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BAND 5 · AUSGABE 2 · 19,80 € JAHRGANG 2017 AK in Deutschland DEUTSCHE ÄRZTEGESELLSCHAFT FÜR APPLIED KINESIOLOGY Journal of Professional Applied Kinesiology Methylierung – ein Stoffwechselschritt mit zentraler klinischer Bedeutung! Neues aus der Grundlagenforschung – neuromuskuläre Funktion des manuellen Muskeltests Chronische Schmerzen im Schulterbereich – eine Fallbeschreibung AK und Ernährung – FODMAP und das Reizdarmsyndrom Aufgemerkt!

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BAND 5 · AUSGABE 2 · 19,80 €JAHRGANG 2017

AK in Deutschland

D E U T S C H E Ä R Z T E G E S E L L S C H A F T F Ü R A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

Journal of Professional

Applied KinesiologyMethylierung –

ein Stoffwechselschritt mit zentraler klinischer Bedeutung!

Neues aus der Grundlagenforschung –

neuromuskuläre Funktion des manuellen Muskeltests

Chronische Schmerzen im Schulterbereich –

eine Fallbeschreibung

AK und Ernährung –

FODMAP und das Reizdarmsyndrom

Aufgemerkt!

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EDITORIAL

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

E DITORIAL

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier kommt unser Sommerheft mit viel Input für ein in-

tensives Studium vielleicht bisher brachliegender Aspek-

te unserer therapeutischen Arbeit. Es gibt wieder viel aus

der praktischen Arbeit zu berichten, Das Thema „AK und

Ernährung“ wird fortgeführt. Hier würde sich die Redak-

tion besonders über eigene Erfahrungen und auch Wün-

sche und Anregungen aus der Leserschaft freuen. Und wir

lenken die Aufmerksamkeit mit einem ersten Artikel über

Genpolymorphismen von Entgiftungsenzymen auf unsere

inneren Webfehler und Schräglagen.

In Bezug auf das Bewegungssystem ist allen Therapeuten

klar, dass niemand perfekt symmetrisch gebaut ist, für unse-

re innere Ausstattung gilt das leider genauso. So können be-

stimmte Webfehler in unserer enzymatischen Ausstattung,

die zu einer verlangsamten oder gar keiner Aktivität der be-

troffenen Enzyme führen können, empfindliche Störungen

im Stoffwechsel verursachen, die alleine mit einer noch so

gesunden Lebensführung schlecht auszugleichen sind.

Die Redaktion hofft mit der vorliegenden JPAK Ausgabe

wieder ein schmackhaftes mehrgängiges AK-Menü zu ser-

vieren – süßes Dessert inklusive.

Ich wünsche Ihnen in diesem Sommer ein wenig Muße zum

Studium und viel sonniges Dolce Vita

Ihre

Anita Ginter

Anita Ginter, Chefredaktion

Nutzen Sie den Frühbucher-Rabatt bis 15.8.2017! Anmeldung unter:www.daegak.de/daegak/kongress-2017/

DÄGAK-Kongress in Ludwigsburg6. – 8. 10.2017

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

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Inhalt

EDITORTIAL

INHALT / IMPRESSUM

WISSENSCHAFT

Methylierung – ein Stoffwechselschritt mit zentraler klinischer Bedeutung!Christoph Klute

Was erfasst der Manuelle Muskeltest nach Goodheart? Frank Bittmann, Laura Schaefer

Chronische Schmerzen im Schulterbereich – eine Fallbeschreibung Nicola Dewald

AUS DER PRAXIS FÜR DIE PR AXIS

Mitbringsel einer Weltreise – Pflanzenpower aus Afrika auch bei uns Michael Tank

ERNÄHRUNG UND AK

FODMAP und das Reizdarmsyndrom – „zuckerfrei“ aber explosiv Anita Ginter

SERVICE

Kurskalender: Juli 2017 bis Mai 2018

Ankündigungen/Sonderveranstaltungen

VERMISCHTES

Buchbesprechungen

Aufgemerkt! Kurz und knapp aus AK und drum herum Michael Wittke

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Impressum:

Herausgeber: DÄGAK

Deutsche Ärztegesellschaft

für Applied Kinesiology

Anschrift: Nederlinger Str. 35

D - 80638 München

Telefon: +49 -89 159 59 51

Fax: +49 -89 159 61 61

E-Mail: [email protected]

Chefredaktion: Dr. Anita Ginter

Redaktion: Dr. Gerald Weiss, Dr. Hans Garten,

Dr. Michael Wittke

Satz & Layout: InVIA Marketing, München

Titelbild: © Mauritius Images / Foto: Foodcollection

Namentlich gekennzeichnete Artikel liegen in der

Verantwortlichkeit des Autors. JPAK oder Teile davon

dürfen nicht ohne schriftliche Genehmigung von JPAK

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den. Eine Nachdruckerlaubnis wird in der Regel gerne

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wortung des Auftragsgebers und decken sich nicht in

jedem Fall mit der Ansicht der Redaktion.

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einreichen: [email protected]. Ankündigun-

gen von Kursen (AK-Kurse und verwandte Kursinhalte,

letztere nach Genehmigung des Vorstandes) werden als

Liste im JPAK mit Link zur Webseite der DÄGAK veröf-

fentlicht. Darüber hinaus können Kurse mit Anzeigen

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Anzeigenpreisliste bei der Redaktion des JPAK an:

E-Mail: [email protected]

Autorenrichtlinien: Autoren werden gebeten, grund-

sätzlich für Artikel die einheitliche Formatvorlage zu

verwenden. Eine Bearbeitung unformatierter Artikel ist

nicht möglich. Die Formatvorlage kann auf der Inter-

netseite der DÄGAK unter http://www.daegak.de/die-

daegak/journal-jpak/ als Worddatei aufgerufen werden.

Die Autoren von Leserbriefen bitten wir zu beachten,

dass sich die Redaktion vorbehält Leserbriefe (in Ab-

stimmung mit dem Autor) redaktionell zu kürzen.

Band 5 · Ausgabe 2 · Jahrgang 2017

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · M E T H Y L I E R U N G – E I N S TO F F W E C H S E L S C H R I T T M I T Z E N T R A L E R K L I N I S C H E R B E D E U T U N G !

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Methylierung – ein Stoffwechsel-schritt mit zentraler klinischer Bedeutung!VON CHRISTOPH KLUTE

ZusammenfassungStörungen der Methylgruppenbildung aus der Aminosäure

Methionin können ein weites Spektrum von Erkrankungen

und Pathologien verursachen. Jede Phase menschlichen

Lebens von der Keimzelle bis zum Greisenalter bedarf Ak-

tivierungs- wie Inaktivierungsprozessen im Zell- und Sig-

nalstoffwechsel als Anpassungsreaktion des Organismus.

Methylgruppen sichern diese als universeller „Schalter“ der

DNA und verschiedenster Enzyme und Botenstoffe. Ist deren

Bildung und Verfügbarkeit durch genetische wie epigeneti-

sche Faktoren vermindert, gelingt die Anpassung des Orga-

nismus an Stressoren nur unvollständig, es treten Befind-

lichkeitsstörungen, dann episodische, schließlich chronische

Morbidität und Multimorbidität ein. Oxydative Zellschädi-

gung nimmt zu, wenn ein weiteres Produkt des Methionin-

Zyklus nicht ausreichend transsulfuriert wird: Homocystein

liefert Cystein für die Glutathionsynthese zum wichtigsten

Entgiftungspeptid.

Mittels Applied Kinesiology gelingt ein nach Schlüsselbe-

funden strukturierter Diagnose- und Behandlungspfad. Die

Labordiagnostik einschließlich molekulargenetischer Be-

fundsicherung dient neben Verifizierung und Therapiekont-

rolle der Motivation zur Veränderung in der Lebensführung,

insbesondere da Xenobiotika als bekannte Störsubstanzen

der Methylierung verringert, beseitigt und gemieden wer-

den sollen, um die Entwicklung chronischer entzündlicher

und degenerativer Krankheiten zu verringern. An einem

Fallbericht einer 17-jährigen Frau mit chronischen inter-

mittierenden Abdominalschmerzen werden mit manueller

Muskeltestung erhobene Schlüsselbefunde und Challenges

beschrieben, die bei den häufig vorkommenden Polymor-

phismen der Folsäureaktivierung zu Methyltetratrahyrofolat

wie auch bei fremd- und schadstoffbedingten Störungen

der Methioninsynthese typisch sind. Bei dem beschriebenen

Fall liegt ein Schwerpunkt in der Darmsanierung.

Schlüsselwörter Folsäure, Histamin, Methioninstoffwechsel, Methylierung,

MTHFR, 5-MTHF, Homocystein, degenerative Erkrankun-

gen, Multimorbidität. Autismus, Chronic-Fatigue-Syndrom,

Fibromyalgie, Neuralrohrdefekt, Glutathion, Phosphatidyl-

cholin, Schwermetallentgiftung, Toxinentgiftung, oxidativer

Stress, nitrosativer Stress, Xenobiotika, Störung des Zell-

stoffwechsels

Methylation – a Pathway of Utmost Importance for Cell Metabolism

AbstractDisturbance of methyl group synthesis from methionine can

cause a wide spectrum of disorders and pathologic process-

es. Throughout human life there is need for activation and

inactivation of metabolic and signalling pathways in order to

adapt to epigenetic demands. Methyl groups or single-car-

bon-units work as universal switch in regulating DNA as

well as hormones and messengers. In case of lack of methyl

groups caused by genetic polymorphism or epigenetic bur-

den the organism fails to adapt to stressors adequately. At

first disturbances will occur, later chronic disease and organ

degeneration might follow. In addition the methionine-cycle

produces homocysteine, which feeds into the transsulfura-

tion pathway for glutathione synthesis, leading to increased

oxidative stress when impaired.

Applied Kinesiology enables to unroll folic and methionine

cycle impairment frequently caused by Methylentetrahydro-

folat-reductase (MTHFR) gen polymorphism and xenobiot-

ic-induced methionine-cycle inhibition. Lab testing including

MTHFR-genetics help to ascertain the diagnose and therapy

as well as for giving motivation for life-style-changes. Treat-

ment of xenobiotic burden, restriction and avoidance of

methylation impairing substances aim for reducing the risk of

chronic inflammatory and degenerative disease.

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · M E T H Y L I E R U N G – E I N S TO F F W E C H S E L S C H R I T T M I T Z E N T R A L E R K L I N I S C H E R B E D E U T U N G !

Methylierung und Methioninzyklus

Methioninsynthase (B12-Cobalamin)

Remethylierung

Methionin

THF

5-Methyl-THF MTHFR-Enzym

↑5’10’-Methylen-THF

↑Tetrahydrofolat (THF)

↑Dihydrofolat (DHF)

↑Folsäure

6

A case report of a 17 year old female with intermittent ab-

dominal pain shows how evaluation of key lesions, diagnostic

and therapeutic challenges by manual muscle testing leads

to a set of therapeutic measures with emphasis on treating

bowel dysfunction

Key WordsFolic acid, folate, histamin, homocysteine, irritable–bowel-

syndrome, methylation, MTHFR; 5-MTHF, methionin, neural

tube disorder, homocystein, polymorphism, multimorbid pa-

tients. chronic fatigue, fibromyalgia, oxidative stress, nitrosa-

tive stress, cell metabolism, detoxification, depression …

EinleitungWas haben Kreatinsynthese, Neurotransmitter-Balance, Phos-

pholipid-Synthese, DNS-Transkription, DNS-Schutz und DNS-

Reparatur, Schwermetall- und Toxinentgiftung, Entgiftung

von Hormonen, Immunfunktion, Histaminabbau, Endothel-,

und Zellalterung und Glutathion-Synthese gemeinsam? Sie

benötigen allesamt einen funktionierenden Methioninzy-klus.

All die genannten Stoffwechselprozesse werden durch Anla-

gerung oder Abspaltung von Methylgruppen aktiviert, oder

das Methionin wird – wenn gerade kein Methylgruppenbe-

darf besteht – via Homocystein über die Transsulfurierung zu

Cystathionin umgewandelt und mit der Synthese zu Gluta-

thion als SH-Gruppendonator für Entgiftungsprozesse bereit

gestellt.

Methylgruppen stellen ein Art universellen Schalter („switch“)

im Stoffwechsel dar, der in jeder Zelle zu finden ist. Wie geht

das vor sich?

1. Mit Hilfe der Aktivierung von Folsäure zum biologisch ak-

tiven 5-MTHF (MethylTetraHydroFolat), das natürlich in ro-

hen grünen Blattgemüsen vorkommt.

2. Mit Hilfe von aktiviertem Vitamin B12 (Methylcobalamin)

wird aus Homocystein die Aminosäure Methionin gebil-

det (Methionin-Synthetase, Methionin-Zyklus), welche ihre

Methylgruppe an SAMe (S-Adenosylmethionin) weitergibt.

SAMe funktioniert als der Methylgruppenverteiler in jeder

Zelle und gibt diese nach Bedarf in alle Stoffwechselwege

frei. Das dann übrig bleibende S-Adenosyl-Homocystein

(SAH) wird zu Homocystein umgewandelt, dessen schwe-

felhaltige Aminosäure Cystein ist. Dieser Weg ist abhängig

von Vitamin B6. Cystein ist das wichtigste Substrat für die

intrazelluläre Glutathionsynthese und dieses ist wiederum

ist das bedeutendste Zellentgiftungssystem.

Eine Hyperhomocysteinämie (im Serum) als Zeichen einer

Funktionsstörung des Methioninzyklus ist assoziiert mit kar-

diovaskulären, zerebrovaskulären, dementiellen Erkrankun-

gen und Osteoporose (1), sowie einigen schwerwiegenden

Stoffwechselstörungen wie oxidativem und nitrosativem

Stress uvm.

Die Schlüsselstellung der MTHF-Reduktase (MTHFR)Wenn wir die Puzzle-Teile jetzt in Beziehung setzen und in der

Grafik zunächst den Folat-Zyklus betrachten, sehen wir: Nur

5-MTHF (5-Methyltetrahydrofolate) wird in den Methionin-

Zyklus eingeschleust, es handelt sich um das kritische Subst-rat. Die Bildung von 5-MTHF ist abhängig von der Aktivität der

MTHF-Reduktase (MTHFR). Diese MTHFR weist häufig gene-

tische Polymorphismen auf, die mit einer Aktivitätsminderung

von bis zu 50 % einhergeht. Je nach Bevölkerungsgruppe tre-

ten diese Polymorphismen in einer Häufigkeit von bis zu 40 %

auf (Mexiko), hier in Mitteleuropa liegt die Häufigkeit bei 15 %,

Abb. 1: Methylierungszyklus

SAMS-Adenosyl-Methionin

Methylierungszyklus

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Methylierung (Übertragung –CH3)

Methylnehmer sind u. a.DNA und RNA, Neuro-

transmitter und Hormone, Proteine, Phospholipide,

Kreatin

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Methylierung und Methioninzyklus

Methyltransferasen

Abbau

Homocystein

Cystein

7

in Kalabrien und Sizilien bei 18 – 20 %, d. h. jeder 7. Mitteleu-

ropäer ist betroffen. Neuralrohrdefekte, Spina bifida, Lippen-

Kiefer-Gaumenspalte, Eklampsie, vorzeitige Plazentalösung,

habitueller Abort sind gesicherte assoziierte Pathologien (2).

Folgen einer MethylierungsstörungWenn MTHF nicht ausreichend vorhanden ist kommt die

Dynamik des Methionin- oder „Transmethylation“-Zyklus

(siehe Grafik) zum Erliegen, es können nur unzureichend Methyl(CH-3)-Gruppen gebildet werden und nur wenig Ho-mocystein gelangt in den Sulfurierungs- und Glutathionstoff-

wechsel. Es entsteht eine (Hyper-)Homocysteinämie.

Die Folgen sind facettenreich:

• unzureichende Kreatinsynthese (Muskelstoffwechsel).

• verminderter Auf- und Abbau von Neurotransmittern z. B.

von Adrenalin und Noradrenalin mit dadurch dauernd er-

höhtem Sympathikotonus

• Endothelschäden durch Hyperhomocysteinämie

• unzureichende Glutathionsynthese mit Akkumulation von

Toxinen (Leber, Immunsystem, ZNS)

• Entstehung maligner Zellverbände durch DNS-Methylie-

rungsstörungen (3)

• chronische Entzündungsprozesse bei unvollständiger Im-

munantwort durch DNS-Methylierungsstörungen (4) oder

methylierungsabhängige Störungen der Antigen-Repräsen-

tation durch die dendritischen Zellen (5)

• Zellmembranschäden bei verminderter Phospholipidsynthese

Wohlgemerkt: 15 % der Bevölkerung (MTHFR 677 C<T ho-

mozygot) kann wegen genetisch fixierter Einschränkung der

Folsäureaktivierung auf einen erhöhten Methylgruppenbedarf

(z. B. durch toxische, inflammatorische, mentale Stressoren)

nicht ausreichend reagieren – ein Leben lang! Alle bis jetzt als

relevant eingeschätzten MTHFR-Polymorphismen (677 homo

und heterozygot, 1298 homo-und heterozygot, 677 und

1298 „combined“ heterozygot) sind wohl in einer Häufigkeit

von etwa 50 % der hiesigen Bevölkerung zu finden (3).

Krankheiten die mit MTHFR-Polymorphismus assoziiert sein können • Thrombosen

• kardiovaskuläre Erkrankungen

• Malignomerkrankungen, insbesondere Mamma-, Magen-,

Endometrium- und, abhängig vom Nährstoffstatus für den

Methylierungsstoffwechsel (MTHF, B2, B12, usw.) kolorek-

tale Karzinome

• bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems wie aku-

te Leukämien im Erwachsenenalter, und des Immunsystems

• Fertilitätsstörungen, Fehl- und Frühgeburtlichkeit

• Neuralrohrfehlbildungen wie Spina bifida

• Fibromyalgie, Chronisches-Müdigkeits-Syndrom

• psychiatrische Erkrankungen, wie Depression und Zwangs-

störungen, ADHS, Autismus, Burn-Out-Syndrom

• Parodontitis, Reiz-Darm-Syndrom, Histaminintoleranz

• Neurodegenerative Erkrankungen, Demenz, Parkinson-

Syndrom, Polyneuropathien

• Kopfschmerz, Migräne

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit (2, 3, 4,

5, 6), sie verdeutlicht aber die Vielgestaltigkeit von Morbidi-

Ein paar einfache wichtige Eckdaten sind folgende: • Vitamin B12 ist wichtig, am besten als Methylcobalamin. • Bei erhöhtem Homocystein entsteht ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.• Bei Homocysteinerhöhung ist die Gabe von Vitamin B6, B12 und Folsäure

notwendig. • Glutathion ist von hoher Bedeutung, vor allem bei toxischen Belastungen.

80 % des Glutathions finden sich in der Leber.• Es gibt Menschen, die eine schlechte Glutathion-Versorgung haben, zu-

viel oxidiertes, zu wenig reduziertes Glutathion, manchmal stoffwechsel-bedingt und manchmal genetisch bedingt durch Glutathion-S-Transfera-se-Polymorphismen. In diesen Fällen kann man mit Glutathion und/oder Cystein/N-Acetyl-Cystein (NAC) behandeln.

SAHS-Adenosyl-HomocysteinMethylierungszyklus

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tät im Zusammenhang mit Methylierungsstörungen. Einige

Krankheitsbilder sind wissenschaftlich nachweislich kausal

assoziiert, bei anderen wird der Zusammenhang vermutet

und ist anhand der Stoffwechselzusammenhänge plausibel.

Natürlich ist keines der oben genannten Krankheitsbilder mo-

nokausales Resultat einer Methylierungsstörung, die epige-

netischen Bedingungen wie Ernährung, Schadstoffexposition

an Wohn- und Arbeitsplatz, mentale Stressexposition usw.

sind entscheidend, ob es zu einer Erkrankung kommt.

Auch sollte man bedenken, dass der auf die Methylierung

folgende Stoffwechselschritt, nämlich die Methioninsynthe-

se mittels der Methioninsynthetase (MS) ein durch weitere

Umweltfaktoren (Schwermetallbelastung mit Hg, Pb, As, Al-

dehyde aus Hefe- und alkoholischer Gärung) immens hemm-

bares, empfindliches Enzymsystem darstellt und damit häufig

in seiner Aktivität stark vermindert ist.

