Die Amsterdamer Erklärung - mfh-eu. · PDF fileMigration, ethnische und kulturelle...

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  • Migration, ethnische und kulturelle Vielfalt, Gesund-heit und Gesundheitswesen sind in vielerlei Hinsichtmiteinander verbunden. Bedingt durch die weltweiteMigration, die Globalisierung und die europischeErweiterung wird Europa auch auf lokaler Ebeneimmer vielfltiger. Der Gesundheitszustand von MigrantInnen und ethni-schen Minderheiten ist dabei oft schlechter als jenerder durchschnittlichen Bevlkerung: Diese Gruppensind aufgrund ihrer meist schwcheren soziokonomi-schen Stellung, aber oft auch wegen traumatischerMigrations-erlebnisse und durch das Fehlen einerausreichenden sozialen Untersttzung verwundbarerals andere Gruppen.In diesem Zusammenhang scheint die Forderung vonMenschenrechtsaktivistInnen sinnvoll, dass derZugang zur Gesundheitsversorgung ein Grundrechtfr jeden Menschen sein sollte; untersttzt wird dieseForderung auch durch internationale bereinkomm-men, wie z.B. die International Convention on theElimination of All Forms of Racial Discrimination unddie International Convention on the Protection of theRights of All Migrant Workers and Members of TheirFamilies.ber diesen Aspekt der Menschenrechte hinaus stelltdie zunehmende Vielfalt eine groe Herausforderungfr die Gesundheitssysteme und ihre Einrichtungen inHinblick auf Qualittssicherung und -entwicklung ihrerDienstleistungen dar1. Angehrige von Minderheitenlaufen Gefahr, in der Gesundheitsversorgung nichtdieselbe Qualitt bei Diagnose, Behandlung und beiPrventivmanahmen zu erhalten wie die durch-schnittliche Bevlkerung. Sehr oft bercksichtigt dasGesundheitswesen die spezifischen Bedrfnisse vonMinderheiten nicht ausreichend. VerschiedeneHerausforderungen wie z.B. Sprachbarrieren2 oderkulturell unterschiedliche Erwartungen stellen sich frdie NutzerInnen und auch die AnbieterInnen vonDienstleistungen gleichermaen. Darber hinaus ver-schrfen knapper werdende Krankenhausressourcen,die hufig geringere Kaufkraft von Minderheiten undteilweise fehlende Anspruchsberechtigungen die

    Problematik. All das bewirkt, dass (Qualitts-) Ma-nagement und Personal vor neue Herausforderungengestellt werden - speziell auch in Krankenhusern, dieeine besonders wichtige Rolle fr die Versorgung die-ses Bevlkerungssegments spielen3.Problematisch sind aber auch Lcken im gesund-heitsbezogenen Wissen. MigrantInnen in Europa ver-fgen oft nicht ber ausreichende Informationen, dieeine angemessene Nutzung der ambulanten und sta-tionren Versorgung ermglichen. Auch das allgemei-ne Wissen ber Gesundheit und Gesunderhaltung imspezifischen Kontext der europischen Gesellschaf-ten ist oft begrenzt. Einen solchen Informationsmangel nennen MigrantIn-nen oft als Begrndung dafr, dass sie Gesundheits-einrichtungen nicht zielgerichtet nutzen und dass sieselbst keine ausreichenden Manahmen zur aktivenKrankheitsprophylaxe ergreifen.4Darber hinaus nimmt die ethnische und kulturelleVielfalt des Krankenhauspersonals zu - eine Tat-sache, die fr Krankenhausorganisationen gleichzeitigeine Chance, eine Ressource und eine zustzlicheHerausforderung darstellt. Im Jahr 2002 haben sich Krankenhuser aus 12 euro-pischen Lndern zusammengefunden, um imRahmen des EU-Pilotprojekts "Migrant-FriendlyHospitals" eine systematische europische Auseinan-dersetzung mit diesen Herausforderungen zu initiie-ren (Details siehe unten). Nationale und regionaleNetzwerke des WHO-Netzwerks Gesundheits-frdernder Krankenhuser (Health PromotingHospitals / HPH) haben die Partner aus Dnemark,Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland,Grobritannien, Irland, Italien, den Niederlanden,sterreich, Spanien und Schweden zusammenge-bracht. Die teilnehmenden Krankenhuser reprsen-tieren eine breite Palette an Typen - vom groen std-tischen Universittskrankenhaus bis hin zum klein-stdtischen Gemeindespital im ffentlichen oder pri-vat-gemeinntzigen Eigentum. Einige der Partnerhatten schon vor Projektbeginn langjhrige Erfahrun-gen in der Betreuung von MigrantInnen / Minderheiten

