Die Amerikanischen Wurzeln der Nazi-Eugenik

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Edwin Black ---------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die Amerikanischen Wurzeln der Nazi-Eugenik ----------------------------------------------------------------------------------------------------------- Übersetzung: Hugo Ostermann (März 2014) San Francisco Chronicle 9. Nov. 2003

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Edwin Black deckt auf: Das Konzept von einer weißen, blonden und blauäugigen "Herren-Rasse" stammte keineswegs von Adolf Hitler. Die Idee stammte tatsächlich aus den USA und wurde in Kalifornien kultiviert, Jahrzehnte vor der Machtergreifung Adolf Hitlers: "Die Deutschen schlagen uns in unserem eigenen Spiel." Ein Artikel aus dem San Francisco Chronicle.

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Edwin Black

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Die Amerikanischen Wurzeln der

Nazi-Eugenik-----------------------------------------------------------------------------------------------------------

Übersetzung: Hugo Ostermann (März 2014)

San Francisco Chronicle

9. Nov. 2003

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Wer ist Edwin Black?

Black ist der Sohn polnischer Juden, die Überlebende des Holocaust waren. Seine Mutter, Ethel "Edjya" Katz, stammteaus Białystok, und es war ihr gelungen, den Holocaust zu überleben, weil sie als 13-Jährige im August 1943, aufdem Weg ins Konzentrationslager Treblinka, von ihrer Mutter und anderen Gefangenen durch die Entlüftung einesGüterwaggons "in Sicherheit geschoben" wurde. Sie wurde infolge von Milizen beschossen und, für tot gehalten, in einflaches Grab geworfen, aus dem sie später wieder herausgezogen und in Sicherheit gebracht wurde. Blacks Vater hatteseiner Ermordung durch die erfolgreiche Flucht in die Wälder entkommen können. Er war auf einem langen Marsch zueiner isolierten "Erschießungs-Grube" gewesen. Anschließend bekämpfte er mit den Betar-Partisanen die Faschisten.

Das Paar hatte den Zweiten Weltkrieg überlebt, indem es sich zwei Jahre lang in den Wäldern Polens versteckt hielt,und erst nach Ende des Krieges wieder auftauchte und in die Vereinigten Staaten emigrierte.

Black selbst hat über seine Herkunft geschrieben: "Ich wurde in Chicago geboren, im jüdischen Viertel aufgezogen undmeine Eltern wollten nie wieder über ihre Erlebnisse sprechen."

In seinem Buch The Transfer Agreement stellt Black fest, dass er den Überzeugungen seiner Eltern folgend, von seinenfrühesten Kindertagen an, ein Unterstützer des Staates Israel war. Als junger Mann verbrachte er einige Zeit in einemKibbuz, besuchte Israel bei mehreren anderen Gelegenheiten und erwog ernsthaft einen ständigen Wohnsitz dort.

Literaturpreise (nur einige ausgewählte)

1985: Carl Sandburg Award of the Friends of the Chicago Public Library for best non-fiction book of 1984; for

The Transfer Agreement.

2003: Outstanding Book Award: General Nonfiction from the American Society of Journalists and Authors (ASJA) for the book

IBM and the Holocaust.

2007: Honorable Mention for General Non-Fiction Books from the ASJA for the book

Internal Combustion.

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Edwin_Black

Die Amerikanischen Wurzeln der Nazi-Eugenik

Hitler und seine Gefolgsmänner vernichteten Millionen in ihrem Feldzug für eine sogenannte "Herren-Rasse." Aberdas Konzept von einer weißen, blonden und blauäugigen "führenden nordischen Rasse" stammte keineswegs von Hitler.

Die Idee wurde in den USA aufgebracht und in Kalifornien kultiviert, Jahrzehnte bevor Hitler an die Macht kam.Kalifornische Eugeniker spielten eine wichtige, wenn auch wenig bekannte Rolle, in der Kampagne der amerikanischenEugenik-Bewegung für ethnische Säuberungen.

Das Ziel der Eugenik-Bewegung war es, alle als "untauglich" geltenden Menschen auszulöschen, und nur diejenigengenetisch fortbestehen zu lassen, die einem festgelegten nordischen Stereotyp entsprachen. Einige Elemente dieserPhilosophie wurden in der nationalen Politik umgesetzt: in 27 amerikanischen Staaten wurden Rassentrennungsgesetze,Heiratsbeschränkungen und Zwangssterilisationen erlassen und gesetzlich verankert. Im Jahre 1909 wurde Kalifornienzum 3. US-Staat, der solche Gesetze erließ. Letztlich wurden im Zuge der Eugenik-Programme rund 60.000 Amerikanerzwangssterilisiert, tausenden die Ehe untersagt, sowie unzählige zwangsweise in "Kolonien" umgesiedelt und verfolgt.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurden fast die Hälfte der Zwangssterilisationen in Kalifornien durchgeführt, und auch nachdem Krieg zeichnete dieser Staat für ein Drittel aller derartiger Operationen verantwortlich.

