine Angst gekannt. Vom Reden hielt er nicht viel. Arbeiten ist besser.

Aber heute abend ist es anders. Es driickt in ihm etwas. Das ist neu. Der Teufel mag wissen, was das ist! Alt ist er mit seinen 48 Jahren doch noch nicht. Er meint, daB er mitunter Leichen- geruch in der Nase hat. Am liebsten mochte er sich bekreuzigen. Aber das tut man unter Man- nern nicht. So ist er froh, als diese endlich einer nach dem andern davongehen. Als seine Frau Lina aus der Kammer ruft, es sei Zeit, er solle sich schlafen legen, muB er noch einmal nacn drauBen sehen. Er woUte noch eben zur Stadt- mauer, damit klappt die Haustiir zu.

Am Kirchenkreuz Itiftet er fromm den Hut. Es ist nun ziemlich ruhig. Den Kirchturmhahn kann er im Monde sehen. In der klaren Luft schwelt noch ferner Brandgeruch. Er kommt von Osten, aus der Riithener Gegend. Wie er iiber die Kirchhofsmauer sieht, meint er plotz- lich eine winkende Hand zu sehen. Er erschrickt. Doch dann ist er wieder klar. Was Lina, seine Frau ist, die sagt freilich, wem der Kirchhof winkt, der muB sterben! Er hustet kraftig. Das beruhigt. Aber nun will er schlafen gehen. Er empfiehlt sich Gott — das kennt er von der Mutter nicht anders. Des Morgens zuerst und des Abends zuletzt soil man mit seinem Herr- gott reden — kurzum. Anders ist das Leben nicht im rechten Lot. Dann schlaft er, wenn auch ein wenig unruhig.

In dieser Nacht sind die Hunde wie verstort. Das Vieh zerrt an den Ketten, und die Pferde

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stampfen ruhelos den festen Lehmboden. Der Kobold, 'der Kriegsteufel, geistert in den Liiften. Die kleinen Kinder wollen nicht schlafen, und die meisten GroBen konnen es auch nicht recht. Tausend Gliihwurmchen schwirren umher, Irr- lichtern gleich...

Im Kortlinghauser Walde, eine kleine Weg- stunde ostwarts von Belecke, haust in dieser Nacht eine bunt zusammengewiirfelte Schar. Jodokus von Meiningsen, der sie fiihrt, hat alle Muhe, sie bel Ordnung zu halten. Seit drei Jahren sitzt er im Sattel. Kriegsknechte laulen ihm zu und weg, je nachdem wie Beute und Sold gerade ausfallen. An die 160 Mann hat er heute bei sich. Er plant seinen groBten Streich. Er will die Bergfeste Belecke im Sturm nehmen und in den Grund brennen. Das wird alien an- dern Stadten des Kolners einen ordentlichen StoB geben.

Er will es ihnen geben, nochmals in die Ge- gend von Soest zu ziehen und zu pliindern. Seit- dem ihm die Belecker im Vorjahre den besten Teil seiner fetten Beute abgejagt haben, ist er ihr geschworener Feind. Jedem, der auf die Mauer steigt, hat er Pferd und Panzer ver- sprochen, dazu ein halbes Fuder Wein. Darum sind die Kerle wie wild auf den Tanz.

Hinnerk, der Fahnentrager aus Ampen, mit Schultern breit wie ein Kastenwagen, hat den ganzen Tag geprahlt, daB er die Fahne auf das Belecker Rathaus stecken will. Haha, das wird einmal eine ganz groBe Sache! Danach konnte man eigentlich wieder nach Hause ziehen und versuchen, ob man den Pflugsterz noch regieren kann. Das Herumstreunen im Lande wird man nachgerade leid. Ewig steckt man im Dreck. Mai lebt man iippig wie ein Furst, aber offer fehlt das trockene Brot im Beutel. In der letzten Zeit hat er manchmal an seine Hanne denken miissen in der kleinen Kate und an den Jungen den Dolfus, der jetzt neun Jahre alt ware, wenn — ja wenn der damals nicht von der verdammten Pest geholt worden ware. Das war genau zwei Jahre her. Und eine Woche spater war die Hanne auch von ihm gegangen. Und das war nur davon gekommen, daB sie zu viel am Grabe des Jungen gesessen und geheult hatte. Da hatte es ihn geschiittelt. Wild und rasend war er ge- worden. AUes stehen und liegen lassen und sich zu den Kriegsknechten gesellen, war elnes gewesen. Manchmal aber kommen ihm merk- wijrdige Stunden. Dann ruft es ihn nach Hause. Er fuhlt sich mit dem verwilderten Gesicht nicht wohl unter den Wiistgesellen. Die sind' doch wohl anders als er. Es brennt ihm eine Stelle unter dem schweren Wams. Die kommt wohl erst zur Ruhe, wenn er wieder auf der eigenen SchoUe sitzt und an die Graber gehen kann. Lange schon fiihlt er das. Heute wurde es ihm zur GewiBheit. Ganz weich war er gewesen. Am liebsten ware er davongegangen. Aber da war die Fahne 1 Auf die hatte er geschworen! Davon durfte man nicht lassen! Wie immer, wenn ihn die Riihrseligkeit ankam, hatte er angefangen zu Prahlen. Dann merkten die andern nichts. Aber nnorgen, wenn er die Fahne zum letzten Male getragen und zum Siege gefiihrt hat, will er seinen Abschied nehmen. Schwerfallig und breit liegt er da, die Fahne eingerollt im Arm . . .

Als der erste Hahn beim Ruiter gegen 3 Uhr morgens kraht, ist der Mann hoch. Er hat Ab- losung bei der Stadtwache. Alle kommen sie an die Reihe. Er nimmt die Hellebarde und stapft zum Lammers, der mit trockenem GruBe heimgeht. Nichts ist los.

Eine halbe Stunde spater aber prasselt es verdachtig vom Diinnenberg her. Wieder legen

die Hunde los. Man muB sie schlagen, sonst kann man vor Gebell nichts horen. Und jetzt — da — sieh! So schaut es also aus! Zwei Reiter, dann FuBvolk, und danach Wagen, und danach wieder FuBvolk. Hm! Das wird ja heiter! So ganz ohne ist das nicht! Na, denn also los! Ruiter jagt den Hermann Moller, Alarm zu schlagen. Der rennt und schreit los. Im Nu kribbelt und wimmelt es in alien Ecken der Stadt. Die Manner wissen, wo ihr Platz ist. Das ist seit langem ausgemacht. Aber das Weiber- und Kindervolk drangt sich uberall und nirgends herum. — —

Als Wilke ins Freie tritt, hat er ein eigen- artiges Gefiihl. Gerade biegt er um die StraBen- ecke, da muB er noch einmal zum Haus zuriick- sehen. Und denkt, er sahe eben den Leichenzug aus der Haustur treten, der vor sieben Jahren den Sarg der Mutter hinaustrug. Jetzt mochte er wohl wissen, ob die Pfingstrosen auf ihrem Grabe schon erbliiht sind, die Lina im letzten Herbst setzte. Aber Mann, kommt es ihm in den Sinn, j^tzt geht es doch wahrhaftig um wich- tigere Dinge. Ist er denn immer noch wie ein Junge, er, der Biirgermeister dieser Stadt?

In diesen Gedanken springt ihm Hermann Moller mitten hinein. „Vom Diinnenberg, vom Teufelsloch kommen die fiunde", iiberschlagt sich seine Stimme. Ein ,,paar hundert Mann", ubertreibt er.

Mit raschen Schritten, aber ohne eigentliche Hast, ist Wilke an Ort und Stelle. Boser, als er gedacht hat, schaut das allerdings aus. Heute geht es um alles! Die haben Sturmleitern hoch auf die Wagen gepackt. Wozu sie dienen, ist doch wohl klar. Zudem sind die Kirschen noch langst nicht reif.

Den flinken Hermann Moller rund um die Stadtmauer schicken und alle Burger bis auf die notigsten Wachposten an die Ostseite der Stadt entbieten, ist rasch erledigt. Langst ehe die Soester ganz heran sind, ist alles zur Stelle. Sogar Kaspar Tewes mit seinen 80 Jahren und dem gichtgebogenen Riicken fehlt nicht. Was an Waffen da ist, haben sie mitgebracht. Der eine ein Schwert, der andere eine Hellebarde, der dritte hat einen verrosteten Helm aufgestiilpt, wieder andere Lederhelme. Heu- und Mist- gabeln sind in Menge vorhanden. Auch an Axten und Beilen fehlt es nicht. Die meisten haben dazu die Armbrust der Biirgerwehr.

Indessen verhalt der Zug der Soester in einiger Entfernung.

Die Sturmleitern werden abgeladen, geschul- tert und auf einer Front von 80 m bis auf

Dies ist mir Gebet Und dies ist mir zutiefst Gebet: Der Abendwind, der mich umweht, Des Zweigleins zarte Bldtterhand, Die ich im Vorlenz grUnend fand, Der Pflug, der harte Schollen bricht, Der Bauer, saend in das Licht, Das Voglein, das zur Sonne strebt Und jubelnd in der Hohe schwebt, Der Ahren goldne Kornerflut, Die erntereij im Halme ruht, Des Kindes klare Unschuldsstirn, Der reine Schnee des Alpenfirn, Am Abendhimmel Stern bei Stern. — Preis mit der Schopfung Gott den Herrn!

Martha Schlinkert

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Jill I

He/nr/cfi Luhmann Aus altersbrauner Truhe mannigfalt Lieh dir die Heimat gnadenhohe Gaben. Der Lippe Wasser raunten um den Knaben. Fernnahe lockte Soest geheimnisalt.

Den Gastverwandten bannte Berg und Wald, Des Sauerlandes Volkes Wort und Weise. Hier sangst du deine Liebe zart und leise, Schnittst Bauernschddel und -gestalt.

Vnd wie Westfalens Sohnen jederzeiten, Wie Pope, Weber, Grabbe, Freiligrath, Stand dir das Reich vor Sippe, Stamm und Heitne:

Seht KSnig Vogler durch die Lande reiten ! - - Du streutest in die Herzen goldne Saat In Wolfszeit — unsern Enkeln Hoffnungskeime!

Ferdinand Wippermann

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50 Schritt an die Stadtmauer vorgebracht. Dann halt. Und jetzt ein Hornsignal! Jodokus von Meiningsen reitet wenige Schritte vor seine Mannschaften. Er fordert die Stadt zur Uber- gabe auf. Drei Tage Besatzung und 800 blanke Taler lautet seine Forderung.

Wilke blickt sich um. Nickt einer Ja? Keiner! ..Wir wollen es wagen! Mit Gott und Sankt Pankratius, unserm Schutzpatron"!

„Mit Gott und Sankt Pankratius" kommt es hell und dunkel zuriick. Dabei halten sie die Kopfbedeckung in den Handen.

Ehe Wilke-sich wendet und dem Jodokus das Nein! zmchreit, streift sein Blick den Kirchturm, zu dessen FuB sich nun gewiB bald die Pfingst- rosen offnen ...

Jetzt rucken die Leitern an. Sechs, nein acht zUgleich. Die Manner tragen die Leitern mit der linken Schulter, reohts haben sie Schilde zu ihrem Schutze erhoben. Bis auf 30 Schritte heran folgen ihnen Armbruster. Dann halten diese und zielen auf, jeden Kopf, der sich ober- halb der Stadtmauer zeigen will. Umgekehrt halten die von Belecke Schilde imd schildahn- liche Bretter vor sich, zwisohen denen hlndurch sie jede Bewegung da drauBen verfolgen. Als die Leitern heran sind, setzt von oben ein Stein- hagel edn, dazwischen schwirren Pfeile hiniiber vnd heriiber. Unten walzen sich ein paar schreiend am Boden, von oben kollert einer auBen die Mauer hinab, mit einem Pfeil in der Kehle; drei andere sacken bose verwundet in sich zusammen.

Die Frauen der-Stadt, die Steine und waffen- ahnliche Geratschaften herbeischleppen, schreien auf bei ihrem Anblick. Aber da soil einer den alten Willem sehen! Rasch treibt er sie und die Jungen mit seinem Schaferstock wieder an die Arbeit. Zum Flennen ist nun nicht Zeit! Da ist er hart, unerbittlich!

Hinter seinen Sturmmannern verhalt Jodokus von Meiningsen. Knapp kommen seine Befehle. Dazwischen muB er immer wieder zur Seite sprdngen, um den Geschossen auszuweichen. Verdammt hart wird es hergehen. Die Dicto- schadel da drinnen werden so leicht nicht zu bezwingen sein. Aber er hat es sich nun einmal vorgenommen. Und wenn es seine halbe Mann- schaft und mehr kostet. „Leitern hoch"! Schwan-

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kend kommen sie auf. Schwere Brocken pfef- fern auf sie nieder. Hier und da kracht eine : Sprosse zusammen, mehr Manner liegen am Boden. Verbissener und siedender wird die Wut. Zugleich mit den Steinen fliegt nun auch heiBes Wasser, gliihendes Pech herunter. Auf Gesichtern, Nacken und Handen quellen Brand- blasen auf. Der vorderste- Mann auf der dritten Leiter hat soeben die Hohe der Mauer erklom- men. Doch da hat ihm Ludger Lammers einen Sperr zwischen die Rippen geklemmt. Einen Augenblick schwebt der Korper waagerecht in der Luft. Er gleicht einem Schiff, dem die Segel am Mast fehlen. Mit dumpfem Aufprall schlagt er unten auf. Eines Atems Lange hat das Ge- tiimmel gestockt. Jeder hat hinsehen mUssen. Dann wieder dran und drauf!

Beachtliche Faustlinge und Pfeile landen auch hinter der Stadtmauer und richten imter Mann, Frau und Kind ebenso viel Schaden wie Unord- nung an. Willem hat alle HSnde voU zu tun. Wie flink und Barsch der Alte ist! Man muB ihm ge- horchen, ob man mochte oder nicht!

Um die Manner auf der Mauer hat Wilke keine Bange. Sie sind jetzt am Zuge. Jeder von ihnen steht oder fallt an seinem Platze. Scharf halt er den Meiningser im Auge. Wenn der nur nicht sonst noch was im Schilde fuhrt.

Aha! — da konunt der mit einer kleineren Schar gut 200 m mehr sudMch eben jetzt an die Stadtmauer heran. Wie behende die Burschen sind! Drei Sturmleitern bringen sie im Lauf- schritt. Schon sind sie hoch. Aber da ist auch Wilke mit 30 Mann zur Stelle. Er sieht die haB- verzerrten Ziige des Gegners, dem der Fluch aus den Zahnen springt.

Zwei, drei Versuche macht Jodokus. Sie alle enden wie der erste. Ja, schlimmer! Denn die Manner haben 6-, 8 m lange Baume mit Gabeln zu Handen. Damit packen sie das obere Leiter- ende und sturzen das Sturmgerat mitsamt der Bemannung um.

Da laBt Jodokus zimi Sammeln blasen. Die in der Stadt atmen schon erleichtert auf. Aber der Kriegsrat da drauBen laBt nichts Gutes ahnen. Immerhin, man kann sich ein wenig ver- schnaufen. Propst Godert Dobber verbindet mit seinen Monchen die schlimmsten Wunden.

Wie jetzt Schlag 6 der Engel des Herm an- hebt, fallen alle Stimmen in das Gebet ein. Kaum 1st das Amen verklungen — die Sonne hat sich aus dem Fruhdunst befreit und lafit den Halm am Kirchturm funkelnd aufblitzen — da geht die Furie wieder los. Noch hitziger als anfangs sttirmen sie herauf, grimmiger werden sie abgewehrt.

Wilke ist mit den Augen uberall. Und da, da stockt ihm fast der Atem. Am rechten Flugel sind drei, vier, sechs Soester auf die Mauer ge- kommen. Ein wdldes Handgemenge tut sich. Und wahrhaftig, da steigt eben das Soester Banner Uber den Mauerrand. Und der es tragt, ist ein Htine von Kerl. Jetzt geht es um alles!

Schier hatte sich Wilke im Laufen -Qber- schlagen. Schon schwankt sein Leib halb aus- warts der Mauer, da kann ihn Lutz Crvisen eben noch zuriickreiBen. Mann, das war fast gefehlt!

Dafiir ist ihm jetzt, als habe er doppelte, nein, sechsfache Krafte in sich. Zwei Soester sind eben im Bogen vor ihm hinabgeflogen. Schmied Wessel hatte ihnen eines auf den Kopf gegeben,, daB sie das Luftholen vergaBen. Aber drei neue sind dafiir oben. Vier Mannerpaare, aus Frelmd •Und Feind gemischt, gehen dlcht hintereinandei iiber den Mauerrand, mit den Armen fest ver-

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r klammert. Wie Wilke seinem ersten Gegenuber an den Leib will, wirft der die Arme hintenuber und fallt ohne Wort in die Stadt. Dem zweiten rennt er seine Hellebarde dermaBen in den Hals, daB sie mit dem Gesellen in die Tiefe saust. Nun steht nur noch der Faimentrager Hinnerk aus Ampen auf der Mauer. Ihm gilt es jetzt, und vor allem der Palme. Wilke hat zwed Hande frei, Hinnerk nur eine. Doch jetzt hat er das Banner in eine Spalte geklemmt. Das Tuch entfaltet sich Wie zum Triumphe. Mit einem wilden iSatz ist Wilke am Leib des Hiesen. Fast waren sie beide heruntergewirbelt worden. Jetzt hat er den an- dem an der Kehle. Und drtickt, und druckt, daB ihm schier schwarz vor den Augen werden will. Und spiirt, wie dem andern die Arme kraftlos werden. Wenn er jetzt nidht aulpaBt, geht er doch noch mit in die Tiefe. Blitzschnell laBt er IDS, stoBt dem Hinnerk die Rechte gegen das Gesicht, kommt frei, findet das Gleichgewicht,

steht aufrecht und greift voll in das Tuch der Fahne... x

Da hebt um ihn Jubel an. Das ist der Sieg! Doch was ist das nur! Gl^tet die Fahne?

Fliegt er mit ihr? Hoch, immer hoher, ist jetzt an der Kirchturmspitze und sieht — wirklich, schau doch nur hin — wie unter ihm die Pflngst- rosen erbluht sind und die Mutter ihm freund- lich zuwinkt. . .

Am Nachmittag des ersten Pfingsttages gibt eine ganze Stadt ihrem Toten das letzte Geleit. Propst Godert halt seine kurzeste Predigt. Die Worte taugen doch alle nlcht: „Der hier ruht, unser Wilke, war ein ganzer Mann! Er war: bis in den Tod getreu! Herr gebe ihm die ewige Ruhe"!

Zugleich mit dem vielhundertfachen Amen hebt sich schwer der siiBe Duft der Pfingstrosen am machtvoUen Kirchturm empor.

Von Franz Predeek

Trat man aus dem sagenumwobenen „SaaIe" meines groBelterlidhen Hauses ins Freie, gelei- tete eine verwitterte, von Bruchsteinen einge- fafite Steintreppe in den hodigelegenen Garten. Zierlidies, mit Bliitensterndien ubersprenkeltes Leinkraut oder Frauenfladis (linaria cymbalaria) quell aus den Fugen der Planerkalksteine, die, zu einer Futtermauer aufgesdiiditet, zwisdien Gar- ten und Hinterhaus einen kleinen, sdimalen Lauf- graben freihielten und den Garten zur Gasse hin In Gestalt einer hohen, breiten, eigenwillig ver- laufenden und nicht immer im Lot stehenden Gartenmauer absdilossen. Mauerpfeffer (sedum acre) und Steinbredit (saxifraga) bildeten weidie Polster, farbbunte Mimosen uberzogen das ver- wunsdiene Gemauer wie mit einer marchen- sdionen Patina. Der ganze Reiz alter Bruchstein- mauern ersdiloB sidv hier dem begluckten Auge und schuf das Gefuhl stiller Abgesdiledenheit und wohltuender Geborgenheit.

Der Eingang zum groBelterlichen Garten war fur uns Jungen wie der Eintritt in ein stilles Para- dies. Nur eingesdilafene Stille, ulkig und sperrig hingemalte Sonnenkringel und bliiten- duftumwobene Liifte umgaben und durdiwirkten ein Meer von vertraumten Blumen und schil- lernden Farben. Der Garten bestand zu seinem groBten Teile aus reditedcigen Blumenbeeten, von wohlgepflegtem Budisbaum eingefaBt, deren jedes wohl ein Dutzend hodistammiger Rosen zahlte. Die uniibertreftbare Rosenpracht wurde emporgehalten durdi sediseckige, blendend weiBe Stabe, die alle durdi leuditend rote Kopf- chen verziert waren. Auf dem Grunde der Beete ein Polster von Reseden, Levkoyen'und Lowen- maulchen, aus dem feuerflammende Gladiolen und rostrotgluhende Tageten in stolzer Pradit aufsdiossen. Streichelte man liebkosend die bunten Bliitenpolster, entwidien ihnen'taumelnd und unwillig Schwarme von Fiichsen, Blaulingen und Stadieibeerfaltern. Admirale und Pfauen-

augen offneten wie Klappaltare ihre Farben- pradit, sdiaukelten die Flugel und sdiwebten trunken von dannen. Wolken kostlidier Dufte quoUen aus diesen Bliiteninseln hervoi' und er- fiillten rings den Garten mit ihrem wurzigen Fluidum wie mit einem haudizarten Gewebe aus Glucksfaden und zeitlosen Wunschtraumen. Das wohlige Gesumme halbberausditer Bienen und Hummeln bildete den satten Unterton der buko- lisdien Pastoralsymphonie, in deren sadit ab- rollende Thematik nur der sdiwere, sonore Sdilag der alten Domturmuhr von Zeit zu Zeit zwar jah, aber dennodi nie storend einfiel. Die Stille in dem begliidcenden Garten war so leise, daB man das baselige Gaukeln der Pfauenaugen zu vernehmen meinte, die sich trunken von den Reseden oder Tageten erhoben, oder den hasti- geren Fliigelsdilag der Admirale und Sdiwalben- schwanze, die gesattigt von einer zerquetschten Birne lieBen, oder den sprunghaften Flug der KohlweiBlinge, die es mehr mit dem kleinen Ge- musegartchen hielten, das sidi bis zu dem Gitter- zaune an des Nadibars Seite hin erstreckte.

Den Mittelpunkt des Gartens wie audi des frohlicb-unbekiimmerten Gartenlebens bildete eine aus farbig gestridienen Brettern und Latten verfertigte und mit einem regensidieren Dadie abgededcte Laube. Mitten in einer wahren Blu- tenherrlidikeit versunken, war ihr Gelander noch dazu mit Blumenkasten bestanden, die das far- bige Wunder fast bis in ihr Inneres trugen. Die Riidcwand sdimiidite ein in Oelfarben aufge- tragenes Freskengemalde, den Blidc vom Kloster- berge auf den SdiloBberg zu Arnsberg dar- stellend. Diese Gartenlaube, in der an sdionen Nadimittagen Kaffee getrunken wurde, barg fur uns Jungen ein unvergeBlidies Wunderding: eine Spieluhr, deren Spielvermggen sidi jedodi nur auf das einzige, etwas wehleidige Lied be- sdirankte: „Letzte Rose, die idi pfliickte". Fur uns Jungen wurden die „letzten Rosen", die zier-

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Vorsicht

Die Liebe ist die Dammerung, Die Ehe ist der Tag; Da sieht oft manclier gute Jung' Mehr, als er sehen mag. Und manche, die als Braut gelacht, Betrauert, was sie nicht bedacht; Die Liebe ist die Dammerung, Die Ehe ist der Tag.

