dialog · 2018-06-21 · Ja,gern! Kommt sofort! DIALOGJUNI2018 DIALOGZUKUNFT3 W...

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dialog Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. www.ddv.de Juni 2018 ZUKUNFT: Der Dialog von Mensch zu Mensch wird von der Interaktion zwischen Programmen abgelöst werden. SEITE 3 CALLCENTER: Noch kaum im Einsatz, enttäuschen Chatbots die Erwartungen, denn sie sind nicht intelligent. SEITE 7 DATEN: Konsumenten würden mit ihren Daten gern Handel treiben, bringt eine internationale Studie an den Tag. SEITE 8 TOP-THEMEN Anzeige Künstliche Intelligenz lernt nichts Klaas Bollhöfer, Birds on Mars, über Künstliche Intelligenz, die dem Menschen immer öfter überlegen ist, aber auch häufig an Grenzen stößt. IntervIew SeIte 4

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dialog Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. www.ddv.de Juni2018

ZUKUNFT:DerDialog vonMensch zuMenschwird von der Interaktion zwischenProgrammenabgelöst werden. SEITE3

CALLCENTER:Noch kaum imEinsatz,enttäuschenChatbots die Erwartungen, dennsie sind nicht intelligent. SEITE7

DATEN:Konsumentenwürdenmit ihrenDaten gernHandel treiben, bringt eineinternationale Studie an den Tag. SEITE8

TOP­THEMEN

Anzeige

KünstlicheIntelligenzlernt nichts

„“Klaas Bollhöfer, Birds on Mars,

über Künstliche Intelligenz, die dem Menschenimmer öfter überlegen ist, aber auch häufigan Grenzen stößt. IntervIew SeIte 4

DIALOG JUNI 20182 DIALOG TICKER

Sonntagsarbeit in Callcenternerfordert einheitliche LösungDasBundesministerium für Arbeit undSoziales (BMAS)will für Callcenter of­fensichtlich keine bundesweite Ausnahme­verordnung vomVerbot der Sonn­ undFeiertagsarbeit erlassen.Die Arbeits­ undSozialministerkonferenz (ASMK) derBun­desländer hatte imDezember 2017keinenBeschluss zumweiteren Vorgehen gefällt.In einzelnenBundesländernwird die Sonn­tagsarbeit weiterhin auf derBasis beste­henderGewerbeverordnungen geregelt. DieBundesregierung hat aber angedeutet, dasssie auf einenVorschlag derBundesländerwartet. Deshalb hat sich derDDVgemein­sammitUnternehmenundweiteren Ver­bänden andenNRW­Arbeitsminister Karl­Josef Laumann als Vorsitzendender ASMKgewandt und eine bundeseinheitlicheLösung für die Sonntagsarbeit in Call­centern gefordert. BVN

E­Privacy­Verordnung: die FolgenfürNon­Profit­OrganisationenDie aktuell in Verhandlung befindlicheE­Privacy­VerordnungwirdwesentlicheAuswirkungen auf denBereich der elektro­nischenWerbunghaben, die auchNon­Profit­Organisationenbetreffen.Was siezumBeispiel für die bisher geltendenPrivi­

legien bei der Spendenwerbungbedeutetundworaufman sich einstellen sollte,möchte dieDatenschutz­Veranstaltungklären, die am28. Juni in Frankfurt statt­findet. Siewird vomDDVundder Fund­raising­Akademie durchgeführt. Referentist Prof. Dr.UlrichWuermeling, Rechts­anwalt der Sozietät Latham&Watkins,Frankfurt undLondon.Die Teilnahme istfür DDV­Mitglieder kostenfrei. Nicht­Mit­glieder zahlen249Euro plusMwSt. An­meldungen sindüber AnnikaEissfeldtmöglich. BVN

[email protected]

AlfredGerardi Gedächtnispreis:Bewerbungen bis 30. JuniAbsolventen vonHochschulenundAka­demien können sich nochbis zum30. JuniumeineAuszeichnungbeimAlfredGerardiGedächtnispreis (AGGP) bewerben. ZurWahl stehendie drei Kategorien „Dis­sertation“, „Bachelor­Arbeit“ und „Mas­ter­/ Diplomarbeit“. Die eingereichte Arbeitsoll sich schwerpunktmäßigmit einemaktuellen ThemadesDialog­ undData­DrivenMarketings befassen und imErgeb­nis einenWissensfortschrittmit verwert­barenErkenntnissen für die Praxis er­bringen.Der AlfredGerardi Gedächtnis­preiswird vollständig gesponsert durch

Printus, Offenburg. Die Sieger bekommenihreAuszeichnungund einPreisgeld inHöhe von jeweils 2500Euro auf dem13.wissenschaftlichen interdisziplinärenKongress für Dialogmarketing, der in die­semJahr am26.September inHamburgstattfindet, überreicht. BVN

www.alfredgerardi­gedaechtnispreis.de

Global DMA:MartinNitscheist neuer ChairmanDDV­PräsidentMartinNitsche ist imMaivomExecutive Committee derGlobal Alli­ance ofData­DrivenMarketingAssociations(Global DMA) zumneuenChairman gewähltworden.DieOrganisation repräsentiertVerbände auf der ganzenWelt, dieDia­logmarketing in denMittelpunkt ihrerArbeit stellen. Derzeit sind27Marketing­VerbändeTeil derGlobal DMA, darunter derDDV. BVN

http://globaldma.com

DDV TICKER HERAUSGEBERDeutscher DialogmarketingVerband e.V.Patrick Tapp (v.i.S.d.P.), PräsidentHahnstraße7060528FrankfurtTelefon: 069 / 401276500Telefax: 069 / 401276599www.ddv.de

REDAKTIONBoris vonNagy (BvN)Telefon: 069 /[email protected]:JoachimThommes (ts)Telefon 0641/ [email protected]: Andreas Liedtke (Ltg.),ThomasDahmen

VERLAGDeutscher FachverlagGmbH,HORIZONTMainzer Landstraße 25160326Frankfurt amMainInternet: www.horizont.netGeschäftsführung:AngelaWisken (Sprecherin), Peter Esser,MarkusGotta, Peter Kley, Holger Knapp,SönkeReimersAufsichtsrat: KlausKottmeier,Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter RußGesamtverantwortungHORIZONT:MarkusGottaVerlagsleitung: Peter GerichChristophKrug (SalesDirector)Telefon: 069 / 7595­1245HeinzKort (LeitungSales)Telefon: 069 / 7595­1875TimoLiebe (TeammanagerMedia Services)Telefon: 069 / 7595­1872

IMPRESSUMVertrieb: HeikeKoch (Ltg.)Telefon: 069 / 7595­1941Marketing Sales&Services:Boris Pawlenka (Ltg.)GesamtleitungPrintmedien­Services: KurtHerzigProduktion:HansDreier (Ltg.)Logistik: Ilja Sauer (Ltg.)

Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste vom1.1.2018Erscheinungsweise: 4x jährlich.DDV­Mitglieder erhaltenDIALOGzusammenmitHORIZONT imRahmenihrer DDV­Mitgliedschaft.DIALOGwird vomDeutschen FachverlagimAuftrag desDDVproduziert.

TECHNISCHEGESAMTHERSTELLUNGVogel Druck undMedienserviceGmbHLeibnizstraße597204Höchberg

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LiebeDialog­Leser,

es ist nicht leicht, beimThemaKünstliche Intelligenz einen

kühlenKopf zu bewahren. Schon deshalb, weil immerwieder

einMythos berührt wird, der ein treuer Begleiter derMensch­

heitsgeschichte ist: der vomKampf zwischenMensch und

Maschine. Generationen vonDenkern undSchriftstellern,

Science­Fiction­Autoren undHollywood­Regisseuren haben

sich an ihmabgearbeitet, ohne dass derMythos anKraft und

Faszination eingebüßt hätte. Klar, dass er auch in dieDebatte

hineinspielt, die wir über dieRolle der Künstlichen Intelli­

genz imMarketing führen.

Werden vomMenschen entwickelte Programme sich selbst­

ständigmachen, um ihn amEnde zu beherrschen und zu

unterjochen?Das ist die Frage, die in der Auseinandersetzung

umdieKI, wenn vielleicht auch unbewusst, immermit­

schwingt.Wie viel Kontrolle werdenwir behalten, wie viel

abgebenmüssen – undwollen?Darumgeht es auch bei den

Algorithmen, die in autonomenFahrzeugen eingesetzt wer­

den, in Suchmaschinen undSprachassistenten.

Ich rede von „Programmen“.Daswird unseren Interview­

Partner, denKI­ExpertenKlaasBollhöfer, freuen. Denn seiner

Ansicht nach ist Künstliche Intelligenz zunächst einmal das:

ein Programm, eineSoftware. Das klingt undramatisch,

nüchtern, vertraut. Unddas soll es auch. DennBollhöfer

EDITORIAL

„Es geht umGrundwerteund Ethik“

[email protected]

Patrick Tapp, Präsident desDeutschen DialogmarketingVerbands

plädiert für einen sachbezogenenDisput. Dafür, genau hin­

zusehen, worumes imEinzelfall geht, weder imNegativen

noch imPositiven zu übertreiben und zu berücksichtigen,

dasswir erst „ganz amAnfang“ der Entwicklung stehen.

Natürlich kann auf diesenAnfang etwasGutes oder Schlech­

tes oder beides folgen. Bollhöfer spricht über Chancen und

Risiken, Vor­ undNachteile. DennKünstliche Intelligenz ist

eine komplexeAngelegenheit, die viele Voraussetzungen hat

und zu großen Veränderungen führt. ZumBeispiel auch in der

Unternehmenskultur. Dort,meint er,müsse auf allenEbenen

mehr Verantwortung als bisher übernommenwerden. Damit

dieKI zu unseremNutzen, nicht zu unseremSchaden einge­

setzt wird. Künstliche Intelligenz hat das Potenzial für das

einewie das andere. In der Debatte geht es deshalb auch

immer umGrundwerte undEthik. Unddiese Fragenmüssen

auch in denUnternehmen erörtert werden.

Ja, gern!

Kommtsofort!

DIALOG JUNI 2018 DIALOG ZUKUNFT 3

Wir schreiben das Jahr 2025.Gabriela Marie Kim, 31, hocktauf ihrer altenLedercouchundspricht leise, aber vernehm­lich in den Raum: „Chatti­Bär,

kauf mir mal die silbernen Sneaker, von de­nen ich dir neulich erzählt hab. Viertelstun­de, ja? Ich muss weg.“ Chatti­Bär ist ein auf­merksamer, geduldiger, stets netter und folg­samer Zuhörer. Er ist ein digitaler Assistent.Allerdings kein gewöhnlicher – er ist derChef.Ermachtnicht alles selber,weil er es auchgarnicht kann, sondern schickt die anderenChatbots los, koordiniert sie undgibt ihre Vor­schläge und Recherche­Ergebnisse an Marieweiter. Esdauert11Minuten, bis es anderTürklingelt und ein Fahrrad­Kurier die silbernenSneaker bringt.

Diese Szene könnte sich so oder so ähn­lich abspielen, wenn das Wirklichkeit wird,was zwei Mitarbeiter des Leipziger Think­Tanks 2B Ahead für wahrscheinlich halten.Sie haben sich mit mehr als einem DutzendFachleuten beraten und nach vielen Gesprä­chen und Diskussionen ein Modell entwi­ckelt, wie der Kundendialog in sieben oderzehn Jahren aussehen könnte. Er wird vor al­lemdigitalisiert sein, das ist klar. Erwird indi­viduell sein, auch klar. Aber er wird weitge­hend ohne menschliches Zutun ablaufen,denn Kunden und Unternehmen kommuni­zieren vornehmlich überBotsmiteinander.

Flexibilität wird normalund zurNormDoch der Reihe nach. Die fortschreitende Di­gitalisierung ermöglichtmehr undmehr Indi­vidualisierung, weil sich Konsumenten im­mer größere Teile ihrer Welt so gestalten kön­nen, wie sie es möchten. Schon heute lassensich Musik, Filme und News zu jeder Zeitabrufen, kann Tag undNacht fast alles einge­kauft, bestellt und storniert werden. Morgenund übermorgen wird es nochmehr sein. AusGewöhnung wird Gewohnheit, sagen die Zu­kunftsforscher und meinen: Flexibilität wirdzumNormalfall und zurNorm.

Auch im Kommunikationsverhalten:Niemandwird sich länger auf bestimmteMe­dien und Instrumente festlegen lassen, jederwird diejenigen nutzen, die ihm just in die­sem Moment passen. 2025 werden das viel­leicht noch E­Mails sein und Apps und Mes­

senger, bestimmt aber digitale Assistenten,also Chatbots. Sie werden als Butler auf dieReise geschickt, um für ihre Besitzer Dingezu klären und zu erledigen. Denn je individu­eller die Welt, desto komplexer. Doch wer hatLust, sich dauernd mit verwickelten Fragenzu befassen?

Konventionen haltendoch bloß aufBots werden auch deshalb gebraucht, weilman mit ihnen sprechen kann – nach wie vordie einfachste und schnellste Art der Kom­munikation. Bots sind Automaten, basierenauf Künstlicher Intelligenz und sorgen fürTempo. Das ist ein weiterer Wunsch der Kon­sumenten, dem die Unternehmen werdennachkommen müssen: Alles soll fix gehen,von jetzt auf gleich. Geduldwar gestern. Kon­ventionen wie Höflichkeit, illustrieren dieTrendforscher, werden als unnötige Ent­schleunigungwahrgenommen.