Kalifornien galt als eines der Epizentren der amerikanischen Eugenik-Bewegung. Während der ersten Jahrzehnte deszwanzigsten Jahrhunderts, zählten Kaliforniens Eugeniker zwar wenig öffentlich bekannte, aber trotzdem potenteRassen-Wissenschaftler zu den ihren, wie Dr. Paul Popenoe, Spezialist für Geschlechtskrankheiten in der US-Armee,und diese bekamen prominente Unterstützung, wie etwa von Paul Gosney, Zitrusmagnat und philantropischer Wohltäter,und Charles M. Goethe, Bankier aus Sacramento, sowie Mitgliedern des politischen und akademischen Establishments.

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Eugenik wäre über bizarre Salon-Diskussionen nie hinausgekommen, hätte es nicht umfangreiche Finanzierungen vonWohltätigkeitsorganisationen gegeben, von reichen Unternehme(r)n, insbesondere von der Carnegie Institution, derRockefeller-Stiftung und aus dem Vermögen der Harriman Eisenbahn Gesellschaft. Sie alle waren im Bunde mit einigenvon Amerikas angesehendsten Wissenschaftlern, akademischen Vertretern der Rassenlehre und Rassenkunde, aus sorenommierten Universitäten wie Stanford, Yale, Harvard und Princeton. Diese Akademiker verstanden Eugenik alsMittel zum erreichen von rassistischen Zielsetzungen.

Der Stanford-Präsident David Starr Jordan begründete die [damaligen] Vorstellungen von "Rasse und Blut" in seinem1902/1903 [in Buchform] erschienenem Rassen-Brief "The Blood of the Nation" [Das Blut der Nation], in welchem deramerikanische Universitäts-Wissenschaftler erklärt, dass menschliche Qualitäten und Dinge wie Talent oder Armutgenetisch bedingt seien.

Im Jahr 1904 hat die Carnegie Institution einen Laborkomplex in Cold Spring Harbor auf Long Island eingerichtet, indem Millionen von Karteikarten über gewöhnliche Amerikaner gehortet wurden, auf welchen Forscher sorgfältigst dieBeseitigung von Familien, Blutlinien und ganzer Völker aufgezeichnet hatten. Von Cold Spring Harbor aus, konnten dieBefürworter der Eugenik die Legislative Amerikas, sowie soziale Einrichtungen und Verbände des Landes beeinflußen.

Die Harriman Eisenbahnen finanzierten lokale Wohltätigkeitsorganisationen, wie das New York Bureau of Industriesand Immigration [New Yorker Büro für Industrie u. Einwanderung], um jüdische, italienische und andere Einwandererin New York und weiteren überfüllten Städten ausfindig zu machen und diese anschließend einer Abschiebung, Haftoder Zwangssterilisation zuzuführen.

Die Rockefeller-Stiftung half bei der Gründung des [Nazi-] deutschen Eugenik-Programms und finanzierte auch dasProgramm, an dem Josef Mengele arbeitete, bevor er nach Auschwitz kam [!].

Ein großer Teil der geistigen Führung und der politischen Agitation für die amerikanische Eugenik-Bewegung kam ausKaliforniens quasi-autonomen eugenischen Gesellschaften, wie etwa der in der Stadt Pasadena ansässigen OrganisationHuman Betterment Foundation [Stiftung zur Verbesserung des Menschen] und der kalifornischen Niederlassung derAmerican Eugenics Society [Amerikanische Eugenik-Gesellschaft], die viel von ihrer Tätigkeit koordiniert hat, mit derEugenics Research Society [Gesellschaft für eugenische Forschungen] in Long Island. Diese Organisationen, die als Teileines engmaschigen Interessen-Netzwerkes funktionierten, veröffentlichten rassistische Eugenik-Newsletter undpseudowissenschaftliche Fachzeitschriften, wie Eugenical News und Eugenics, und sie symphatisierten mit den Nazis.

Die Eugenik als neues wissenschaftliches Forschungsfeld war bereits in viktorianischer Zeit in die Welt gesetzt worden,und zwar in England. Im Jahre 1863 stellte ein Cousin von Charles Darwin, Sir Francis Galton, die Theorie auf, dass,wenn talentierte Menschen mit anderen talentierten Menschen verheiratet würden, das Ergebnis messbar bessereNachkommen sein müßten. An der Wende des letzten Jahrhunderts wurden Galtons Ideen in die Vereinigten Staatenimportiert und auch Gregor Mendels Vererbungsprinzipien wiederentdeckt. Amerikanische Befürworter der Eugenikglaubten mit religiöser Inbrunst, dass die gleichen Mendelschen Faktoren, welche die Farbe und Größe von Erbsen,Mais und Vieh bestimmen, auch die sozialen und intellektuellen Charaktereigenschaften der Menschen formen würden.

In einem Amerika, das sich durch ununterbrochene Einwanderung im permanenten demographischen Umbruch befandund durch das Chaos stetiger Reorganisation zerrissen war, gab es in den frühen Jahren des zwanzigsten Jahrhundertsüberall Rassen-Konflikte. Elitäre Utopisten und sog. "Fortschrittliche" verschmolzen ihre schwelenden Rassen-Ängsteund ihr stolzes Klassen-Bewußtsein mit dem Wunsch, eine bessere Welt zu erschaffen. Sie gossen Galtons Eugenik ineine repressive und rassistische Ideologie. Die Absicht war es, die Erde mit mehr von ihrer eigenen sozio-ökonomischenund biologischen Art zu besiedeln - und mit weniger oder mit keiner von allen anderen ["Menschenarten"].

