DEUTSCHE EIGENHEIM Neue Räumlichkeiten TelTown Berlin Buch

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Neue Räumlichkeiten TelTown Berlin

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Zukünftig wird die Deutsche Eigenheim ihre Vorzeigeprojekte in Büchern dokumentieren. Dieses Buch ist das erste in der Reihe und hat TelTown Berlin – und die Stadt Teltow – zum Inhalt. Wir möchten damit unseren baukulturellen und somit gesellschaftlichen Anspruch vermitteln.

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Neue RäumlichkeitenTelTown Berlin

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BeRliN

Potsdam

teltowWannsee

Erkner

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Zukünftig wird die deutsche eigenheim ihre Vorzeigeprojekte in Büchern dokumentieren. dieses Buch ist das erste in der Reihe und hat teltown Berlin – und die stadt teltow – zum inhalt. wir möchten damit unseren baukulturellen und somit gesellschaft-lichen anspruch vermitteln.

Die Deutsche Eigenheim hat sich viel vorgenommen: Mit unserem einzigartigen, multidisziplinären Ansatz wollen wir die Baukultur im Markt des Haus- und Wohnungsbaus in den deutschen Ballungsräumen verändern und auf ein neues Niveau bringen, mit dem Anspruch, Deutschlands erste Adresse für wertvollen Wohnraum zu werden. Entdecken Sie in diesem Buch, was uns antreibt: Wir möchten das Lebensgefühl der Teltower verstehen, wir möchten mitbekommen, was sie aus ihrer Stadt machen. Wir möchten ihre Geschichte und ihre Geschichten hören und mit diesem Buch weitererzählen: Wie hat Teltow sich entwickelt, wo geht es in Zukunft hin? Was heißt es, in Teltow zu leben, wie fühlt es sich an – und wie schmeckt es (dafür haben wir für Sie Teltower Rezepte neu entdeckt)? Wir setzen uns in diesem Buch mit vielen Aspekten der Stadt Teltow und ihrer Bewohner auseinander und laden Sie dazu ein, daran teilzuhaben. Und wir berichten Ihnen, wie die Deutsche Eigenheim mit dem Bauprojekt TelTown Berlin dazu beiträgt, Teltow auch in Zukunft zu einer der besonders liebens- und lebenswerten Städte Deutschlands zu machen.

Thomas Schwinger-CaspariSprecher des VorstandsCD Deutsche Eigenheim AG/Designbau AG

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der Raum ist ein Geflecht von beweglichen elementen. er ist gewissermaßen von der Gesamtheit der Bewegungen erfüllt, die sich in ihm entfalten. Michel De Certeau

Als Projektentwickler und verantwortlicher Träger im Bereich Wohnungsbau sind wir stete Teilnehmer an Wandlungsprozessen in Architektur und Gesellschaft. Was wir realisieren, verändert das Bild der Umwelt und die Entwicklung der unmittelbaren Umgebung. Vor allem aber beeinflusst es das Leben der Menschen, die in unseren Räumen wohnen und sie zu ihren Räumen machen. Sinnstiftend gebaut wurde dann, wenn die Menschen gerne leben, wo sie wohnen. Bedürfnisse und Anforderungen an Wohnraum sind dabei immer Zeichen der Zeit, die sich in das Denken und Gestalten einschreiben.

Mit unserer langjährigen Erfahrung sehen wir uns in der Verantwortung, diese Pro-zesse aufzugreifen und sie in wertvolles Wohnen zu übersetzen. Bei der Umsetzung unserer Ideen arbeiten wir eng mit Partnern zusammen, die unseren Ansatz einer innovativen Architektur teilen. Neue Sichtachsen und Perspektiven eröffnen sich dann, wenn man Konventionelles hinterfragt, analysiert und weiterentwickelt. Wir sind überzeugt, dass offenes Denken und Gestalten zu räumlichen Transformationen und somit auch zu erweiterten Wahrnehmungs- und Nutzungsmöglichkeiten führt. Was wir aufzeigen wollen, sind: Neue Räumlichkeiten.

Neue Räumlichkeiten

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/ Was bedeutet wohnen und wie kam es dazu?

/ Architektur

/ Mensch und Raum

/ Landschaftsgestaltung

/ Energiekonzept

Teltow-Das Porträt einer Stadt

Das Projekt TelTown Berlin

Wir über uns - Die Deutsche Eigenheim

inhaltsverzeichnis

/ Geographische Lage und Historie

/ Die Menschen machen die Stadt, nicht Häuser

/ Wirtschaftsstandort Teltow

/ Teltow und Ich

/ Der ursprüngliche Geschmack der Region

Prolog

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Liebe Leserin, Lieber Leser

mein Name ist Marie Sudau. Ich habe nach meinem Bachelor-Abschluss in Deutsch und Europäischer Ethnologie/Volkskunde an der Universität zu Kiel die sich mir bietende Gelegenheit genutzt, an diesem spannenden Buchprojekt der Deutsche Eigenheim teilzuhaben und es mitgestalten zu dürfen. Als freie Autorin für die Deutsche Eigenheim habe ich mich unbefangen und neugierig mit der Thematik auseinandersetzen können und hineinfinden müssen, ebenso wie Sie, die Sie Teltow und das Projekt TelTown Berlin Seite für Seite kennenlernen werden.

Bei meiner Recherche habe ich zahlreiche Bücher der Bibliothek der Humboldt Uni-versität zu Berlin zu Rate gezogen und mich mit Städtebau, Architekturpsychologie und Landschaftsgestaltung beschäftigt. Daneben habe ich mit ganz verschiedenen Menschen ausführliche Interviews geführt, vom Bürgermeister bis zur Bäckereiange-stellten und natürlich mit allen Projektbeteiligten und dem Vorstand der Deutsche Eigenheim. Mein Anspruch bei der Informationsverarbeitung war, sie authentisch darzustellen und zugleich ästhetisch zu vermitteln und sie in einen kulturellen und sozialen Kontext zu stellen, um Ihnen eine unterhaltsame und dennoch informative Lektüre zu ermöglichen.

Das alles wäre nicht möglich gewesen, hätte ich nicht geduldige und engagierte Interviewpartner getroffen, deren Bekanntschaft gemacht zu haben mir auch im Nachhinein noch eine Freude ist. Bevor nun diese einführenden Worte ein solches Ausmaß annehmen, dass Sie hastig weiterblättern, möchte ich Sie dazu einladen sich mit mir auf eine interessante Reise nach Teltow zu begeben.

Prolog

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teltow das Porträt einer stadt

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Geographische Lage und HistorieTeltow liegt zwischen Berlin und Potsdam im Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg und zählt mittlerweile dank stetem und anhaltendem Bevölkerungswachstum 23.000 Einwohner. Bereits diese grobe Verortung der Stadt lässt ihre Qualität erahnen. Gelegen zwischen Bundes- und Landeshauptstadt im Herzen des grünen Bundeslandes Brandenburg hat Teltow viel zu bieten: besonders das spannungsvolle Verhältnis zwischen idyllischem Charme im Grünen und urbaner Erlebniswelt. Das Erfahren beider Lebensräume ermöglicht die direkte S-Bahn Anbindung an Berlin-Mitte und den Teltowerkanal mit angeschlossenen Erholungs-gebieten. Neben diesen gegenwärtigen Vorzügen, blickt die Stadt auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurück. Diese Historie hat die Stadt zu dem geformt, was sie heute ist und wofür sie steht, mit Menschen, die sich ihr verbunden fühlen und sich mit ihr identifizieren, in ihr eine neue Heimat gefunden haben oder deren Heimat sie schon seit Generationen ist.

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Der Zeitpunkt der Erstbesiedelung Teltows lässt sich heute nicht mehr ausmachen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Teltow jedoch 1265, ab diesem Zeitpunkt besitzt sie auch Stadtrecht. In Teltow, damals noch Ackerbürgerstadt, eine Stadt deren wirtschaftliche Grundlage größtenteils die Landwirtschaft ist, ließen sich aufgrund der günstigen Lage schon früh weitere Wirtschaftszweige nieder. Um 1375 lebten rund 800 Einwohner in 119 Familien in Teltow.

Da die Bewohner ihre Häuser aus Stroh und Holz gebaut hatten, wurde die Stadt immer wieder von flächendeckenden Bränden heimgesucht. Den verheerendsten erlebten die Teltower im Jahr 1711, bei dem kaum ein Haus verschont blieb, lediglich der Wilmersdorfsche Hof, das Pfarrhaus und ein Baderhaus blieben unversehrt. Um die Stadt schnellstmöglichen wieder aufbauen zu können, verzichtet Preußens König Friedrich I. drei Jahre auf den Pachtzins der Bürger und unterstützte den Wieder-aufbau mit Bauholzspenden. Im Jahr 1801 verzeichnet die Stadt den letzten schweren Brand, dem unter anderem die Andreaskirche und das Rathaus zum Opfer fielen. Im Jahr 1812 konnte die wiederaufgebaute Andreaskirche feierlich eingeweiht werden.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts begann der umfangreiche Anbau der beliebten Teltower Rübchen, denen in diesem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Das Rübchen verhalf der Stadt zu einem bescheidenen Wohlstand, aber vor allem zu Bekanntheit über die Stadtgrenzen hinaus. Im Jahr 1815 wurde Teltow zur Kreisstadt des neugebildeten Land-kreises Teltow ernannt. Weitere Meilensteine in der Wirtschafts- und Stadtentwicklung waren die Eröffnung des Bahnhofs 1901 und der Anschluss an die märkischen Wasserstraßen durch den Teltowkanal 1906. Im Jahr 1912 entsteht am Rand der Stadt ein Flugfeld, von dem aus Gustav Witte den ersten 40-minütigen Nachtflug in der deutschen Fluggeschichte startet.

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In den 1930er Jahren, im Zuge der Industrialisierung, stieg der Bedarf an Wohnraum erheblich an, sodass sich die Stadt weit über ihren alten Stadtkern hinaus ausdehnte und fortwährend neuer Siedlungsraum erschlossen wurde. Während des Zweiten Weltkrieges ließen einige hundert Bürgerinnen und Bürger durch unmittelbare Kriegseinwirkung ihr Leben und die Stadt wurde zu großen Teilen durch Luftangriffe zerstört, sodass von dem ursprünglichen Teltow heute lediglich der Altstadtkern erhalten ist. Im April 1945 wurde die Stadt durch den Einmarsch der Roten Armee befreit. Auch von der Teilung Deutschlands und dem Bau der Berliner Mauer war Teltow durch seine unmittelbare Nähe zur Grenze direkt betroffen, es mussten beispielsweise wichtige Verkehrsanbindungen, die zuvor durch West-Berlin führten, umgeleitet werden.

Betriebe vornehmlich im Bereich der Elektrotechnik, wuchsen zu DDR-Zeiten zu Großbetrieben heran, die den Bedarf an Arbeitskräften und damit verbunden an Wohnraum erhöhten, der im Laufe der 1970er Jahre gedeckt wurde. Mit dem Ende der DDR stand Teltow wie viele andere ostdeutsche Städte vor neuen Herausforderungen, wie politischer und industrieller Um- und Neustrukturierung. Mit der Gründung von Programmen, wie der „Lokalen Agenda 21“ zum Zweck der Entwicklung von Verkehr, Stadtentwicklung und Umweltangelegenheiten, schreibt Teltow seine Erfolgsge-schichte in die Gegenwart fort. Auch wenn hier nur ein kurzer Einblick in die Historie Teltows gegeben werden konnte wird doch schon ablesbar, dass Teltows Geschichte nicht nur eine lange ist, sondern auch eine im höchsten Maße bewegte. Die Geschichte einer Stadt, die von großen Ereignissen der deutschen Geschichte direkt betroffen war und davon sicherlich noch eine Menge mehr zu erzählen hätte.

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Es ist nicht mein erster Besuch in Teltow. Mittlerweile habe ich das Städtchen schon das ein oder andere Mal besucht. Dabei hat es mir, so wie auch heute, immer wieder neue Gesichter gezeigt. Bei einer Altstadtführung im Juli überraschte uns der Platzregen und nötigte uns zu einer Flucht ins Bürgerhaus. Aus dem Platzregen wurde ein ausgewachsenes Sommergewitter, das Wasser rann nur so von den frischsanierten Altstadtfassaden, die wir nun nur aus dem Fester unseres Zufluchtsorts heraus betrachten konnten.

die menschen machen die stadt, nicht Häuser

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Schade war’s, hatte man sich doch samstags morgens eigens für diesen Anlass aus dem Bett gequält. Aber so ein Sommerregen, der auf das alte Kopfsteinflaster der Altstadtstraßen prasselt, versprüht selbstredend seinen ganz eigenen Charme. Und den ausführlichen Erzählungen des Altstadtführers lässt sich, ein gewisses Maß an Phantasie vorausgesetzt, auch folgen ohne das besprochene Gebäude direkt vor Augen zu haben. Die lohnenswerte Führung endet im Teltower Heimatmuseum, das im ältesten Haus der Stadt untergebracht ist, in dem es sich herrlich in den Relikten der nun schon 750 Jahre alten Stadtgeschichte stöbern lässt und wo bemerkenswerte Entdeckungen zu machen sind.