Dekompensation durch Umwelt- und UmfeldbelastungenTräger eines MTHFR-Polymorphismus sind deutlich vulne-

rabler bezüglich Umwelt- und Umfeldbelastungen und der

Ausbildung chronischer Erkrankungen, da sie ihre Methy-

lierungskapazität schlechter an den Methylierungsbedarf

anpassen können: Feinstaub, Pestizidrückstände in der Nah-

rung, Wohnraumgifte, Zahnmaterialien, Metalle aus Implan-

taten/Endoprothetik, Konservierungs- und Aromastoffe, E-

Substanzen (Konservierungsstoffe), Tonerstäube, Aktiv- und

Passivrauchen sind Trigger für die Methylierung und überall

in unserem Leben präsent.

Allein unser Stressniveau ist so viel höher, als zu Zeiten, in

denen Menschen in bäuerlichen Gesellschaften nie in ihrem

Leben ihren Wohnort verlassen oder allenfalls zu Fuß oder

auf einem Fuhrwerk im Zockelschritt stundenlang zum 10 km

entfernten Marktflecken „reisen“ mussten: Gut vorstellbar,

um wie viel geringer ihr Adrenalin- und Noradrenalinspiegel

gewesen sein mag, als unserer heutzutage. Daher war ihr

Methylierungsbedarf ebenfalls deutlich geringer, es musste ja

kein Adrenalin abgebaut werden.

Kurzum: Unser postindustrieller Lifestyle stellt immense An-

sprüche an unser Methylierungssystem – und wer genetisch

vulnerabel ist und dies nicht durch gezielte Verringerung sei-

nes Methylierungsbedarfes oder Verbesserung des Methyl-

gruppenangebotes rechtzeitig ausgleicht – wird chronisch

krank, d. h. er wird womöglich infertil, depressiv oder erleidet

einen Burnout, erkrankt an Fibromyalgie, erleidet spontane

Thrombosen oder entwickelt eine Karzinomerkrankung oder

eine generalisierte Gefäßerkrankung und fällt der Reparatur-

medizin beim Angiologen, Kardiologen, Hämato-Onkologen,

Gastroenterologen, Parodontologen, Algesiologen anheim.

Unter zunehmender Multimedikation mit Blutdruck- und

Cholesterinsenkern, Protonenpumpenhemmern, Marcumar,

Metformin, Diuretika, Analgetika, Antidepressiva und Che-

motherapeutika und bestenfalls noch komplementärmedizi-

nisch mit Zink, DHEA, Fischöl und Vitamin D mehr oder weni-

ger ausreichend versorgt, nimmt die Nebenwirkungskaskade

ihren Lauf und stört progredient die weitere Methylierung,

Entgiftung und Mitochondrienfunktion des betroffenen Or-

ganismus. Es sei dabei exemplarisch nur auf iatrogenen Vit-

amin B12-Mangel durch Metformin, Protonenpumpenhem-

mer, Magnesiummangel durch Diuretika, CoQ10-Mangel

durch Statine hingewiesen.

Diese Entwicklungen aufzuhalten, bedeutet Vermeidung

bzw. Abbau der vorstehend genannten Belastungen, aber zu

allererst das Erkennen des Problems an sich.

Diagnostische und therapeutische ProblemeNun lässt sich aber im Gegensatz zu den wichtigen Supple-

mentierungen mit den oben genannten Nährstoffen, die pro-

blemlos zu messen und mit AK zu testen sind, ein Mangel an

MTHF eben nicht quantitativ bestimmen, wir messen nur die

inaktive (synthetische) Folsäure im Serum (nicht in der Zelle)

– und die kann völlig normal, zu niedrig oder pathologisch

erhöht sein (inhibiert dann die NK-Zellen (5)). Manchmal sinkt

durch entsprechende Substitution (s. o.) auch ein erhöhter

Homocystein-Wert, aber eine ausreichende Methylierung ist

so eher nicht anzuregen.

Die Gabe von Folsäure ist nicht nur nicht hilfreich son-dern kontraindiziert, da sie nicht in der Lage ist, den intrazellulären Homocysteinspiegel zu senken (6), son-dern die Aufnahme von 5-MTHF durch Konkurrenz um die Bindungsstellen an Zellmembranen inhibiert.

Damit wir diagnostisch und therapeutisch die Richtung fin-

den, müssen wir zunächst ein Bewusstsein für die Bedeutung

des Methylierungsstoffwechsels entwickeln. In der deutsch-

sprachigen Mainstream-Medizin, geschweige denn in der

Leitlinienmedizin, finden wir dazu lediglich die Anweisungen

zur Behandlung der Hyperhomocysteinämie: „Behandle mit

B6, B12 und Folsäure, wenn therapieresistent prüfe auf MTH-

FR-Polymorphismus (was meist schon nicht mehr stattfindet)

und bei positivem Nachweis: nimm mehr Folsäure ...“ und

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durch erhöhtes Substratangebot an 5-MTHF zur Normo-

reaktion führen, denkbar sind auch Polymorphismen der

Dihydrofolatsynthetase DHF (s. Abb. 1).

• Danach teste ich Folsäure auf Dysreaktion am normoreak-

tiven oder hyperreaktiven Muskel (in nahezu 90 % dysre-

aktiv im Sinne eines Superchallenge bei Patienten mit Total

Compression, deren neurologische Dysorganisation durch

5-MTHF aufgehoben wird).

• Bei ca. 70 % meiner Patienten testet Switching in der Auf-

nahmeuntersuchung positiv,

• Wenn 5-MTHF den Switching-Befund aufhebt bzw. Folsäu-

re dysreaktiv testet, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit,

dass es bei diesem Patienten ursächlich um eine Methylie-

rungsstörung geht.

• Bei einer generalisierten Hyper- genauso wie Hyporeaktion

gehe ich entsprechend vor.

• Liegt kein Switching vor, empfiehlt es sich, den PMS bds.

zu evaluieren und bei Dysreaktion mit 5-MTHF als normo-

reaktivem Challenge zu testen. Die immunsystemassoziier-

ten Muskeln mittlerer Trapezius und Infraspinatus können

ebenfalls sinnvoll zu testen sein, auch der Supraspinatus

zeigt manchmal Dysreaktion, die mit MTHF aufhebbar ist.

• Häufig hat der Patient aber noch etwas anderes und das

mag sich sehr wohl an den immunsystem- und auch an der

leber- und nierenassoziierten Muskeln zeigen:

• Suche nach: EBV-, Parasiten-, bakteriellen oder weiteren

viralen Belastungen, Schwermetall-, Holzschutzmittel-, Py-

rethroid- oder Formalinbelastung usw.:

• Teste weiter mit 5-MTHF auf der Zunge auf die vorhandenen

Stressoren, Challenges und Muscles of choice (Sternum-,

Becken-, sphenobasiläre Kompression, Niere, Leber, Immun-

system, GRS-Punkt der IST-Diagnostik nach Fonk – Milz 4

links als positive TL für Belastungen des Grundregulations-

systems (GRS): mit TL des Akupunkturpunkte Milz 4 links

wird nach Fonk eine Belastung des Grundregulationssystem

(Pischinger-Raum, 3. Raum) evaluiert, bei positiver TL wird

der Ausgleich mit bakteriellen, viralen und Schadstoff-/Xe-

nobiotia- Nosoden systematisch evaluiert, Näheres in (8).

Zusammen mit 5-MTHF sollten die in Frage kommenden Nos-

oden jeweils einen normoreaktiven Challenge ergeben.

Schematisches Beispiel für mein Vorgehen in der AK-Testung: Befund• RF li h, Total compression+, Neurologische Dysorganisati-

on+, aufgehoben mit oraler 5-MTHF-Gabe, diese auf der

Zunge belassen:

in Bezug auf die Spina bifida: „Nimm Folsäure bei Kinder-

wunsch und in der Schwangerschaft um Neuralrohrmissbil-

dungen zu verhindern ...“.

„You will only find what you know“ ...Der allbekannte Goodheart-Satz legt den Finger in die Wun-

de: Denke an Methylierungsstörungen, vor allem bei Multi-

morbidität und Multimedikation, frage nach Infertilität (Kin-

derwunschmediziner scheinen vom MTHFR-Polymorphismus

noch nie gehört zu haben), Fehlgeburten, Unverträglichkeit

von Kontrazeptiva (auch exogen zugeführte Hormone müssen

methyliert werden), Thrombosen, Reizdarm-Syndrom, Hista-

minintoleranz.

Einen hervorragenden Einstieg in die Methylierungsproblema-

tik bieten die Youtube-Videos von Ben Lynch, N.D., der aktuell

wohl über das umfangreichste Wissen um die Folsäure- und

Methylierungsproblematik verfügt und dieses Wissen kosten-

los (www.mthfr.net) aber auch als kostenpflichtiges online-

learning-Programm weitergibt (www.seekinghealth.org).

Vorgehen mit AKIn meiner Alltags-Routine hat sich folgendes Vorgehen als

gutes Screening-Kriterium für Störungen des Folsäurestoff-

wechsel herauskristallisiert:

• Ich teste jeden Patienten mit mindestens einem starken

Muskel auf Zeichen der Neurologischen Dysorganisation,

auf Kompression der sphenobasilären Synchondrose, auf

Sternumkompression, auf Beckenläsion, also auf das Vor-

liegen eines Totalen Kompressionssyndroms.

• Besteht eine generalisierte Hyporeaktion, teste ich mit ora-

lem 5-MTHF-Challenge ob diese damit aufgehoben wird.

Wenn positiv: Verdacht auf Folsäure-Methylierungsstörung.

• Finde ich eine starken normo- oder hyperreaktiven Muskel

teste ich mit AK auf Neurologische Dysorganisation („swit-

ching“), also beidhändige TL beidseits positiv bei negativer

Einzel-TL, TL Ni 27 bds. pos. TL Ni 27 einseitig zusammen

mit Nabel-TL.

• Wenn die Switching-Diagnose positiv ist, teste ich 5-MTHF

auf der Zunge als den die Zeichen neurologischer Dysor-

ganisation aufhebenden normoreaktiven Challenge. Wenn

positiv besteht der Verdacht auf eine relevante Störung des

Folsäure- und Methylierungsstoffwechsels (in aller Regel

führe ich dann eine DNS-Analyse auf MTHFR-Polymorphis-

mus durch zur Befundsicherung, die Trefferquote ist min-

destens 70 %, die restlichen 30 % mögen durch nutritiven

5-MTHF-Mangel oder bei inhibierter Methioninsynthetase

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

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• Sphenobasilärer Challenge positiv, aufgehoben durch TL

Zahn 46 (große alte Amalgamfüllung), Sternum-Challenge

weiterhin positiv, aufgehoben durch Lamblia D6, PMS bds.

w, Psoas bds. w.

• Becken-Challenge mit Lamblia-Nosode bleibt positiv.

• Auflegen der Fremdstoff-Schadstoff-Nosoden (global) hebt

Beckenchallenge auf, bei weiterer Testung findet sich Sil-

beramalgam D8 als aufhebender Challenge für die Becken-

kompression und normoreaktiver Challenge für PMS bds.

und Psoas bds. TL am Zahn 46 mit aufgelegter Silberamal-

gam-D8-Nosode jetzt negativ, SBS-Challenge negativ.

Diagnosen1. V. a. Methylierungsstörung, V.a. MTHFR-Polymorphismus.,

2. Lambienbelastung,

3. Schwermetallbelastung/Amalgambelastung

Procedere Methylierungsstörung behandeln, Lamblien behandeln,

Schwermetallbelastung behandeln. Erstmaßnahme: Lamblien

behandeln, da die Darmsanierung Voraussetzung für eine er-

folgreiche Nährstoffaufnahme aus Nahrung und Supplemen-

ten ist – alles klar?

LabordiagnostikWenn möglich sollte eine Befundsicherung durch Bestim-

mung der MTHFR-Polymorphismen im EDTA-Blut in einem

Genetik-Labor erfolgen. Zu beachten sind dabei die Bestim-

mungen des Gen-Diagnostik-Gesetzes (Einwilligungspflicht).

Bei der Befundinterpretation ist auf die Variante 1298 he-

terozygot zu achten, hier gibt das Genetik-Labor an: „Phä-

notyp: unauffälliger Folsäurestoffwechsel“ – das entspricht

der aktuellen Studienlage aber vielleicht nicht dem Einzelfall,

ein Behandlungsversuch gerade bei positiver AK-Testung sei

dringend empfohlen.

Weitere sinnvolle Laboruntersuchungen: • Methylmalonsäure im Urin (wenn Unklarheit über funktio-

nellen B12-Mangel besteht)

• „Bioaktive“ Vitamine B1, B2, B6 (teuer, aber viele „Treffer“!)

• SAM/SAH-Ratio (leider aufwändig)

• Seit neuestem ist auch „bioaktive“ Folsäure bestimmbar,

Erfahrungen kann ich noch nicht mitteilen

Mindestanforderung für die Labordiagnostik Großes Blutbild, B2, B6, B12, Holotranscobalamin, Methyl-

malonsäure i. S. oder i. Urin, Homocystein i.S., Magnesium,

Zink, Molybdän (Kofaktor der Aldehyddehydrogenase, Xan-

thinoxidase und Sulfoxidase, alle entgiften Folgeprodukte

des Methioninzyklus), Selen im Vollblut, also am besten als

großes Vollblutmineralstoffprofil, sind sinnvoll.

Evtl. ist auch die Bestimmung von Blei und Quecksilber (bei-

des sind Inhibitoren der Methioninsynthese!), Kadmium, Ni-

ckel im Vollblut ergänzend angezeigt.

Therapie Darmsanierung! „Fix bowel first“ (Ben Lynch, mthfr.net) mit

allem was wir in AK-Systemische Störungen gelernt haben...

Wie bereits oben erwähnt erfolgt die Supplementierung

meistens oral, daher muss die Resorption funktionieren –

oder: vor den Erfolg haben die Götter die Darmsanierung

gesetzt. Mein Konzept:

Generell und mit absoluter Priorität bei Reizdarmsymp-

tomen: Parasiten-Belastung mit AK testen und behan-

deln, nicht auf Parasitennachweis im Stuhl vertrauen,

wenn nicht der körperwarme Stuhl von einem erfahre-

nen Untersucher sofort nach Defäkation untersucht wird.

Parasiten können multiple darmassoziierte Symptome.

Nährstoffmängel (Fe), hormonelle Störungen sowie Nah-

rungsmittelunverträglichkeiten verursachen.

Stuhlprobe auf Flora, Pilze, Entzündungsparameter wie Alpha-1-Antitrypsin, Lysozym, sIgA, Pankrease-lastase und Verdauungsreste (GKV-Leistung!) in einem

Labor welches auch gute Anaerobierbefunde liefert (nur

dann sind auch positive Clostiridienbefunde zu erhalten,

bei mir gab es die erst nach einem Wechsel des Labo-

ranbieters. Wer selten bis nie Clostridiennachweise be-

kommt, sollte das Labor wechseln).

Steht keine Stuhllabor-Diagnostik zur Verfügung oder

kann aus Kostengründen nicht untersucht werden: AK-basierte Evaluierung der Ökologie des Darmes mit

abdominellem Tastbefund (ICV, Houston, Druckdolenzen,

mit zugehörgen TLs und Challenges, Leber-TL und -Chal-

lenge, Muscles of choice RF, TFL, PMS, neben Clostridien

auch E.coli, Campylobacter, Salmonella usw. testen.

Verschiedene Probiotika testen, v. a. Bifiido- und Lacto-

bacillus-Präparate bewähren sich gut, bei ausgeprägtem

entzündlichen Befund z. B. Myrrhinil intest, bei Leaky

gut resistente Stämme mittesten (z. B. Symbio Intest), bei

sIgA-Mangel Colibiogen (abgetötete Coli) oder Mutaflor

(mit lebensfähigen Coli-Kulturen) testen. Verdauungsres-

te beseitigen, da sie wie Dünger für veränderte Darmflora

wirken: Erhöhte Fettausscheidung im Stuhl durch Arti-

schockenpräparat verringern, bei niedriger Pankreaselas-

1.

2a.

2b.

3.

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tase Enzyme geben (und ggf. Pankreas- und Gallenwegs-

diagnostik!)

Candida-Dysbiosen konsequent behandeln, da die Fu-

selalkohole/Aldehyde aus Candida-Dysbiosen die Methio-

ninsynthetase empfindlich hemmen.

Nichtsdestotrotz sehe ich Candida-Dysbiosen eher als

„Trittbrettfahrer“ einer Störung der Ökologie der Darm-

schleimhaut, welche sich auf dem Boden einer Xenobi-otika-/Fremdstoffeinwirkung auf die Darmschleimhaut

aus Zahnwerkstoffen (Kunststoffe, Metalle) z. B. neben

Amalgam das häufig allergene Palladium oder Innen-

raumgiften wie Pyrethroiden, Formaldehyd, Weichma-

chern, Holzschutzmitteln usw. ergeben.

Dieser Punkt ergibt sich aus dem gerade Gesagten:

Ursache(n) der Dysbiose abklären – womit wir eben auch

bei den epigenetischen Ursachen für Methylierungsstö-

rungen angekommen sind.

Therapeutische Substitution von Mg, Methylcobalamin

(aktiviertes B12, nicht Cyanocobalamin!), nach Befund/

Challenge auch Zink (wichtig für 5-MTHF-Resorption),

Molybdän (Kofaktor der Aldehyddehydrogenase), B2 (Ko-

faktor MTHFR), B6 (Kofaktor Homocysteinabbau/Transsul-

furierung).

Dann kann der Versuch mit einer Substitution von 5-MTHF erfolgen. Die Dosis sollte langsam titriert wer-

den, um übermäßige Ausscheidungs- und andere Methy-

lierungseaktionen zu vermeiden. Meist beginne ich mit

1 mg 5-MTHF (Thorne) jeden 2. Tag und steigere nach

14 Tagen jede weitere Woche um 1 mg / Tag (go slow!).

Mit Folate (400 mcg Metafolin) von PE täglich oder bei

vorsichtigem Beginn jeden 2. Tag kann man auch star-

ten, aber Achtung: von PE gibt es „Folsäure“ (800 mcg

mit konventioneller Folsäure ) und „Folate“ mit 400 mcg

Metafolin, einer ebenfalls biologisch aktiven Form ähnlich

dem 5-MTHF, nicht verwechseln!

Überdosis-Zeichen sind Muskelkater, Kopfschmerz, Mi-gräne, Duraspannung als Ausdruck einsetzender Entgif-tung, aber auch Depression, Aggression als Ausdruck einer einsetzenden Neurotransmitterdysbalance.

Es empfiehlt sich dann für 1 – 3 Tage zu pausieren, dann bil-

den sich die Nebenwirkungen zurück, dann kann man mit

der nächstniedrigen, verträglichen Dosis fortfahren.

Wenn MTHF schon in geringster Dosis nicht vertragen wird

besteht meistens ein massiver nitrosativer Stress (7), der zu-

nächst therapiert werden muss.

Im Verlauf stellt sich hoffentlich klinisch eine Verbesserung

ein, dann kann ein Versuch gestartet werden, die Dosis zu re-

duzieren in der Erwartung, dass der Methioninzyklus sich wie-

der „dreht“. Das will sagen, die Methylgruppenproduktion

und –verteilung via SAMe als Substrat für die verschiedenen

Methyltransferasen beginnt wieder zu arbeiten, der Patient

schildert mehr Entspannungsgefühl in den Muskeln, fühlt sich

wacher, ausgeglichener, Kopf- oder Bauchschmerzen nehmen

ab oder verschwinden, die Stimmung stabilisiert sich.