Die überlegene Spezies, welche die Eugenik-Bewegung so eifrig anstrebte, bestand nicht bloß aus großen, starken undtalentierten Menschen. Die Eugeniker erträumten sich den blonden, blauäugigen, nordischen Typ. Diese Gruppe allein,so glaubten sie, wäre "fit" genug, um die Welt zu erben. In dem angestrebten Prozess, wollte die Bewegung die Anzahlemanzipierter Neger, eingewanderter asiatischer Arbeiter, einheimischer Indianer, Hispanics [Latinos], Ost-Europäer,von Juden und dunkelhaarigem Berg-Volk, sowie Armer und Kranker zurückdrängen, wie einfach jeden, der sichrassisch außerhalb der, von amerikanischen Rassen-Ideologen gezogenen, erwünschten genetischen Linien, befand.

Wie wollten sie das anstellen? Durch die Identifizierung von sogenannten "defekten Familienstammbäumen", eineranschließenden lebenslangen Segregation, kombiniert mit Sterilisationsprogrammen, um deren Blutlinien auszulöschen.Der Plan war schlicht, die Fortpflanzung derjenigen zu unterbinden, die als schwach und minderwertig definiert waren,also die "Untauglichen" zu sterilisieren. Die Eugenik-Anhänger hofften so, rund 10% der unerwünschten Bevölkerungpro Durchlauf zu neutralisieren, bis keiner mehr, außer den Erwünschten, übriggeblieben wäre.

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1911 wurden im - von der Carnegie unterstützten - "Vorläufigen Bericht des Ausschusses der eugenischen Abteilungdes amerikanischen Zuchtverbandes zur Findung und Mitteilung der besten praktischen Mittel zum Ausmerzen vondefektem Keimplasma in der menschlichen Bevölkerung" achtzehn Lösungen ["Preliminary Report of the Committee ofthe Eugenic Section of the American Breeder's Association to Study and to Report on the Best Practical Means forCutting Off the Defective Germ-Plasm in the Human Population" ] sondiert. → Punkt 8 war Euthanasie [!].

Die am häufigsten vorgeschlagene Methode für einen "Eu-Genozid" in Amerika war eine "tödliche Kammer" bzw.staatlich betriebene lokale Gaskammern [!]. Im Jahr 1918 veröffentlichte Popenoe, der Fachmann der Armee fürGeschlechtskrankheiten [1. WK], als Co-Autor das weit verbreitete Lehrbuch Applied Eugenics [Angewandte Eugenik];welches darlegt: "Aus historischer Sicht ist die erste Methode, die sich anbietet die Exekution ... Ihr Stellenwert in derBemühung den Standard der Rasse zu halten, sollte nicht unterschätzt werden." Ein Kapitel der Angewandten Eugenikwidmet sich dann auch der "Lethal Selection" [Auslese durch Tod], welche "durch die Zerstörung des Individuumsdurch widrige Umweltbedingungen, wie übermäßige Kälte oder Bakterien oder durch körperliche Mängel" operiere.

Die Eugenik-Utopisten glaubten, daß die amerikanische Gesellschaft noch nicht bereit war, eine organisierte tödliche"Problem-Lösung" zu implementieren. Aber viele psychiatrische Einrichtungen und Ärzte praktizierten improvisiertemedizinische Tötungen und passive Sterbehilfe in eigener Verantwortung. Eine Anstalt in Lincoln, Illinois, verabreichteseinen neu eingewiesenen Patienten Milch von tuberkulösen Kühen, im Glauben, ein eugenisch starkes Individuumwäre immun. Daraus ergaben sich jährliche Sterberaten von dreißig bis vierzig Prozent in Lincoln. Einige Ärztepraktizierten manchmal passiven Eu-Genozid an neugeborenen Kindern. Andere Ärzte in psychiatrischen Einrichtungenengagierten sich in der Praxis tödlicher Vernachlässigung.

Dennoch war der Eu-Genozid eine Randerscheinung, und die Hauptlösung der Eugeniker war die rasche Ausweitungder Segregation und Sterilisation, sowie mehr Heiratsbeschränkungen. Kalifornien führte die Nation diesbezüglich an,bei der Durchführung fast aller Sterilisationsverfahren gab es kaum ein faires Verfahren. In den ersten 25 Jahren seinereugenischen Gesetzgebung, sterilisierte Kalifornien 9782 Personen, zumeist Frauen. Viele wurden als "böse Mädchen",als "lasterhaft", "übersexualisiert" oder "sexuell missraten" diagnostiziert und eingestuft. In der Kleinstadt Sonomawurden einige Frauen, aufgrund von ungewöhnlich groß erscheinenden Klitorides oder Schamlippen sterilisiert.

Allein 1933 wurden mindestens 1278 Zwangssterilisationen durchgeführt, von denen rund 700 Frauen waren. Die zweiführenden Sterilisations-Mühlen des Staates im Jahr 1933 waren das Staatliche Heim in Sonoma mit 388 Operationenund das Patton State Hospital mit 363 Operationen. Andere Sterilisationszentren waren die staatlichen Krankenhäuservon Agnews, Mendocino, Napa, Norwalk, Stockton und Pacific Colony.

