Die Bedeutung viraler Determinanten für die Pathogenität...

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Die Bedeutung viraler Determinanten für die Pathogenität muriner Leukämieviren Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg vorgelegt von Michaela Rodenburg aus Hamburg Hamburg 2003

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Die Bedeutung viraler Determinanten für die Pathogenität

muriner Leukämieviren

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades

des Fachbereichs Biologie der

Universität Hamburg

vorgelegt von

Michaela Rodenburg

aus Hamburg

Hamburg 2003

Genehmigt vom

Fachbereich Biologie

der Universität Hamburg

auf Antrag von Herrn Professor Dr. Wolfram Ostertag

Weiterer Gutachter der Dissertation:

Herr Professor Dr. W.O. Abel

Tag der Disputation: 05 September 2003; 11 Uhr

Die vorliegende Arbeit wurde am Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie

und Immunologie an der Universität Hamburg, Abteilung Zell- und Virusgenetik, in

der Zeit von September 1999 bis August 2003 angefertigt.

Herrn Professor Wolfram Ostertag danke ich für die Vergabe des Themas, die

Bereitstellung des Arbeitsplatzes und seinem Interesse am Werdegang dieser Arbeit.

Dr. Carol Stocking möchte ich an dieser Stelle für die optimale Betreuung und ihr

stets offenes Ohr für alle großen und kleinen Problemchen danken. Ein spezielles

Dankeschön gebührt Dr. Jürgen Löhler für seinen unermüdlichen und unersetzlichen

Einsatz an der „Mausfront“.

Allen Mitarbeitern der Abteilung 5 danke ich für ihre Unterstützung in allen fachlichen

und mentalen Fragen, ganz zu Schweigen vom tollen Arbeitsklima.

Ein dickes, fettes Dankeschön geht an meine Schwester Gaby und meine Freundin

Susu Rehaag für die Schulter zum Ausweinen, ein stets offenes Ohr und die

aufmunternden Worte. Darüber hinaus danke ich Susu für das superschnelle

Korrektulesen und die charmanten Kommentare.

„I thank the academy.......“

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung 1

2. Einleitung 3 2.1 Retroviren allgemein 3

2.2 Murine Leukämieviren 4

2.2.1 Genomorganisation 4

2.3 Retroviraler Entwicklungszyklus 6

2.3.1 Rezeptorbindung und Eintritt in die Wirtszelle 6

2.3.2 Reverse Transkription und Integration 10

2.3.3 Transkription, Translation und Assemblierung 12

2.4 Pathogenität muriner Leukämieviren 13

2.4.1 Replikationsinkompetente Retroviren 15

2.4.2 Replikationskompetente Retroviren 17

2.5 Verschiedene Faktoren beeinflussen den Typ der induzierten Krankheit 19

2.5.1 Virale Determinanten: LTR- und env-Sequenzen 19

2.5.2 Generation von rekombinanten Viren 20

2.5.3 Aktivierung von Genen durch Provirusintegrationen 21

2.5.3.1 Aktivierte Onkogene in T-Zell Leukämien 22

2.5.3.2 Aktivierte Onkogene in Erythroleukämien 24

3. Fragestellung dieser Arbeit 25

4. Material 26 4.1 Chemikalien und Enzyme 26

4.2 Bakterienstämme 26

4.3 Zelllinie 26

4.4 Medien 27

4.4.1 Bakterienkulturmedien 27

4.4.2 Zellkulturmedien 27

4.5 Verwendeter Mausstamm 28

4.6 Klonierte retrovirale Proviren 28

4.7 Oligonukleotide 28

Inhaltsverzeichnis

4.8 Größenstandards und Ladepuffer 29

4.8.1 λ-DNA/HindIII Marker für Southern Blot Analysen 29

4.8.2 λ-DNA/HindIII/EcoRI Marker für gelelektrophoretische Analysen 29

4.8.3 GeneRuler DNA Ladder Mix für gelelektrophoretische Analysen 29

4.8.4 10 x Yellow SubTM PCR-Additiv und Ladepuffer 29

4.9 DNA Sonden für Southern Hybridisierung 30

5. Methoden 31 5.1 Isolierung von DNA-Fragmenten 31

5.2 Dephosphorylierung des gespaltenen Vektors 31

5.3 Ligation 31

5.4 Screening nach positiven Klonen 32

5.5 Plasmidisolierung 33

5.6 Sequenzierung 33

5.7 Zellkultur 34

5.7.1 Virusproduktion 34

5.7.2 Transfektion mittels Elektroporation 34

5.7.3 Ernten des Virusüberstandes 34

5.7.4 Titerbestimmung 35

5.7.5 Infektion neonataler Mäuse 35

5.8 Analyse erkrankter Tiere 35

5.8.1 Überwachung und Autopsie der Mäuse 35

5.8.2 Analyse der Blutparameter 36

5.9 Durchführung von Blutausstrichen und Cytospins 37

5.9.1 Blutausstriche 37

5.9.2 Cytospin 37

5.9.3 AccustainTM Pappenheim-Färbung 37

5.10 FACS-Analysen 38

5.10.1 Vorbereitung der Organe 38

5.10.2 Vorbereitung der Zellen 40

5.10.3 FACS-Messung 41

5.11 Gewinnung genomischer DNA aus Organen 41

5.12 Restriktionsspaltung und gelelektrophoretische Auftrennung 42

genomischer DNA

Inhaltsverzeichnis

5.13 Southern Blotting 42

5.13.1 Hybridisierung 43

5.13.2 Waschen der Membranen 44

5.13.3 Herstellung und Markierung von Sonden 44

5.14 Vektorklonierung 45

5.14.1 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der env-Sequenzen 45

5.14.2 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der gag-Sequenzen 46

5.14.3 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der NP-Sequenzen 46

5.14.4 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der LTR-Sequenzen 48

6. Ergebnisse 50 6.1 Charakterisierung der von Moloney-, 4070A- und 10A1-MuLV induzierten

Krankheiten in NIH/Ola- Mäusen 50

6.1.1 Charakterisierung der phänotypischen Merkmale 50

6.1.1.1 Phänotyp von Moloney- bzw. 4070A-MuLV infizierten Tieren 50

6.1.1.2 Phänotyp von 10A1-MuLV infizierten Tieren 51

6.1.2 Weitere Charakterisierung der MuLV-induzierten Tumore 58

6.1.2.1 Moloney- und 4070A-MuLV induzierte Leukämien 59

6.1.2.2 10A1-MuLV induzierte Leukämien 60

6.1.2.3 Überprüfung des Differenzierungsgrades der B-Zellen 62

6.1.2.4 Kinetik des Krankheitsverlaufs 66

6.2 Charakterisierung der chimären Murinen Leukämieviren 67

6.2.1 Charakterisierung von MuLVs mit ausgetauschten env-Sequenzen 67

6.2.1.1 Phänotyp von Mo-10A1env-infizierten Tieren 68

6.2.1.2 Phänotyp von 10A1-4070env-infizierten Tieren 69

6.2.2 Charakterisierung von MuLVs mit einem LTR-Austausch 70

6.2.2.1 Phänotyp von Mo-10A1V-10A1LTR-infizierten Tieren 71

6.2.2.2 Phänotyp von 10A1V-MoLTR-infizierten Tieren 72

6.2.3 Charakterisierung von MuLVs mit einem Austausch von

gag- oder NP-Sequenzen 74

6.2.3.1 Phänotyp von 10A1V-MoNP-infizierten Tieren 75

6.2.3.2 Phänotyp von 10A1V-Mogag-infizierten Tieren 77

6.2.3.3 Phänotyp von Mo-10A1V-10A1NP-infizierten Tieren 78

Inhaltsverzeichnis

6.3 Aktivierung von Onkogenen 80

6.3.1 Klonalität der Tumore 80

6.3.2 Überprüfung der Tumore nach aktivierten Onkogenen 83

6.3.3 Untersuchung der von chimären MuLVs induzierten blastischen

Lymphome auf Insertionen im Fli-1-Gen 86

6.4 Vorkommen von MCF-Viren in MuLV infizierten Mäusen 86

6.4.1 Erhöhte MCFV-Frequenz in Mo-MuLV induzierten Tumoren 90

6.4.2 Niedrige MCFV-Frequenz in 10A1-MuLV induzierten Tumoren 91

6.4.3 Niedrige MCFV-Frequenz in Mo-10A1V-10A1NP-MuLV und

10A1V-MoNP-MuLV induzierten Tumoren 94

6.5 Messung des glykoGag-Expressionsniveaus auf MuLV infizierten Zellen 97

7. Diskussion 101 7.1 Pathogenität von Moloney-, 4070A- und 10A1-MuLV in NIH/Ola-Mäusen 101

7.2 Bedeutung viraler Determinanten für die Pathogenität 102

7.2.1 Einfluss der env-Sequenzen 102

7.2.2 Einfluss der LTR-Sequenzen 104

7.2.3 Einfluss der NP-Sequenzen 106

7.2.3.1 Einfluss des glykoGag-Expressionsniveaus auf die Pathogenität 109

7.2.4 Einfluss von MCF-Viren auf die Pathogenität 110

7.2.5 Aktivierung von Onkogenen 111

8. Appendix 114

9. Abkürzungsverzeichnis 116

10. Literaturverzeichnis 118

Zusammenfassung 1

1. Zusammenfassung

Murine Leukämieviren induzieren in infizierten Mäusen verschiedene

Leukämieformen. Die Leukämie wird durch die zufällige und stabile Integration der

Proviren in das Genom der infizierten Zellen induziert. Diese Integrationen können

zur Aktivierung zellulärer Gene führen. In vivo wird auf Provirusintegrationen

selektioniert, die der infizierten Zelle einen Wachstumsvorteil verschaffen. Dieser

rapide anwachsende Zellpool führt dann zur Tumorbildung. Die Charakterisierung

der Integrationsstellen hat zur Entdeckung von zahlreichen Onkogenen geführt, die

auch in der humanen Tumorentwicklung eine wichtige Rolle spielen.