Mein nächster Besuch Teltows ergab sich anlässlich der Fotoaufnahmen, die Sie in diesem Buch abgebildet sehen. Es war nicht bloß ein heißer Sonntag im August, sondern der seit Tagen angekündigte heißeste Tag des Jahres 2012. Schon der zehn-minütige Fußweg von der S-Bahn-Station bis in die Altstadt ließ mich eine Abkühlung herbeisehnen. Auf dem Weg dorthin traf man an diesem Sonntagmorgen kaum einen Menschen, lediglich unserer Fotografin, gebürtige Mexikanerin aus Mexiko Stadt, schien die Hitze deutlich weniger zu schaffen zu machen. Im Gegenzug für das Brüten in diesem Glutofen wurden wir jedoch mit einem strahlend blauen Himmel entlohnt, der jedes einzelne Bild zum Leuchten bringt.

Bei meinem dritten Besuch, der an dieser Stelle eigentlich das Thema dieses Kapitels sein soll, hatte ich mir den ersten ungemütlich stürmischen Herbsttag im Oktober ausgesucht, mein Weg von der S-Bahn in Richtung Altstadt führte jenes Mal direkt auf den Marktplatz und zum angrenzenden Neuen Rathaus, wo ich einen Termin mit dem Bürgermeister Thomas Schmidt hatte.

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Nachdem die Haare gerichtet und der erste Schluck des wärmenden Kaffees ge-nommen war, war ich bereit, mehr über Teltow zu erfahren. Der einprägsame Slogan im Grußwort des Bürgermeisters auf der Homepage der Stadt Teltow, von Thomas Schmidt selbst ausgewählt, lautet: „Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt“. Darüber möchte ich mehr erfahren. Nicht nur Thomas Schmidt selbst steht vollends zu und hinter diesem Sprichwort aus dem Englischen. Auch aus der Bevöl-kerung habe er dafür viel Feedback und Zuspruch erhalten. „Der Bürger mache das Leben und die Seele der Stadt aus, die Architektur und die Häuser wiederum bilden das Gesicht“, das leuchtet ein, wäre eine Stadt ohne Bürger doch wie ein schöner Körper ohne Seele. Das klingt poetisch, Herr Schmidt, aber wie gibt man den Bürgern praktisch die Möglichkeit, „die Stadt zu machen“? Durch transparentes Arbeiten und das Gewährleisten eines Mitspracherechts, das fördere die Teilhabe der Bevölkerung, lautet seine Antwort. Diese Arbeitsweise ließe selbstredend auch Spannungsfelder entstehen, denn wo es viele verschiedene Meinungen gibt, ist es weniger einfach zu einem gemeinsamen Nenner zu gelangen. Aber Thomas Schmidt scheint solche Art Reibungen nicht zu scheuen und seine Bürger danken es ihm mit hohem Engagement in der Stadt, z.B. durch das Übernehmen von Ehrenämtern.

Wir wissen nun also, dass die Bürger Teltows ihre Stadt machen und auch wie sie dies tun. Womit sich die Frage danach auftut, was sie denn aus der Stadt machen. Was ist das Lebensgefühl, das Teltow vermittelt, was macht die Stadt zu einer Heimat?

Besonders betont Thomas Schmidt hier, dass Teltow keine sogenannte Schlafstadt sei, was, da sind Thomas Schmidt und ich uns einig, für eine Stadt dieser Größe und gelegen zwischen Landes-und Bundeshauptstadt nicht selbstverständlich ist. Dieses Spannungsverhältnis der Lage zwischen Potsdam und Berlin, scheint Teltow nicht im geringsten zum Nachteil gereicht zu haben. Vielmehr prägt es das Lebens-gefühl auf positive Weise. Teltow selbst hat neben Arbeitsplätzen - die Arbeitslosen-quote liegt bei 4,6% - auch einiges anderes zu bieten, dass es schade wäre, seine Zeit dort ausschließlich arbeitend oder schlafend zu verbringen. Also Herr Schmidt, jetzt bitte mal mit drei Worten auf den Punkt gebracht, was macht Teltow aus? „Leben, touristisches Erleben und Arbeiten am Wohnort“ Lautet seine Antwort.

Das Wort „Heimat“ stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet ursprünglich „zu Heim“. Und meint heute im allgemeinen Sinne eine Gegend zu der – aufgrund tatsächlichen Herkommens oder vergleichbarer »ursprünglicher« Verbundenheitsgefühle – eine unmittelbare und für die jeweilige Identität konstitutive Vertrautheit besteht.

Was macht die Stadt zu einer Heimat?

Was macht Teltow aus? „Leben, touristisches Erleben und Arbeiten am Wohnort.“Thomas Schmidt - Bürgermeister von Teltow

Quelle: Brockhaus

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Ich erzähle Thomas Schmidt, dass ich bei meiner verregneten Altstadtführung im Juli vieles über die Stadtgeschichte gelernt habe, unter anderem dass die Stadt schon dreimal vollständig niedergebrannt ist und von den Teltowern immer wieder aufs Neue mühselig aufgebaut wurde, die Teltower scheinen ihre Stadt sehr zu lieben und zudem ein optimistisches Gemüt zu haben. Ist das noch heute zu spüren und wenn ja, woher kommt das? „Die Bürger haben sich schon seit eh und je sehr mit ihrer Stadt identifiziert.“ Und dieses Identifizieren geht nicht im Laufe der Jahrhunderte verloren. Teltow blickt immerhin auf eine beträchtliche Stadtgeschichte von fast 750 Jahren zurück.Wie lässt sich dieses Zugehörigkeitsgefühl aufrechterhalten? „Daran muss natürlich aktiv gearbeitet werden. Vor allem bei der Jugend muss ein Bewusstsein geschaffen und das Wissen über die Stadt und ihre Geschichte tradiert werden, um es am Leben zu erhalten. Deswegen vermitteln wir das stadt-geschichtliche Wissen auch an Schulen. Im letzten Jahr haben wir beispielsweise ein Projekt mit einer Abiturklasse durch-geführt, mit der wir an einem Denkmal für die Opfer des 17.Juni gearbeitet haben. Das Engagement und die Resonanz der Schüler war überwältigend und sie sind stolz wie Oskar, dass ihr Denkmal jetzt auf dem Hamburger Platz steht.“

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Um nun nochmals auf die Altstadt zurückzukommen, dort hat sich in den vergan-genen Jahren viel getan und ein umfassender Sanierungsplan wurde umgesetzt. Ist das Projekt jetzt abgeschlossen? Die Altstadt sei das unangefochtene Herzstück der Stadt, antwortet mir Thomas Schmidt auf diese Frage und ein gewisser Stolz ist dabei nicht zu überhören. Das Großprojekt Altstadtsanierung steht kurz vor dem Abschluss, aber es gibt bereits neue Pläne, die Teltow in der Zukunft noch attraktiver werden lassen sollen. Das Potenzial des Teltowkanals soll beispielsweise besser ausgeschöpft werden. Dieser verläuft in direkter Nähe zur Innenstadt. Um einen Eindruck zu vermitteln wie nahegelegen es ist, hat Thomas Schmidt eine unterhalt-same Anekdote parat. So konnte er eines Nachmittags im Sommer des letzten Jahres von seinem Fenster im Rathaus, von dem man direkt auf den Marktplatz blickt, eine Familie beobachten, die einen Kajak über ebendiesen Marktplatz trug, um an das Ufer des Teltowkanals zu gelangen.

Ob dies das auschlaggebende Ereignis war, das Thomas Schmidt von der Unabding-barkeit eines Stadthafens überzeugte, oder ob diese Entscheidung zu diesem Zeit-punkt schon getroffen war, ist nicht übermittelt. Die bereits 2011 errichtete Terrasse am Teltowkanal wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen und genutzt. Nun sollen die Nutzungsmöglichkeiten der Wasserstraße weiter ausgebaut werden. Der geplante Stadthafen wird dann sicher zu einem Highlight und Besuchermagneten werden.

Die Altstadt sei das unangefochtene Herzstück der Stadt, antwortet mir Herr Schmidt auf diese Frage und ein gewisser Stolz ist dabei nicht zu überhören.

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Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es mir, zu erfahren, wie sich das kommunale Klimaschutzkonzept der Stadt gestaltet. Ich weiß bereits, dass der Stadt, wie auch uns bei der Realisierung unserer Projekte, sehr an energetisch wertvollen und umweltfreundlichen Lösungen gelegen ist. Thomas Schmidt berichtet mir, dass die Stadt sich schon seit Jahren damit auseinandersetzt und ausdrückliche Ziele ver-folgt. Thomas Schmidt selbst hat bei der Anschaffung seines Dienstwagens streng auf die Einhaltung des Klimaschutzgesetzes geachtet. Rasch betont er, dass das ja nur ein ganz kleiner Schritt sei. Aber einer in die richtige Richtung, entgegne ich ihm. Außerdem ehre ihn doch die Tatsache, dass er sich aufgrund seiner Autowahl schon das ein oder andere Mal habe belächeln lassen müssen, wie er mir zuvor verriet. Dieses Kompliment nimmt er letztlich doch gerne an. Darüber hinaus gebe es im Haus eine Klimaschutzbeauftragte, die individuelle Sprechstunden für Privathaus-halte anbiete und auch Informationsveranstaltungen in größerem Rahmen organisiere. Außerdem, betont Thomas Schmidt, sei Teltow Mitglied eines Klimaausschusses auf europäischer Ebene, bei dem es darum geht, miteinander und voneinander zu lernen.Dabei sind Einwohnerzahlen und Flächengröße irrelevant, jeder lerne dort von jedem. Denn, so sagt er, „gute Ideen werden überall geboren “ - auch in Teltow. Denn sie war die erste Kommune Brandenburgs, die Mitglied in besagtem Ausschuss wurde.

Thomas Schmidt selbst hat bei der Anschaffung seines Dienstwagens streng auf die Einhaltung des Klimaschutzgesetzes geachtet.

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Natürlich interessiert mich nicht nur das Hier und Jetzt, auch über die Zukunft der Stadt möchte ich etwas erfahren, Teltow hat in den vergangenen Jahren enorm an Einwohnern zugelegt wohin wird die Reise gehen? Thomas Schmidt lässt mich wissen, dass ein Einwohnerzuwachs natürlich nicht grenzenlos möglich ist, dafür gebe es schlicht und ergreifend keine Kapazitäten. So wird prognostiziert, dass die Stadt in den kommenden 20 Jahren bis auf eine Einwohnerzahl von 28.000 anwachsen wird und ein Wachstum darüber hinaus nicht möglich ist.

Aber noch ist Wohnraum vorhanden und die Deutsche Eigenheim arbeitet daran, diesen noch weiter auszubauen, was mich zu meiner nächsten Frage bringt: Was halten Sie als Bürgermeister und ihre Bürger von dem bereits entstandenen Wohn-gebiet in Teltow Mühlendorf und dem weiteren Ausbau mit TelTown Berlin? „Das Wohnquartier steht für komfortables Wohnen und das Vorhandensein hochwertigerWohnkultur in Teltow“, antwortet Thomas Schmidt auf überzeugende Art und Weise. Neben dem Entstehen moderner Wohnkultur seien natürlich die Menschen, die es von nah und fern neu nach Teltow zieht, eine Bereicherung für die Stadt. Sie zeigen sich als engagierte Bürger. Das Viertel ist also ein ganz natürlich integrierter und akzeptierter Bestandteil der Stadt und forme ebenso wie alle übrigen Stadtteile das Bild Teltows.

Thomas Schmidt sieht in dem Viertel also Potenzial und einen enormen Gewinn für die Stadt, auch die alteingesessenen Bürger seien aufgeschlossen und neugierig gegenüber den Dingen, die dort geschehen und geschehen werden.

„ Das Wohnquartier steht für komfortables Wohnen und das Vorhandensein hochwertiger Wohnkultur in Teltow.“

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Nachdem essentielle Fragen über Bevölkerungsprognosen und Klimaschutzge-setze beantwortet sind, möchte ich doch noch das ein oder andere Persönlichere beantwortet wissen. Wo zum Beispiel ist Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Teltow, Herr Schmidt? Er muss nicht lang überlegen, um mir diese Frage zu beantworten, die Antwort kommt blitzschnell: Es ist der Marktplatz, der eine ganz besondere Atmosphäre habe und eine angenehme Wärme ausstrahle. Und auch das Areal um den See im TelTown Berlin Gebiet habe es nicht nur ihm, sondern auch vielen ande-ren Einwohnern Teltows besonders angetan. Diese kleine grüne Oase mit dem See in der Mitte lockt Menschen und Wasservögel gleichermaßen an und hat sich in den letzten Jahren zu einem einmaligen Erholungsgebiet entwickelt, das nicht nur Teltow Mühlendorf sondern der gesamten Stadt zugutekommt.