Natürlich erwarten die Konsumentenvon ihrem Gegenüber in den Unternehmen,dass es sie erkennt und kennt. Das heißt,dass es alle Daten schon bei der Kontakt­aufnahme parat hat. Ob das so ist, entschei­det allerdings in erster Linie – und viel mehrals heute – der Kunde. Er besitzt die Daten­hoheit, er instruiert seinen Bot, was und wieviel der wem und wann preisgeben darf. Undder Bot lässt sich nicht erweichen, er hältsich daran. Die Unternehmenwerden die Be­dingungenderKunden für eineFreigabe ihrerDaten akzeptierenmüssen.

Auch in Zukunft wird es jedoch Kon­sumenten geben, die nicht auf technischeLösungen setzen. Weil sie der Technik nichttrauen. Oder weil immer nur Technik auchlangweilig wird. Einkaufen kann ein Erlebnissein, und genau das wird beim Einkauf ge­sucht. Die Produkte sind eher Beiwerk, esgeht um den menschlichen Kontakt, umSpaß und Vergnügen, auch mal um Selbst­inszenierung.

Unternehmen verlierenden direktenKundenkontaktIm Jahr 2025 hat der Kunde so viel Machtwie noch nie. Unternehmen, die ihn belas­ten, belästigen, ihmdieZeit stehlen,werdengemieden und mit Missachtung gestraft.Aber selbst wenn nicht, verlieren sie in den

meisten Fällen den direkten Kundenkon­takt, denn die Menschen übertragen zuneh­mend mehr Aufgaben an ihre intelligentenAssistenten. Was bleibt den Unternehmenanderes, als ebenfalls solche Helfer einzu­setzen?

Es handelt sich nicht allein um ein digi­tales Wettrüsten. Denn die Konsumenten­Bots müssen – wenn sie die Bedürfnisse undInteressen ihrer Auftraggeber nicht nur ver­stehen, sondern auchbefriedigenwollen – dieProduktwelten kennen. Spätestens da kom­men die Bots der Unternehmen ins Spiel: Siepräsentieren den Konsumenten­Bots die An­gebote, modifizieren sie gegebenenfalls nachderen Wünschen, verhandeln mit ihnen überdie Preise und dieNutzungsdauer.

Interaktion zwischenintelligentenSystemenNicht von heute auf morgen, aber Schritt fürSchritt wird die menschliche Interaktiondurch maschinelle Interaktion ersetzt, glau­ben die Vordenker von 2B Ahead. Bis derGroßteil derKommunikationzwischenUnter­nehmen und Kunden zum Dialog zwischenintelligentenSystemen geworden ist.

Je enger dieUnternehmenmit denKun­den verbunden sind, desto eher können sieihnen die gewünschten Produkte zu den aus­gehandelten Konditionen anbieten. Und um­so stärker kann die Loyalität der Kunden aus­fallen. Übertreibung wird aber auch in Zu­kunft nicht das Mittel der Wahl sein. Unter­nehmen, welche die Kunden­Bots zu sehr fürsich in Beschlag nehmen, werden vielleichtnoch schneller als heute die rote Karte ge­zeigt bekommen. Vom Kunden oder von sei­nemBot.

Marie gefallen die silbernen Sneaker,die Chatti­Bär – oder einer seiner Helfer – fürsie ausgesucht und auch gleich bezahlt hat.Sie schlüpft hinein, zieht die Tür hinter sichzu undmacht sich auf denWeg zumRendez­vous mit dem Typen. Mal sehn, ob Chatti­Bärdazugelernt hat und diesmal richtig liegt.

JOACHIM THOMMES

Michael Carl, Maria Lübcke: Kundendialog2025,DerDialog zwischen intelligentenSys­temen, Trendstudie des 2B Ahead Think­Tanks, Leipzig, 50Seitenwww.zukunft.business

Der Think­Tank 2BAhead entwirft einModell des künftigenDialogmarketings

Mein Freund, der Bot

1.DieKundenmöchtenmaximaleIndividualisierung der Angebote beiminimalemAufwand.Dazu nutzen siedigitale Assistenten –Bots –, die ihrenAlltag erleichtern, Aufgaben über­nehmenundProzesse automatisieren.DieBots beschaffen Informationen,werten sie aus, beraten dieKundenundmanagen ihreBelange.

2.Daten sind der Schlüssel zu denBedürfnissen der Kunden. Quelledieser Daten ist die Interaktion.

3.Kunden geben ihreDaten nur dannfrei, wenn sie dafür einenMehrwertvon denUnternehmen erhalten.Undnur so lange, wie sie diesenMehrwertbekommen.

4.Kundensegmentierung undZiel­gruppen sind überholt. Standard­Newsletter, Serien­Mails undMassen­angebotewecken das Interesse desKundennichtmehr – siewerdenabgeschafft.

5.Umdie individuellenWünsche derKundenbedienen zu können, sindauchdieUnternehmen auf intelligen­te Systeme angewiesen, dieDatenauswerten unddie Präzision imKun­dendialog erhöhen. Sie setzen eben­falls Bots ein.

6.DieKommunikation zwischenKundenundUnternehmenwirdhauptsächlich überBots stattfinden,also automatisiert sein. Der Austauschunter denBots ersetzt weitgehenddenDialog zwischenMenschen.Botswerden gemeinsamProbleme lösen,über denPreis unddieNutzungsdauerverhandeln.

7.Eswird so vieleBots geben,wie esheuteWebsites undApps gibt. DieBotswerden auf einzelne Fragen undLebensbereiche spezialisiert sein.Aber eswerden auchChef­Bots („Ma­nagingBots“) vorhanden sein, die denKontakt unter denAssistenten undden zumNutzer knüpfen, sodassdieser nurmit einemBot zu tun hat.

8.DieProduktentwicklung ist an denKundendialog angedockt. DasPro­dukt der Zukunft entsteht imDialogder Assistenten.

Der Dialog der Zukunft –die zentralen Thesen

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IALOG

DIALOG JUNI 2018

Für die einen ist sie der Heilsbringer,für die anderen ein Schreckgespenst:Die Debatte um die Künstliche Intel­ligenz emotionalisiert und polarisiert.Klaas Bollhöfer dagegen betrachtet

KI zunächst einmal als Software und erwägtnüchtern Chancen und Risiken. Allerdings fin­det er auch, sie müsse mit der menschlichenIntelligenz„zuunseremVorteil“ verknüpftwer­den. Ein Gespräch über Spezialisten und Ge­neralisten, Fehler und Vorurteile, unbekanntesTerrain undUnternehmenskultur.

Seit ein, zwei Jahren wird über Künstliche In­telligenz nicht mehr nur in Expertenzirkeln dis­kutiert, sondern auch in einer breiteren Öffent­lichkeit. Doch die Ausgangsfrage wird kaumnoch gestellt:Wozu brauchenwir KI eigentlich?Klaas Bollhöfer: Gegenfrage: Wozu brauchenwir Software?

Damit die vielen Computer undMinicomputerfunktionieren, die wir ständig und überall be­nutzen.

Genau. Letztlich ist KI aber nichtsanderes als Software. Künstliche Intelli­genz besteht aus Algorithmen, die in ei­ner Software programmiert sind, um inDaten Muster zu erkennen und darausSchlüsse zu ziehen. Heute wissen wir:Software wird praktisch überall ge­braucht. In einpaar Jahrenwerdenwirdas so auch vonderKI sagen.

Benötigen wir KI, weil wir Menschenvon den Dingen, die wir selbst ge­schaffen haben, überfordert sind?

Wir wollen Aufgaben lösen,die wir mit traditioneller Softwarenicht mehr lösen können. Wir set­zen KI etwa in Chatbots ein und inSprachassistenten, in autonomenFahrzeugen und bei der Zielgrup­pen­Analyse, bei der automati­sierten Ausspielung von Werbungebenso wie bei Produktempfeh­lungen imE­Commerce.

Was hat KI der herkömmlichenSoftware voraus?

Herkömmliche Soft­ware ist regelbasiert: Siemacht immer genau das,

was man ihr vorher beigebrachthat – jedenfalls, solange sich keinFehler einschleicht. Man pro­grammiert sie, legt die Regelnfest, und sie hält sich daran undarbeitet das Programmab. DiesenRahmenkann sie nicht überschrei­ten. KI dagegen stößt nicht soschnell an Grenzen, denn sie findetsich auch auf unbekanntemTerrainzurecht. Sie entdeckt die Regeln inden Daten, die sie bekommt. Undinnerhalb eines bestimmten Be­reichs entscheidet sie selbst, wel­chen Lösungsweg sie einschlägt.Schließlich trifft sie Vorhersagen,die mit großer Wahrscheinlichkeitrichtig sind.

Befürworter und Gegner von Künst­licher Intelligenz sind sich in einemPunkt einig: Sie glauben, KI könnealles besser als wir. Ist es so?

Klaas Bollhöfer, Birds onMars, über Künstliche Intelligenz

FOTO:BIRDSONMARS

4 DIALOG INTERVIEW

„Wir stehen ganz amAnfang“

Nein, beim jetzigen Stand nicht. Wennwir heute von KI sprechen, reden wir über ma­schinelles Lernen. Dabei geht es immer umeng begrenzte Aufgaben: Der Automat sollSchach spielen oder Sprache erkennen oderein Auto fahren. Das klappt teils schon sehrgut, teils nochnicht so gut.Aber eineKI istweitdavon entfernt, beides zugleich zu tun: sowohlAuto zu fahren als auch zu sprechen.Das kriegtsie nicht hin – wir dagegen schon. Denn derMensch ist ein Generalist, der außerdem nochüber großartige spezielle Fähigkeiten verfügt.Künstliche Intelligenz dagegen ist bislang im­mer bloß einSpezialist.

Demnach ist KI nicht nur schlau, sondern auchdumm?

Ich finde es problematisch, im Zusam­menhang mit KI Begriffe zu verwenden, die aufuns Menschen gemünzt sind. Fest steht: Wennes darum geht, mehr als Spezialistentum in dieKI hineinzubringen, also die menschliche In­telligenz nachzubauen, stehen wir noch ganzam Anfang. Denn wir wissen ja nicht einmal,was menschliche Intelligenz überhaupt ist.Schondeshalb könnenwir sie nicht nachbilden.

Woher rührt die Angst vor der KI?Sie ist uns in immer mehr Fällen über­

legen. Das Paradebeispiel ist der mittels KIoperierende Schachcomputer, der die bestenSpieler der Welt schlagen kann. Das löst Ängs­te aus. Andererseits setzen wir schon seit Jahr­hunderten Maschinen ein, die viel mehr kön­nen alswir.

Daran haben wir uns gewöhnt. Der Unterschiedzur KI liegt darin, dass sie uns im geistigen Be­reich angreift, den wir als unsere ureigene Do­mäne reklamieren.

Das stimmt. Zurzeit hat die Angst davormit der Realität allerdings wenig zu tun. KI istbisher nicht in der Lage, zu denken oder ähn­liche intellektuelle Leistungen zu vollbringen.Und das wird sie auch in absehbarer Zeit nichtkönnen. Ein anderer Punkt ist, dass Arbeits­plätze durch den Einsatz von KI überflüssigwerden. Das ist ganz sicher so. Es wird aller­dings erst einmal solche Arbeiten betreffen,die eintönig sind – Buchhaltung zum Beispiel.Und natürlich solche Tätigkeiten, für die einextremes Tempo, also eine immense Rechen­leistung in kürzester Zeit, erforderlich ist.

Wir fürchten uns auch vor dem Kontrollverlust,der daher rührt, dass wir vielleicht nicht mehrnachvollziehen können, wie die KI zu ihren Er­gebnissen kommt.

Bei sehr vielen alltäglichen Vorgängenwissen wir nicht, warum sie so und nicht an­ders ablaufen, ohnedassunsdas störenwürde.

Aberwenn ichwollte, könnte ich jemand fragen,der esmir erklärt. Oder googeln.

In Google steckt eine Menge KI, und wirhaben kein Problem damit. Das zeigt, woraufes ankommt: die Verknüpfung unserer Intelli­genz mit Künstlicher Intelligenz zu unseremVorteil. Anders gesagt: die Erweiterung unse­res Vermögens, nicht seine Ersetzung. Das istzumindest meine Vorstellung davon. Dannübernimmt KI Aufgaben, die wir nicht mehrausführenkönnenoderwollen, spielt ihreStär­ke jedoch nur aus, wenn noch ein Mensch in­volviert ist. Einer, der die Software einsetzt,die Ergebnisse einordnet und umsetzt – oder

eben auch nicht. Es geht um eine Zusammen­arbeit, bei der der Mensch die Verantwortungträgt.

Inwieweit kannKI selbstständig agierenundda­zulernen?

KI lernt nichts. Jedenfalls nicht in demSinn, wie wir denBegriff sonst benutzen, wennwir ihn auf menschliches oder tierisches Ver­halten anwenden. Wir lernen aus Erfahrungenoder durch Nachdenken und ändern daraufhinunsere Einstellung oder unser Verhalten. Alldas kann KI nicht. Sie kann sich lediglich ineinem bestimmten Umfang an neue Situatio­nen anpassen. Dieser Umfang ist vorher umris­sen unddamit nicht beliebig.

Kann KI, wenn sie einen zweiten oder drittenVersuch hat, besser werden?

Selbstverständlich, aber sie hat kein Be­wusstsein davon, hat also nichts gelernt. Undsie kann nicht plötzlich alles anders machen,sich nicht selbst regulieren. Dazu bräuchte esEingriffe von außen.