In dieser Arbeit sollte untersucht werden, welche Sequenzen im Genom von murinen

Leukämieviren einen Einfluss auf die Art der induzierten Leukämie haben. Da das

Moloney-MuLV vorwiegend T-Zellen und das 10A1-MuLV im Gegensatz dazu

myeloblastische Zellen transformieren kann, wurden bestimmte Bereiche der

Genome durch die entsprechenden Sequenzen aus dem anderen MuLV ersetzt. Die

auf diese Weise hergestellten chimären Retroviren wurden dann im NIH/Ola-

Mausmodell getestet. In früheren Arbeiten wurde gezeigt, dass die „Long Terminal

Repeats“ (LTR) einen Einfluss auf die Zellspezifität eines MuLVs haben, da diese die

für die Transkription in bestimmten Zelltypen wichtigen Enhancer-Elemente

enthalten. In der vorliegenden Arbeit wurde dagegen gezeigt, dass es zwei Bereiche

außerhalb des LTRs gibt, die einen starken Einfluss auf die Art der induzierten

Leukämie haben. Für die Induktion von myeloblastischen Lymphomen sind vor allem

die 10A1 env-Sequenzen und die damit verbundene Rezeptornutzung von Pit1

wichtig. Die Aktivierung des Transkriptionsfaktors Fli-1 scheint ebenfalls für die

Transformation der Vorläuferzellen essentiell zu sein und einen Selektionsvorteil für

diese Zellen in vivo zu bedeuten. Des weiteren hat der stromabwärts vom LTR

gelegene Leader-Bereich einen stärkeren Einfluss auf die Art der induzierten

Leukämie als die LTR-Sequenzen. Der vom Moloney-MuLV stammende Leader-

Bereich ist in dem hier verwendeten Mausmodell eine stärkere Determinante für die

Induktion einer T-Zell-Leukämie als das thymotrope Moloney-LTR. Der

entsprechende vom 10A1-MuLV stammende Bereich scheint dagegen die

Entwicklung von blastischen Lymphomen zu ermöglichen, wenn dieser Einfluss nicht

durch das starke Moloney-LTR maskiert wird.

Zusammenfassung 2

In weiteren Untersuchungen sollte nun geklärt werden, wie der Leader-Bereich die

Induktion verschiedener Leukämieformen beeinflussen könnte. Diese Region

umfasst für den retroviralen Entwicklungszyklus wichtige regulatorische Elemente,

wie die Verpackungssequenz für die virale RNA (Ψ), die Primer-Bindungsstelle

(PBS), das Dimerisierungssignal (DLS) und eine interne Ribosomeneintrittsstelle

(IRES). Darüber hinaus liegt im Leader-Bereich auch das Initiations-Kodon für das

für die Virusstruktur nicht erforderliche glykoGag-Protein. Dieses Protein wird nach

der Glykosylierung und Prozessierung zur Zellmembran transportiert und konnte

auch in Viruspartikeln nachgewiesen werden. Die Funktion dieses Proteins im

retroviralen Entwicklungszyklus ist unbekannt, es konnte aber gezeigt werden, dass

es wichtig für die Virusausbreitung und Pathogenität in vivo ist. Analysen des

glykoGag-Expressionsniveaus in MuLV-infizierten SC-1 Zellen zeigten, dass die

Moloney Leader-Region zu einem niedrigen, die 10A1 Leader-Region dagegen zu

einem hohen glykoGag-Expressionslevel führte. Die Herkunft der den Leader-

Bereich flankierenden Sequenzen hatte dabei keine Auswirkungen auf die

Expression des Proteins. Das glykoGag-Expressionsniveau korreliert also mit der

Induktion bestimmter Leukämieformen. Das Expressionsniveau des glykoGag-

Proteins könnte also einen wichtigen Parameter für die Zellspezifität eines MuLVs

darstellen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass andere Bereiche

innerhalb des Leaders, die die Virusreplikation in vivo beeinflussen, ebenfalls an der

Zellspezifität beteiligt sind. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass zwei

Bereiche außerhalb des LTRs durch die Virus-Wirts-Interaktion die Leukämie-

spezifität beeinflussen.

Einleitung 3

2. Einleitung

2.1 Retroviren allgemein

Retroviren sind weit verbreitet und konnten in Mollusken, Fischen, Reptilien, Vögeln

und Säugern nachgewiesen werden. Sie können sowohl horizontal (Infektion) als

auch vertikal (Keimbahn) übertragen werden. Die Viruspartikel sind von einer

Doppelmembran umgeben und haben einen Durchmesser von 80-100 nm. Das

Genom hat eine Größe von 7-12 kb und besteht aus zwei identischen, linearen (+)-

Strang RNA-Molekülen. Die genetische Struktur ist bei allen Retroviren gleich. Die in

drei Leserastern angeordneten Gene gag, pol und env werden von zwei redundanten

Enden („Long Terminal Repeats“, LTR) flankiert (Coffin et al., 1997). Einfache

Retroviren besitzen nur diese Gene. Sie werden aufgrund ihrer Partikelmorphologie

in B-, C- oder D-Typ Viren eingeteilt. Bei komplexen Retroviren wurden noch weitere

Leseraster gefunden, die für zusätzliche regulatorische Proteine kodieren. Diese

können zwischen den pol und env Genen und/oder zwischen dem env Gen und dem

3’-LTR lokalisiert sein. Die Retroviren wurden aufgrund der Morphologie, der

Genomorganisation und Unterschieden im Entwicklungszyklus in sieben Gattungen

unterteilt (Coffin et al., 1997).

Tab. 1: Die sieben Gattungen der Retroviren, ihre Genomorganisation und exemplarische Vertreter.

Retrovirus Gattung Genom Beispiel

Bezeichnung Bezeichnung nach ICTV

Vogel-C-Typ Viren α-Retroviren einfach aviäres Leukose Virus (ALV)

Säuger-B-Typ Viren β-Retroviren einfach Maus-Mamma-Tumorvirus (MMTV)

D-Typ Viren β-Retroviren einfach Mason-Pfitzer-Affen Virus (MPMV)

Säuger-C-Typ Viren γ-Retroviren einfach murine Leukämieviren (MuLV)

BLV-HTLV δ-Retroviren komplex humanes T-Zell-Leukämievirus-1 (HTLV-1)

ε-Retroviren komplex Walleye-Dermal-Sarkom-Virus (WDSV)

Spumaviren Spumaviren komplex Affen-Foamy-Virus (SFV)

Lentiviren Lentiviren komplex humanes Immundefizienz-Virus-1 (HIV-1)

ICTV: „International Committee on Taxomomy of Viruses“

Das erste Retrovirus (ALV, s. Tab. 1) wurde 1908 von Ellermann und Bang aus

Hühnern isoliert, die an Leukämie und Lymphomen erkrankt waren (Ellermann and

Einleitung 4

Bang, 1908). Rous isolierte 1911 aus Hühnern das Rous Sarkom Virus (Rous, 1911).

Das Virus HTLV-1 wurde 1977 entdeckt und ist das erste im Menschen

nachgewiesene Retrovirus mit einem onkogenen Potential (Takatsuki et al., 1977;

Uchiyama et al., 1977). Kurz danach wurde das Virus HIV-1 als Ursache für das

erworbene Immundefizienz Syndrom des Menschen entdeckt (Barre´-Sinoussi et al.,

1983; Gallo et al., 1984; Levy et al., 1984). Retroviren können darüber hinaus auch

als endogene Viren im Vertebratengenom vorliegen und werden wie andere Gene

über die Keimbahn weiter vererbt. Die Proviren können als vollständige oder

unvollständige Kopien vorliegen, die entweder mit den zellulären Genen abgelesen

werden oder als stumme Form integriert sind.

2.2 Murine Leukämieviren

Da murine Leukämieviren gut charakterisiert, sind werde ich mich in den folgenden,

allgemeinen Aussagen auf das Buch „Retroviruses“ von Coffin, Hughes und Varmus

(1997) beziehen. Spezifische bzw. neuere Ergebnisse sind durch Zitate belegt.