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Meine letzte Frage bezieht sich nun auf die weit über die Grenzen Teltows bekannten Teltower Rübchen. Herr Schmidt, wie essen Sie ihre Teltower Rübchen am liebsten oder mögen Sie sie womöglich gar nicht? Es stellt sich heraus, dass Thomas Schmidt, der, wie ich erfahre, gelernter Koch ist, den feinen Geschmack der Rübchen sehr zu schätzen weiß und stolz ist auf diese lokale Spezialität, auf die er bei seinen Reisen durch Deutschland immer zuerst angesprochen wird.

„Das Erste und manchmal auch das Einzige, was den Leuten zu Teltow einfällt, ist tatsächlich das Teltower Rübchen, es ist eine richtige regionale Berühmtheit. Und ich esse es am liebsten klassisch zubereitet, das bedeutet gekocht und mit Butter und Zucker karamellisiert als Beilage zu Fleisch oder Fisch.“ Dieses klassische Rezept, das schon Jahrhunderte überdauert, ist natürlich nur eine von vielen Möglichkeiten, das Rübchen zu verarbeiten. Thomas Schmidt empfiehlt mir einmal das Rübcheneis im Landhotel Hammer zu probieren, es sei zwar nicht jedermanns Geschmack, aber ein außergewöhnliches Erlebnis für den Gaumen. Es gäbe neuerdings auch eine Rübchen-bratwurst, erzählt Thomas Schmidt, aber die habe ihm, trotz Rübchenleidenschaft nicht geschmeckt, da driften Erwartungshaltung, angesichts einer Bratwurst und tatsächlicher Geschmack dann doch zu sehr auseinander. Außerdem schwärmt er vom Rübchen Pafé und dem beliebten Rübchen-Schnaps, er würde mir ja gern ein Schlückchen zum Probieren anbieten, eine Flasche hätte er da, aber wir sind ja beide im Dienst, also doch besser ein andermal.

Vor einigen Jahren wurde dem Teltower Rübchen sogar ein Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gewidmet, nach dem Erscheinen des Artikels wurde der Rüb-chenbauer Szilleweidt von einem Besucheransturm aus dem näheren und ferneren Umland überrannt. Das traf ihn derart unvorbereitet, dass bei Weitem nicht jeder der Angereisten auch Rübchen hat mit nach Hause nehmen können. „Es gibt nur ein gewisses Maß an Kapazitäten, das auch kaum weiter ausgebaut werden kann. Denn es gibt nur begrenzt Anbaugebiete für die Rübchen, deren Ernte reine Handarbeit ist, und lediglich zwei Bauern, die sie überhaupt anbauen.“ Also bleibt es beinahe ausschließlich den Teltowern vorbehalten, ihre eigene Spezialität zu genießen. Die Rübchen bleiben also weiterhin eine Besonderheit wie alles, was rar gesät ist. Und das macht die Teltower um so stolzer, auf ihre Rübchen, ihre Altstadt, den Teltowkanal und noch vieles mehr, weswegen sie sich ganz selbstverständlich mit Teltow identifi-zieren und so im Umkehrschluss ihre Stadt machen und schon immer gemacht haben.

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wirtschafts-standort-teltowVon der Porzellanfabrik zum Hightech Gewerbepark

Teltow gilt als renommierter Standort für innovative Technologien und ist dafür über regionale Grenzen hinaus bekannt. Dies kommt nicht von ungefähr. Vielmehr haben Entwicklung und Technik in der Stadt eine lange Tradition, auf die es sich lohnt, einen Blick zu werfen.

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Betrachtet man die Wirtschaftsgeschichte Teltows darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die potentialstarke Konstellation des Dreigestirns Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf die Region Hand in Hand in einen attraktiven Wohn- und Wirtschafts-standort verwandelt hat. Dennoch soll auch an dieser Stelle der Fokus auf Teltow gerichtet bleiben.

Teltow erwies sich aufgrund seiner schon sehr frühen Verkehrsanbindung an Was-ser-und Schienenverkehr als industrieller Vorreiter der Region Potsdam Mittelmark – bereits vor dem Bau des Teltowkanals im Jahr 1906 und dem S-Bahnanschluss nach Berlin 1913. Diese infrastrukturellen Verbesserungen brachten der Stadt einen erheblichen Aufschwung. Nach der Eröffnung des Teltowkanals entstand 1909 ein Hafen mit Anschluss an die Teltower Eisenbahn. Dies ermöglichte den Güterverkehr und ließ die lokale Wirtschaft aufblühen.

Die erste große Industrieansiedlung war die Porzellanfabrik, die parallel zum Ausbau der Infrastruktur ihren Betrieb aufnahm. Die Teltower Porzellanmanufaktur wurde 1904 geründet, sie stellte bis 1911 Haushalts- und Tagesgeschirr her. Danach war sie für ihre Produktion von Industrieporzellan und technischen Artikeln aus Porzellan bekannt. Im Jahr 1931 stellte die Fabrik ihren Betrieb ein.

Im Zuge der Industrialisierung entwickelte sich die Region immer mehr zu einem florierenden Wirtschaftsstandort, der durch die Nähe zu Berlin und Potsdam und die sich stetig erweiternden Verkehrsanbindungen für Wachstum und Produktivität steht. Zu DDR-Zeiten zählten das Geräte- und Reglerwerk sowie das Mikroelektronik-Kombinat, zwei industrielle Großbetriebe, die auf die Herstellung elektronischer Bauteile spezialisiert waren und diese landesweit als Alleinhersteller produzierten,

Teltow blickt auf eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte zurück, immer vorwärts-gewandt und zugleich krisensicher.

zu den wichtigsten Arbeitgebern in Teltow. Seit der Wiedervereinigung hat sich der wirtschaftliche Kanon in Teltow gewandelt. Die großindustriellen Unternehmen, deren Waren landesweiten Absatz fanden, sind kleineren, mittelständischen und jungen Fabriken gewichen. Diese haben sich vor allem im Gewerbegebiet angesiedelt. Dort sind hauptsächlich Branchen wie Immobilien, Handel und Baugewerbe repräsentiert. Möchte man in Teltow heute ein Unternehmen gründen, vor allem in den Bereichen Informationstechnik, Telematik, Sensorik oder Automatisierungstechnik, ist man gut beraten, wenn man sich an das Technologiezentrum Teltow wendet. Es berät Existenzgründer und Unternehmer und stellt günstige Gewerberäume zu Verfügung. Seit seiner Gründung 1990 konnte es bereits über 140 Unternehmen zu einem er-folgreichen Start verhelfen. Viele von ihnen lassen sich nach ihrer Gründung in dem Gewerbepark Techno Terrain Teltow nieder, mit einer Größe von 600.000 Quadratme-tern ist es der größte innerstädtische Gewerbepark Brandenburgs. Die heterogene Betriebsstruktur innerhalb dieses Areals bietet optimale Bedingungen für Synergie-effekte zwischen den Unternehmen. Speziell unter Technologie-Unternehmen kann das Finden eines interessanten Partners mit komplementären Ideen einen enormen Fortschritt bedeuten. Ein Indiz für ein produktives Innovationsklima ist, dass der Innovationspreis Berlin-Brandenburg, der jährlich für herausragende Neuheiten ver-liehen wird, schon mehrmals an Unternehmen des Techno Terrains überreicht wurde.

Teltow blickt auf eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte zurück, immer vorwärtsge-wandt und zugleich krisensicher. Eine Stadt, die sich ihres Potenzials bewusst ist und dieses damals wie heute zu nutzen weiß, die sich von einer Ackerbürgerstadt zu einem vielversprechenden Standort für Großindustrie während der Industrialisierung entwickelte und heute für Innovation und eine überdurchschnittliche Dichte von qualifizierten Fachkräften steht.

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teltow und ich

Einen Blick in die Vergangenheit und auf die Gegenwart Teltows habe ich werfen können, nun interessieren mich die Gesichter der Menschen dieser Stadt und ihre ganz persönlichen Erfahrungen. Was verbindet die Menschen, die man in Teltow auf der Straße trifft, mit ihrer Stadt und wie nehmen sie sie wahr? Was hält sie dort oder was war es, das sie irgendwann einmal dorthin gezogen hat. Um auch Ihnen einige Gesichter der Stadt zeigen zu können, waren wir mit der Kamera in der Altstadt und in Teltow-Mühlendorf unterwegs. Glücklicherweise trafen wir viele aufgeschlossene Menschen, die sich an unserem Vorhaben interessiert zeigten und gerne bereit waren, Teil dieses Projekts zu sein.

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„Nein, geordneter als anderswo geht es auf den Teltower Stra-ßen nicht zu, aber schön sind sie und geschichtsträchtig.“

„Ich bin Pizzabäcker aus Leidenschaft. Mein Geschäft ist in der Altstadt gelegen und dieses besondere Flair genieße ich jeden Tag. Seit 2000 mache ich die Teltower mit meiner Pizza glücklich, besonders beliebt ist der Klassiker Salami“

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„Im Jahr 2002 habe ich in Teltow meinen persönlichen Traum vom eigenen Hundesalon verwirklicht. Meine Hunde und ich lieben den Teltowkanal, hier kann man toben und danach am Ufer Füße und Seele baumeln lassen“

„Im Dienstleistungsgewerbe fühle ich mich zu Hause. Der enge Kun-denkontakt ist das Beste daran und meine Teltower Kunden sind meist bei bester Laune.“

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„Hier in der Bäckerei Filiale Teltow-Mühlendorf ist mir die Sonntagsschicht die liebste, wegen all der jungen Familien, die ganz entspannt in den Tag starten.“

„In meiner Mittagspause genieße ich bei schönem Wetter die Ruhe am Teltower See. Dort lässt es sich wunderbar spazieren gehen und Wasservögel beobachten. Das gibt mir Kraft für die zweite Hälfte des Tages“

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Auch kulinarisch haben Teltow und sein Umland einiges zu bieten, um Ihnen den Geschmack Teltows näher zu bringen und es auf einer weiteren Sinnesebene erfahrbar zu machen, haben wir uns entschieden, dieses Kapitel dem Teltower Rübchen zu widmen. Das sogenannte Teltower Rübchen, welches innerhalb der Kohl-gewächse in die Gruppe der Speiserüben fällt, wurde vielerorts für so schmackhaft befunden, dass sich eigens zu seiner Erhaltung ein Förderverein formiert hat. Dessen erklärtes Ziel ist es die Rüb-chenspezialität einem breiten Publikum bekannt zu machen und durch Maßnahmen zum Ausbau der Anbauflächen auch der stei-genden Nachfrage gerecht zu werden.

Der ursprüngliche Geschmack der Region

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Der erlesene und aromatische Geschmack der weißen Rübe hat schon seit Jahr-hunderten zahlreiche Liebhaber. So ließ sie sich Goethe jährlich zur Erntezeit nach Weimar, der Papst Pius sogar bis nach Rom liefern und auch für Fontane gehörten sie zu einem Festmahl dazu. Goethes feinem Gaumen schmeckte das Rübchen mit Butter und Zucker in der Pfanne karamellisiert am besten. Auf diese Weise zubereitet bringt es das spezielle süßlich-scharfe Aroma hervorragend zur Geltung. Zudem sind die Rübchen besonders nährstoffreich und dabei kalorienarm. Die brandenbur-gische Spezialität mundete jedoch nicht nur Dichterfürsten und Päpsten, sondern ihr vorzüglicher Geschmack wurde auch von offizieller Seite verifiziert und für erhaltungs-würdig befunden. Daher wurde das unscheinbare Rübchen mit dem aromatischen, pikanten Geschmack 2008 Passagier der Arche des Geschmacks.

Die Arche des Geschmacks ist ein Slow-Food-Projekt zur Förderung von Biodiversität. Passagiere dieses Rettungsschiffs sind regionale sowie lokale Nutztier- und Nutz-pflanzenarten, für die es sich lohnt gegen den Prozess des Vergessens anzukämpfen, um ihnen einen Platz im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft zu sichern. Deutsch-landweit sind mittlerweile 30 Passagiere an Bord der Arche, die, wie auch unser Rübchen einen außergewöhnlichen Geschmack mitbringen, deren Existenz bedroht ist, die von historischer Bedeutung sind und identitätsstiftenden Charakter für die Region besitzen. Die Art des Anbaus und der Zubereitung wurde über Jahrhunderte tradiert und verfeinert und gehört ebenso wie Architektur, Landschaft oder lokale Feste zum Ausdruck regionaler Kultur und Vielfalt.