Wenn keine Verbesserung eintritt, sollte die MTHF-Gabe

zunächst eingestellt werden. Der Verdacht liegt dann nahe,

dass an einer anderen Stelle des Methylierungszyklus ein

Problem besteht. Meist handelt es sich dann um eine Hem-

mung der Methionin-Synthetase (MS, in anderen Quellen

MTR/MTRR) durch verschiedene mögliche Faktoren. Im Vor-

dergrund stehen:

• Schwermetalle

• oxydativer Stress

• chronische Infektaktivierung

• Lipopolysaccharid LPS-Endotoxine

Fallbeispiel Erstvorstellung einer 17-jährigen Schülerin 09/16 mit bisher

guten schulischen und sportlichen Leistungen (Sport-Abitur

geplant, Judotrainerin). Selber schildert sie sich als hochmoti-

viert und bis Februar 2016 leistungsfähig, seitdem aber leidet

sie an einer immer wieder auftretenden heftigen Oberbauch-

schmerzsymptomatik, Schwankschwindelsymptomatik, mo-

natelanger Gangstörung und gehäuften Kopfschmerzen und

Migräneanfällen. Eine MS oder ein anderer entzündlicher

ZNS-Prozess sei ausgeschlossen worden (inklusive MRT Schä-

del), seit einigen Monaten sei die Gangstörung verschwun-

den. Die Bauchschmerzsymptomatik mit Erbrechen und Un-

verträglichkeit auf viele verschiedene Nahrungsmittel (unter

anderem Roggen und Weizen) hatte sich ab Sommer 2015

entwickelt und trete immer wieder anfallsweise auf. Vor we-

nigen Tagen habe sie sich einer – unauffälligen – Gastrosko-

pie unterzogen.

Sie sei in einer spezialisierten Schwindelambulanz vorstellig

geworden, habe einen Kopfschmerzmittelentzug durchge-

führt, ein M. Wilson sei ausgeschlossen worden. Lediglich

eine Lebervergrößerung sei diagnostiziert. In der Vorge-

schichte Migräne seit 2013, Wachstumshormonsubstitution

über Jahre wegen Minderwuchs, arthroskopische Plicadurch-

trennung am Knie 2013. Weisheitszahnextraktion 12/2015

4.

5.

6.

7.

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ohne Komplikationen, Kieferorthopädische Behandlung ab-

geschlossen mit noch vorhandenem Unterkiefer-Retainer.

Größe 155 cm, Gewicht 43 kg, Schlaf seit Monaten schlecht,

Schwitzen bei Bauchschmerzen, Stuhlgang regelmäßig 1x/d,

geformt unauffällig.

Bisherige DiagnosenMigraine accompagnée mit Aura, episodischer Kopfschmerz,

Intermittierende Oberbauchschmerzen mit Erbrechen

Untersuchungs-Befund und AK-BefundUnauffälliger abdominaler Tastbefund, bekannter UK-Retai-

ner, Kunststofffüllung 44.

Bds. TL Ni27 > w bei unauffälliger Einzel-TL, unilaterale TL

Ni 27 links mit gleichzeitiger Nabel-TL>w, beides aufhebbar

mit MTHF als oralem Challenge. Rectus femoris li h, TL Dens

44>w, Sternum-Challenge>w, beides aufhebbar mit Autopo-

lymerisat D12. Unter Belassen des potenzieren Schadstoffes

dann Normoreaktion beider Rectus femoris, Piriformis, Sarto-

rius, Infraspinatus, PMS und PMC, linker mittlerer Trapezius,

rechter Latissimus dorsi. Weiterhin nicht mit autogener Fazili-

tation ausgleichbare Schwäche von Lat. dorsi li, mittlerer Trap

re, Psoas bds.; TFL bds. h.

AK-DiagnosenV. a. Folsäurestoffwechselstörung/Methylierungsstörung, V. a.

Intoleranz von Autopolymerisaten/zahnärztlichen Kunststoffen.

Pathologische LaborbefundeMCV 102.2 fl erhöht, MCHC 29,2 g/dl erniedrigt, Eisen i. S.

22,7 mcmol/l erhöht, Serotonin i. S. 18,6 mcg/l erniedrigt, B12

i. S. 383 pg/ml Graubereich, Holotranscobalamin 80 pmol/l,

ausreichend (?), Folsäure i. S. >20.0 ng/ml erhöht, 25-OH-Vit-

amin-D3 i. S. 25,2 mcg/l erniedrigt. Mineralstoffe im Vollblut:

Magnesium 26,0 mg/l erniedrigt, Selen 59,1 mcg/l erniedrigt,

Zink mit 4,5 mg/l und Kalium mit 1501 mg/l noch im unte-

ren Normbereich, präventivmedizinisch substitutionswürdig.

Molekulargenetische Analyse MTHFR: 677 C>T homozygot,

1298 A>C Wildtyp.

Primäre TherapieNachpolymerisierung der Zahnfüllung 44, Substitution von

Magnesium, Selen, Zink, Kalium , 5-MTHF, Methylcobalamin,

Information des behandelnden Kollegen, Arzt für Kinder- und

Jugendmedizin, über die bestehende Stoffwechselsympto-

matik und die nicht-psychosomatische Genese der Bauch-

schmerzsymptomatik anlässlich einer erneuten Schmerzepi-

sode mit Schulunfähigkeit unmittelbar vor einer wichtigen

Klausur. Zuweisung zu einem erfahrenen AK-Kollegen in er-

reichbarer Nähe des Wohnortes der Patientin.

Weiterer Verlauf Gerald Weiss berichtet: „Beim 2. Termin am 11. Jan. 2017 war ich erstmal baff, v. a. auch, weil ich dieses Krankheits-

bild vor dem Kontakt zu Christoph Klute wegen der Patientin

überhaupt nicht im Blick hatte.“

BefundeDie junge Dame ist gesundheitlich um 180° gedreht. Ihr geht

es bestens, sie kann praktisch alles essen, ist leistungsfähig.

Gelegentlich, wenn sie es beim Essen übertreibt, hat sie noch

leichte Blähungen. Weiter bestehen allerdings Schlafstörun-

gen, rechts am Rippenbogen klagt sie über selten auftretende

Schmerzen. Sonst war heute alles erstaunlich gut. HWS frei,

Becken gerade, neurologisch o.B., Abdomen. leicht gebläht,

sonst o. B. Im AK-Test testen sämtliche Muskeln, einschließ-

lich SCM normoreaktiv! Keine AK- TLs, keine IR-Muster, rein

gar nichts, auch strukturell keine Reaktion, Kiefergelenke

o. B., keine Challenges an den Zähnen und Weisheitszahn-

leerkieferstellen, hier auch keine IR-Muster. Die Therapie wur-

de fortgeführt wie zuletzt.

Februar 2017Nach Rücksprache mit Christoph Klute bei weiter bestehen-

der Besserung dann der Versuch die 5-MTHF-Substitution mit

4 mg/d durch MethylGuard plus (Thorne) 1:1 zu ersetzen,

(Methyl Guard enthält neben 5-MTHF zusätzlich Riboflavin

als wichtiger Co-Faktor für MTHFR (und die Atmungskette)),

B12 als Kofaktor für die Umwandlung in Methionin und P-

5-P für die Umwandlung von Homocystein in Cystein und

zudem noch Betain, was den „Raubbau“ an Phosphatidyl-

cholin zur Verbesserung des evtl. latent vorhandenen Methi-

oninmangels verhindern soll, damit als Folge des Verbrauchs

von Phosphatidylcholin keine degenerativen, neurologischen

Erkrankungen bei MTHFR-Polymorphismus gebahnt werden.

Leider berichtet die junge Dame am 22. Februar 2017, dass

sie nach Umsetzung auf MethylGuard gleich wieder müde

wurde, deswegen hat sie selbst nach 2 Tagen wieder unge-

setzt auf 4 mg 5-MTHF. Es wurde vereinbart, dass sie 5-MTHF

vorerst 4 mg weiternimmt (und jeweils nach einer Woche ver-

suchsweise 1 – 2 Tage mit MethylGuard bestreitet). Es geht ihr

aktuell hervorragend! Sie ist top leistungsfähig und schläft

jetzt auch erheblich besser, im Wesentlichen praktisch durch!

(zuvor massiv gestörtes Schlafmuster, allenfalls einzelne Stun-

den am Stück geschlafen, sonst war sie die meiste Zeit wach).

Außerdem wurde versucht, das etwas einseitige Ernährungs-

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13

landscape of human dendritic cells. Genome Research

2015; DOI: 10.1101/gr.192005.115

6. Macis D et al: Methylenetetrahydroflatreductase (MTH-

FR) and Breast Cancer Risk: a nested-case-contol-study

and a pooled metaanalysis. Breast Cancer Res Treat DOI

10.1007/s10549-006-9491-6

7. Skibola CFet al: Polymorphisms in the methylenetetrahy-

drofolate reductase gene are associated with susceptibi-

lity to acute leukemia in adults. Proc Natl Acad Sci USA

1999; 96(22):12810–12815

8. Fonk, I: Krankheit ist meßbar - auch wenn das Labor

schweigt. AKSE-Verlag 2011

9. http://www.jillcarnahan.com/2013/10/05/whats-the-big-

deal-about-methylation-update-of-the-popular-mthfr-

blog-post/

10. Troen A et al: Unmetabolized Folic Acid in Plasma Is

Associated with Reduced Natural Killer Cell Cytotoxicity

among Postmenopausal Women. J. Nutr. 2006; 136:

189-194

11. Smith DE et al: Folic acid supplementationdoes not redu-

ce intracellular homocystein, and may disturb intracellu-

lar one-carbon metabolism. Clin Chem Lab Med 2013;

51 (8): 1643-50

12. http://www.mthfr.net/methylfolate-side-ef-

fects/2012/03/01/

InteressenkonfliktDer Autor erklärt, dass bei der Verfassung des Artikels keiner-

lei Interessenkonflikt besteht.

Nützliche Adressen• Gen-Analyse

• Stuhldiagnostik

Literatur1. Maron BA, Loscalzo J: The treatment of hyperhomocy-

steinemia. Annu Rev Med 2009; 60: 39-54

2. Wilchen B et al: Geographical and ethnic variation of the

677C>T allele of 5,10 methylenetetrahydrofolate reduc-

tase (MTHFR): findings from over 7000 newborns from

16 areas world wide. J Med Genet 2003; 40: 619-625

3. Ueland et al: Biological and clinical implications of the

MTHFR C677T polymorphism. Cell 2001;22: 195–201

4. Kondilis-Mangum HD and Wade PA: Epigenentics and

the adaptive Immune response Mol Aspects Med 2013

Jul-Aug; 34 (4) 813-825)

5. Pacis A et.al.: Bacterial infection remodels the epigenetic

Autorenkontakt:Christoph KluteArzt für Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie, Umweltmedizin (EUROPAEM), DIBAK | Praxis für Anästhesie und SchmerztherapieHohenzollernring 59 · 48145 MünsterE-Mail: [email protected]

verhalten zu optimieren. Magnesium nimmt sie weiter, Zink

immer wieder mal. Bei dem guten Befinden der jungen Dame

könnte man demnächst tatsächlich auch einen Auslassver-

such wagen, bevor man in die Planung der Dauertherapie

einsteigt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie ihre

Stressoren gut im Griff hat, d.h.:

• Schadstoffarme vollwertige Ernährung, wenig Weizen /

Gluten, keine Kuhmilch

• Vermeidung mentaler Stressoren

• Guter Mineralstoffstatus und ausreichende Versorgung mit

B12, B2 und B6.

• Keine Xenobiotika (von Metallen über Tattoos, Acrylate in

Zähnen und Fingernägeln bis hin zur Pille).

Dann käme der Versuch der bedarfsadaptierten Einnahme

von 5-MTHF, also nur für einige Tage bei Phasen deutlich

erhöhten Stresses – oder Versuch der schrittweisen MTHF-

Reduktion und Umstellung auf Methyl-Guard (Therapiemp-

fehlungen nach Dr. Lynch s. o.).

FazitDie Entdeckung der Methylierungsstörung bei der jun-

gen Patientin im Kontext der Applied Kinesiology mit

entsprechender Behandlung hat zu einer erstaunlichen

dramatischen Verbesserung und Auflösung vorab beste-

hender vielfältiger und belastender Symptome geführt.

Die Funktion und die möglichen Störungen von wich-

tigen grundlegenden Stoffwechselkreisläufen wie den

der Methylierung sollte allen Therapeuten, die chro-

nisch und multimorbide erkrankte Patienten behandeln,

bekannt sein.

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Zusammenfassung

HintergrundEs ist bis heute nicht geklärt, welche neuromuskuläre Funk-

tion der Manuelle Muskeltest nach Goodheart (MMT) über-

prüft. Die vorliegende Studie versucht, sich dem Thema aus

biomechanischer Sicht zu nähern.

MethodeEs wurden n=11 Patienten während des MMT der Hüftbeuger

im „schwachen“ sowie „starken“ Zustand gemessen. Erfasst

wurden die zwischen Untersucher und Proband wirkende

Kraft (Reaktionskraft) und die Winkelstellung des Oberschen-

kels im Zeitverlauf. In Abhängig vom Muskelzustand wurden

verschiedene Kraftparameter ermittelt. Die statistischen Ver-

gleiche zwischen „schwach“ vs. „stark“ wurden mittels t-

Test für abhängige Stichproben durchgeführt.

ErgebnisseDie maximale Reaktionskraft ist im „schwachen“ Zustand

um 7.5 % höher als im „starken“ (p = .019). Die Kraft zu

Beginn des Nachgebens im Gelenk (Muskel beginnt sich zu

verlängern) liegt im „schwachen“ Status um 14.7 % nied-

riger als die maximale Reaktionskraft im „starken“ Zustand

(p = .017).

DiskussionIm „starken“ Zustand behält der Muskel seine Länge im

Kraftanstieg bei. Demgegenüber steigert der „schwache“

Muskel während des MMT seine Kraft weiter, obwohl er in

seiner Länge bereits nachgibt! Er beginnt also weit vor Er-

reichen seiner maximalen Kraft nachzugeben. Dies ließe sich

durch eine Störung der Längen-Spannungs-Regulation erklä-

ren, die auf spinaler und supraspinaler Ebene ablaufen könn-

te. Methodenkritische Aspekte werden diskutiert – weitere

Forschungen erfordern aufgrund der Subjektivität der hier

durchgeführten manuellen Prüfungen den Einsatz objektiver

technischer Messverfahren. Hierüber wird an anderer Stelle

berichtet werden.

Was erfasst der Manuelle Muskeltest nach Goodheart?VON FRANK BITTMANN UND LAURA SCHAEFER

Schlüsselwörter Manueller Muskeltest; Kraftmessung; Applied Kinesiology;

George Goodheart; Spannungs-Längen-Regulation; Senso-

motorik

What is detected by the Manual Muscle Test according to Goodheart?

Abstract

BackgroundIt is not clear yet, which neuromuscular function the manu-

al muscle test by Goodheart (MMT) examines. The present

investigation is an attempt of approaching this topic from a

biomechanical view point.

MethodsN = 11 patients were measured during the MMT of the hip

flexors under “weak” and “strong” conditions. Thereby, the

force between the examiner and the subject (reaction force)

and the angle of the femur were recorded in the course of

time. Different force parameters were identified depending

on the condition of the muscle. Statistical comparisons be-

tween “weak” and “strong” were done by the paired t-test.

ResultsTThe maximal reaction force under “weak” conditions is

7.5 % higher compared to the “strong” one (p = .019). The

force at the beginning of yielding (muscle begins to lengthen)

during “weak” conditions is 14.7 % lower than the maximal

reaction force during “strong” conditions (p = .017).

DiscussionUnder “strong” conditions the muscle maintains its length

during the force rising. In contrast the “weak” muscle in-

creases its force further on, although it yields with regard to

its length! Thus, the “weak” muscle begins to lengthen long

before it reaches its maximal force. This could be explained

by a disturbance of the length-tension-regulation, which may

occur on spinal and supraspinal level. Aspects of method-

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15

ological critique are discussed. Due to the subjectivity of the

here performed manual testing, further investigations require

the use of objective technical measuring methods. This will

be reported elsewhere.

Key WordsManual Muscle Test; force measurement; Applied Kinesiolo-

gy; George Goodheart; length-tension-regulation; sensorim-

otor function

1. Einleitung

1.1 VorbemerkungAuch 53 Jahre nachdem George Goodheart damit begann

die Applied Kinesiology (AK) zu entwickeln, müssen wir kon-

statieren, dass deren zentrales Werkzeug, der Manuelle Mus-

keltest (MMT), noch nicht befriedigend erklärt, geschweige

denn überzeugend wissenschaftlich evaluiert ist. Um den in

der Praxis bewährten Test in einer individualisierten Medizin

weiter zu etablieren, wird seine wissenschaftliche Anerken-

nung nötig sein. Wir möchten an dieser Stelle von Zeit zu Zeit

Ansätze zum Verständnis des Muskeltests darlegen und zur

Diskussion stellen.

1.2 Theoretische ÜberlegungenWas testet der Manuelle Muskeltest?Wir stützen unser Urteil über das Testergebnis auf ein Ge-

fühl, das wir während des Tests als Untersucher haben. Gibt

der Muskel während des Kraftaufbaus nach, so fühlt es

sich „schwach“ an, hält der Proband der Kraft stand, dann

„stark“. Testen wir also Muskelkraft?

Bis heute ist nicht klar definiert, welche Funktion der MMT

überprüft. Befriedigende Antworten liefern auch die Lehrbü-

cher nicht. Robert Frost (2002, S. 7) versucht eine Übersicht

der verwendeten Termini verschiedener Autoren:

Weak Testing: Schwach, Weak, Under-Facilitated, Hy-poreaktive, Unlocked, FlaccidNormotonic: Normoton, Strong, Normal-Facilitated, Nor-moreaktive, Locked, Homeostasis

Möglicherweise kommt David S. Walther dem Wesen des

Tests am nächsten, wenn er ausführt:

„Most muscle tests done in applied kinesiology do not eval-

uate the power a muscle can produce; rather, they evaluate

how the nervous system controls muscle function. … The

terms „conditionally facilitated“ and „conditionally inhibited“

are more descriptive than strong and weak, respectively.“

Allerdings bleibt auch Walther die Erklärung schuldig, was

genau er mit Kontrolle der Muskelfunktion durch das Nerven-

system meint. Für einen wissenschaftlichen Zugang braucht

es objektivierbare Parameter. Welches also könnten diese

(messbaren) Parameter sein, mit denen der Muskeltest be-

schrieben werden kann? Aus biomechanischer Sicht sind dies

der dynamische Parameter Kraft – exakter die Reaktionskraft

zwischen Tester und Proband – und kinematische Parameter,

die die Bewegung der getesteten Extremität im Raum kenn-

zeichnen (wie Winkel oder Raumkoordinaten).

Um den Test hinreichend zu beschreiben, ist es also erfor-

derlich, gleichzeitig die Reaktionskraft UND die Stellung/

Bewegung der getesteten Extremität während des MMTs zu

erfassen (etwa durch Goniometrie oder andere kinematische

Verfahren).

Der MMT aus Sicht der MechanikVorbemerkung: Es ist wichtig die beiden Bedeutungen des

Begriffs „Kraft“ im Folgenden sauber auseinander zu halten.

Wir behandeln einerseits die Kraft als messbare physikalische

Größe (hier v.a. in der Form der Reaktionskraft), andererseits

als physiologische Funktion des Nerv-Muskel-Systems (z.B.

konzentrische oder isometrische Kraft). Um Rückschlüsse

auf die physiologische Kraft zu ziehen, bedienen wir uns der

Messung der physikalischen Größe Kraft.

In diesem Sinne ist unter Reaktionskraft nicht die Kraft zu

verstehen, mit der der Patient auf die vom Untersucher appli-

zierte Kraft aktiv reagiert. Sie ist ein Terminus der klassischen

Newtonschen Mechanik. Reaktionskräfte entstehen immer

zwischen zwei Körpern, die in irgendeiner Form mechanisch

aufeinander einwirken. Entsprechend dem 3. Newtonschen

Axiom entsteht eine Reaktionskraft dadurch, dass der vom

einen Körper ausgehenden Kraft IMMER eine GLEICH GROßE

Kraft vom anderen Körper entgegengesetzt wird. Diese Reak-

tionskraft kann man ZWISCHEN den beiden Körpern messen.

So wirkt beispielsweise der Gewichtskraft eines stehenden

Menschen eine genau gleich große Kraft vom Boden ausge-

hend auf ihn zurück. Das verhindert sein Einsinken in den

Untergrund. Die Reaktionskraft kann man in diesem Fall mit

einer Personenwaage messen.