F. W. Weber.

lich aus dem metallenen Gehause sprangen, frei- lich niemals alle.

Kein Konig, der nicht auch einmal die Grenzen seines Reiches begeht. So begingen, oder besser gesagt; bestiegen wir mit besonderer Vorliebe die durch behabige, dickleibige Bruchsteinmauern dargestellten Grenzen unseres Jugend-Dorados. Aus Schnadeziigen wurden dann meist regel- rechte Beuteziige; denn nur von oben her lieBen sich gewisse Gewachse wie HaselnuBstauden und Friichte wie Mirabellen und Eierpflaumen sowie vor allem die Trauben aus des Nachbars Garten am besten ernten. In das stille, unbe- merkte, beschauliche Getue auf der alten Garten- mauer schlich keine Verraterseele, drang kein Warnruf von irgendwoher. Wohl IieI5 das un- schliissige Geknirsch bedachtiger Schritte in den Kieswegen uns fiir einen Augenblick aufhorchen, doch dies verlor sich bald wieder in jenseitigen Fernen.

Fine unsagbare Wonne, ein Gliicksgefiihl son- dergleichen stromte das Milieu des alten Gartens

aus. Traumverloren, wie er der Menschenseele nun mal nottut, soil sie empfindsam bleiben und gefiihlvoll, lag man im Rasen oder in den behag- lichen Gartenstiihlen und lieB die Phantasie in weiBen Barken auf dem blauen Ozean eines un- getriibten Himmels spazierenfahren. So weit, adi, so weit! Der traumerisch spahende Blick zur diesseitigen Erde zuriickgekehrt, blieb fiir eine Weile an den Pfannekuchenhauschen der nahen Gasse hangen, versteckte sich in den magi- schen Schatten, die unter den alten Obstbaumen entlang den Mauern hockten, glitt iiber das warme, kuschelige Dachgefieder alter Burger- bauten oder liebkoste mit dem griingeisternden Fanal der Domturmhaube.

Bis die Schatten langer wurden und sich sperrig reckten, die miiden Falter heimschaukel- ten und der Feierabend sich mahlich hernieder- senkte. Dann wechselten auch wir drei Jungen heriiber vom Morgenlande der Sehnsucht zum Abendlande der Erfiillung.

Das Paradies des Kinderlandes ist langst zer- stort. Der stille Garten wurde an fremde Men- schen verkauft, die dort eine groBe Fabrik er- bauten. Die Fabrik brannte ab. Eine StraCe mit Hochhiiusern wurde durchgebaut; Motor- rader zerijjonnerten die einst, ach, so stillen Ge- filde und quasende Lautsprecher ranken frech ihr Gespott iiber die traurigen Reste der alten Mauern. Bomben zerschlugen zum SchluB die letzten Spuren des Landes, dessen Name Orplid war.

Aber im Zauberreiche des Erinnerns lebt er fort, der stille Garten, schoner noch, reicher und duftender, steht das verlorene Paradies wieder winkend und verheiBend vor der Seele.

ij ;;;•.'•

^m^i^a^d Immer wieder kann man feststellen, daB der

weitaus iiberwiegende Tell der Bevolkerung beziiglich der in Gottes freier Natur lebenden Tiere eine kaum toegreifliche Unwissenheit besitzt, mag es sich nun um Nutz- oder Raub- wild oder gar um Vertreter unserer so un- gemein artenreichen Vogelwelt handeln.

Besonders oft werden die drei bei uns haufig vorkommenden Raubvogel Bussard, Ha- b i c h t und S p e r b e r miteinander verwech- seit. So wird dem Bussard manche Untat an- gehangt, die von einem der beiden anderen gefiederten Raubritter ausgefuhrt wairde.

Der im Sauerland vorkommende Bussard ist der M a u s e b u s s a r d — der Rauhfufibussard ist ein nordischer Wintergast; er briitet nicht in Deutschland, wahrend der Wespenbussard ein nicht haufig anzutreffender Brut- und Zugvogel ist —, der bei uns als Strand-, Strich- und Zugvogel bekannt ist. Er ist fiir die Land- wirtschaft auCerst niitzlich und nur be- dingt jagdschadlich. Seine Hauptnahrung be- steht in Feldmausen, die er nach der Art der

Turmfalken im HerabstoBen schlagt und ge- wohnlich an Ort und Stelle kropft. Weiter vertilgt er mit besonderer Vorliebe Hamster und Ratten, wie er auch Maulwurfen viel Ab- bruch tut. DaB er gesunde Feld- und Haus- hlihner, Fasanen, Tauben, Karnickel und Hasen schlagt, ist selten, denn er besitzt dafiir weder die erforderliche Gewandtheit, noch die geeigneten Waffen. Wenn der Bussard diese Tiere kropft, dann handelt es sich dabei fast immer um kranke oder angeschossene Stiicke. die sonst ohnehin in Verlust geraten -wiirden. Es gibt allerdings auch Ausnahmen.

Unstreitig die schadlichsten unter alien in Deutschland vorkommenden Raubvogeln, jetzt Greifvogel genannt, sind Habichte und S p e r b e r. Wahrend der Habicht nicht nur Tauben, Haus- und Feldhuhner, Fasanen, Krahen, Hasen, Karnickel, Eichhornchen, Hamster, Ratten und Wiesel jagt, sich iiber- haupt an dlles wagt, was er bewaltigen kann, bestehen die Opfer des Spertoers zumeist aus den verschiedensten Arten unserer Kleinvogel- welt. Seine Zuflucht zu Insekten und Mausen nimmt er nur bei Nahrungsmangel. Es ist ver- burgt, daB der Sperber zuweilen sogar zu ganz raffinierten Verstellungskiinsten greift, wenn ihm die Jagd nicht gleich gelingen will.

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Eine heitere aber wahre Geschichte

Der groBte Haufe hort beim hellen Tage mit Vergniigen liber die Ge- spenster spotten und bei dunkler Nacht mit Grausen davon erzahlen.

Gotthold Ephr. Lessing

Es ist schon viele Jahre her. An langen Winterabenden safien wir Kinder beim Sdiein des Oellampchens in der warmen Stube und lausditen andachtig den schonen Erzahlungen, die uns unsere gute Mutter vortrug. Nicht nur wir lausditen ihr, sondern auch die Nachbars- kinder Icamen abends gern zum Metten-Haus, auch noch, als sie langst schon schulentlassen waren. Mochte es drauBen frieren, schneien, regnen, stiirmen oder finster sein; Mantel, Schirm und Sturmlaterne halfen iiber solche Hin- dernisse hinweg. Am liebsten horten wir grau- sige Geschichten von Raubern und Gespenstern. Wenn es uns dabei auch eiskalt iiber den Riicken lief und wir uns nachher vor Grusseln bis iiber die Ohren unter die Bettdecke verkrochen, wir wuBten die Mutter immer wieder zu bewegen, Wenigstens eine solcher Geschichten zu er- zahlen.

An jenem Abend, von dem ich hier erzahlen will, standen uns wieder einmal die Haare zu Berge. Die Nachbarskinder machten sich gerade auf zum Heimgehen, da — gab es ein Gepolter und Gerappel, wie wenn eiu Dutzend Gespenster losgelassen worden waren. „Wo war das?" — I,Was mag das sein?" — „In der Kammer iiber uns ist es!" ging das Gefliister. Da,-wieder der- selbe Spektakel! Alle guten Geister, steht uns bei! Kreidebleich jammerten wir Kleinen: „Ware doch Vater erst hier!" — Wir miissen doch erfahren, was das ist; das ist kein Spuk, vielleicht ein Einbrecher!" meinte Nachbars Heinricht. „Glaubst du, abends um neun Uhr kamen schon Einbrecher, und dann mit einem solchen Krach?" wurde ihm geantwortet.

Heinridi war nur ein Dreikasehoch, aber Mut liatte er schon immer bewiesen. Als es nun wieder iiber uns polterte, klopfte er mit dem Besenstiel ein paarmal gegen die Decke. Ueber uns wurde es plotzlich still. Gerade wollten wir befreit aufatmen, da ging es von neuem los und noch lauter als vordem. „Nun konnt ihr mir sagen, was ihr woUt! Dies geht niemals mit rechten Dingen zu!" Einer hatte es gesagt, und die meisten von uns glaubten dasselbe.

Was nun., wenn uns Heinrich durch sein Klopfen das Unwesen auf den Pelz gelockt hatte; Wenn es uns an Hals und Kragen ging? Immer naher riickten wir der Haustiir zu. Nachbars Heinrich packte die Laterne: „Bleibt hier; ich gehe erst nach Hause und hole die Flinte!" Und fort war er. „Wenn er doch seinen Vater rnitbrachte!" „Der ist nicht daheim", wuBte einer zu berichten. „Was fiir ein Gewehr meint Hein- rich denn?" „Es ist ein altes Ding, mit dem man nicht mehr schieBen kann."

Heinrich kam zuriick und war bepackt mit einem alien Vorderlader. In seinem Eifer sich

Holzsagen ist auch „Wintersport"

auf kein Befragen einlassend, stieB er hervor; „So, jetzt gehts zur Kammer! Wer geht mit und leuchtet?" Freiwillig meldete sich keiner. „Franz, geh du mit", forderte Heinrich meinen altesten Bruder auf, „du brauchst mit der Laterne nur hinter mir her zu gehen, muBt sie aber so halten, daB ich gut sehen kann". Franz lieB sich be- reden, und ahnlich Indianern auf dem Kriegspfad — so mochten sie es aus den Karl-MJay-Biichern kennen — schlichen die beiden die Treppe hin- auf. Wir anderen tasteten uns hintei^ihnen her.

Die beiden Mutigen standen lauschend vor der Kammertiir, und als es drinnen wieder laut wurde, flog mit einem Ruck die Tiir auf. Wir horchten gespannt auf das, was nun kommen muBte und — es kam. „Machst du, daB du her- auskommst, du verriicktes Biest!" und ein helles Lachen schallte aus der Kammer. Flugs waren wir alle dort und sahen gerade noch, wie unsere Katze durch ein Loch entwischte. das sie sich in den vor das Fenster gespannten Maschendraht gearbeitet hatte.

Wie aber hatte uns das Tier in so groBe Angst gebracht? Die in der Kammer zum Liiften aufge- hangten Schinken und Wiirste hingen dem Kater zu hoch, daB er schon einen gewaltigen Sprung machen muBte, um an sie heranzukommen. Nach jedem Sprung war er zwischen die Aepfel ge- purzelt, die aufgeschiittet auf dem Boden lagen und jedesmal durcheinander koUerten. Nun war uns alles klar.

Der Kater ist uns durchaus nicht zum Schaden gewesen. Nicht, well er trotz seinen Bemuhun- gen doch keine Wurst geschnappt hat; nein, er hat uns bewiesen, daB eben nicht alles Spukerei ist, wenn es auch noch so sehr den Schein hat, daB es spukt. J. M.

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Luninge ^ Ein MSrchen von Heinrich Kleibauer

•y7ei Liinings hatten sie mal wieder ein ganzes '•^Nest voU Kinder. Es waren funf an der

Zahl, und sie waren sdion so groB, dafi sie aus dem Nest hinaussdiauen konnten. Nodi ein paar Tage, dann sollten sie fiir grofijahrig erklart warden und ausfliegen.

„Gott sei Dank!" sagte der alte Liiningsvater Graukopf, „das sind mir dodi saure Wodien ge- wesen; die Kinder fressen mir nodi die Federn vom Kopfe".

„Nun gehab didi nidit so", schilpte seine Frau, die den riditigen Namen Sdinatter hatte und auch eine Schnatter war. Der Sdinabel stand ihr den ganzen Tag nidit still; sie redete und sdiimptte von morgens bis abends, und noch im Traume knitterte sie mit dem kurzen stumpfen Sdinabel. „Madi, daB du ins Weizenfeld kommst, alter Driidiebergeri oder meinst du, meine lieben Kin- der sollten Hunger leiden und du laBt dir die warme Sonne auf deine Flittgen brennen?!"

„Nun man stille, idi fliege sdion", flisperte Vater Graukopf> Er hatte es nidit leidit bei der groBen Familie.

Mutter Sdinatter pliisterte sich zurecht, strich mit dem Sdinabel iiber alle Federn, daB sie glatt lagen, flog dann in deti Eierpflaumenbaum und sah von da ganz yerliebt auf das Nest, das bei einem Bauern in einem verdedcten Sdieunen- lodi saB, und wenn eins von ihren jungen Kin- dem den Kopf herausstredite, dann rief die Mutter angstlidi; „Kinderdien, fallt nidit heraus und seid artig, Vater kommt gleidi und bringt eudi audi etwas Ledieres." Das muBte man ihr lassen, zu ihren Kindern war sie so lieb und vor- sorglidi, wie eine Mutter nur sein kann.

Die Liiningsfamilie war sdion seit Jahr und Tag auf dem Bauernhof zu Hause. Miete be- zahlten sie nidit; zu fressen hatten sie auf dem Hof, im Garten und auf dem Felde mehr als genug; sie emteten da, wo sie nidit gesat hatten. Das gehorte sidi so seit uralten Zeiten. Und dodi war Mutter Sdinatter nidit ganz zufrieden. Es paBte ihr nidit, daB sie in einem Bauerndorf hausen muBten. Sie wollte gem hoher hinaus und etwas Besseres darstellen, ihre Gedanken gingen nadi der Stadt, wo mehr Leben war, so man die Nadit zum Tage madite und wo die feinen Leute wohnten. Darum erzahlte sie ihren Kindern immerzu etwas von der Sdionheit und dem Leben in der groBen Stadt, von den Tauben auf dem hohen Kirditurm, von den schonen Parkanlagen und den feinen Leuten auf den StraBen.

„Man muB etwas auf sidi halten", fiigte sie dann hinzu; „ Kinder, wer sidi nidits diinkt, ist audi nidits!"

Vater Graukopf wollte von dem Gequater und Getue nidits wissen. Er warf auf dem Bauern- lande groB geworden und wollte audi seine

*) In Westfalen werden die Spatzen Liininge ge- nannt.

letzten Jahrdien dort versdileifien und hier sterben ...

Die andere Wodie sollten die Kinder aus- fliegen, und dann soUte audi die Kindtaufe sein, und jedes Liiningskind sollte einen feinen Napien haben. So etwas gehort audi zur Bil- duhg. „Meine Kinder soUen nidit als Ausbunde und Stroldie angesehen werden, Bildung, Kin- der, Bildung!" Vater sagte nidits und flog in die nahe Erbsenrabatte.

Auf dem Bauernhofe war ein didcer Sdirut- hahn, der so nett koUern konnte, sonst aber ganz gutmiitig war. Der sollte den Kindern den Namen geben. Er wurde hoflidi von der Mutter Schnatter gebeten und sagte sqgleich zu. Der groBe Hiihnerhahn aber, der audi geladen wurde, drehte sidi stolz um, kratzte mit dem FuB, krahte und sdiaute von oben ganz minnadi- tig auf die kleine Spatzin herab. Die wurde aber bose, sdiimpfte auf das hodmasige Huhnerpadc und das ganze Bauernvolk und flogt sofort zum Vetter Buchfink und dann nadi der Starenmutter, die audi beide ihr Kommen zusagten.

Die feierlidie Namengebung fand in der Wein- traubenlaube in des Bauern Garten, didit bei den Rabatten und dem didien Kirsdibaum statt. Der kluge Sdiruthahn hielt mit tiefem BaB eine feine Festrede, daB Mutter Sdinatter vor Freude und Stolz die Augen iibergingen. Vater Grau- kopf aber saB still in den Weintraubenranken und freute sidi auf seine Art. Die fiinf Kinder aber erhielten nun ihre Namen: der alteste Sdiwarzfledc, der zweite KratzfuB, die beiden Maddien Rappel und Graubriistdien und das Nesthakchen Sdiilp. Es war ein sdiweres Stiidi Arbeit fiir Mutter gewesen, die riditigen und passenden Namen alle zu finden; sie hatte lange in dem altesten Familienbudie nadi- sdilagen miissen.

Nun ging es lustig zu in der Laube; die Kinder randalten und balgten sidi auf Luningsart; der Sdiruthahn erzahlt allerhand Spargitzen aus sei- nem Leben; er war audi friiher in der Stadt ge- wesen in einer „VilIa" mit einem groBen Park.

„PaBt nett auf. Kinder", ermahnte Mutter Liining; „ hort sdion zu, was Eudi Onkel Sdiruthahn erzahlt; er ist ein kluger Mann ,der viel erlebt und gesehen hat. Nun hort ihr jia, wie fein es in der Stadt ist; idi habe es ja immer qe- sagt."

Vater Graukopf murmelte: „Verdreh mir den Blagen den Kopf nidit", aber als nun audi nodi der Budifink rief: „Ja, in der Stadt ist dodi ein ander Leben wie hier in der Wildnis; wenn der Winter kommt, zieh idi audi dahin", da sdirieen die fiinf Kinder alle aus vollem Halse und pliisterten sidi gewaltig: „Wir ziehen audi in die Stadt und wenn sidi Vater auf den Kopf stellt?" Mutter freute sidi; nun hatte sie Hilfe: sedis gegen einen!

' Es verging nun kein Tag, und sie spradien von dem groBen Umzug in die Stadt. Und als es an-

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fing, drauBen herbstlich und rauh zu werden und auf den Feldern und im Garten nidit mehr viel 2u holen war, da sagte die Mutter eines Tages ganz resolut: Morgen geht die grofie Reise los! Hier bin ich es reinweg satt. — Vater, und wenn du nicht mat uns ziehen willst, dann bleib mei- netwegen hier; wir wollen in der Stadt wohl ohne dich fertig werden."

Vater Graukopf zog den Kopf in die Federn Und sagte ganz leise; „Wenn es euch nur nicht mal leid tut; idi bleibe in meinen alten Tagen hier. Alte Baume lassen sich nidit verpflanzen."

Da sagten Graubriistchen und der kleine Schilp zugleidi: „Idi bleibe beim Vater!" Die drei andern aber riefen: „Ihr Bangebiixen, wir fliegen in die Stadt. Das soil ein Leben geben, Jungedi!" Und sie tanzten vor Freude um die Mutter, sdilugen Purzelbaum und piepten ein Reiselied, so gut und so schlecht sie es konnten.

Und riditig, am andern Morgen, als es hell Wurde, maditen sich Mutter Schnatter, Schwarz- fleck, KratzfuB und das Tochterdien Rappel auf die Raise, und sie sagten den anderen kaum ein Absdiiedswort, so eilig hatten sie es.

Der Weg nadi der Stadt war weit, und sie konnten an einem Tage nicht dahinkommen. So muBten sie eine Nacht drauBen sdilafen. Als es fast dunkel wurde, flogen die vier Luninge in einen Wald, dort wollten sie in einem Baum- lodi Untersdilupf finden. Mutter war so mude, daB sie ihre Flittgen kaum noch riihren konnte; auch Rappel konnte nicht mehr „piep" sagen. Die beiden Jungen aber strolchten noch ein Wenig durdi die Biisdie. Es dauerte aber nicht lange, da kam KratzfuB geflogen und sdirie aus Leibeskraften: „Mutter, Mutter! Unser Schwarz- fleck ...

Als nun Mutter in aller Angst herauskam, muBte sie sehen, daB gerade ein Raubvogel mit Sdiwarztleck in den Krallen dahersauste. Der junge Liining spattelte noch und schrie, was er nur konnte; aber bald lieB er Kopf und Fliigel hangen. Es war aus mit ihm. Das war ein barter Sdilag fiir die drei, und sie krochen traurig in ihr Lodi und lieBen die Kopfe hangen.

Am anderen Morgen ging die Reise welter, und well sie alle gut achtgaben, kamen sie gliick- lich in die Stadt. Uebermiide von dem langen Fluge krochen sie fiir die erste Nadit am Bahn- hof unter ein Dach; sie konnten aber von der Unruhe des Verkehrs die ganze Nadit kein Auge sdilleflen. Zeitig flogen sie am anderen Morgen nadi einem groBen Platz, wo gerade Markt abgehalten wurde. Was war das ein Leben, ein Kommen und Gehen, ein Feilschen und Handeln! Aber zu fressen hatten die drei mehr als satt. „Ich habe es eudi ja gesagt", rief die Mutter stolz und kratzte flelBig in einem Haufen Pferdedrecfc, flog dann aber fredi in die Pferdekrippe und mopste Hafen „so geht das hier Tag fiir Tag, Essen in Hiille und Fiille, und dann seht mal, Kinder, die feinen Leute!"

Mittags aber kamen die StraBenfeger, und der ganze Platz war bald blitzeblank. KratzfuB fing an zu sdiimpfen, daB hier nun nidits mehr zu holen war; deshalb flogen die drei nun durch

• die ganze Stadt und suchten sidi eine passende Wohnung. Aber iiberall hatten sie etwas aus-

Sturm Was singst du, Sturm? — Willst du mich

[sdirecken, An meinem Fenster hangt dein Brausen, als woUtest gierig du zerzausen, als woUtest gierig du zerzausen was sdilaft, in Frieden eingebettet, was sich an meinen Herd gerettet.

Singst du von Tod und Ewigkeiten? — Bist du ein Kampfsdirei wilder Zeiten? — Ein Lied der Nacht, wie's Wolfe heulen? —• Willst du zerbrechen stolze Saulen? — Bist Gottes Stimme du, zu ruten Die Kampfer an geweihte Stufen? — ^

Die Fenster auf! — O Sturm, laB schallen dein Lied durch dumpfe, morsche Hallen! Sei Grabgesarig der Faulnis Hiille! Besing des Lebens hochste Fiille!— Dein Schlachtruft gilt dem Licht, dem Wahren. O Sturmwind, laB mich mit dir fahren!

Theodor Propper.

zusetzen; hier waren Katzen und dort fanden sie kein Sdilupfloch in der Mauer, hier waren die Futterplatze zu weit und dort die Liiningsnach- bam zu nah. Zuletzt sagte ihnen eine Brauerei zu, well dort Pferde waren und audi sonst man- dies abfiel; hier wollten sie in einem leeren Starenkasten den Winter verbringen.

Manches miBfiel der Familie nun doch in der groBen Stadt; auf den belebten StraBen lebten sie in Tpdesangst, bei ihren Kratzgeschaften iiberfahren oder zertreten zu werden; mandimal waren bei Sdinee und Frost audi die Mahlzeiten sparlidi und knapp, und sie muBten mit leerem Magen in ihre Sdilafstatte kriechen — wie so mache in der groBen Stadt. Aber Mutter sagte dann trostend: „Die Hauptsache ist die Blldung, Kinder; ihr sollt mal sehen, wenn der Fruhling kommt. . . ."

Als nun die Marzstiirme ausgebraust hatten und die Sonne wieder Macht bekam, da erscbien Rappel, das junge Wicht, an einem sdionen Tage mit einem jungen Liiningsherren, sagte ganz schnippisdi: „Mutter, nun sdiimpf nicht; wir zwei sind uns einig, es ist mit uns so weit. Idi kann's nicht andern, wir wollen heiraten."

Mutter Schnatter bekam einen Stich ins Herz; sie wollte etwas sagen, aber der Schnabel blieb ihr offen stehen.