2.2.1 Genomorganisation

Murine Leukämieviren (MuLVs) gehören zu den Säuger-C-Typ bzw. γ-Retroviren und

besitzen die einfache Genomorganisation LTR-gag-pol-env-LTR (s. Abb. 2). Sie

können als exogene und/oder endogene Viren vorkommen (Gardner, 1978; Hoggan

et al., 1983; Jenkins et al., 1982; Stoye and Coffin, 1987). Die gag-Sequenzen

kodieren für die Gruppen-spezifischen Antigene: die Matrix- und Kapsidproteine (MA,

CA), sowie das Nukleokapsidprotein (NC). Das MA-Protein ist mit der

Lipiddoppelmembran des Viruspartikels assoziiert, während das CA-Protein den

viralen Core-Komplex bildet (s. Abb. 1). Das NC-Protein bindet die viralen RNA-

Moleküle. Das pol-Gen kodiert für die viralen Enzyme Protease (PR), Reverse

Transkriptase (RT), die eine zusätzliche RNaseH-Aktivität besitzt, und die Integrase

(IN). Die env-Sequenzen kodieren für die durch proteolytische Spaltung generierten

Proteine: das Oberflächenprotein (SU) und das Transmembranprotein (TM). Das

Transmembranprotein verankert das äußere SU-Protein in der Doppelmembran des

Viruspartikels.

Einleitung 5

MA

PR

CA

NCRNA

IN

RT

TM

SULipiddoppelmembran

Abb. 1: Schematische Darstellung eines Viruspartikels. MA: Matrixprotein; CA: Kapsidprotein; NC:

Nukleokapsid; PR: Protease; RT: reverse Transkriptase; IN: Integrase; SU: Oberflächenhüllprotein;

TM: Transmembran-Hüllprotein (Coffin et al., 1997).

Stromabwärts vom env-Gen vor dem 3’-LTR liegt der 15 Basenpaar große

Polypurintrakt (PPT), der während der reversen Transkription als Primer für die (+)-

Strang-DNA-Synthese dient. Die drei Leseraster werden von identischen LTR-

Sequenzen flankiert. Das LTR besteht aus der U3-Region, die die Promoter- und

Enhancer-Elemente umfasst. Es folgt die terminale Repeat-Sequenz (R), an der die

virale Transkription startet und die ein Polyadenylierungssignal mit einschließt. Den

Abschluss bildet die U5-Region, die ebenfalls eine regulatorische Funktion erfüllt.

Stromabwärts vom LTR liegt der sogenannte Leader-Bereich, der die

Verpackungssequenz für die virale RNA (Ψ), eine Primer-Bindungsstelle (PBS), das

Dimerisierungssignal (DLS) und nach (Berlioz and Darlix, 1995) eine interne

Ribosomeneintrittsstelle (IRES) umfasst.

Einleitung 6

pol envgag LTR LTR

Transkrip- start

PBS

R U5 U3 ATG (nt 619)

CTG (nt 355)

SD

Ψ+

IRESDLSPromotor Enhancer

Pr75glykoGag

Pr65gag

gag

PolyA PPTSASD

Ψ

INRTPRNC CA MA

TMSU

Abb. 2: Cis-aktive Elemente in murinen Leukämieviren: „Enhancer“ Verstärker der Transkription; DLS

Dimerisierungssignal; PBS Primer-Bindungsstelle; IRES interne Ribosomeneintrittsstelle; PPT

Polypurintrakt; PolyA Polyadenylierungssignal; SD Spleiß-Donor; SA Spleiß-Akzeptor; LTR „Long

Terminal Repeat“; Ψ Verpackungssignal; Ψ+ erweitertes Verpackungssignal. Virale Gene: gag; pol;

env; Virale Proteine: MA Matrixprotein; CA Kapsidprotein; NC Nukleokapsid; PR Protease; RT reverse

Transkriptase; IN Integrase; SU Oberflächenhüllprotein; TM Transmembran-Hüllprotein.

2.3 Retroviraler Entwicklungszyklus

2.3.1 Rezeptorbindung und Eintritt in die Wirtszelle

Die Bindung an den zellulären Rezeptor und der nachfolgende Eintritt des

Viruspartikels in die Wirtszelle wird über das virale Hüllprotein (Env-Protein) vermittelt

(s. Abb. 3). Das virale env-Gen kodiert für ein Polyprotein, welches von einer

zellulären Protease im Golgi-Apparat so gespalten wird, dass ein

Transmembranprotein (TM, p15E) und ein Oberflächenprotein (SU, gp70) entstehen,

wobei das TM-Protein die SU-Einheit in der Membran des Viruspartikels verankert.

Die Bindung des Env-Proteins an seinen zellulären Rezeptor vermittelt eine

Konformationsänderung im TM-Protein, was dann zur Membranfusion und zur

Aufnahme des viralen Core-Komplexes in die Wirtszelle führt. Die virale Protease

spaltet das p15E Protein zu p12E und p2E, ersteres wird auch als R-Peptid

bezeichnet (Januszeski et al., 1997). Erst die Freisetzung des R-Peptids ermöglicht

die Fusion des Viruspartikels mit der Wirtszellmembran (Rein et al., 1994). Die

Einleitung 7

viralen Proteine SU, TM und MA verbleiben wahrscheinlich in der zellulären

Membran. Das SU-Protein erkennt und bindet den zellulären Rezeptor und vermittelt

somit die Spezies- und Gewebespezifität eines Retroviruses (White, 1992).

Zellen, die mit einem Retrovirus infiziert sind, können nicht mehr durch Viren, die den

gleichen Rezeptor benutzen, überinfiziert bzw. superinfiziert werden. Diese Art der

Resistenz wird als Interferenz bezeichnet. Diese Zellen sind aber weiterhin

empfänglich für eine Infektion mit Retroviren, die einen anderen Rezeptor für den

Eintritt in die Wirtszelle benutzen. Bei den zellulären Rezeptoren, die von den

murinen Leukämieviren erkannt werden, handelt es sich fast ausnahmslos um

Transporterproteine, die 6-14 α-helikale Transmembrandomänen besitzen. Der

Transport von kleinen Molekülen, wie Aminosäuren oder anorganischem Phosphat,

ist an einen Ionengradienten gekoppelt. Bei den Ionen kann es sich um Natrium-

und/oder Wasserstoff-Ionen handeln. Diese werden dabei entweder in die gleiche

Richtung oder entgegengesetzt zum eigentlichen Substrat transportiert (Reizer et al.,

1994; Saier, 2000).

Im Env-Protein befinden sich drei Domänen, die zwischen den einzelnen

Virenstämmen stark variieren. Im aminoterminalen Bereich sind die variablen

Regionen A und B (VRA und VRB) lokalisiert, denen sich die prolinreiche

hypervariable Region (HVR) anschließt. Der carboxyterminale Bereich ist dagegen

zwischen den verschiedenen MuLVs weitgehend konserviert. Mutationen im env-Gen

stellen einen wichtigen Faktor für die Evolution endogener Viren und deren

Pathogenität dar. Die mutierten env-Sequenzen können zur Benutzung eines

anderen Rezeptors führen, was es den Viren ermöglicht, andere Spezies zu

infizieren. Die Hauptunterschiede zwischen den verschiedenen MuLVs liegen dabei

im 5’-env-Bereich, der für das SU-Protein kodiert. Die murinen Leukämieviren

werden aufgrund ihrer Rezeptorspezifität und Homologie in verschiedene

Interferenzgruppen unterteilt, wobei Viren, die aus der Wildmaus Mus musculus

isoliert wurden, am besten charakterisiert sind (s. Tab. 2).

Diese wurden in fünf Gruppen unterteilt: ökotrope, xenotrope, polytrope, amphotrope

und 10A1-Viren (Weiss, 1993). Darüber hinaus gibt es aber auch Viren, die aus

anderen Wildmausstämmen wie Mus dunni, Mus cervicolor und Mus caroli isoliert

werden konnten.

Einleitung 8

Tab. 2: Gruppen von murinen Leukämieviren eingeteilt aufgrund von Rezeptorspezifität und

Homologie (NZB: New Zealand Black-MuLV; MDEV: Mus dunni endogenes Virus).

Rezeptorspezifität Rezeptor Prototyp

Mus musculus

ökotrop mCat1 Moloney-MuLV

xenotrop XPR1* NZB-MuLV

polytrop XPR1 Moloney-MCF

amphotrop Pit2 4070A-MuLV

10A1 Pit1, Pit2 10A1-MuLV

Mus dunni

multitrop unbekannt MDEV

Mus cervicolor

CI unbekannt CERV CI

CII SMIT1 M813

Mus caroli

CI unbekannt CARO CI

*: xenotrope MuLVs können den murinen XPR1-Rezeptor nicht benutzen

Ökotrope MuLVs kommen sowohl als exogene als auch als endogene Viren vor

(Jenkins et al., 1982) und benutzen den kationischen Aminosäure Transporter Cat-1

als Rezeptor, wobei sie nur die CAT1-Proteine von Maus und Ratte erkennen

können (Albritton et al., 1989; Coffin et al., 1997). Die Rezeptornutzung von

ökotropen Viren wird durch die VRA vermittelt, der VRB kommt dabei nur eine

akzessorische Funktion zu (Battini et al., 1995; Battini et al., 1998; Battini et al.,

1996). Der aminoterminale env-Bereich von ökotropen Viren stammt entweder von

einem unbekannten Virus oder von zellulären Sequenzen, während die restlichen

env-Regionen xenotropen Ursprungs sind (Stoye and Coffin, 1987).

Polytrope und xenotrope Viren benutzen zwar beide das Glykoprotein XPR1 als

Rezeptor (Battini et al., 1999; Tailor et al., 1999; Yang et al., 1999), aber Mutationen

in dessen Aminosäuresequenz bestimmen, ob eine Spezies durch eines der beiden

Viren infizierbar ist oder nicht (Marin et al., 1999). Während der von xenotropen

MuLVs benutzbare XPR1-Rezeptor nicht von Mus musculus und von ihr

abstammenden Labormausstämmen, sondern nur von einigen Wildmausarten bzw.