Das Gleiche passiert beim Muskeltest zwischen den beiden

beteiligten Personen. Der Kraft des Untersuchers gibt der Pa-

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tient immer die genau gleiche Kraft zurück. Aber wie kann

es bei schwachem Muskel dann zu einer Bewegung kom-

men? Ist es nicht so, dass die Kraft des Untersuchers dann

größer ist?

Zum besseren Verständnis stelle man sich vor, der Muskeltest

für die hüftbeugende Muskulatur würde auf einem See aus-

geführt. Der Untersucher stände dabei auf einem Boot, der

Patient läge auf einem anderen auf dem Rücken. Die Ausfüh-

rung des Muskeltests würde dann bewirken, dass beide Boo-

te mit genau gleichem Impuls in entgegengesetzter Richtung

beschleunigt werden und sich voneinander entfernen. Sie

beide unterliegen der einen (und damit in beiden Richtungen

gleich großen) Kraft, der Reaktionskraft.

Den realen Muskeltest der Hüftbeuger (v. a. M. rectus femo-

ris) können wir nur durchführen, wenn beide Partner eine

stabile Verbindung zum Untergrund haben, der Untersucher

über seine Füße, der Patient über die (möglichst rutschfes-

te) Liege. (Sicher haben die meisten Untersucher schon die

Erfahrung gemacht, dass der Test auf glattem Untergrund

schwierig wird.) So entsteht ein in sich geschlossener Kreis

aus kraftübertragenden Gliedern: Untersucher-Patient-Lie-ge-Boden-Untersucher. Die im System anliegende Kraft ist

überall gleich, auch an der Kontaktstelle zwischen Tester und

Proband. (Tests bei denen der Kraftschluss nicht gegen den

Boden sondern gegen die fixierende Hand erfolgt, wie etwa

beim Test des M. pectoralis pars clavicularis, funktionieren

analog. Allerdings wird hier die kraftübertragende Kette nur

durch die beiden beteiligten Partner gebildet, Boden und Lie-

ge sind hier nicht mit integriert.)

Sofern der Kraftfluss innerhalb dieser gemeinsam gebildeten

geschlossenen Struktur über alle Teilglieder übertragen wer-

den kann, bleibt sie stabil. Schafft es ein Muskel nicht, die

Kraft zu übertragen, gibt das System an dieser Stelle in sich

nach. Die Tests sind so gestaltet, dass der Testmuskel dieses

potenziell schwächste Kettenglied ist.

Mit dem Test wird also die Stabilität des gebildeten Gesamt-

systems geprüft. Der Moment des Nachgebens markiert die

innere Kraft im System, bei der das schwächste Glied der Ket-

te nicht mehr halten kann.

Die Reaktionskraft, die man in jedem Fall zwischen beiden

Beteiligten messen kann, gibt die innere Spannung des Ge-

samtsystems wider.

Zwischenfazit: Die entscheidende Frage für die mecha-nische Analyse lautet also NICHT: Wer hat mehr Kraft?Sondern: Bei welcher Kraft im System beginnt das schwächste Glied – der Testmuskel – nachzugeben?

Welche Form der physiologischen Kraft ist ent-scheidend für das Ergebnis des MMT? Wenngleich es weitgehend Einigkeit darüber gibt, dass mit

dem MMT nicht primär die Muskelkraft geprüft wird, so

funktioniert er doch über Kraftwirkungen. Wie lässt sich da-

bei die Funktion des getesteten Muskels am besten beschrei-

ben? Was führt dazu, dass er an einem bestimmten Punkt

beginnt nachzugeben? Erst wenn klar ist, welche spezifische

Muskelaktivität hier vorliegt, kann das richtige Verfahren zur

Objektivierung gewählt werden.

Die Bewegungswissenschaft unterscheidet verschiedene

Kraftformen. Wenn diese erfasst werden, geht es meist um

deren Maximum, also Maximalkraft.

Da wäre die statische/isometrische Maximalkraft. Die ein-

fachste Möglichkeit, diese zu messen, besteht darin, dass

man gegen einen unbeweglichen stabilen Widerstand drückt.

Tut man dies über einen Kraftsensor, so erhält man die isome-

trische Maximalkraft. (Es gäbe auch die Möglichkeit, gegen

sich selbst zu drücken, etwa wenn man die Handflächen vor

dem Brustkorb gegeneinander presst. Ein Kraftsensor zwi-

schen den Handflächen lieferte die maximale isometrische

Reaktionskraft).

Hiervon zu unterscheiden ist die dynamische Maximalkraft, die

in Bewegung auftritt. Da sie von der Geschwindigkeit abhängt,

mit der man sich bewegt, muss letztere bei Messungen stan-

dardisiert – also immer gleich und möglichst konstant – sein.

Das leisten isokinetische Messsysteme. Um die konzentrische

Form der dynamischen Maximalkraft zu messen, drückt der

Proband mit maximaler Kraft gegen den Hebel der Maschine,

welcher dadurch nachgibt, allerdings mit gleichbleibender Ge-

schwindigkeit. Je mehr er den Hebel beschleunigen will, desto

größer wird der Widerstand der Maschine, die Reaktionskraft

zwischen Proband und Gerät steigt.

Beide Formen spiegeln nicht das wider, was der getestete

Muskel beim MMT leisten muss. Weder arbeitet er konzent-

risch (überwindend), noch drückt er mit aller Kraft gegen ei-

nen unbeweglichen Widerpart. Würden beide mit aller Kraft

gegeneinander drücken, hätten wir einen Maximalkrafttest,

etwa wie beim volkstümlichen Armdrücken.

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Wesentlich für den MMT scheint zu sein, dass der Untersu-

cher den Kraftverlauf bestimmt (abgesehen von der initialen

Phase bei einem möglichen patientengestarteten Test). Er

steigert die Kraft im gemeinsamen System, während der Pati-

ent sich in einer permanenten Folgeregelung daran anpassen

muss. Dieses Adaptieren ist vor allem eine sensomotorische

Leistung, denn die steigende Kraft und minimale Gelenkwin-

keländerungen müssen vorwiegend propriozeptiv detektiert

und an die Regelzentren gesendet werden, wo schnell und

korrekt die Spannungserhöhung in der Muskelkette veran-

lasst wird. Vermutlich meint Walther diese Prozesse mit seiner

o. g. Definition des MMTss: „…evaluate how the nervous sys-

tem controls muscle function“.

Im Rahmen dieser Rollenverteilung scheint es also so zu sein,

dass der Testende gegen den Patienten drückt und dieser

– adaptierend – dagegen hält. Aber macht das einen Un-

terschied? Die Diskussion darüber, ob es einen Unterschied

zwischen Halten oder Drücken gibt, ist schon älter. Während

einige Studien keine Differenzen bzgl. elektrophysiologischer

Parameter (EMG) fanden [Garner et al., 2008; Semmler et al.,

2002], wiesen andere Untersuchungen auf einen möglichen

Unterschied von EMG-Parametern unter Kraftausdauerbelas-

tungen hin. [Hunter et al.; Rudroff et al. 2007; Rudroff et al.

2011; Rudroff et al. 2013]. Schaefer (2014) und Schaefer &

Bittmann (2017) legten Ergebnisse vor, die nahelegen, dass es

sich dabei doch um unterschiedliche sensomotorische Leistun-

gen handeln könnte. Sie zeigten, dass man – bei identischer

Kraft – wesentlich länger drücken als halten kann, was auf

differente neurologische, motivationale oder Stoffwechsel-

prozesse zurückgeführt werden könnte.

Könnte man sich also an den MMT annähern, indem man

nicht die drückende Funktion misst, sondern die haltende Kraft? Isokinetische Systeme lassen auch das zu. Der Proband

versucht dabei, den Hebelarm der Maschine, der sich unauf-

haltsam und gleichmäßig (isokinetisch) bewegt, mit aller Kraft

aufzuhalten. Es handelt sich hier um eine Zwangssteuerung

(Desmodromik). Die Maschine diktiert die Bewegung – unab-

änderlich. Dabei misst sie den größtmöglichen Widerstand,

den der Proband entgegensetzen kann, also die maximale ex-

zentrische Kraft.

Ist es das, was den MMT ausmacht? Fühlen wir beim Test den

Widerstand des Patienten während des Nachgebens? Eher

nicht. Versierte Tester beenden den Test oft schon, sobald sie

merken, dass der Muskel beginnt nachzugeben. Die nachge-

bende Phase wird häufig nicht mehr vollständig ausgeführt.

Zudem gibt es bislang auch keinen Nachweis des Unterschie-

des zwischen „starken“ und „schwachen“ Muskeln über die

Messung der maximalen isokinetischen exzentrischen Kraft.

Bliebe noch die Möglichkeit, die statische Haltekraft zu mes-

sen. Ein diesbezügliches Messsystem ist den Autoren nicht

bekannt, aber man könnte z. B. ein Gewicht halten. Dieses

übt eine gleichmäßige vertikale Kraft aus, gegen die man

gegenhalten kann. Hier ist die Bewegungsgeschwindigkeit

konstant, nämlich Null (isometrisch). Aber auch die Kraft ist

konstant (isotonisch). Auf diese Weise ist messbar, wie lange

ein Proband die gegebene Last halten kann (statische Kraft-

ausdauer). Aber auch das ist nicht vergleichbar mit dem MMT.

Wie also kann man mit einer solchen unveränderlichen Last

die maximale haltende Kraft ermitteln? Man könnte Schritt

für Schritt das Gewicht erhöhen, bis eine Last erreicht ist, die

der Proband nicht mehr halten kann. Machbar – aber ein auf-

wändiges Unterfangen. Und es ist einzuwenden, dass auch

ein solcher Ablauf dem MMT nicht gerecht wird, da bei letzte-

rem die Kraft nicht stufenweise, sondern kontinuierlich steigt.

Dem Muskeltest am nächsten käme es also, wenn inner-halb einer kraftübertragenden Kette durch eine Maschi-ne eine stetig steigende Kraft generiert würde, gegen die der Proband hält. Das Gerät darf dabei jedoch keine desmodromische Zwangsbewegung erzeugen, wie es das isokinetische System tut. Erst wenn die maximale Halte-fähigkeit des Testmuskels überschritten wird, geht dieser von der isometrischen in die exzentrische Funktion über. Erst dann kommt es zu einer Bewegung innerhalb des Gesamtsystems.

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Eine Versuchsanordnung, die die haltende Funktion

prüft, könnte wie folgt aussehen: Man stelle sich einen

großen, aber leeren, eimerartigen Behälter vor, den ein

stehender Proband mit einer Hand und gebeugtem Ell-

bogen vor sich hält. Der Behälter wird dann gleichmäßig

aber zügig mit Wasser (oder Sand) gefüllt, so dass er kon-

tinuierlich schwerer wird. Der Proband passt seine Kraft

an das zunehmende Gewicht an und hält es so lange,

bis seine maximale isometrische Haltekraft erreicht wird.

Überschreitet das immer schwerer werdende Gewicht

diese Grenze, wird der Proband beginnen, im Gelenk

nachzugeben. Die Last, bei der dieser Übergang erfolgt,

markiert die maximale isometrische Haltekraft. Auch

während des Nachgebens versucht der Proband immer

weiter, der schwerer werdenden Last einen höchstmögli-

chen Widerstand entgegen zu setzen. Er wird seine Kraft

dabei weiter steigern, obwohl sein Arm im Ellbogen

nachgibt. Irgendwann wird seine maximale exzentrische

Kraft erreicht sein, die überhaupt höchste Kraft, die er in

diesem Setting erzeugen kann. Erst danach erfolgen der

Krafteinbruch und das Absetzen des Gefäßes.

Versuche, während des MMT die Kraft zu messen, gab es

häufig [Bohannon, 2001; Perossa et al.,1998]. Allerdings

führten diese bislang auf Grund mangelnder Objektivität

oder anderer messmethodischer Einschränkungen nicht zur

Anerkennung des Tests.

Möglicherweise käme es dem MMT am nächsten, den be-

schriebenen Übergang von isometrisch haltender in die exzentrische Muskelarbeit im Moment des beginnenden Nachgebens im Gelenk (max. isometrische Haltekraft) zu

erfassen. Keines der bislang etablierten Kraftmessverfahren

leistet das. Es ist also die Frage zu stellen, ob die bisher ange-

wandten Kraftmessverfahren überhaupt für diese Fragestel-

lung valide sind.

1.3 FragestellungDa kein geeignetes Messsystem zur Verfügung stand, behal-

fen wir uns in einem ersten Schritt damit, den Verlauf des

manuell ausgeführten Muskeltests selbst – soweit möglich

– zu objektivieren. Es ging also zunächst um die Fragestel-

lung: Wie verhalten sich die Reaktionskraft (gemessen zwi-

schen Tester und Proband) sowie die Position der getesteten

Extremität während des MMT nach Goodheart? Dies schließt

die Frage mit ein, wie sich die beiden Parameter in Relation

zueinander verhalten.

2. Methodik

2.1 ProbandenUntersucht wurden n = 11 Patienten (m = 4, w = 7) der eige-

nen Naturheilpraxis für Integrative Medizin in Potsdam zu

Beginn der Betreuung und nach erfolgreicher Behandlung.

Diese waren im Mittel 46 Jahre alt (± 14,75). Die Patienten

wurden nicht nach Indikationen, sondern rein nach Muskel-

zustand („stark“ bzw. „schwach“) ausgewählt.

2.2 DesignDie Messung ein und derselben Muskelgruppe (Hüftbeuger)

des gleichen Probanden erfolgte im Vergleich von „star-

kem“ zu „schwachem“ Zustand. Der Status „schwach“

wurde i. d. R. während der Eingangsmessung vor Behand-

lung vorgefunden, der Status „stark“ nach erfolgreicher

Behandlung innerhalb des gleichen Termins. Es liegt also

ein Längsschnittvergleich im Eingruppendesign vor. Da kei-

ne klinische Studie vorliegt, war eine Kontrollgruppe nicht

erforderlich. Es erfolgten weder eine zusätzliche Testung

noch eine gesonderte Behandlung im Rahmen dieser Stu-

Abb. 1: Messsetting beim MMT der Hüftbeugemuskulatur. Zwischen Testhand und Oberschenkel erkennbar: Kraftsensor mit aufgebrachtem Beschleuni-gungssensor.

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die. Sie war in die ohnehin laufende Behandlung eingebun-

den und erfolgte natürlich nur mit ausdrücklicher Zustim-

mung des Patienten.

2.2.1 Messsetting und -technikAbb. 1 gibt die grundsätzliche Messanordnung wieder. Die

Reaktionskraft zwischen Tester und Patient wurde durch

einen Kraftsensor (DMS-Technik) erfasst, der zwischen

zwei handgearbeiteten Kunststoffschalen (zugelassenes

Orthopädie-Material) fixiert war. Auf dem Kraftsensor war

zusätzlich ein Beschleunigungssensor angebracht, um den

Winkel des Beins indirekt über die Neigung des Sensors zu

erfassen (beide Sensoren incl. Vorverstärker Fa. biovision).

Die analogen Signale wurden über einen A/D-Wandler (Na-

tional Instruments, 14 Bit) digitalisiert (Abtastrate 1000 Hz)

und über die Messsoftware DIAdem (National Instruments,

Version 10.2) aufgenommen, anschließend bearbeitet und

ausgewertet.

2.2.2 MessprozedereDie Reaktionskraft sowie der Winkel wurden während

des MMT des Hüftbeugers (M. rectus femoris) aufgenom-

men. Tester war immer der Erstautor des Beitrags, um eine

hohe Reproduzierbarkeit zu erreichen. Der Test erfolgte

so, dass der Patient „halten“ sollte, während der Tester

eine kontinuierlich steigende Kraft auf den Oberschenkel

des Patienten applizierte. Die Messungen in beiden Zu-

ständen („schwach“ vs. „stark“) erfolgten innerhalb ei-

nes Behandlungstermins.

Nach jeweils einer Probe-

messung (zur Gewöhnung)

wurden n = 10 Probanden

jeweils 3-mal im „schwa-

chen“ Zustand und nach

der Behandlung im „star-

ken“ Zustand gemessen

(nur klare Testaussagen!).

In einem Fall wurde zu-

erst zweimal „stark“, an-

schließend zweimal unter

durch Therapielokalisation

(diagnostisches Berühren

einer potenziell gestörten

Körperregion während des

Muskeltests) erzeugtem

„schwachen“ Zustand ge-

messen.

2.5 AuswertungAusgewertet wurden die Daten desselben Muskels eines Pa-

tienten im Vergleich zwischen „schwach“ getestetem und

„stark“ getestetem Zustand. Die Daten wurden zunächst mit-

tels der Software DIAdem 10.2 (National Instruments) gefiltert

(Butterworth, Grenzfrequenz 1, Filtergrad 2). Anschließend

wurden die maximale Reaktionskraft sowie die Reaktionskraft

und Winkelstellung zum Zeitpunkt des Übergangs von der

isometrischen in die exzentrische Phase des Tests extrahiert.

Diese drei Parameter wurden in zwei Gruppen („schwach“

bzw. „stark“) eingeteilt und miteinander verglichen. Da der

Kolmogorov-Smirnoff-Test zur Überprüfung der Normalver-

teilung bei allen Gruppen positiv ausfiel, wurde zum Grup-

penvergleich der t-Test für abhängige Stichproben mit einem

Signifikanzniveau von a = .05 gewählt. Das Äquivalent der

von den Sensoren gelieferten elektrischen Spannung für alle

Kraft- bzw. Beschleunigungswerte wird in [V] angegeben, da

aufgrund des intraindividuellen Vergleichs eine Umrechnung

in N bzw. Nm sowie ° nicht erforderlich war. Bei n = 2 Proban-

den fehlte der Beschleunigungssensor, daher ist die Betrach-

tung der Kraft im Moment des Nachgebens (sichtbar anhand

Winkel) nur bei n = 9 Probanden möglich.

3. Ergebnisse und InterpretationAbb. 2 zeigt den zeitlichen Verlauf der Reaktionskraft von

jeweils drei Messungen der gleichen Probandin im Vergleich

von „starkem“ (blau) vs. „schwachem“ (rot) Muskel. Die

manuell erzeugten Kraftanstiege erscheinen ähnlich und da-

Abb. 2: Verlauf der Reaktionskraft desselben Muskels eines Probanden bei jeweils drei MMTs im Vergleich von „schwachem“ (rot) und „starkem“ (blau) Status.

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mit vergleichbar. Allerdings

zeigen sich im Anstieg der

roten Kurven („schwach“)

bereits sehr früh Diskontinu-

itäten im Sinne eines Nach-

gebens. Typisch für den

„starken“ Zustand (blau)

ist ein Kraftplateau, das für

eine bessere Auswertbarkeit

hier im Test bewusst etwas

verlängert wurde. Während

dieses Plateaus haben Tes-

ter und Proband das Gefühl

von Kraft und Stabilität. Im

„schwachen“ Status (rot)

gibt es kein Plateau, dafür

aber einen erhöhten Spit-

zenwert. Die Reaktionskraft

steigt über das Niveau des

Tests im „starken“ Status,

um aber direkt nach Errei-

chen dieses Maximums mit

einem steilen Abfall zu-

sammenzubrechen. Dieses

Verhalten überrascht zu-

nächst, passt es doch nicht

zum Testgefühl bei einem

„schwachen“ Muskel. Bei

diesem Verhalten handelt

es sich jedoch nicht um ei-

nen Einzelfall, sondern fin-

det sich bei 10 der n = 11

Probanden wieder (Abb. 3).

Im Durchschnitt der Grup-

pe ist die maximal erreich-

te Reaktionskraft „schwa-

cher“ Muskeln 7,5 % und

signifikant höher als das

Maximum derselben Mus-

keln im „starken“ Zustand

(p = .019).

Methodenkritisch muss man einwenden, dass dieses Ver-

halten vom Tester auch subjektiv herbeigeführt worden

sein könnte, indem er in dem einen Fall stärker drückte als

in dem anderen und der Zusammenbruch der Kraft logische

Folge dieser höheren Belastung gewesen sein könnte, der

Testmuskel also deshalb nachgab. Eine andere Erklärung

könnte darin liegen, dass nicht das Patientenbein nachgab,

sondern der Tester nach Erreichen des Maximums aufge-

hört haben könnte zu drücken, eventuell unbewusst. Auch

dann würde die Reaktionskraft zusammenbrechen. Schließ-

lich hätte auch die Anstiegsdynamik der Testerkraft doch

unterschiedlich sein und somit den Test beeinflussen kön-

Abb. 3: Werte der Reaktionskraft [V] aller n = 11 Patienten im Vergleich „schwach“ (orange) vs. „stark“ (blau).