„Frau Sdiwiegermutter", schilpte der Liinings- brautigam und pMsterte sich und warf sicji in die Brust, „ich bin au? bester Liiningsfamilie aus der Kabbelgasse, kann Frau und Kinder satt kriegen und habe audi bereits fiir Rappel und midi eine sdione Wohnung."

„So, du Rotznase?" rief Mutter boshaft und be- krabbelte sich; „du hast die Eiersdialen nodi an den Fliigeln hangen und bist nodi nidit trodcen hinter den Ohren! —Acfa Gott, was ist das heute

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eine Zeit! So hatte ich friiher meinen Eltern mal kommen soUen! Mein Vater hatte mich geklapst rechts und links, und meine Mutter . . ."

„Rappelchen", schrie aber der Freier da- zwischen, „Rappelchen, komm! Hier ist jedes Wort iiberflussig. Wenn also nicht mit Segen, dann ohne!"

Und das verliebte und verlaufene Paar drehte slch stups um und flog davon. Wag waren sie.

Mutter wurde es schwindlig im Kopf; sie muBte sich ein wenig hinlegen. Sie hatte aber im Nest nodi kein Auge zugetan, da gab es drauBen schon wieder einen Aufstand. Das Starenpaar war von der Winterreise zuriickgekehrt.

„Wa-as?" rief der richtige Hausherr und steckte den Kopf durch das Fluglodi; „Einbrecher in unserer Sommervilla? — Richtig, das konnen auch nur die frechen Liiningszigeuner sein. — Heraus mit euch, sage ich, sofort raus!"

In dem Augenblick kam KratzfuB herange- flogen. „Was willst du, frecher Star, in unserm Hause?" rief er boshaft. „Und meine Mutter willst du auch noch beschimpfen, du Schmacht- lappen?!"

Aber der Starenvater bewies ihm, was ein Schmachtlappen ist. Die Federn flogen, und die

beiden kratzten und bissen sich wie die Kessel- flicker. Mit einemmale schrie KratzfuB gotts- jammerlich: „Au weh, mein Auge, mein Auge?" Der Star hatte ihm mit seinem spitzen Schnabel das eine Auge ausgerissen.

Mutter Schnatter hatte sich bekrabbelt und schaute gerade aus dem Starenkasten hinaus. Da sah sie noch, wie ihr liebes Jiingelchen sich ein paarmal um sich selbst drehte und dann durch die Hecke kroch. Mutter hat ihn nicht wiederge- sehen . . .

Was nun? Es war das Kliigste fiir die un- gliickliche Frau, daB sie sich rasch aus dem Staube machte. Sie flog hierhin und dorthin, nirgends land sie Ruhe und Rast und Frieden. Es war traurig. Endlich kam sie an einen Pferde- stall, bei dem die Tiir offenstand. Ganz bedum- melt hiipfte die Verlassene in den Pferdestall und hoffte, hier Ruhe und Sicherheit zu finden. Da sprang aber mit einem groBen Satze eine dicke Katze auf die Ungliickliche, ein Griff, ein BiB, ein kleinei- Knacks — da war es wieder aus mit einer Liiningsfamilie in der Stadt.

Ja, ja, die GroBstadt ist ein unersattliches Raubtier!

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ist etwas, das nicht aus Stein und Holz stammt: es ist der Abglanz der See- len. Nur wo Seele ist, kann Schonheit und Trau- lichkeit sein. Also die Menschen sind es letztlich, die uns aus den schonen alten Hausern entgegen- schauen. Hier griiBenMen- schen, die planten und 5trebten, aber voll Frieden und Ruhe. Menschen, die auch vom Menschlichen arfaBt und geschiitteltwur- den, aber an Ueberliefe- rung und Religion sich hielten und die Linie be- wahrten. Menschen, in deren Lebenskampf auch haBliche Tone der Selbst- sucht klangen, die aber so fest in der Gemeinschaft wurzelten, daB ihnen gar nicht der Gedanke kam, „individueH" sein zu wol- len. Bei ihrem Leben und Schaffen klang alles zu- sammen: die personliche Lebensauigabe mit der Verbundenheit durch die Nachbarschaft und Ueberlieferung (Tradition) und darum hat das, was sie hinterlieBen, Harmonie . . . Wenn wir die Gemutlichkeit und Schonheit der alten Hau- ser wiederfinden wollen, miissen wir sie erst

in uns selber, in den Menschen unserer Heimat wiedererwecken. Von auBen ist's unmoglidi. Siehst du, so ist's bei alien Dingen der Heimat. ' Das wichtigste ist die Seele . . .

Fr. Jiirgens

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Alte Miihle im Elpetal bei Gevelingshausen Bleischnitt von Hubert Tonne

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Unser Wald ein GoHeswerk Von Dr. Ferdinand B e s t e , Arnsberg

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Wenn ich hier vom Walde spreche, so meine ich nidit die heutige Karikatur des Waldes, den elenden Forst, sondern den aus der Hand des Schopfers hervorgegangenen Naturwald. Er ist das Hauptstudi vom Paradiese, das den Men- schen geblieben ist und schon so viel besungen worden, daB kaum ein Mensdi ihn nidit zu alien Zeiten des Jahres bestaunt oder nidit gerne in ihn hineingeht. Dodi mochte idi hier nidit von der Sdionheit des Waldes oder seiner Wunderwelt selbst spredien, ich modite meine Sauerlander Landsleute nur davon iiberzeugeri, daB sie, wie einst ihre Vater, im Walde den Herrgott In eige- ner Person wandeln sehen konnen, und zwar a 1 s Wesen von un v o r s t e 11 b a r e r In- tel 1 i g e n z , das dem Walde die Erhaltung des Gleidigewidits in der Natur und die Sidie- rung unserer ganzen Emahrungswirtsdiaft als Aufgabe gestellt hat. Der Wald ist das beste Lehrbudi ftir religioses, politisdies, landwirt- schaftlidies, gartnerisches oder kommunales Denken. Er gibt aber nur dem AufsdiluB, der ehrfiirchtig an die eigene Brust sdilagt.

Der Wald ist eine formvoUendete in sidi ge- sdilossene Lebensgemeinsdiaft, die in erster Linie der Sidierung der Existenz der Mensdien dient. Jede Lebensgemeinsdiaft besteht aus einer Vielheit ganz versdiiedener lebendiger Wesen, von denen aber das eine ohne das an- dere auf die Dauer nidit existieren oder seinen Daseinszwedc erfiillen und sidi fortpflanzen kann. Beispiele dafiir sind Familie und Staat, von denen man nidit nur bei Mensdien, sondern audi bei Pflanzen und Tieren spridit. Wie wir uns nun keine Familie, die nur aus Junggesellen und Greisen, oder einen Staat, der nhr aus einem Stiick Land und Bauunternehmern besteht, den- ken konnen, so gibt es von der Natur aus kei- nen Wald, der nur aus einem Haufen Dredc be- steht, auf dem man die vornehmen Budien und Fiditen streng kaserniert und nadi Altersstufen gesondert halten kann, damit sie besonders er- tragreidie Walddome aufriditen.

Im Walde miissen alle Holzarten und Strau- cher, die in dasselbe Klimagebiet gehoren, ver- treten und in alien Altersstufen vorhanden sein. Wenn die Ueberstander fallen, miissen sdion andere in der Vollkraft der Jahre stehende Baume die Ludcen schlieBen und die nadifolgen- den Baumdienkinder sidi an diesen aufriditen konnen. Genau so wenig wie an unserem Kor- per irgend ein Organ ohne Mehrbelastung oder gar Verderben der anderen fehlen kann, kann man im Walde die Lebensgemeinsdiaft samt- lidier Baume und Straudier entbehren, wenn er die von uns gewiinsditen Ertrage liefern soil. GewiB konnen die Buchen und Fichten die eine Oder andere Generation in Gemeinsdiaft stehen und besdieidene Holzwerte liefern, well die Jahrhunderte lang vorausgegangene Arbeit der Assotiationspflanzen Reservelager von Bau- stoffen hinterlassen haben. Demgegeniiber steht aber der Naditeil, daB bei dieser Podsoli- dierung und Sterilisierung des Bodens dieser

spater fiir keine Art von Pflanzen mehr anbau- fahig ist.

Wie es im Staate viele Stande und Berufe gibt, so haben audi die versdiiedenen Baume und Straudier ganz versdiiedene Aufgaben zu ver- riditen, erreidien ganz verschiedene Hohen und stellen ungleidie Ansprvidie an den Boden. Was die einen Holzarten an Toxinen oder Ermiidungs- stoffen abstoBen, gebraudien die andern wieder zur Aufriditung ihrer himmelhohen Geriiste, sind also im wahren Sinne des Wortes Entrvimpeler des Erdbodens und Verhinderer der Verzemen- tierung des Bodens und Bildung von Bleidierde. Alle Baume und Straudier erganzen sidi im Geben und Nehmen und sorgen gegenseitig dafiir, daB Regen, Sdinee und Wind ihnen nicht sdiaden, dafi sdiadlidie Insekten, Feuersgefahr • und Diirre nidit zur Verniditung alter fuhren konnen. Sie graben deshalb audi alle in ganz versdiiedene Tiefen und reguliereji die Fiillung der Wasserbehaiter unserer Berge. •

Wie wiirde es bald in einer Gemeinde aus- sehen, in der man alle Badcer, Fleisdier, Muller, Wirte, Speisemadier, Klempner und deren Ma- teriallieteranten niedersdilagen wurde. Im Walde aber beseitigt man alle Bliitenhefe-, Speise- und Baustofflieferanten der Eidien, Budien und Fiditen, als da sind: L i n - den,Ahorn,Kastanien,NuBbaume, Akazien, Vogelbeeren, Vogelkir- schen, Salweiden, Ulmen, Sirke usw., die das Doppelte an Holz erzeugen wie die Eidien, Budien und Fiditen, die i m S o m m e r die Trager der Bienenzuxht, im WinterdieErhalterderVogelwelt, mithin Erhalter des Gleidigewidits der Natur iiberhaupt sind. Ohne Pappeln, 'Birkpn, Budien, Kiefern kann die Natur bestehen, nidit aber ohne die blflhenden Baume und Straudier, well diese allein die fur das Wachstum der Kulturpflanzen notwendige Blutenhefe erzeugen. Wo der Mensdi diese versdiandelt oder verdrangt, da wehrt sich die Natur. Sie antwortet mit Verkum- merung der Kulturpflanzen. sdiidct den audi im Sauerlande sdion auftretenden Pappelbodc, die Birkenkrankheit, den Buchdrudcer und Armeen von andern Baumsdiadlihgen, um dem Mensdien zu sagen; „HaltG ein mit deiner Verdrangung der bliihenden Pflanzen in Wald und Feld und Flur. Du rottest nur die Vogel aus, verniditest die Bienenzudit und madist den Boden, von dem du leben willst, zur ertraglosen Steppe."

Brennen einmal groBere Waldkomplexe ab, oder fallen dem Unverstande des Mensdien zum Opfer, gehen sofort die im Boden.nodi sdilum- mernden Samen friiherer Generationen auf. Gin- ster, Himheeren, Brombeeren, Saalweiden, Aka- zien usw. legen sidi sdiiitzend iiber den Boden und ziehen behutsam die Samenkinder der spater zum Tragen des Waldgeriistes bestimmten Baume heran, bis sie selber im Wadistum nidit mehr mitkonnen und durdi ihren Verfall nodi weitere Aufbaustoffe fiir die andern sdiaffen. Aus jeder Bosdiung wird audi ohrie mensdilidies

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Zutun einmal ein Staunen eirregender Hoch- wald. Das wissen am besten die Nutzniefier der menschlidien Denkunfahigkeit, die im Laufe der Jahre betraditlidie Mengen an Holz aus den Boschungen holen und vor allem die Grundstticke der Allgemeinheit heimsudien. Alle lang und schlank durdi Saalweiden, Ginster, Dornen, Wildkirschen oder anderes Gestriipp gewadisene Ahorn, Akazien, Eichen, Buchen, Linden oder sonstige Nutzholzer werden abgehauen, so daB nadi auiJen hin der Eindruck entsteht, als ob die Boschungen nur wertloses Baumwerk bis zu 15 m Hohe erzeugen konnten. Das naturkund- lidi ungesdiulte Volk merkt gar nicht, dafi durch die Axtfreunde liier im Triiben getischt und seine Ernahrungswirtsdiaft todlich getroffen wird. Wie kann es audi anders sein, wenn selbst die „WaId- beflissenen" Ginster, Himbeeren, Saalweiden, Vogelkirschen und alle sonsigen Wegbereiter des Wadistums der'Nutzholzer niedersdilagen lassen, im kindlidi naiven Glauben, dafi diese das Wadistum der Nutzholzer .behinderten Viele von diesen Theoretikern gehen sogar so- Weit, daB sie die niitzlichsten aller Waldbaume, die ausgesprochenen Stickstoffsammler, wie Saalweiden, Akazien, Ahorn auch an den Wald- randern und da, wo kahle sterile Grasfladien vorhanden sind, niedersdilagen lassen. Sdion bei etwas Beobachtungssinn miiBte es alien Waldinteressenten auffallen, daB kleine Fich- ten, Eichen, Lardien, Ahorn oder andere zwischen Ginster, Himbeeren, Saalweiden, Weidenros- chen oder Wildkirsdien gesetzt, schon vom 3. Jahre ab ab Sdiiisse bis zu Meterlange machen, wahrend solche Pflanzen, aut die fette Wiese gesetzt, erst nach 10 bis 15 Jahren mit ihrem Wachstum in die Hohe beginnen und zwar erst dann, wenn ihr Breitenwachstum so weit ge- diehen ist, daB die Sonnenstrahlen nidit mehr Zu ihrem Wurzelhals vordringen konnen. ,,Mirare silvam!" „Mlt Staunen erfuUe didi der Wald!" In wenigen Jahren wiirde unsere ganze Ernahrungswirtschaft am Ende ihrer Weisheit angelangt sein, wenn die Natur die Verbrechen, die der Materialismus an der ganzen Menschheit begeht, zur Auswirkung kommen und kein Un- kraut mehr wadisen lieBe.

Die Natur hat dafur gesorgt, daB die Baume nicht in den Himmel wachsen, sie hat aber auch dafiir gesorgt, daB die Baume nidit nach dem Gutdiinken der Theoretiker wachsen, die da glauben, aus dem Walde Tabak- oder Kaffee- plantagen machen zu konnen. Die Waldflora ist nicht nur diemisch und physikalisch mit dem Erdboden gebunden, sie unterliegt audi dem groBen Naturgesetz vom Einsatz des Lebens fur die Gemeinschaft und ist nidit nur unter ein- ander, sondern auch mit Menschen, Tieren und Pflanzen biologisch und sozial gekoppelt und kann daher weder vernichtet nocii ein Ausbeu- tungsobjekt des Kapitalismus werden. Wo die Menschen zur Forstkultur iibergehen, da sdilagt die Natur mit Kolben zuriick. Schadlinge ver- nichten die Forsten, das Wadistum der wieder neu gezogenen wird durdi die Podsolidierung Und Bildung von Bleicherde lahmgelegt, die Wasserbehalter der Berge werden leer, die Luft mit Staub und Kohlendioxyd gesdiwangert und dergleichen Dinge mehr. Ebensowenig wie man eine Topfblume fortgesetzt umstellen kann, kann

Drei Arzte Drei Aerzte gibt es allbekannt. Die besten aut und ab im Land: Das ist Herr Doktor Ruhigblut, Herr HaltemaB und Wohlgemut. Wer ubt, was dies Kollegium rat, Wird niemals sterben oder spat.

F. W. Weber

man im Walde die Assotiationspflanzen der Nutzholzer fortgesetzt niedersdilagen, weil da- durdi das Wohl aller Pflanzen des Waldes be- ruhrt wird und die verbleibenden Hagestoize jedesmal eine Umstellung ihres Haushaltes vor- nehmen mussen. Durch alle Kahlschlage, gleidi- giiltig weldier Art sie sind, wird der Waldboden in seinem ewigen VerjiingungsprozeB gestort, denn er ist kein Haufen Dreck, sondern ein Kuchenteig, den Mutter Natur sorgfaltig vor Temperatursdiwankung und Zugluft sdiiitzt. Auch das Durchforsten und die Schaffung gleidi alteriger Monokulturen ist eine erheblidie Be- hinderung des Waldes bei der Holzerzeugung. Zudem reagiert die Natur auf die Schaffung reiner Nadelholzbestande oder anderer Mono- kulturen allemal sauer. SdiadlingsfraB Feuer, Windbriidie, Schneebruche, Ortsteinbildung, Podsolidierung und Wasserundurchlassigkeit des Bodens, Wasserarmut der Berge, Versaue- rung der Waldwiesen, Wild-Scfaalsdiaden, Wild- armut, katastrophale Abnahme der Vogelwelt, Ruckgang der Bienenzudit und Abnahme des Wachstums der Nutzholzer sind schon heute sichtbare Zeichen fur die Kata- s t r o p h e n p o 1 i t i k , die wir treiben. Es nutzt uns nichts mehr, Flugzeuge zur Vergasung des Waldes- startbereit zu halten, Millionen von Zentnern Kalk in den Wald zu blasen, wir halten die ewige Versteppung unseres Sauerlander Bodens nicht auf, wenn wir glauben, daB die Eier kliiger sein konnen als die Hennen. Verpont sei unter alien Umstanden die Anwendung von Giften, das heiBt Eisenbart- methoden in der Natur. DieNaturschlagt

•langsam, aber um so unmiflver- standlicher zuriick. Was soil eigentlich die Einriditung von Waldarbeitersdiulen, Staats- farmen fiir Waldameisen, Nistkasten fiir Wald- vogel, wo wir iiberhaupt keinen Wald mehr haben? Wo die Kniebeuge vor dem Sdiopfer aufhort, da ist „Zapfen duster!" —

Meine lieben Sauerlander, es ware mir lieber, ich hatte mich geirrt, als daB ich eudi bitten muB: „Kehrt wieder zur Waldkultur eurer Vater zuriidf. Nadi 20 Jahren brauchen eure Kinder auBer der Muttersprache nur nodi ein Esperanto — ich sage bewuBt ein Esperanto — zu lemen. Was sie aber braudien und worauf unsere ganze Ernahrungswirtschaft angewiesen ist, das ist der Wald. Deshalb stellt ihn wieder her und heget und pflenet ihn und sprecht immer dann, wenn ihr den Wald betretet, ein andachtiges „Flecta- mus genua!"

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Sauerlandisches Plotf und Englisch Von Hugo Cramer

Wiepelstert - Bachstelze, engl. whip - peit- sdien, stert - Sdiwanz, welteren - sidi walzen, engl. welter - sich walzen.

Ruuf - Kruste (Decke) auf einer heilenden Wunde, engl. roof - Dadi.

Swiepe - Peitsche, engl. sweep - vorbeisausen, whip - Peitsdie, ik sail dik wuall wippen - ich werde didi sdion vertreiben, engl. whip - geis- seln, feste - sdinell, feste laufen, engl. fast - sdinell, jabbern - sdinell spredien, redithabe- risdi spredien, engl. jabber - plappern, sdinat- tern, gesnigelt - sdion gekammt, sdion ange- zogen, engl. snug - sdimudc, Koeze - Tragkorb, Kiepe, engl. kepp - halten.

Kopp Kaffe - Tasse Kaffee, engl. cup - Bedier, Sdiale. All - sdion, engl., al - (ready) - sdion fertig, bereits, sdion, slabbern — laut, unappetit- lidi essen, engl. slabber - besudeln, trampen -laut auftreten, tramp - ein Wanderbursdie (Stroldi, Landstreidier).

Baas - Herr, engl. boss - Meister, Herr, Prinzi- pal, vergleidie: basken Kerel - praditiger Mensdi. Bumme - groBer Tonkrug, engl. bum- per - Humpen, argistern - vorgestern, engl. ere (Vorsilbe) - vor, pinken - klopfen, hammern, engl. pink - durdilodiern, arbeiten; ruatte fiul - durdi und durch faul, engl. rotten - vertault- ver- dorben, wurmstidiig. Zirle - Sdiimpfnamen fur Maddien, engl. girl - Maddien. Boord - Wand- brett, engl. beard - Brett, Holzplatte. Kniffen - verkaufen, sdineiden (Ausdrudc der Handels- leute), engl. Knife — Messer; en kitzken - ein wenig, klein wenig - kiddy - Kosenamen fiir kleines Kind.

Nasseln - norgeln, engl. nase - durdi die Nase spredien. Sdititt - Brett zum Stauen des Was- sers, engl. shut - sdilieBen. Steert - Sdiwanz, engl. wipstert - Badistelze - Wiepelsterteken. Slink - Sdilagbaum, engl. sling - umsdilieBen. Sdiwiekelbraiek - Sdiwingmoor, engl. brook - Badi, Wasser.

Wrist - Handgelenk, engl. wrist - Handgelenk; sdiroggelen — versenken, engl. scrodi - sengen. Knupp - Knoten, engl. knob - Knoten. Ale - Jaudie, engl. ale - Bier.

Anken - stohnen, engl. anger - Sdimerz; et batt - es hilft, engl. batten - masten, diingen, fruditbar wadien. Bisen - laufen (vom Vieh), engl. bus - gesdiaftig, eifrig. Kawe - Streu des Hafers, engl. diaff - Streu des Hafers, Hadcsel. Klodce ane - genau 1 Uhr, engl. ohne oclodi - 1 Uhr. Kli-ete - Erdklumpen, engl. clod - Erd- (Lehm)klumpeni waggen - hin und herbe- wegen, wehen, eiigl. wag - wedeln, hin und her- bewegen.

Quitte gelb - -ganz gelb, engl. quite yellow - ganz gelb; kliattern - klapperen, klirren, engl. clatter - klappern, klirren. Kuaste - Kruste von Brot und Holz, engl. crust - Kruste, Rinde. Klogge - Hand und FuB (Sdiimpfname), engl. clog - Holzschuh; dangeln - festtreten, engl. ding - heftig stoBen. Braken - didier Stodc, engl. brake - Hebebaum; dull - ausgeleiert (von

Sdirauben), engl. dull - stumpf. Tudielken - Huhndien, engl. dudi - Puppe, reizendes Dingj fanzen - spielen, engl. fancy - Liebhaberei. Wan - Getreideschwinge, engl. fan- Getreide- sdiwinge; fumelen - herumkramen, engl. fum- ble - herumkramen; tisselen - leicht regnen, engl. fizzle - summen. Schap - Vorratskammer, engl. shop - Loden; et fugget - es regnet, nebelt, engl. foggy - nebelig; grabbelen — in etwas herum- wiihlen, engl. grafter - einer, der zusammen- scharrt.

Graft - Rille, engl. graft - einpropfen. Piitte - Brunnen (gegrabener), engl. pit - Grube; dum- melen - erstidien, die Luft nehmen, engl. dim - verdunklen. Sprink - Quelle, engl. spring - Quelle. He verhiit sik - er verstedit sidi, engl. hut - die Hiitte. Uskiakel - Eiszapfen, engl. icicle - Eiszapfen. Siister - Sdiwester, engl. sister - Sdiwester. Hiarwest - Herbst, engl. harvest - Herbs; kunneg - sdilau, engl. cunning - sdilau. Inket - Tinte, engl. ink - Tinte. Snut - Nasensdileim, engl. snot - Nasenschleim. Snuete- plet - Tasdientudi, engl. snut - Nasensdileim.