Einleitung 9

von anderen Spezies exprimiert wird, können die polytropen Viren alle Mausstämme

und viele andere Spezies infizieren (Kozak, 1985). Xenotrope Viren kommen nur als

endogene Viren vor. Polytrope Viren sind durch Mutationen im xenotropen env-Gen

entstanden, wodurch sie ein breiteres Wirtsspektrum infizieren können (Marin et al.,

1999; Tomonaga and Coffin, 1999). Ein Gen im Rmc1-Lokus kodiert für den XPR1-

Rezeptor, Mutationen in diesem Lokus entscheiden darüber, ob das Protein von

polytropen oder xenotropen Viren benutzt werden kann (Battini et al., 1999; Hartley

et al., 1983; Tailor et al., 1999; Yang et al., 1999). Im Gegensatz zu ökotropen

MuLVs benötigen xenotrope und polytrope Viren neben der VRA und VRB, auch die

HVR für die Rezeptorerkennung (Battini et al., 1995; Battini et al., 1998; Battini et al.,

1996).

Amphotrope Viren benutzen den von vielen Spezies exprimierten Typ III Natrium

abhängigen Phosphatsymporter Pit2 (Kavanaugh et al., 1994; Miller and Miller, 1994;

Wilson et al., 1995). Amphotrope MuLVs benötigen ebenfalls nur die VRA und VRB

für die Erkennung ihres Rezeptors. Das 10A1-MuLV ist durch Rekombination

zwischen dem exogenen, amphotropen Virus 1504A und endogenen polytropen

Sequenzen entstanden, wobei die polytrope HVR in das amphotrope env-Gen

inseriert wurde (Ott et al., 1990; Rasheed et al., 1982). Durch die rekombinierten

env-Sequenzen ist das Virus in der Lage sowohl den Pit2-Rezeptor als auch den

verwandten Phosphatsymporter Pit1 zu nutzen (Miller and Miller, 1994; Wilson et al.,

1994). Die einzigartige Rezeptornutzung von Pit1 verleiht dem Virus ein breites

Wirtsspektrum und es stellt deshalb eine eigene Interferenzgruppe dar (Han et al.,

1997).

Murine Leukämieviren, die aus anderen Mausstämmen als Mus musculus isoliert

worden sind, wurden bisher noch nicht so ausführlich charakterisiert. Kürzlich konnte

in Mus dunni ein endogenes, multitropes Virus (MDEV) entdeckt werden, welches ein

breites Wirtsspektrum hat, dessen zellulärer Rezeptor unbekannt, aber nicht

identisch mit den schon bekannten Rezeptorklassen ist (Bonham et al., 1997). Das

aus Mus cervicolor isolierte Virus CERV CI zeigt ein mit den xenotropen MuLVs

vergleichbaren Wirtstropismus und scheint mit dem aus Mus caroli isolierten Virus

verwandt zu sein (Benveniste et al., 1977). Das aus Mus cervicolor isolierte M813-

MuLV ähnelt den ökotropen Viren, benutzt aber den Rezeptor SMIT1 für die Infektion

(Hein et al., 2003; Prassolov et al., 2001).

Einleitung 10

Aktivierung

Rezeptorbindung

Virusreifung

VirusknospungAssemblierung

Translation

Transkription

Membranfusion

Zellkernimport

Gagvon

Genen

glykoGag Integration RNA Export

Gag-Pol

Env-Prozessierung

Zerfall des Core-Komplexes

reverse Transkription

Abb. 3: Schematische Darstellung des retroviralen Entwicklungszyklus

2.3.2 Reverse Transkription und Integration Nach Bindung des zellulären Rezeptors und anschließender Membranfusion kommt

es zur Internalisierung des Nukleokapsids (s. Abb. 3). Dieser Prozess führt zu einer

Konformationsänderung, die den Eintritt von Nukleotiden in das Innere des Partikels

ermöglicht. Die beiden identischen RNA-Moleküle sind über ihre im Leader-Bereich

liegenden DLS-Sequenzen dimerisiert. Sie weisen bezüglich der Translation eine

positive Polarität auf. Die genomische RNA besitzt eine 5’-Kappenstruktur und ein 3’-

Polyadenylierungssignal wie es für eukaryontische mRNAs charakteristisch ist. Die

reverse Transkription der einzelsträngigen RNA findet im Zytoplasma der Wirtszelle

statt. Die Transkription des negativen DNA-Stranges beginnt an einer vom Virus

mitgeführten zellulären tRNA, die als Primer dient. Dieser Primer ist über homologe

Basenpaarung an die PBS der viralen RNA gebunden. Durch die Verlängerung des

3’-OH Endes des Primers werden die U5 und R-Sequenzen am 5’-Ende der

Einleitung 11

genomischen RNA transkribiert. Der bereits transkribierte Bereich der viralen RNA

wird durch die RNaseH-Funktion der reversen Transkriptase degradiert. Es kommt

nun zum ersten Strang-Transfer. Die neu erzeugte R-Region des negativen DNA-

Stranges bindet an die 3’ komplementäre R-Sequenz am 3-Ende des RNA-Genoms.

Das lineare RNA-Molekül wird dann in 5’-Richtung transkribiert, wobei bereits

transkribierte Bereiche degradiert werden. Die im 3’-Bereich des viralen Genoms

gelegene PPT-Region ist relativ resistent gegenüber des RNaseH-Abbaus und dient

als Primer für die Synthese des positiven DNA-Stranges. Die Synthese erfolgt in 3’-

Richtung bis zur PBS, die an diese gebundene tRNA wird degradiert. Dieses kurze

positive DNA-Fragment bindet an die komplementären Bereiche im negativen DNA

Strang und wird verlängert bis ein doppelsträngiges DNA-Molekül entsteht, das zwei

identische LTR-Bereiche an beiden Enden besitzt. Da die reverse Transkriptase

keine Fehlerkorrekturen durchführt, wie es von zellulären DNA-Polymerasen bekannt

ist, treten 10-4 Fehler pro inkorporierter Base auf. Das entspricht einer falschen Base

pro synthetisiertem Genom. Diese hohe Mutationsrate ist für die Anpassungs- und

Wandlungsfähigkeit der Retroviren verantwortlich. Wenn eine Zelle mit zwei

verschiedenen Viren infiziert ist, kann es zur Verpackung von zwei unterschiedlichen

RNA-Molekülen in einem Viruspartikel kommen. Darüber hinaus kann es während

der reversen Transkription zu Rekombinationen zwischen den beiden Nukleinsäure-

Molekülen kommen. Dies ist mit einem Selektionsvorteil verbunden, da es zu einer

erhöhten Variation führen kann (Hu und Temin, 1990).

Der Kapsidkomplex bleibt während des Transports zum und in den Zellkern erhalten.

Der Transfer in den Zellkern erfolgt während der Mitose, wenn die Membran des

Nukleus abgebaut wird. Die virale Integrase vermittelt die zufällige Integration der

proviralen DNA in das Genom der Wirtszelle. Allerdings scheinen aktiv transkribierte

Bereiche für die Inserierung etwas bevorzugt zu werden (Mooslehner et al., 1990;

Rohdewohld et al., 1987; Scherdin et al., 1990; Vijaya et al., 1986). Das HI-Provirus

inseriert präferentiell in kodierende Genbereiche (Schröder et al., 2002). Dabei

scheint der Präferenzgrad des Virus mit dem Expressionslevel des Gens zu

korrelieren. Darüber hinaus inserierte das HI-Virus vorwiegend in solchen Genen, die

nach einer HIV Infektion aktiviert sind.

Ein infizierendes Viruspartikel führt nur zur Integration eines Provirus in das

Wirtsgenom (Hu and Temin, 1990), welches dann stabil weitervererbt wird. Die

Einleitung 12

Integration des Provirus in zellulären Genen oder in deren regulatorische Sequenzen

kann zu einer Aktivierung oder Inaktivierung dieser Elemente führen, wobei die

Integration eines Provirus nicht unbedingt direkt zur Entartung der betroffenen Zelle

führen muss. Es sind meistens mehrere Integrationen in verschiedenen Genen

notwendig, wobei dann deren Zusammenwirken zum Auswachsen eines Tumors

führt. Es gibt natürlich auch Integrationen, die keinerlei Auswirkungen auf die

Regulation der betroffenen Zelle haben.

2.3.3 Transkription, Translation und Assemblierung

Die LTR-Sequenzen kodieren zwar für keine viralen Proteine, sind aber wichtig für

einige Stationen im retroviralen Replikationszyklus, wie Integration des Provirus in

die DNA der Zielzelle, sowie Initiation und Termination der Transkription. Die

Transkription beginnt erst wenn das Provirus in das Genom des Wirtes inseriert ist.

Das zelleigene Enzym RNA-Polymerase II synthetisiert die virale RNA. Die

Transkription startet an der 5’-R-Region und endet im 3’-LTR am Ende der dort

gelegenen R-Sequenz. Den regulatorischen Sequenzen in der U3-Region, Promotor-

und Enhancer-Elementen, wird eine besondere Bedeutung zugeschrieben, da diese

die Genexpression durch Rekrutierung zelleigener Transkriptionsfaktoren

beeinflussen. Das Vorhandensein dieser Transkriptionsfaktoren in bestimmten

Zelltypen oder bestimmten Differenzierungsstadien von Zellen könnte somit

Auswirkungen auf das Transkriptionsniveau spezifischer MuLVs haben.