Abb. 4: Verlauf von Winkel (grün) und Reaktionskraft (blau) während eines MMTs im „starken“ Status während eines MMTs im „starken“ Status.

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nen. Der Augenschein der Kraftkurven über die Zeit spricht

zwar nicht dafür, dennoch ist dieser Zusammenhang nicht

vollständig auszuschließen. Klarheit bzgl. dieser angeführ-

ten Kritikpunkte bringt die zusätzliche Betrachtung des

Winkels.

Abb. 5: Verlauf von Winkel (grün) und Reaktionskraft (rot) während eines MMTs im „schwachen“ Status.

Abb. 6: Reaktionskraft [V] von n = 9 Patienten vom Moment des Nachgebens im „schwachen“ Zustand (orange) im Vergleich zur Maximalkraft des Plateaus im „starken“ Zustand (blau).

Abb. 4 stellt das Verhalten

von Kraft (blau) und Win-

kel (grün) des Sensors (resp.

Oberschenkels) über die

Zeit beim Test eines „star-

ken“ Muskels dar. Es ist

ersichtlich, dass der Win-

kel während des Kraftan-

stiegs, des Plateaus und des

Kraftrückgangs am Ende im

Wesentlichen stabil bleibt.

Während des Kraftplateaus

kommt es lediglich zu ei-

nem geringfügigen Nach-

geben, wie man es als Tester

als straffe Federung eines

intakten Muskels kennt. Es

fällt zudem auf, dass die

Variabilität des Winkels un-

ter Belastung eher geringer

ist, das Bein eventuell sogar

stabiler positioniert bleibt.

Das Verhalten des gleichen

Muskels im „schwachen“

Status zeigt Abb. 5. Die ein-

gezeichnete obere Gerade

hilft dabei, den Moment zu

finden, in dem der Winkel

(grün) beginnt, abzufal-

len, das Bein also beginnt

nachzugeben. Die vertikale

Hilfslinie verbindet zu jenem

Wert der Reaktionskraft

(rot), die genau zu diesem

Zeitpunkt anlag. Dieser Wert

markiert die maximale iso-

metrische Haltekraft.

Es wird offensichtlich, dass

die maximale Reaktions-

kraft erst deutlich später,

nämlich erst während der exzentrischen Bewegung er-

reicht wird. Es handelt sich also dort um die exzentrische

Maximalkraft, nicht die maximale isometrische Haltekraft.

Das führt zu folgenden wesentlichen Kernaussagen: Der „schwache“ Muskel steigert seine Kraft weiter, ob-wohl er in seiner Länge bereits nachgibt! Er beginnt

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also weit vor Erreichen seiner maximalen Kraft im Ge-lenk nachzugeben.

Die Kraft zum Zeitpunkt des Übergangs von der isomet-

rischen Stabilität zum exzentrischen Nachgeben kann als

die maximale isometrische Haltekraft angesehen werden.

Aus Sicht der Bewegungswissenschaft ist das beschriebene

Verhalten nicht überraschend, sprechen doch viele Daten

dafür, dass die exzentrische Maximalkraft höher ist als die

isometrische. Entscheidend aber könnte sein, wo genau die

Schwelle des beginnenden Nachgebens liegt und wodurch

sie beeinflussbar ist.

In diesem Zusammenhang ist von Belang, wie sich diese

Schwelle im Verhältnis zum Plateau während des „starken“

Zustands verhält. Abb. 6 stellt das bei den diesbezüglich

auswertbaren n = 9 Probanden dar. Hier zeigt sich, dass ein

„schwacher“ Muskel bei durchschnittlich 87.2 % der Kraft

nachzugeben beginnt, die der gleiche Muskel im „starken“

Status im Kraftplateau entwickelt. Umgekehrt gesehen: Im

„starken“ Status überschreitet ein Muskel die Kraft, bei

der er im „schwachen“ Zustand beginnt nachzugeben, um

14.7 %, ohne aber dabei in der Länge nachzugeben. Diese

Differenz ist trotz der geringen Probandenzahl signifikant

(p = .017).

Da der Muskel im „schwachen“ Status bereits lange vor Er-

reichen seines Kraftmaximums beginnt, in der Länge nachzu-

geben, lässt sich die obige Hypothese eines Loslassens infolge

zu starken Drückens durch den Untersucher nicht mehr hal-

ten. Es ist vielmehr zu fragen, wie es kommt, dass der Muskel

seine Länge nicht mehr stabil halten kann, obgleich die an-

steigende Kraft noch deutlich submaximal ist.

4. Diskussion und FazitEinen möglichen Ansatz zur Erklärung der Ergebnisse

liefern Überlegungen zur Physiologie der Längenregu-

lation des Muskels. Diese erfolgt sowohl spinal als auch

über supraspinale Regelmechanismen und verarbeitet

Signale aus Propriozeption und Extrazeption. Da die

Längenregulation – insb. unter Last – nur über die Ver-

änderung der Muskelspannung erfolgen kann, müssen

hier Längen- und Spannungsregulation Hand in Hand

gehen. Hierfür sind die Informationen aus Muskelspin-

deln (Länge) und Golgi-Sehnenrezeptoren (Spannung)

zu verarbeiten und zueinander in Beziehung zu setzen.

Informationen dieser Propriozeptoren bzgl. der beiden

Parameter Muskellänge und -spannung werden zum

Cerebellum und von dort zum Thalamus gesendet.

Letzterer verarbeitet zahlreiche weitere Afferenzen und

ist über das extrapyramidale System in die motorische

Steuerung und Regulation eingebunden.

Die komplexe Vernetzung der sensomotorischen Steue-

rung und Regelung auf spinaler, zerebellärer und thala-

mischer Ebene eröffnet hypothetisch mannigfache Mög-

lichkeiten der Störung des Länge-Spannungs-Abgleichs

während der Muskelaktion durch andere Afferenzen.

Insbesondere nozizeptive und sympathische Inputs, aber

auch Signale aus dem limbischen System, könnten hier

eine modulierende Wirkung erzeugen. Besonders sen-

sibel scheinen hier statische und vor allem nachgebend

dynamische Aktivitäten zu sein, bei denen kontrollierte

Halteleistungen gefordert sind. Die inzwischen zusam-

mengetragenen Ergebnisse bewegungswissenschaft-

licher Forschung sprechen für komplexere neuronale

Kontrollstrategien bei exzentrischer Muskelaktion im

Vergleich zu Konzentrik [Enoka, 1996; Duchateau & Bau-

dry, 2013] Betrachtet man Verletzungsmechanismen des

Muskel-Skelett-Systems, so sind es fast ausschließlich

bremsende Aktivitäten, bei denen es zu Traumata oder

auch sogenannten Überlastungsschäden kommt. [Kieb

et al., 2010; Fousekis et al., 2011; Witchalls et al., 2011].

Die Erfassung des Übergangs von haltender in nachge-

bende Muskelarbeit könnte einen Zugang zu weiteren Er-

klärungen für den MMT nach Goodheart bieten. Die hier

zu Grunde liegende spezifische Muskelaktivität wurde bis-

lang in der Bewegungswissenschaft nicht beschrieben. Da

dabei die Testperson ihre Kraft permanent an die sich ver-

ändernde äußere Anforderung anpassen muss, haben wir

dafür die Bezeichnung Adaptive Kraft (Adaptive Force) eingeführt [Hoff et al., 2016; Schaefer et al., 2017].

Maßgeblicher methodischer Kritikpunkt bleibt dabei

aber die mangelnde Objektivität und Reproduzierbar-

keit der Testdurchführung, da die Kraftentwicklung sub-

jektiv von Menschenhand vorgenommen wurde. Das

führt zwingend zur Erfordernis einer objektiven Appa-

ratur, die den MMT möglichst genau und reproduzier-

bar nachvollzieht. Ein solches System existierte bislang

nicht. Daher haben wir in den letzten Jahren an der Ent-

wicklung geeigneter Messgeräte gearbeitet. Über diese

und die damit durchgeführten Messungen werden wir

zu einem späteren Zeitpunkt berichten.

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23

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Adaptive Force, a specific neuromuscular function. Eur J

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10. Perossa DR, Dziak M, Vernon HT, Hayashita K. The intra-

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11. Rudroff T, Barry BK, Stone AL, Barry CJ, Enoka RM.

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RM. Muscle activity and time to task failure differ with

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les. J Appl Physiol. 2011;110:125-36.

13. Rudroff T, Kalliokoski KK, Block DE, Gould JR, Klingens-

mith III WC, Enoka RM. PET/CT imaging of age- and

task-associated differences in muscle activity during fati-

guing contractions. J Appl Physiol. 2013;114:1211-19.

Autorenkontakt:Prof. Dr. rer. nat. habil. Frank Bittmann (Kontaktautor)Dr. phil. Laura SchaeferUniversität Potsdam · Department Sport- und Gesundheitswissenschaften Abteilung Regulative Physiologie und PräventionKarl-Liebknecht-Straße 24 – 25 · Haus 24 · 14476 PotsdamE.Mail: [email protected] · [email protected]://www.uni-potsdam.de/regphys/index.htmlhttp://www.integrative-medizin-bittmann.de/http://www.bvfg-potsdam.de/

14. Schaefer L. Synchronisationsphänomene myotendinöser

Oszillationen interagierender neuromuskulärer Systeme –

mit Betrachtung einer Hypothese bezüglich unterschied-

licher Qualitäten isometrischer Muskelaktion. Dissertati-

on Universität Potsdam, 2014. http://opus.kobv.de/ubp/

volltexte/2014/7244/

15. Schaefer LV, Bittmann FN. Are there two forms of iso-

metric muscle action? Results of the experimental study

support a distinction between a holding and a pushing

isometric muscle function. BMC Sports Science, Medici-

ne and Rehabilitation (2017) 9:11 DOI 10.1186/s13102-

017-0075-z

16. Schaefer LV, Hoff M, Bittmann FN. Measuring the Adapti-

ve Force. Eur J Transl Myol 2017: 27 (3): xx1-xx8. (in press)

17. Semmler JG, Kornatz KW, Dinenno DV, Zhou S, Enoka

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lengthening contractions of a hand muscle. Journal of

Physiology.2002;545.2:681-95.

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19. Witchalls J, Blanch P, Waddington G, Adams R. Intrinsic

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Sports Med 2011. doi:10.1136/bjsports-2011-090137

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Zusammenfassung Der Artikel beschreibt einen Fall von chronischen, therapiere-

sistenten Schulterschmerzen, welche mit den Techniken der

Applied Kinesiology diagnostisch sauber analysiert und ent-

sprechend erfolgreich therapiert werden konnten. Dieser Fall

ist beispielhaft für die vielen Fälle, welche mit der evidenzba-

sierten Diagnostik mangels positiver bildgebender Befunde

und fehlender Laborbefunden nicht gelöst und über lange

Zeit, teilweise über Jahre, erfolglos therapiert werden. Die

„mitgebrachten“ Vordiagnosen umfassten in diesem Falle

so unterschiedliche Ätiologien wie chronische Infektion mit

Coxsackie-Virus, Thoracic-Outlet-Syndrom und Wirbelblo-

ckierungen der oberen BWS.

SchlüsselwörterChronischer Schulterschmerz, Applied Kinesiology, Triad of

Health, Dysbiose

Chronic Shoulder Pain, a Case Report

Abstract The article describes a case of chronic shoulder pain, which

had been treated for years without success due to the lack

of evidence based findings: Neither imaging nor laboratory

tests showed any aberration. The previous diagnoses could

not be more divers: Coxsackie virus, thoracic outlet syndro-

me, locked upper thoracic vertebra among others. Applied

Kinesiology techniques offer the tools to resolve these cases.

KeywordsChronic shoulder pain, Applied Kinesiology, triad of health,

dysbiosis

EinleitungVon chronischen Schmerzen spricht man definitionsgemäß,

wenn diese länger als 6 Monate bestehen und ihre Warn-

und Hinweisfunktion verloren haben (5). Die Prävalenz von

Schulterschmerzen liegt in Deutschland bei 30 %, Tendenz

steigend (4). In der Literatur und auch in Internet konnten

keine Angaben gefunden werden, welchen Anteil daran die

Chronische Schmerzen im Schulter-bereich – eine FallbeschreibungVON NICOLA DEWALD

chronischen Schmerzen haben. „Schulterschmerzen“ ist da-

bei ein recht unkonkreter Sammelbegriff. Um genauer zu

differenzieren, muss zwischen den einzelnen Strukturen und

auch den fünf Teilbereichen des Schultergelenks unterschie-

den werden. Die fünf zur Schulter gehörenden Teilgelenke

sind die drei echten Gelenke Glenohumeralgelenk, Akromio-

klavikulargelenk und Sternoklavikulargelenk, sowie das sub-

akromiale Gelenk und das thorakale Gleitlager zwischen Ska-

pula und Thorax. Da die Schulter ein überwiegend muskulär

geführtes Gelenk ist, kommt es bei muskulären Dysbalancen

leicht zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Um

die schmerzunterhaltenden Kreisläufe zu durchbrechen sind,

insbesondere bei länger anhaltenden Schmerzen, intensive,

multimodale Behandlungen erforderlich (7). Im vorliegen-

den Fall wird ein Beispiel beschrieben, in dem die Schmer-

zen bereits seit 6 Jahren bestehen, ohne nachvollziehbaren

Auslöser. Die gängigen Behandlungsmöglichkeiten kamen

zum Einsatz: Spritzen, Osteopathie, Massagen. Ein nachhal-

tiger Erfolg blieb dadurch jedoch aus. Die Herangehensweise

und die ganzheitliche Denkweise in der AK ermöglichen in

solchen Fällen – trotz der scheinbar festgefahrenen Situation

– einen neuen, multimodalen Ansatz zu finden und ein sehr

konkretes Bild von der Problematik zu bekommen.

FallbeschreibungPatient: männlich, 28 Jahre alt, Sozialarbeiter (Betreuung

straffälliger Jugendlicher)

AnamneseDie seit ca. 6 Jahren persistierenden Schmerzen im linken

Schulter-Nacken-Bereich beziffert der Patient zu Behand-

lungsbeginn mit 8 Punkten auf der VAS. Die Schmerzlokali-

sation ist relativ diffus, kann aber auf den Bereich der schul-

terblattstabilisierenden Muskeln Mm. rhomboidei, M. levator

scapulae und M. trapezius pars descendens eingegrenzt wer-

den. Von Zeit zu Zeit strahlen die Schmerzen in den Arm aus.

Der Patient ist sportlich, normalgewichtig und lebt gesund-

heitsbewusst. In seiner Ernährung verzichtet er weitgehend

auf Weizen, Schweinefleisch, Kristallzucker und Milch. Pha-

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senweise gelingt ihm das allerdings nicht. Die Familiensitua-

tion ist psychisch belastend, da der Patient mit seinem Vater

zerstritten ist, aber beide Tür an Tür leben. Er ist seit vielen

Jahren in einer festen Beziehung.

Neben den relativ diffusen Beschwerden im Schulter-Na-

cken-Bereich klagt der Patient über sehr häufig auftreten-

de Nasennebenhöhlen-Entzündungen. Des Weiteren hat er

manchmal Bauchschmerzen, die mit Blähungen verbunden

sind. Alle Weisheitszähne wurden entfernt. Es sind und wa-

ren keine Amalgamfüllungen im Mund. Der Patient gibt ein

massives, aber schmerzloses Kieferknacken bei Mundöffnung

an. Vor ca. 2 Jahren hatte der Patient nach einer Asienreise

eine Streptokokken- Infektion, die durch das Tropeninstitut

in München diagnostiziert und behandelt worden war. Dabei

traten nach einer akuten Phase mit hohem Fieber (noch im

Urlaub) eitrig entzündete Hautulzerationen im Unterschen-

kelbereich auf. Vor ca. 10 Jahren erlitt der Patient einen Leis-

tenbruch beim Fußballspielen. Ansonsten gibt der Patient

keine Verletzungen, OPs und Vorerkrankungen an.

Körperliche UntersuchungBei der Inspektion im Stand ist eine vermehrte HWS-Lordose

sichtbar. Der Angulus inferior der Skapula der betroffenen

linken Seite steht etwas mehr ab als auf der Gegenseite. Die

Statik der Beine ist ohne Befund. Die Palpation zeigt einen

palpationsschmerzhaften, erhöhten Tonus im Bereich von

Mm. rhomboidei, M. levator scapulae, M. trapezius pars

descendens der betroffenen linken Seite. Myofasziale Trig-

gerpunkte sind zu palpieren. Im Rahmen der Funktionsun-

tersuchung lässt sich kein Seitenunterschied in der Beweg-

lichkeit (Range of Motion) von Schulter und HWS feststellen.

Bei Mundöffnung findet eine Laterotrusion des Kiefergelenks

nach links statt. Ein Knacken ist deutlich zu spüren und zu

hören, im M. masseter und M. temporalis lässt sich ein erhöh-

ter Tonus palpieren.

Orthomolekular-Medizin, Nahrungsergänzungen, Homöopathie,

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AK-Befund1. Termin: 14.10.16Der Patient zeigt eine generalisierte Hyperreaktion. Die

beidhändige TL zu je einer Körperhälfte ist positiv. Die ge-

neralisierte Hyperreaktion lässt sich durch die atemgestützte

Mobilisation von sphenobasilärer Synchondrose und Sakrum

beheben („Globalmobilisation des kraniosakralen Systems“)

(1). Bei der weiteren Testung ist der linke M. tensor fasciae

latae (TFL) nicht autogen fazilitierbar, was auf eine Injury-Lä-

sion hindeutet. Als Injury-Region wird der in der Anamnese

erwähnte Leistenbruch links gefunden und gemäß dem er-

weiterten Injury-Protokoll behandelt (1).

2. Termin: 28.10.16Der Patient gibt keine deutliche Verbesserung in der Häu-

figkeit der Schmerzen an, jedoch sind sie etwas weniger

intensiv. Die Überprüfung der Befunde vom letzten Termin

ergibt, dass die Injury-Behandlung erfolgreich war. Die wei-

tere Untersuchung zeigt noch viele hyperreaktive Muskeln,

auch im Schulter-Arm-Bereich, aber auch einige normore-

aktiv testende. Der M. serratus ant. links ist hyporeaktiv

und lässt sich nicht fazilitieren (AF negativ), die zugehörige

Injury-Region befindet sich am Okziput. Der Patient erin-

nert sich daraufhin an einen Sturz von der Treppe vor eini-

gen Jahren. Nach der Injury-Behandlung ist der M. serratus

ant. links zwar weiterhin hyporeaktiv, testet aber AF positiv.

Es kann mittels Therapielokalisation eine vertebrale Läsion

auf Höhe C5 gefunden werden, die in Exspiration behan-

delt wird. Danach testet der M. serratus ant. normoreaktiv.

Alle Muskeln im Schulter-Arm-Bereich sind nun stark, viele

davon allerdings hyperreaktiv. Es sind keine weiteren posi-

tiven Therapielokalisationen in der HWS Region zu finden.

Als Hausaufgabe soll der Patient ein sanftes Training des

M. serratus ant. links durchführen wie im Lehrbuch Applied

Kinesiology (2) auf S. 505 beschrieben.

3. Termin: 12.11.16Die Überprüfung der Behandlungsergebnisse vom letzten

Termin zeigt, dass sowohl das Injury- Muster, als auch die

vertebrale Läsion erfolgreich behandelt wurden. Die vielen

hyperreaktiven Muskeln bleiben weiterhin bestehen. Eine

zusätzliche metabolische Problematik ist daher zu vermu-

ten. Die Anamnese mit „manchmal Bauchschmerzen, sehr

häufige Sinusitiden“ gibt erste Hinweise auf eine mögliche

Dysbiose. Eine positive Magnet-TL zur ICV erhärtet den Ver-

dacht. Sowohl Candida albicans D12 als auch Nystatin stel-

len hier einen normoreaktiven Challenge dar (3). Es liegt

auch eine positive TL an den Nasennebenhöhlen vor, die

ebenfalls durch Nystatin aufgehoben wird. Ein routinemä-

ßiger Challenge mit Silberamalgam D12 ist negativ. Um die

Entgiftungskapazität der Leber zu überprüfen, wird beid-

seits der M. pectoralis major, pars sternalis (PMS) getestet.