Plet - Kopftuch fiir Frauen, engl. plaid - (Ueber- wurfstudi), Tudi; waditen - warten, engl. watdi- beobaditen. Wit - sdilanker Zweig, engl. weed - Unkraut. Struate - Kehle. engl. throat - Kehle; striepen - abstreifen, engl. strip - abziehen. Blutte - stumpfes Messer, engl. blunt - stumpf; war dik - nimm dich in acht, engl. beware - sidi in adit nehmen. Stidcen - Streidiholzer, engl. stick - Stodc; muddeg - feudit (vom Korn), engl. muddy - schmutzig; grideneg - gierig, engl. greedy - gierig; maddelen - durdieinandersdimie- ren, engl. meddele - mischen; pinken - klopfen, engl. pink - durchstedcen, arbeiten; fekele fadcele in wilker Hand? - in welcher Hand (Spiel), engl. fidcele unbestandig.

Bieker - ObstmaB, engl. beaker - Bedier. Raske - Wut, engl. wrath - Zorn; atzeleg- haB- lidi, ungepflegt, engl. ugly - hafilichj buselen - herumkramen, engl. bustle - sidi regen, gefallig sein. Eklet - gekleidet, engl. clad - bekleidet; smiiten - werfen, engl. smite - schlagen; resten - ausruhen, engl. rest - ruhen, lassen; niggerlek - norgelnd, engl. niggle - tandeln; amen - ernten, engl. earn - ernten; et bluwet buawen - es reg- net nidit, engl. above - iiber, oberholb. Beere - Eber, engl. boar - Eber, Keiler; siipen - triefen, sickern, engl. sipe - ziehen (vom Tee). Spierken - diinnes Stiidcchen Holz, engl. spire - (Spitze eines Turmes. Staken - Stange, Latte, engl. stake - Pfahl; tasen - Wolle zupfen, engl. tear - zerren; biesen.- laufen vom Vieh bei groBer Hitze, engl. busy - fleiBig; trantelen - unsdiliissiges Gehen, ehgl. trant - hausieren; lieskeren - lausdien, engl. listen - lausdien. Dat is awer ne Riiwe - das ist nidit viel, engl. rafe -reichlidi voU.

Kietel - Kessel, engl. kettle - Kessel. Kie - . Kette, engl. key - Sdiliissel; smiideg - sanft, engl." smooth - geschmeidig; bluff en - bellen, engl. bluff - abschredcen; anfede - antworten, engl. answer - antworten; bieten - drauBen, engl. but - ohne, auBerhalb; dumeln - erstidcen, engl. dim -

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Ir-

Kingerlaid

Seifenblasen

Ein dvinnes Rohrlein und ein Sdialdien Sdiaum, O Kinderseligkeit. o bunter Traum! Die Blasen steigen, jede eine Welt im bunten Reigen, eine sanft zerfallt, Und eine zweite fliegt zum Himmelstor, sdion wieget eine neue sich am Rohr, Und wieder eine, Ei, sie sdilieBen ein der Seele Bilder: Sterne, Blumen fein Und Vogel und des Baumes zart Geast, eilige Hundlein und ein Vogelnest, Und rings umher ein wunderlidi Gerank. den Blumentopt dort auf der Fensterbank Sieh, alles, alles will zu Gott empor. Nur eine Kugel sich im Sdiaum verier, sie spiegelte des Kindes Ebenbild. Nun tauchet es sein Rohrlein ein gar mild. nJetzt kommt die schonste", klingt sein froher

[Ruf. Und wie Gott Vater einst die Welten sdiuf, So formt des Kindes Atem andachtsvoll ein zart Gebilde. Leise schwankte, sdiwoU die bunte Blase. Da erglanzt in ihr it^weichem FluB des Regenbogens Zier, Und Engelfliigel tauchen schwingend auf, es hemmt ein reiner Geist den rasdien Lauf, stredst beide Arme sehnend nadi dem Kind. Dodi da lost sidi die neue Welt gesdiwind Und fliegt den andern nadi, so hodi, so hodi. Wo blieb sie? Adi wo blieb das Sdionste dodi? Ob sie das Christkind selber wohl auftangt und in der Heilgen Nadit ans Baumlein hangt? »Ja, ja, so wird es sein", das Kindlein haudit, Und wieder es ins Glas sein Rohrlein taudit.

Niu snoier deyn Ranzel un giv mey de Hand, Vey wellt mol raisen diar't Mardienland, Ais gav vey bey der Frau HoUe hiar Un froget, owet Gold riant odder Tiar. Dann saih vey mol tau, was Sneewittdien kuaket Un ow klain Gretel en Uawen guet stuaket. Dornroiseken stov vey sadite in de Seyt, SiiB weret nit wadi un is en Kiinigessuhn kweyt. Bey Rautkappken drinke vey 'n Sliidcsken Wayn Diat andere mot viar de GroBmutter seyn. Vey restet us ungerm Madiengelbaum, Sterndalers blenket am Hiemelsdaum. Do flaiget grade de siewen Rawen Mirren tusker dai siewen Swaben. Et tapfere Sneyderlain slatt sik met Flaigen, De Elfen danzet Ringelraigen. SneeweiBdien un Raiisenraiit wellt iaren Baren Grade diien Dag et Danzen lehren. — Niu sin vey male, het Hunger un Durst, Im Slaraffenlanne gieret Broon un Wurst. Dann Slope ve im Kyffhauser Diusend Johr; Wann ve wadi wet, hev ve greyse Hoor.

Christine Kodi

De fCostef*)

Wenn use Koster Uorgel spiellt dann brust de ganze Kiark. Dat Uorgel, seggt se, wor en aolt Un half verslietten Wiark.

De Koster auk is aolt un swack Un kriiemmelt sick so wag; Man gloff, et dur' nidi lange mahr, Dat he up'n Kiarkhoff lagg.

Dodi wenn de Koster Uorgel spiellt, Dann brust de ganze Kiark So stark, dat idc von Aollerdum Un Swackte gar nidcs miark.

In'n Frohjoahr driff dat jiinkste Lauf De ollste Wiehenstrunk: De Mann is aolt, dat Uorgel auk, Dodi sine Kunst is junk.

Du bunter Traum voll Kinderseligkeit bleibst Wirklichkeit, audi wenn das Herz

[aufsdireit, daB alles Erdengliidc in Sdiaum zergeht. Vor Gottes Thron dann froh die Seele steht Und ladielt leise wie dereinst als Kind: War audi mein Wirken arm, idi glaube blind, daB Dein Erbarmen es mit Glanz erfiillt Und Deine Sdiopferkraft es ganz umhiillt. Gedanken, die dem Hodisten sind geweiht, sie wadisen, wadisen bis in Ewigkeit. Und eine Welt wird neu im Glorienlidit, die kindlidifroh uns madit und nie zerbridit.

• Karoline KeBler

Un sine Kunst, de geiht met em Un steiht met up ut't Graff. Idc denk, dat he in't Paradies Wier Uorgel spiellen draff.

Un singet dann de Engel all Den Alleluja-Sank, Wenn use Koster Uorg'el spiellt. Watt giff dat dann en Klank!

Augustin Wibbelt

•) Aus: Westfalisdies Liederblatt. Blatt 7: Mak dodi nidi so'n sur Gesidit. Frohlidie Lieder, vertont von Gregor Sdiwake.

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Die ungeratenen Kinder Diese acht so groBen Eier haben ihr viel Miih gemacht und, da der Erfolg sich zeiget, Enten ihr zur Welt gebracht.

Sonst die Henne brvitet KUken und dodi keine Enten aus. Wie soil sie das Zeug jetzt huten, wie behalten erst im Haus?

Denn geht sie drei Schritt vom Hole, sind sie sdion im Badie da, und die Henne scheut das Wasser; doch die Kinder lieben's ja.

Sitzen sie dann mal am Strande, kommt ein boser Mann daher: Um die Kleinen zu behiiten, lauft und schimpft die Klucke sehr.

DaB sie nicht ins Wasser fallen, stellt sie breit sich an den Bachi i dodi die finden sdion den Ausweg, und sie fragen nidit danach.

Und sie platschern schon im Wasser, jubeln in dem frischen NaB, und die Henne steht verzweifelt: Wie soil sie ertragen das?

Und sie wird ganz melancholisch, und sic setzt sidi wieder dann. Das kommt, wenn man bose Kinder hat und sie nicht meistern kann.

Rafsel Vor as ne Schuddelgaffel midden as en Kawesack, achen as en Schnickdischnack.

(qnx) Bi Dage as en giildnen Knoop, det Naches as en Mollshoop.

(lanajpiaH)

Et gejht iiower de Briiggen, hiat et Hus op em Riiggen.

(puips)

Aechter unserm Huse, do stejht ne Kuckelduse, dai brienet Dag und Nacht und brienet doach et Hus nit af.

(pjBiuuajg)

Et es en Piard met'm langen Stiart, je hanniger laupet dat Piard, desto kiiarter watt des Stiart.

(uiBBjj ra.iiui lapaojsi)

Aechter unserm Huse do hangt ne Kuckelsduse; je mahrt at de Sunne schient, je mahr at de Kudcelduse rinnt.

(uajdezsig)

Et hanget an de Wand, hiat'n Riiggen verbrannt.

Et hanget an de Wand, giet mi muargens de Hand.

(auuPd)

F. J. Koch

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Volksgut.

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Aus dem Bilderbudi von E. Kodi-Klingenberg, Berge

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Haus - Hof - Garten

Garungslose Obstverwerfung

Garungslose oder garungsfreie Obstverwer- tung nennen wir jene, die durch AusschluB der Ganing die Nahr- und Gesundheitswerte des Obstes moglichst vollstandig dem GenuB zufiih- ren will. Obst- und SUBmost stehen als Kalo- rienspender in der Nahe der Milch, iibertreffen aber die Gemuse.

Der FrischgenuB des Obstes in sei- ner vollen Reife (nicht iiberreif) ist die nachst- liegende und ausgiebigste Verwertung. Sie Ware auch fiir Erzeuger und Verbraucher die loh- nendste. Durch die Belieferung obstarmer Ge- genden mit Frischobst zu gangbaren Preisen und durch Gratisobstspenden von gemeinniitzigen Organisationen konnte der Frischobstverbrauch noch bedeutend gesteigert werden. Wo Boden- verhaltnisse und Klima es erlauben, sollte der Obstbau nodi mehr als bisher auf Tafelobst um- gestellt werden. Durch sorgfaltige Anfuhr und entsprechende Lagerung kann die GenuBreife unseres Kernobstes lange erhalten werden. Aber es braudit noch sehr viel Aufklarung, um zu er- lich fiir Siidfriichte ausgegeben werden, sollte ein Teil fiir den Verbrauch unseres einheimi- schen Obstes umgeleitet werden konnen. Aehn- lidi konnten auch beste Weintrauben dem Frisch- genuB zugefiihrt werden.

Beachtung verdienen die Beerenfriichte, die, ob aus Garten oder Feld, Wald und Heide, nodi weit mehr als bisher dem Frisdiverbrauch zugefiihrt werden konnten. Fiir Frauen und Madchen die in der Niihe von Stadten wohnen und Pflanzland (Garten) besitzen, waren Beeren- kulturen eine gute Einnahmequelle!

Das Dorren des Obstes ist eine altbe- kannte Art der Haltbarmachung des Obstes, die auch heute noch ihre groBe Bedeutung hat. Fiir den eigenen Haushalt bildet das seibst herge- stellte Dorrobst ein billiges und wertvolles Nah- rungsmittel, das auf verschiedenste Weise ver- wendet werden kann. In obstarmen Gegenden konnte die oft einseitige Ernahrung durch Dorr- obst wertvoll erganzt werden.

Das Sterilisieren(= Erhitzen auf 100") hat sich wohl in den meisten Familien eingelebt, denen Obst oder Beeren zur Verfiigung stehen.

Die Herstellung von SiiBmost ge- schieht durch das Entkeimen oder Pasteurisieren = Erhitzen des Obstes auf 70 bis 75 Grad. Der Saft enthalt deii groBten Teil der Nahr- oder Ge- sundheitswerte der Frucht seibst. Durdi die Garung gehen diese Werte yerloren. Wenn aber die Garung verhindert wird durch Vernichtung der Garpilze, bleiben die Werte erhalten. Es sollten sich moglidist viele Familien im Herbst einen Vorrat von SuBmost anlegen. Das kann

im eigenen Haushalt geschehen mit dem „Ent- safter". Diese Gerat ist erschwinglich im Preise und nach der mitgelieferten Anleitung leidit zu bedienen. Wer groBere Obstmengen (Aepfel) hat, wird audi in den kurkolnisdien Kreisen schnell und preiswert seinen SiiBmost bekom- men. Apfelsaft (vieltach „Sdil6r") wird heute wohl in jeder Wirtsdiaft und sicher auch auf jedem Fest zu haben sein.

Alkoholfreier Traubensaft wird in gleicher Weise hergestellt wie der SiiBmost. (Die Schweiz ist das Pionierland fiir die Herstellung von Traubensaft.) Leider ist er im Sauerland nodi zu wenig bekannt und gewiirdigt. Trauben- saft ist ein aufgezeichnetes Getrank fiir Erwach- sene und Kinder in kranken Tagen und konnte audi als Festgetrank dienen. Professor Dr. A. Hartmann nennt ihn die am leichtesten verdau- liche menschliche Nahrung, einen ausgezeidine- ten Durstlosdier, einen groBartigen Spender von Warme und Kraft. GroBerer Verbrauch wird noch durch den zu hohen Preis beeintrachtigt.

Das Obstsaft-Konzentrat (Syrup) (eingedickterObstsaft) ist ein weiteres Erzeugnis, in dem die Nahrwerte des Obstes und der Beeren erhalten und gleidizeitig in eine sehr konzentrierte Form gebradit sind. — Da und dort sieht man in Sdiaufenstern schon Zitronen-, Himbeer-, Johannisbeer- und Orangensyrup. Dieser Syrup kann zu Brotaufstrich, Badcwerk, zum SuBen von Speisen und verdunnt zur Her- stellung eines dem SiiBmost ahnlichen, gesunden Getrankes verwendet werden. F- J-

Beerenobst braucht Pf/ege Bessere Nutzung unserer Haus- und Kleingdrten

Das Sauerland — obschon klimatisch nicht eben besonders begunstigt — zeichnet sich durch eine groBe Zahl von Garten aller Art aus, die der Landschaft ein besonderes freundlicbes Ge- prage geben. Die Liebe zum Garten ist Volks- eigenart und als seiche sicher als Positivum zu werten. — An der Zahl der Garten fehlt es also bei uns nicht, doch werden diese Garten immer zweckmaBig genutzt? — Sicher lieBe sich bei richtiger Arbeitsweise oft noch weit mehr erreichen. Im folgenden soil nun versucht werden, in dieser Hinsicht klelne Winke zu er- teilen.

Ober die Binteilung der Garten an sich kann kaum gesprochen werden, denn dazu sind die GroBen der elnzelnen Garten und die Wiinsche ihrer Besitzer zu verschieden. Auch das Ver- haltnis der Zier- zur Nutzgartenflache muB von Fall zu Fall entschieden werden. In keinem Garten aber sollte das Obst fehlen, und zwar

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an erster Stelle das Beerenobst. Gedacht ist hier an Stachel-, Johannis-, Him-, Bfombeeren und vielleicht neuerdings auch an Gartenheidel- beeren. Bei diesen Obstarten woUen wir zu- nachst verweilen und uns heute die Stachel- und Johannisbeeren einmal vornehmen.

Fur alles Beerenobst trifft zu, daB es ver- haltnismaBig geniigsam ist, d. h., daB es durch- aus auch noch in unseren Lagen gedeiht. Dabei gibt es keine andere Obstart, die so bald und besonders so regelmaBig Jahr fiir Jahr tragt. wenn nicht ganz besondere Umstande vorliegen. Jedoch muB an dieser Stelle auch gesagt wer- den, daB alles Beerenobst nur in offenem Boden befriedigt, d. h. Pflanzung in Grasland ist auf jeden Fall zu vermelden. Wenn oben gesagt wurde, alles Beerenobst sei recht geniigsam, so trifft das fiir die Bodenanspriiche, nicht aber fiir die Pflege zu, und hier wollen wir einmal ansetzen.

Wie oft trifft man in unseren Hausgarten Stachel- und Johannisbeerbiische an, die wohl €ine Generation alt sind, die aber noch nie oder sehr selten eine Schere kennenlernten. Ja, es besteht haufig die Meinung, man diirfe daran gar nicht schneiden. Diese Meinung ist vollig unsinnig. Man mache nur einmal den Versuch, bei diesen Beerenobstarten richtig zu schneiden. und man wird iiber den Erfolg erstaunt sein. Sogleich werden die Friichte wesentlich groCer und aromatischer, und die Straucher treiben aus dem Boden neue Triebe, wodurch man in der Lage ist, spatestens nach vier Jahren einen vollig verjiingten Strauch zu erstellen, der nun seinerseits noch durch Jahre befriedigt. Aber oft findet inan unter diesen „Veteranen" alte Oder degenerierte Sorten, die anbauunwiirdig sind und sowohl hinsichtlich GroBe als auch in der Farbe und im Aroma nicht mehr befrie- digen. Hier soUte man nicht zogern, griindlich aufzuraumen. Die Neuanschaffung von Stachel- und Johannisbeerbiischen belauft sich heute auf noch nicht 1,— DM je Stiick. Das ist keine Aus- gabe, wenn man bedenkt, daB diese Straucher 20, ja 30 und mehr Jahre alt werden.

Die Sortenfrage spielt hier nicht die ent- scheidende RoUe wie bei sonstigem Obst. Meist halten die Baumschulen ein reiches Sortiment bereit, unter dem man bedenkenlos nach GroBe, Form, Farbe und Reifezeit wahlen darf, ohne spater enttauscht zu sein. Stachel- und Johan- nisbeeren sind weitgehend selbstvertraglich. d. h. man kann an den gleichen Standort, an dem ein alter Strauch fiel, einen neuen auf- pflanzen. Kiimmerlinge oder billige Ware zu pflanzen, ist hier wie iiberhaupt stets unsinnig, well sie niemals befriedigt, und igesunde, kraftige Pflanzen den Anschaffungswert bereits in Er- tragen erbracht haben, bevor Kiimmerlinge zu tragen beginnen. Grimdsatzlich muB hier gesagt werden, daB jeder Kauf von Obstpflanzen Ver- trauenssache ist. Man soUte sich in alien Fallen nur von bekannten Fachleuten beliefern lassen. die mit den klimatischen Verhaltnissen vertraut sind und jederzeit gern Ratschlage erteilen wer- den. Die kraftigste und daher meist teuerste Ware ist doch letztlich die billigste. Darum hier auf fceinen Fall am falschen Platze sparen!

Im rheinischen Vorgebirge ist es die Norm, dafi Stachelbeeren facherartig an Drahten ge- zogen werden. Diese Art verdient Beachtung; denn einmal erzielt man sehr edle Friichte, die Ernte ist wesentlich erleichtert, und man kann auf diese Weise auch noch Wegeinfassungen, Grenzen usw. sehr vorteilhaft nutzen, ohne durch die dornigen Triebe behindert zu sein. Die

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Ein Garten ist des Menschen Gemiitei Es wachst darin viel edele Bliite; Es wuchert darin viel wildes Gerank. Nun magst du reuten, nun magst du pflegen Und sagen dem giitigen Himmel Dank Fiir Sonnenschein und Gewitterregen, Fiir Blumenfiille und Friichtesegen.

F. W. Weber

Drahte zieht man in Hohen von 40, 80 und 120 cm, an die man dann die einzelnen Triebe facher- formig anheftet. Sehr gut ist Maschendraht ge- eignet, weil hier die Form etwas lockerer ge- staltet werden kann. Die Stachelbeere reagiert auf einen jahrlichen Schnitt sehr positiv. Jo- hannisbeeren eignen sich fiir diese Art der Er- ziehung nicht. — Die Verwendung von Stachel- beerhochstammen ist dort anzuraten, wo die Platzverhaltnisse keinen Busch gestatten oder wo man Wert auf besonders schone Einzel- friichte legt. Sie sollten ebenfalls in keinem Hausgarten fehlen, wenn sie auch den Nachteil haben, daC sie wahrend ihres ganzen Lebens einen Pfahl benotigen, da sie sehr bruchig sind. Diesen Nachteil gleichen sie durch reiche Ernten besonders edler Friichte aus. — Zu Johannis- beerstammchen kann man weniger raten, da die Fruchtqualitat bei diesen im Alter haufig nach- laBt.

Das Gorfenbeef Schon bei der Herrichtung eines einfachen

Gartenbeetes kann man seine praktische Be- gabung beweisen. Mancher bemuht sich mit einem MetermaB, um Beetbreite und Reihenab- stand festzulegen. Viel einfacher ist es jedoch, die Beetbreite in den Rechenstiel einzukerben. In wenigen Minuten ist dann die Arbeit getan, und Saat und Pflanzung korinen beginnen, nach- dem man mit der Pflanzschnur, die wie eine Sage hin- und herbewegt wird, die Reihen ge- kennzeichnet hat.

Gerade beim Pflanzen werden viele Fehler begangen. Darum einige Winke: Am vorteil- haftesten pflanzt man nach einem Regen, mog- lichst am Abend oder am friihen Morgen. Vor- her wird das Saatbeet oder das Beet, SMX dem die Setzlinge pikiert stehen, kraftig gegossen, damit beim Herausnehmen der Pflanzen die Erde besser an den kleinen Wurzeln haften bleibt. Auch das neue Pflanzbeet soil im Inneren tuchtig feucht. an der Oberflache aber wieder trocken sein. Da eine gute Wurzel Voraussetzung fiir das Gedeihen des Gemiises ist. soil die Wur- zel nicht nur unbeschadigt. sondern nach Mog- lichkeit mit einem Erdballen, am besten mit einem Topfballen, gepflanzt werden. Beim Pflanzen muB man die Pflanzchen in die linke Hand nehmen. Das Pflanzholz fafit man mit der rechten Hand und driickt es mit einer kleinen drehenden Bewegung in den Boden. Der Setz- ling kommt bis zu den beiden Keimblattern in das Pflanzloch. Dann driickt man mit dem Pflanzholz die Erde von der Seite fest gegen die Pflanze. Jetzt werden die Pflanzen tUchtig

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Biu de Allen singet

Oe Hdr kam mol diiUr't Duarp te gohn; Do soh hoi Branskes Momme stohn: „Guatt help Uch, Fruggel" „Guatt lauhn Uch,

[Har!" „Niu, Frugge, sidt my ummermehr, Biu kiimmet et, dot Ugge Berend dann Sau guattvergidten flauken kann?"

„Jo, Hdr, do mott Y wuol no frogen. Ik woll't Uch auk all Uuter klagen. Ik pridke me stdnnig int Gewieten. Doch, Hdr, et mag de Duiwel wieten. Bo use dunnerwidres Bernd Dat guattverdamm,te Flauken lehrt."

Josef Putter

gegossen, doch darf das Herz der Pflanze nicht eingeklemmt werden. Es ist deshalb gut, um die Pflanze herum eine kleine Erdvertiefung zu machen, in welcher slch das Wasser sammeln kann.