Bei der Transkription wird gespleißte und ungespleißte RNA synthetisiert. Das

ungespleißte, genomische RNA-Transkript wird entweder über das Verpackungs-

signal Ψ in das Viruspartikel inseriert (Mann et al., 1983; Mann and Baltimore, 1985)

oder es werden von diesem die Gag- bzw. Gag-Pol-Polyproteine translatiert. Die

Initiation der Translation des Gag-Polyproteins (pr65Gag) erfolgt kappenunabhängig

an einer stromaufwärts vom AUG gelegenen IRES (Berlioz and Darlix, 1995). Die

kappenabhängige Translation startet an einem konservierten CUG stromaufwärts

vom Gag-Initiations-Kodon und führt zu einem aminoterminal verlängerten Gag-

Protein, dem glykoGag (pr75Gag) (Corbin et al., 1994). Dieses hat einen

modifizierten aminoterminalen Bereich, wird im endoplasmatischen Retikulum

glykosyliert (pr85glykoGag) und von einer zellulären Protease in zwei Hälften

Einleitung 13

gespalten. Die C-terminale Hälfte wird sekretiert, während der N-terminale Bereich in

der Plasmamembran lokalisiert bleibt. Beim N-terminalen, glykosylierten Teil handelt

es sich um ein Typ II Membranprotein (Ncyto, Cexo), d.h. der N-Terminus ist in der

Plasmamembran verankert und der C-Terminus ragt in den extrazellulären Raum

(Fujisawa et al., 1997). Möglicherweise interagiert glykoGag mit den Rezeptoren auf

Nachbarzellen und verstärkt so die Virusausbreitung von Zelle zu Zelle. Die

Translation des Gag-Pol-Polyproteins erfolgt durch Suppression eines Stop-Kodons.

Das Env-Polyprotein wird durch spleißen erzeugt. Der Spleiß-Donor ist im Leader-

Bereich lokalisiert, der Spleiß-Akzeptor liegt stromaufwärts von den env-Sequenzen.

Im endoplasmatischen Retikulum oligomerisiert das Vorläuferprotein zu Trimeren,

wird dann glykosyliert und das Signalpeptid entfernt. Im Golgi-Apparat wird das

Glykoprotein von einer zellulären Protease in das glykosylierte SU- und das nicht-

glykosylierte TM-Protein gespalten. Diese werden dann zur Plasmamembran

transportiert.

Der virale Kapsid-Komplex formt sich aus den dimerisierten RNA-Molekülen und den

Gag- und Gag-Pol-Polyprotein an der Zytoplasmamembran. Während des

Ausknospens erhält das Viruspartikel seine Doppelmembran mit den Env-Proteinen.

Die virale Protease prozessiert die Gag- und Gag-Pol-Polyproteine während und

nach der Virusfreisetzung. Wenn eine Zelle mit verschiedenen MuLVs infiziert ist,

können RNA-Moleküle von einem Virus, die Hüllproteine aber von einem anderen

Virus stammen. Dieser Vorgang wird als Pseudotypisierung bezeichnet.

2.4 Pathogenität muriner Leukämieviren

Retroviren induzieren sowohl in der freien Wildbahn als auch unter

Laborbedingungen eine Vielzahl von Erkrankungen. Dazu gehören Neoplasien,

Entzündungen, Immundefizienzsyndrome sowie degenerative Auswirkungen. Dabei

sind meistens das lymphohämatopoetische und/oder das Nervensystem betroffen.

Es können aber auch andere Organe und Gewebe beteiligt sein. Neben den viralen

Parametern, entscheidet der genetische Hintergrund der verwendeten Mäuse

darüber, welche Krankheitssymptome sich nach einer Virusinfektion manifestieren

können oder ob sich überhaupt eine chronische Infektion etablieren kann.

Einleitung 14

Die Resistenz gegenüber einer Infektion mit bestimmten Viren wird durch Wirtsgene

vermittelt, die auf unterschiedliche Weise in den retroviralen Entwicklungszyklus

eingreifen. Eine Möglichkeit ist die Modulation der Immunantwort. Es gibt Gene,

innerhalb und außerhalb der MHC-Region, die die Immunreaktion gegenüber einer

MuLV Infektion regulieren können. Eine weitere Möglichkeit eine Virusinfektion zu

verhindern, ist der Polymorphismus von bestimmten Rezeptorgenen in den

verschiedenen Spezies. Einige Mausstämme, die eine funktionelle Variante eines

bestimmten Rezeptors exprimieren, können nicht durch Viren infiziert werden, die

diesen modifizierten Rezeptor nicht binden können. Andere Rezeptor-vermittelte

Resistenzen basieren auf einem Interferenz-Mechanismus. Endogene env-

Sequenzen im Mausgenom können z.B. für ein Env-Protein kodieren, welches dann

an einen bestimmten, auf der Zellmembran lokalisierten, Rezeptor bindet. Der

Rezeptor ist dadurch blockiert und kann nicht mehr von einem bestimmten MuLV für

den Zelleintritt benutzt werden. Das Fv4-Gen kodiert für ein ökotropes Env-

Glykoprotein, welches die Bindung von exogenen, ökotropen Viren an ihren Rezeptor

inhibiert (Ikeda et al., 1985; Taylor et al., 2001). Analog dazu verhindert das

Genprodukt des Rmcf-Lokus die Bindung von polytropen MuLVs an den

entsprechenden Rezeptor (Jung et al., 2002; Ruscetti et al., 1981). Das Fv1-Gen

kodiert für ein Protein, welches dem viralen Kapsidprotein ähnelt, und wahrscheinlich

durch eine direkte Bindung an das virale Protein einen Präintegrationsblock

verursacht (Best et al., 1996; Bishop et al., 2001).

Es gibt aber auch Gene, die einen Mausstamm besonders sensitiv gegenüber der

Transformation durch bestimmte Viren machen. Das Fv2-Gen kodiert für eine

verkürzte Form der Stk Rezeptor-Tyrosinkinase, die wahrscheinlich mit dem

gp55/EpoR-Komplex assoziiert ist. Dies führt zu einer erhöhten Empfänglichkeit

gegenüber der Induktion von Erythroleukämien durch den Friend-Viruskomplex (FV-

Komplex) führt (Persons et al., 1999). Ein weiteres Gen Cdc25A, welches in der

Nähe von Fv2 lokalisiert ist, beeinflusst den Status des Zellzyklus von erythroiden

Vorläuferzellen und moduliert ebenfalls die Sensitivität der Tiere gegenüber einer FV-

Infektion, da dieser FV-Komplex keine ruhenden Zellen infizieren kann (Melkun et al.,

2002).

Die in den Mäusen induzierten Neoplasien lassen sich aufgrund der

Inkubationsphase grob in zwei Gruppen einteilen. Einige MuLVs induzieren nach

einer kurzen Latenzzeit akute Krankheitssymptome, während andere erst nach einer

Einleitung 15

langen Inkubationszeit klinische Symptome induzieren. Murine Leukämieviren

können auch zu chronischen Infektionen ohne die Entwicklung von Krankheits-

symptomen führen.

2.4.1 Replikationsinkompetente Retroviren

Bei diesen Retroviren handelt es sich um akut transformierende Viren, die nach einer

kurzen Latenzzeit maligne Erkrankungen induzieren. Diese Viren haben auf Kosten

eigener Sequenzen im gag- oder env-Bereich ein zelluläres Onkogen erworben und

sind deshalb meistens replikationsinkompetent. Sie benötigen für die Replikation ein

sogenanntes Helfer-Virus, das in derselben Zelle repliziert. Diese Viren spielen in der

Natur keine große Rolle, da die Erwerbung eines Onkogens zum einen sehr selten

vorkommt und zum anderen eine horizontale Ausbreitung sich durch die letalen

Auswirkungen einer Infektion in Grenzen hält. Auf der anderen Seite stellen sie für

die Erforschung der Zelltransformation ein wichtiges Hilfsmittel dar. Das virale

Onkogen (v-onc) ist meistens im gleichen Leseraster mit den anderen viralen Genen

inseriert, so dass bei der Translation Fusionsproteine entstehen. Der dominierende

Effekt der v-onc Gene basiert auf drei Eigenschaften. Das erworbene Onkogen

vermittelt den infizierten Zellen einen Selektionsvorteil. Durch die hohe Mutationsrate

in den Retroviren kann das onkogene Potential dieses Gens noch erhöht werden.

Zweitens kann v-onc mit Hilfe des Virus in Zellen eingebracht werden, in denen es

normalerweise nicht exprimiert wird oder die nicht die nötigen Faktoren besitzen, um

die Expression des Onkogens zu regulieren. Drittens sorgen die starken Promoter-

und Enhancer-Elemente im LTR für eine starke Expression in der infizierten Zelle.

Die von murinen Retroviren erworbenen v-onc Gene werden nach der Funktion des

zellulären Proto-Onkogens (c-onc) in verschiedene Klassen aufgeteilt (s.Tab. 3).