Mit dem Verschwinden individueller Kulturlandschaften geht jedoch auch das Aussterben regionaler Tier- und Pflanzenarten einher, welches auch das Teltower Rübchen bedroht. Aufgrund dessen möchten auch wir unseren Teil zum Erhalt der regionalen Esskultur beitragen, die im Zuge der Standardisierung von Lebensmitteln zugunsten industrieller Homogenität immer mehr in den Hintergrund rückt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist nicht nur das regionale Rübchen Bestandteil jedes Ganges unseres kleinen Rübchenmenüs, dessen Rezepte wir eigens konzipiert und für schmackhaft befunden haben, sondern ebenso weitere Lebensmittel die tradi-tionell Teil der brandenburgischen Küche sind und aus der Region stammen. Da Bran-denburg über viele Binnengewässer und Seen verfügt, ist Fisch aus der Küche nicht wegzudenken. Daher haben wir uns für Aal in der Rübchensuppe, Flusskrebs im Salat und Zander bei der Hauptspeise entschieden. Allen dreien ist es gemeinsam, dass sie hier besonders zahlreich in den Gewässern und auf den Tellern vorkommen. Sowohl bei der Suppe als auch bei unserem Hauptgericht haben wir beschlossen, die Kartoffel, die fest in Brandenburg verwurzelt ist, zu integrieren. Ihren großflächi-gen Anbau veranlasste Friedrich der Große. Um seine Kartoffelpropaganda, deren Leitspruch „Kartoffel statt Trüffel“ lautete, ranken sich mindestens so viele Mythen und Geschichten wie um seine Kriegsfeldzüge.

Der erlesene und aromatische Geschmack der weißen Rübe, hat schon seit Jahrhunderten zahlreiche Liebhaber.

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• ¼ Bund Schnittlauch

• 250 ml Geflügelbrühe

• Frischer Ingwer

• Lorbeerblatt

• Knoblauch 1 Zehe

• Zitronenabrieb

• 100 g Räucheraal

• 1 Schalotte

• 100 g Kartoffeln

• 400 g Rübchen

• Fleur de Sel

• Schwarzer Pfeffer

• Currysalz

• Piment dèspelete

• Koriandersamen

• Chilifäden

• Vanillezucker

• Crème Fraiche

• Butter gesalzen

Aal abziehen und in dünne Scheibchen schneiden. Kartoffeln in gesalzenem Wasser kochen, unter Hinzugabe von Lorbeerblätten. Rübchen schälen, in Würfel schneiden und 3 Minuten blanchieren. Die blanchierten Rübchenwürfel in einer Pfanne mit etwas gesalzener Butter und dem Vanillezucker anschwitzen, etwas fein gehack-ten Knoblauch (ggf. mit Zucker zerdrücken) hinzugeben sowie eine ¼ ganz fein gehackte Zwiebel.

Nun die Rübchen mit den Kartoffeln in einen Mixer geben und unter Beigabe der Geflügelbrühe pürieren. Alles in einen Topf geben, erhitzen, mit den angegebenen Gewürzen abschmecken und zum Schluss etwas Muskat von der Reibe sowie etwas Zitronenabrieb hinzufügen. Etwas Butter sowie zum Schluss 2 Esslöffel Crème Fraiche unterheben und unter Rühren kurz aufkochen lassen. Den Aal einlegen und mit Schnittlauch, Chilifäden und frittierten Rübchenscheiben garnieren.

Rübchensuppe

Zutaten (4 Potionen):

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• 1 große Schale Wildkräuter-Mischung

• 2 große Rübchen

• Frischer Meerrettich

• 200 g Flusskrebse

• Senf

• Crème Fraiche

• 1 Knoblauchzehe

• Olivenöl

• 100 ml Geflügelbrühe

• Brombeeresseig

• Fleur de Sel

• Schwarzer Pfeffer

• Currysalz

• Zitrone

• Eigelb

• Vanillezucker

• Piment d‘Espelet

• Muskatnuss

Flusskrebse in einer Pfanne mit Olivenöl unter Zugabe von fein gehackten Zwiebeln, etwas Knoblauch, Zitronenabrieb, Salz, Pfeffer, Piment anschwitzen und beiseite stellen.

dressing:

Geflügelbrühe, Créme Fraiche, Olivenöl, Brombeeressig, Senf, Gewürze, Eigelb in einen Shaker geben und kräftig durchschütteln, danach beiseite stellen.

Die Rübchen mit dem Sparschäler in feine Streifen schneiden und in dem Dressing kurz marinieren. Auf einer großen Platte den Wildkräutersalat mit dem Dressing anmachen.

Nun mit Rübchenstreifen und Flusskrebsen garnieren. Etwas Muskat und frischen Meerrettich darüber reiben sowie frittierte Rübchenscheiben als Garnitur hinzufügen.

Zutaten (4 Potionen):

Rübchen-wildkräuter-salat

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Zander mit Rübchenpüree

• 600 g Zanderfilet

• 100 g Kartoffeln

• 300 g Rübchen

• Frühlingszwiebel

• Geflügelbrühe

• Butter

• Créme Fraiche

• Fleur de Sel

• Schwarzer Pfeffer

• Piment d’Espelete

• Muskatnuss

Kartoffeln in gesalzenem Wasser kochen unter Hinzugabe von Lorbeerblättern. Rübchen schälen, in Würfel schneiden und 3 Minuten blanchieren.

In einen Topf etwas Butter geben, die fein gehackte Frühlingszwiebel etwas anschwitzen, Rübchen und Kartoffeln durch die Presse zugeben, kurz aufkochen lassen und die Geflügelbrühe zugeben, sodass ein geschmeidiger Brei entsteht. Mit Salz, Pfeffer, Piment d’Espelete und Muskat von der Reibe abschmecken. Zum Schluss etwas Créme Fraiche und Butterwürfel unterheben.

Zanderfilet in 8 gleich große Stücke schneiden, mit Salz, Pfeffer, Piment d’Espelete würzen, mehlieren und auf der Hautseite leicht einschneiden.

In eine heiße Pfanne etwas Butter geben und den Zander auf der Hautseite 2 Minu-ten kross anbraten, wenden, Hitze wegnehmen und weitere 2 Minuten ziehen lassen.

Den Zander mit dem Püree auf einem Teller anrichten und mit Schnittlauch garnieren.

Zutaten (4 Potionen):

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Glasierte Rübchen mit Käse überbacken

• 2 große Rübchen

• 100 g Taleggio

• Piment d’Espelet

• Currysalz

• Honig

• Zimt

• Butter

• Cointreau

Rübchen schälen und in ca. 1 cm große Stifte schneiden. Kurz blanchieren.

In einer Pfanne 2 Esslöffel Butter bei gemäßigter Hitze schmelzen und die Rübchenstifte zugeben. Das ganze ca. 5 Minuten ziehen lassen. Mit etwas Cointreau flambieren und mit Piment, Currysalz und Zimt abschmecken. Dann den Honig zugeben und die Rübchen mehrfach in dem Honigsud wenden.

Die Honigstifte in ein kleines flaches Förmchen geben, den Honigsud darüber geben, 2 Scheiben Taleggio auflegen und 1 Minute unter den Grill im Backofen zum Gratinieren geben.

Zutaten (4 Potionen):

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das Projektteltown Berlin

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was bedeutet wohnen und wie kam es dazu?

Die verborgenen, schönen und spannenden Seiten Teltows haben wir entdeckt, interessante Menschen haben ihren persönlichen Blick auf ihre Stadt mit uns geteilt. Die Atmosphäre der Stadt ist eingefangen und dokumentiert. Wir haben erfahren wie sich Teltow bei Regen anfühlt und wie der Geschmack der Region am aroma-tischsten auf der Zunge zergeht. Im zweiten Teil dieses Buches liegt der Fokus auf unserem Projekt TelTown Berlin. Mit der Rea-lisierung dieses und anderer Projekte deutschlandweit stehen wir in der Verantwortung, bedürfnisadäquaten und komfortablen Wohnraum zu schaffen. Nimmt man diese Aufgabe ernst, scheint es unvermeidbar, einen Blick auf die Definition der Begrifflichkeit des Wohnens und deren Ausdifferenzierung im Wandel der Zeit zu werfen, um das Bewusstsein für das dynamische Modell Wohnen zu stärken.

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Wohnen ist im Grunde etwas vollkommen Durchschnittliches, jeder von uns tut es und genau darin liegt die Bedeutsamkeit. Wohnen heißt Alltagsvollzug und bildet die Schnittstelle zwischen unserem beruflichen und öffentlichen Leben und unserer privaten Lebensdimension. Eben dieses Gewöhnliche macht das Wohnen zu einer repräsentativen Komponente in unserer persönlichen Inszenierung und unserer soziokulturellen Umwelt. In verschiedenen Wohnformen manifestiert sich einer-seits die gesellschaftliche Realität, und andererseits lassen sich die Reaktionen der Gesellschaft auf diese Realität ablesen. Wohnen ist also im gleichen Maße die Symbolisierung einer Gesellschaft, deren Konstrukt vom Wohnen über viele Jahr-hunderte entstand, und die eigene Reaktion auf diese vorkonstruierte Welt.

Das soziale Phänomen des Wohnens ist in stetem Wandel begriffen und wird maßgeblich von ökonomischen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen geprägt. Die tatsächliche Auseinandersetzung mit persönlichen Wohnraumwünschen wurde erst im Zuge der Urbanisierung des 19. Jahrhunderts tatsächlich relevant, zuvor waren diese vor dem Hintergrund der eingeschränkten bautechnischen und ökonomischen Möglichkeiten von geringer Bedeutung. Das Wohnen war nicht systematisch von der Arbeit getrennt. Mit der fortschreitenden räumlichen Differenzierung der beiden Lebensbereiche kam dann jedoch das Be-dürfnis nach neuen Wohnraumvariationen auf. Mit der Entfaltung der Gesellschaft modernisieren sich also auch die Grundrisse und die Ansprüche an den privaten Wohnraum. Die Grundbedürfnisse der Menschen verhalten sich dabei ahistorisch, lediglich die äußere Form innerhalb derer diesen Grundbedürfnissen nachgegan-gen wird, unterliegt einem diachronen Wandlungsprozess. Durch die Polarität des privaten und öffentlichen Lebens avancierte der Wohnraum zum Schauplatz des überwiegend außerberuflichen Lebens. Die eigenen vier Wände gelten als ein Ort der Nicht-Arbeit und Erholung, des sozialen und familiären Miteinanders, der Intimität und schützender Privatheit.

Von der Realisierung dieser idealtypischen Wohnvorstellung waren die Menschen selbstredend lange Zeit weit entfernt. Die Vergangenheit hat die unterschiedlichsten Formen des Wohnens hervorgebracht, welche wir mit unserem heutigen Verständnis nicht einmal als solche begreifen würden. Die Bergarbeiter im Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts mieteten, als sogenannte Schlafgänger, lediglich ein Bett. Auch Häufi-ger Wohnortwechsel, bedingt durch enorme berufliche Unsicherheit, die Hälfte der Arbeiter waren nicht länger als 11 Tage an einem Arbeitsplatz beschäftigt, waren an der Tagesordnung.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts fanden nun vielseitige Ein- und Ausgrenzungsprozesse statt, die spezialisierte Räume entstehen ließen, die lediglich einem Zweck dienten

Wohnen ist im Grunde etwas vollkommen Durchschnittliches, jeder von uns tut es und genau darin liegt die Bedeutsamkeit.

oder für nur eine Person bestimmt waren. Weiterhin fand eine Ausgrenzung weit entfernter Verwandter und Bediensteter statt. Diese beiden genannten grundlegenden Prozesse ließen schließlich familiengerechten Wohnraum und eine Kernfamilie, die diesen bewohnte, entstehen. In diesem Ausbilden einer Kernfamilie manifestierte sich die lange Tradition der bürgerlichen Ideologie, die Wohnen mit Familie gleichsetzt. Die Ausbreitung des neuen Berufsfeldes der Angestellten in den 1920er Jahren brachte eine Differenzierung der Wohnungen vor allem in Qualität und Größe mit sich und löste die 2-Zimmer-Küche-Wohnungen der Arbeiterfamilien in den Mehrfamilienhäusern ab.

Nach Kriegsende 1945 herrschte vor allem in Großstädten, die zu großen Teilen zerstört worden waren, akuter Wohnungsmangel. 1949 betrug der Wohnungsfehlbestand fünf Millionen Wohnungen. Viele Familien lebten in Notunterkünften, in Untermietverhält-nissen oder teilten sich mit mehreren Parteien eine Wohnung. In seinem vermutlich autobiografisch motivierten Aufsatz beschreibt Heinrich Böll den Mangel an Privatheit zu jener Zeit folgendermaßen: „Die neue Tapete reicht bis zu unserer Tür und der neue Anstrich bis auf die Mitte der Türfüllung, die den Eingang zu unserer Wohnung bildet: einem einzigen Raum, von dem wir durch eine Sperrholzwand eine Kabine abgetrennt haben, in der unser Kleinster schläft, und wo der Krempel abgestellt wird.“

1950 wird das erste Wohnungsbaugesetzt verabschiedet, das den sozialen Woh-nungsbau ermöglichte, durch den innerhalb weniger Jahre eine enorme Zahl an Wohnungen mit einfacher Ausstattung gebaut werden konnte und somit die Men-schen aus ihren beengten Notunterkünften befreit wurden. Im weiteren Verlauf der 1950er Jahre wurden die ersten grundlegenden Formulierungen zur Wohnungsbauför-derung auf den Weg gebracht, die in großen Teilen bis heute bestehen und einen bedeutenden Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik und den Wohnwünschen der Menschen eingeläutet haben. „Das Häuschen im Grünen“ und „die eigenen vier Wände“ werden zur favorisierten Wohnform, die Schutz und Geborgenheit suggeriert und das höchste Maß an Privatheit bietet.