Trifft sie eigeneEntscheidungen?In gewisser Weise schon. Sie kann auf

dem einen oder anderen Weg zum Ziel finden,das wird nicht vorgegeben. Allerdings hängenderWegunddasErgebniswieder vom Input ab,also dem Datenmaterial und den Algorithmen,welche die KI bekommt. Je nachdem ist dasResultat dann leichter oder schwerer vorherzu­sagenund zuplanen.

Hängt die Qualität des Outputs von der MasseanDaten ab,mit der dieKI gefüttert wird?

Zurzeit ja. Je mehr Daten und je größerdieRechenpower, die zur Verfügung steht, des­to besser. Viele Algorithmen, die eingesetztwerden, sind schon uralt – sie stammen ausden 80er Jahren. Damals haben sie bloßnicht funktioniert, weil die Datenmengenund die Rechenleistung zu gering waren.Das ist nun anders und führt zu denbahnbrechenden Entwicklungen, diewir gerade erleben. Bald werden wir je­doch an einem Punkt angelangt sein, an demwieder mehr an den Algorithmen gearbeitetwird – auch deshalb, um weniger Daten undRechner einsetzen zu müssen, denn beides istteuer.

Ist Künstliche Intelligenz objektiv?Nein, es gibt viele Gelegenheiten, bei de­

nen sich Neigungen und Vorurteile in die KIeinschleichen. Ich nennemal drei. Es kann beiden Daten passieren, die unbemerkt oder ab­sichtlich eine tendenziöse Richtung mit sichbringen. Es kann bei der Programmierung derAlgorithmen geschehen, wenn es keine Quali­tätskontrolle gibt, die dem entgegenwirkt. Undes kann bei der Interaktion mit Nutzern erfol­gen, wie es beispielsweise beim Chatbot Tayvon Microsoft der Fall war, der sich im Dialogmit denNutzern zumRassisten entwickelt hat.

Wie lassen sich solche Fehler vermeiden?Das ist gar nicht so einfach, denn es han­

delt sich ja ummethodische Schwächen, die dasganze System betreffen. Theoretisch könnteman einer KI beibringen, derartige Fehler zu er­kennen und von sich aus für ein tolerierbaresAusmaß zu sorgen. Aber auch in dieser Fragestehenwir ganz amAnfang. Vorerstmüssen Soft­ware­Spezialisten diese Aufgabe übernehmen.

Sind die damit nicht überfordert?In der Tat darf man ihnen nicht zu viel

aufbürden, denn es sind alle gefordert. Nebentechnischen und organisatorischen Maßnah­men sind insbesondere auchmentale Verände­rungen nötig – sie sind zweifellos am wichtigs­ten, aber auch am schwierigsten. Es brauchteine Unternehmenskultur, in der auf allen Pro­zessebenen Verantwortung für das Produktübernommenund großgeschriebenwird.

Das beißt sich möglicherweise mit dem Wett­bewerbs­ und Zeitdruck, unter dem die Unter­nehmen stehen. Wie soll das zusammenpas­sen?

Grundsätzlich ändert sich ja nichts. DieUnternehmen müssen auch bislang schondurch die Qualität ihrer Produkte überzeugen,um am Markt Erfolg zu haben. Der Weg dahinwird lediglich steiniger. Und es wird schwerer,das Niveau auf Dauer zu halten. Womöglichwird der Sturz auch tiefer, wenn es schiefgeht.Denken Sie etwa an autonome Fahrzeuge:Wenn bei den Tests ein Mensch ums Lebenkommt, ist die Empörungweltweit groß.

Sollte KI reguliert werden?Ich denke ja. Die Frage ist nur, bis zu

welchem Grad. Prinzipiell aber könnten vor al­lem wir Europäer davon profitieren. Nämlich,wenn wir in unserem stärksten Bereich – imindustriellen Sektor – Standards setzen undFakten schaffen in puncto Sicherheit der Pro­zesse und Datenschutz. In diesem Feld könn­ten wir gerade durch Regulierung unsere Wett­bewerbsvorteile behaupten.

Was ist Ihre Vision vonKünstlicher Intelligenz?Ich glaubedaran, dasswir dieStärkender

menschlichen und der Künstlichen Intelligenzzusammenführen können, sodass sie sich ge­genseitig ergänzenundbefruchten.

Wie stehen die Aussichten dafür?Vor ein paar Jahren noch war KI haupt­

sächlich ein IT­Thema. Es ging darum, wasmachbar ist, wie lange das dauert, was es kos­tet und soweiter. Inzwischenwird national undinternational vornehmlich über Themen wieDatenschutz, Transparenz und Ethik diskutiert– und zwar sowohl in der Forschung als auch inPolitik und Wirtschaft. Die Komplexität derKünstlichen Intelligenz ist indenKöpfenange­kommen. Und es wird auch offen über die Ge­fahren gesprochen. Das stimmt mich optimis­tisch.

INTERVIEW: JOACHIMTHOMMES

DIALOG JUNI 2018 DIALOG INTERVIEW 5

Der 45­Jährige ist Gründer undGe­schäftsführer vonBirds onMars. Das inBerlin ansässigeUnternehmen entwickeltStrategien, Strukturen undApplikationenan denSchnittstellen vonmenschlicherundKünstlicher Intelligenz und coachtTeamsdafür. Zuvor warBollhöfer Chief­Data­Scientist von TheUnbelievableMachineCompany, ebenfalls in derHauptstadt.

Klaas Bollhöfer

„Wir stehen ganz amAnfang“

„Oft schleichensich Vorurteilein die KI ein“

Klaas Bollhöfer, Birds on Mars

Weniger ist mehr. Lieber einen Kanalrichtig betreiben als zwei halbherzig.Solche Plattitüden haben lange alsErfolgsformel für den E­Commercegegolten. Doch seit Online­Stars wie

Amazon und Zalando Ausflüge in die wirklicheWeltunternehmen, scheint die Zeit der simplenSprüchevorbei. Zumal auch klassische Versandhändler wieOtto, die sich im Internet lange schwergetan haben,dort inzwischen reüssieren. Ist Multichannel alsodoch die richtige Strategie?

Ernst & Young Parthenon, Düsseldorf, und Ar­vato SCM Solutions, Gütersloh, beantworten dieFrage in einer gemeinsamen Studie mit einem kla­

ren Jein. Das Nein darin ist offensichtlich:In praktisch allen Sortimentsberei­

chen des E­Commerce sind dieführenden Händler reine On­line­Player, die oft auch pro­fitabel wirtschaften. Dage­gen erhöhen sich durchmehrere Kanäle die Kom­plexität und damit auchdie Systemkosten enorm.Schließlich sind die Kun­den ziemlich treulose To­maten, die sich beim einenHändler informieren und

beimanderen kaufen.Dies bestätigt die Untersu­

chung von Parthenon und Arvato, dieden anachronistischen Titel „Der König ist

tot, es lebe der König“ trägt. Ihr zufolge kaufen imDurchschnitt lediglich3Prozent derKunden onlineund offline beim selbenHändler. 59 Prozent haltenesmal so,mal so. 37Prozent gehen immer fremd.

Offen bleibt allerdings auch in dieser Analyseder Punkt, ob sich die Untreue der Kunden tatsäch­lich negativ auswirkt – oder ob sie sich alles in allemvielleicht ausgleicht. Wenn nämlich, vereinfachtgesagt, der eine Kunde sich beim Unternehmen Ainformiert, um dann beim Unternehmen B einzu­kaufen, während der andere Kunde sich bei Bschlaumacht, umbei A seinGeld auszugeben.

Parthenon und Arvato haben1500Kunden zuihremEinkaufsverhalten befragt und obendreinDa­

ten zu Verkäufen und Warenbeständen von Multi­channel­Händlern im Mode­Segment ausgewertet.Das zentrale Ergebnis: Multichannel kann einerichtige Strategie sein, wenn bestimmte Vorausset­zungen erfüllt werden. Zu ihnen gehöre insbeson­dere die Vernetzung der Online­ und Offline­Syste­me im Unternehmen. Damit meinen die Autoren inerster Linie die Einbeziehung von Daten, die imLadenerhobenwerden.Dadurch lasse sichdieMar­keting­Effizienz erheblich steigern. Zudem könneder Umsatz durch ein besseres Management derWarenbestände über die Kanäle hinweg angekur­belt werden.

Diese Idee basiert darauf, dass im Mode­Be­reich „üblicherweise“, wie es heißt, 10 bis 20 Pro­zent der Artikel unterschiedlich schnell verkauftwerden – je nachdem, ob sie imNetz oder im Ladenangeboten werden. So könne etwa ein Produkt on­line ein potenzieller Seller, aber nicht vorrätig sein,während es zur selben Zeit in der Filiale ein Laden­hüter ist und verramscht wird. Solche Fälle seiennicht immer vorherzusehen. Durch kanalübergrei­fende Transparenz und besseres Bestands­Mana­gement würden die Artikel jedoch dort verfügbar,wo sie nachgefragt werden.

Ob sich das dann auch lohnt, muss allerdingserst noch ausgerechnet werden: Dem besseren Ab­verkauf und den verminderten Rabatten stehen dieKosten insbesondere fürs Fulfillment gegenüber,wie die Autoren einräumen. Unterm Strich ent­scheide der Einzelfall.

In puncto Steigerung der Marketing­Effizienzkonzentriert sich die Untersuchung auf den statio­nären Handel und die Daten, die sich in ihm ins­besondere durch den Einsatz von Beacons sam­meln lassen. Mit den winzigen, beispielsweise amRegal angebrachten Funksendern können unter an­derem Laufwege und Verweildauern ermittelt undKunden daraufhin gezielt angesprochen werden.Ein großer Teil der Konsumenten kaufe nachwie vorregelmäßig in einemLadeneinundwerdedies auchweiterhin tun. Durch die Analyse und Kombinationvon Daten in zwei Kanälen könnten sichMultichan­nel­Händler einen Vorsprung im Wettbewerb mitreinenOnline­Händlern verschaffen.

JOACHIMTHOMMES

Der Verkauf übermehrere Kanäle kann auch Vorteile haben

Quelle: Arvato SCM Solutions, Ernst & Young Parthenon

Kunden bevorzugen die KombinationWo in den vergangenen drei Monaten gekauft wurde

DDV dialog Juni 201818

30 40

38

56

1959

1122

25

Angabenin Prozent

Online Im Laden Online und im Laden

Bekleidung Schuhe Unterhaltungselektronik

Wie ein LadenhüterzumSeller wird

Quelle: Arvato SCM Solutions, Ernst & Young Parthenon

Online triumphiert bei der SucheVor dem Kauf informiere ich mich gern …

Anteile in Prozent

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… im Geschäft

… in sozialenNetzwerken

… auf Online-Vergleichsseiten

… online in Foren,Blogs und Magazinen

… in Online-Shops

DDV dialog Juni 2018

14- bis 29-Jährige 30- bis 49-Jährige 50 plus

Quelle: Arvato SCM Solutions, Ernst & Young Parthenon

Heute hier, morgen daIch kaufe stationär und online …

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… bei den gleichen Händlern … bei völlig unterschiedlichen Händlern … sowohl als auch

Bekleidung Schuhe Unterhaltungselektronik

DIALOG JUNI 20186 DIALOG MULTICHANNEL

Mehr und mehr Händler set­zen auf Coupons. So erklärtsich Christoph Thye, Vor­stand der Acardo Group inDortmund, denZuwachs an

eingelösten Gutscheinen im vergangenenJahr. Während das Coupon­Volumen beiHerstellern und Industrie in etwa gleichgeblieben sei, habe der Handel dieMengeum knapp ein Drittel gesteigert. Und seinInteresse an dieser Form der Verkaufsför­derung nehme weiter zu, wie insbesonde­re der Einstieg von Aldi ins CouponingAnfang dieses Jahres zeige. „Auch derbislang eher zurückhaltende Handel ent­deckt die Mehrwerte für sich“, kommen­tiert Thye.

Als Grund dafür macht er den ex­tremen Wettbewerb im Retail­Bereichund den anhaltenden Druck durch „großeE­Commerce­Plattformen“ auf den statio­

nären Handel aus. Zu den Vorzügen derGutschriften gehören nach Ansicht Thyesin erster Linie das Setzen von Kaufimpul­sen unddasBewahren der Preisoptik.

Alles in allem sind nach Schätzun­gen von Acardo voriges Jahr rund130Mil­lionen Euro durch die Clearing­Häuser anden Handel ausgezahlt worden – 10 Milli­onen Euro mehr als 2016. Clearing­Häu­ser verrechnen den Wert der eingelöstenCoupons zwischen Anbietern und Händ­lern. Die Anzahl der verteilten Couponshat sich mit rund 18 Milliarden Stück imVergleich zumVorjahr kaum verändert. Al­lerdings wurden in einzelnen Warengrup­pen wie Tiefkühlkost und Produkte zurKörperpflege weniger Rabatte einge­räumt, während in anderen wie Tiernah­rung, Süßwaren und Getränke teilweiseerheblich mehr Coupon­Kampagnen ge­fahrenworden sind.

DerTrendzudigitalen Instrumentenhält laut Acardo an. Im vergangenen Jahrseien 56 Prozent mehr Coupons über dasInternet eingelöst worden. Dennoch liegtihr Anteil am gesamten Kuchen lediglichbei 6 Prozent. Den größten Brocken ma­chen nach wie vor Rabattzettel aus, dieim Laden ausgegeben und eingelöst wer­den. Ihr Anteil liegt bei 62 Prozent. Be­sonders wirksambleibenGutscheine, diedirekt am Regal angebracht sind: Sie ha­ben unter allen Spielarten die höchstenEinlösequoten. Offenkundig spornt dieNähe zum Produkt die Kunden zum Zu­greifen an.