Zeif fur die Grunhecke Nur zu oft kann man beobachten, 'daB Griin-

hecken oben ebenso breit sind wie unten. Das ist naturwidrig. Jede Hecke muB unten breiter, wenn moglich doppelt so breit sein wie oben. Nur diese Form sichert der Hecke In spateren Jahren ein luckenloses Geschlossensein.

Zum guten Sclinitt der Hecken gehort eine gute Heckenschere. Zu empfehlen sind die Scheren mit Gummipuffern.

Das Schneiden erfolgt von unten nach oben. Man erleichtert sich die Arbeit, wenn man ent- lang der Hecke in verschiedenen Holien Schniire spannt. Besonders der obere Abschnitt — die Krone — kann ohne Schnur nicht korrekt axis- gefuhrt werden. Die Schniire werden beidseitig der Hecke straff gespannt. Bei Hecken aus Laub- geholzen sollte imbedingt ein zweimaliger Som- merschnitt und dazu noch ein Winterschnitt er- folgen, um eine gut aussehende Hecke zu ge- wahrleisten. Der erste Sommerschnitt wird im Mai ausgefuhrt und der zweite Schnitt Anfang August.

Bei den Nadelholzhecken ist ein zweimaliger Sommerschnitt nicht erforderlich, weil das Wachstum der Elbe und des Lebensbaumes, die unsere hauptsachlichsten Heckengeholze unter den Nadelbaumen sind, sich ganz anders auBert. Man schneide im Sommer nie zuviel ab, jeden- falls nicht bis ins altere Holz. Nach dem Schnitt muB die Hecke eine geschlossene grune Wand bilden. Dagegen kann im Winter die Hecke sehr scharf zuruckgeschnitten werden. Auch der Ver- jungungsschnitt imd das Auslichten wird besser im Winter durchgefuhrt.

Steckbrief fur Schddlinge an Bdumen und Strduchern

Die Apfelsagewespe lebt von Mai bis Juni als Insekt und von Juni bis August als Larve. Die Eier werden an den Fruchtknoten abgelegt und

die Larven fressen starke Gange im Frucht- innern.

Kirschfliege, eine schwarze, gelblichbraune, behaarte Fliege mit vier schwarzlichen Quer- binden auf den Flugeln, belegt die Kirschen mit ie einem Ei. Von Mai bis Juni friBt die Kirsch- fliegenlarve in den reifenden und reifen Fruch- ten. Einziges Bekampfungsmittel ist fruhzeitige Ernte.

Mineraldiinger und Gemiisequalitat 1st der Mineraldunger schadlich gegen die

Gemusequalitat? Es ist ein ungerechtes Vorur- teil, welches man gedankenlos Ubernommen hat. Bei einer genauen und sachlichen Betrachtung wird man einsehen, daB gerade Fakaldiingung (Jauche usw.) oft zu xmliebsamen Erscheinungen fuhrt. Die Verwendimg nicht kompostierter Fa- kalien zur Diingung von Gemuse, Obstbaumen und Beerenstrauchern ist wirklich als unhygienisch anzusprechen. DaB solch unhygienische Dungung auBer gesundheitlichen Gefahren, hervorgerufen durch die Verbreitung von Krankheiten, auch den Geschmack und das Aroma des Obstes und Gemiises und ihre Haltbarkeit nachteilig beein- fluBt, so daB sie z. B. nicht zum Konservieren

' gebracht werden konnen, liegt auf der Hand. Man muB nun auch noch folgendes bedenken.

Gerade die Konservenindustrie, die ja einen be- sonderen Wert auf Qualitat legt, ist bestrebt, nur solche Gemiise anbauen zu lassen, die eine einwandfreie Diingung bekommen und demzu- folge hohe und qualitatsreiche Ernten liefern. Die Vertragsbauern erhalten genaue Kulturan- weisungen iiber Diingungsweise, Sortenwahl und Erntezeit. Interessant die Versuche, die schon vor Jahren in der Gartnerlehranstalt Berlin- Dahlem durchgefiihrt wurden, z. B. an SuB- kirschen, die zu Dunstkirschen eingekocht wur- den. Die Proben von den Parzellen „ohhe Diingung" und „ohne Kali" waren weniger suB, „mit Kali ohne Phosphorsaure" siiBer und „mit VoUdiingung" am suBesten. Die entstielten Kir- schen bei „VoUdiingung" waren auch am schwer- sten und die „ungediingten" am leichtesten. Man konnte noch unzahlige Beweise und Ergebnisse aulfiihren. Aus alien aber geht hervor, daB das Vorurteil gegen „Kunstdunger" voUiig zu Un- recht besteht. Auch wir Kleingartner konnen unbesorgt von den Mineraldiingem Gebrauch machen. IMe hohen Ertrage imd die einwand- freie Qualitat derselben werden jeden „Mise- peter" iiberzeugen.

Anzahl der BienenvDiker

(Bienein sidtern 06sFu.Honig ernte

Honigemtf in t Ertraq

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Milch auch foe/ Galfen- und Lebererkrankungen

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Bei der Umstellung auf eine fettreiche Er- nahrung haben viele Menschen Beschwerden bekommen, vom einfachen Druckgefiihl in der Magengegend bis zum schweren Gallenstein- anfall.

In all diesen Fallen wird der Arzt eine leichte Diat verordnen, in den meisten Fallen ohne Fett, und der Patient wird sich nun zu iiberlegen haben, ob er in diese Diat Milch, die ja auch 3°/« Fett enthalt, einschlieCen kann oder nicht. Es zeigt sich, daB selbst nach dem schwersten Gallenanfall bereits am nachsten Tag Milch — allerdings in besonderer Form — gegeben werden darf. Man kann mit ausgezeichnetefn Er- folg morgens und nachmittags Buttermilch zu sich nehmen und insbesondere eine leichte Griefisuppe oder Tee mit Traubenzucker und Zwieback. Auch die Buttermilchspeise ist er- laubt. Dagegen bleibt Milch in rohem Zustand Oder Sahne verboten. Als Brotaufstrich wird Quark verwandt. Bei Gallenblasenentziindung wird man Milch in groBeren Mengen geben konnen. Auch hier wird vormittags Buttermilch mit WeiBbrot und Butter und abends WeiBbrot mit Quark und Butter sehr bekommlich sein.

Im Wochenspeiseplan wird man neben GrieB- pudding Haferbrei mit Halbmilch, Mondamin und Griefibrei mit Apfelmus und Fruchtquark einsetzen konnen. An Getranken oder gleichsam Gallenschonkost sollte Buttermilch und auch saure Milch herangezogen werden.

Besonders wichtig ist es, zu wissen, daB auch bei der Gallenblasenentzundung Brot mit Dop-

pelrahmkase ausgezeichnet vertragen wird. Nach Abklingen der entziindlichen Erscheinungen ist auch Camembert, Edamer und Emmentaler er- laubt. Hier bewahren sich an Getranken beson- ders Joghurt und Kefir. Selbst bei Erkranfcung del- Bauchspeicheldrilse kann man als Brotauf- strich Quark und magere Kasesorten sehr gut verwenden, Milch allerdings nur in Form von entrahmter Frischmilch oder Buttermilch.

Bei der haufig auftretenden Gelbsucht, wenn es sich nicht um die ansteckende Form handelt, sind Quark und WeiBkase taglich zu verab- reichen. Zum Mittagessen sind Speisen, wie saure Milch (Stippmilch, Dickmilch, gestockelte Milch), etwa auch GrieBauflauf mit Kirschen und an Getranken Kakao oder Schokoladen- trunk aus Halbmilch sehr gut angebracht. Be- sonders abwechslungsreich ist es, mittags einmal ein Milchgelee zu reichen, welches aus 150 g Milch, 2 Blatt Gelatine, Vanille und Zucker be- steht, Oder sich abends einen Kase-GrieBauflauf zu machen, der aus 150 ccm Milch, 25 g GrieB, '/i Ei, 10 g Parmesankase, Salz und Butter be- steht.

Die Milchdiat bei Leber-, Gallen- und Bauch- speicheldriisenerkrankungen ist also keine Straf- kost, sondern auch hier soil der Kranke durch abwechslungsreiche Kostform seine Gesundheit und Lebensfreude bald wieder zuriickerhalten.

Dr. med. Trentel

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II iH^iii

Um die phffdeufsche Rechfschreibung Ein Versuch fUr das kurkOlnische Sauerland von Franz Nolte

Der Sauerlander Heimatbund hat auf seiner Tagung in Marsberg einen Antrag angenommeu, man moge den „emsthaften Bestrebungen um eine Vereinfachung und in bestimmten Grenzen audi Vereinheitliciiung der schriftlichen Auf- zeidinung des Plattdeutschen die entsprechende Beachtung und Unterstiitzung schenken."

Das bezieht sidi — kurz gesagt — auf die platt- deutsche Rechtsdireibung. Um diese ist es heute ganz erbarmlidi bestellt. Das empfinden alle plattdeutsdien Schreiber und auch — Leser. Das verwirrende Durdieinander in der plattdeutschen Schreibweise madit das Lesen sdiwer. Und die Folge davon ist, daC viele alles Plattdeutsche von vornherein ablehnen. So wird dieser Zu- stand mit zu einem Grund fvir den Niedergang des Plattdeutsdien.

Es hat nicht an Ansatzen zur Herstellung einer einheitlidien plattdeutschen Schreibweise ge- fehlt. Von den Bemiihungen Fritz Reuters, der schon 1859 die Vereinigung aller platt- deutschen Dialekte zu einer einheitlichen Schriftspradie erstrebte, iiber die 1935 erschieiie- nen „Regeln fiir die plattdeutsche Rechtschrei- bung. GemaC Verfiigung des Prasidenten der Reichsschrifttumskammer" bis zu den Versudien, die im kurkolnischen Sauerlande z. Z. Hoff- meisters (i 1943) fiir die Sdireibung des Platt- deutschen gemacht wurden, ist nichts erfolgreidi gewesen.')

Und wle steht es heute? Zwei Meinungen stehen sich gegeniiber:

1. Uns fehlt ein plattdeutsdier Duden. 2. Jeder soil so schreiben, wie ihm der Schnabel gewach- sen ist. — Was ist dazu zu sag en? 1. Ein platt- deutscher Duden? Er ist heute einfach unmog- lich; dazu sind die Dialekte zu verschieden. 2. Der zweite Satz fuhrt zu dem beklagenswerten Zustande, in dem wir jetzt stehen. Glbt es keinen Ausweg aus dieser Zwickmiihle?

Doch! Dr. Helmuth Langenbucher hat in „Volkhafte Dichtung der Z,eit" einen Wink ge- geben, der beachtenswert ist. Er schreibt tret- fend: „Die Darstellung der Mundartdichtung unserer Zeit kann m. E. nur die Aufgabe eines Kreises von Mitarbeitern aus den einzelnen Mundartgebieten sein, die sich zu einer Gemein- schaft zusammentun miifiten." Das ist eine durdiaus sachgemaBe Beurteilung der Lage: Fur die einzelnen Mundartgebiete, die bei der Ver- schiedenheit der Dialekte nicht zu groB sein diirften, konnten sich mehrere Fachleute „ zu- sammentun", um vorlaufig Ricbtlinien fiir eine einheitliche Schreibung zu linden. Das kur- kolnische Sauerland i s t ein solches Gebiet. Und

es kommt nun darauf an, Riditlinien zu finden. Das ist gewiB eine schwere Aufgabe, und es werden viel Arbeit, Geduld und — Zeit notig sein, um zu einem Ziele zu kommen. Dieses Ziel konnte ^ so modite man hoffen — ein Worterbuch sein, wie es z. B. fiir das Soester Gebiet in dem Worterbuche von Schmodiel und Blesken vorliegt. Dazu zu helfen, ist der Zwedc dieses Aufsatzes und — Aufrufes.

Gerade im Sauerlande ist das Plattdeutsche in den letzten Jahren in einem beangstigenden MaBe zuriickgegangen. Fast uberall spredien die Eltern mit ihren Kindern hochdeutsch. Man braucht fur diese Erscheinung nidit nur Dunkel und „Vornehmheit" verantwortlich zu machen. Vielfadi spielt der Gedanke mit: „Mit Hodi- deutsch kommen unsere Kinder in der Schule besser voran." — Es mag sein, daB ein Kind, das nur plattdeutsch spridit, im Anfange einige Schwierigkeiten zu iiberwinden hat. Dem- gegeniiber stehen auch Vorteile: Wer hoch- deutsch und plattdeutsch spricht, hat in dem Vergleich der beiden Sprachen ein vorziig- liches Mittel zum Sprachverstandnis dem Haupt- ziele alles Sprachunterrichtes. DaB ein soldier einen groBeren Wortschatz hat als der, der nur sein Hochdeutsch kann, ist eine langst erkannte Wahrheit, ganz abgesehen von den W e r t e n , die in der Naturlichkeit, in der Anschaulichkeit (vergl. Huckenstauhl und Huilebesmen = Pilz und Staubsauger!) und in der Ehrlichkeit (Fritz Reuter: „Dotan is sai tau ihrlik") des Platt- deutschen liegen.

Deshalb soil im Nachfolgenden versucht wer- den, durch „Vereinfadiung und Vereinheit- lichung der plattdeutschen Schreibweise", dem Plattdeutschen zu helfeji. Der Hauptzweck dieses Versuches ist, das L e s e n zu erleiditern. Das ist die vordringlichste Aufgabe. Die groBe Frage ist also: WiekanndurchVerein- fachung und Vereinheitlichung das Lesen erleichtert werden.

Eine Antwort ware: „Wir schreiben mit An- lehnung an das hochdeutsche Schriftbild." Das „Nach Moglichkeit" laBt freilich mandimal eine verschiedene Deutung zu, docii diirfte der Satz ein wesentlicher Fortschritt sein. Dies sei kurz erlautert:

Vergleicht man folgende Tabelle in Bezug auf ihre Lesbarkeit: Krisdag Sundag Sumer Himel

= Christag = Sunndag = Suemmer = Hiemmel

Bueter = Buetter

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Sinnspriicke

Schicke dik in de Welt Un sdiwyg met Klagen stille; Sai richtet sik in der Farwe Ganz no dyner Brille.

Bat diu van Dage schiillig weerst, Dat lot nit stohn bit muargen; Un weste alltyt Buarg behall'n, Dann moste gar nit buargen.

Liditer, 'ne Jaddelmannshuaff te verdiarwen, Ase 'ne Hiitte van Strauh erwiarwen.

Biargaff is lidite, Biargopp gait richte; Det aine met Flaiten, Det andre met Schwaiten.

Friedr. Wilh. Grimme

»>S»S»»X«««C(«C>»>»»»XC<«««C<0»»»»»}

Briat = Briatt Dieke = Diedce Buale = Buahle Laon = Laohn lainen = laihnen

sdiliepen = schlieppen huapen = huappen stialen = stiahlen sain • = saihn goen = gohen kwialen = quialen bekwem = bequem fiks Oder vikfi = fix kaal Oder kal = kahl hual = huahl

so findet man, daB bei den r e c h t s stehenden Wortern das Verstandnis sdineller eintritt als bei den links stehenden. Und woher koihmt das? Das an das Hodideutsch angelehnte Wort rechts weckt die Vorstellung des bekannten hodideutsdien Wortes und vermlttelt fast blitz- artig das Verstandnis.

Um zu einigen vorlaufigen Resultaten zu kom- men, sollen hier Betrachtungen iiber Selbst- laute, Mitlaute, uber Wort- und Satzlehre ange- stellt und daraus bestimmte Vorschlage abgeleitet werden. I. Selbstlaute.

Es kann sich hier natiirlidi nidit darum han- deln, eine neue plattdeutsdie Lautbildungs-

lehre zu entwickeln. Sogar dem Hodideutsdien ist es bei aller staatlidien Pflege nidit gelungen, eine rein deutsdie Phonetik zu sdiaffen; dazu ist das Hodideutsdi viel zu sehr m'it Fremdspradien gesdiiditlidi verbunden. Und was dem Hodi- deutsdien nidit gelungen ist, kann man vom Plattdeutsdien in diesem Stadium der Entwidc- lung nidit verlangen. Es geht hier nur darum, das L e s e n zu erleiditern, und dazu ist die An- lehnung an das Hodideutsdie ein vdrziiglidies Mittel.

1. Die Selbstlaute a, e und o. Widitig ist bei den Selbstlauten die Unter-

sdieidung zwisdien 1 a n g e n und k u r z e n Lauten, wahrend die Frage, ob es offene, halb- offene oder geschlossene Laute sind, nidit so wichtig ist. Im Hodideutsdien wird die L a n g e bezeidinet:

a) durdi Verdoppelung des Selbstlautes: Paar, Meer, Boot;

b) durdi Anfugen des h: Jahr, mehr, Lohn; c) durdi kein besonderes Zeidien: war, er tot.

Die Klirze wird angedeutet: a) meist durdi Verdoppelung des folgenden

Mitlautes (Scharfung): Falle, Bett, Mottej b) ohne bes. Zeidien: Halt, selber, Volk.

Was dem Hodideutsdien nidit gelungen ist, namlidi Lange oder Kiirze durdi ein einziges Zeidien auszudriidcen, das kann man vom Platt- deutsdien nidit erwarteni daher:

Vorsdilag 1: Wir sdireiben im Plattdeutsdien langes und kurzes a, e und o wie im Hodideut- sdien. Beispiele: Hambernd saat viarm Sdiaape (anderwarts: Sdiappe) un las dat Blaat. — De Knedit kennet kaine Heepe mehr. — De Onkel stond op dem Felle un besoh dai junge Soot.

Hier muB eine Bemerkung eingesdialtet wer- den: Auf die Untersdieidung des offenen und des gesdilossenen o wird hier und da besonderer Wert gelegt. Das offene o hat eine leidite Nei- gung zu a hin; deshalb wird es oft durdi ao aus- gedriidct: Pastraotengaoren, Spraoke. Aehnlidi ist es mit dem offenen 6. Es hat eine Neigung zu a hin; daher wird es oft ao gesdirieben: west- faolsk. Diese beiden Zeidien sind ziemlidi widerborstig und ersdiweren das L e s e n sehr. Es sdieint, daB wir im kurkolnisdien Platt diese Laute ohne Sdiwierigkeiten mit o und 6 bezeidi- nen konnen. Dadurdi wiirde das Lesen wesent- lidi erleichtert. Beispiele: De westfolske Sproke. —• En Sdiolken Kaffai un en editen westfolsken Kloren sind en paar storige Saken.

Das Hodideutsdie hat fiir die Darstellung des langen und kurzen i wieder versdiiedene Weisen: Lang: a) ih: ihr, ihn, ihm;

b) ie; Liebe, Miete, riet — stiel, bieten, sdiief;

c) kein bes. Zeidien: Igel, Karoline, Stil. Kurz: a) Sdiarfung: Lippe, Mitte, ritt — still,

bitten, Schiff; b) ohne bes. Zeidien: Kind, Linde, Wirt —

bin, sind wird.

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Nun hat es mit dem ie im Sauerlander Platt eine besondere Bewandtnis: Wir haben es notig zur Darstellung des plattdeutsdien Doppellautes ie in iek, miek, Striek, Sdiiepp usw. und konnen das e hler nicht als Dehnungszeichen ansehen. Deshalb fordern Fadileute: das lange i darf nicht durdi ie bezeichnet werden. Daher:

Vorschlag 2: Wir schreiben das lange i ohne Dehnungs-e.

Beispiele: Mine Karline — dine Christine. (So in den Kreisen Olpe und Meschede. Im Arns- bergisdien kommt das lange i selten vor, hier wird es ersetzt durch ej: Mejne Karlejne, dejne Christejne. — Wir kommen auf diesen Doppel- laut ej in Vorsdilag 5 zuriick.)

3. u und die Umlaute ii, & und 6. Diese 4 Laute haben gemeinsam, daB sie im

Hochdeutsdien nie als Doppellaute (uu, iiii, aa, 66) vorkommen. Sonst ist die Darstellung ihrer Lange und Kurze ahnlidi wie bei den schon be- sprodienen Lauten. Langes u und ii kommen im kurkolnischen Sauerlande, besonders im Arnsbergisdien selten vor. Im markischen Sauer- lande finden wir sie in Tun, Buk, tusken, rusken, Miier, duer. Diesen Formen entspredien im Arnsbergisdien Tiun, Biuk, tiusken, riusken; Muier, duier; ferner verbinden isdi u und ii hier mit e zu ue und lie. (Davon bei den Doppellauten.) •

Vorsdilag 3: Wir sdireiben u. ii, a und 6 wie im Hodideutsdien.

Beispiele: De PuUe maket den Sdiulten dull; niu hiat hai den Pudiel vuU Sdiulden. — Tiisker Saggen un Maggen maket de Bluer Hoditejt. — Hai konn dat S6fken hewweh, wenn hai wollj owwer hai ies te sdinoggelig. — Iek nahme dat Hannesken, wenn hai men kame. 4. Die drei hochdeutsdien Doppelselbstlaute:

au—ai (el u. ai) —oi (eu u. An). Die drei hodideutsdien Doppelselbstlaute

kommen auch im kurkolnisdien Platt vor. Fiir den ai-Laut hat das Hodideutsdie zwei Formen: ei und ai, ebenso fiir den oi-Laut: eu und au. Es ist. zwedcmaBig, fur die zwei Formen eine zu nehmen; daher:

Vorsdilag 4: Die au-, ai- und oi-Laute sdireiben wir au, -ai, -oi.

Beispiele: Hai sdilaug dat Bank tau. — Sai lait siek kaine Maihe verdraiten. — Das Roisken was sdioin, owwer ode bloi. 5. Die dem Amsberger Platt eigenen Doppel-

selbstlaute. Neben den drei hochdeutschen Doppellauten

au. ai und oi hat das Amsberger Platt 12 andere. Sie sind fiir uns von besonderem Interesse; denn sie machen das Amsberger Platt zur vokalreidi- sten Spradie der Welt (?). Sie seien hier in einem Zweizeiler zusammengefafit: Ouh. bat ies dodi de Biuer op sejnem Huawe en Kiiening! Kuemm op dat Huafken un suih di men ainmol dat Wiark an, et laohnt siek. Es sind — in vier Gruppen geordnet —: ue, ie, iie — iu, ui, ej — ai, ao, ou — ua, iia, ia. Die neun ersten betonen den ersten Laut, bei den drei letzten liegt die Betonung auf dem letzten Laut. Zu den meisten ist nidits zu

sagen; sie werden lautgemaB gesdirieben: nur ie, ej und ao miissen besonders betraditet werden: a ) „ie" (Siehe Vorsdilag 2!) ie wird immer mit

leidit nadiklingendem e gesprodien; das e dient hier nie als Dehnungszeidien. i be- zeidinet daher das lange und das kurze i. Das lange i kommt im Amsberger Platt wenig vor. In den Kreisen Olpe und Me- sdiede ist es haufiger; hier spridit man statt des Amsberger ej in „Mejne Karlejne", (wie

sdion erwahnt) „Mine Karline". b) „ej". Es klingt wie das ei in dem lateinisdien

Dei, d. h. getrennt. Die Sdireibweise ist leider nodi s e h r versdiieden: ei — e-i — ey —ei (mit Trema) oder ei (mit sdiarfem Akzent). Grimme her sind wir gewohnt, ey.zu sdirei- ben. Diese Schreibweise verfiihrt leidit zur Ausspradie ai, wie sidi z. B. in Mesdiede bei der plattdeutsdien Messe von Propper zeigte. Deshalb sdieint es zwedcmaBig zu sein, sidi auf „ej" zu einigen. Der Baas der Westfaols- ken Spraokstiie, Carl Wigge-Dortmund, sagt: „Wir miissen heute „ej" sdireiben.

c) „ao". ao klingt zwisdien ao und au, mehr nadi au als nadi ao. Sdireibt man aber au, so wird es leidit als oi (Rauber) gesprodien. Daher ist heute fast allgemein „ao" gebraudi- lidi.