    Die Amsterdamer Erklrung fr migrantInnenfreundliche Krankenhuserin einem ethnisch und kulturell vielfltigen Europa

    Migration, Vielfalt, Gesundheit und Krankenhuser

  • Auf der Grundlage der Erfahrungen der MFH-Projekt-partner, internationaler Diskussionen und wissen-schaftlicher Literatur konnten folgende fr eine erfolg-reiche Entwicklung von Dienstleistungen undOrganisations-kulturen zentrale Punkte identifiziertwerden:

    1 Ein migrantInnenfreundliches Krankenhaus zuwerden ist eine Investition in individuellere undpersnlichere Dienstleistungen fr alle Patien-tInnen und KlientInnen sowie deren Familien.

    2 Als notwendige Voraussetzung dafr gilt es,zunchst Bewusstsein fr die spezifischenErfahrungen von MigrantInnenpopulationen zuschaffen. Bestehende Ungleichheiten und Unge-rechtigkeiten im Gesundheitssystem sind zu iden-tifizieren (auch gender-spezifisch) und auf dieserBasis Vernderungen in Kommunikation, Organi-sationsablufen und Ressourcenzuteilungendurchzufhren.

    3 Ethnokulturelle Unterschiede wahrzunehmenbirgt das Risiko der Klischeebildung - deshalb istes wichtig, sich vor Augen zu halten, dassMigrantInnenstatus, ethnische Abstammung, kul-tureller Hintergrund und religise Zugehrigkeitnur einige wenige ausgewhlte Dimensionen deskomplexen menschlichen Daseins sind.

    4 Die Etablierung von Partnerschaften mitBetroffenen auf der lokalen Ebene bzw. mit enga-gierten NGOs und hnlichen Organisationen, diemit den Problemen von MigrantInnen und ethni-schen Minderheiten vertraut sind, ist ein wichtigerSchritt zu einem kulturell und sprachlich adqua-teren Versorgungssystem.

    Wie bei jeder anderen Form von Organisationsent-wicklung hngt es auch hier von den einander ergn-zenden Beitrgen verschiedener Beteiligter ab, ob eseinem Krankenhaus gelingt, "migrantInnenfreundlich"zu werden und verschiedene PatientInnengruppen imVersorgungsgebiet gleichwertig zu betreuen.

    gesammelt - in manchen Fllen waren die Ziel-gruppen gut als Minderheiten etabliert und relativhomogen, in anderen dagegen sehr vielfltig, miteiner groen Zahl an undokumentierten ("illegalen")MigrantInnen. Auch die Rahmenbedingungen variier-ten: Einige Partnerkrankenhuser konnten ihreZielgruppen im Rahmen eines gut integriertenGesundheitswesens versorgen, whrend andere dieVersorgung innerhalb von eher fragmentiertenStrukturen anbieten mussten.Das Projekt wurde von der Europischen Union undder sterreichischen Bundesregierung untersttzt.Europische und internationale Organisationen tratender Initiative als untersttzende Partner bei (sieheListe am Ende des Dokuments).Die Projektpartner einigten sich darauf, einige grund-legende Prinzipien in das Zentrum einer Vision / einesLeitbilds fr migrantInnenfreundliche Krankenhuserzu stellen:

    Wertschtzung von Vielfalt durch Akzeptanz vonMenschen mit unterschiedlichem ethnischen undkulturellen Hintergrund als grundstzlich gleich-wertige Mitglieder der GesellschaftIdentifizierung der Bedrfnisse dieser Menschenund laufendes Monitoring und Qualittsentwick-lung der Dienstleistungen in Hinblick auf diesespezifischen Bedrfnisseund schlielich aktive Kompensation von Nach-teilen, die den Betroffenen durch unterschiedlicheethnokulturelle Hintergrnde erwachsen.

    Mithilfe einer Bedarfserhebung gelang es denPilotkrankenhusern trotz der Unterschiedlichkeit derGesundheitssysteme und der lokalen Gegebenheitenviele gemeinsame Probleme zu identifizieren -Probleme sowohl der MigrantInnen / ethnischenMinderheiten unter den PatientInnen und Ange-hrigen als auch der KrankenhausmitarbeiterInnen.In den Bereichen bersetzen und Dolmetschen,Training in interkultureller Kompetenz fr dasKrankenhauspersonal und Empowerment in derMtter- und Kinderbetreuung wurden wissensbasierteLsungen erfolgreich implementiert und evaluiert.Neben diesen konkreten Programmen zielten diePilotkrankenhuser auch auf eine grundstzlicheEntwicklung ihrer Organisationsstruktur und -kulturab: in die Richtung einer strkeren "MigrantInnen-freundlichkeit" bzw. eines kompetenten Umgangs mitVielfalt - ein prinzipiell machbares, aber keineswegstriviales Vorhaben, das der Untersttzung durch vieleunterschiedliche Partner in und auerhalb derKrankenhuser bedarf. Projektergebnisse und die beider Implementierung und Evaluation verwendetenInstrumente sind im Internet in der MFH-Website(http://www.mfh-eu.net) verfgbar.Um die Nachhaltigkeit der Initiative sicherzustellenwurde im Rahmen des Netzwerks gesundheitsfr-dernder Krankenhuser der WHO-Europa (HPH) eineProjektgruppe ("Task Force") fr migrantInnenfreund-liche und kulturell kompetente Krankenhuser einge-richtet. Diese Projektgruppe wird als Schaltstelle undUntersttzung fr weitere Initiativen dienen, Work-shops organisieren, die MFH-Website warten etc..

    Empfehlungen

  • Krankenhauseigentmer / -trger / Management /Qualittssicherung / -managementDiese Akteure sollten die Qualitt der Versorgung frMigrantInnen und ethnische Minderheiten zu einerPrioritt von Krankenhausorganisationen machen:

    5 Allgemeine und spezifische Ziele sollten explizitfestgelegt werden (ausgedrckt in Leitbild, plane-rischen Visionen, aber auch in konkreten Richt-linien und Verfahren).

    6 Wenn tatschlich nderungen in der Alltagspraxiserzielt werden sollen, mssen entsprechendeRessourcen (Arbeitszeit, finanzielle Ressourcen,Qualifikationen) bereitgestellt werden.

    7 Krankenhausleitung, Management / Verwaltungund Qualittssicherung sollten einen Organi-sationsentwicklungsprozess initiieren, unterstt-zen und evaluieren.

    8 Ein wichtiger Schritt besteht darin, die Bedrf-nisse und Ressourcen der Beteiligten - Nutzer-Innen (PatientInnen, Verwandte, Gemeinde) undAnbieterInnen (Personal) - regelmig zu erhe-ben.

    9 Strukturen, Prozesse und Ergebnisse solltenregelmig berprft werden, ob sie demKriterium "migrantInnenfreundlich" entsprechen.

    10 Geuerte Bedenken, Beschwerden und Bean-standungen im Zusammenhang mit der Versor-gung sollten ernst genommen und entsprechendbearbeitet werden.

    11 Investitionen in den Aufbau von