In der Regel sparen die Kundendurch die eingeräumten Rabatte beischnelldrehenden Konsumgütern zwi­schen 20 und 30 Prozent des Ladenprei­ses, hat das Clearing­Haus ermittelt. Zu­nehmend werde eine Mindestmenge an

gekauften Produkten vorausgesetzt. Ver­mehrt gebe es aber auch Aktionen übermehrere Marken oder das gesamte Sorti­ment hinweg. JOACHIMTHOMMES

Couponing unter der Lupe

Nähe spornt Kunden an

Laden¹

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Quelle: Acardo Group

Ohne Umweg klappt es besserAnteil der Kategorien an den Einlösungen

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1) Coupons am Regal, Promotions, Check-out-Couponing, Check-in-Couponing2) Postwurfsendung. Tageszeitung, Handzettel, „Einkauf Aktuell“3) Coupon-Portale, Hersteller-Websites, Mobile Couponing

DIALOG JUNI 2018 DIALOG CALLCENTER 7

Der Kunden­Service wird bes­ser, aber die Kunden­Zufrie­denheit nimmt ab. Mit diesemParadox lässt sich am bestenwiedergeben, wie Entscheider

in Callcentern zur Künstlichen Intelligenzin Form von Chatbots stehen: Sie verbin­den große Hoffnungen damit, aber auchstarke Befürchtungen. Sie wünschen sichvor allem eine Erreichbarkeit auch abseitsder üblichen Arbeitszeiten und eine Ent­lastung der Mitarbeiter von Routine­Auf­gaben. Zugleich jedoch bangen sie um ih­ren Ruf, falls sich die digitalen Helfer alsNieten herausstellen sollten oder andereProblememit sich bringen.

Dies hat der Düsseldorfer Technolo­gie­Dienstleister Damovo durch eine Um­frage herausgefunden, die er Ende Aprilveröffentlicht hat. Daran teilgenommenhaben 76 Entscheider – die Ergebnissesind mithin nicht repräsentativ, gebenaber ein Stimmungsbildwieder.

Und zwar ein durchaus differenzier­tes. Das ergibt sich schon aus den Ant­worten auf die Grundfragen zu den größtengeschäftlichen Herausforderungen: DreiViertel der Befragten nennen die Verbes­serung und Automatisierung von Prozes­

sen als wichtigste Aufgabe, doch nur einFünftel sieht Kostensenkung als wesentli­che Anforderung. Offenbar werden die bei­den Punkte – im Unterschied zu den Vor­jahren – nicht miteinander verknüpft.Wenn dem so ist, muss die OptimierunganderenZielen dienen. Tatsächlichwerdenmehrere Themen genannt, die eine Steige­rung der eigenen Leistung beinhalten.

Dazu sollen auch die Chatbots bei­tragen. Ob sie das allerdings wirklich kön­nen, scheint auch unter den Befragtenumstritten zu sein. Lediglich 6 der 76Umfrageteilnehmer haben nach eigenerAussage bereits Erfahrungenmit den digi­talen Assistenten gesammelt. Gut einDrittel berichtet von Plänen für einenkünftigen Einsatz. Die Mehrheit indes istsich unsicher undwartet lieber ab.

Skepsis findet Markus Pöttinger,Managing Director der GKK Dialog Groupin Frankfurt, vollkommen angebracht.Denn bislang gebe es überhaupt keineKünstliche Intelligenz im Marketing, eswürden bloß „altbekannte Technologienals KI verkauft“. Und eine Anhebung derLeistungsfähigkeit vonChatbots scheiterean „nicht kombinierbaren Datensilos undDatenminderer Qualität“.

Zweifel grundsätzlicher Natur mel­det auch Damovo an. Um Aufgaben lö­sen zu können, müssen Chatbots trai­niert werden. Je größer das Problem,desto mehr. Doch je komplizierter undspezifischer die Angelegenheit, destoweniger Daten stünden den Unterneh­men für das Training zur Verfügung,prognostiziertderDienstleister.Eskönn­

ten „Jahre vergehen“, bis ein Botschwierige Fälle „in vernünftiger Quali­tät“ klären kann. Der Einsatz von Chat­bots werde sich deshalb in den meistenUnternehmen kurz­ undmittelfristig aufdie Bearbeitung einfacher Sachverhaltebeschränken und die Arbeit der Callcen­ter­Agenten nur ergänzen.

JOACHIMTHOMMES

Einsatz von Chatbots imKundenservice

EnttäuschteErwartungen

Quelle: Damovo

Kunden-Service wird besserWelche Chancen bieten Chatbots?

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Durchgehende Erreichbarkeit

Mehr Ressourcen oder Zeit für komplexe Probleme

Größere Mitarbeiter-Zufriedenheit durch Entlastung von Routine-Aufgaben

Höhere Agilität und Geschwindigkeit durch Prozess-Optimierung

Gleichbleibend hohe Service-Qualität

Kosten-Einsparung

DDV dialog Juni 2018

Quelle: Damovo

Kunden-Zufriedenheit nimmt abWelche Risiken bringen Chatbots mit sich?

n = 76 Befragte

Ich stimme zu

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Frust oder Reputations-Verlust beim Versagen

Sinkende Kunden-Zufriedenheit

Sicherheitsbedenken

Hohe Wartungs-Intensität

Hohe Investitions-Risiken

Verschlechterung des Unternehmensklimas oder der Mitarbeiter-Zufriedenheit, da Arbeitsplätze wegfallen

DDV dialog Juni 2018

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DIALOG JUNI 20188 DIALOG NUTZERDATEN

Die Deutschen sind gar nicht besonders pinge­lig in puncto Datenschutz. Vielmehr teilen sieim Großen und Ganzen dieselben Überzeu­gungen wie Konsumenten in anderen Län­dern. Dies geht aus einer Untersuchung her­

vor, welche die Global Alliance of Data­Driven MarketingAssociations, kurz: Global DMA, vorgelegt hat. Die Orga­nisation mit Sitz im australischen Sydney repräsentiert27 Dialogmarketing­Verbände quer über den Globus undhat Konsumenten in zehn Ländern befragen lassen, wel­che Verhältnisse sie sich beim Umgang mit Daten wün­schen und was nicht. Die wichtigste Erkenntnis lautet:Die Unterschiede zwischen den Ländern sind relativ ge­ring. Die Online­Nutzer ticken in Argentinien nicht we­sentlich anders als in Singapur, den Niederlanden oderdenUSA.Oder eben in der Bundesrepublik.

Unverkennbar vereinheitlicht die Globalisierungnicht nur die Märkte, sondern auch die Ansichten derKonsumenten – jedenfalls beimThemaDatenundPrivat­sphäre. Grundsätzlich halten es die vom Londoner In­

stitut Foresight Factory Befragten quasi für normal, on­line persönliche Daten mit Unternehmen zu teilen. Ins­besondere hierzulande:Unter denDeutschen finden dies64 Prozent in Ordnung – das ist der Spitzenwert –, diegrößte Skepsis besteht bei den Franzosen (46 ProzentZustimmung). In diesem Punkt gehen die Meinungenstärker auseinander als sonst.

Doch die Frage ist offenkundig weniger das Ob alsdas Wofür. In allen Ländern meinen mehr als drei Viertelder Befragten, den größten Vorteil von der Offenlegungpersönlicher Informationen hätten die Unternehmen.Dass eher dieKonsumentendavonprofitieren, glaubt nochnicht einmal jeder Zehnte. Die Argumentation, mit mehroder präziseren persönlichenDatenwerde sich der Serviceder Unternehmen verbessern, findet in der Regel nur einDrittel stichhaltig. Die Zustimmung steigt, wenn Rabattewinken, sinkt jedochwieder, wennpersonalisierte Angebo­te als Gegenleistung in Aussicht gestellt werden.

So oder so verlangen die Konsumenten mehr Auf­klärung von den Unternehmen, was die mit ihren Daten

machen oder vorhaben, und sie möchten dies stärkerkontrollieren. In diesem Punkt erreicht die ZustimmungWerte von über 80 Prozent, lediglich die Niederländerbegnügen sichmit 79Prozent.

Das Vertrauen der Konsumenten ist zweifellos nichtleicht zu gewinnen. Sie vor den Kopf zu stoßen, ist al­lerdings keine Option. Denn was dann passieren kann,zeigen die Antworten auf eine Frage, die ein bisschen ausdem Rahmen fällt: „Benutzen Sie Ad­Blocker beim Sur­fen?“ Sie bejaht gut jeder dritte Teilnehmer. Noch einmalso viele verneinen sie, erklären aber, sie könnten sich dasvorstellen.

Am liebsten wären die Konsumenten vielleichtselbst Unternehmer. Dann würden sie mit ihren DatenHandel treiben und sie womöglich gegen bare Münzeverkaufen. Dieser Idee können drei Viertel der Befragtenetwas abgewinnen.

Pro Land hat Foresight Factory im Durchschnitt1000 Leute ab18 Jahren befragt, in den USA 2000. DieStudie ist beimDDVerhältlich. JOACHIMTHOMMES

Global DMA: Studie zumThemaDaten undPrivatsphäre in zehn Ländern

Konsumenten sinddoch alle gleich

Quelle: Foresight Factory

Konsumenten, Daten und Unternehmen

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DDV dialog Juni 2018

„Daten und persönliche Informationen online zu teilen,gehört zur modernen Wirtschaft“

„Ich möchte mehr Kontrolle über die persönlichenDaten, die ich Unternehmen gebe“

„Im Tausch für meine Daten bekomme ich einenbesseren Service von den Unternehmen“

„Benutzen Sie Ad-Blockerbeim Surfen?“

„Wer profitiert Ihrer Ansicht nach zurzeit am meistenvom Austausch persönlicher Daten?“

„Meine Daten gehören mir und ich sollte mit ihnenhandeln können“

Argentinien Australien Deutschland Frankreich Großbritannien Kanada Niederlande Singapur Spanien USA

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Auf jeden Fall Ja Unternehmen Konsumenten Nein, kann ich mir aber vorstellen Top 2, Angaben in Prozent

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DIALOG JUNI 2018 DIALOG UMFRAGE 9

Relevanz, Individualisie­rung undAutomatisierung– das sind die derzeit ammeisten genanntenSchlagwörter imDialog­marketing. In jedemFallwird dazu eineMengeDaten gebraucht. Doch istdas schon alles? Ist Dia­logmarketing heute vorallemDaten­Marketing?Spielen die kreative Ideeund ihreUmsetzung nurnoch die zweiteGeige?

UMFRAGE: JOACHIM THOMMES

„Das tun, was wirklichberührt“

GREGORHARTWIG,LeiterMarketing&Grafik Quisma,München:Kreation, Daten undTechnik brauchen sichgegenseitig, um imOnline­Marketing erfolgreichzu sein. Der Erfolg richtet sich amEndedanach,wie gut die Spieler aufeinander abgestimmt sind.Aus TouchpointswirksamePoints of Touchma­chen kann aber nur guteKreation. Anders aus­gedrückt:Wir sollten nicht alles tun, was tech­nischmöglich ist, sondern das, wasMenschenwirklich berührt. Banner­Blindheit unddasWegklicken vonSpots sind schließlich nur dasResultat schlechter Kreation. ZurKreation ge­hören jedochnicht nur plakativeBanner oder einlustiger Videoclip, sondern auchAnzeigentextebei Google undder richtige Content auf derWebsite. AufBasis der Kundendaten schaffenerst kreative Ideen begeisternde Inhalte, die denKundenwirklich erreichen. Kreative Ideenma­chenden entscheidendenUnterschied und sindfür denWerbeerfolg sowichtigwie eh und je.

„Mit Insights verknüpfen“

AXELSCHÄFER,SeniorManager Product& IndustryMarketingEMEAAdobe,München:BeimdatengetriebenenMarketing solltemansich stets über eines imKlaren sein: Auch hinterKundendaten stehenMenschenmit individuel­lenBedürfnissen undPräferenzen.Wennwir alsoaufKundendaten setzen, umdie gerechtfertigteErwartungshaltung eines jeden InteressentenoderKundennachmaßgeschneiderten undjederzeit beziehungsweise über jedenKanalverfügbarenAngeboten zu erfüllen, gilt ein zen­traler Leitsatz: Es geht immer umdenMenschenalsGanzes, nicht umdie bloßeSummederDa­tenpunkte.HatmandieseMaxime verinnerlicht,wird schnell klar, dass guteKreation auch in dertechnisiertenMarketingwelt einen festenPlatzhat. DieHerausforderung besteht jedochdarin,die kreativen Ideen engmit den gewonnenenInsights aus denKundendaten zu verknüpfen.MitHilfe KI­getriebener Automatisierung kön­nenwir diese neueDigital Creativity zu einemwahrenPerpetuummobilewerden lassen, vondemamEnde auchderKundeprofitiert.