In den 1960er entstanden die ersten Großsiedlungen an Stadträndern, in denen der Traum vom eigenen Haus verwirklicht werden konnte, das Statussymbol und gesunde Feierabendidylle weit weg vom Schmutz der Stadt bedeutete. Die Grundrisse der Häuser wurden im Zuge des rationalen Bauens immer weiter optimiert, sodass die Handlungsabläufe des Alltags komplett funktionalisiert wurden. Diese Entwick-lung sehen feministisch-anthropologische Forscherinnen bis heute als Isolation der Hausfrau. Sie sei aufgrund der auf Monofunktionalität ausgerichteten Räume, d.h. lediglich auf die Privatheit des Wohnens reduzierte Räume, die sich zudem am Stadtrand befinden, vom städtischen Leben ausgegrenzt. Umgangssprachlich etab-lierte sich zum Beschreiben dieses Phänomen der Ausdruck „grüne Witwe“.

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In den vergangen 50 Jahren wandelte sich das Wohnverhalten abermals enorm, neben der sozialen Wohneinheit der klassischen Familie, entstehen neue Haushaltstypen, wie Alleinstehende, Alleinerziehende, Wohngemeinschaften und Paare ohne Kinder. Diese neuen Haushaltstypen entstehen durch die Veränderung verschiedener Fakto-ren, wie Bildungsexpansion, gewachsener Wohlstand, kleinere Familien, zunehmende Mobilität und abgeschwächte Alltagsnormen. Die neuen Nutzergruppen bedingen wiederum die Nachfrage nach bedarfsgerechten Wohnungen, die Spielraum zur individuellen Nutzung bieten. Im gleichen Zuge nimmt der Wunsch nach Verfügungs-möglichkeiten über die Bedingungen des Wohnens deutlich zu. Spricht man über die Ausdifferenzierung neuer Haushaltstypen und Nutzungsprofile, geht dies einher mit der Pluralität von Lebensstilen. Der deutsche Philosoph und Soziologe Georg Simmel sieht in dieser Wahlfreiheit und Chance von Pluralisierung der Lebensstile das Indi-viduum in einer Misere zwischen Chance zur individuellen Autonomie und Zwang der Individuation. Der Diskurs um den Lebensstil ist dabei keineswegs neu, wie man auf Grund der inflationären Verwendung des Wortes in unserer Gesellschaft annehmen könnte, vielmehr ist er der Tradition der Kulturkritik verpflichtet und meint das, was bereits Max Weber am Ende des 19. Jahrhunderts unter „Lebensführung“ oder „Stil des Lebens“ zu bezeichnen pflegte. Schon er wollte die Prinzipien der Lebensführung und deren Realisierung in der Welt analysieren und eröffnete im Zuge dessen Kate-gorien wie „Genußmensch ohne Herz“ und „Fachmensch ohne Geist“.

Die Geschichte des Wohnens ist im Grunde eine Geschichte der kontinuierlichen Ausdifferenzierung. Sie beginnt mit dem Bauernhaus, das aus einem einzigen Raum besteht, daher wird es oft als „das ganze Haus bezeichnet“, in dem eine Großfamilieund ihr Gesinde wohnt und arbeitet. Im Hier und Jetzt angekommen finden wir hetero-genen Haushaltstypen vor, die bedarfsgerechten Lebensraum wünschen, der sie ihre Pluralität ausleben lässt und dies in möglichst ästhetisierter Umgebung, die bestenfalls zugleich eine ökologische Komponente integriert. Diesen modernen Wohnansprüchen gerecht zu werden, haben wir uns zum Ziel gemacht, zu dessen Erreichen wir auf multidisziplinärer Ebene arbeiten.

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architekturDie Ästhetik der materiellen Komposition

Verantwortlich für die Architektur in TelTown Berlin sind die Architekten des international renommierten und preisgekrönten Büros GRAFT Architekten. Sie setzen mit ihrer ausgeprägten Formensprache neue Maßstäbe im Wohnungsbau und geben gemeinsam mit uns TelTown Berlin ein neues charismatisches Gesicht mit Wiedererkennungswert.

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Im Zentrum stehen für GRAFT wie auch für uns die Menschen und der Ort. Kollektiv arbeiten wir daran, Qualität und die Ästhetik in die Vororte und das architektonisch „krisengebeutelte“ Einfamilienhaus zu bringen. Die Architekten von GRAFT verstehen sich als Teamplayer, die wie bei einem Zahnradgetriebe, bei dem viele kleine Räder ineinander greifen, zusammenarbeiten und so ein vielfach größeres Rad bewegen. Zwei Räder dieses Zahnradgetriebes, deren Wissen und Entwurfsstrategien die Grundlage dieses Beitrags bilden, sind Lars Krückeberg, einer der vier Partner, und Projektmanager Sven Fuchs.

Fragt man Lars Krückeberg nach seiner Herangehensweise an ein neues Projekt, gibt seine Antwort nicht nur Aufschluss über seine Arbeitsweise, sondern erklärt auch den Erfolg des Büros: Er begreife eine neue Aufgabe nicht als Problem, sondern immer als Chance. Besonders wichtig ist ihm die Berücksichtigung der ortsgebundenen Spezifika, wie Klima und Kultur, denn eins ist klar, Architekturentwürfe lassen sich nicht kopieren, stattdessen bestenfalls adaptieren. Für unser Projekt in TelTown Berlin bedeutet dies, die Nahtstelle zwischen Stadt- und Landraum als solche wahrzunehmen, ihr Potenzial zu nutzen und gleichermaßen die Gefahr der Identitätslosigkeit jener Zwischenräume ernst zu nehmen. Angesichts der grünen Umgebung TelTown Berlins ist der Bezug zur Natur und die Frage, wie mit dem Aufeinandertreffen von Stadt und Land umgegan-gen werden soll, von besonderer Bedeutung.

Welche Beziehung besteht zwischen den sozialen und ökonomischen Raumtypen Stadt und Land? Welche Menschen zieht ein solcher Ort an, was sind ihre Bedürfnisse und welche Anforderungen stellen sie an ihr neues Zuhause? Eine Antwort auf all diese essentiellen Fragen zu finden, stellt für Lars Krückeberg eine der spannends-ten und zugleich verantwortungsvollsten Herausforderungen seines Berufes dar. In TelTown Berlin soll nun etwas architektonisch Besonderes entstehen, etwas in seiner Komposition Einzigartiges und Innovatives. Denn, so Krückeberg, das Gewohnte können alle bauen, das Ungewohnte ist es, was es zu Erfinden gilt, denn wofür sonst bräuchte man einen Architekten? Jemanden, der das erfindet, was man sich selbst nicht vorzustellen wagt, der über einen außergewöhnlichen Blick verfügt und den Betrachter mitnimmt, um das Geschaffene durch seine Augen zu sehen.

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Vom Nutzergruppenprofil zum Häusertyp

Die Häusergruppen in TelTown Berlin setzen sich jeweils aus unterschiedlichen Reihenhäusern zusammen, deren Grundrisse den individuellen Nutzungsprofilen ihrer zukünftigen Bewohner angepasst und somit besonders flexibel für unter-schiedliche Wohnszenarien sind. Diese vermeintlichen Wohnszenarien entstehen aus einer Kundenvermutung heraus und ergeben die sogenannten Nutzungsprofile. Die verschiedenen Nutzergruppen können, so erklärt Projektmanager Sven Fuchs, Starter, Paare, Familien und Arrivierte sein, deren Wohnbedürfnisse sich aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Lebenssituation stark voneinander unterscheiden.

Die einzelnen Zimmer weisen eine hohe Nutzungselastizität auf. Dadurch passen sie sich den Bedürfnissen ihrer Bewohner auch dann noch an, wenn sich diese durch besondere Lebensereignisse wandeln. Die jeweilige Anzahl der Zimmer bestimmt die Breite des Hauses und das Raumangebot die Länge, woraus sich die Anzahl der Haustypen ergibt. Diese entsprechen einem Grundgerüst, welches auf die Zielgruppe abgestimmt ist und durch die Kombination von variantenreichen Modulen verfeinert wird. Diese Modularität ist vor allem an der Dachform ablesbar, die zwischen Gaube, Dachterrasse, das In-die-Höhe-Ziehen einer Seite oder das Ausbilden eines Pultdaches variiert.

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Folgt man den Worten von Sven Fuchs, wird deutlich, wie intensiv sich bei GRAFT mit den tatsächlichen Raumbedürfnissen der TelTown Berlin Bewohner auseinandersetzt und welchen maßgeblichen Einfluss diese auf die Planung der gestalterischen Motive haben. Außerdem verrät Sven Fuchs, für ihn sei das Pultdach mit einem Zyklopen-fenster, das viel Licht in den Raum lässt genau das Richtige, um optimales Licht fürs Malen zu haben. Lars Krückeberg wiederum vergleicht diese Art der Architektur mit einem Musikstück, das über eine ausdrucksstarke Melodie mit einem Grundthema verfügt, innerhalb dessen bedacht gewählte Noten und Schlussakkorde das Klan-gerlebnis variieren. Die Architektur zeichnet sich also zum einen durch klare Regeln und einen deutlichen Aufbau aus, ihre Spezifität verleihen ihr die Variationen, die das Grundthema formvollendet umspielen. Auf diese Weise erlangt jede Häusergruppe ihren originellen Wesenszug, der einen Wiedererkennungswert für das eigene Zuhause darstellt. Jedes ist durch seine modularen Komponenten und außergewöhnlichen Merkmale identifizierbar, jedoch auch gemeinsam bilden sie aus der Vogelperspektive betrachtet eine stimmig arrangierte Figur. Dieses ganzheitliche und wohlproportio-nierte Arrangement ist für das Zusammengehörigkeits- und Nachbarschaftsgefühl der Bewohner, die sich so als Teil des großen Ganzen verstehen, von besonderer Bedeutung.

Angeordnet sind die Häusergruppen in Zeilen, die sich zu den Grünräumen hin öffnen. Hindurch führen Straßen, die in der Mitte durch einen Belagswechsel gebrochen werden. Diese Maßnahme verhindert das Aufkommen des Gefühls einer Durch-fahrtsstraße. Auch verkehrspsychologisch ist bewiesen, dass sich die Merkmale der gebauten Umwelt sowohl auf die Fahrtgeschwindigkeit von Autos als auch auf das Gehverhalten von Fußgängern auswirken. Breite und übersichtliche Straßen verführen nicht nur zum Rasen, sondern gleichermaßen zum Hasten, wohingegen eine optisch angereicherte Umgebung zum Schlendern einlädt. Es gilt also ein optimales sogenanntes Erregungsniveau zu erreichen, welches dem Zustand der entspannten Wachheit entspricht. Eine in diesem Sinne angepasste Umgebung, die sich in erster Linie auf Bewegungsgeschwindigkeit auswirkt, führt zu einem Zustand optimaler Informationsverarbeitung verbunden mit einem angenehm positiven Gefühl.

Auf diese Weise erlangt jede Häusergruppe ihren originellen Wesenszug, der einen Wie-dererkennungswert für das eigene Zuhause darstellt.

Die Architekten GRAFT

GRAFT, das internationale Architekturbüro für Städte bau, Architektur und Design wurde 1998 von Lars Krückeberg, Wolfram Putz, Thomas Willemeit und Gregor Hoheisel in Los Angeles, Kalifornien gegründet und beschäftigt inzwischen mit wei-teren Büros in Berlin und Beijing weltweit rund 100 Mitarbeiter auf drei Kontinenten. Vielfach ausgezeichnet, ist GRAFT bekannt für seine interdisziplinäre Entwurfs-praktik und seine ganz eigene Formsprache. Mit dem Projekt TelTown Berlin bringen die Deutsche Eigenheim und GRAFT ein innovatives Gestaltungskonzept in Einklang mit einer multidisziplinären Bauweise, die im Bereich Wohnungsbau Maßstäbe setzt.www.graftlab.com

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das Kleid des Hauses

Ein weiteres Attribut unserer TelTown Berlin Häuser liegt in deren Materialität. Ihre Fassade bilden Metallschindeln, die sich durch ihre Materialechtheit und Struktur hervorheben, sie bekommen also keinen neuen Anstrich sondern glänzen mit ihrer metallischen Beschaffenheit. Das Zusammenspiel von dunklen Schindeln mit hellem Putz wechselt sich ab mit hellen Schindeln und dunklem Putz, und lässt eine leb-hafte stimmungsvolle Optik entstehen. Sven Fuchs vergleicht die Metallschindeln mit einem Pallietenkleid oder Mantel des Gebäudes, das über den Baukörper gelegt wird und so den Körper umhüllt. Dadurch werden Wand und Dach zusammenge-führt, die materielle Trennung verschwindet und ein glattes Element mit Textur und Profil entsteht.