Einleitung 16

Tab. 3: Erworbene Onkogene und exemplarische Retrovirusvertreter (Coffin et al., 1997)

c-onc Funktion Onkogen Virus Art der Expression Tumor

Protein-Tyrosin-

Kinase abl Abelson-MuLV gag-abl-Fusion B-Zell-Lymphom

G-Protein Ha-ras Harvey-MSV

MHSVv-ras Sarkome, Erythroleukämien

maligne HistiozytoseSerin-Threonin-

Kinase mos Moloney-MSV env-mos-Fusion Fibrosarkom

Transkriptionsfaktor fos FBJ-MSV v-fos Osteosarkom

MSV: Maus-Sarkom-Virus; MHSV: Malignes-Histiozytose-Sarkom-Virus

Das Myeloproliferative-Sarkom Virus (MPSV) und das Moloney-Maus-Sarkom-Virus

(M-MSV) tragen beide das v-mos Onkogen. Während das MPSV in Mäusen eine

myeloproliferative Erkrankung und Fibrosarkome induziert, verursacht das M-MSV

ausschließlich Fibrosarkome. Dieser Unterschied in der Tumorspezifität wird nur

durch die Herkunft der LTR-Sequenzen bestimmt (Stocking et al., 1985). Darüber

hinaus ist jedes mos-Gen, unabhängig ob viralen oder zellulären Ursprungs, in der

Lage eine Myeloproliferation zu induzieren, wenn es im Kontext mit den richtigen

LTR-Sequenzen exprimiert wird. Auch für das v-ras tragende Maligne-Histiozytose-

Sarkom-Virus (MHSV) konnte gezeigt werden, dass dessen Fähigkeit in adulten

Mäusen Makrophagen zu transformieren durch seine LTR-Sequenzen bestimmt wird

(Friel et al., 1990; Franz et al., 1985; Löhler et al., 1987).

Das replikationsinkompetente Milzfokus-formende-Virus (SFFV, „Spleen-Focus-

Forming-Virus“) wirkt durch sein Env-Glykoprotein (gp55) ebenfalls akut

transformierend auf infizierte Zellen. Das deletierte, rekombinierte gp55 bindet an

den Erythropoetin-Rezeptor und stimuliert auf diese Weise die Proliferation

erythroider Vorläuferzellen, was zur Induktion einer Erythroleukämie führt (Li et al.,

1990; Li et al., 1995). Das SFFV bildet mit dem Friend-MuLV als Helfervirus den

sogenannten Friend-Viruskomplex (Ostertag et al., 1987).

Einleitung 17

2.4.2 Replikationskompetente Retroviren

Im Gegensatz zu den akut transformierenden Retroviren benötigen die

replikationskompetenten MuLVs kein virales Onkogen, um proliferative Erkrankungen

zu induzieren. Die Inkubationszeiten der verschiedenen Viren variiert sehr stark, von

einem Monat bis zu einem dreiviertel Jahr. Es treten vor allem Beeinträchtigungen

des hämatopoetischen Systems, der Knochen und des Zentralnervensystems auf.

Die Art der induzierten Krankheit hängt vom Virus, dem Infektionszeitpunkt, dem

Infektionsort und dem genetischen Hintergrund des Mausstammes ab (s. Tab. 4).

Rezeptorspezifität Virus induzierte Neoplasie

ökotrop Moloney-MuLV T-Zell-Leukämie

Friend-MuLV Erythroleukämie

Graffi-MuLV myeloische Leukämie

Gross-MuLV T-Zell-Leukämie

AKR-SL3-3-MuLV T-Zell-Leukämie

Cas-Br-E-MuLV myeloische Leukämie

nicht T-, nicht B-Zell-Leukämie

polytrop Moloney-MCF T-Zell-Leukämie

MCF-247-MuLV T-Zell-Leukämie

amphotrop 4070A myeloische Leukämie

nicht T-, nicht B-Zell-Leukämie

B-Zell-Leukämie

10A1 10A1-MuLV Stammzell-Leukämie

Tab. 4: Von replikationskompetenten MuLVs induzierte Leukämieformen, mit exemplarischen

Vertretern (Kozak and Ruscetti, 1992; Ostertag et al., 1980; Ott et al., 1994; Rasheed et al., 1982)

Die Entwicklung einer Neoplasie kann in eine präleukämische und eine leukämische

Phase eingeteilt werden. Nach der Infektion kann eine allgemeine Zellvermehrung

(Hyperplasie) in den lymphatischen Organen beobachtet werden, deren Integrität

aber erhalten bleiben (Fan, 1994). Dieser vermehrten Proliferation liegt

wahrscheinlich ein virusinduzierter Zytokin-Stimulus zugrunde (Brightman et al.,

1990). Die leukämische Phase zeichnet sich vor allem durch das klonale

Auswachsen einer transformierten Zelle aus. Die Deregulation von zelleigenen

Genen hat der Zelle einen Selektionsvorteil verschafft.

Einleitung 18

Die Maus ist zwar ein gutes Modell für Krebserkrankungen, aber es existieren auch

deutliche Unterschiede in der Entwicklung neoplastischer Erkrankungen des

lymphohämatopoetischen Systems zwischen Mensch und Maus. Der wichtigste

Unterschied betrifft den Ursprung der Neoplasien. Leukämien des Menschen

entstehen primär im Knochenmark, von wo aus die Ausschwemmung von

Tumorzellen in die Blutzirkulation erfolgt, was dann in seltenen Fällen zur

Tumorbildung in anderen Organen führen kann. In einigen Mausinzuchtstämmen

kann es spontan zur Entstehung von primär manifestierten Leukämien kommen, was

allerdings sehr selten beobachtet wird. Bei murinen Neoplasien, vor allem in

experimentell induzierten, treten dagegen häufiger solide Tumore im blutbildenden

System auf, wobei besonders die Milz (weiße und rote Pulpa), die Lymphknoten und

nur selten das Knochenmark betroffen sind. Bei Progression dieser soliden,

hämatopoetischen Tumore kommt es in ca. 30 % der Tiere zu einer sekundären

Ausschwemmung von Tumorzellen und der Entwicklung einer Leukämie. Diesen

unterschiedlichen Prozessen liegen wahrscheinlich die fundamentalen Unterschiede

im blutbildenden System der beiden Spezies zugrunde. Während die rote Milzpulpa

des erwachsenen Menschen nur zur Resorption beschädigter Erythrozyten dient, ist

diese in der adulten Maus immer noch ein hämatopoetisch wichtiges Gebilde. Das

Knochenmark einer ausgewachsenen Maus ist fast vollständig für die Hämatopoese

zuständig, während diese beim adulten Menschen nur noch in bestimmten, flachen

Knochenstrukturen stattfindet (z.B. Schädel, Wirbelkörper, Becken und Sternum). Die

aus der Maus gewonnenen Erkenntnisse können also nur bedingt auf den Menschen

übertragen werden, sind aber für die Erforschung von Mechanismen, die zu

Neoplasien führen sehr hilfreich, weil sich die Krebsentwicklung in den beiden

Spezies auf molekularer Ebene nur wenig unterscheidet.

Einleitung 19

2.5 Verschiedene Faktoren beeinflussen den Typ der induzierten Krankheit

Die Latenzzeit und die Art einer MuLV-induzierten Leukämie wird von mehreren

Faktoren beeinflusst:

1. viralen Determinanten

2. Generation von rekombinierten Viren

3. Aktivierung von Genen durch Provirusintegrationen

4. Mausstamm

2.5.1 Virale Determinanten: LTR- und env-Sequenzen

Die Enhancer-Elemente im LTR liegen meistens als zwei identische Kopien („Direct

Repeats“) vor und enthalten die Bindungsstellen für bestimmte Transkriptions-

faktoren, die in einer speziellen Reihenfolge und in einem bestimmten Abstand

zueinander angeordnet sind (DiFronzo and Holland, 1999; Fan et al., 1988; Golemis

et al., 1990). Die Anzahl und die Vollständigkeit dieser Direct Repeats beeinflusst die

Pathogenität eines MuLVs (Baum et al., 1997; Hanecak et al., 1988; Manley et al.,

1993; Speck et al., 1990; Wang et al., 1993). Im Allgemeinen haben Retroviren, die

nur eine Kopie der Enhancer-Elemente besitzen, die dann auch noch Mutationen in

einigen Bindungsstellen aufweisen kann (z.B. 10A1-, 4070A- und Friend-SFFV), eine

lange Latenzzeit. Hochpathogene Viren zeigen dagegen eine Tandem-Anordnung

der Enhancer-Elemente und haben eine kurze Inkubationszeit (DesGrosseilliers and

Jolicoeur, 1984; Holland et al., 1989). Das Mo-MuLV besitzt diese Tandem-

Anordnung in seinen LTR-Sequenzen und induziert T-Zell-Lymphome, während das

Friend-MuLV nur ein unvollständiges Enhancer-Element aufweist und ausschließlich

Erythroleukämien verursacht. Das Mo-MuLV induziert nach Einführung der Friend

Enhancer-Elemente vorwiegend Erythroleukämien anstatt T-Zell-Leukämien,

während das Friend-MuLV mit einem Moloney-LTR überwiegend T-Zell-Lymphome

anstatt Erythroleukämien verursacht (Chatis et al., 1983; Golemis et al., 1989).

Die Env-Proteine könnten durch ihre spezifische Rezeptorerkennung einen Einfluss

auf die infizierbaren Zellpopulationen haben und stellen möglicherweise einen

wichtigen Parameter für die Pathogenität eines MuLVs dar. Die Phosphatsymporter

Einleitung 20

Pit1 und Pit2 werden in fast allen Geweben exprimiert, wobei aber das Pit2

Expressionslevel im allgemeinen niedriger ist als das von Pit1 (Nielsen et al., 2001).