„Content­Bausteineverwenden“

GREGORWOLF,Geschäftsführer Evergage,Gerlingen bei Stuttgart:DasDialogmarketingwird durch zunehmendePersonalisierung beziehungsweise Individuali­sierung bestimmt.Dabei spielenDaten, Ana­lysen undKreation eine gleichgewichtigeRolle.Daten etwa zuEngagement undVerweildauersindwichtigeParameter für die Intensität,mitder sichNutzermit einemThemaoder Produktbefassen. Ebensowichtig: Das kontextuelleZuordnen vonDaten zuThemen,Kategorien etcetera, wodurchdasNutzerverhalten besserinterpretiert werden kann. Analyse­Toolsmüs­sen dieMasse anDaten beherrschen.DemData­Engineering kommt einewachsendeBe­deutung zu: präzise Analysen, PrognosenunddynamischeSegmentierungen inEchtzeit,unterstützt durchAlgorithmen, die aufMachine­Learning basieren. Bei derKreationwirdMarke­ting­Technologie zunehmendContent­Bau­steine verwenden: Angezeigte Inhalte können inEchtzeit verhaltensbasiert verändert werden, umbesser auf den individuellenNutzerbedarf ein­zugehen.Daten alleinmachenKreation nichtwenigerwichtig. Sie helfen aber zunehmenddabei, Content undKreation zu verbessern.

„Der Daten­See isteine Pfütze“

MARKUSWIRTH,Leiter KreationGKKDialogGroup,Frankfurt:Kreation ist dieKunst, bekannteDinge, diewenigmiteinander zu tun zu haben scheinen, zukombinieren, umdaraus etwasNeues zu er­schaffen. Es ist alles schon erzählt worden – aberderRemix bringt immerwieder neueSpielartenundFormenhervor. Doch für denRemix brauchtes vor allemeines: Input.Mit derDigitalisierunghaben sich für uns ungeahnteMöglichkeiteneröffnet, spannendeund relevanteGeschichtenzu erzählen. Geschichten, die präzise denNervderMenschen treffen. Das dachtenwir zumin­dest. DieWirklichkeit sieht aber oft noch auswievor zwei Jahrzehnten: Zielgruppe?Haushalts­führendeFrauen zwischen25und55 Jahren.Aha. Immerhin kennenwir dasGeschlecht.UnddasAlter, zumindest grob. Der großeDaten­See,

der uns versprochenwurde, ist inWirklichkeitnichtmehr als eine kümmerlichePfütze. Daherhat sich auchdieRolle derKreation nichtwe­sentlich geändert.Wir kreieren immer nochneue, spannendeund relevanteGeschichten aufderGrundlage, diemanuns zur Verfügung stellt.WenndasDaten­Marketing künftig eine großeRolle spielenmöchte,muss es die Schleusenöffnen unddenSee fluten. Kreationmuss dannnur nochhineinspringen.

„AnspruchsvollereKreation“

ALEXANDERWINDHORST,Geschäftsführer ServiceplanOne,München:Daten sind für One­to­One­ler nichtsNeues – nurihreMenge, ihre Verfügbarkeit und ihrHandlingwerden größer und komplexer.Wer „Daten“mit„Wissen ummeinenKunden“ gleichsetzt, er­kennt für dieKreation nicht weniger, sondernungleichmehrMöglichkeiten.Wo es früher eineBotschaft an alle gab, kannman jetzt unter­schiedliche Interessenmit demselbenAuto be­dienen. Da hatman für dasselbeProdukt statteiner Selling Idea haltmal sechs verschiedene.Aber vergrößert das nicht die Vielfalt und denSpaß für dieKreation?DieMechaniken dahinterbleiben ja dieselben: schlaue Insights und guteIdeen – unddas zunehmend in einer Vielzahl anVarianten. Da kommtman eben nichtmehrweitmit der altenDenke, sondernmuss jedes Segmentoder gar jedenKunden einzeln vor Augen habenund ansprechen.MeineErfahrung ist: FürmehrIndividualität undRelevanz braucht es nichtweniger, sondern anspruchsvollere Kreation.

WelcheRolle spielt die Kreation imDaten­Marketing?

FOTO:ADOBE

FOTO:EVERGAGE

FOTO:WINDHORST

FOTO:QUISMA

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ZwischenWunschundWirklichkeit

FOTO:DLAPIPER

U/K

Die Autoren Prof. Dr. StefanEngels und Dr. Bahne Sieverssind Rechtsanwälte beiDLA Piper UK, Hamburg.

DIALOG JUNI 201810 DIALOG RECHT

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatentschieden, dass es den allge­meinenVoraussetzungendesGe­

setzes gegen den unlauteren Wettbe­werb (UWG) nicht widerspricht, wennsich die in Allgemeinen Geschäftsbe­dingungen enthaltene Einwilligung ei­nes Konsumenten in die Kontaktauf­nahme zu Werbezwecken auf mehrereKanäle bezieht (Urteil vom 1.2.2018 –Az.: III ZR196/17).

Gegenstand der Entscheidungwar folgendeEinwilligungsklausel:

„Ich möchte künftig über neueAngebote und Services der TelekomDeutschland GmbH per E­Mail, Tele­fon, SMS oder MMS persönlich infor­miert und beraten werden. Ich bin da­mit einverstanden, dass meine Ver­tragsdaten aus meinen Verträgen mitder Telekom Deutschland GmbH vondieser bis zum Ende des Kalenderjah­res, das auf dieBeendigungdes jeweili­gen Vertrages folgt, zur individuellenKundenberatung verwendetwerden.“

Da es sich bei dieser Opt­in­Klau­sel umAllgemeineGeschäftsbedingun­

gen handelt, war im Rahmender Inhaltskontrolle nach§ 307 Abs. 2 Nr. 1 des Bür­gerlichen Gesetzbuchs(BGB) zu prüfen, ob diesedemgesetzlichenGrund­gedanken der § 7 Abs. 2Nr. 2und3UWGwider­spricht. Danach stelltWerbung mit einemTelefonanruf oderdurch elektronische

Post ohne vorherige aus­drückliche Einwilligung des Adressa­ten stets eine unzumutbare Belästi­gung dar. Unter einer Einwilligung indiesem Sinne sei jede Willensbekun­dung zu verstehen, die ohne Zwang, fürden konkreten Fall und in Kenntnis derSachlage erfolgt und mit der die be­troffene Person akzeptiert, dass ihre

personenbezogenen Daten verarbeitetwerden.

Entsprechend seiner ständigenRechtsprechung hat der BGH festge­stellt, dass eine Einwilligung für denkonkreten Fall in Kenntnis der Sachla­ge erteilt werde, wenn der Konsumentweiß, dass seine Erklärung ein Einver­ständnis darstellt und worauf sie sichbezieht. Nach Ansicht des Gerichts ge­nügt die streitgegenständliche Klauseldiesen Voraussetzungen.

Dem Konsumenten werde insbe­sondere klar, dass mit individuellerKundenberatung seine eigene Bera­tung während und nach der Vertrags­laufzeit gemeint ist. Zudem seien dieBeklagte und ihre Produktpalette demKunden bekannt, sodass er eine aus­reichende Kenntnis über die zu erwar­tendeWerbung habe. Eine Konkretisie­rung sei daher in diesem Fall nicht er­forderlich.

Der BGHhält die Klausel auch un­ter demGesichtspunkt der spezifischenEinwilligungserklärung für wirksam. Ei­ner gesonderten Erklärung des Kundenfür jeden Werbekanal bedürfe es nicht.Schließlich sei dieKlausel auch imHin­blick auf ihre Geltungsdauer wirksam,da keineder einschlägigen gesetzlichenRegelungen die zeitliche Begrenzungeiner Einwilligung vorsehe.

Aufgrund des konkreten Einzel­falls lässt sich mit der gebotenen Vor­sicht folgende Tendenz ablesen: Ist –erstens–dasdieEinwilligungeinholen­de Unternehmen (allgemein oder demkonkreten Kundenkreis) mitsamt sei­nem Produktangebot bekannt und wird– zweitens – gleichzeitig eine Ge­schäftsbeziehung begründet, dann ge­nügt eine Einwilligung zum Direktmar­keting den gesetzlichen Anforderun­gen, auch wenn sie bloß den Werbege­genstand mit Informationen undBeratung zu neuenAngeboten undSer­vices benennt.

Ein generelles Jaist zulässig

Zustimmung zumErhalt vonWerbung

JA

Der Bundesgerichtshof (BGH)hat entschieden, dass das An­gebot des Werbeblocker­Pro­

gramms Adblock Plus nicht gegen dasGesetz gegen den unlauteren Wettbe­werb (UWG) verstößt (Urteil vom19.4.2018 – Az.: I ZR 154/16). EinVerlag und der Vertreiber der SoftwareAdblock Plus hatten darüber gestrit­ten, ob das Unterdrücken von Wer­bung durch die Software auf den In­ternet­Seiten der Klägerin unlauterist. Internet­Nutzer können die Soft­ware unentgeltlich einsetzen. Zudemging es um die Frage, ob das vorgese­hene „Whitelisting“ rechtmäßig ist.

Durch die Software wird Wer­bung, die von Ad­Servern ausgeliefertwird, automatisch blockiert, wenn derangesprocheneAd­Ser­ver auf einer „Black­list“ enthalten ist. DieBeklagte bietet den vonder Blockade betroffe­nen Unternehmen je­doch unter bestimmtenVoraussetzungen an,ihre Werbung von derBlockade durch dieAufnahme in eine „Whitelist“ auszu­nehmen. Dazu verlangt die Beklagtevon größeren Unternehmen unter an­deremeineBeteiligung amUmsatz.

Nach Auffassung des Gerichtsstellt das Angebot des Werbeblockersgleich aus mehreren Gründen keinegezielteBehinderung imSinnedes §4Nr. 4 UWG dar: Zum einen liege keineVerdrängungsabsicht vor. Die Beklag­te verfolge die Beförderung ihres ei­genen Wettbewerbs durch die Erzie­lung von Einnahmen durch das„Whitelisting“. Dies setze die Funk­tionsfähigkeit der Internet­Seiten derKlägerin gerade voraus. Das Angebotwirke zum anderen auch nicht unmit­telbar aufdie vonderKlägerin angebo­tenen Dienstleistungen ein. Der Ein­

satz des Programmsunterliege der au­tonomen Entscheidung der Internet­Nutzer.

Zwar bejaht der Senat eine mit­telbare Beeinträchtigung des Ange­bots der Klägerin. Sie sei jedoch nichtunlauter, da keine gegen den Werbe­blocker gerichteten Schutzvorkehrun­gen des Internet­Angebots der Kläge­rin unterlaufenwürden.

Auch eine InteressenabwägunginsbesonderemitBlick auf diePresse­freiheit der Klägerin führe nicht zudem Ergebnis, dass eine unlautereBehinderung der Klägerin anzuneh­men sei. Die Klägerin könne mögli­chen Beeinträchtigungen mit zumut­baren Abwehrmaßnahmen begegnen.Als Beispiel nennt der Senat das Aus­

sperren von Nutzern,die nicht bereit sind,auf den Einsatz vonWerbeblockern zu ver­zichten.

Durch das Ange­bot liege auch keine all­gemeine Marktbehin­derung vor. Nach Auf­fassung des BGH be­

stehen keine hinreichenden Anhalts­punkte dafür, dass das Geschäfts­modell der Bereitstellung kostenloserInhalte im Internet zerstört wird.Außerdem stelle das Angebot keineaggressive geschäftliche Handlunggemäß § 4a UWG gegenüber Unter­nehmen dar, die an der Schaltung vonWerbung auf den Internet­Seiten derKlägerin interessiert sind. Denn esfehle an einer unzulässigenBeeinflus­sung der Marktteilnehmer. Die Be­klagtenutze eine ihr durchdenWerbe­blocker eventuell zukommendeMachtposition jedenfalls nicht in ei­ner Weise aus, die die Fähigkeit derMarktteilnehmer zu einer informier­ten Entscheidung wesentlich be­schränkt.

Adblock Plus istnicht unlauter

Bundesgerichtshof urteilt überWerbeblocker

Das Landgericht Hagen hat ent­schieden, dass der Betreibereines Internet­Auftritts beim

Social­Media­Portal Instagram unlau­ter handelt, wenn er Verlinkungenzu Websites von Unternehmen vor­nimmt, ohne dies als Wer­bung zu kennzeichnen (Be­schluss vom 29.11.2017 –Az.: 23O45/17).

Auf Instagram veröf­fentlichtedieBeklagteBild­beiträge, auf denen sie mitverschiedenen Markenpro­dukten zu sehenwar, und versah diesemit direkten Links auf die Homepagedes jeweiligen Unternehmens. SolcheLinks fanden sich auch im Text nebenden Bildern in Verbindung mit denZeichen # oder @. Einen Hinweis mitdem Wort „Anzeige“ oder „Werbung“gab es nicht.

Das Landgericht hat festgestellt,dass es sich dabei um geschäftlicheHandlungen im Sinne des Gesetzes

gegen den unlauteren Wettbewerb(UWG) handelt, da die Nutzer unmit­telbar auf die Website der Unterneh­men geleitet werden, auf welchen siedie Waren entweder erwerben könnenoder erfahren, welche Unternehmen

diese anbieten. Der Instag­ram­Auftritt erweckt nachAnsicht des Gerichts äußer­lichdenAnscheineinesMo­de­Blogs, bei dem sich Be­treiber und Follower nurüber Mode unterhalten, oh­ne dass das vorherrschende

Ziel derWerbung und der kommerziel­le Zweck für einen Durchschnittsver­braucher offensichtlichwerden.

Mangels Kennzeichnung derBeiträge als Werbung liege unter an­derem ein Verstoß gegen § 5a Abs. 6UWG vor. Für eine Kennzeichnung ge­nügten überdies auch nicht die Zu­sätze „@...“ oder „#...“, da die werb­licheEigenschaft auch damit nicht of­fensichtlichwerde.