Vorsdilag 5: Wir sdireiben die Doppellaute lautgemafij dodi gilt fiir ie, daB das e leidit nadiklingt; fiir e-i (getrennt) sdireiben wir ejj den zwisdien ao und au sdiwebenden Laut sdireiben wir ao.

Beispiele: Uese Triese ies met diem lesel in de Miiehle (zur Gruppe 1). — Bat suikest diu hej? (z. Gr. 2). — Daiern, sej dodi fraoh, segg Jouh! (z. Gr. 3). — Kuarf un Kuarfken hort bej't Miaken (z. Gr. 4), wobei zu bemerken ist, daB ua, iia und ia in einzelnen seltenen Fallen audi den ersten Laut betonen (buahren = bohren, buaren = heben, Diar, Liar, Wiar = Tiir, Leder, Wetter).

II. Mitlaute. Die Mitlaute sind im Hodi- und Plattdeutsdien

ziemlich gleidi. Hier waren zu betraditen: 1. F-Laute, 2. S-Laute, 3. die Verbindung des S- Lautes mit k, 1, m, n, w (sk, si, sm, sn, sw), 4. die Verhartung des Auslautes, 5. die Doppellaute in einem Zeidien (q, x, z). 1. Der F-Laut. Im Hodideutschen finden wir

den F-Laut als f ,v und ph. Die Entwidilung vom ph zu f ist heute klar zu erkennen: Foto, Fotograf, Stenograf. („Die eindeutsdiende Sdireibung „Stenograf" wird nadi dem Bei- spiel der „Deutsdien Stenografensdiaft" mehr und mehr angewandt." So der D u d e n .)

Vorsdilag 6: Wir sdireiben wie im Hodideut- sdien: Vatter, Vaih, Viuel, vuU, van, viar (vor!), viel, viellichte usw. — Frau, friggen, fejn, tiul, fejwe, fiar (fur!) usw. 2. Der S-Laut. Der S-Laut wird heute als A n -

laut weidi, stimmhaft (Rose) gesprodien wie in der hodideutsdien Biihnenspradie: sunne. Dodi hort man audi hier und da das harte.

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uesem Hiiirguait seyne AweteiKe dai hint nit SlUetel, nit Sluatt; dai hidt nit Facher, nit Tdike un jeder finget do wuatt. Do wdsset op grainer Frase Gekruider tau krdftegem Drank, am Auwer, op ter Wiese, tilsker'-m Grase, et Iduhnt sik jeder Gank.

Diu kanns bey Dag un bey Nachte do saiken, wat diu mens wefit; un kainer raipet „Halt! wachte!" ddt diu dis betahlen sofit. Uesem Hidrguatt seyne Awetdike is diusend Daler wert fidr Gesunne un fidr Bldike, fidr gelehrt un ungelehrt.

Christine Kocli

stimmlose B: Bunne. Es scheint, daC sich hier langsam ein Wandel vollzieht, indem audi im Plattdeutschen — sicher durch den EinfluB des Hochdeutsdien — der Anlaut weidi gesprodien wird.

Vorsdilag 7: Wir schreiben wie im Hodideut- schen: Diu, sast, diu maBt, diu waiBt, diu laBt nit los, vej Ijasset, dat passet nit. 3. sk, si, sin,'sn, sw: Skinken, Slop, Snai, Smand,

Swait. So schrieb man friiher. Im Laufe der Zeit hat sich — sidier unter dem EinfluB des Hochdeutsdien — die Sprechweise mehr und mehr dem „sch", dem groBen Rauschelaut, angebildet: Sdiinken, Schlop usw. — Im Aus- laut bleibt aber sk erhalten: Disk, frisk, duitsk, franzoisisk usw.; doch sind wie auch im HoUandischen Bestrebungen zu beobach- ten, das k fallen zu lasseri.

Vorsdilag 8: Wir schreiben heute Schinken, Sdilop, Schnai, Sdimand, Schwait, — Dis (Disk), fris (frisk), duits (duitsk), franzoisis (. . . sk) usw. 4. Verhartung des Auslautes. Im Hochdeutschen

gilt als Regel: In Wortern wie Kind, Kalb bleibt trotz der Ausspradie kint, kalp das d und b erhalten.

Vorschlag 9: Wir schreiben wie im Hodi- deutschen: Bind dat Piard an de Wand! — Bernd nahm dat Kind an de Hand. — Hai weerd et laid. — Ej sejd blind. — De Daod ies bitter (Wagen- feld: Daud un Duwel) — Aber „Hai ies daot, sejt langer Tejt, dat ies nix wert, usw. 5. Doppellaute in e i n e m Zeichen: q — x — z.

Hier ist die Sdireibweise bei den einzelnen Schriftstellern sehr verschieden. Aus dem Hochdeutschen sind uns diese Zeichen be- kannt: Die Ersatzformen kw, ks, tB erschwe- ren das Lesen sehr. Deshalb ist die Beibe- haltung der im Hochdeutschen iiblidien Zeidien anzuraten; daher;

Vorschlag 10: Wir gebrauchen die hochdeut- schen Zeichen in Worter wie: quaken, quialen, bequem fix, Hexe, Laxe (Lektion, Lexikon),

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Max. — Sai hiat de Bux an. — Dadis, Ludis, wichsen, — knacks, stracks, bodes, — Blitz, — ratz te dull, knatz usw.

III. Wort- und Satzlehre. 1. Schwankungen. Einzelne Worter werden in

verschiedenen Teilen des Sauerlandes mit ganz leichten Sdiwankungen oder Tonungen gesprochen, z. B. Schnai (im Arnsbergisdien) = Schnai (Christine Koch), viar und viiar (vor!), diar und diiar, dien und dian, fiar und fiiar (fiir), selber und selwer, bat und wat u. a. — vej sind und vej sejd, usw. Vorschlag 11: Bei solchen leichten Schwan-

kungen soil jeder Schreiber so schreiben, wie es in s e i n e m Gebiete iiblich ist. So kann der Arnsberger schreiben: „Mejne Karlejne". der Olper „Mine Karline", der Neheimer „Muine Karluine." 2. Verleimungen. Hier und da findet man im

PlattdeutscJien (wie iibrigens in alien Spra- chen) seltsame Verbindungen von Wortern, wie sie sich im schnellen Verkehr von selbst ergeben: Hiastese nit saihn? Ein groteskes Beispiel aus der Umgebung von S u n d e r n : In der Setmecke, do sdiwuppsketmese." Bei gramatischer Zerlegung kommt langsam Sinn in das Verleimte: In der Setmecke, do schwuppkset me se, zu hochdeutsch: In der Setmecke, da Schwingt man sie (die MadcJien) im Tanz. Soldie Verleimungen ersciiweren das Lesen sehr.

Vorschlag 12: Wir vermeiden Wortzusammen- fugungen, die das Lesen und das Verstandnis erschweren. 3. Dohen oder gedohen? Das 2. Mittelwort

(geschlagen) hat im Sauerlander Platt kein ge: Dai Gaos ies brohen. — lek hewwe mejne Arbet dohen. Im Markischen hort man oft: De Gous es gebrohen. — Eck hewwe mine Arbet gedohen. Das erscheiiit dem Sauerlan- der als gekiinstelt. Das 2. Mittelwort nimmt nur dann „ge" an, wenn es als Eigenschafts- wort auftritt: Dai gebrohene Gaos. AUer- dings berichtet Grimme von Medebach, daB man dort spricht: „Hawwe gy all gegieten? Biste do gewiasen?" (Siehe: Das Sauerland und seine Bewohner. S. 80/81).

Vorschlag 13: Wir vermeiden beim 2. Mittel- wort in der Aussagestellung das „ge". 4. mej oder mi? dej oder di? (Die Falls im

Sauerlander Platt). Im Hochdeutsdien re- giert „sein" den ersten Fall: Er ist ein sciiledi- ter Kerl. — Der Kneciit ist der Dieb. (Wer ist er?) Im, Sauerlander Platt lautet der erste Satz: Hai ies en schlechten Keerl. Man findet hier und da in der plattdeutsdien Literatur Satze wie diesen: Dat was en schlechter Hund" oder „Hai ies en fejner Mann". Das ist nicht plattdeutsch: der Sdirei- ber orientiert sich hier an seinem hochdeut- schen Sprachgefiihl. — Das Sauerlander, be- sonders das Arnsberger Platt, unterscheidet genau den 3. und 4. Fall: „Dat hort mej" und „Hai sdilatt miek". Im Markischen hort man oft: „Dat hort mi" und „He schlaug mi." Hier

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r ist die Unterscheidung der Falle schon un- sicher geworden.

Vorschlag 14: Wir achten sorgfaltig auf die Er- haltung der dem Sauerlander Platt eigenen Falle. 5. „Diu schlopest" oder „Diu schlopes"? (Perso-

nal-Endungen). Der Satz „Anlehnung an das hochdeutsche Schrittbild" schliefit eine andere Forderung ein: „Schreibe die Personal- Endungen klar unterschiedlich!"

Vorschlag 15: Wir sdireiben klar unterschied- lich die Personal-Endungen; besonders achten wir dabei auf die 2. Person Einzahl.

Beispiele: lek schlope, diu sdilopest, hai schlopeti — iek sprang, diu sprvingest, hai

sprang; — iek sin, diu bist, hai ies; — iek hewwe, diu blast, hai hiat; — iek laihnere, diu laihnerst, hai laihnere, (idi lieh, . . . .)

Diese 15 Vorschlage seien den Freunden des Plattdeutschen, besonders den Schriftstellern des kurkolnischen Sauerlandes, zur Priifung vorge- legt. Vielleicht kommen wir so zu einer ziemlich einheitlichen plattdeutschen Rechtschreibung. Nur gemeinsame Arbeit bringt uns voran, alles in dem Bemiihen

Wejer oppen Thraon te setten Use laiwe haimske Platt.

(Christine Kodi.)

Allerlei,,grain Tuig" Vam Stempeldag

De Hiarwest haar sik int Land smieten un de Vugelkes verjagt, doy im Sumersunnenschein sau lustig in der Elpe wohren. Riagen und Nibel worten sulke starke Heeren, dat fast dat Lachen ak van den Mensken flogen wore. Awer de Mensken satten tesammen un wachteren op den eynen Tag in der Wiarke, doy de ganze Sunne ersatt. Dat was de Stempeldag in Brunschappel. An den andern Dagen satten de Elpesken Jungen tesammen oppen Dialen un in Sdiiiren un blosen den Tabaksdamp for sik hine, asse wann se em Nibel oppen Bearden Konkurrenz maken wollen. Se spielten dann de entgiegengesatte RoUe van den Ziigvugeln Doy woren ait der Elpen toigen un kamen ohne Arbet triigge.

Robert harr sik ne schwore Mascheyne kofft un was de schnellste Vugel van alien Vatterken was seyn Froind un hoy erinnerte sik besonders am Dunersdag doran, denn dann genget no Brunschapel taum stempeln, und oppem Socius

Dat Gewifter

Hodrst du dat Grummeln dchter didm Bidrge, siihst du de Wolken ilaigen doahidr? Dot giett en Widr.

Diisternis kriipet iiower de Bidrge, schwoar liet de Locht in didn Knoaken as' Blie. Hdr, stoah us tie.

Filer vam Hiemel, bidrstende Wolken, Tuschende Water un Duonerschlag. Dat es Gewltterdag.

Hodrst du dat Grummeln dchter didm Bidrge, siihst du de Wolken flaigen doahidr? Dat wa en Widr.

Sunne schient wier op Blaumen un Boime, licht es dien Hiarte, nu hiat' kaine Naut — rundsiim wdsset Braut.

Richard Althaus

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harr man den lastigen Wiag schneller un be- quemer asse te faute.

Et worte wier Dunersdag — un Robert stand met der Mascheyne vor Dohlen un wachtere, dat Vatterken dian Karren schwor machte. Doy kam un paustere doy sdiworen Dage, doy ohne Geld aditer ihm lagen, van sik weg, klatterte met gurren Miene oppen Sitz, uberlaggte alle Soar- gen seynem Robert, dachte an doy klingenden Miinzen, die hoy triigge drain konn un logt sik den Elper Berg ropp teuern. Bleos Roberet harr andere Viigelkes oppem Dake, asse Vatterken harr mearken konnt. Hoy gaffte seynem lesel den Sporen, driickere oppen Gashiewel, dat de Beyfahrer met Gewalt iut dian Dromen rieten Worte: „Gott op der Elpern, help mey!" stohnte hoy un stotte Robert in den Rib- ben. „Lot langsam gohn!", schriggere hoy un horte tau Antwort: „Geyt nit, Vatterken, den Bremsen sint uitleyet — und doy lauten StoB- gebete frat de Wind, doy iimme Vatterkens Kopp waggern. „Robert, nit sa schnell, foiere lang- sam, ik bin doch na sa jung!"

Amme Heyligenhausken, wobine Vatterken dian leBten Sehnsuchtsruf dohn harre, stoppere de Mascheyne. Vatterken sprang runner un was all half in Brunschappel, asse Robert seyn heim- lidiens Ladien betwingen konn un roip ahme no: „Vatterken, noi bliste ok hey Weil dlau hingen drop siaten hiest, is de Bremse nit gohn un noy moffe soyhen, dat ik se wier in Ordnung kreyge!" Und dat gurre Herte vam Vatterken konn nit „ney" siegen. Dat riimmemartieren durte te lange. De Karls van der Stempelerigge konnen all dat Geld wier inpacket hewwen un gloiweii, dat Vatterken all nigge Arbet fungen harr un op iaren Groschken verziditere.

Et worte also heoge Teit. „Vatterken", sagte Robert, „halt diu et Rad trugge, ik well soyn, dat ik de Bremse beym foiern in Ordnung kreyge!" Sa neigere sik dat Rad no Brunschappel hine un trodc den ruwweligen un steylen Pad int Negerdal.

Amme Sozius, op diam Vatterken for teyn Minauten na gemiitlich siaten harre, hang hoy nau un halte doy schwore Kiste met Robert

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Oawengebiat

Hailige Siinte Voit! Week mi doch ter rediten Toit! Nit te froih un nit telate, Dat ik ter rediten Toit opwake.

triigge. De Motor laup de klendesten Turen. Dodi Vatterken schnauf un paustere, asse wenn de Auspuff doy Gase garnit alle packen konne, doy hey sdimieten mochte. Un Robert reyp, dat dat gequalte Vatterken Maut behallen sail: „Halt, Vatterken, halt, denk an de Nat van ebern, asse doy dacfctest, doy moditest stierwen". Un dat Vatterken packere faster, stemmere de Schaue in de Strotenrille, failte, dat de Soule un de Ab- satz gloggern worten — un balle — so sohet iut — harr hoy de Masdieyne am stohn. Dann gaffte Robert Gas und det Vatterken geng in de Kney un harr iimmer dat eyne Gliicke, doch de Schoeken wier te fingen, vimme te bremsen, te bremsen.

Dann awer woret Robert te viel. Hoy trodc de Handbremse un driickere langsam de Faut- bremse, leyt dian Karren stohn und ladiere — ladiere in dat entsetzte Gesidit van Vatterken, dat abwarts tau dian soulen un Absatzen ge- richtet was. —

„0, ,Robert, o Masdieyne, o Stempeldag!" woren seyne Gedanken — un hoy ladiere met, ladiere, dat de ganze Ernst vam Dage ver- sdiwungen was X un dey Stempelkarels nit froindlidiere Loie seyn harm aret Vatterken un Robert. Hermann Hinse.

Vamme Heller Pasteoer Eok de Pasteoer Holthiawer te Hellen was

ne vermeosten Kerel. Op Niggejohr modite liuter vamme Zirrel dai Namen viarliasen van dian Luien, dai imme lesten Johr stuarwen vroren. Dat was ne alien Briuk. Seo harre eok diit Johr wier anfanigen: „Im Herrn ent- sdilafen anno domini 187S: Anna Katharina Springob, Theodor Hardenadce, Franz Meldier junior, un seo widder. As hai bieme taihnten Namen ankummen was, woren Mannsluie un Wiewesluie in der Kiarke ainme Giekstern, de Blagen storren iark metten Illebuahn an un seogar de alle Bornemann oppem Jargelbiiehn gnaisere nohme Priargestauhle rop. Wat was mens bleos mettem Pasteoer loB — dai liaweren jo neo alle, dai do viarluasen woren. Jo, dai stongen odder saten quidclabandeg hey in der Kiarke! De alle Holthiawer makere ne Peose, kaik iiewer de Brillengliaser, soggtere daip op un saggte: „Nu, meine Geliebten, da habe idi aus Versehen die Namen von denen ab- gelesen, die mit der Kirdiensteuer nodi nidit ganz fertig sin." J. Sdi.

An de Koppe mof ma se hoggen! Et was in der Arbettslausenteyt. Bed nau

Arbett harre, konn frauh seyn. De mieistenLuie laggten terr Haime riimme un harren nix te daune. Auk Hannes was all lange ohne Arbett un hai mek siek Suargen, werle de Familie bolle nitt mahr emiahren konn. Had gafifte side graute Maihe un was vimme Arbett be- mott. Owwer et woll me nitt gerohn un hai konn nitt weyer de tiisdiker kummen. Seyne , Kollegen woren taum grotesten Dail weyer an der Arbett. Arre Hannes aines Dages auk weyer ganz vertweywelt op em Haiimewiage was, begiegere iahme de Pastauer. Hannes klagere diam Pastauer auk seyn Leid. De saggte: „Go moll jeiden Dag in de Kiarke un saggte: „Jo moll jeiden Dag in de Kiarke un bia taum heiligen Antonius, dai sail dey wuEihl helpen."

Hannes, dai bolle am Vertweywehi was, deh datt auk. Hai genk jeyden Nummerdag in de Kiarke un biare andaditig taum heiligen An- tonius. Adit Dage was Hannes jeyden Nummer- dag in de Kianke gohn, ohne datt me dat Ge- biat hulpen harre. Do rait me de Geduld. Hai sdilaik side ainen Dag weyer in de Kiarke un nahm de Hadte mett. Nohm Gebiat nabm Hannes de Hadee weyer in de Hand, xm in seyner Baushait sagge tau diar Statiir vam heiligen Antonius: „Wann idc moren kedne Arbett hewwe, hogg ids di met diar Hadse fiiam Kopp." Dann verlait hai de Kiarke.

De KiarkenkOster was owwer auik in diar Kiarke wiast un harre datt Gespradi van Hannes hort. Dai laip niu foot no diar Pastrote un vertaUte dat diam Ham Pastauer. Niu bangernse beide iimme dai sdioine Statiir un gurer Root was diuer. Owwer diam Kiarken- koster kam en guren Infall. Op em Kianken- balken stohnt nau ne kleine Statiir vam hei- ligen Antonius. Hai saggte diam Pastauer Be- sdieid un tiuskere dai Statiiren iut. Wann Hannes niu seyn Wort wohr mek, was de Ver- lust nitt sau graut.

Am andern Dag genk Hannes met der Hadce in der Hand weyer in de Kiarke. De Kiarken- koster harre all oppasset un sdilaik side auk in de Kiarke aditem Altor un woll niu saihn, barret gaffte.

Arre Hannes dai kleine Statiir soh, dadite hai, dai Heilige harre sidi dniidten woUt un seynen Suhn sdiddtet. Hai frogere owwer foot: „Bo is deyn Vaar?" Trotz wiederholtem Frogen kraig hai keine Antwort. Do rait diam Harunes de Geduld, hai nahm de Hadce un hoggte dai Statiir vamme Sodcel. Un suih, do fellen de Grosdikens do henne. Et was namlidc frogger en Opferstodc wiast. Hannes wuCte ais nitt, batt iahme passaiere, owwer hai soggte de Grosdikens op un meinere: „Suihste, an de Koppe mot me se hoggen, dann kiimme me auk tau Geld."

De Kiarkenkoster, dai besonders sdilau seyn woll, sdilaik side bedriippelt haime. Hannes was iahme dodi te gau afwiasen. De Pastauer is dian wohren Sadiverholt auk nitt gewahr wohren. Wilhelm Schlinkmann.

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pastauer Campens und de Frauiui De sialge Pastauer Campens kannte all seyne

Luie im Kiaspel. Do woren ainige Frauluie, dai machten iahme Suarge. Se kamen liuter viar iahne in de Kiarke, saaten do dann met me Ge- sidite, ase wann se usem laiwen Heeren de Niale iut Hannen un Faiten bian wollen. Un dann machten se Aeugen ase de Hailegen oppem Altore odder Postamante. Awwer biuter der Kiarke brachten se met iahrem Klatsken und Fuskeln mehr Familjen iimmen hiusleken Frie- den ase de Waiere. Un diiese fruamen Wewyer mufiten liuter Niggemahr iutem Duarpe, kannten jedermanns persoinleke Saaken: Friggen, Dau- pen, Streyt . . . .un se richteren mehr Unheil aan ase ne schledite Teydunge. Campenk kannte se guet: Battken, Threse, Marie, Driittchen, Luwise, .... awwer bekehren konn hai ments aine. Un dat well ik niu vertellen.

Et was an ainem Sunndag. De Haumisse was iute. De Luie gegen haim. Viel Jungvolk blaiw in der Kiarke. Campens hallt nau Christenlehre. Dai was noideg. Jungens un Miakens, dai all iut der Sdiaule woren, passen guet op. Un Sdiul- ten Kathreyne blaiw auk terriigge. Se woll diam guren Pastauer nau ganz wuat Nigget seggen. Se genk van ainem Altore nom andern. blaiw viar jedem Hailegen stohn, rappelere amme Rausenkranz, verdraggere de Aeugen un liuere und wacht.un wacht ....

Campens hall seynen Unterridit, so dobey auk diam Schulten seyner Frugge, lait dai jungen

<Dat lefte ^laat Viiir mejnem Finster stdiht 'ne olle Linne Un schiirret siek im aisten Winterwmne. Vej kennet ues sejt langen, langen Johren; Sai ies van mejnem Vatter plantet woren. Op uesem Hiiafken in diemselben Johr, Am selben Dag, ho iek gebuarn war.

Jek danzre Umme sai met Nohwers Franz Vn Graitken „Ringel, Rangel, Raosenkranz." Un op dilem Banksken saat iek bej guet Widr Un blaare flejtig mejn A-Bai-Bauk didr. Un bo iek Graitken iriggre, sdten vej Am Sunndag owend op diiem Banksken hey. De Linne puspelt in der Owendluft, Un idhre Blaumen schiirret saiten Duft. Vej sittet Hand in Hand un Kopp an Kopp; Do driicket sieJc de Moone sacht herop, Gluchdiert dchter Nohwers Schuattstdin hidr, Arr woll hai seggen: „Kinner, saiht uch viar! De Nohwers schlopet nit. lefc wait Beschdid: Iek saih, saoujejt de bloe Hiemmel gdiht, Dai kuiert men uon Laifte un van Truie. Iek sin verschwiegen, - ock bo't boise brennt - Un didshalf sind mej alle Luie Frond."