Der rechte PMS testet hyporeaktiv, ist aber autogen fazili-

tierbar. Ein mechanischer Leber-Kompressions-Challenge ist

positiv. SAMe (Biogena) hebt den positiven Leber-Challenge

auf und wird für 4 Wochen verordnet (7). Es findet eine

manuelle Behandlung der Leber statt (1). Darüber hinaus

wird eine Fixation der oberen HWS gefunden (bds. schwa-

cher Mm. gluteus max.) und behandelt. Beim abschließen-

den Test im Stehen ist die Fixation wieder auffindbar (TL mit

Bewegung positiv) Die Behandlung wird daher im Stehen

wiederholt. (1)

4. Termin: 7.12.16Der Patient hat vergessen, SAMe zu nehmen, verspricht aber

sofort damit zu beginnen. Es liegt wieder eine fast generali-

sierte Hyperreaktion vor. Die TL zur Sutura palatina mediana

wirkt als Superchallenge, dasselbe gilt für die beidhändige TL

re. und li. am Körper, ein Hinweis auf ein erneutes Kompressi-

onssyndrom. Die Behandlung von sphenobasilärer Synchond-

rose, Sakrum und Kokzyx heben die Kompression erneut auf.

Alle Muskeln im Schulterbereich bleiben hyperreaktiv. Die

Schmerzen haben wieder zugenommen (VAS 4-5). Es wird

ein Ligament Interlink zwischen dem Angulus superior der

linken Skapula und der rechten Spina iliaca post. sup. (SIPS)

gefunden und behandelt. Die Stelle an der SIPS hat dem Pa-

tienten in der Vergangenheit häufiger Probleme bereitet und

wurde vor Jahren schon mehrfach mit Injektionen behandelt.

Der abschließende Test der Schultermuskulatur mittels akti-

ver Rotation (1) deckt ein reaktives Muster zwischen M. su-

praspinatus (Prime mover) und M. latissimus dorsi (reaktiver

Muskel) auf. Nach der Behandlung des M. supraspinatus ist

dieses Muster nicht mehr auffindbar. Im M. teres major als

Synergist zum vorher durch das reaktive Muster hyporeakti-

ven M. latissimus dorsi ist kein Strain-Counterstrain-Muster

zu finden, aber der M. supraspinatus zeigt ein Faszienmus-

ter. Nach der Behandlung mittels Ausstreichung der Faszie

bekommt der Patient ein Kinesiotape auf diesen Muskel, um

eine Verbesserung der Stoffwechselsituation im myofaszialen

Gewebe zu bewirken. Es wird eine Wiedervorstellung in 4

Wochen vereinbart.

5. Termin: 8.1.17Die Schmerzen sind wieder intensiver geworden. Die struk-

turellen Befunde bleiben jedoch weitgehend weg, der Tonus

der o. g. Muskeln ist nach wie vor sehr hoch. Ein neuer Ansatz

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7. Klute, C, Methylierung – ein Stoffwechselschritt mit

zentraler klinischer Bedeutung, JPAK 2-2017

8. Werdin, S, AK Behandlung strukturell-emotionaler Injury-

Muster, JPAK 1-2017

Autorenkontakt:Nicola DewaldPrivatpraxis für Physiotherapie und NaturheilkundeKißlingerstr. 2683700 Rottach-EgernE-Mail: [email protected].: 0170 5507663

wird versucht: Aufgrund der in der Anamnese als schwierig

dargestellten Wohnsituation ist eine emotionale Komponen-

te nicht auszuschließen und es kann tatsächlich eine emoti-

onale Injury gefunden und behandelt werden (8). Darüber

hinaus ist der mechanische Leber-Challenge nun negativ, und

der PMS testet normoreaktiv. Es wird mit der Anti-Candida-

Behandlung mit Diät, Nystatin und Ozovit begonnen.

6.Termin: 15.2.17Die Schmerzen sind deutlich reduziert, an vielen Tagen ist der

Patient bereits schmerzfrei. Der Challenge mit Candida D12

ist noch immer positiv, Nystatin testet nach wie vor als nor-

moreaktiver Challenge. Die Anti-Candida-Therapie wird des-

halb für zwei Wochen weitergeführt. Auf struktureller Ebene

wird eine Behandlung des Kiefergelenks samt umgebender

Muskulatur durchgeführt.

7. Termin: 8.3.17Der Patient ist schmerzfrei im Alltag. Die Muskeln im Schulter-

Nacken-Bereich testen normoreaktiv, sie haben jedoch noch

immer einen etwas erhöhten Tonus. Der neuerliche Candida-

Challenge ist negativ.

DiskussionDer Zusammenhang zwischen viszeralen Störungen

(Leberbelastung durch Dysbiose) kann über die Läsi-

onskette Darm-Leber-Diaphragma-N.phrenicus-C3/4/5-

segmentale Dysfunktion HWS – Plexus brachialis zu

„Schulterschmerzen“ führen (1).

Die alleinige Behandlung der strukturellen Befunde,

wie sie die ersten Termine über stattfand, brachte nicht

den gewünschten Erfolg. Erst die Hinzunahme der me-

tabolischen und der emotionalen Seite brachte eine

deutliche Verbesserung. Es wäre rückblickend sicher

sinnvoll gewesen, die Behandlung der gefundenen Dys-

biose gleich zu Beginn parallel zu beginnen, das hätte

einiges an Zeit gespart. Das Beispiel zeigt auch, dass

chemische Stressoren, z. B. durch Dysbiosen verursacht,

einen deutlich höheren Stellenwert haben können, als

Störfelder oder Injury-Regionen. Auch die Behandlung

des Kiefergelenks hätte eventuell eine höhere Aufmerk-

samkeit verdient gehabt und früher stattfinden sollen.

Letztlich hat die AK aber geschafft, woran viele Thera-

pien in den letzten Jahren gescheitert sind: der Patient

ist wieder schmerzfrei.

SchlussfolgerungEine rein strukturelle Betrachtung der Problematik kann

in manchen „orthopädischen“ Fällen zwar zum Erfolg

führen, aber sehr häufig stößt der Behandler damit an

Grenzen – nämlich dann, wenn die eigentliche Ursache

der Beschwerden multikausal ist. Hierbei vergeht oft

wertvolle Zeit, in der sich die Schmerzen manifestieren

oder verschlimmern können. In der vorliegenden Fall-

beschreibung wird das deutlich. Erst der Blick über den

Tellerrand, nämlich zur chemischen und emotionalen

Seite, bringt Bewegung in die seit vielen Jahren stag-

nierende Situation. Die Vielschichtigkeit chronifizierter

Schmerzen macht den Einsatz einer Methode erforder-

lich, die ein komplexes multimodales Konzept im Sinne

der Triad of Health berücksichtigt. Die Applied Kinesio-

logy ist dafür in herausragender Weise geeignet.

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AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS · MITBRINGSEL EINER WELTREISE - PFLANZENPOWER AUS AFRIKA

2009 habe ich meine Praxis geschlossen und mir eine zehnmonatige Auszeit gegönnt. Allein das „Aussteigen auf Zeit“ wäre sicherlich einen eigenen Bericht wert. Ich habe mich auf der Weltreise u. a. mit Medizin beschäftigt und bin in Südafrika auf eine Heilpflanze gestoßen.

Sutherlandia frutescens ist ein immergrüner Halbstrauch aus

der Familie der Hülsenfrüchtler (zur gleichen Familie gehö-

ren auch die Erdnuss oder die Sojabohne), mit silbrig grünen

Fiederblättern, zahlreichen roten Blütenbüscheln und später

blasenartigen Samenständen. Sutherlandia ist eine Pionier-

Pflanze, das heißt, sie kann extreme Bedingungen ertragen

und wächst als erste Art an Stellen, wo noch keine anderen

Pflanzen gedeihen können. Dringen andere Pflanzen in diese

Gebiete vor, verschwindet Sutherlandia. Die Einheimischen

nutzen Sutherlandia schon seit Jahrhunderten als vielfältig

einsetzbares Heilmittel. Die Pflanze wird von traditionellen

Heilern zur Stärkung des körpereigenen Abwehrsystems bei

den verschiedensten Krankheiten eingesetzt.

Die traditionellen Namen belegen, wie die Pflanze von Einheimischen gesehen wird:Die Zulu nennen sie „Umwele“ = die Dunkelheit vertreibend,

die Sotho „Motlepelo“ = das Herz zurückbringend und

die Tswana sagen „Phetola“ = es ändert sich alles.

„Cancer bush“ ist der umgangssprachliche englische Name.

Üblicherweise wird die gesamte Pflanze gehäckselt und zu

Tabletten verpresst.

Die wissenschaftliche Analyse der Inhaltsstoffe ergibt Folgendes:Es finden sich Aminosäuren wie z. B. L-Canavanin, weiterhin

Pinitol, GABA, gemischte Triterpenglycoside (Bitterstoffe),

Flavonoide.

Mitbringsel einer Weltreise – Pflanzen-power aus Afrika auch bei unsVON MICHAEL TANK

Nachgewiesene Wirkungen:• Appetitanregung

• Erniedrigung der Atemfrequenz

• Erhöhung der Thrombozyten, des MCH und MCHC

• Erhöhung des Proteingehaltes und Albumins im Blut

(Studie 2007: 800 mg getrocknetes Kraut gegen Plazebo)

Traditionelle Wirkungen:Immunstimulierend, entzündungshemmend, gefäßerwei-

ternd, schmerzstillend , insbesondere bei Magengeschwüren

und Gastritis, pilztötend, wirksam gegen Viren, antibakteriell,

geschwulst- und tumorhemmend

Neben- und Wechselwirkungen:• blutdrucksenkend

blutzuckersenkend

DESWEGEN bestehende Medikationen überprüfen!

• Kann die Blutungszeit verlängern –

nicht bei Marcumarpatienten anwenden

Schwangerschaft und Stillzeit: Millionenfache Anwendung in der traditionellen Medizin Af-

rikas, aber keine „evidenz“basierten Daten nach westlichen

Standards.

Bezug: www.africanbotanicals.com

Als Tinktur: Dosierung nicht angegeben

Als Tablette: 350 mg/Tab, 2 x tgl. 1–2 Tab.

60 Tabletten US$10.50

Triterpenglycoside antiproliferativ, Apoptose induzierend, fragl. kortikomimetisch

Pinitol insulinähnlich Bringt Kohlenhydrate ohne Insulin in die Zellen

GABA Inhibitorischer Neurotransmitter Im Pankreas: Hemmung der Glukagonfreisetzung Im ZNS: antidepressiv, schlaffördernd, angstlösend

Flavonoide antiphlogistisch, antiallergisch antiviral, antimikrobiell antiproliferativ, antikanzerogen, antioxidativ

Inhaltsstoff Wirkung Kommentar

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AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS · MITBRINGSEL EINER WELTREISE - PFLANZENPOWER AUS AFRIKA

Der immergrüne Halbstrauch „Sutherlandia frutescens“ aus der Familie der Hülsenfrüchtler

Kommentar:Die obige Bezugsquelle funktioniert zuverlässig und bis-

her komplikationslos. Ich habe die Originalpräparate an-

fangs eingesetzt. Allerdings fand ich die Idee, den Nut-

zen homöopathisch einzusetzen, sehr verlockend.

Ich habe deswegen die Tabletten offiziell importieren und

in der Klösterl-Apotheke zu einem homöopathischen

Mittel verarbeiten lassen. Sutherlandia steht seit 2010 in

den Potenzen D3, D4, D6, D8, D12, D30 zur Verfügung.

Wir setzen sie als immunverstärkende Substanz ein und

verordnen sie als Globuli.

Im Test finden sich häufig Akkorde, also Kombinationen

wie z. B. D3, D12, D30 oder D4/D8, die gemeinsam gut

testen. Insbesondere bei chronischen Infekten wie HPV,

EBV, Borreliose, Brucellose oder Infektkombinationen hat

es sich bewährt, das Immunsystem zu unterstützen. Ge-

legentlich muss man die Sutherlandiapotenzen anpassen.

Re-Teste sind also empfohlen. Wer mit IST-Komplexen

arbeitet, kann, je nach IST-Komplex, die Sutherlandia-

potenzen auf die IST-Komplexe aufbringen lassen, dann

spart man Kosten und Globuli.

Autorenkontakt:Dr. Michael TankPraxis im TherapeutikumBorsteler Chausse 4722453 HamburgE-Mail: [email protected]

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

ERNÄHRUNG UND AK · FODMAP UND DAS REIZDARMSYNDROM

30

Knochenstark

Osteo Calbon Komplex Gold Biogena Osteo Calbon Komplex Gold ist ein diätetisches Lebensmittel und stellt den neuesten Stand der ernährungsphysiologischen Begleittherapie bei Osteoporose und Osteopenie dar.

Mit Calcium und Phosphor aus natürlichem, mikrokristallinem Hydroxy-apatit (Calbon-N®), Vitamin K

2 (MenaQ7®), siliziumhaltiger Kieselsäure aus

Bambus-Extrakt sowie Bor und Vitamin D3 zur Erhaltung der Knochendichte.

• Zur nutritiven Behandlung von Osteopenie und Osteoporose• Zur Reduzierung der Knochenabbauraten, vor allem bei älteren Menschen• Zur Stabilisierung der Knochendichte• Zur Förderung und Beschleunigung von Therapieerfolgen

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

ERNÄHRUNG UND AK · FODMAP UND DAS REIZDARMSYNDROM

31

In diesem Artikel soll aufgrund von Nachfragen nochmal ausführlich auf den Begriff der FODMAP eingegangen werden, die im letzten Artikel der Rubrik „Ernährung zur Weizensensitivität“ bereits Erwähnung gefunden hatten.

FODMAP(s) steht als Abkürzung für: „Fermentable Oligosac-

charides, Disaccharides, Monosaccharides and Polyols“, also

fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyo-

le. Zur Gruppe der kurzkettigen, fermentierbaren Kohlenhyd-

rate zählen unter anderem die Fruktane, die beispielsweise in

Weizen enthalten sind.

Die Gruppe der Nahrungsmittelbestandteile, die als FOD-

MAP mit der Dünndarmschleimhaut reagieren rankt sich

also um die Zuckerarten Laktose und Fruktose, enthält aber

auch andere Moleküle, z. B. Mehrfach-Alkohole. Allen ge-

meinsam ist die Fermentierbarkeit. Sie alle sind gutes Futter

für entsprechende Bakterienstämme, die unter Abbau der

überwiegend alkoholischen Seitengruppen der Moleküle

jede Menge Gas produzieren. Symptome einer Reizdarm-

situation aufgrund von Intoleranz der FODMAP sind also

vor allem: Gasentwicklung, oft schmerzhafte Blähungen,

dünner, klebriger, schmieriger Stuhl bis hin zu Durchfallatta-

cken. Diese Symptomatik ist typisch für eine Barrierestörung

des Darmes mit entzündlicher Reizung, auch als „Leaky

gut“ bezeichnet. im Englischen steht für Reizdarmsyndrom

der Begriff IBS (irritable bowel syndrome). Das Leaky gut ist

eine große Hausnummer unter deren Dach sich eine Men-

ge verschiedener Gründe für das Vorliegen dieser Störung

vereinen können. Die Diagnose Reizdamsyndrom ist daher

klassisch als Ausschlussdiagnose zu verstehen (Lit. Leitlinien

Reizdarmsyndrom).

Die Unverträglichkeit der FODMAPs ist dabei wohl eher als

Verkettung verschiedener weiterer Umstände anzusehen. Ist

sie aber einmal eingetreten muss auch diese Situation Beach-

tung finden, um den Darm wieder in die Entzündungsfreiheit

führen zu können. Das Auffinden der verantwortlichen Aus-

löser ist von daher nicht so einfach, da sich die FODMAPsüber

verschiedene Nahrungsmittelgruppen verteilen.

Ein Verdacht auf Bestehen einer Unverträglichkeit von FOD-

MAPs sollte neben der klinischen Symptomatik auch bei

Vorliegen einer erworbenen Mitochondriopathie oder einer

VON ANITA GINTER

FODMAP und das Reizdarmsyndrom – „zuckerfrei“ aber explosiv

Abb. 1. Transportwege durch die Darmschleimhaut (Garten and Weiss 2017)

Abb. 2. Disaccharid-Assimilation aus (Garten and Weiss 2017)

Knochenstark

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ERNÄHRUNG UND AK · FODMAP UND DAS REIZDARMSYNDROM

32

Energiebereitstellungsstörung aus anderer Ursache geäußert

werden. Sämtliche FODMAPsbenötigen aktive Transportsys-

teme zu ihrer Aufnahme an der Darmschleimhaut und ver-

brauchen damit Energie. Werden sie im Dünndarm nicht

rechtzeitig aufgenommen, können sie sehr viel Wasser bin-

den und wandern weiter in den Dickdarm wo die Fermenta-

tion durch entsprechende Bakterienstämme erfolgt, was zur

starken Gasentwicklung führt.

DiagnoseAus AK-Sicht gibt es mehrere klinische Situationen in denen

an eine solche Problematik gedacht werden kann. Dazu ge-

hören neben dem bereits Genannten, Magen-Darmstörungen

jeglicher Art, chronisch rezidivierende Rückenbeschwerden,

Gelenkbeschwerden, Migräne und im AK-Test dysreaktive

Muskeln, die der Leber oder dem Darm zugeordnet sind und

rezidivierende Störungen der ICV. Im Labor können erhöh-

te Werte für Zonulin aus dem Serum und weitere Parameter

wie Calprotectin A, Alpha-1-Antitrypsin und eine veränderte

Zusammensetzung des Stuhls in der Stuhlanalyse gefunden

werden. Ausgesprochen wichtig ist auch der Ausschluss ei-

nes sogenannten Overgrowth-Syndroms, welches einfach

darin besteht, dass die Anaerobier-Flora des Dickdarms in

den Dünndarm hoch gewandert ist und zur Vergärung von

im Dünndarm noch physiologisch vorkommenden Disac-

chariden Anlass gibt. Selbstverständlich betrifft dies auch

die Monosaccharide und FODMAPs. Die Diagnose lässt sich

leicht stellen mit einem positiven Challenge durch Ozovit®,

was dysreaktive darmassoziierte Muskeln normalisiert. Dieses

harmlose Magnesium-Peroxid kann man ein bis zwei Wochen

verabreichen. Wenn sich dadurch eine Besserung ergibt, liegt

vor allem dieser Zustand von den „richtigen Bakterien am

falschen Platz“ vor.

Therapie: Der konventionelle Ansatz zur Therapie besteht in

einer Auslassdiät für FODMAPs mit schrittweiser Wiederein-

führung nach mindestens 2 Wochen strenger Karenz. Dieser

Ansatz erscheint aus Sicht der AK etwas oberflächlich, denn

gereizte Darmschleimhäute erholen sich oft nur langsam,

wenn überhaupt, aus eigener Kraft, wenn man nur das rei-

zende Agens weglässt ohne nach tieferen Ursachen und Be-

handlungsoptionen zu fahnden. Wie immer müssen hierbei

sämtliche Aspekte der Triad of Health einbezogen werden.

Auch ein jahrelang erhöhter Stresspegel mit entsprechenden

Kortisonspiegeln kann ein Leaky-gut-Syndrom auslösen und

unterhalten. Hinzu kommen immer mehr verarbeitete und in-

dustriell aufbereitete Nahrungsmittel bei denen FODMAPs als

Träger und Süßstoffe eine immer größere Rolle spielen.

Im Gegensatz zur konventionellen Ernährungsmedizin ma-

chen AK-Therapeuten mehr, als einfach nur Weglassen.

Das altbewährte RRR ist auch im Fall der Intoleranz auf FOD-

MAPs die geeignete Strategie:

• Remove Candida, Dysbiose, Parasiten, Toxine, Säure-Basenaus-

gleich, homöopathische Nosodentherapie (z. B. Sanum,

Klösterl Apotheke etc.)