Links sind nicht immer nur Informationen

UnzulässigeSchleichwerbung

Das Landgericht Hannover hatentschieden, dass es sich beiBefragungen zur Kundenzufrie­

denheit umWerbung handelt und ihreVersendung per E­Mail ohne Einwil­ligung des Empfängers als unerlaubteWerbung unlauter ist (Urteil vom21.12.2017–Az.: 21O21/17).

Gegenstand des Verfahrens wareine E­Mail der Beklagten an einen ih­rer Kunden nach einem Geschäftsab­schluss mit der Bitte um Feedback zuseiner Zufriedenheit mit der Abwick­lung des Kaufs. Das Gericht legte derFragenachdemVorliegenvonWerbungdie Rechtsprechung des Bundesge­richtshofs (BGH) zugrunde, nach wel­cher alle Maßnahmen eines Unterneh­mens, die mit dem Ziel der Förderungdes Absatzes erfolgen, als Werbungeinzustufen sind.Dazu zählt nebenun­mittelbarer produktbezogener Wer­bung auch die mittelbare Absatzförde­rung mittels Image­Werbung oderSponsoring.Darunter fielen zudemBe­

fragungen zur Kundenzufriedenheit,mit denen eine Kundenbindung er­reicht oder verstärkt werden soll.

Eine nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 desGesetzes gegen den unlauteren Wett­bewerb (UWG) für die erlaubte Zusen­dung von Werbung per elektronischerPost erforderliche ausdrückliche Ein­willigung des Adressaten lag nicht vor.Dabei stellte das Gericht fest, dassHändler auf der Plattform Amazon.desich imÜbrigen auch nicht auf gegen­über Amazon erfolgte Erklärungen be­rufen könnten, da diese allein imRechtsverhältnis zwischen der Platt­form und dem Kunden gelten, aberkeine ausdrückliche Einwilligung inWerbe­E­Mails durch einen Händlerdarstellen können.

Mit dieser Entscheidung folgtdas Gericht der eher restriktivenRechtsprechung, nach der Befragun­gen zur Kundenzufriedenheit einervorherigen Einwilligung des Kundenbedürfen.

Vorherige Einwilligungerforderlich

Befragungen zur Kundenzufriedenheit

FünfOptionen inder Plattform­ÖkonomieEs gibt fünf Strategien, wie Unternehmen mit der Platt­form­Ökonomie umgehen können. Die erste und mit Ab­stand schlechteste ist, den Kopf in den Sand zu stecken.Brockhaus hat jahrelang nichts gegen die PlattformWiki­pedia unternommen mit dem Argument, dass die Quali­tät von Wikipedia viel schlechter sei. Inzwischen gibt esBrockhaus nichtmehr.

Eine andere Möglichkeit ist, den Ver­trieb über Plattformen zu verbieten. LouisVuitton und andere Luxusmarken versu­chen zurzeit massiv, den Vertrieb überAmazon und Co einzuschränken. Das kannfür starke Marken in einem kleinen Seg­ment sinnvoll sein, um sich von den Platt­formen unabhängig zu machen. Für denGroßteil der Unternehmen ist diese Strate­gie jedoch höchstwahrscheinlich nicht dierichtige,weil sie über zuwenigMarktmachtverfügen.

Ein weiterer Weg ist, Plattformen alsMarketing­Werkzeuge zu nutzen. ÜberCheck24 und Google können Unterneh­men neue Kunden gewinnen, Wechat oderWhatsapp dienen der Kundenkommunika­tion, auf Kickstarter können neue Produkteeingeführt werden, und Plattformen wieYoutube oder Facebook eignen sich für dengezieltenEinsatz von Influencer­ undContent­Marketing.Eine Nutzung ist sinnvoll, man sollte sich aber dessenbewusst sein, dass man sich von der jeweiligen Plattformabhängigmacht.

Das Unternehmen Anker ist ein sehr gutes Beispielfür die vierte Strategie: Eine Firma, die keine Produktion,keinen Shop und keine Logistik hat, stellt in China güns­tig einfach nachzuahmende Produkte wie USB­Netzteileher und bewirbt und verkauft sie über Amazon. DiesePlatzhirsch­Strategie kann Unternehmen zu enormemWachstum verhelfen, birgt allerdings auch Gefahren.Amazon kann binnen kurzer Zeit selbst die Position vonAnker ausfüllen und das Unternehmen damit verdrän­gen.

Zu guter Letzt können Unternehmen auch selbstPlattformen bauen oder kaufen. Die Commerzbank hat2012 eine eigene Kreditplattform gegründet, auf derauch andere Banken anbieten dürfen. Immer, wenn einKundenicht zudenProduktenderCommerzbankgepassthat, wurde er auf die Plattform geführt und für die Ver­mittlung an eine andere Bank hat der Betreiber eine Pro­vision kassiert.

Siemens und GE bauen gerade eine Plattform fürdie Kommunikation von Geräten untereinander – Stich­wort Internet of Things. Mit diesem Vorgehen versuchenUnternehmen bereits heute, ein Teil der Plattform­Öko­nomie von morgen zu sein. Durch den Kauf einer Platt­form erhalten Unternehmen Zugang zu deren Technolo­gie undwerden selbst zumBetreiber.

Für welche Strategie ein Unternehmen sich auchimmer entscheidet: Sicher ist, dass die Plattform­Öko­nomie für das Thema Kundenbeziehung in den nächstenzehn Jahren eine hohe Bedeutung für die Frage habenwird, wem der Kunde eigentlich gehört. Noch ist offen,wieUnternehmenBeziehungen zuKundenaufbauenundgestalten können, die Teil der Plattform­Ökonomie sind.Es bleibt also spannend.

Kundenbeziehungen in der Plattform­Ökonomie

Große Chancen,knallharterWettbewerb

AutorMartin Nitsche, 47, istGeschäftsführer vonSolveta inPinneberg und einer der beidenPräsidenten desDeutschenDialogmarketing Verbands.

FOTO:DDV

FOTO:PRANODHM/FOTOLIA

Ein Teil der Wirtschaft funktioniert wie einePipeline: Anbieter kümmern sich um die Ent­wicklung, Herstellung und Distribution vonProdukten und Dienstleistungen, Kunden sindAbnehmer. In einem anderen Teil werden

Marktplätze als Plattformen zwischen Hersteller undKunden geschaltet: Sie führen Angebot und Nachfragezusammen, schaffen Vertrauen bei den Konsumentenund ermöglichen dieBezahlung.

Marktplätze – eine typische Form ist der Super­markt – gibt es schon lange. Inzwischen beginnen sieaber damit, über die regionale oder auch nationale Be­deutung hinauszuwachsen. Aus der begrenzten wird eineglobale Reichweite, die überschaubare Kundeninterakti­on zu einer komplexen – und die Rollen fangen an, in­transparent zuwerden und sich zu vermischen.

Es gibt Plattformen speziell für einzelne Wirt­schaftszweige und solche für viele Branchen.Myhammerbeispielsweise ist eine Plattform für Handwerker, Ubereine für den Bereich Mobilität. Auf Check24 werden un­ter anderemUrlaubsreisen, Flüge, Internet­Zugänge undVersicherungen angeboten. Auf Ebay kann eine Persongleichzeitig Käufer und Verkäufer sein. Auch im Soft­ware­Bereich gibt es Plattformen: In einem App­Storeetwa werden die Nachfrage nach Apps und das App­An­gebot zusammengeführt.

VomStart­upzumGlobal PlayerAuf den ersten Blick bringen Plattformen viele Vorteilemit sich. Anbieter von Produkten und Dienstleistungenhaben durch die Plattform­Ökonomie binnen kürzesterZeit eine globale Marktreichweite. Start­ups, die eineApp programmiert haben, bekommenweltweiten Zugangzu Verbrauchern via App­Store. Konsumenten profitierendurch den steigenden Wettbewerb von reduzierten Prei­sen. Auch die Produktvielfalt und ­auswahl ist gegenüberklassischen, regional begrenzten Marktplätzen um einVielfaches höher. Oftmals bieten Plattformen den Nut­zern auch erweiterte und bessere Services. Zu guter Letzterhöhen sie den Komfort für Konsumenten. Amazon­Pri­me­Kunden etwa erhalten ihre Ware teilweise schon amTag der Bestellung und bekommen weitere exklusive Vor­teile wieRabatte.

Doch Plattformen haben nicht nur Vorteile, es gibtdurchaus auch Folgen, die nachdenklich stimmen soll­ten. Die britische Zeitung „The Economist“ nannte Platt­formen „Baadd“: big, anti­competitive, addictive unddestructive to Democracy – also groß, wettbewerbs­feindlich, abhängig machend und zerstörerisch für dieDemokratie. Plattformenwachsen ab einer gewissenGrö­ße aufgrund von Netzwerk­Effekten immer stärker. Sieverdrängen den Wettbewerb und binden Konsumentenan sich – gemeinhin als Lock­in­Effekt bezeichnet. Undspätestens seit der Prägung des Begriffs „Fake­News“ istklar geworden, dass Plattformen nicht nur Auswirkungenauf die Wirtschaft haben, sondern das Meinungsbild inder Gesellschaft, der Politik und anderen Bereichennachhaltig beeinträchtigen und deshalb durchaus aucheineGefahr für dieDemokratie darstellen können.

Während Google, Apple, Facebook und Co noch vorwenigen Jahren als Glücksbringer empfunden wordensind, ist die öffentliche Meinung inzwischen kritischer.

Woher rührt dieser Wandel? Beispiel Amazon: Im ver­gangenen Jahr lag seinMarktanteil – inklusiveMarktplatz– am deutschen E­Commerce bei 53 Prozent, wie T3Nberichtet hat. Damit klingelt jeder zweite Euro, der indiesem Segment ausgegeben wird, in Amazons Kassen.Aber es geht noch extremer: Das Unternehmen hat imBereich Voice­Commerce auf der Plattform Alexa einenMarktanteil von 100 Prozent. Wäre Amazon ein Land,würdees imglobalenRanking aufPlatz55von193 liegen– hinter Griechenland, aber deutlich vor Rumänien undBulgarien.

SolcheEntwicklungenhabendazu geführt, dass dieRegulierung durch staatliche Behörden an Bedeutunggewonnen hat. Google wurde 2017 von der EU­Kommis­sion zu einer Geldstrafe in Höhe von 2,4 Milliarden US­Dollar verurteilt, weil es seine Marktmacht als Suchma­schinen­Betreiber missbraucht hat. Es ist davon auszu­gehen, dass sich in den nächsten Jahren Kartellbehör­den, aber auch Steuerbehörden, Datenschutzbehördenund andere Stellen intensiv mit der Plattform­Ökonomiebeschäftigenwerden.

Kaufkriterium ist bloßnoch der PreisAnbieter können durch Plattformen sofort einen welt­weiten Markt erschließen – egal, ob Business­to­Consu­mer oder Business­to­Business. Sie sind aber auch dannin einem globalen Markt, wenn sie eigentlich nur einlokaler Anbieter sein möchten. Dadurch sind sie einemstarken Wettbewerb ausgesetzt. Und so schnell dieserweltweiteMarktzugangerfolgt ist, so schnell kanner auchwieder durch den Plattform­Betreiber beendet werden.So wurde zum Beispiel eine App von Axel Springer ausdemApp­Store verbannt, weil die Inhalte nicht mehr denBestimmungen von Apple entsprachen. Ein deutlicherAusdruck für das Machtgefälle zwischen Anbieter undBetreiber.

Wer als Anbieter Plattformen nutzt, muss sich des­sen bewusst sein, dass hier absolute Markttransparenzherrscht. Gute Bewertungen auf einem Marktplatz kön­nen den Absatz unverzüglich in die Höhe treiben. Eineschlechte kann ihn aber genauso schnell wieder zerstö­ren. Zwar erhalten Anbieter auf den Plattformen vieleDaten, um ihr Geschäft zu optimieren. Jedoch bekommtder Plattform­Betreiber dieseDaten auch.

So hat Amazon alsReaktion auf gut funktionierendeProdukte, die eine hohe Marge abwerfen und problemlosnachgemacht werden können, Amazon Basics ins Lebengerufen. Nicht ganz zufällig stehen solche Produkte inden Suchergebnissen weiter oben. Mit attraktiven Prei­sen können Anbieter auf einem Marktplatz schnell nachvorne kommen. Ist der Preis jedoch nur etwas zu hoch,sind sie auch schnell wieder aus den vorderen Plätzenverschwunden.

Wer auf einer Webseite nicht unter den Top 3 bis 5ist, hat eigentlich keine Chance. Die Differenzierung er­folgt nicht mehr über Qualität, Service, Marke oder denUSP – einzig und allein der Preis wird zum entscheiden­den Kaufkriterium. Auch über Logistik und Bezahlung isteine Unterscheidung gegenüber dem Wettbewerb nichtmehr möglich, denn dabei handelt es sich in der RegelumPlattform­Funktionen.

Doch das Wichtigste ist: Der Kunde gehört nichtmehr dem Verkäufer, sondern dem Plattform­Betreiber.Einerseits – je nachdem, mit wem der Kaufvertrag zu­stande kommt – im juristischen Sinne, andererseits aberauch im übertragenen Sinn. Ein Käufer bei Amazon inte­ressiert sichwahrscheinlichnicht dafür, obes sichumeinAmazon­Produkt handelt oder um das Produkt einesMarktplatz­Anbieters. Die mentale Kundenbeziehungwandert alsoweg vomVerkäufer undhin zur Plattform.