Vej sdten sidlig unnerm Linnenbdom; OschoineTejt! - verschwunnen drr enDrdom.

Un ach, biu seltsen ies dat Liaioen doch! Et weertniu niegenJohr, - amBdom hengnoch Dat leste Bloat, - do kam de Brdoer Ddot Un nahm mejn Graitken met. - O bittreNdot! Drei Dage drop, - mejn Graitken geng int Graff, Do rdit de Sturm dat leste Blddtken af.

Christen haime gohn, shlaut de Diar im Tauern tau, genk in de Sakristey, genk riut, schlaut aw, schlaut Kathreyne in und genk haim. Un Kathreyne was niu insdiualten un . . . . im Hiuse saat de Korel, kaik op de Stroote, un Kathreyne kam nit. Und hai raip umme Jaten, un et kam nix, nit Tiuffeln un Soppe un Fleisk. Un de Sdiulte sdiannte un wiinskere seyne Frugge met- samt diam Duiwel oppen Blocksbiarg . . . . Un ais am Nummedag kam de Frugge iut der Kiarke haime. Bat sail dat ne saite Jutsprooke gafft hewwen! . . . Kathreyne was seythiar kalne Betschwester mehr.

In Platt iiwerdraggt iut diam sdioinen Bauke: „Der Pfarrer aus dem Kempenland". Budige- melnde Bonn. F- Jurgens

„Dieb,Dieb" Et was daiper Snei. Milgiweske Luie hadden

unger den Fenstern en Briat lagt un fuar de Vugel wuat te friaten hinelagt. En dicker Baukfinke was ummer de eiste un ok de Starkeste. De anderen kriegen tolaut dann wuaf met, ban hai furt was. Aber bann he wierkam un soh ennen op dem Fauerplatze, dann belt he ne un sagte „Dieb, Dieb!" Un saugar de Luilinge, dai doch gebuarene Pro- leten sind, gaifften me recht und raipen auk: „Dieb, Dieb!" Un dat hett se sik niu sau ane- wiehnt.

De Tejt geng stiuer hien, un alle Johr, Wenn't Hidrwest unwenn't kolt un niewligwor Dann fall de Fuast dai laiwe Linne an Un bait siek in de Blaar met gift'gem Tahn; Un dann kam gau de Wind un rdit herunner. Bat idwrig was vam schoinen Suemmer-

wunner. Terlest worn't dann noch taihne, - fejwe, -

twdi, - „ . ... Un't leste hal're dann de atste Schnai.

Saa geng dat Johr fidr Johr, un triurig Iek hej un - jom're ilm dat leste Blaat.

Niu sin vej vidrnoh fejfunsiewenzig olt; De Linne stdiht noch rund un stark un stolt, Un iek?? - Ach, iek sin oppe, schwak un

fliek; , , Iek gloif, de Linne idwerlidwet miek.

Un niu ies wejer Hidrwest. An der Linnen - Iek tell'se! - sind noch siewen Blaar te

finnen. , ,„ ,. De Niewel braasket. - Duister ies de Welt. Bat ies dat, bat dai Blaar mej seggen wellt? „Hidst diu noch siewen Dage? - Widken? -

Johr?" . ,, Bai wdit? Bai wdit? - Doch dinte ies mi klor: Fidr diek fdllt dinmol dok dat. leste Blaat. Dann mast diu prot sejn fidr dien lesten Paad.

Doch sej getrost! Un mak't di nit te schwor: De Linne fejert „Aostern" alle Johr! Sdo kannst diu, - bat ock liuter kuemmen

mag - Frdoh huappen dok op dejnen Aosterdag.

Franz Nolte

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Sauerlandisdies Sdirifttum in unserer Zeit Neue Folge — Nachtrage und Erganzungen

Von Heinrich Gathmann

Vorbemerkungen: Das Verzeichnis nennt Schriften sauerlandischen Charakters und Werke von Schriftstellern, die im Sauerland ihre Geburts- Oder Wahlheiinat haben. Es fuhrt Schriften auf, die noch im Buchhandel zu haben sind; die Preise dafur sind nach dem neuesten Stande angegeben.

Das Verzeichnis soil iiber das vorhandene Schrifttum unterrichten in der Absicht die Aulmlrksamkeit der Leser auf die Bucher der Liste zu lenken. Eine summansche Empfeh- fj^rfst d^mlrnfcht a^slesprochen; es bleibt vielmehr jedem Benutzer der Liste uber- lassen, seine Wahl ganz nach seinem Belieben zu treffen.

Auf die im kurkolnischen Sauerland erscheinenden Heimatzeitschriften sei auch an dieser Stelle empfehlend hingewiesen:

Sauerlandrui Zeitschrift des Sauerlander Heimatbundes fiir das kurkolnische Sauer- land ^^ortsetzung der .Heimwacht" bzw. der „Trutznachtigall".) Erscheint vierteljahrlich. Schriftleitung: Studienrat i. R. Josef Riither, Brilon, Kreishaus.

Hpimatstimmcn aus dem Kreise Olpe. (Fortsetzung der „01per Heimatblatter".) Heraus- geber KrSng Olpe des Sauerlander Heimatbundes. Schriftleiter. Kreisheimatpfleger Norbert Scheele, Gerlingen iiber Olpe. Auslieferung: Heimatverem Olpe m Olpe. 4 Hefte im Jahr, je Heft 1,— DM.

Ferner als Beilage zur Westfalenpost, Arnsberg:

Unser Sauerland. Erscheint monatlich, achtseitig. Schriftleitung Arnsberg.

Gerhard Borowka.

Bartmeier, Josef, u. Harry lb en

Bergenthal, Josej,

Berges, Josef,

P. Ceslaus Bodefeld,

P. Dr. Alban Buckel,

Festschriften (mit Heimatteil)

Fiebig, Paul,

Gobel I Toehtrop I Tonne,

114

Geschichte. (Welt und Leben. Eine moderne Sachkunde fiir Volks- ischulen.) 160 S. M. Bildern. Verlag Cruwell, Dortmund. Kart. 2,30 DM.

Westfalische Dichter der Gegenwart. Deutung und Auslese. Mit 28 Bildnissen und einem Bucher-Nachweis. 2. Aufl. 320 S. Ver- lag Regensberg, Munster. 1954. Gartzl. 9,60 DM.

Himmelpforten. Gottes Lob durch sieben Jahrhunderte. 48 S. Mit Bildern. Druck: Graphische Werkstatte Lappe u. Semmler, Niederense, Kreis Soest.

Die letzte Hymne. P. Killian Kirchhoff. t 24. April 1944. 224 S. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl. 1952. Halbl. 7,80 DM.

Chronik iiber die Schicksalsjahre des Benediktinerpriorats K6- nigsmunster in Meschede 1939—1948. 28 S.

100 Jahre Andreasberg. Festschrift zur Jubilaumsfeier am 7. Juni 1954. 23 S. mit Bildern.

Niemand hat groBere Liebe. Zur Erinnerung an die Einweihimg des Krieger-Ehrenmals Oeventrop. 1953. Herausgegeben vom Verband der Heimkehrer, Ortsgruppe Oeventrop. 32 S. mit Bildern.

75iahriges Jubelfest der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Arns- berg. 1954. Festschrift. 57 S. Text und Bilder. Herausgegeben von der Freiwilligen Feuerwehr, Arnsberg. Geh. 1,— DM.

150 Jahre evangelische Kirqhe Arnsberg. 1804—1954. 43 S. M. Bildern. Herausgegeben von der evangelischen Kirchen- gemeinde Arnsberg.

Marsberg 1200 Jahre Heimatgeschichte an Diemel und Glinde von J. Ruther. Festschrift zum 11. Sauerlander Heimat- tag am' 29. u. 30. Mai 1954 in Marsberg. 47 S. Text und Bilder. Verlag Joh. Schulte, Marsberg.

Chronik der Freiheit Sundern. Im Auftrage der St.-Hubertus- Schutzenbruderschaft bearbeitet. Mit einer Wirtschaftsge- schichte von Dipl.-Bibliothekar Artur Harder. 340 S mit Bil- dern. Selbstverlag der St.-Hubertus-Schutzenbruderschaft, Sun- dern. 1954. Ganzl.

Christine Koch. 48 S. Druck: Josefs-Druckerei, Bigge. Kart.

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Johanntoberns, Heinz,

Kahle, Maria,

Kamender, Ferdinand,

P. Kilian Kirchhoff,

Kayser, Anna,

Krein, Daniela,

P. Willibrord Menke,

Merian, Sauerland,

P. Willibrord Menke,

Nolle, Franz,

PliimpelWiemann,

Kath. Propstei-Pfarr-Amt Arnsberg, (Hrsgb.),

Richter, Willi,

Schulte (Uentrop), Burckhardt,

Schumacher, Elisabeth,

Sommer, H.,

Stakemeier, Eduard,

Tonne I Gob el I Tochtrop,

Voigt, Walther,

Dem Heil entgegen! Eine Kreuzwegandacht. Mit Holzschnitten von Johannes Hohmann. 36 S. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl. 1954. Geh. 1,— DM.

Ewige Anbetung. Eucharistie-Gedichte. Creszentie-Verlag, Alt- otting.

Eucharistische Feier. Deutsche MeBgesange nach Worten, von Heinz Johanntoberns fur dreistimmigen Frauenchor und Orgel von Hans Welcker, op. 225. Verlag Anton Bohm und Sohn, Augsburg.

Land der hohen Walder. 160 S. Deutscher Heimatverlag, Biele- feld. 1954. Ganzl. 5,45 DM.

Spiel im Dorf. Ein kleiner Spiellcalender fiir die Laienspielarbeit auf dem Lande. 51 S. M. Abb. Verlag Diesterweg, Frankfurt/M. Geh. 1,60 DM.

Symeon der Theologe. Licht vom Lichte. Ubersetzt und mit einem Nachwort versehen. 308 S. 2. Aufl. Verlag Kosel, Miinchen. 1951. Ganzl. 12,50 DM.

Flammendes Blut. Roman einer bezwungenen Leidenschaft. 218 S. Verlag Bachem, Koln. 1953. Halbl. 4,85 DM.

Therese Albers. Eine Bauerntochter aus dem Sauerland. 316 S. Mit Fotos. Lahn-Verlag, Limburg/Lahn. 1953. Ganzl. 9,80 DM.

Dominikus Savio. Ein Junge Don Boscos. Mit 3 Bildtafeln und Zeichnungen. 72 S. Morus-Verlag, Berlin-Dahlem. 1953. 1,90 DM, Halbl. 3,40 DM.

(Das Monatsheft der Stadte und Landschaften. 7 Jg. Heft 9^ 100 S. Verlag Hoffmann u. Campe, Hamburg. 1954. Kart. 3,20 DM. 83 S. Verlag: Stadt. Heimatmuseum, Menden. 1949. Kart. 1,50DM.

Jack ist doch der Beste. Erzahlung aus der Indianermission in den Tundren Kanadas. Mit Zeichnungen. 127 S. Morus-Verlag. Berlin-Dahlem. 1954, Kart. 1,90 DM, Halbl. 3,40 DM.

Miule un Nase, Aogen un Ohren oder Pobel un Adel. 'ne sinnige Geschichte vam Menskengesichte. 31 S. Verlag Gebr. Zimmer-

mann, Balve. Kart. 1,80 DM.

Beitrage zur Heimatkunde des Kreises Arnsberg. Herausgegeben von den Schulraten Plumpe und Wiemann, Arnsberg. Heft-1. Plumpe, Sauerlander Heimatlieder. 32 S. Heft 2. Reiter, Eugen, u. Wilhelm Schmiilling,

Plattduitske Dichtung in siuerlandsker Mundart. 32 S. Heft 3. R o h e, Julius, Familien- und Heimatbuch. 36 S.

Je Heft 0,40 DM.

Die Propsteikirche in Arnsberg. 16 S. M. Bildern. 1951.

Die Industrieentwicklung des Kreises Arnsberg und ihre Ver- flechtung. Dissertation Koln. 1952.

Die Waldgenossenschaften im ehemaligen Justizamt Olpe und ihr EinfluB auf die finanzielle Wirtschaftsfuhrung imd Erhal- tung des bauerlichen Betriebes. Dissertation Bonn. 1953.

Das kolnische Westfalen im Zeitalter der Aufklarung unter be- sonderer Beriicksichtigung der Reformen des letzten Kur- fursten von Koln, Max Franz von Oesterreich. Dissertation Bonn. 1952.

60 Jahre Siepmann-Werke. 1951. Verlag der Siepmann-Werke, Belecke.

Franz Kaspar Drobe und Augustin Henninghaus, zwei Bischofe aus Menden im Sauerland. (Nr. 5 der Beitrage zur Heimatkunde des Honnetals. Herausgegeben vom Heimatmuseum, Menden.) 83 S. Verlag: Stadt. Heimatmuseum, Menden. 1949. Kart. 1,50

Liborius. Geschichte imd Legende. 244 S., 8 Kunstdrucktafeln, 1 Karte und zahlreiche Textbilder. Verlag der Bonifacius- Druckerei, Paderborn. Ganzl. 8,40 DM.

Meine Dorfheimat. 4 S. Verlag Ferdinand Kamp, Bochum. 0,25 DM.

Sauerland, Siegerland, Wittgenstein. (Die kleinen Westfalen- Fiihrer, Ausg. D.) 120 S. Text und Bilder, 1 Karte. Ausg. 1953/54. Verlag der Bielefelder Verlagsanstalt, Bielefeld. Kart. 1,80 DM.

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Tuch, Banned,

Westidolske Spraokstiie, (Hrsgb.).

Westfdolske Spraokstiie, (Hrsgb.),

Wiemeyer, Bernhard,

'vfiilfing, O. E.,

An einsamen Feuern. Wirkliche und spukhafte Begegnungen mit seltsamen und seltenen Menschen und Abenteuern. 147 S. Mit Textzeichnungen vom Verfasser. Verlagsanstalt Rhemhausen, Rheinhausen. 1953. Ganzl. 5,90 DM.

Vi liast Plattduitsk. Plattdeutscher Lesebogen fur die Schulen des marklschen Sauerlandes. Zusammengestellt von Franz Nolte. Bezug: Rektor Nolte, Letmathe. 0,30 DM (Mengenpreise).

Plattdeutscher Lesebogen fur das kurkolnische Sauerland. Zu- sammengestellt von Franz Nolte. Bezug: wie oben Oder durch den Sauerlander Heimatbund, Balve. 0,30 DM (Mengenpreise).

Aus der Geschichte der Stadt Warstein. Herausgegeben vom SGV Warstein.

Bad Belecke. Das Kaiser-Heinrich-Bad an der Mohne und seine Umgebung. Ein Bildband. Einfuhrung von Dr. Walter Dalhoff, Belecke. Verlag O. E. Wiilfing, Dusseldorf. Kart. 3,50 DM.

Neue Heimatbucher Die bucherkundlichen Angaben (Verlag, Preis usw.) der nachstehend besprochenen Bucher

sind. soweit sie nicht in der Besprechung selbst mitgeteilt sind, dem Verzeichnis „Sauerlan- disches Schrifttum in unserer Zeit", Seite 114, zu entnehmen.

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Wagenfeld, Karl, Gesammelte Werke. Bd. I. 472 S. Mit Buchschmuck, von Hans Pape und einer Kunstdrucktafel. Verlag Aschendorff. Munster. 1954. In Ganzleinen 17,50 DM, Sub- skriptionspreis bei gleichzeitiger Bestellung des II. Bandes 14,90 DM.

Das kostbare Erbe, das Karl Wagenfeld in sei- nen plattdeutschen Versdichtungen und Erzah- lungen, ihrer hervorragenden kiinstlerischen For- mung, mit ihrem tiefen chrisUich-sittlichen Gehalt, ihrer wurzelechten, erdhaften Kraft hin- terlassen hat, ist nun zur Freude aller Freunde der westfalisch-niederdeutschen Dichtung in einer geschlossenen zweibandigen Ausgabe greil- bar, deren Ausstattung dem Inhalte durchaus wurdig ist. Der vorliegende Band, noch betreut von Wagenfelds Freunde und bestem Inter- preten, dem kurzlich verstorbenen Dr. Friedrich Castelle, bringt die Versdichtimgen, Dramen und eine Gedicht-Auslese; der II. Bd., der 1955 er- scheinen soil, wird die Erzahlungen vorlegen. Auch Karl Wagenfeld will „weniger erhoben und mehr gelesen sein", also kauf und lies!

Kahle, Maria, Land der hohen Walder. Diese Sammlung alterer und neuerer Gedichte, Erzahlungen und anderer besinnlich-anschau- licher Prosastucke ist ein schOnes Bekenntnis der Dichterin zu der grunen Bergheimat Sauer- land und ihren Menschen. Sie kundet von der stlUen almungsreichen Schonheit des Landes, von der tiefen Innerlichkeit des sauerlandischen Menschen und — wie konnte es anders sein bei Maria Kahle! — von den Landsleuten in der weiten Welt. Ein ausgezeichnetes Nachwort von Dr. Heinrich Luhmann, das ihr dichterisches Wesen und Werk ausdeutet, erhoht den Wert des Buches.

Luhmann, Heinrich, Blick in die Welt. Roman einer Kindheit. 195 S. Verlag Kerle, Heidel- berg. 1954. Leinen 5,80 DM.

Mit gutem Einfuhlungsvermogen und intuitiver Kraft gestaltet der Dichter ein Erlebnisjahr Fentefants, eines vierjahrigen Jimgen, in dem viel Selbsterlebtes und Selbstertraumtes seiner Kinderjahre Niederschlag gef^mden hat. Wie Fentefant Schritt vor Schritt seine kleine Welt, so reich an Wundern und erregenden Abenteuern,

erobert, wie er — Griibler und Sinnierer — den Dingen und Wortern ihr Geheimnis abzureiBen imd abzulisten versucht, wie er, schon teilhabend am ganzen Leben, die kleine grofie Qual des Unverstandenseins und des Unbegreiflichen an sich erfahrt, das ist in einem gemutvollen, oft auch dynamischen Bericht vor uns ausgebreitet. Dieser „Blick in die Welt" laBt uns den ganzen Zauber der Kindheit erleben und eine Oase des Friedens erstehen, in die wir gern aus unserer Welt des Larmes und des Leides fluchten. Das Buch, das mir in Druckbogen vorliegt, wird bestimmt vor Weihnachten erscheinen.

Tuch, Hannes, An einsamen Feuern.

In diesen spannungskraftigen Geschichten von seltsamen Erlebnissen, spukhaften Gescheh- nissen und Abenteuern, die Jager und andere Waldlaufer an einsamen Lagerfeuern erzahlen. schwimmen Schein und Wirklichkeit ineinander, ist der geheimnisvolle Zusammenklang von Na- tur und Menschenleben, die unheimlich ge- spenstische Welt der Winter- imd Nebelnachte im Walde mit sicherer Hand eingefangen. Han- nes Tuch, auch hier wieder als der wahrhafte Dichter des Waldes bezeugt, hat seinen Ge- schichten eigene Zeichnungen beigegeben, die den Zauber der Stimmung noch verstarken.

Kayser, Anna, Flammendes Blut. Der in die Nachkriegszeit hineingestellte Ro- man einer westfalischen Bauemtochter, der keine hohen literarischen Anspruche macht, aber isauber in Sprache und Grestaltung ist, hat eine gesunde, volkserzieherische Tendenz: Das imklare Sehnen, das ganze verwlrrende WoUen des „flammenden" Blutes, das das junge Mad- chen aus der Geborgenheit des elterlichen Hofes in das freiere imd leichtere Stadtleben treibt, wird durch Enttauschung amd Leid ge- lautert und in seiner Gefahrlichkeit erkannt, die gesunden Gegenkrafte: die Liebe zur Heimat und zu dem ehrenhaften, echten BauernsproB gewinnen die Oberhand.

Westidolske Spraokstiie, (Hrsgb.), Vi liast Platt- duitsk. Plattdeutscher Lesebogen fur das markische Sauerland.

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Westfaolske Spraokstiie, (Hrsgb.), Plattdeutscher Lesebogen ftir das kurkolnische Sauerland.

Die beiden Lesebogen zeigen deutlich, daB der Bearbeiter — Franz Nolte — ein guter Kenner der Mvindart und ein erfahrener L,ehrer ist, der weiB, was er den Kindern, die heute leider viel- fach dem Plattdeutschen wie einer Fremd- sprache gegeniiberstehen, ziunuten darf. Aus der reichen Fulle des Volkstums bringt er Kinder- reime, Sprichworter, Ratsel, Glocken- und Vogel- sprache und Vertellekes, dazu ArbeitsanstoBe fur die Kinder. Gedichte vtnd Geschichten von Sauerlands Dichtern und Schriftstellern — im kurkolnischen Lesebogen fehlt leider Franz Rinsche — runden die Auswahl gut ab. Ein Lehrgesprach „Vom Hochdeutschen taum Platt- duitsk" bietet sich als Hilfe an, bei der Bewalti- gung der Schwierigkeiten der kurkolnischen Mundart — 15 Doppelselbstlaute —, ebenso die Vereinfachung der Sohreibweise. Eine gute Er- ganzung zu jedem Lesebuch, die besonders dem „plattdeutschen" Lehrer willkommen sein wird. Nolte, Franz, Mdule un Nase, Aogen un Ohren. In dieser „sinnigen Geschichte vam Miensken- gesichte" stellt Franz Nolte Miule un Nase, Aogen un Ohren als Sinnbilder von Menschen hin, die Krieg um die Vorherrschaft fuhren. Im erzieherischen Gedanken wertvoU und zeit- gemaB, einmalig in seiner Art im plattdeutschen Schrifttum, einfach und bodenstandig in Denk- weise laid Sprache, durch Vereinfachung der Rechtschreibung leichter lesbar, ist die kleine Versdichtung eine erfreuliche Gabe ftir die Hei- matfreunde und fur die Schulen.

Bergenthal, Josef, Westfalische Dichter der Ge- genwart.

Diese Gesamtdarstellung der westfalischen Dich- ter der Gegenwart, lange entbehrt und deshalb freudig begriiBt von alien Heimat- und Dichter- freunden Westfalens, zeigt, wie wesentUch West- falen teilhat an dem deutschen Schrifttum un- serer Zeit. Aus bester Sachkenntnis und enger Verbundenheit mit dem westfalischen Schrift- tum, fein abwagend und klar im Urteil, gibt der Verfasser als Einleitung einen Uberblick iiber das dichterische Schaffen im Westfalen der Gegenwart, dem er gut ausgewahlte Kostproben sowie einen ausfuhrlichen Buchernachweis von 28 Dichtern folgen laCt, die alle auch im Bilde vertreten sind. Das gut ai;isgestattete Werk wird dazu beitragen, dem Wesen westfalischer Land- schaften und ihrer Menschen auch vom Dichte- rischen her naherzukommen; es gehort deshalb auch vor allem in die BUcherei der Schulen.

Gobel / Tochtrop I Tonne, Christine Koch. In erster Linie fur die Schule gedacht, bietet das bescheidene Heft auch wohl dem Erwachsenen einen ersten Zugang zu dem Werk der Dichterin, das in einer Auswahl von vierzig Gedichten imd Kinderliedem und Stucken aus der Duitsken Misse dargeboten wird. Ein kurzes Lebensbild der Dichterin imd die packende Grabrede Theodor Proppers rahmen die Gedicht-Auslese ein.