Dieses Kleid verhüllt auch Notwendigkeiten wie Dachrinne und Dachüberstand, die das Auge vom Wesentlichen ablenken und Unruhe stiften. Auch klassische, archi-tekturhistorische Gliederungselemente werden so aufgehoben, das Ablesen von Geschossen und Stützen entfällt, stattdessen bildet sich ein klar ablesbarer Körper wie aus einem Guss heraus. Da die Fassade im Zusammenwirken mit der Haustür das Gesicht eines jeden Hauses bildet, soll auch die Eingangssituation eine außer-gewöhnliche Handschrift tragen. Architektur bildet ein ganzheitliches Spektrum ab, deshalb endet für GRAFT ein Projekt nicht an einer bestimmten Stelle, aus diesem Grund entwerfen sie eine intelligente einfügbare Tür. In dieser sind Briefkasten-, Klingel- und Beleuchtungsanlage, sowie Hausnummer, Podest und Vordach integriert. Auf diese Weise gibt sie dem Gesicht der TelTown Berlin Häuser sein unverwech-selbares Lächeln.

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Die Fassadenschindeln zeichnen sich jedoch nicht nur durch ihre Ästhetik, sondern auch durch ihre Nachhaltigkeit aus. Das Material ist, ebenso wie die Mineralputzfas-sade und die Mineralwolldämmung, vollständig recyclebar und ohne das Aufwenden hoher Energieleistung direkt wiederverwertbar. Durch die enorme Materialintelligenz wirken sich die Fassadenmaterialien positiv auf die Raumgesundheit und das Wohn-klima aus. Besonders wichtig ist Lars Krückeberg hierbei, dass das Material frei von toxischen Ausdünstungen ist und keine schädlichen Stoffe durch Auswaschung ins Grundwasser gelangen.

Befragt man nun Lars Krückeberg danach, was auf den Punkt gebracht neu an der Architektur der entstehenden Häuser in TelTown Berlin sei, wird man mit einer inte-ressanten Antwort konfrontiert. Die Materialien und Bauteile seien es nicht, vielmehr wäre es die ausgewogene und intelligente Komposition der einzelnen Elemente. Das Zusammenspiel von Material- und Energieeffizienz, hohem Architekturanspruch und das besondere Maß an Ästhetik und Flexibilität. Klar ist auch, der Mann ist Ästhet, dem daran gelegen ist, dies mit seinen Entwürfen formvollendet in die graue Wirk-lichkeit zu transportieren. Denn, so sagt er, „die Menschen kümmern sich nur um das, was sie schön finden“. Somit hält nicht allein die Schönheit, sondern ebenso die soziale Nachhaltigkeit ihren Einzug in TelTown Berlin. Mit den Worten eines anderen Ästheten gesprochen, nämlich denen des deutschen Malers Wilhelm Lefebre, „Stil ist dort vorhanden, wo er die Totalität des Lebensvollzugs umfasst“.

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mensch und RaumWas meint Raum und wofür brauchen wir ihn oder er uns?Sprachgeschichtlich nüchtern betrachtet meint das Wort Raum einen durch Zwischenwände abgegrenzten, eigenständigen Teil eines Hauses. Die deutsche Sprache ist mit ihrer Definition eines Raumes durchaus streng, ein Raum muss demnach ein zur Umwelt abgeschlossener Bestandteil eines Gebäudes sein, dieser strikte Sprachgebrauch ist in dieser Art in vielen anderen Sprache nicht vorhanden.

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„Der Raum ist ebenso unentbehrlich zur Entfaltung des Lebens wie die Zeit.“ Minkowski

Zieht man die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Raum unter zur Hilfenahme eines etymologischen Wörterbuchs, wie z.B. des Grimm´schen Wörterbuchs, heran, ergibt sich eine weitere Bedeutungsdimension. Es ist nachzulesen, dass das Wort Raum sowohl die Handlung des Rodens und des Freiraumschaffens und schließlich den auf diese Weise gewonnen Siedlungsplatz meint. In Anbetracht dessen verweist der deutsche Philosoph Bollnow auf die Tatsache, dass der Raum im ursprünglichen Sinne nicht etwas Vorhandenes meint, sondern etwas bezeichnet, das durch menschliches Zutun gewonnen wird. Der Raum wird der Wildnis, die ergo kein Raum sein kann, abgerungen. Der Raum steht demnach konträr zur Wildnis und meint einen Siedlungsplatz. In jedem Fall scheint er sich durch umhüllenden und behü-tenden Charakter auszuzeichnen. So simpel wie der ursprüngliche Wortsinn auch erscheint, hielt er Philosophen, Physiker und Soziologen gestern wie heute nicht davon ab, das Konzept Raum immer wieder zu hinterfragen.

Zwei Raumvorstellungen die sich schon seit der Antike, seit Platon und Aristoteles, oppositär zueinander verhalten, sind die Vorstellungen vom absoluten und relativen Raum. Erst Einstein verwirft mit seiner Relativitätstheorie das, was letztlich vor allem Newton für unumstößlich erklärt hatte, das Konzept des absoluten Raumes. Der Raum wird demnach heute nicht mehr zwingend als etwas Absolutes, nicht mehr als Behälter verstanden, sondern vor allem die kreative Komponente der Menschen, die einen Raum durch ihre Aktivitäten konstituieren, wird betont. Der Mensch verhält sich also zum Raum nicht etwa so wie ein Gegenstand in einer Schachtel, sondern er interagiert mit dem Raum. Diesem Verständnis von Raum folgen auch wir, wir wollen den Menschen Raum zur Verfügung stellen, der durch persönlichen Lebensstil und kreative Aktivitäten von seinen Bewohnern mit Sinn erfüllt wird. Ein Ort wird also erst dann zu einem gelebten Raum, wenn in ihm Begegnung und Erleben stattfindet.

Gleichzeitig schaffen Räume soziale Identität, denn sie sind Träger von Erinnerungen und Emotionen. Solcherart Verknüpfungen sind so stark, dass wir mit bestimmten Räumen gewisse Gerüche, Gefühle und Erlebnisse untrennbar verbinden. Abgese-hen von emotionalen Verknüpfungen machen wir uns einen Raum auch physisch zu eigen, wir kaufen Möbel, die gut überlegt in die richtige Ecke des Raumes gerückt werden wollen, hängen Kunstwerke an die Wände und hängen persönliche Bilder auf. Durch dieses Deponieren verschiedenster Dinge im Raum geben wir dem zuvor neutralen Ort eine eigene neue Identität, die auf seinen Bewohner verweist. Die Aneignung eines Raumes kann auf unterschiedliche Weise stattfinden, sie steht in Kohärenz zum sozialen Status, zur Natur des Raumes, zu den vorhandenen Ressour-cen und meint auch nicht immer das Beziehen einer Wohnung. Es kann ebenso das Einrichten eines Stammtisches in der Lieblingskneipe oder das Mit-Graffiti-Verzieren einer Hauswand meinen, denn, sich einen Raum aneignen, ist der Versuch, seine Umwelt, nicht ausschließlich einen geschlossen Raum, zu personifizieren, ihr eine neue subjektive Bedeutung zu verleihen.

Wie das vorangegangene Kapitel erläutert, ist die Architektur unserer TelTown Berlin Häuser von der Planung bis zur Ausgestaltung im höchsten Maße, unter anderem nutzerorientiert, sodass die Aneignung der Räume für den Bewohner besonders einfach ist und die Summe der einzelnen Räume zu einem Zuhause werden kann. Orte, die einen erfolgreichen Aneignungsprozesse, besonders erschweren, sind beispielsweise die seit den 1970er Jahren in jeder größeren Stadt errichteten Plattenbausiedlungen. Ihnen fehlen Grünflächen, öffentliche Flächen für sozialen Austausch und Freiräume für Kinder. Das Fehlen dieser architektonischen Merkmale begünstigt das Entstehen einer eher negativen Stimmung und mindert so die Wohnqualität. Daher zieht um, wer es sich leisten kann, wodurch die soziale Hetero-genität nicht weiter aufrechterhalten werden kann und die Siedlung schlimmsten-falls zum Problemviertel wird.

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Ebenfalls problematisch, jedoch auf gänzlich andere Weise, stellte sich das Wohnen für die Bewohner des berühmten Hundertwasserhauses in Wien dar. Es wurde 1985 von Friedensreich Hundertwasser errichtet und versprach besonders organisch und menschorientiert zu sein. Schon kurz nach dem Einzug der ersten Bewohner stellte sich jedoch heraus, dass die Räume anders auf die Bewohner wirkten als geplant. Dazu schreibt Daniel Leising in seinem Artikel über die Macht der Räume: „Die hoch-individuell und sehr künstlerisch ausgestalteten Räume boten den Mietern nur wenig Möglichkeiten, ihrem Wohnraum eine eigene Note zu verleihen, ihn sich anzueignen, wie Architekturpsychologen es nennen. Viele Bewohner waren deutlich unzufrieden, weil sie sich den sehr speziellen Gegebenheiten des Hauses unterordnen mussten.“ Diese Beispiele, die belegen, dass es sich bei dem Aneignen von Räumen nicht nur um ein soziologisches oder psychologisches Theorem handelt, sondern es Auswir-kungen auf die wirkliche Lebenswelt hat, untermauern einmal mehr die Bedeutung einer ganzheitlichen Planung und Umsetzung. Will man nun die Aneignungsprozesse fördern, kommt es also vornehmlich auf die Balance zwischen einer gewissen Strukturiertheit und dem Angebot von sozialen Begegnungsräumen, was beides ein Zugehörigkeitsgefühl vermittelt, und das gleichzeitige Bereitstellen von Räumen, die das Ausleben individueller Wohnvorstellungen ermöglichen, an.

„Das menschliche Dasein braucht den Raum, um sich darin entfalten zu können.“ Bollnow

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Teltow selbst bewegt sich zwischen zwei weiteren ambivalenten Raumkonzep-ten, dem ländlichen Raum und dem Stadtraum, dessen Beziehungen zueinander den Alltag der Teltower prägt und dessen Einfluss auch in unseren planerischen Prozess eingebunden werden muss. Daher soll auch der Stadtraum kurz skizziert werden. Das Schlüsselwort, welches einem, kaum hat man den ersten Gedanken zum Stadtraum gefasst, in den Sinn kommt, ist Urbanität. Das Urbane scheint eines der Schlagworte unserer Zeit zu sein, es begegnet einem in wissenschaftlich- und wirtschaftlichen Zusammenhängen, in kulturellen- und soziologischen Kontexten und auch in den alltäglichen Sprachgebrauch hält das Urbane seinen triumphierenden Einzug. Kein Wunder also, dass sich eigens eine Urbanitätsforschung entwickelte, um dem Phänomen des Urbanen auf die Schliche zu kommen. Welches Buch man auch immer zu Rate zieht, hat man sich erst einmal vorgenommen, herauszufinden, was dieses mysteriöse Urbane bedeuten soll, lässt sich eines schnell klar erkennen: Urbanität wird gleichgesetzt mit Bildung, zivilen Umgangsformen und weltoffener Geisteshaltung.

Das Idealbild einer Stadt, in der das sogenannte urbane Leben pulsiert, in der die Diversität und die Vielfalt an Möglichkeiten an jeder Ecke gelebt und erlebt werden kann, in der man dem Fremden auf historischen Plätzen und in jahrhunderteralten Gassen begegnet, referiert auf das ursprüngliche Konzept einer Stadt. Dieses ursprüngliche Konzept der idealen Stadt kommt heute vor allem den Städten zugute, die vom Tourismus leben und sich ihr historisches Flair einer zum Beispiel alteuro-päischen Stadt, wie Paris oder Rom, bewahrt haben. Diese Vorstellung von Urbanität als Glanz der Städte bleibt in unserer Zeit, in der man über die Beiträge zur krisen-gebeutelten Stadt oder dem Zerfall der Urbanität kaum hinwegsehen kann, wohl den Nostalgikern überlassen. Das entgegengesetzte Verständnis zu diesem etwas angestaubten, nostalgischen Bild der historischen Stadt wäre das von einer Stadt, in der Kriminalität, hektische Betriebsamkeit, schlechte Luft, Parkplatzmangel – diese Aufzählung ließe sich um einige Punkte erweitern – vorherrschen. Der wahre Charakter des Urbanen liegt vermutlich irgendwo zwischen dem nostalgischem und apokalyptischen Verständnis und jeder Leser möge für sich selbst entscheiden.