DIALOG JUNI 201812 DIALOG CRM

DIALOG JUNI 2018 DIALOG INSIDE 13

ReweundMerck sinddieGewin­ner des diesjährigen EDDI, deram2.Mai vor rund220Gästenin Frankfurt verliehen wordenist. Eine 13­köpfige Jury aus

Anwendern und Dienstleistern sowie Wis­senschaftlern im Bereich Dialogmarke­ting hat die beiden Preisträger aus rund40Nominierten ausgewählt.

Der Award zeichnet UnternehmenderData­DrivenEconomyaus, die imRah­men einer integrierten Marketingstrategielangfristig und nachweislich erfolgreichauf den crossmedialen Dialog mit demKunden setzen. Den vomDDV vergebenenEDDI – „Erfolg durch Dialog“ – gibt esnunmehr seit 25 Jahren.

In ihrer Begründung für die Verlei­hung an Rewe (Kategorie Business­to­Consumer) hebt die Jury hervor, der Le­bensmittel­Händler schaffe es durch eineintelligente und effiziente Multikanal­

Strategie, die Kunden sowohl am Point ofSale als auch für den Lieferservice zu ak­tivieren. Bereits seit 2003 lege dasUnter­nehmen seinen Fokus auf Kundenzentrie­rung und nutze das Wissen über seineKunden – damals noch in Form von Haus­haltskarten – für die Aussteuerung indivi­dueller Angebote.

Innovative Vertriebskanäle und Ser­vices – etwa „Rewe to go“ bei Aral, der„Rewe Servicepunkt“ in über 3500 Filia­len und „Contactless Pay & Mobile Pay­ment“ – seien Bespiele dafür, wie Rewedie konsequente Ausrichtung an denKunden praktiziere. Zudem setze es ne­ben einer kreativen, auf den Content be­zogenen Kommunikation und der Nut­zung des Payback­Partnerprogrammsauch auf Gamification­Ansätze in den Fi­lialen.

MartinHerzfeld, Funktionsbereichs­leiter Direktmarketing und Kundenkom­

munikation der Rewe Group, erklärt, Dia­logmarketing sei für dasUnternehmen einwichtiges Instrument der Kundenkommu­nikation. Mit seiner Hilfe könne es – ne­ben Handzetteln, Radio­ und PoS­Wer­bung – noch besser auf seine Kunden undihre Bedürfnisse eingehen und ihnen dieAngebote und Serviceleistungen unter­breiten, die sie sich wünschten. Die perDirektmarketing ausgesandten Botschaf­ten inPrint undOnline seien auf dasKauf­verhalten ausgerichtet und würden „da­durch grundsätzlich positiv aufgenom­men“.

DasChemie­ undPharma­Unterneh­menMerck gewinnt den EDDI in der Kate­gorie Business­to­Business. Laut Jury istsein Dialog­ und Beziehungsmarketingdurch eine Vielzahl innovativer Formender Kundenansprache in einem komple­xen Umfeld geprägt. Unter dem Dach der„Performance­Materials“ betreibe MerckTrendforschung und nutze sie gezielt alsInstrument zur Kundenbindung. Relevan­ter Content sei ein zentraler Bestandteilder Beziehungspflege mit den unter­

Der EDDI­Award 2018 geht anRewe undMerck

Konsequente AusrichtungamKunden

schiedlichen Zielgruppen der diversenUnternehmensbereiche.

Nicht zuletzt könne Merck als Vor­bild in Sachen Social Media gelten. Sohabe es ein chemisches Molekül auf Ins­tagram („Molecule of theDay“) vorgestelltund damit über100.000 Follower und In­teressenten aus dem Bereich Life­Science im B­to­B­Segment gewinnenkönnen.

Christine Blum­Heuser, SeniorBrand Manager Communication beiMerck, betont, ein gutes Verständnis fürdie Bedürfnisse von Kunden und Interes­senten sei fürs Geschäft entscheidend. Eslasse sich insbesondere durch datenge­triebeneAnalysenunddasAnstoßeneinesdigitalisierten und automatisierten Dia­log­Prozesses erreichen. „Wir setzen aufrelevanten Content in der Zielgruppenan­sprache. Die überwiegend wissenschaftli­chen Zielgruppen lassen sich so am bes­ten überzeugen“, soBlum­Heuser.

Die EDDI­Preisverleihung fand imRahmen des Dialog Summit statt, die un­ter der Trägerschaft desDDV steht. BVN

DerMAX­Award desDeutschenDia­logmarketing Verbands wird zu ei­ner festen Größe: 42 Agenturen

und werbungtreibende Unternehmenhaben 228 Arbeiten eingereicht – einFünftel mehr als im Vorjahr, als der PreiszumerstenMal verliehenworden ist. Der

stärkere Zuspruch dürfte nicht zuletztauch auf die Kampagne zurückzuführensein, dieder VerbandgemeinsammitderAgentur Publicis Pixelpark, Hamburg,zur Bewerbung der Einreichungsphasedurchgeführt hat. In ihr standen sozialeNetzwerke imMittelpunkt.

MAX hat im vergangenen Jahr denvon1984 bis 2016 jährlich verliehenenDeutschenDialogmarketingPreis abge­löst. Zu den wichtigsten Änderungengegenüber dem ddp zählen neben neu­en Kategorien vor allem das Online­Voting, das über die Gewinner entschei­det, und das modernere Veranstal­tungskonzept.

Eine erste Vorauswahl der Arbeitenwurde in den Qualifizierungs­Jurys ge­troffen, die in Düsseldorf, Frankfurt undHamburg getagt haben. Ende Mai hatdie Entscheidungs­Jury festgelegt, wel­che der eingereichten Arbeiten zu denbesten Dialogkampagnen des Jahreszählen und zum Online­Voting zugelas­sen sind. Die Abstimmung läuft vom 23.Juli bis 9. September und entscheidetüber Gold, Silber und Bronze. Die Preis­verleihung findet am 21. September inBerlin statt.

DDV­Präsident Patrick Tapp ziehteine positive Zwischenbilanz: „Die ver­mehrten Einreichungen zeigen, dass wirmit dem Wettbewerb auf dem richtigenWeg sind.“ BVN

MAX geht indie zweite Runde

Dialogmarketing­Wettbewerb desDDV

Der Deutsche Dialogmarketing Ver­band hat an dem von der Bundes­netzagentur kürzlich veröffentlich­

ten Jahresbericht 2017 bemängelt, dassdort nicht zwischen unerlaubter und er­laubter Telefonwerbung unterschiedenwerde. Der Bericht weist eine steigendeZahl der Beschwerden über Telefonwer­bung imVergleich zumVorjahr aus.

DDV­Präsident Patrick Tapp erklärt,die Bundesnetzagentur habemit ihrem ver­einfachten Service­Angebot für Verbrau­cher und einer Reihe spektakulärer Verfah­ren gegen namhafte Unternehmen mit Re­kordbußgeldern zu erhöhter Sensibilitätund zur stärkeren Nutzung des Angebotsgeführt. Das sei grundsätzlich zubegrüßen.Allerdings gäben die vorgelegten Zahlenkeinen Aufschluss darüber, ob es sich umillegale Telefonwerbung oder gar Telefon­betrügereien handelt. „Es ist unsinnig,wenn hier gleich Gesetzesverschärfungengefordert werden“, kritisiert Tapp.

In dem Bericht wird nicht erwähnt,auf wie viele konkrete Fälle sich die Be­schwerden beziehen undwie hoch der An­teil unseriöser Anrufe aus dem Ausland

ist. „Juristisch sind Anrufer aus dem Aus­land häufig nicht zu belangen. Hier wür­den wir uns freuen, wenn die Bundesnetz­agentur ihre technischen Möglichkeitenbesser ausspielen würde“, so der DDV­Präsident.

Positiv wertet der DDV das vor einemJahr eingeführte „Rügeverfahren“, mitdem Unternehmen frühzeitig von einge­henden Beschwerden in Kenntnis gesetztwerdenundgegensteuern können.AttikusSchacht, Vorsitzender des Kompetenz­Centers Customer Services im DDV: „Die­sen Ansatz begrüßen wir ausdrücklich.“Werbungtreibende wollten Verbraucher janicht belästigen, sondern mit ihnen kom­munizieren. Wenn auf Probleme in derPraxis frühzeitig reagiert werden könne,ließen sich Kampagnen wirkungsvoll opti­mieren.

Der DDV setzt sich seit Jahrzehntenfür den Verbraucherschutz ein und hat inZusammenarbeit mit dem Callcenter Ver­band Deutschland (CCV) einen Branchen­kodex erstellt, der verbindliche Regeln fürdas Telefon­Marketing derMitglieder fest­legt. BVN

DDV fordertdifferenzierte Analyse

Beschwerden über Telefonwerbung

DIALOG JUNI 201814 DIALOG MAILINGS

Print­Mailings haben eine enormeWirkung. Das hat vor kurzem einmalmehr die CMCDialogpost Studie be­stätigt, die der Collaborative Marke­ting Club (CMC) in Kooperation mit

der Deutschen Post durchgeführt hat. Teilneh­mer wie Poster XXL, Mymuesli und Parfum­dreams.de haben darin gezeigt, dass imE­Commerce klassischeWerbebriefe eine ech­te Chance haben. Die Conversion­Rate (CVR)von durchschnittlich 3,9 Prozent – in einigenTop­Kampagnen waren es sogar mehr als 10Prozent – lag deutlich über der andererKanäle,wie etwa demE­Mail­Marketing, das in der Re­gel eine CVR im Promille­Bereich verzeichnet.

Und das waren nicht die einzigen Leistungs­werte, welche die Studie zutage gefördert hat.

E­Commerce und klassische Print­Mai­lings? Treffen da nicht zwei Welten aufeinan­der? Ja, aber zwei Welten, die erfolgreich zu­sammenspielen. DasPrint­Mailing bietet gera­de Online­Händlern einige Vorteile. Und essind nicht nur die Leistungswerte, die den Ka­nal attraktiv machen. Besonders im E­Com­merce gleicht das klassische Mailing wichtigeNachteile aus, weil oft der stationäre Kontakt­punkt fehlt. Höchste Zeit, sich diese Chancengenauer anzusehen.

Dialogmarketing pushtdenWerbemarktDem Dialog Marketing Monitor 2018 zufolge,den die Deutsche Post am 19. Juni veröffent­licht hat, ist das Dialogmarketing im vergange­nen Jahr mit 4 Prozent Wachstum und einemVolumen von 18,8 Milliarden Euro der Haupt­treiber des Werbemarkts. Dieser wächst ins­gesamt um2Prozent auf 41,6MilliardenEuro.Mit jeweils 0,3 Milliarden Euro legen die On­line­Werbung und die volladressierten Werbe­sendungenamstärksten zu. Immerhin6,5Mil­liarden Euro haben Werbungtreibende 2017für volladressierte Mailings ausgegeben – da­mit ist dieser Kanal der stärkste nach Online,Print und TV.

Eine besondere Rolle spielen volladres­sierte Mailings in der Bestandskundenwer­bung, also Werbung, die sich speziell an be­reits vorhandene Kunden einesUnternehmensrichtet. Für 28 Prozent der Unternehmen, diediese Kundengruppe gezielt ansprechen, istdie papierbasierte, volladressierte Werbesen­dung das wichtigste Instrument. Und geradeim E­Commerce spielt die Bestandskunden­werbung eine entscheidende Rolle. Hier sindNeukunden hart umkämpft, Kundengewin­nungwird immer teurer.

Individualisierung istkein ProblemAuf dem postalischen Weg erreichen Online­

Shopsnahezu100Prozent ihrerKunden.Dennim Gegensatz zum E­Mail­Marketing brauchtman für Print­Mailings in diesemFall keinOpt­in.Und fürBestandskunden liegenbereits um­fangreiche Informationen vor, sodass sie per­sonalisiert und individuell angesprochen wer­den können.

Ein weiterer Vorteil für Online­Händler:Print­Mailings schließen die Erlebnislücke.Sie tut sich auf, wenn Kunden nicht mehr imstationären Handel einkaufen, sondern sichauch Alltagsprodukte nach Hause liefern las­sen. In diesemFall fehlt das sinnliche Erlebnisbeim Einkaufen und zudem die Chance, Kun­den über Warenproben am Point of Sale anneue Produkte heranzuführen. Diese Erlebnis­lücke schließen Produkt­Samples, die perBrief ins Haus gesandt werden.Wenn der Kun­de nicht in den Laden kommt, muss das Pro­dukt ihnebenauf anderemWegerreichen.Unddas trifft durchaus das Interesse der Verbrau­cher. Laut dem Nielsen Mailing Panel steigernWarenproben die Öffnungsraten von Postwurf­sendungen um gut 18 Prozentpunkte auf 57Prozent.

Kaufimpulse nochnachWochenAber auch ohne Warenproben liefern Print­Mailings eine sehr gute Performance. DieCMC Dialogpost Studie bestätigt, wie nach­haltig Werbesendungen wirken. WährendE­Mail­Werbung schnell gelöscht wird undbestenfalls kurzfristig im Newsfeed sichtbarist, bleiben postalische Werbesendungenmeist über längere Zeit im Haushalt liegen –und setzen so auch nach mehreren WochennochKaufimpulse.