P. Ceslaus Bodefeld, Die letzte Hymne. Das Lebensbild des Franziskanerpaters Kilian Kirchhoff aus Ronkhausen an der Lenne, an Hand zahlreicher Dokumente und Briefe packend gezelchnet, erhebt und erschiittert zugleich. Es zeigt den tiefdringenden Wissenschaftler xxad feinsinnigen Kunstler, der mit den Uberset- zungen — besser Nachdichtungen — der wxmder- vollen Hymnen der Griechisch-slawischen Kirche als erster fruchtbares Neuland betritt, der es versteht, ,,dem erhabenen Inhalt die ihm ge-

maBe Form zu bewahren und die Schonheit des Urtextes auch in der Obersetzung ungebrochen erstrahlen zu lassen", es zeigt den starkmutigen Priester, dem Gestapo und Volksgerichtshof durch Schandurteil oind Hinrichtung den Lebens- plan zerstoren, in seiner Weise an der Wieder- vereinigung der in Ost- imd Westkirche getrenn- ten Christenheit mitzuarbeiten. Die zahlreich in die Biographie eingestreuten Hymnen geben eiii anschauliches Bild von der Formkraft und Sprachbegabung Pater Kilians und zugleich von der in so unvergleichlicher Starke aufgliihenden religiosen Begeisterung, die fur die Christen der Westkirche zwar etwas ungewohnt ist, aber auch fur uns Bereicherung bedeutet.

Krein, Daniela, Therese Albers. Eine Bauern- tochter aus dem Sauerland.

Diese Bauerntochter vom Knapenhofe in Dorn- heim bei Kirchrarbach ist eine HelUge der tSti- gen Liebe. Lehrerin in Oschersleben, HUfsschul- lehrerin in Dortmund, Stifterin der Schwestem- schaften „Seraphische Caritas" und „SchW«- stern vom Gottlichen Kinderfreund", Oberln Im M'utterhaus „Antoniusheim" in Bredenseheid bei Hattingen — das ist in niichternen Worten ihr Lebensweg, der am 21. Januar 1949 endet. Aber wieviel Begegnungen mit der vielfal- tigen Not: mit den verwahrlosten Kindern in der Schule, den Bettlern auf der StraCe, den schwachsinnigen Kindern, denen sie eine neue Heimat baut, den Notleidenden aller Art — wie- viel zermurbende Sorge um andere, wieviel un- erschopfliche Liebeskraft, wieviel unversieg- liches Gottvertrauen birgt dieses heroisch ge- lebte Leben einer ungewohnlichen Frau, die — eine „heilige Elisabeth von Dortmund", wie sie schon friih ehrend genannt wurde — fur uns alle ein leuchtendes Vorbild der heute so sel- tenen selbstlosen Liebe 1st.

Sommer, H., Franz Kaspar Drobe und Augustin Henninghaus, zwei Bischofe aus Menden im Sauerland.

Zwei mit groBem FleiBe nach literarischen Quellen und miindlichen MitteUungen gestaltete Lebensbilder von Sauerlandern, deren Lebens- weg in die Hohe und — bei Missionsbischof Henninghaus ^- auch in die Weite fuhrte. Die Darstellung, durchaus volksttimlich gehalten tmd vor den kulturellen Htntergrund gestellt, wird bei den Mendenern das Andenken an diese groBen Sohne der Stadt lebendig erhalten und dariiber hinaus auch bei manchem Heimatfreund Interesse finden.

Westfdlisches Schiitzenwesen. Beitrage zur Ge- schichte und zum Brauchtum der Schutzen- gesellschaften in Westfalen. (Westfalische Reihe 2.) 88 S. Mit Bildern. Herausgegeben vom Westfalischen Heimatbund Mtinster. 1953.

Die Schrift, die drei Beitrage von verschiedenen Verfassern bringt, stellt erfreulicherweise einen wenig beackerten Bereich westfalischen Lebens recht anschaulich und griindlich dar. Sie gibt AufschluB iiber Ursprung und Bedeutung des SchUtzenwesens im Westfalenlande, iiber Schtit- zengilden und Schutzenbruderschaften in alter Zeit, uber Kleinodien und Brauchtum unserer Schiitzengesellschaften und als guten SchluB praktische Vorschlage zur volkserzieherisch wertvoUen Gestaltung der Schiitzen, Feier tmd Feste.

Oel, Josef, Heimisches Brauchtum einst imd jetzt. Ein Beitrag zur Volkskunde der enge- ren Heimat.

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I. Teil: Im Jahresring. II. Teil: Von der Wiege bis zur Bahre. Je 48 S. Jeder Teil 0,60 DM. (Beitrage zur Heimatkunde des Kreises Lippstadt und seiner nachsten Um- gebung, Heft 6 und 7. 1953.) Druck: C. Jos. Laumanns, Lippstadt.

Aus der Menge der mancherorts erscheinenden Heimatlesebogen ragen die beiden Hefte recht vorteiUiaft heraus: sie sind in jeder Beziehung gekonnt. Der Bearbeiter, der die volkskund- lichen Tatsachen der Berichts-Landschaft nicht nur als Zeitbild gibt, sondern sie auch in den Zusammenliang mit der Vergangenheit stellt, hat mit kundiger Hand ausgewahlt, was in der Dorfgemeinschaft an jahreszeitlichem Brauch- tum und an Brauchtum der Lebensstufen leben- dig war und ist, und alles das recht anschaulich und frisch den Kindern vor Augen gestellt. Das Wort wird gliicklich erganzt durch Liedweisen, Zeichnungen und Fotos und das Gebotene durch zahlreiche ArbeitsanstoBe und Ubungsaufgaben nachhaltig vertieft und fruchtbar gemacht.

Fiebig, Paul, Chronik der Freiheit Sundern. Gestutzt auf sicheres Quellen- und Aktenma- terial und unter verstandnisvoller Auswertung der miindlichen volksmaCigen Uberlieferung, hat der Bearbeiter eine Chronik des Werdens und Wachsens der Gemeinde, der Kirche, der Schule und der Schiitzenbruderschaft geschaf- fen, die durch die reiche Verwertung von be- zeichnenden Einzelziigen und anekdotischen Be- richten, die sorgfaltige sprachliche Gestaltung und unterstutzt durch zahlreiche zeitgenossische Bilder und Fotos ein plastisches Bild der alten „Freiheit" gibt. Erfreulich ist die Beachtung des Volkstumlichen, das leider nur in Schwanken und Sprichwortern — wie vieles ist schon dem Vergessen anheimgef alien! — seinen Nieder- schlag gefunden hat, erfreulich auch die Wieder- gabe dieser und anderer Beitrage im heimischen Platt. Der Querschnitt durch die Wirtschafts- geschichte Sunderns, gut fundiert an Hand von Angaben der einzelnen Werke und durch den Zusammenhang mit der allgemeinen wirtschaft- lichen Entwicklung, bildet den guten SchluB der Chronik, die ihr Erscheinen der starken For- derung durch die St.-Hubertus-Schiitzenbruder- schaft in Sundern verdankt. Eine schone Gabe fur alle „Sundernsken", dariiber hinaus von Interesse fiir alle Heimatfreunde.

Rave, Wilhelm, Westfalische Baukunst. (West- falen-Biicher, herausgegeben von Josef Ber- genthal, 16. Bandchen.) 64 S. mit Abb. Verlag Coppenrath, Miinster. Pappbd. 3,40 DM.

Ein Berufener, der lange Jahre die Bau- und Kunstdenkmaler Westfalens in seiner Obhut und Betreuung hatte, gibt aus reicher Sachkenntnis und in straffer Zusammenfassung, die die we- sentlichen Zuge des baukiinstlerischen Schaffens offenlegt und die groBen Zusammenhange sieht, eine Geschichte der westfalischen Baukunst von den Anfangen bis zur Gegenwart. Das Bandchen, das seinen Gegenstand in 52 ganz- und halb- seitigen klaren Bildern veranschaulicht, ist eine sehr erfreuliche Erscheinung in der Reihe der Westfalen-Biicher.

Poelmann, Heinrich, Westfalen. Erd- und Vor- geschichte. Ein Buch fiir alle Freunde der Geologic. 246 S. Verlag Regensberg, Miinster. 1953. Halbl. 9,80 DM.

Auf sicherer wissenschaftlicher Grundlage ste- hend, gibt das Werk eine gute, durch zahlreiche Skizzen und Bilder unterstutzte Darstellung der erd- und vorgeschichtlichen Entwicklung des

westfalischen Raumes. Der Aufbau der west- falischen Erde in den einzelnen Formationen, die Gesteine und Mineralien, das biologische Leben in seinem Werden, insbesondere die altesten Kulturen des westfalischen Menschen, aus der Spatenforschung und der kulturhisto- rischen Ethnographie erschlossen, das sind die Stoffe des Buches, das Heimatfreunden, Lehrern und Schiilern des entsprechenden Alters eine gute Hilfe beim Eindringen in dieses Wissens- gebiet sein wird.

Merian, Sauerland. Ausgezeichnete Kenner und echte Liebhaber der Landschaft Sauerland, wie Fritz Nolle, Heinrich Luhmann, Josefa Berens-Totenohl, Maria Kahle, Hermann Huttel, Erwin Sylvanus, Gerhard Ne- bel u. a., zeichnen das Gesicht des kurkolnischen und markischen Sauerlandes mit seinen mar- kanten Zijgen und Besonderheiten. Sie geben so, unterstiitzt durch die Vielzahl der prachtigen Fotos, dem „Buiterling" ein liebenswertes und einpragsames Bild unserer Heimat.

Strache, Wolf, Das Ruhrgebiet. Gesicht einer Industrielandschaft. Mit einer Einfiihrung von Sturm Kegel und einer Karte. (Die Schonen Biicher. Reihe A. Deutsche Heimat, Bd. 12.) Verlag ,J)ieiSchonen Biicher". Dr. Wolf Strache, Stuttgart. 1952. Geb. 5,80 DM.

Dieser Band der „Sch6nen Biicher" hat eine Mission zu erfiillen: den von vielen mifiachteten und Ruhr, in der Schonheit ihrer Gestaltung durch menschliche Schopferkraft zu dokumen- tieren. Einem orientierenden Uberblick, der die wesentlichen Ziige der Neuschopfung dieser Landschaft offenlegt, folgen 48 GroBaufnahmen, die reich an ktinstlerischer Ausdruckskraft sind.

Wiilfing, O.E., Bad Belecke. Das Kaiser-Hein- rich-Bad an der Mohne und seine Umgebung.

Der kleine Bildband, eingeleitet durch eine knappe Darstellung der Stadt und des Heilbades 46 gutgesehenen Fotos eine, das Wesentliche gut heraushebende Schau des Badeortes und seiner Umgebung. Bine schone Erinnerimg fiir alle Freunde des alten Badeliki und seines Heilbades, des einzigen im Sauerland.

Damwerth, Wilhelm, Das Mohnetal in Wort und Bild Ein Heimatbuch fiir das Mohne- und Westertal. Damwerth-Verlag, Allagen/Mohne. 1951. Geh. 0,90 DM.

Das anspruchslose Schriftchen ist eine Orts- und Heimatkunde — ein Heimatbuch miifite mehr bringen — des Mohne- und Westertals. Der Ver- fasser hat iiber die einzelnen Orte aus Ver- gangenheit und Gegenwart alles zusammenge- tragen, was von Bedeutung ist, imd was sie dem Bewohner, aber auch dem Besucher lieb macht.

Voigt, Walther, Sauerland, Siegerland, Wittgen- stein.

Das 4. Bandchen der „Kleinen Westfalen-Fiihrer" zeigt im allgemeinen Teil das siidwestfalische Bergland als Reise- und Erholungsgebiet und als Wanderland, gibt Vorschlage und Hinweise fiir FuB- und Radwanderer, fiir Autotouren, fiir Schi- und Wassersport. Im Rahmen der natur- lichen Landschaften oder zweckmaBig zusam- mengefaBter Wandergebiete gibt sodann der zweite Teil eine Beschreibung vieler Orte, die alles bringt, was dem Wanderer gut und niitz- lich zu wissen ist. Ein klelner „Kneebusch". der diesen durchaus nicht uberflussig machen kann und will, aber als „Kurz-Fuhrer" von Wert ist.

Heinrich Gathmann

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liegt im Herzen der Provlnz Westlalen, an der Scheide zwischen der Norddeutschen Tiefebene und der Mitteldeutschen Geblrgslandschaft. Er ist das Tor zum Hochsauerland mit einer anstelgenden Bodenerhebung von 200 m im Ruhrtal bis zu 650 m Hohe im Lenne- und Ho- mertgebirge. Die Mittelruhr mit ihren Nebenflussen Honne, R6hr, Wenne und Mohne schlangelt sich durch die reizvolle Landschaft. Herrlich gelegen ist der 12 km lange Sorpesee mit seinen prachtig bewaldeten Ufern von Amecke bis Langscheid. Das Honnetal wird „Das romantische Tal Westfalens" genannt (Levin Schudcing) mit rund 20 Hohlen, meist Kultur- hohlen. An der Nordgrenze des Kreises liegt der weite Mohnesee, der zum Wassersport locact. Der Kreis 1st ein Land- und Waldbaugebiet, da 39 »/o der Gesamtflache ftir Ackerbau und 56"/« fiir Waldbau Verwendung finden. Ausgedehnte Hochwaider im Norden und Siiden halten rauhe Wlnde ab und erzeugen eine gesunde und wohltuende Gebirgsluft. Der lange und sonnige Herbst ist die schonste Jalireszelt fur erholungsbedurftige Menschen der GroBstadt. Arnsberg und Freienohl sind beltannte Luftkurorte; auch viele andere Orte haben sich als Sommerfrischen fur den Fremdenverkehr eingerichtet. Im Kreise leben rund 120 000 Menschen einschl. der 25 000 Zugewanderten. Sle wohnen in zwei Stadten mit Stadteordnung (Arnsberg und Nehelm-Hiisten), sechs TitularstSdten, sieben Freiheiten und 41 politischen Gemeinden. Arnsberg das Juwel des Sauerlandes", die malerische und romantische ruhrumschlungene Bergstadt mit ihren geschichtlichen SehenswUrdigkeiten, einst Sltz eines ritterlichen Grafen- geschlechtes durch vier Jahrhunderte Sommerresldenz der Kolner Kurfursten, Jetzt Regie- rungsstadt und Krelsstadt, war stets der staatliche, kulturelle Mlttelpunkt des Landes. Die Ruinen vieler grSfUcher Landesburgen, ehemalige Abteien und Kloster, gehoren zu den romantischen Schonheiten des Kreises und locken zum Besuch.

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gangenheit (alte Stadtbefestigungen, Pulverturm, Bieketurm, alte Pfarrkirche - Sauerlander Dom - mit Schwedentafel, Burg Schnellen- berg, Wallfahrtskapelle Waldenburg, Heimatmuseum) groBte und schonste Tropfsteinhohle Deutschlands (1950 200 000 Besucher), Listertalsperre und Stausee bei Ahausen. Gepflegte Gaststatten und herrliche, in kurzen Spaziergangen zu erreichende Waldungen bieten Erholungsuchenden Ruhe und Erfrischung.

Altes Brauchtum: Osterfeiern, Triller- und Bugeltanz, Karneval.

Auskunft: Verkehrsamt Attendorn, Fernruf 402, 403

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SAUERLAND

Ziel und Ausgangspunkt froher Wanderungen in das Land der tausend Berge und zu den Tal- sperren an Mohne und Sorpe. ::?tss^T-<.

Von rasendem Hochwald umschlossen, in landschaftlich schoner Umgebung gelegen, zahlt die Stadt mit uber 31000 Einwohnern zu den bedeutendsten Orten des Sauerlandes.

Neheim-Husten ist als „Stadt der Leuchten" durch seine Beleuchtungskorperindustrie weltbekannt geworden. Altes Brauchtum: Schnadegang, Donatorengedachtnisfeier und die jahrhundertealte „Hustener Kirmes".

Auskunft: Verkehrsverein - Tel. 2471 - DER Reisebiiro

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Konsumgenossenschaften im Sauerland

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Jlani. atican die schone Stadt im Honnetal

tragt mit Recht den Ehrentitel „Die Stadt im Walde" Der Stadtforst, 2600 Morgen Bergwald mit uralten Eichen- und Buchenbestanden, gezeichneten Wanderwegen, Ruhebanken und herrlichen Fern- sichten, tritt unmittelbar an die Stadt heran. Menden liegt verkehrstechnisch besonders gunstig fiir Aus- fluge aus dem Industriegebiet zu hervorragenden Punkten des Sauerlandes.

Das moderne Menden ist ein bluhendes Gemeinwesen mit regem Geschaftsleben und vielseitiger Industrie, die das freundliche Stadt- und Landschaftsbild aber nicht beeintrachtigen.

25000 Einwohner, alte Stadtbilder, Wehrturme, grofi- angelegtes, weitbekanntes Heimatmuseum mit 20 Aus- stellungsraumen. Hohenlage 140-295 m.

Auskunft: Verkehrsverein

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Jlan^ 2ez 1000 ISei^a wurde einmal das Sauerland genannt. In der Tat: der Rundblick von den vielen Aussiditspunkten zeigt eine Berglandsdiaft in unvergeBlidier Reidihaltigkeit und Vielfaltigkeit. Im Hodisauerland ist der Landkreis Mesdiede von der Natur reidi bedadit worden. Berge und Taler, Walder und Wasser bilden die Elemente der Landsdiaft. Vieie in sdion- ster Umgebung gelegene Freibader sind beaditlidie Faktoren fur die Gesunderhaltung abgehetzter Mensdien der GroBstadt.

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Ddtto

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„^o erst was ist, komtnt leid>t was bin 1"

'Da liegt ein wahres ^ortchen drin /

'^llein der ^nfang, der ist sSwer,

'^ad)her geht alles JeiSterer".

Der <3prud) gilt aufder ganzen ^elt:

„1l)er sparsam ist, hat immer Qeldl"

Spare!

Seit 1837 im Dienste der Heimat

Dem von Nord-Osten kommenden Besudier zeigt Atten- dorn mit DeutsdilandssdionsterTropfsteinhohle alsStadt

des Fremdenverkehrs ihr sonntaglidies Gesidit. Wer sidi ihr aber,dem Lauf der Bigge folgend von Siid-Westen her nahert, den empfangt sie mit den vor der Stadt geiegenen Werken von Muhr und Bender als Statte arbeitsamen FleiBes. Wo urn 1700 unweit der Miihle des Gutes Blankenrode ein kleines Hammerwerk podite, erstred<en sidi heute die Werksanlagen von uber 10000 qm Hallenraum. 800 Mensdnen finden darin Arbeit und Brot und wadien gewissenhaft uber den Ruf des Unternehmens, das aus kleinem Anfang durdi die Tatkraft eines Mensdienalters zum groBten Produktionsbetrieb des Kreises OIpe wudis. Das Mubea-Zeidien aber sdiatzen Fadileute aus 48 Landern der Welt als Qualitatsburgsdiaft fur Bledisdieren und Stanzen und fiir Haushaltsartikel, Fahr- rad-Kleinteile, Sdiuhgelenke und tedinisdie Federn aller Art.

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Inhalt-sverzeichnis Die mit einem * versehenen BeitrSge sind Gedichte

Seite

Zum'GruB. Dr. Rips 2 De Kalanner.* Th. Propper 5 Heimat.* R. Huch 7 Marz.* Maria Kahle 9 Morgen auf dem Acker.* Ferd. Tonne 11 Mein Sauerland, wie schon bist du.'

Fr. Predeek 13 Holunder.' Rich. Althaus 15 Reifende Ernte.* Fr. GraBhoff 17 Bliihende Heide.' Chr. Schnettler 19 Marienfaden.' Fr. J. Koch 21 Mein Sauerland.' H. Luhmann 23 Es spricht der Herbst.' Th. Propper 25 Heilige Nadit.' Magd. Benfer 27 Du und der Sauerlander Heimatbund.

Th. Propper 28 „Ich" Oder „Wir?" J. Ruther 30 Wunder iawer Wunder.' Fr. Nolte 30 Arnsberg — in jenen Tagen.

Fr. Schuhmacher 33 Der Lenz.* Fr. Nolte 35 Das Wapoen des kurkolnisdien Sauer-

landes. H. Schauerte 37 Wachterlied.' Th. Propper 38 Vom Wesen neuer Sauerlander Kunst.

E. Sylvanus 39 Briicke des Schweigens. H. Luhmann 43 Der Strunzerdaler.* F. Wippermann 44 Verwandelt.* F. Tonne 46 Die lebende Chronik. F. Predeek 49 Licht aus Neheim. B. Bahnschulte 50

Der dritte Ring. Ferd. Tonne 52 Der Droste von Bilstein. Jos. Schmelzer 55 Sauerlander wollten in RuBland Napoleons

Kriegskasse holen. F. Jiirgens 56 Es ist scbon so.* Casp. Schmelzer 58 Der GlockenguB von Attendorn. Willberg 58 Bin unbekannter Grimmebrief.

H. Sommer ' 59 Hans, der Fahrochse. Adolf Farber 60 Gewitter im Mohnetal.' W. Dalhoff 61 Von der alten Schmiedezunft in Olpe.

Norbert Scheele 62

Schiitzenfest in Talfeld. Th. Propper Nachtliche Schlittenfahrt.' F. Predeek Sohne einer Heimat. A. Kayser Wann de Kuckuck raipet.' Th. Propper Schwedentafel und Trillertanz. J. Mette Zur Besinnung. F. Jiirgens Bassmes Willem. Dr. Fr. Ernst Im SchloBhof. Willibrord Menke Hai hort de Floih hausten. F. Nolte De Peiter in der Wurstekiiedce. A. Kaiser Eine Vorgeschichte aus Gerlingen.

N. Sdieele Naditgebiat.* M. Menzebach Kamerad Wilhelm. Martha Schlinkert

Der Meiler brennt. Karl Sdiulte Bei sauerlandischen Bergleuten.

Richard Althaus Heimat.* Th. Fontane Castelle pfeift sich eins. Th. Popperling Die Strafe des Meineidigen. Taum Hiusbiaren.* Fr. Nolte Das Wetter 1953 im Sauerland.

Th. Toditrop Lob dem Sauerkohl. Belecker Sturmtag 1448. W. Dalhoff Dies ist mir Gebet.' Martha Schlinkert Heinrich Luhmann.* F. Wippermann Der stille Garten. Fr. Predeek Greifvogel. Vorsidit.* Fr. W. Weber Es spukt. J. Mette Liininge. Heinr. Kleinbauer Sturm.* Th. Propper Von der Schonheit alter Hauser. Unser Wald. Dr. F. Beste Englisch und sauerlandisdi Platt.

Hugo Cramer Kinderheimat Haus, Hof, und Garten Plattdiusk in Ehren Sauerlandisdies Schrifttum

Seite

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„De Suerlanner" wird herausgegeben vom Sauerlander Heimat bund fiir das kurkolnisdie Sauer- land, Arnsberg (Gesdiaftsstelle in Halve). Sdiriftleilung: Fritz Sdiumadier, Arnsberg, Eidiholz- straBe 48. Druck: Gebr. Lensing KG., Arnsberg, Alter Markt 1.

Fotos: Josef Grobbel, Richard Krumme, Heinridi Orbana, Kurt Weber, W. Tiefensee, F. Schu- macher. Titelbild: Hohmann. Illustrationen: Reinhold Bicher, Grevenbriick.

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