Sogar der United States Supreme Court [das Höchstgericht der Vereinigten Staaten] bestätigte Maßnahmen der Eugenik.In seiner berühmt-berüchtigt gewordenen 1927er Entscheidung, schrieb Oliver Wendell Holmes, Richter am OberstenGerichtshof: "Es ist besser für die ganze Welt, wenn die Gesellschaft, anstatt darauf zu warten, bis man degenerierteNachkommen für ihre Verbrechen exekutiert, oder sie aufgrund ihres Schwachsinns hungern müssen, diejenigen, dieoffensichtlich untauglich sind, an der Fortsetzung ihrer Art hindert .... Drei Generationen von Idioten sind genug."Diese Entscheidung öffnete die Schleusen für tausende von Zwangssterilisierungen oder anderweitige Verfolgungenvon "Untermenschen". Jahre später, in den Nürnberger Prozessen, zitierten einige der angeklagten Nazis Holmes Wortein ihrer eigenen Verteidigung.

Erst nachdem die Eugenik in den Vereinigten Staaten fest verwurzelt war, wurde die Kampagne nach Deutschlandverpflanzt, und in nicht geringem Maße durch die Bemühungen von kalifornischen Eugenikern, die Broschürenveröffentlichten, in denen sie die Sterilisation idealisierten und diese unter deutschen Beamten und Wissenschaftlernverbreiteten.

Hitler studierte die amerikanischen Eugenik-Gesetze. Er versuchte, seinen Antisemitismus zu legitimieren, indem er ihnmedizinisch begründete und in die wissenschaftliche Fassade der Eugenik verpackte. Hitler war in der Lage, mehrAnhänger unter vernünftigen Deutschen zu gewinnen, indem er behaupten konnte, dass die Wissenschaft auf seinerSeite war. Während Hitlers Rassenhass seinem eigenen Geist entsprungen ist, war der geistige Grundriss der Eugenik,den Hitler 1924 übernahm, in Amerika erstellt worden.

Während der 20er Jahre, pflegten in der Eugenik engagierte Wissenschaftler der Carnegie Institution tiefe persönlicheund berufliche Beziehungen mit den Eugenikern des faschistischen Deutschland. In seinem Buch Mein Kampf, das 1924veröffentlicht wurde, zitiert Hitler amerikanisch-eugenische Ideologie und stellt seine gründliche Kenntnis deramerikanischen Eugenik offen zur Schau. "Es gibt heute zumindest einen Staat", schrieb Hitler, "in dem wenigstensschwache Anfänge einer besseren Konzeption [die Zuwanderung betreffend] spürbar sind. Natürlich, es ist nicht unseredeutsche Republik, sondern die Vereinigten Staaten."

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Hitler erzählte seinen Kameraden stolz, wie eingehend er den Fortschritt der amerikanischen Eugenik-Bewegung folgte."Ich habe mit großem Interesse", sagte er zu einem Nazi-Kameraden, "die Gesetze von mehreren US-Bundesstaaten zurPrävention der Reproduktion von Menschen studiert, deren Nachkommen, aller Wahrscheinlichkeit nach, wertlos oderschädlich sein würden, für das rassische Gesellschaftskapital."

Hitler schrieb sogar einmal einen Fan-Brief an den führenden amerikanischen Eugeniker Madison Grant, im welchemer dessen rassenbasiertes Eugenikbuch The Passing of the Great Race or the Racial Basis of European History.[Der Untergang der Großen Rasse. Die Rassen als Grundlage der Geschichte Europas. ] "seine Bibel" nannte.

[Hier noch einige Infos über Madison Grant, die aufzeigen, wie einflußreich der Mann, - nicht nur für Hitler -, war:Über die Linie des Vaters war Madison Grant mit Robert Treat Paine, einem der Unterzeichner der amerikanischenUnabhängigkeitserklärung, verwandt. Grant studierte an der Universität Yale und an der Columbia Law School Jura. Erverbreitete die Auffassung von den Blondhaarigen und Blauäugigen als der "Herrenrasse" und forderte, dass der Staatdie Abkömmlinge "minderer Rassen" vernichten (eliminate) soll, die keinen "Wert" (value) für die Gesellschaft haben.Seine Werke waren in den USA der 20er Jahre sehr populär, da sie ... zur einwandererfeindlichen Stimmung passten.Vor allem süd- und osteuropäische, jüdische und oastasiatische Einwanderer waren jetzt nicht mehr willkommen.

Grant arbeitete als Lobbyist für die Verbreitung seiner Ansichten, was dazu führte, dass der US-Kongress in den 1920erJahren eine Reihe von Gesetzen beschloss, welche die Einwanderung beschränkten; das bekannteste Beispiel dafür istder Immigration Act von 1924. Die Einwanderung von Europäern wurde dadurch eingeschränkt, die von Asiatengänzlich verboten. Mehrere Bundesstaaten verboten infolge seines Einflusses Heiraten zwischen verschiedenen Rassenund erließen Gesetze zur Sterilisierung von Menschen, die als "unworthy" im Sinn von "minderwertig" galten. Hitlerübernahm die Rede von den "minderwertigen Rassen"; sie sollten zugunsten einer gestärkten "nordischen Rasse"verschwinden. Das hieß bei Grant "nordisizing", bei den Nazis dann "aufnorden". Grant war allerdings strikter Lobbyisteiner anglo-amerikanischen Weltherrschaft, die auf Kosten Deutschlands gehen sollte.