Dabei bestimmt die Menge an exprimiertem Rezeptor auf der Oberfläche bestimmter

Zellen über deren Empfänglichkeit gegenüber einer Virusinfektion (Tailor et al.,

2000). Pit1 wird vor allem im Knochenmark und auf hämatopoetischen Zellen

exprimiert (Kavanaugh et al., 1994). Der Austausch der env-Sequenzen eines Virus

hat gezeigt, dass deren Herkunft Auswirkungen auf die Art der induzierten Neoplasie

hatte (Ott et al., 1992). Darüber hinaus kann das nicht neuropathogene Moloney-

MuLV durch amphotrope env-Sequenzen in die Lage versetzt werden, das

Zentralnervensystem von infizierten Mäusen zu schädigen (Münk et al., 1997).

2.5.2 Generation von rekombinanten Viren

Durch die Rekombination von exogenen, ökotropen Viren mit endogenen Sequenzen

im Mausgenom entstehen MCF-Viren (Hartley et al., 1977). Da die chimären MCF-

Viren durch ihren rekombinierten Rezeptorerkennungsbereich in der Lage sind

andere Rezeptoren für den Eintritt in die Wirtszelle zu nutzen als das exogene Virus,

ist eine Superinfektion der Zellen möglich, was die Ausbreitung der Infektion

beschleunigt (Lavignon and Evans, 1996). Das ökotrope Friend-MuLV kann in

infizierten Mäusen nach einer kurzen Latenzzeit Erythroleukämien induzieren.

Mausstämme, die das Rmcf-1-Gen exprimieren, sind resistent gegenüber einer

Friend-MuLV Infektion. Da ihr Rezeptor blockiert ist, können die Zellen nicht durch

die nach der Infektion entstandenen Friend-MCF-Viren überinfiziert werden (Ruscetti

et al., 1981).

Die Superinfektion von infizierten Zellen durch MCF-Viren scheint also für die

Etablierung einer Krankheit wichtig zu sein. Eine Überinfektion führt zu weiteren

Provirusintegrationen, was die Wahrscheinlichkeit von zusätzlichen Genakti-

vierungen, die für eine vollständige Transformation der infizierten Zelle notwendig

sind, erhöht. Möglicherweise ermöglichen MCF-Viren eine Superinfektion durch

Pseudotypisierung, d.h. ökotrope genomische RNA wird in Viruspartikel mit

polytropen Hüllproteinen verpackt. Rekombinationen im LTR-Bereich von MCF-Viren

erhöhen deren Transkription in Thymozyten, was ebenfalls dafür spricht, dass diese

Rekombinanten einen wichtigen Beitrag zur Tumorentstehung leisten können

(Holland et al., 1989).

Einleitung 21

Die in der präleukämischen Phase beobachtete Hyperplasie von Moloney-MuLV

infizierten Mäusen wurde mit dem Auftreten von MCF-Viren in Zusammenhang

gebracht (Brightman et al., 1991). Es konnte gezeigt werden, dass das polytrope

Env-Protein (gp70) in der Lage ist, den zellulären Interleukin-2-Rezeptor zu binden

(Li and Baltimore, 1991). Diese Art der Interaktion ist vom SFFV gp55 bekannt, das

an den Erythropoetin-Rezeptor (EpoR) bindet. Diese Interaktion auf der

Zelloberfläche könnte einen Stimulus für die Proliferation der infizierten Zellen

induzieren (Fan, 1994; Li and Baltimore, 1991; Li et al., 1995).

Einen völlig anderen Einfluss von MCF-Viren schlagen (Yoshimura et al., 2001) vor.

Sie vermuten, dass die Bindung von gp70 an den zellulären Rezeptor keine

Proliferation, sondern Apoptose induziert. Weitere Integrationsereignisse durch

Superinfektion könnten dann eine Zelle aus der apoptotischen Krise retten. In wie

weit MCF-Viren für die Induktion einer T-Zell-Leukämie notwendig sind, kann nicht

beantwortet werden. Ratten besitzen zum Beispiel keine endogenen Sequenzen, die

zur Generierung von MCF-Viren beitragen könnten, trotzdem entwickeln diese Tiere

nach einer MuLV Infektion eine T-Zell-Leukämie.

2.5.3 Aktivierung von Genen durch Provirusintegrationen

Retrovirale Integrationen können durch verschiedene Mechanismen zur Aktivierung

von zellulären Genen beitragen (Coffin et al., 1997).

1. Promoter-Insertion: Die Aktivierung der zellulären Gene erfolgt über die viralen

Promoter im LTR. Diese Art der Genaktivierung wird vor allem in ALV

induzierten Tumoren beobachtet.

2. Enhancer-Insertion: Die Enhancer-Sequenzen des integrierten Provirus

erhöhen die Expression des zellulären Gens. Diese Aktivierung ist unabhängig

von der Orientierung des integrierten Virus. Darüber hinaus hat der

Integrationsort des Virus, 5’ oder 3’ vom Gen, keinen Einfluss auf die

Aktivierung. Dieser Mechanismus wird sehr häufig in MuLV induzierten

Tumoren beobachtet.

Einleitung 22

3. Fusionstranskripte: Die Integration eines Provirus in derselben

Transkriptionsrichtung wie die des zellulären Gens kann nach Veränderungen

im viralen 3’-LTR zur Bildung von Fusionstranskripten führen. Das Gen kann

durch die Bildung eines Fusionsproteins onkogenes Potential entwickeln.

4. Insertion in UTR-Regionen: Provirusintegrationen in 5’ oder 3’ gelegenen

untranslatierten, regulativen Sequenzen können diese zerstören, was zu einer

Deregulation des dazugehörigen Gens führt, so dass dieses ein onkogenes

Potential erwirbt.

Die Charakterisierung dieser Integrationsstellen hat zur Entdeckung von zahlreichen

Onkogenen geführt, die auch in der humanen Tumorentwicklung eine wichtige Rolle

spielen (Lund et al., 2002; Mikkers et al., 2002; Suzuki et al., 2002).

2.5.3.1 Aktivierte Onkogene in T-Zell-Leukämien

In 35-50 % der MuLV induzierten T-Zell-Lymphome ist eine provirale Integration in

das N-myc Gen zu beobachten gewesen (van Lohuizen et al., 1989). Wenn die

Insertion in einem kleinen Segment innerhalb des 3’ untranslatierten Bereichs (3’-

UTR) stattfindet, kommt es zur verstärkten Transkription einer verkürzten mRNA. Der

erhöhte Expressionslevel des N-myc Proteins führt zu einem fast vollständigen

Verschwinden des c-myc Genprodukts, so dass N-myc wahrscheinlich als

Suppressor für andere Mitglieder der myc-Familie fungiert (van Lohuizen et al.,

1989).

Das Pim-1 Gen kodiert für eine zytoplasmatische Serin-Threonin-Kinase, deren Rolle

in der Signaltransduktion noch nicht geklärt ist. Eine Aktivierung dieses Gens wurde

in 50 % der T-Zell-Leukämien beobachtet. Die Integration der Proviren erfolgt vor

allem in der 3’-UTR, seltener auch in der 5’-UTR, wobei es zu einer Akkumulation

von Wildtyp mRNA und Protein kommt, was eine stark transformierende Wirkung auf

die Zelle ausübt (Cuypers et al., 1984). In transgenen c-myc Mäusen konnte eine

Kooperation von c-myc und Pim-1 während der Onkogenese beobachtet und darüber

hinaus festgestellt werden, dass eine Integration in den Pim-2 Lokus die Integration

in Pim-1 ersetzen kann (van Lohuizen et al., 1991). Die hohe Aminosäuresequenz-

Homologie der beiden Proteine spricht auch für eine funktionelle Redundanz.

Einleitung 23

Eine Aktivierung des c-myc-Gens wird sehr häufig in T-Zell- und B-Zell-Lymphomen

beobachtet (Corcoran et al., 1984; Stanton et al., 1983). Die Rolle von c-myc in der

murinen und humanen Onkogenese ist unumstritten und es stellt eines der

bestuntersuchten Onkogene dar. Das Genprodukt von c-myc ist ein

Transkriptionsfaktor und wird vor allem während der Differenzierung von Zellen

exprimiert, die sich in einer bestimmten Phase des Zellzyklus befinden (Hann et al.,

1985; Kelly et al., 1983; Rabbitts et al., 1985). Die Expression dieses Proteins

unterliegt einer strengen Kontrolle. Darüber hinaus wird Myc durch die Bindung an

ein anderes Protein namens Max reguliert (Blackwood and Eisenmann, 1991;

Prendergast et al., 1991). Dieser Myc-Max-Kompex erhöht den Transkriptionslevel

von bestimmten Genen. Da Max in großer Menge in der Zelle vorkommt, kann eine

Myc Überexpression durch das virale LTR die Transformation einer infizierten Zelle

induzieren (Amati et al., 1993). In murinen Plasmazytomen und in humanen Burkitt

Lymphomen kann häufig eine Chromosomentranslokation beobachtet werden, die

das c-myc Gen unter die Kontrolle des Enhancers aus dem Immunoglobulingen-

Lokus stellt (Stanton et al., 1983). Dabei geht das erste Exon verloren, welches zwar

untranslatiert ist, aber wahrscheinlich regulatorische Sequenzen enthält. Die

Transkription startet an alternativen Stellen im ersten Intron. In MuLV induzierten T-

und B-Zell-Lymphomen kann eine Anhäufung von Provirusintegrationen 5’ von c-myc

beobachtet werden. Die Aktivierung erfolgt zum einen über die viralen Enhancer und

zum anderen eventuell über die Zerstörung von Suppressor-Bindungsstellen in

diesem Bereich (Corcoran et al., 1984).