Des Weiteren eng mit dem Urbanen verbunden ist die Polarität von Öffentlichkeit und Privatheit. Hier scheiden sich die Meinungen, ob nun der private Raum den öffentli-chen gefährdet oder umgekehrt. Argumente wurden für beide Positionen bereits zur Genüge herangetragen, wobei die Kulturkritik stets das Private bedroht sieht. Hierzu vertritt der Medienphilosoph Villém Flusser die Meinung, dass es das heile Haus mit Mauer, Dach und Fenster lediglich noch in Märchenbüchern gäbe. In der Realität sei es von materiellen und immateriellen Kabeln durchlöchert wie ein Schweizer Käse: die Antenne und die Satellitenschüssel auf dem Dach, der Telefondraht durch die Mauer und der Fernseher im Wohnzimmer, über den das Öffentliche ins Private fla-ckert. Pathetisch bringt es Flusser folgendermaßen auf den Punkt: „Das heile Haus wurde zur Ruine, durch deren Risse der Wind der Kommunikation bläst.“ Ob nun das Private vom Öffentlichen absorbiert wird oder eben genau umgekehrt, lässt sich hier nicht klären, aber sicher ist doch, dass niemand in einer verbarrikadierten Flucht-burg namens Zuhause leben oder sich an sogenannten öffentlichen Orten aufhalten möchte, die im Zuge der Privatisierung bestimmten Gruppen den Zutritt verwehren oder bis in den kleinsten Winkel videoüberwacht sind. Das folgende Kapitel über die Landschaftsgestaltung wird die theoretischen Überlegungen zu dem sensiblen Konzept des Raumes erneut aufgreifen und zeigen, wie sich dieses im Planungs-prozess der landschaftlichen Gestaltung der TelTown Berlin Siedlung wiederfindet und wie sich öffentliche und private Räume, die in einem harmonischen Verhältnis zueinander stehen, praktisch verwirklichen lassen.

„Das heile Haus wurde zur Ruine, durch deren Risse der Wind der Kommunikation bläst.“ - Flusser

Urbanität wird gleichgesetzt mit Bildung, zivilen Umgangsformen und weltoffener Geisteshaltung.

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landschafts- gestaltungDie Poesie des grünen Raumes

Unsere höchste Maxime, neuen wertvollen Lebensraum entstehen zu lassen, endet nicht mit dem Putz an der Außenfassade unserer Häuser, sondern reicht weit darüber hinaus. Wir sind froh, Partner gefunden zu haben, die unsere Ansichten teilen und engagiert mit uns an deren Verwirklichung arbeiten. Für unser Projekt TelTown Berlin konnten wir das renommierte Landschaftsarchitektenbüro WES & Partner gewinnen, dessen Arbeit Objekt- und Freiraumplanung, Grünordnung und Landschaftsgestaltung sowie Kunst am Bau umfasst, gewinnen. Das Projekt TelTown Berlin wird hier vom Konzept bis zur Realisierung von dem Partner Michael Kaschke und seinem Team begleitet.

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Michael Kaschke selbst steht für das Streben nach Ganzheitlichkeit. Er vereint gestalterische Fähigkeiten mit dem umfangreichen Wissen über Städtebau und Architektur, welches er mittlerweile im Rahmen seiner Professur an der Universität Hamburg auch seinen Studenten vermittelt. Bei ihm bestand schon früh der Wunsch, kreativ und gestalterisch tätig zu sein, und das am liebsten mit wachsenden natür-lichen Materialien, deren Entfaltung und Entwicklung sich über Jahrzehnte verfolgen lässt und immer wieder neu begeistert. Auch wenn seine Passion den lebendigen Materialien gilt, kann er sich der Faszination von Architektur nicht entziehen. Für die Bildung eines gelungenen Quartiers sehen sowohl Michael Kaschke als auch wir nur den Weg des engvernetzten geistigen und fachlichen Austauschs auf Augenhöhe, und zwar unter Einbeziehung aller involvierten Parteien bereits zu Beginn des Projekts. So kann mit der Aufgabe Wohnungsbau verantwortungsvoll umgegangen werden. Hinzu kommt, dass es sich bei den GRAFT Architekten um ehemalige Studenten von Michael Kaschke handelt, was ein Gewinn für den kreativen Dialog zwischen Architekten und Landschaftsgestaltern bedeutet. Bei jeder Projektentwicklung greift Michael Kaschke auf wiederkehrende Elemente zur Differenzierung des Entwurfs zurück, wie öffentliche und halböffentliche Flächen und abgrenzende Komponenten, die klare Räume mit aussagekräftiger Struktur entstehen lassen. Dieser Baukasten flexibler Elemente wird unter Rücksichtnahme auf die Umgebung und der geplanten Architektur immer wieder modifiziert.

der mann hinter dem Konzept

Die Landschafts architektenWES & Partner

Das Büro WES & Partner Landschaftsarchitekten wird geführt von den vier Part-nern Peter Schatz, Wolfgang Betz, Michael Kaschke und Henrike Wehberg-Krafft. Die Arbeit des Büros umfasst Freiraum- und Objektplanung, Grünordnungs- und Landschaftsplanung, Gutachten und städtebauliche Projekte sowie Kunst am Bau. Neben vielen wegweisenden Projekten in Deutschland und Europa, ist WES & Partner auch international tätig. Durch aktuelle Wettbewerbsgewinne wird die Arbeit des Büros kontinuierlich bestätigt. Unser Projekt, TelTown Berlin wird – vom inhaltlichen Konzept bis zur professionellen Realisierung – durch das Team des Landschaftsarchitekten Michael Kaschke begleitet.www.wesup.de

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Begonnen wird das Außenraumkonzept grundsätzlich mit der Verortung und Einbettung des Grundstückes in die Umgebung und dem Wahrnehmen seiner besonderen Aura und Atmosphäre. Dieses Vorgehen berücksichtigt den genius loci und dient dem Erfassen der Nutzungsmöglichkeiten und des Charakters eines Ortes. Das Charisma TelTown Berlins wird im besonderen Maße von dem See getragen, der im Zuge der vorangegangenen Gebietserschließung entstand und als Ausgangspunkt für die landschaftliche Gestaltung dient. Er bringt als starkes Landschaftselement die besten Voraussetzungen mit, um zum Mittelpunkt des Wohnareals zu werden; zugleich bedeutet die Nähe zum Wasser für die Bewohner ein hohes Maß an Lebensqualität. Die optimale Nutzung dieses besonderen Potenzials hat für Michael Kaschke oberste Priorität. Sein Entwurfskonzept sieht deshalb „grüne Finger“ vor, die sich vom Wohngebiet in keilförmiger Ausrichtung zum See öffnen und die klare Orientierung des Wohnareals auf Anhieb erfahrbar machen. Es gilt also, die Natur zu ästhetisieren, sich ihrer zu vergewissern und sie in Einklang mit den Menschen zu bringen. Auch der deutsche Soziologe Georg Simmel, der sich unter anderem eingehend mit der Philosophie der Landschaft beschäftigte, erkannte, dass die Wahrnehmung einer Landschaft vergleichbar mit der Schaffung eines Kunstwerkes ist.

die ersten schritte zum ganzheitlichen entwurfskonzept

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Die öffentlichen- und halböffentlichen Grünflächen in TelTown Berlin werden im klassischen Stil eines englischen Landschaftsparks angelegt. Große Bäume säu-men ausgedehnte Rasenflächen und generieren aufgrund ihrer lockeren Anordnung fließende Räume. Die Auswahl fiel dabei bewusst auf Ahornbäume, abgeleitet von der Namensgebung des kanadischen Viertels mit seiner Toronto- und Vancouverstraße und der Kanada-Allee. Hierbei wechseln sich Feld- und Spitzahorn ab, jeder Grünzug wird mit einer eigenen Ahornsorte bedacht und erhält dadurch seine individuelle Charakteristik. An kleinen Wegen und Spielstraßen laden vereinzelt Bänke zum Verweilen ein. Diese öffentlichen Räume bieten die Möglichkeit der Begegnung und des Austauschs. Sie fördern somit nicht nur das soziale Miteinander der Bewohner, sondern auch den identitätsstiftenden Charakter des gesamten Quartiers. Freiräume erwachen erst mit der Aneignung der Bewohner zum Leben, die durch ihre Interpre-tation ihre unterschiedlichen Nutzungen bestimmen. Mit dem Ideenreichtum der Menschen, die sich dieser Räume annehmen und sie somit zu ihren machen, erweitert sich ihr Aktionsradius. Abwechslungsreich gestaltet sich das Bild der Landschaft durch das Pflanzen von Blütensträuchern sowie Kirsch- und Apfelbäumen. Sie be-reichern mit ihren Blüten die Optik des Viertels und machen die Verwandlung der Blüte bis hin zur Frucht für jeden Bewohner erlebbar. Das Vergnügen an diesem Erleben ist auch bei Michael Kaschke, der zwischen Obstplantagen aufwuchs, ungebrochen. Durch das spannungsvolle Miteinander der einzelnen Pflanzenarten, die jeweils ihrem eigenen Turnus folgen, lässt sich der Zyklus des Lebens und der Natur im Quartier wahrnehmen.

englische Gartenkunst trifft auf kanadischen Charme

Der Englische Landschaftsgarten

Im 18. Jahrhundert löst er die zentralistische Symmetrie und die exakten geome-trischen Formen der barocken und französischen Gärten ab. Der Englische Garten formt eine natürliche Landschaft, indem er die Natur selbst nachzuahmen versucht. „Der neue Gärtner zeigt seine Talente, indem er seine Kunst verbirgt“ -Horac Walpole

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Der Spitzahorn-Acer platanoides

Er ist eine vielverbreitete Baumart bei uns Mitteleuropa und prägt unser Land-schaftsbild. Sein Verbreitungsareal erstreckt sich vom Ural bis zu den Pyrenäen und von Mittelskandinavien bis zum Balkan. Er trägt zu Recht den Namen Blütenbaum, denn im April erfreut er uns ca. zwei Wochen lang mit zitronengelben, duftenden Blüten, die sich am äußeren Kronenrand entwickeln. Unverwechselbar sind seine Blätter, langgestielt in unverkennbarer Form glänzen sie in sattem Grün, bis sie in der ersten Oktoberhälfte in intensivem Gelb leuchten.

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Wir möchten bei der Bepflanzung auch die lokale Stadt- und Industriegeschichte berücksichtigen, wozu unter anderem die Gründung der Parfümerie- und Seifenfabrik Lose 1913 in Teltow zählt. Diese wurde bekannt mit der Herstellung ihres beliebten „Uralt-Lavendels“ und avancierte im 19. Jahrhundert zum Lieferanten diverser Königs-höfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Anlehnung an diese Tradition möchten wir dazu beitragen, dass das kulturelle Erbe auch weiterhin in Teltow und im Bewusstsein seiner Einwohner lebendig bleibt. Infolgedessen wird der Duft von Lavendel die Straßen von TelTown Berlin erfüllen und so die Geschichte des Ortes auf neue Art weitererzählen. Der Lavendel wird in Komposition mit Wild- und Ram-blerrosen, welche an Bäumen emporklettern, um in deren Kronen zu blühen, die öffentlichen Räume verschönern.

Bei aller Vorliebe zu offenen Räumen und fließenden Übergängen verliert Michael Kaschke aber nicht die Unerlässlichkeit von Grenzen zwischen allgemein zugänglichen und privat genutzten Flächen aus den Augen. Aber auch hierbei ist er auf ein ein-heitliches Bild bedacht; Heckenelemente von Hainbuchen, die erst sehr spät ihre Blätter verlieren und im Frühjahr die Anwohner mit frischem Grün erfreuen, helfen die nötige Ordnung zu schaffen und sorgen für Privatheit im eigenen Garten. Das ehrgeizig gesteckte Ziel ist es also, den Bewohnern ein hohes Maß an Privatsphäre zu ermöglichen, ohne dabei den Eindruck von Abschottung zu erwecken. Demgemäß müssen die Grenzen ordnungsstiftend aber gleichzeitig transparent gestaltet werden. Ist dies erreicht, entsteht neuer Lebensraum, der einen kommunikativen Lebensstil begünstigt und dennoch das Bedürfnis nach Privatheit und räumlicher Abgeschlossenheit erfüllt. So entsteht eine angenehme Grundruhe und visuelle Ganzheitlichkeit des Viertels, eine starke Adresse nach außen und simultan ein identitätsprägendes Zuhause für die Bewohner. Die Grünflächengestaltung unseres Quartiers entwickelt sich also aus einem Diskurs zwischen den Projektbeteiligten, die im interdisziplinären Austausch und unter Berücksichtigung der Qualitäten des Landschaftsraumes und der Architektur ein harmonisches Quartier schaffen.

es lebe der unverwechselbare duft von lavendel

die Balance zwischen Grenzen und offenheit

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energiekonzept

Das äußere Erscheinungsbild unserer TelTown Berlin Häuser und die Umgebung, in der sie stehen werden, sehe ich schon wahrhaft bildlich vor mir, aber von Äußerlichkeiten soll man sich bekanntermaßen nicht über innere Qualitäten hinwegtäuschen lassen. Daher begebe ich mich mit Ihnen auf die Suche nach den weniger offensichtlichen Vorzügen unserer Häuser und begebe mich auf die Spur einer unsichtbaren Komponente – der Energie.