Andere Schriften von ihm sind zum Beispiel Die nordische Rasse und die Juden in den Vereinigten Staaten. Oder auch:Die rassischen Ursprünge der Gründer Amerikas./The Racial Origins of the Founders of America. → siehe Wikipedia.]

Hitlers eigener Kampf für eine überlegene Rasse würde ein verrückter Kreuzzug für seine "Herrenrasse" werden. Jetztwurde der amerikanische Begriff "nordic" einfach mit "germanisch" oder "arisch" vertauscht. Rassen-Wissenschaft,Rassen-Reinheit und Rassen-Dominanz wurden zur treibenden Kraft hinter Hitlers Nationalsozialismus. Nazi-Eugenikwürde letztlich bestimmen, welche Menschen in einem Reich-dominierten Europa verfolgt würden, wie die Menschenleben und wie sie sterben würden. Nazi-Ärzte wurden zu unsichtbaren Generälen in Hitlers Krieg gegen die Juden undgegen andere Europäer, die als minderwertig galten. Ärzte schufen die Wissenschaft, sie entwickelten die eugenischenFormeln und sie wählten die Opfer für die Sterilisation, Euthanasie und Massenvernichtung selbst von Hand aus.

In den ersten Jahren der Reichs, begrüßten Eugeniker in ganz Amerika die Pläne Hitlers als die logische Erfüllung ihrereigenen jahrzehntelangen Forschung und Mühe. Kalifornische Eugeniker veröffentlichten Nazi-Propaganda für denamerikanischen Gebrauch. Dies galt auch für Nazi-wissenschaftliche Ausstellungen, wie eine Anzeige für dieJahrestagung der American Public Health Association vom August 1934 am LA County Museum beweist.

Im Jahr 1934, als Sterilisationen in Deutschland auf über 5.000 pro Monat hochfuhren, prahlte einer der führendenkalifornischen Eugeniker, CM Goethe, nach seiner Rückkehr aus Deutschland einem genauso führenden Kollegengegenüber geradezu überschwenglich: "Sie werden daran interessiert sein, zu wissen, dass Ihre Arbeit eine mächtigeRolle in der Gestaltung der Meinungen jener Gruppe von Intellektuellen gespielt hat, die hinter Hitlers epochalemProgramm stehen. Überall war spürbar, dass ihre Meinungen drastisch von amerikanischem Denken stimuliert waren ....Ich will, dass Sie, mein lieber Freund, diesen Gedanken für den Rest Ihres Lebens mit sich tragen, dass Sie das Handelneiner großen Regierung von 60 Millionen Menschen angestoßen haben."

Im selben Jahr, zehn Jahre nachdem Virginia seine Sterilisationsgesetze beschlossen hatte, bemerkte Joseph DeJarnette,Superintendent of Virginia Western State Hospital, in der Richmond Times-Dispatch: "Die Deutschen schlagen uns inunserem eigenen Spiel."

Nicht genug damit, [den Nazis] nur den wissenschaftlichen Fahrplan zu liefern, finanzierte Amerika in Deutschlandeugenische Institutionen. Bis 1926 hatte Rockefeller zirka 410.000 $ gespendet, was in den Geldwert des 21. Jhdtsumgerechnet, fast 4.000.000 $ entspricht, an Hunderte von deutschen Forschern. Im Mai 1926 unterstützte Rockefellermit 250.000 $ die Psychiatrische Forschungseinrichtung des deutschen Kaiser-Wilhelm-Instituts. Unter den führendenPsychiatern an diesem deutschen psychiatrischen Institut, war Ernst Rüdin, der dort erst Direktor und schließlich zueinem der Architekten der systematischen medizinischen Unterdrückung Hitlers wurde.

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Eine weitere Einrichtung im eugenischen Komplex des Kaiser-Wilhelm-Instituts war dir Abteilung für Hirnforschung.Seit 1915 hatten alle Forschungen in einem einzigen Raum betrieben werden müssen. Alles änderte sich schlagartig, alsim Jahr 1929 Rockefeller-Geld angekommen war. Ein Zuschuss von 317.000 $ erlaubte es dem Institut ein großesGebäude zu errichten und sich ins Zentrum der deutschen Rassen-Biologie zu katapultieren. Das Institut erhielt in dennächsten Jahren noch einige zusätzliche Zuschüsse von der Rockefeller-Stiftung. Leiter des Instituts war wieder Hitlersmedizinwissenschaftlicher Gefolgsmann Ernst Rüdin. Rüdins Organisation wurde infolge zum primären Veranstalterund Adressanten, das mörderische Experimente und Forschungen an Juden, Zigeunern und anderen durchführte.

Beginnend im Jahre 1940 wurden Tausende von Deutschen aus Altersheimen, psychiatrischen Einrichtungen undanderen Versorgungs-Einrichtungen genommen und systematisch getötet. Insgesamt zwischen 50.000 und 100.000.

Leon Whitney, Geschäftsführer der amerikanischen Eugenik-Gesellschaft, erklärte zum Thema Nationalsozialismus:"Während wir herumgeeiert haben … nannten die Deutschen die Dinge beim Namen."