• Restore Enzyme, Vitamin D, Glutaminsäure, Zink, Magnesium,

Chlorophyll, Heilkräuter, Schleimstoffe

• Reflorestate Präparate freundlicher Bakterien und Hefen

Nahrungsmittelgruppen, die hohe Mengen an FODMAPs enthalten

• Oligosaccharide: Fruktane und Galakto-Oligosac-

charide, z. B. in Weizen, Gerste, Roggen, Topinam-

bur, Zwiebel, Lauch, weißer Teil der Frühlingszwiebel,

Knoblauch, Schalotte, Knoblauch, Artischocke, Rote

Bete, Fenchel, Erbse, Chicorée, Pistazie, Cashewker-

ne, Hülsenfrüchten, Linsen und Kichererbsen

Fruktooligosaccharide (FOS), Inulin als Bestandteil

von Probiotika.

• Disaccharide: Laktose, z. B. in Milch, Sahne und

Produkten daraus wie z. B. Pudding, Eiscreme und

Joghurt, Buttermilch etc., lösliche Getränkepulver

(Laktose als Trägerstoff)

• Monosaccharid Fruktose: freie Fruktose (Fruktose

in Überschuss zu Glukose), z. B. in Birne, Apfel, Kir-

sche, Wassermelone, Spargel, Zuckerschote, Honig,

Mango, getrocknete Tomaten

Insbesondere: Glukose-Fruktose-Sirup (High-Fructo-

se Corn Syrup, HFCS),

Fruktose als Süßungsmittel, Agavendicksaft, Honig

• Polyole: Sorbit, Mannit, Maltit und Xylit, z. B. in

Birne, Apfel, Aprikose, Kirsche, Nektarine, Pfirsich,

Pflaume, Wassermelone, Pilzen, Blumenkohl, zu-

ckerfreier Kaugummi/Bonbons/Süßigkeiten,

Süßstoffe: Sorbit, Sorbitol, Mannitol, Isomalt, Xylit

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

ERNÄHRUNG UND AK · FODMAP UND DAS REIZDARMSYNDROM

33

Ob man hierzu fixierte Programme zur Darmsanierung

verwendetwie sie z. B. bei Mayr vorkommen oder auch

von verschiedenen Herstellern angeboten werden, oder

ob man die einzelnen Bestandteile selbst nach AK-Test

zusammenstellt, ist jedem/jeder selbst überlassen. Letzte-

res ist wie immer der sicherere Weg, um weiteren Unver-

träglichkeiten vorzubeugen. Die eingesetzten Produkte

sollten unbedingt auf ihre Zusammensetzung bezüglich

FODMAPs kontrolliert werden. Viele Hersteller mischen

insbesondere unter Präparate mit Darmbakterien FOD-

MAPs wie Inulin und FOS (Fruktooligosaccharide), die

als Nahrung für die Bakterienflora gedacht sind, im Falle

einer vorliegenden Störung der Aufnahme dieser Subs-

tanzen jedoch kontraproduktiv wirken und eine Rückkehr

der Symptome verursachen. Nach einer möglichst voll-

ständigen Karenz (1 g Fruktose/Laktose und 0,5 g Frukta-

ne/Oligosaccharide sind in der Regel tolerabel) von min-

destens 2 Wochen kann vorsichtig die Dosis an FODMAPs

wieder erhöht werden – in Intervallen wird mit AK-Test

die Stabilität des Systems überprüft.

Literatur1. https://www.dgvs.de/wissen-kompakt/leitlinien/leitli-

nien-der-dgvs/reizdarmsyndrom Zugriff Juni 2017

2. Garten, H. and G. Weiss (2017). Systemische Stö-

rungen - Problemfälle lösen mit Applied Kinesiology.

München, Urban & Fischer, Elsevier.

3. Halmos Emma P. , Power V A, Shepherd S J, Gibson

P R, Muir J G; A diet low in FODMAPs reduces Symp-

toms of Irritable Bowel Syndrome, Gastroenterology

Volume 146, Issue 1 , Pages 67-75.e5, January 2014

4. Storr M, Der große Patientenratgeber Reizdarmsyn-

drom, 2.Auflage Zuckschwerdtverlag 2015

Autorenkontakt:Dr. Anita GinterMozartstrasse 20, 79104 FreiburgE-Mail: [email protected]

Die Programm- und Anmeldeunterlagen � nden Sie auf www.dbu-online.de. Die Organisation erfolgt über das Tagungsbüro Umweltmedizinische Jahres-tagung c/o Institut für Medizinische Diagnostik Nicolaistraße 22, 12247 Berlin,Tel.: +49 30 77001- 273 ∙ Fax: +49 30 77001- 236 ∙ [email protected]

16. Umweltmedizinische Jahrestagung

17.-18. November 2017 in Berlin

Veranstalter: In Kooperation mit:

Bedeutung der Psyche und der Neuro-immunologie für systemische entzündliche Erkrankungen

Zahn- und Kiefererkrankungen als lokale und systemische Entzündungsquellen?

Tagungsort

Umweltforum Berlin · AuferstehungskirchePufendorfstraße 11 · 10249 Berlin

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

S E RVICE · KURSKALENDER 2017/2018 SERV ICE · VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERV ERANSTALT UNGEN

34

KURSE JULI 2017 BIS MAI 2018 DATUM DOZENT/IN SEMINARORT ANMELDUNGJ U LI 2017

AK-M3: Radikuläre und pseudoradikuläre Störungen 01.-02.07.17 Garten Hamburg FiHH

AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 14.-15.07.17 Meierhöfer/Wittmann Nürnberg EAZF

AUGUST 2017 AK-Einführung (AK-Modul 1 mit IRT) 11.-13.08.17 Brunck Bremen FobiZe

AK-Einführung (AK-Modul 1 mit IRT) 18.-20.08.17 Brunck Hannover A.I.M.

S EPTEMBER 2017 AK-Modul 2: AK-M1: Wirbelsäule und Becken, 15.-17.09.17 Brunck Bremen FobiZeMyofasziale Störungen und IRT

Hospitationskurs, Behandlungsstrategiekurs 22.-23.09.17 Balk München FiHH

Prüfung zum DÄGAK-Diplom 24.09.2017 Balk München DÄGAK

AK-OM: Orthomolekulare Medizin 29.-30.09.17 Fauth-Vergote/Meierhöfer Nürnberg EAZF

O KTOBER 2017 Hospitationskurs, Behandlungsstrategiekurs 06.-07.10.17 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

AK-GE: Gastroenterologie 13.-14.10.17 Fauth-Vergote/Meierhöfer Schwabach DRM E. und R.

AK-Einführung 13.-14.10.17 Angermaier Berlin AK-Zahnmedizin

AK-Modul 3: AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 27.-29.10.17 Becker Bremen FobiZe

NOVEMBER 2017AK-Akupunktur 17.-18.11.17 Fauth-Vergote/Meierhöfer Schwabach DRM

AK-Modul 2: AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale 17.-19.11.17 Brunck Hannover A.I.M.Störungen und IRT

AK-HR: Hormonelle Regelkreise 24.-25.11.17 Garten Hamburg FiHH

AK-Einführung 24.-25.11.17 Balk München FiHH

AK-VO: Viszerale Osteopathie 25.-26.11.17 Garten Hamburg FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen 25.-26.11.17 Balk München FiHH

AK-M4: Störungen der oberen Extremität 30.11.-01.12.17 Garten Hamburg FiHH

D EZEMBER 2017 AK-M5: Störungen der unteren Extremität 01.-03.12.17 Garten Hamburg FiHH

U-Kurs Manuelle Medizin, AK-M1: Wirbelsäule und Becken 07.-08.12.17 Garten München FiHH

AK-Akupunktur 09.-10.12.17 Garten München FiHH

JANUAR 2018 AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 12.-13.01.18 Angermaier Berlin AK-Zahnmedizin

AK-Modul 3: AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 12.-14.01.18 Becker Hannover A.I.M.

AK-CMT: Craniomandibuläre Therapie 20.-21.01.18 Meierhöfer E. und R. Schwabach Dr. Meierhöfer

AK-Akupunktur 26.-28.01.18 Bruck Bremen FobiZe

AK-Einführung und IRT 27.01.2018 Balk München FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen 28.-29.01.18 Balk München FiHH

U-Kurs Manuelle Medizin, AK-M1: Wirbelsäule und Becken 30.-31.01.18 Garten München FiHH

FEBRUAR 2018 AK-Akupunktur 01.-02.02.18 Garten München FiHH

AK-Einführung 03.-04.02.18 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

Hospitationskurs, Behandlungsstrategiekurs 16.-18.02.18 Garten Hamburg FiHH

Prüfung zum DÄGAK-Diplom 18.02.2018 Garten Hamburg DÄGAK

MÄRZ 2018 AK-Modul 4: AK-Akupunktur, Repetition und Prüfung 02.-04.03.18 wird nachgereicht Hannover A.I.M.

AK-M2: Kraniosakrales System 08.-09.03.18 Balk München FiHH

AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 09.-11.03.18 Balk München FiHH

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

SERV ICE · KU RSKAL END ER 2 0 1 7 /2 0 1 8 S E RVICE · VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTU NGEN

35

KURSE JULI 2017 BIS MAI 2018 DATUM DOZENT/IN SEMINARORT ANMELDUNG

ANMELDEADRESSEN TEL EF O N INTERNET · E- MAILA.I.M. – Arbeitsgemeinschaft Interdisziplinäre Medizin 0511 - 22 06 66-0 www.aim-ak.de

AK-Seminare - Praxis Dr. Brunck 0511 - 69 65 651 www.ak-seminare.com

Dr. Angermaier 09171 - 85 19 219 [email protected]

DRM 09122 - 73 177 [email protected] oder www.DrMeierhöfer.de

EAZF Europäische Akademie f. zahnärztl. Fort- u. Weiterbildung 089 - 72 480-192 www.eazf.de/service/termine/list.asp?kid=3&tpl=i

FiHH - Das Fortbildungsinstitut in Hamburg 040 - 23 27 05 www.fortbildung-in-hamburg.de/de/AK-Applied-Kinesiology.htm

FobiZe - Fortbildungszentrum 0421 - 62 67 400 www.fobize.de/kurs_detail.php5?kennung=10406010

LZKS 0351 - 80 66 106 [email protected]

Pfaff – Phillipp-Pfaff-Institut 030 - 41 47 25-0 www.pfaff-berlin.de

Prävent Akademie Dortmund 0231 - 29 27 80 21 www.praevent-akademie.de/ak-seminare

VDB Physiotherapieverband Dresden 0351 - 25 49 767 www.vdb-physiotherapieverband.de

Dr. Gerald Weiss 07967 - 70 15 35 www.dr-gerald-weiss.de/ausbildungsprogramm/

Dr. Anita Ginter 0761 - 76 79 090 email: [email protected]

APRIL 2018 AK-Strategie: Neurologische Dysorganisation, Persistierende 12.-13.04.18 Garten München FiHH Primitive Reflexe, IRT Neurol. Dysorg.

AK-M3: Radikuläre und pseudoradikuläre Störungen 13.-15.04.18 Garten München FiHH

AK-Einführung 20.04.2018 Ginter Heidelberg FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen 21.-22.04.18 Ginter Heidelberg FiHH

AK-DS: Dentale Strategien 21.-22.04.18 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

MAI 2018 U-Kurs Manuelle Medizin, AK-M1: Wirbelsäule und Becken 03.-04.05.18 Ginter Heidelberg FiHH

AK-Akupunktur 05.-06.05.18 Ginter Heidelberg FiHH

AK-HR: Hormonelle Regelkreise 11.-12.05.18 Garten München FiHH

AK-Viszerale Osteopathie 12.-13.05.18 Garten München FiHH

AK-Einführung 19.-21.05.18 Brunck Bremen FobiZe

VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTUNGEN: SONDERKURS NIT: MANUELLE MEDIZIN MIT MIKO-IMPULSTECHNIK IN DER AK Dozenten: Dr. Axel Bergen und Dr. Martin Brunck Köln, vom 08. – 10.09.2017: Teil 1: Schädel, WS, BeckenKöln, vom 02. – 04.03.2018: Teil 2: Extremitäten, OrganeDurch die Anwendung schneller Mikroimpulse können strukturelle Korrekturen sehr schnell und präzise durchgeführt werden. Dabei bietet NIT für zahlreiche Störungsbilder in der täglichen Praxis schnelle und sanfte Lösungsmöglichkeiten in Verbindung mit dem AK-Muskeltest. Die Kursteile sind auch unabhängig voneinander belegbar. Anmeldung und Infos: www.AK-Seminare.com/NIT oder PCL-Köln: Tel: 0221-277285

BEWEGUNG, DIE WIRKT! Restreaktionen frühkindlicher Reflexmuster erkennen und behandeln mit AK und Bewegung Dozentin: Dr. Anita Ginter Freiburg, 10./11.11.2017: Teil 1Freiburg, 08./09.12.2017: Teil 2Restreaktionen frühkindlicher Reflexmuster erschweren therapeutische Fortschritte in der Entwicklungsförderung. Reflexin-tegration kann im Gehirn durch bestimmte therapeutische Interventionen und insbesondere durch spezifische neurophysio-logische Bewegungserfahrungen nachgeholt werden. Mehr Infos: DAEGAK-Webseite, Sonderkurse 2017 Anmeldung: Dr. Anita Ginter, 0761-7679090, E-Mail: [email protected]

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

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VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

HaJo Fritschi

Angst vor Globuli? Dann lesen Sie dieses Buch, bevor die Homöopathie sie umbringt!

• Gelesen von Anita Ginter

Dieses kleine Büchlein ist eine Satire und daher unverschämt.

Und streckenweise unverschämt gut.

Warum habe ich es gekauft? – Weil die Wissenschaftsre-

daktionen von Spiegel, FAZ, Welt, und sogar die der Zeit

sich neuerdings wieder darin gefallen, sich den Thesen

der Homöophobiker anzu-

schließen. Und das obwohl

die wenigen verbliebenen

Abonnenten der Zeit gerne

in homöopathischen Praxen

anzutreffen sind (zumindest

ihre Ehefrauen und Kinder,

sie selbst dann, wenn es

sie mal ordentlich erwischt

hat mit einer aplastischen

Anämie, einem Lymphom,

einem Herzinfarkt oder

ähnlichem). Auch der op-

portunistischste aller Me-

diziner-Kabarettisten, Eckart von Hirschhausen verkauft

in seinen Shows gerne die sogenannte wissenschaftliche

Homöopathie-Kritik.

Buchbesprechungen Ein weiterer Grund, warum ich dieses Buch gekauft habe ist

der, dass ich überhaupt keine Veranlassung mehr sehe, über

eine mehr als bewährte Methode noch weiter auf diesem

lächerlichen Niveau zu diskutieren – leider aber zunehmend

mit Versuchen, mir solche Diskussion abzuringen konfron-

tiert werde. Die Homöophobiker nehmen offensichtlich in

der öffentlichen Meinung Fahrt auf. Sie argumentieren zu-

nehmend geschickter, bleiben aber in ihrem beschränkten

Weltbild verhaftet, denn da passt die Homöopathie einfach

nicht hinein. Ich weiß ja auch nicht, warum genau die Glo-

buli wirken – aber Placebo allein erklärt die Wirkung ge-

nauso wenig.

Schwer zu fassen ist dieses Thema, da geht es an die

Grundfesten unserer Paradigmen der Wissenschaft, und

das Büchlein findet einige amüsante Arten und Weisen, die

aktuell völlig verirrte Diskussion an den Pranger zu stellen.

Ein Beispiel: Homöopathen sprechen von Information und

Potenzierung – Skeptiker sprechen von Wirkstoff und Ver-

dünnung (ein Globuli im Bodensee…) In Belladonna C30 ist

nichts drin außer Zucker – das ist Fakt. Und nun?

Hajo Fritsche bringt eine schöne Analogie auf S. 92: Vor

Ihnen liegen 2 CDs: die eine leer, die andere enthält die

Sicherungskopie einer wichtigen Arbeit. Wie finden Sie

heraus welche die bespielte und welche die leere CD ist?

Hilft wiegen? Oder anderswie vermessen? Oder hilft es,

die Inhaltsstoffe der CD chemisch zu analysieren? – Im Fal-

le der CD alles aberwitzige Vorschläge. Im Fall des Bella-

donna Globuli ist es genauso. Da ist nichts drin nur etwas

drauf – Information. Und wie die CD nur im passenden

Computergerät ausgelesen werden kann, wirkt das Bella-

donna Globuli auch nur im passenden System, das diese

Information entschlüsseln kann! Das werde ich künftig

HaJo Fritschi

Angst vor Globuli? Dann lesen Sie dieses Buch, bevor Homöopathie Sie umbringt!Paperback, 152 Seiten

Books on demand, 3. Auflage 2017

IISBN-13: 978-3-7431-5934-1

15,00 €

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

37

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

Butter und Eier ca. 3 Std. vorher aus dem Kühlschrank nehmen!

375 g weiche Butter 200 g Zucker 5 Bio Eier225 g gemahlene Mandeln40 g Erdmandeln gemahlen35 g Buchweizenmehl 120 g Kakaopulver1 Päckchen Bourbonvanillezucker

1. Butter und Zucker mindestens 15Minuten cremig schlagen

2. Backofen auf 180Grad, Umluft auf 160 ºC, Gas Stufe 3 vorheizen

3. Eier einzeln zur Buttermischung geben und glatt rühren

4. Gemahlene Erdmandeln und Buchweizenmehl und 95 g Kakao

mischen und locker unter den Teig heben

5. Eine quadratische Backform mit 22 cm Seitenlänge oder andere passende Backform mit Backpa-paier auslegen und Teig einfüllen und glatt streichen

6. Kuchen auf der mittleren Schiene 30 – 35 Minuten backen. Er soll gerade gebacken sein aber nicht austrocknen.

7. Kuchen auf einem Kuchengitter auskühlen lassen und mit dem restlichen Kakao bestäuben.

Es gibt zu diesem Rezept endlose Variationsmöglichkeiten, gut dazu auch Schlagsahne mit Waldbeeren!

Weizenzüchtungen besonders ungünstige Kohlenhydrate

enthalten, ist schlicht falsch“ (S. 12).Dem kann ich nur zu-

stimmen; denn das Problem sind nicht die Kohlenhydrate der

heutigen Weizenzüchtungen sondern das Gluten, das sich in

seiner Menge und seiner Aminosäurensequenz gegenüber

früheren Sorten verändert hat. Von daher haben die popu-

listischen Autoren in diesem Punkt durchaus recht: moderne

Weizensorten werden potenziell schlechter vertragen als älte-

re Getreidesorten – nur eben aus anderem Grund.

Endlich wird auch mit dem Mythos „glutenfreie Haferflo-

cken“ aufgeräumt, der sich hartnäckig hält, obwohl Ha-

fer zwar wenig, aber eben doch Gluten enthält und die

sogenannten glutenfreien Haferflocken noch bis zu 20 mg

Gluten pro Kilogramm. Es hängt also von der Intensität der

Unverträglichkeit gegenüber Gluten ab, ob sie eine ent-

zündliche Reaktion auslösen oder nicht. Gut, wer in der

Lage ist, dies mit AK schnell und sicher zu testen.

Besonders positiv fiel mir auf, dass die Autorinnen die von

vielen AK-AnwenderInnen gemachte Beobachtung, dass

eine Unverträglichkeit von Weizen oder Gluten oft mit ei-

ner Intoleranz auf Laktose einhergeht, ebenfalls erwähnen.

meinen Homöopathie-Skeptikern erzählen oder vielleicht

auch nicht mal das, sondern ich drücke ihnen gleich dieses

Büchlein in die Hand. Für die Zeit nach dem Nachtgebet.

Alexandra Hirschfelder und Sabine Offenborn

Lecker ohne … WEIZEN

• Gelesen von Anita Ginter

Die Autorinnen sind gelernte Köchinnen und Diätassisten-

tinnen und betreiben die Internetplattform www.lecker-

ohne.de. Hier legen sie nun ein kompaktes Büchlein zum

Thema Weizen und Gluten vor.

Zu Beginn des Buches wird das Thema „gesundheitliche

Probleme durch Weizen“ kurz und prägnant in seinen ver-

schiedenen Facetten erläutert.