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„die welt ist ein apfel und wir leben auf der schale“

Mit dieser schönen Metapher leitet Hermann Helmbold, Energieingenieur bei unserem TelTown Berlin Projekt, seine Überlegungen zur Energieversorgung und dem Wunsch vom energieautarken Gebäude ein. Dieses Bildnis vom Apfel und dessen Schale veranschaulicht das paradoxe Problem unserer Energieversorgung. Es will sagen, das die Welt im Grunde mehr als genug Energie besitzt, um uns alle ausreichend zu ver-sorgen, denn das Innere unserer Erde, also das Fruchtfleisch dieses Apfels, besteht aus glühend heißem und energetisch aufgeladenen Material.

Die Sorgen der Menschen um die Energiegewinnung beginnen mit der Industrialisie-rung. In der Zille-Zeit schießen die Kohlekraftwerke wie Pilze aus dem Boden. Und obgleich die Menschen zu jener Zeit einen sehr geringen Stromverbrauch hatten, sie benötigten Strom nur für das Erzeugen von Licht in den Häusern, nahm die Anzahl der Kraftwerke, vor allem in den Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte, immer weiter zu. Dabei war es bei der Verbrennung der Kohle lediglich möglich, 15 Prozent tatsächlich in Strom umzuwandeln, der von den Endverbrauchern genutzt werden konnte. Die übrigen 85 Prozent verpufften über die Schornsteine der Kraftwerke. Da diese ausschließlich siedlungsnah gebaut werden konnten verdunkelten sie mit ihren Rußwolken den Himmel und minderten die Lebensqualität der Menschen in der Umgebung.

Abgesehen von der Stromversorgung der zivilen Bevölkerung setzte jeder Betrieb eigene Dampfmaschinen ein, die eine zusätzliche Umweltbelastung bedeuteten. Im Zuge der darauffolgenden Jahrzehnte wurden die Dampfmaschinen durch Elektro-motoren ausgetauscht, Transformatoren eingesetzt und die Infrastruktur für ein umfassendes Leitungssystem geschaffen. Das Problem blieb dennoch dasselbe, der Wirkungsgrad war noch immer miserabel. Zwar hatte man es geschafft, diesen innerhalb des Kraftwerks zu verbessern, jetzt verlor man dafür in der Hochspan-nungsleitung auf dem Weg zum Verbraucher. Und was schließlich aus der Steckdose kam, waren immer noch 15 Prozent.

Zu Beginn der 1970er Jahre setzte das Bewusstsein für das Thema Energie ein. Es entstanden erste Gesetzesgrundlagen, wie das Erneuerbare Energiegesetz, das einen bestimmten Anteil von erneuerbaren Energien bei der Energiegewinnung vorschreibt.

Dies alles erklärt mir Hermann Helmbold bei unserem Treffen und fragt dann: „Und was würde passieren, wenn Energie kein Problem mehr darstellt, wenn man ganz einfach genug davon hätte und sich keine Gedanken mehr darum zu machen bräuchte?“ Darauf fällt mir spontan keine kluge Antwort ein, wäre denn dann nicht alles gut? „Im Grunde nicht. Die Bevölkerungsdichte würde enorm zunehmen, denn die Dichte der Bevölkerung hängt immer direkt mit der Möglichkeit Energie verbrauchen zu können zusammen.“ Das lässt das Problem der Energieversorgung schlagartig nochmals komplexer erscheinen. Denn löst man das eine Problem, tut sich gleich-zeitig ein neues auf. Es ist mehr als offenkundig, dass sich Hermann Helmbold umfassend mit allem rund um Energieversorgung auskennt und dabei nicht nur be-sonders zukunftsorientiert denkt, sondern gleichermaßen die Vergangenheit kennt.

Auch wenn Hermann Helmbold mit Eifer daran arbeitet, die Frage nach der Energie-beschaffung obsolet werden zu lassen – heute zählt die Frage, wie sich Energie und Wärme ökologisch nachhaltig und gleichzeitig günstig ins Zuhause bringen lassen und wie man den Behaglichkeitsfaktor möglich hoch halten kann. Der Behaglich-keitsfaktor setzt sich aus Faktoren wie Raumtemperatur, Raumluftfeuchte und Luftbewegung zusammen. Das Empfinden der idealen Raumlufttemperatur variiert natürlich von Mensch zu Mensch und auch ein heißer Kakao mit einem Schuss Rum und eine warme Decke sollen sich sehr positiv auswirken, so erklärt es Hermann Helmbold und er muss es ja wissen. Allgemeine Richtwerte besagen darüber hinaus, dass die ideale Raumlufttemperatur im Wohnbereich eines Hauses bei etwa 22 Grad liegt. Wie nun im Detail ein besonders hoher Behaglichkeitsfaktor in unseren TelTown Berlin Häusern erreicht werden soll und dies obendrein noch auf ökologische Weise wird im Folgenden erläutert.

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Bei der Realisierung unseres TelTown Berlin Projekts legen wir größten Wert auf die Umsetzung effizienter Energielösungen. Die integrierten Energiekonzepte sind darauf ausgelegt, ganzjährig und langfristig eine optimale Versorgung zu leisten. Gleichzeitig werden energetische Einsparungen und finanzielle Vorteile für den Hausbewohner erzielt und der lokale Umwelt- und Klimaschutz unterstützt. Hierbei arbeiten wir mit den Energieplanern- und entwicklern von Kannewischer&Schulz und dem Energie-ingenieur Hermann Helmbold zusammen. Das Team von Kannewischer&Schulz hat durch sorgfältige Kalkulationen und Berechnungen für den Standort TelTown Berlin ein maßgeschneidertes Konzept entwickelt, welches exakt auf die Bedürfnisse von heute und die Anforderungen von morgen angepasst ist.

Die Stadt Teltow verfolgt seit 2009 ein umfangreiches Klimaschutzkonzept, das den aktiven Umweltschutz in der Gemeinde vorantreiben soll. Klare Ziele mit dem Fokus auf eine Reduzierung der CO2

-Emmissionen durch eine Steigerung der Energieeffizienz und eine umweltfreundliche Energiegewinnung und -nutzung sind hier vorgegeben. Ziel ist u.a. auch der Ausbau und die Nutzung des Fernwärmenetzes der „Fernwärme Teltow GmbH“, das mit seinen zwei Wärmekraftwerken bereits nahezu 2/3 der Teltower Bevölkerung mit Fernwärme versorgt.

Die „Fernwärme Teltow GmbH“ erzeugt ihre Fernwärme aus einem Mix verschiede-ner Energieträger. Der Hauptanteil, mit dem durch die „Kraft-Wärme-Kopplung“ im Heizwerk Strom und Wärme produziert wird, besteht aus Erd- und Biogas. Zusätzlich werden Holzhackschnitzel als regenerative Energiequelle genutzt. Die produzierte Wärme wird zu 40 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen, was eine außer-ordentlich gute Ökobilanz bedeutet. Der Gesamtwirkungsgrad dieser Anlagen ist wesentlich höher als bei konventioneller Stromerzeugung im Kraftwerk. Der Primär-energiefaktor der Fernwärme befindet sich derzeit in Zertifizierung, wird jedoch unter dem gesetzlichen Mindestwert von 0,7 liegen. Mit diesem Wert werden die Anforde-rungen der Energieeinsparungsverordnung (EnEV 2009) und des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes (EEWärmeG) bei weitem erfüllt. Auch wir haben die Zukunft und die gesetzlichen Verordnungen im Blick. So wird bereits 2019 das Nullenergie-Haus gesetzlich vorgeschrieben sein. Dem versuchen wir schon heute möglichst nahe-zukommen.

Die Beheizung unserer Häuser in TelTown Berlin erfolgt ebenfalls durch dieses Fernwärmenetz, da das Gebiet im Zuge der Erschließung der vorangegangen Bauab-schnitte bereits an dieses angeschlossen wurde. Durch den Sitz des Energieliefe-ranten vor Ort hat die benötigte Energie einen besonders kurzen Weg zu den Häu-

aus fern mach nah

sern. Dies bedeutet einen lediglich geringen Energieverlust. Im Haustechnikraum der Wohnungen ist eine Wärmeübergabestation eingebaut. Der Anschluss erfolgt indirekt, d. h. zwischen Fernwärmekreislauf und Hausanlage ist ein Wärmetauscher eingebaut. Ist die Wärme erst einmal ins Haus gebracht gilt es die Transmissionsver-luste zu minimieren. Dabei kommt es im besonderen Maße auf den Wärmedämmwert der Bauteile, wie Fenster und Dämmung, an. Die Anordnung von Häusergruppen statt Einzelhäusern führt zu besseren Energiewerten, da sich eine geringere Fassaden-fläche im Verhältnis zum Volumen ergibt. Auch die eingebaute Fußbodenheizung hilft Heizkosten einzusparen, denn sie sorgt dafür, dass die Heiztemperatur niedrig gehalten werden kann. Eine großflächige Wärmeverteilung im Boden benötigt im Gegensatz zu einer kleinen Heizquelle eine weitaus niedrigere Heiztemperatur.

Über einen zweiten Tauscher erfolgt die Erzeugung des Brauchwarmwassers im Durchflussprinzip. Dieses Durchlaufsystem ist sehr platzsparend und zudem hygie-nisch besonders vorteilhaft, da kein Trinkwasserspeicher benötigt wird, der z.B. bei längerer Abwesenheit die Gefahr der Verkeimung birgt. Denn es bleibt kein Wasser in dem Speicher zurück, es läuft lediglich hindurch, wird dabei erwärmt und direkt verbraucht. Weiterhin sind die Häuser in TelTown Berlin mit einer kontrollierten Woh-nungslüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet. Dabei wird die verbrauchte Luft aus Küche und Bad entnommen und nach draußen abgeleitet. Gleichzeitig wird die warme Abluft an der kalten Zuluft vorbeigeführt. Somit kann die Abluft gekühlt und energiearm an die Umwelt abgegeben und die Zuluft erwärmt in das Wohnhaus gebracht werden. Durch diese Wärmetransformation werden günstige raumluftklimatische Bedingungen für modernes Wohnen geschaffen und gleichzeitig Einsparungen bei den Heizkosten erzielt.

Die unterkellerten Häuser bieten, aufgrund ihres großzügigen Platzangebotes, die Option, eine solarthermische Kollektoranlage zur Brauchwassererwärmung zu er-gänzen. Das Warmwasser wird dann mit umweltfreundlicher Sonnenenergie erzeugt. Für einen Vierpersonenhaushalt sind dazu 6 m2 zur Speicherung der Sonnenenergie ein zusätzlicher Pufferspeicher.

Ausgestattet mit all den beschriebenen energetischen und ökologischen Vorteilen sind unsere TelTown Berlin Häuser nicht nur heute modern und auf dem neusten tech-nischen Stand, sondern werden auch in 20 Jahren noch „grüner“ als einige Neubauten sein. So kann der TelTown Berlin Bewohner den Behaglichkeitsfaktor mit einem Kakao, mit oder ohne Rum, und mit reinem ökologischen Gewissen genießen.

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Über unsDie Deutsche Eigenheim Neue Räume bezugsfertig

Seit mehr als 20 Jahren entwickelt und realisiert die Deutsche Eigenheim deutschlandweit umfangreiche Wohnungsbauprojekte. Wir bieten unseren Kunden bezugsfertige Häuser konzeptioneller Vielfalt zur Miete oder zum Kauf. Bei der Wahl der Standorte liegt unser Fokus in besonderem Maße auf Berlin, Hamburg, Köln und Düsseldorf sowie weiteren potentialstarken Städten.

die deutsche eigenheim als gute investition in die ZukunftMit einem differenzierten Angebot bilden wir starke, neue Adressen und schaffen wertvollen Wohnraum mit Zukunft. Die Deutsche Eigenheim steht für die multi-disziplinäre Entwicklung einer innovativen Architektur, die die Stärken aller projekt-beteiligten Partner optimal kombiniert:

/ Konsequenz bei der Umsetzung neuer Architektur/ Umfassende Grün- und Freiraumplanung mit ausgeprägtem Nutzwert/ Niedrige Betriebskosten basierend auf ökologischen und ökonomischen

Energiekonzepten/ Hohe Baustandards dank durchgängigem Qualitäts management/ Geringe Instandhaltungskosten aufgrund ausgewählter Materialien und Details/ Standorte in attraktiver urbaner Lage mit grüner Umgebung / Exzellente Infrastruktur und Verkehrsanbindung

Mit diesem integrierten Konzept tragen unsere Projekte nachhaltig zur Emissions reduk tion, zu lokalem Umweltschutz und zur Schonung natürlicher Ressourcen bei. Für die Mieter und Käufer unserer Objekte entstehen somit reale Vorteile durch Kostenersparnisse und hohe Wertigkeit.

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impressum

HerausgeberCD Deutsche Eigenheim AG/ Design Bau AG

Konzept und GestaltungRealgestalt GmbH, Berlin

textMarie Sudau

Fotos in teltowAna Medina Borges

druckKönigsdruck GmbH, Berlin

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