Eine spezieller Empfänger der Rockefeller-Finanzierungen des Kaiser-Wilhelm-Instituts war die Abteilung fürAnthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin. Seit Jahrzehnten hatten sich amerikanische EugenikerZwillinge [für Untersuchungen] gewünscht, um bei ihrer Erforschung der Vererbung weiter zu kommen. Das Institutwar nun in der Lage, eine solche Forschung auf einem beispiellosen Niveau durchzuführen. Am 13. Mai 1932 schicktedie Rockefeller-Stiftung in New York ein Funktelegramm an ihr Pariser Büro: Juni, Sitzung des Exekutivkomitees,neuntausend Dollar über drei Jahre zum KWG-INSTITUT FÜR ANTHROPOLOGIE, Zwillingsforschung und dieAuswirkungen von toxischen Stoffen auf das Keimplasma späterer Generationen.

Zum Zeitpunkt der Rockefeller-Dotierungen fungierte Otmar Freiherr von Verschuer, ein Held in amerikanischenEugenik-Kreisen, als Leiter des Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. Rockefeller finanziertediese Institute weiterhin, sowohl direkt als auch über andere Forschungs-Verbindungen, während der frühen AmtszeitVerschuers. Im Jahr 1935 verließ Verschuer das Institut, um eine konkurrierende Eugenik-Einrichtung in Frankfurt zugründen, die in der amerikanischen Eugenik-Presse groß angekündigt wurde. Unterstützt durch Regierungserlässeexplodierte die Zwillingsforschung im Dritten Reich. Verschuer schrieb in Der Erbarzt, einer Eugenik-Zeitschriftfür Ärzte, die er selbst herausgab, dass Deutschlands Krieg eine "Gesamtlösung der Judenfrage" ergeben werde. Verschuer hatte über lange Jahre einen Assistenten - Josef Mengele. Am 30. Mai 1943 kam Mengele nach Auschwitz.Verschuer teilte der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit: "Mein Assistent, Dr. Josef Mengele, hat sich mir in diesemForschungszweig angeschlossen. Er ist derzeit als Hauptsturmführer und Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz.In diesem Konzentrationslager werden anthropologische Untersuchungen der verschiedensten ethnischen Gruppendurchgeführt, mit der Genehmigung des Reichsführers SS [Himmler]." Mengele begann bei Ankünften die Güterwagennach Zwillingen abzusuchen. Wenn er welche fand, führte er mit ihnen abscheuliche Experimente durch, schriebdarüber gewissenhafte Berichte und schickte die Unterlagen zurück zu Verschuers Institut, für die Bewertung. Öfterswurden die Leichen oder verschiedene einzelne Körperteile auch in die Berliner Eugenik-Institute geschickt.

Die Führungskräfte der Rockefeller-Stiftung wussten nie etwas von Josef Mengele. Mit wenigen Ausnahmen hatte dieFinanzierung aller eugenischen Studien im Nazi-besetzten Europa aufgehört, bevor der Krieg 1939 ausgebrochen war.Doch zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel bereits gefallen. Die talentierten Männer, die Rockefeller und Carnegie mitihrem Geld unterstützt hatten, die Institutionen, bei deren Gründung sie halfen und die Wissenschaft, zu deren Aufbausie beigetragen hatten, entwickelten nun eine Eigendynamik.

Nach dem Krieg wurde die Eugenik als Verbrechen gegen die Menschlichkeit - zu einem Akt des Völkermords - erklärt.Einige Deutsche kamen vor Gericht und sie führten die kalifornischen Satzungen in ihrer Verteidigung an. Ohne Erfolg.Sie wurden für schuldig befunden.

Allerdings ist Mengele-Chef Verschuer der Strafverfolgung entgangen. Verschuer stellte seine guten Verbindungen mitkalifornischen Eugenikern wieder her, die in den Untergrund gegangen waren und ihren Kreuzzug in "Humangenetik"umbenannt hatten. Typisch für diese Kontakte war ein Austausch vom 25. Juli 1946, als Popenoe an Verschuer schrieb:"Es war wirklich eine Freude, wieder von Ihnen zu hören. Ich war sehr besorgt um meine Kollegen in Deutschland ....Ich nehme an, die Sterilisationen sind in Deutschland eingestellt worden?" Popenoe gab einige Anekdoten über diverseamerikanische Eugenik-Koryphäen zum Besten und schickte Verschuer auch verschiedene eugenische Publikationen.In einem separaten Paket, schickte Popenoe etwas Kakao, Kaffee und andere Leckereien.

Verschuer schrieb zurück: "Mit großer Freude habe ich Ihren sehr freundlichen Brief von 7/25 erhalten, haben Siemeinen herzlichen Dank dafür. Der Brief baut eine weitere Brücke zwischen Ihrer und meiner wissenschaftlichen Arbeitauf und ich hoffe, dass diese Brücke nie wieder zusammenbrechen, sondern eine wertvolle gegenseitige Bereicherungund Anregung ermöglichen wird."

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Bald wurde Verschuer, in Deutschland und in der ganzen Welt, wieder ein angesehener Wissenschaftler. Im Jahr 1949wurde er zum korrespondierenden Mitglied der neu gegründeten American Society of Human Genetics, in welcher sichamerikanische Eugeniker und Genetiker inzwischen organisiert hatten. Im Herbst 1950 bot die Universität MünsterVerschuer eine Position in ihrem neuen Institut für Humangenetik an, wo er später zum Dekan aufstieg. In den frühenund mittleren 1950ern wurde Verschuer Ehrenmitglied von zahlreichen international renommierten Gesellschaften, wieetwa der Italienischen Gesellschaft für Genetik oder der Anthropologischen Gesellschaft Wien und sogar derJapanischen Gesellschaft für Humangenetik.