Auf die jüngsten Bestseller Bücher zum Thema Weizen wird

kritisch eingegangen: „Die Behauptung, dass die heutigen

Rezept: glutenfreier Schokokuchen

Glutenfreier Schokoladenkuchen, in Stücke geschnitten und gestapelt | Foto mauritius

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

38

VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

Es ist als großer Fortschritte zu werten, dass die universitä-

re Medizin nun beginnt, sich funktionellen Störungen des

Darmes zuzuwenden und schrittweise nun die langjährigen

Erfahrungswerte der Therapeuten, die bereits auf diesem

Gebiet arbeiten, auch universitär bestätigt werden. Die Ab-

teilung für Gastroenterologie um Dr. Gibson hat sich ganz

der Erforschung und auch Behandlung von FODMAP-Into-

leranzen verschrieben und kann inzwischen auf einer guten

Basis an Forschungsergebnissen dazu aufbauen. Siehe auch

http://www.med.monash.edu/cecs/gastro/fodmap/.

Das Buch fasst noch einmal sehr schön das Thema FOD-

MAP-Intoleranzen zusammen. Die verschiedenen Begriff-

lichkeiten im Bereich der Unverträglichkeiten von Allergie

bis hin zu Intoleranz und die Differenzierung zur Glutenun-

verträglichkeit sind sehr prägnant beschrieben. Das Thema

Reizdarm wird natürlich für AK Verhältnisse etwas zu kurz

gegriffen, da wie gesagt der Zugang vor allem auch zur

funktionellen Diagnostik fehlt. In der Einleitung des Buches

steht „Das Reizdarm-Syndrom lässt sich mit der Diät nicht

heilen, aber sie verhindert, dass die Symptome ausgelöst

werden“ – so ist es. Die Auslassdiät alleine tut es selten, es

muss eben auch nach den Ursachen und entsprechenden

Behandlungsoptionen gefahndet werden, was wiederum

eine Domäne der AK darstellt. Es wird auch behauptet, dass

bei Nichteinhaltung der Diät keine weiteren Probleme ent-

stünden, außer eben vermehrten Beschwerden von Seiten

des Reizdarmes. All die Patienten mit nicht alkoholischer

Fettleber aufgrund von Fruktoseintoleranz oder depressi-

So wird den Betroffenen er-

möglicht, auch diesen As-

pekt rechtzeitig mit einzu-

beziehen und zu beachten.

Danach folgt eine umfang-

reiche Warenkunde von

glutenfreien Alternativen

mit denen gebacken ge-

kocht, angedickt, paniert

und frittiert werden kann.

Für nicht so Küchenbewan-

derte ist hier viel zu entdecken. Insbesondere werden ne-

ben den ernährungsphysiologischen Werten auch die ganz

praktischen Eigenschaften der vorgestellten Alternativen zu

Weizen dargestellt.

Denn der Teufel steckt gerade hier oft im Detail und trägt

entscheidend zum Gelingen eines Rezeptes bei. Hier spre-

chen Expertinnen aus der Praxis für die Praxis.

Zum Rezeptteil möchte ich anmerken, dass ich persönlich

lieber in nativem Kokosöl brate oder ausbacke. Das hier

oft angegebene Rapsöl hat meiner Ansicht nach kein sehr

attraktives Fettsäuremuster und bei kalten Anwendungen

sollte sowieso auf mehr

Omega-3-haltige Öle zu-

rückgegriffen werden.

Das Buch ist insgesamt eine

saubere Arbeit der prakti-

schen Ernährungsberatung

und allen Betroffenen und

solchen, die Betroffene in

diesem Thema beraten, nur

zu empfehlen.

Sue Shepherd und Peter Gibson

Die Low-FODMAP Diät

• Gelesen von Anita Ginter

Das Buch entstammt der Arbeit der Forschungsabteilung von

Dr. Peter Gibson von der Monash Universität Melbourne, Aus-

tralien und der Ernährungswissenschaftlerin Dr. Sue Shepherd.

Sue Shepherd und Peter Gibson

Die Low-FODMAP Diät Paperback, 192 Seiten

TRIAS Verlag, 2015

ISBN: 9783830481225

19,99 €

Alexandra Hirschfelder und Sabine Offenborn

Lecker ohne ... WEIZEN Paperback, 152 Seiten

Humboldt Verlag, 2017

ISBN: 978-3-89993-942-2

19,99 €

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

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100 g Quinoa1 kg Hähnchenhackfleisch (alterna-tiv Lammhack)2 EL mit Knoblauch aromatisiertes Olivenöl3 EL fein gehackter frischer Estragon1 TL gemahlener Piment3 EL Tahini (Paste aus gemahlenem Sesam)SalzSchwarzer PfefferGlutenfreies Paniermehl oder Erd-mandelmehl80 g Pinienkerne3 kleine Tomaten1 EL Zimtpulver30 g breitblättrige Petersilie1 TL geriebene unbehandelte Zitro-nenschale

1. Backofen auf 180 Grad vorhei-zen. Eine Brat- und Auflaufform (25 x 30 cm) einfetten (z. B. mit Olivenöl, Ghee, nativem Kokosöl) und mit Paniermehl bestreuen.

2. In einem Kochtopf Wasser zum Kochen bringen und Quinoa ein-streuen unter Rühren aufkochen,

7. Die Masse in 2 Portionen teilen, die erste Hälfte in die Auflauf-form streichen darauf die Ge-würz-Füllung verteilen, dann mit der zweiten Hälfte abdecken und glatt streichen.

8. 50 – 60 min. im vorgeheizten Ofen backen. Das Kibbeh ist fer-tig, wenn an einem Hölzchen, das man in der Mitte hineinsteckt, beim Herausziehen nichts mehr anhaftet.

9. Aus dem Ofen nehmen 10 min ruhen lassen und in Rechtecke geschnitten servieren.

Dazu passt ein frischer Sommersalat!

8 – 10 Portionen, 60 Minuten Zube-reitungszeit, 60 Minuten Backzeit

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

ver Entwicklung aufgrund der im Zuge des Fruktoseinto-

leranz entstandenen Tryptophanmangels werden dadurch

natürlich nicht auf eine hilfreiche Spur gebracht. Solche

Aussagen sind der oben erwähnten verengten Sichtweise

geschuldet.

Das Buch macht auch deutlich, wie komplex von FODMAP-

Intoleranz Betroffene im Alltag denken müssen, da es eben

nicht nur um ein Nahrungsmittel oder eine Nahrungsmit-

telgruppe, sondern um eine Vielzahl von Nahrungsmitteln

geht. Gleichzeitig wird immer wieder die Machbarkeit im

Alltag in verschiedensten Situationen besprochen und hilf-

reiche Tips und Anregungen vorgeschlagen um vielfältige

Rezept: Hähnchen-Kibbeh (S. 133)

stressige Situationen zu meistern. Eine der Hauptbotschaf-

ten für den Stressabbau im Alltag lautet: für FODMAPS gilt

die Dosisabhängigkeit und der additive Effekt. Das heißt,

man kann nach einer gewissen Zeit die verträgliche Dosis

praktisch austesten. Die Kurzformel fürs Restaurant: „Bitte

ohne Weizen und Zwiebel/Knoblauch“ ist z. B. so ein Ver-

such die Dinge zu vereinfachen.

Schlecht nur wenn es dann nicht klappt mit der Wieder-

einführung, weil z. B. nicht vollständig genug vermieden

wurde oder schlicht die Basis nicht gelegt wurde für die

Darmschleimhaut um die Verträglichkeit zu steigern. Mei-

ner Erfahrung nach ziehen Intoleranzen leider Kreise. Im

Kibbeh | Foto discoverlebanon.com

10 –12 Minuten köcheln lassen,3. bis die Körner bissfest sind – Qui-

noa absieben, kalt abbrausen und abtropfen lassen.

4. Pinienkerne in einer beschichte-ten Pfanne leicht anrösten

5. Tomaten und Petersilie fein ha-cken und zusammen mit den Pini-enkernen und dem Zimt und der abgeriebenen Zitronenschale in einer kleinen Schüssel verrühren.

6. Quinoa mit dem Hackfleisch, Knoblauchöl, Estragon, Piment, Tahinipaste, Salz und frisch ge-mahlenem Pfeffer in einer gro-ßen Schüssel gründlich vermen-gen.

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

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Falle der Fruktose zum Beispiel die Eier, der Mais, der Kakao

um nur einige zu nennen. Ohne AK-Test ist es da schwierig

eine gute Linie zu finden.

Eine ausführliche Warenkunde z. B. zu Ersatzmehlen und

hilfreichen Zusatzstoffen wie Xanthan zum Backen mit

glutenfreien Mehlen oder die Verwendung von mit Knob-

lauch aromatisiertem Olivenöl (wird seit einiger Zeit in den

Ölmühlen hergestellt), zeigt die praktische, fachkundige

Kompetenz der Autoren. Es werden Richtlinien für ver-

schiedene Bedürfnisse angegeben, wie Vegetarier, Vega-

ner, Diabetiker, Kinder, Reisen usw. Insgesamt also ein sehr

dicht gepackter Ratgeber für ein sehr komplexes Thema.

Das Buch ist durchaus zur Weitergabe an Patienten geeig-

net, wobei dann sicher oft noch eine Zusatzinformation aus

AK-therapeutischer Sicht vonnöten ist.

Der Rezeptteil ist sehr an der angloamerikanischen Küche

orientiert wie sie auch in Südafrika oder Australien vor-

kommt. Dies bedingt eine sehr interessante Weltküche mit

vielen Gewürzen, allerdings auch viel Zucker. Viele der Re-

zepte verwenden laktosehaltige Zutaten, z. B. Instantpulver

(ist immer auf Laktosebasis hergestellt) was dann individuell

ausgeglichen werden muss, falls die Laktose ein Thema ist.

Das auf der Vorseite abgebildete Rezept ist ein Beispiel ei-

nes nicht vegetarischen Gerichts, das sehr interessant ist.

Ich habe es mit Lammhack gemacht, da es mir nicht gelang

Hähnchenhackfleisch zu beschaffen. Das Rezept eignet sich

auch für Veganer und Vegetarier, sofern sie Soja vertragen.

Das Hackfleisch wird dann durch Tofu ersetzt

Gabriele Leonie Bräutigam

Wilde grüne Smoothies

• Gelesen von Anita Ginter

Dieses ansprechende Büch-

lein bietet eine Fülle von

Anregungen, mit Wild-

pflanzen schmackhafte

Nahrung und Nahrungser-

gänzung zu gestalten.

VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

Gabriele Leonie Bräutigam

Wilde grüne Smoothies Paperback, 206 Seiten

Hans Nietsch Verlag, 2014

ISBN: 978-3-86264-252-6

18,90 €

Die Sammlung, die Handhabung, die Vorratshaltung und

die Zubereitung werden sehr praktisch erklärt und lassen

die große Erfahrung der Autorin erkennen.

10 bis 15 Blättchen Gundermann1 Handvoll junge Buchenblätter, alternativ 1 Handvoll Salat1 Baby-Ananas(muss reif sein!)1 EL Kokosraspeln Rohkostqualität0,1 l Wasser zum Einweichen der Kokosraspeln1 Handvoll Crushed Ice

1. Die Kokosraspeln ca. ½ Stunde in Wasser einwei-chen

2. Gundermann, Buchenblätter / Salat waschen3. Ananas schälen und in grobe Stücke schneiden4. Crushed Ice in den Mixer füllen5. obenauf zuerst Ananas dann Blätter und zuletzt

Kokosflocken geben6. Mixen – im Hochleistungsmixer ca. 40 Sec. (evtl.

auch 1 – 2 Min. hängt von der Leistung des Mi-xers ab)

Rezept: Season Clearing (S. 100)

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

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Einige der vorgestellten Pflanzen wachsen tatsächlich

in meiner Umgebung, so dass ich einige der Vorschläge

ausprobieren konnte. Nicht alles war nach meinem Ge-

schmack, aber insgesamt sind die vorgestellten Rezepte

sehr interessante Kombinationen, die mit viel Detailwissen

um Geschmack und Wirkung der verwendeten Pflanzen zu-

sammengestellt wurden.

Nicht ganz nachvollziehen konnte ich die angegebene Dau-

er, wie lange die Mischung gemixt werden sollte. Eigentlich

bin ich im Besitz eines sehr leistungsfähigen Mixers, aber

der brauchte regelmäßig deutlich länger als angegeben um

die gewünschte Konsistenz zu erreichen.

Dieser Punkt ist wohl nur dahingehend wichtig, dass sich

die Mischung durch längeres Mixen nicht erwärmen soll,

da dies eine Schädigung der enthaltenen Vitamine und

Antioxidantien nach sich ziehen könnte. Dies ist auch die

Erklärung für die Verwendung von Eis oder alternativ tief-

gekühlten Früchten.

So manches ungeliebte Unkraut der Gärtner wird so un-

versehens zur Nahrungsergänzung. Prägnante Pflanzenpor-

träts bringen die wichtigsten Eigenschaften der verwende-

ten Pflanzen und Kräuter auf den Punkt. Allerdings ist die

Bildgebung der Pflanzen nicht sehr gelungen. Da hätte ein

wenig Variationsbreite viel geholfen, denn mit diesen Be-

schreibungen und Bildern alleine traut sich wohl kein Un-

kundiger an das Sammeln der beschriebenen Pflanzen.

Berko Schröder, Christa Bastgen und Stefanie Zurlutter

Welche essbare Wildpflanze ist das? KOSMOS Naturführer

• Gelesen von Anita Ginter

Dieser reich bebilderte Füh-

rer durch die Flora der ess-

baren Wildpflanzen ist von

echten Experten auf diesem

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

Berko Schröder, Christa Bastgen und Stefanie Zurlutter

Welche essbare Wildpflanze ist das?KOSMOS Naturführer Paperback, 256 Seiten

Franckh-Kosmos Verlag, 2017

ISBN: 344015193X

182,99 €

Gebiet gestaltet worden. Sie gehen täglich praktisch und

pädagogisch mit Wildpflanzen um und wissen daher um die

Schwierigkeiten, die sich beim Bestimmen von Wildpflanzen

auftun können. In manchmal geradezu historisch anmuten-

den Formulierungen versuchen sie dem geneigten, aber bo-

tanisch unkundigen Leser die hohe Kunst der Pflanzenbe-

stimmung nahe zu bringen. Die Fotografien werden dabei

immer wieder durch Zeichnungen ergänzt.

Das Buch ist reich gefüllt, kann aber immer noch auf Spa-

ziergänge und Wanderungen mitgenommen werden um vor

Ort die beschriebenen Merkmale zu vergleichen. Für alle, die

in die Thematik Nahrungsergänzung mit Wildpflanzen ein-

steigen wollen, ist dieser kompakte Führer ein willkommenes

Basiswerk.

Nutzen Sie den Frühbucher-Rabatt bis 15.8.2017! Anmeldung unter:www.daegak.de/daegak/kongress-2017/

DÄGAK-Kongress in Ludwigsburg6. – 8. 10.2017

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J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

VE RMISCHTES · AUFGEMERKT

42

Immer wieder beklagen Patienten nächtliche Krämpfe, vor

allem in den Waden, und fragen nach dem Nutzen von Ma-

gnesium. Dabei habe ich mich schon immer gefragt, warum

ausgerechnet die Wadenmuskulatur bei Magnesiummangel

nächtens zu Krämpfen neigen sollte und nicht etwa der Bi-

zeps oder der Gluteus maximus oder welcher andere Mus-

kel auch immer. Der Mangel an Magnesium erscheint mir da

nicht schlüssig. Magnesiumpräparate werden zur Linderung

und Prophylaxe von Muskelkrämpfen (meist als idiopathisch

bewertet) im TV beworben, von vielen Patienten selbständig

eingenommen oder von Ärzten verschrieben bzw. empfoh-

len. Die Daten randomisierter, placebokontrollierter Studien

sind bezüglich Nutzen und Unsinn widersprüchlich und wer-

den mit unterschiedlicher Bioverfügbarkeit des Magnesiums

begründet (1). Israelische Forscher haben nun eine eben sol-

che Studie zum Magnesiumoxid veröffentlicht. Erwachsene

mit einem Durchschnittsalter von knapp 70 Jahren mit we-

nigsten 4 Krampfereignissen pro Woche erhielten entweder

Magnesiumoxidmonohydrat als Kapseln (entspricht 520 mg

freiem Magnesium) oder Placebo über 4 Wochen. In beiden

Gruppen reduzierten sich die Krampfepisoden zwar, dies je-

doch ohne jede Signifikanz zwischen den beiden Gruppen.

Auch die beobachteten Veränderungen bzgl. Dauer und

Schwere der Krämpfe waren nicht signifikant.

Prof. Dr. Ingo Froboese von der Deutschen Sporthochschule

Köln hat die Ergebnisse kommentiert: “Die Studiendaten ma-

chen deutlich, dass eine Substitution von Magnesium zur Re-

duzierung nächtlicher Muskelkrämpfe nur sehr eingeschränkt

wirkt.“ Darüber hinaus stellte er fest, dass ein solches Ergeb-

nis zu erwarten gewesen sei, da für die muskulären Kramp-

fereignisse in aller Regel nicht ein Mineralverlust oder -man-

gel, sondern meist eine neuromuskuläre Ermüdung oder

Fehlsteuerung ursächlich sei. Beides lässt sich, wie wir AK´ler

wissen, mit funktioneller Muskeldiagnostik untersuchen. Zu-

dem bestehen strukturelle Therapieansätze vor dem Hinter-

grund, dass ein Muskelkrampf immer auch Ausdruck von zu

VON MICHAL WITTKE

Aufgemerkt!Kurz und knapp aus AK und drum herum

Nächtliche Muskelkrämpfe: Magnesium oder nicht Magnesium?

wenig ATP (Weichmacher des Muskels) in der Muskelzelle ist.

ATP kann jedoch in den Zellen nur produziert werden, solan-

ge über die Kapillaren in die extrazelluläre Matrix Nährstoffe

und Sauerstoff abgegeben werden. Damit diese in die Zellen

gelangen, braucht es konstante Bedingungen wie ein stetes

Konzentrationsgefälle, intakte Membranpumpen, geeignete

Druckverhältnisse, eine Zirkulation der Flüssigkeit in der Zell-

umgebung, wobei ein zentrales Element für den geordneten

Stoffaustausch die rhythmische Bewegung von Muskelzellen

ist. Wenn genügend ATP in ungespaltener Form vorliegt, ent-

spannt sich der Muskel. Verarmt oder fehlt ATP, so erstarrt

der Muskel, ein Phänomen, welches wir in seiner Vollausprä-

gung als Leichenstarre kennen.

Sämtliche detonisierenden und damit die Durchblutung und

Versorgung der Zellen verbessernde Maßnahmen erscheinen

sinnvoller zu sein, als die alleinige Einnahme von Magnesium.

Zu diesen Maßnahmen zählen z. B. die Triggerpunktbehand-

lung, Massagen, Dehnungsübungen und insbesondere die

Matrix-Rhythmus-Therapie. Im Vordergrund steht jedoch die

Korrektur möglicher übergeordneter Störungen im Nerven-

system, wie wir sie mit den Methoden der AK auffinden kön-

nen, um Fehlbelastungsmuster zu beheben. Darüber hinaus

kann mit AK auch das optimale Mineralsalz und die Galenik

getestet werden: Das in der erwähnten Studie verwendete

Magnesiumoxid mag nicht das optimal bioverfügbare sein.

Ebenso sind die andern Hauptmineralien Kalzium und Kalium

als „Krampflöser“ zu bedenken und zu testen.

Praxis für Umfassende Orthopädie · Sägemühlenstraße 3 · 29221 Celle

Literatur1. Garrison SR, Allan GM, Sekhon RT, et al: Magnesium

for skeletal muscle cramps. Cochrane Datbase Syst Rev.

2012; DOI: 10.1002/14651858.CD009402.

2. Maor NR, Alperin M, et al.: Effect of magnesium oxide

supplementation on nocturnal leg cramps. A randomized

clinical trial. JAMA Intern Med 2017; 177: 617-613

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B A N D 5 · A U S G A B E 2 · J A H R G A N G 2 0 1 7

V ERMISCH TES · AU F GEMERKT

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DAS IMMUNSYSTEMUNTERSTÜTZEN

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