Das Print­Mailing ist also ein starker Ka­nal: vielseitig einsetzbar, mit enormer Wir­kung. Der Dialog Marketing Monitor bestätigtzwar den Trend, dass die Digitalisierung auchdie Online­Werbekanäle pusht. Insbesondereder Handel – also etwa ein Viertel der deut­schen Unternehmen – favorisiert jedoch nachwie vor den klassischen Kundendialog übervolladressierteWerbesendungen.EinWeg, denkünftig auchmancheOnline­Shops inderKun­denansprache gehenwollen.

Online­Händler profitieren vomWerbebrief

Mailings schließendie Erlebnislücke

● Ander Erhebung, die der CollaborativeMarketingClub –CMC,Berlin, inKooperationmit der DeutschenPost, Bonn, durchgeführthat, haben50Online­Shops unterschiedlicherBranchen teilgenommen, die bisher wenig inPrint­Mailings investiert haben.

● Verschickt wurdenMailingsmit einemGutschein und individuellemCode. ImDurch­schnitt lag die Conversion­Rate (CVR) bei3,9Prozent.

● Je kleiner dieWarenkorbwerte, desto höherdie CVR: Shopsmit einemWarenkorbwert von50bis 99Euro erzielten imDurchschnitt eineCVR von4,2Prozent, solchemit einemWaren­korbwert unter 50Euro eine von5,6Prozent.

● Print­Mailingswirken nachhaltig: 45Pro­zent der Bestellungenwurden in den erstenbeidenWochennachVersand des Print­Mai­lings aufgegeben, 55Prozent dagegen in derdritten bis siebtenWoche.

● Die Studie kannhier bezogenwerden:www.deutschepost.de/marketing­booster

Die Studie imÜberblick

Quelle: Dialog Marketing Monitor 2018

Brief und Online legen am meisten zuDialogmarketing-Instrumente und Klassikmedien im Vergleich

Ausgaben in Milliarden Euro

2017 2016

9,1

8,5

7,2

6,2

3,0

2,7

1,7

1,2

1,2

0,1

9,4

8,4

7,3

6,5

3,0

2,7

1,8

1,3

1,2

0,1

Online-Marketing

Anzeigen

TV

Volladressierte Werbesendungen

Beilagen

Außenwerbung

Teil- und unadressierte Werbesendungen

Radio

Telefon-Marketing

Kino

DDV dialog Juni 2018

FOTO:DEUTSCHEPOST Autor Dirk Görtz, Jahrgang

1974, ist Vice PresidentProduktmanagement für Dia­logmarketing der DeutschenPost, Bonn, für die er seit2007 arbeitet. Zuvor war erunter anderem in Werbeagen­turen tätig. Görtz hat nachseinem Studium der Wirt­schaftswissenschaften inBochum und Bern an derbritischen University of Surreyüber „Sprache und Dialogmar­keting“ promoviert.

Quelle: CMC Dialogpost Studie DDV dialog Juni 2018

Kleine Münzen klingen besserJe geringer der Warenwert, desto höher die Conversion-Rate

5,6

4,2

2,3

1,5

0–49 50–99 100–199 Über 200Wert des Warenkorbs in Euro

Conversion-Rate in Prozent

Quelle: Dialog Marketing Monitor 2018

Mailings sind beliebtLeitmedien für die Bestandskundenwerbung

Anteile in Prozent

28

21

13

12

8

6

6

6

Volladressierte Werbesendungen

E-Mail-Marketing

Anzeigen in Printmedien

Aktives Telefonmarketing

Social-Media-Marketing

Beilagenwerbung

Außenwerbung

Sonstiges

DDV dialog Juni 2018

DIALOG JUNI 2018 DIALOG STUDIEN / TIMER 15

3./4. Juli 2018HORIZONTDigitalMarketingDaysinBerlinDie HORIZONT Digital Marketing Daysverstehen sich als Trend­Check fürMarke­ting­Entscheider, Digital­Profis, Techiesund Innovationstreiber. Im Programm fin­den sich unter anderem Künstliche Intel­ligenz, Augmented und Virtual Reality,Influencer­Marketing sowie die Daten­schutz­Grundverordnung und die geplan­teE­Privacy­Verordnung.DerDDV istPart­ner der Veranstaltung. Mitglieder erhaltenSonderkonditionen.https://horizont.dfvcg­events.de/digital­marketing­days

22./23. August 2018HORIZONTWerbewirkungsgipfelin FrankfurtDie Veranstaltung, die zum vierten Malstattfindet, bietet Werbungtreibenden,Vermarktern und Mediaplanern, aberauch Kreativen einen Überblick zumStand der Forschung. Zu den Themen ge­hören etwa Budget­Fragen, die Rolle vonDaten und Viral­Hits. Marken präsentie­ren erfolgreiche Kampagnen aus dem lau­fenden Jahr. Der DDV ist Partner der Ver­

anstaltung. Mitglieder erhalten Sonder­konditionen.www.conferencegroup.de

22./23. August 2018Planung&Analyse Insightsin FrankfurtDer Kongress unter dem Motto „Market­Research: Next Level“ zeigt Zukunftspfa­de, Erfolgschancen und Best Cases. Ne­ben Vorträgen, Workshops und Diskussi­onsrunden zu Branchenthemen gibt esStart­up­Runden und Impuls­Vorträge.Das Networking­Event am Abend bietetGelegenheit zum Knüpfen und Vertiefenvon Kontakten. Der DDV ist Partner derVeranstaltung. Mitglieder erhalten Son­derkonditionen.www.conferencegroup.de

12./13. September 2018Dmexco inKölnDie bisherige „Messe undKonferenz für diedigitale Wirtschaft“ – so die Eigenwerbung– geht mit dem Trend und wird, wie es nunheißt, „von der Messe zum Medium“. Da­mit gemeint ist, dass die Dmexco nach wievor an zwei Tagen als Messe in Köln statt­findet, sich daneben aber einen Internet­

Auftritt zulegt, der die Interessenten dasganze Jahr übermitNeuigkeitenundKnow­how versorgt. Gearbeitet wird an einer Prä­senz für verschiedene Zielgruppen, sprichCommunitys.www.dmexco.de

21. September 2018MAX­Award inBerlinMAX ist der Dialogmarketing­Wettbewerbdes DDV für Agenturen und Unternehmenim deutschsprachigen Raum. Die bestenDialogkampagnen des Jahres werden mitGold, Silber und Bronze ausgezeichnet.Herzstück des MAX ist eine digitale Aus­stellung der besten Kampagnen und einöffentliches Online­Voting, bei dem dieSieger undPlatzierten ermittelt werden.www.max­award.de

26. September 201813.wissenschaftlicherinterdisziplinärer Kongress fürDialogmarketing inHamburgDer wissenschaftliche interdisziplinäreKongress des DDV findet dieses Jahr ander FOMHochschule inHamburg statt. Eswerden aktuelle Forschungsprojekte ausunterschiedlichen Disziplinen mit Bezug

zum Dialogmarketing vorgestellt und derAustausch zwischen Wissenschaft undPraxis gefördert.Wie in jedemJahrwird imRahmen des Kongresses auch der AlfredGerardi Gedächtnispreis verliehen.www.ddv.de

23./24. Oktober 2018Neocom inBonnDie Neocom geht in diesem Jahr mit neu­emKonzept und neuemVeranstaltungsortan denStart. Der Fokus liegt auf demMul­ti­ undOmnichannel­Handelmit stärkererinternationaler Ausrichtung. Das The­menspektrum deckt die Bereiche „Tech­nologie“, „Daten“, „Logistik“, „Plattfor­men & Marketplaces“, „Commerceanywhere & anytime“ und „Megatrendsfür den digitalen Handel“ ab. Das Pro­gramm sieht ein Plenum mit Keynotes,parallele Themenreihen und Workshopsvor. DieBranchenpreise in denKategorien„Neo Excellence in Multichannel“ und„Neo Personality of the Year“ werden imRahmenderNeocom­Night verliehen.www.neocom.de

Branchen­Events imSommer undHerbst auf einenBlickTimer

ONE­TO­ONE­MARKETINGIST VONGESTERNDiesenprovokantenSchluss zieht dieBadHomburger Agentur Syzygy aus ihrerStudie überDaten, Privatsphäre undPersonalisierung, die sie imMai unterBriten, DeutschenundUS­Amerikanerndurchgeführt hat.Wie bei derGlobal­DMA­Erhebung (Seite 8) gibt es auchhier keine prinzipiellen, sondern nurgraduelleUnterschiede zwischendenLändern. DiewichtigstenResultatelauten:DasMisstrauenderBefragten indieNutzungpersonenbezogenerDatendurchUnternehmen ist groß.Nur eineMinderheit ist der Ansicht, es lohne sich,persönlicheDaten preiszugeben, umonline ein personalisiertes Erlebnis zuhaben.DieMehrheit würde ihreDatenzu keinemPreis anUnternehmen ver­kaufen.Drei Beispiele, bezogen aufBefragte in

Deutschland: DieHälfte findet, dassMarken undHändler bereits zu viel übersiewissen.Nur jeder Siebte hält es fürdenkbar, dass er eigeneDaten gegenpersönlichere Erlebnisse eintauscht.Lediglich jeder Achtewäre damit einver­standen, Datenmit seiner Lieblingsmarkezu teilen.Syzygy zufolge bleibt denUnterneh­

mennurwenig Zeit, das Vertrauens­defizit zu beheben.Und es gelinge ihnennur dann,wenn sie denWunschnachPrivatsphäre respektierten unddenKonsumenten dieMöglichkeit gäben,das selbst zu personalisieren,was siemöchten.Das bisherigeOne­to­One­Marketing habe ausgedient undmüsse

durch ein „integrativesMarketing“ersetzt werden, das auf Ermächtigungdurch dieKundenbaue. TS

Nameder Studie: Digital Insight Survey2018Herausgeber: Syzygy, BadHomburgErscheinungsdatum:24.Mai 2018Befragter Personenkreis: ErwachseneinDeutschland, Großbritannien unddenUSABefragte Personen: je Land1000Preis: gratisWeitere Informationen: www.syzygy.de

US­TEENSFAVORISIERENFACEBOOKNICHTMEHRUmfragen geben oftMeinungen undStimmungenwieder oder auchWunsch­bilder, diemit dem tatsächlichen Ver­halten der Befragten nicht viel gemeinhaben.Mitunter legen sie auch falscheSchlüsse nahe, weil sie handwerklichschlecht gemacht sind oder bloß dieAnsicht der Studienautoren vermittelnsollen. Schonmehrfachwurde so derNiedergang von Facebook verkündet,doch der lässt nachwie vor auf sichwar­ten. EineUntersuchung desPewRe­searchCenters zur Social­Media­NutzungvonUS­Teenagernmacht detaillierteAngabenüber das eigeneBefragungs­Design, was eineEinschätzung der Stich­haltigkeit der Studie erleichtert.Der Pew­Erhebung zufolge, die auf der

Befragung von Jugendlichen imAlter von13bis17 Jahren und ihrer Eltern beruht,fahren die Teens derzeit auf Youtube,

InstagramundSnapchat ab. Facebookdagegen – vor drei Jahren laut Pewnochunangefochten auf demSpitzenplatz –wird nur noch von jedemzweiten Jugend­lichen überhaupt genutzt. Und lediglichjeder zehnte davon gibt an, es unter densozialenNetzwerken „ammeisten“ zuverwenden.Nicht abgefragt wurde derEinsatz vonMessengern – zwei davon, derFacebook­Messenger undWhatsapp,gehören bekanntlich zumZuckerberg­Imperium.Die Studie ermittelt auch die generelle

Einschätzung derBefragten zu sozialenNetzwerken. Dazuwurden ihnen ver­schiedeneAntwort­Optionen vorgegeben.Der Auswertung zufolge fällt dasUrteildurchwachsen aus. Als positiv werden vorallemdieKontaktmöglichkeiten zuFreundenund zur Familie hervorgehoben.Unter denNegativpunkten ragt heraus,dass SocialMediaMobbing undGerüchteverstärke. Eingeräumtwird auch, dass esBeziehungen undpersönlichenKon­takten schade, unrealistischeBilder vonanderen zeichne und ablenke. TS

Nameder Studie: Teens, SocialMedia&Technology 2018Herausgeber: PewResearchCenter,Washington, D.C.Erscheinungsdatum:31.Mai 2018Befragter Personenkreis: US­Teenagervon13bis17 Jahren und ihre ElternBefragte Personen: 743Teenager,1058ElternPreis: gratisWeitere Informationen:www.pewinternet.org

Lesetipps fürMarketer

Persönliche Datensind ein wertvolles Gut

Quelle: Pew Research Center

Facebook auf dem vierten PlatzUS-Teens bevorzugen Youtube, Instagram und Snapchat

Angaben in Prozent

32

15

35

10

3

0,1

0,05

85

72

69

51

32

9

7

Youtube

Instagram

Snapchat

Facebook

Twitter

Tumblr

Reddit

DDV dialog Juni 2018

Das nutze ich Das nutze ich am meisten

Quelle: Pew Research Center

Social Media nützt und schadetUS-Teenager beurteilen die Effekte sozialer Netzwerke (Top 5)

Angaben in Prozent

40

16

15

9

7

27

17

15

14

11

Kontakt zu Freunden und zur Familie

Nachrichten und Informationen finden

Auf Gleichgesinnte treffen

Ist unterhaltsam, macht fröhlich

Selbstdarstellung

Verstärkt Mobbing und Gerüchte

Schadet Beziehungen und persönlichen Kontakten

Unrealistische Bilder von anderen

Lenkt ab, macht süchtig

Gruppenzwang

DDV dialog Juni 2018

Positive Effekte

Negative Effekte