Die Wurzeln der Humangenetik im Völkermord und in der Eugenik wurden ignoriert, von einer siegreichen Generation,die es abgelehnt hat, sich mit den Verbrechen des Nationalsozialismus in Verbindung bringen zu lassen und von dennachfolgenden Generationen, die niemals die Wahrheit über die Vorkriegsjahre [1. und 2. WK] erfahren hat. Jetzt habenGouverneure von fünf Bundesstaaten, darunter Kalifornien, öffentliche Entschuldigungen an ihre Bürger ausgefertigt,Entschuldigungen für Vergangenheit und Gegenwart, für die Zwangs-Sterilisationen und andere Misshandlungen, diedurch die Eugenik-Bewegung hervorgebracht wurden.

Humangenetik wurde ein wegweisendes Unterfangen, im späten 20. Jahrhundert. Hart arbeitende, hingebungsvolleWissenschaftler haben endlich, durch das Human Genome Project, den menschliche Code geknackt. Jetzt kann jederEinzelne biologisch identifiziert und nach Eigenschaften und Herkunft klassifiziert werden. Und auch heute forderneinige der führenden Stimmen in der genetischen Welt eine Reinigung von den Unerwünschten unter uns, und selbsteine "Herrenrasse" der menschlichen Spezies.

Es gibt ein verständliches Misstrauen gegenüber normalerer Formen des Missbrauchs, zum Beispiel das Ablehnen einesVersicherungs- oder Beschäftigungs-Verhältnisses auf der Grundlage genetischen Tests. Am 14. Oktober verabschiedeteder Senat einstimmig das erste genetische Antidiskriminierungsgesetz Amerikas. Doch weil Genetik-Forschung aufglobaler Ebene betrieben wird, kann kein Gesetz einer einzelnen Nation die Bedrohung stoppen.

Edwin Black, San Francisco Chronicle

9. Nov. 2003

+ Nachwort: Der Artikel "Die Amerikanischen Wurzeln der Nazi-Eugenik" sollte das damals neu erschienene Buch"War against the Weak - Eugenics and America's Campaign to Create a Master Race" [Krieg gegen die Schwachen -Eugenik und Amerikas Kampagne für eine Herren-Rasse] von Edwin Black vorstellen. Wenig überraschend ist diesesnie ins Deutsche übersetzt worden, obwohl vielen Deutschen die Möglichkeit gegeben wurde, IBM und der Holocaust,ein anderes Buch desselben Autors, zu lesen. Gedacht war es wohl, vorwiegend, für die amerikanischen Leser, damitauch Ihnen langsam klar wird, daß auch die Amerikaner eine Schuld gegenüber den Juden abzubüßen haben, wie alleanderen Völker auch. Jedenfalls laufen die vorgestellten Sachverhalte der Sieger-Geschichtsschreibung in der BRD querund sollen wohl im deutschsprachigen Raum keine Verbreitung finden, meine ich. Anders kann ich mir nicht erklären,warum in allen Massen-Medien, ob das nun Bücher, Filme, Dokumentationen, Zeitungsartikel, museale Ausstellungenoder das Schulmaterial für den Geschichtsunterricht betrifft, diese Fakten konsequent verschwiegen werden.

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Wenn also das nationalsozialistische Eugenik-Programm, dessen Inhumanität ja die angebliche Singularität derdeutschen Verbrechen ausmachen soll, praktisch in Amerika geschrieben wurde, angefangen vom Konzept der blonden,blauäugigen Herren-Rasse, über Rassenmischungs- und Eheverbote, Segregation und Zwangssterilisation, bis hin zurEuthanasie inklusive der Idee zu Gaskammern, mitsamt der Finanzierung zum Aufbau eugenischer Institutionen, was istdann am Nazi-Eugenik-Programm eigentlich noch deutsch? Ist Hitler da nicht genauso Verführter wie Verführer?

Wer würde es denn heute wagen, als Nicht-Akademiker, als Nicht-Fachmann, vielleicht als einfacher Arbeiter, gegenForschungsergebnisse und Fachmeinungen des internationalen akademischen Establishments, renommierten Ärzten,Psychiatern, Genetikern der wichtigsten Universitäten der Welt, wie Yale, Princeton, Harvard und Stanford anzugehen,und zu sagen, nein, ihr habt unrecht? Und ich, als ungebildeter Mensch, weiß es besser? Man darf nicht vergessen, dieUngebildeten hatten ja alle Hände voll zu tun, um sich und ihre Familien zu ernähren und die Gebildeten, naja, denenwurde eben die Wissenschaft solcher akademischer Koryphäen gelehrt …

Natürlich werden hier auch, vielleicht themenbedingt, die christlichen und humanistischen Gegenbewegungen, die eshüben wir drüben gab, überhaupt nicht erwähnt oder besprochen. Was aber auch deutlich aus dem Text hervorgeht ist,dass die Verfechter der Eugenik, keineswegs nur Nationalisten, also sogenannte "rechte" waren, also Leute mitnationalistischen Dominanzutopien. Wenn Edwin Black von Utopisten spricht, so inkludiert das genauso jene Leute, diesich in Amerika heute noch "Fortschrittliche" (Progressives) nennen, mit marxistischen Erlösungs-Utopien, wie z. Bsp.die feministische Heldin Margaret Sanger, Frauenrechtlerin und eifrige Propagandistin der Eugenik-Bewegung. Sie wardie Gründerin von Planned Parenthood, einer Organisation, die Frauen Verhütungsmittel zugänglich machte, nicht nur,um sie im idealistischen Sinne zu befreien, sondern auch, um im eugenischen Sinne die Unerwünschten zu reduzieren."Fortschrittliche" sind Linke wie Kommunisten, Sozialisten, Liberale und viele von ihnen waren und sind heute nochEugenik-Anhänger. Gegen sie protestier(t)en viele religiös-konservative, rechts eingeordnete Gruppen, im Namen derchristlichen Nächstenliebe, dem Lebensschutz und der Familiensolidarität (sich liebevoll kümmern, um behinderteMitglieder der Familien, anstatt sie abzutreiben) als gottgewollte Lebensform.

Was die Verhütung der Vermehrung Behinderter und Armer angeht und die Vermeidung von Überbevölkerung, so gabund gibt es heute noch, weltweit Maßnahmen. Ein Beispiel wäre die Ausnahme von Behinderten von der Fristenlösung,also der gesetzlichen Erlaubnis, Babys in jedem Entwicklungsstadium, praktisch bis zur Geburt, noch im Mutterleib,töten zu dürfen, wenn sie behindert sind. Nur in Österreich wird hier ehrlicherweise noch von "eugenischer Indikation"gesprochen, in anderen Ländern, wird der Begriff "eugenisch" vermieden. Im kommunistischen China gab und gibt esbekanntlich staatliche Sterilisationskommandos, die Frauen aufgreifen und Zwangssterilisieren, im Rahmen der sog."Ein-Kind-Politik", also der Vermeidung von Überbevölkerung. Indien, eine parlamentarische Demokratie, hatte zumselben Zweck Massensterilisierungen durchführen lassen und selbst aus Peru, einer semipräsidialen Republik, wurdenstaatliche Zwangssterilisierungen gemeldet, unter einem Fortschritts-Regime, zum Zwecke der Armutsbekämpfung.Auch aus dem Staat Israel gibt es einen entsprechenden Skandal, als den Frauen eingewanderter äthiopischer Juden,Schwarzen, sog. Falaschen, ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung, über ein Jahrzehnt lang Depo Provera verabreichtwurde, wobei ein Rückgang der Geburtenrate von 50% erreicht werden konnte. Diese Gruppe von Einwanderern weisteine überproportional hohe Arbeitslosenquote und Vermehrungsrate auf. Es dürfte also ums Geld gegangen sein.

Heute fordern auch Umweltschützer eine Verringerung der Bevölkerung, zum Schutz des Planeten usw., man sieht also,daß eugenische Maßnahmen keine Frage des Regimes, also eine quasi-faschistische Sache sind. Sie sind auch nicht vonvorneherein verbrecherisch, so gibt es auch freiwillige Eugenik, dazu gehört die alltägliche Verhütung durch die Pille,gesetzlich erlaubte, freiwillige Abtreibungen (die auch nicht immer moralisch einwandfrei sind, so werden in China undIndien millionenfach Mädchen abgetrieben, weil man einfach lieber einen Sohn hätte), bis hin zu scheinbar freiwilligenEuthanasierungs-Wünschen Kranker. Auch die staatliche Förderung von Forschungen zur Früherkennung, Verhinderungund Behandlung von Erbkrankheiten gehören zur Eugenik, diese werden aber heute Medizinische Genetik genannt, alsTeildisziplin der Humangenetik, zu der heute noch Abstammungsgutachten (häufigste Anwendung - Vaterschaftstest)und genetische Beratung bei der Familienplanung Erbkranker gehören.

Soweit Blacks Aufsatz unseren Horizont auch erweitert, so klar ist auch, daß er die Sachlage etwas verzerrt. Einerseitszuzugeben, dass Eugenik die wissenschaftliche Basis für die Humangenetik gelegt hat und sie andererseits konsequentals unsinnige "Pseudo-Wissenschaft" zu bezeichnen ist nicht ganz schlüssig. Wie man schnell erkennt, wenn man diePrimärliteratur der damaligen Zeit liest, so machte man damals ständig den Fehler, durchaus wissenschaftlich gesicherteFakten mit philosophischen Ideen, aber auch Wunschträumen, Ängsten und Vorurteilen zu durchmischen. Am Beispielvon D.S. Jordans Essay "Das Blut der Nation" sieht man, dass frisch und frei drauflos spekuliert wird und nicht einmalvor dem einflechten von Gedichten in eine wissenschaftliche Argumentation zurückgeschreckt wird. Man muß dieFakten heraussieben, dann bekommt man auch wissenschaftlich verwertbares.

Außerdem sieht Black Eugenik / Humangenetik nur als etwas, in dem Gefahren liegen und unterschlägt die Chancenund positiven Seiten, wie Lösungen zur Überbevölkerung (nochmal – Verhütung ist Teil der Eugenik), Heilung undFrüherkennung von Krankheiten und die Unentbehrlichkeit von DNA-Tests in der Aufklärung von Verbrechen usw.Letztlich bleibt die Eugenik einfach nur ein Werkzeug, das Mächtige für oder gegen Menschen einsetzen können.

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