Weitaus seltener konnte die Aktivierung von anderen Loci wie Vin-1 und Fis-1 in

MuLV induzierten T-Zell-Lymphomen beobachtet werden (Jonkers and Berns, 1996).

Vin-1 kodiert für Cyclin D2, welches zur großen Familie der Cyclin D Gene gehört,

die für den Übergang von der G1- zur S-Phase während des Zellzyklus mit

verantwortlich sind. Integrationen in Fis-1 scheinen die Expression von Cyclin D1 zu

beeinflussen. Diese Aktivierung scheint funktionell analog zu der in humanen B-

Zellen beobachteten BCL-1 Translokation zu sein, da diese auch zu einer erhöhten

Cyclin D1 Expression führt. Cyclin D1 transgene Mäuse haben gezeigt, dass eine

konstitutive Cyclin D1 Expression Lymphome induzieren kann und eine Kollaboration

mit c-myc vorliegt.

Einleitung 24

2.5.3.2 Aktivierte Onkogene in Erythroleukämien

Neben der oben schon erwähnten Aktivierung des EpoR durch das SFFV Env-

Protein gp55, kann dieser auch durch Provirusintegrationen aktiviert werden, was in

durch den Friend-Viruskomplex induzierten Erythroleukämien häufig zu beobachten

ist. Allerdings ist EpoR nicht das einzige Onkogen, dass in Erythroleukämien

involviert ist. Die meisten Tumore zeigen eine Aktivierung von Transkriptionsfaktoren

der ets-Familie. In SFFV induzierten Erythroleukämien weisen 95 % der Tumore eine

Insertion in dem stromaufwärts des Spi-1/PU.1 Gens gelegenen Bereichs auf. Das

Provirus integrierte dabei in 3’-5’ Orientierung, was wahrscheinlich zu einer

Aktivierung des Gens über die im 5’-LTR lokalisierten Enhancer-Regionen des Virus

geführt hatte (Moreau-Gachelin et al., 1989). Diese Provirus induzierte, anomale

Expression des Spi-1/PU.1 Proteins in erythroblastischen Vorläuferzellen führt zu

einem Block in der Differenzierung und zur Induktion einer Erythroleukämie. Spi-

1/PU.1 scheint darüber hinaus noch eine wichtige Schlüsselfunktion bei der

Differenzierung anderer Zellkompartimente einzunehmen. Ein hoher Spi-1/PU.1

Level induziert die Entwicklung von Makrophagen, ein niedriger Level hingegen die

Entwicklung von B-Zellen (DeKoter and Singh, 2000).

In 75-90 % der Friend-MuLV induzierten Tumore konnte eine Provirusintegration in

den Fli-1 Gen-Lokus beobachtet werden. Die Integrationen erfolgten dabei immer im

ersten Exon des Fli-1 Gens, wobei alle Proviren in 5’-3’ Orientierung, also in der

gleichen transkriptionellen Orientierung wie das Gen vorlagen (Ben-David et al.,

1991). Auch in 10A1-induzierten Tumoren wurde eine Insertion in den Fli-1 Lokus

beobachtet, wobei die Aktivierung des Gens durch Promoterinsertion erfolgte, da

eine 10A1/Fli-1-Fusions mRNA nachgewiesen wurde (Ott et al., 1994). In der Cap-

Struktur der Fli-1 mRNA wurden Bindungsstellen für die Transkriptionsfaktoren

Spi-1/PU.1 und GATA-1 nachgewiesen, so dass es sich um positive Regulatoren für

die Fli-1 Expression handeln könnte (Barbeau et al., 1999). Ein hoher GATA-1

Expressionslevel führt zu einer Differenzierung von Vorläuferzellen in die erythroide

Richtung. Ein hoher PU.1 Level zur Differenzierung in die myeloide Richtung. Die

beiden Proteine wirken also als antagonistische Regulatoren bei der Differenzierung

von Zellen (Orkin, 2000).

Einleitung 25

3. Fragestellung dieser Arbeit

Murine Leukämieviren (MuLV) induzieren in infizierten Mäusen verschiedene

Leukämieformen. In dieser Arbeit sollte untersucht werden, welche Bereiche im

Genom eines murinen Leukämievirus eine Determinante für dessen

Krankheitsspezifität darstellen. Das Moloney-Virus induziert vorwiegend T-Zell-

Leukämien, während das 10A1-Virus zur Entwicklung eine myeloblastischen

Leukämieform führt. Diese beiden MuLVs wurden daher als Basis für die

hergestellten chimären Retroviren benutzt. Bei den chimären Viruskonstrukten

wurden bestimmte Bereiche durch Sequenzen aus dem anderen MuLV ersetzt.

Diese sollten dann im NIH/Ola-Mausmodell getestet werden. Durch Analyse der

erkrankten Mäuse sollte der durch ein chimäres Virus induzierte Phänotyp

charakterisiert werden. Darüber hinaus sollten die induzierten Tumore auf

Provirusintegrationen in bekannten Onkogenen getestet werden. Die auf diese Weise

entdeckten Gen-Bereiche könnten zu einem größeren Verständnis für die

Entstehung von Krebserkrankungen betragen. Die viralen Determinanten, die die

Krankheitsspezifität beeinflussen konnten, sollten dann weiter untersucht werden, um

herauszufinden worin dieser Einfluss begründet sein könnte.

Material 26

4. Material

4.1 Chemikalien und Enzyme

Die verwendeten Enzyme wurden von den Firmen MBI Fermentas, Gibco BRL Life

Technologies und New England Biolabs bezogen. Die benutzten Chemikalien

stammen von den Firmen: Biochrom, Biomol, Difco-Laboratories, Geneo Bioproducts

GmbH, Merck, neoLab, Pharmacia, Roche, Serva, Sigma, Stratagene, Qiagen. Die

verwendeten Enzyme wie Restriktionsendonukleasen, Ligasen, Phosphatasen und

Polymerasen wurden gemäß der Herstellerangaben eingesetzt. Es wurden die

üblichen Standardqualitäten verwendet. Die α-[32P] markierten Radionukleotide

wurden von der Firma Hartmann Analytic bezogen.

4.2 Bakterienstämme

Für die Transformation und Amplifikation der hier verwendeten Plasmide wurden

folgende Escherichia coli Laborstämme verwendet:

XL-1 Blue Blau/Weiß-Selektion Stratagene

XL-10 Gold ultrakompetent, Blau/Weiß-Selektion Stratagene

CMK 603 Derivat des Stammes 600 (Appleyard, 1954)

Die Herstellung kompetenter Bakterien, deren Lagerung, Transformation und

anschließende Expansion erfolgte nach den allgemein üblichen Protokollen (Ausubel

et al., 2001; Sambrook et al., 1989).

4.3 Zelllinie

SC-1 ATCC Nr. CRL-1404: diese murine Fibroblastenzelllinie eignet

sich besonders für die Produktion von replikationskompetenten

murinen Leukämie Viren MuLVs; (Hartley and Rowe, 1975)

Material 27

4.4 Medien

4.4.1 Bakterienkulturmedien

Luria-Bertani (LB)-Medium, pH 7,4:

1 %0,5 %

5 %

(w/v)(w/v)(w/v)

Bacto-Trypton, Difco Hefeextrakt, Difco NaCl

LB-Agarplatte: LB-Medium + 1,5 % (w/v) Bacto-Agar, Difco

Medien für Flüssigkulturen und Agarplatten wurden 20 min bei 121°C autoklaviert.

Alle Zusätze, die nicht hitzestabil sind, wurden nach dem Abkühlen der Medien auf

ca. 40-50°C zugegeben. Für die Selektion transformierter Bakterien wurden die

abgekühlten Medien mit Ampicillin (Endkonzentration 100 ng/ml) versetzt.

4.4.2 Zellkulturmedien

Die Zellkulturmedien wurden mit fötalem Kälberserum (FCS, Sigma) versetzt. Zur

Inaktivierung der im Serum enthaltenen Komponenten des Komplementsystems

wurde dieses 30 min bei 56°C erwärmt.

Roswell Park Memorial Institute 1640 Medium (RPMI) von Gibco wurde für die

Organaufarbeitung supplementiert mit:

5 % FCS 2 % Penicillin/Streptomycin

0,005 % β-Mercaptoethanol

Minimal Essential Medium (MEM) von Sigma wurde für die Anzucht von SC-1 Zellen

supplementiert mit

10 % FCS 4 mM Glutamin 1 mM Natriumpyruvat

1 % Penicillin/Streptomycin

Material 28

4.5 Verwendeter Mausstamm

Für die intraperitoneale Infektion neonataler Mäuse mit replikationskompetenten

MuLVs wurde der Stamm Mus musculus NIH/OlaHsd (Jackson Laboratory, Bar

Harbor, USA) verwendet.

4.6 Klonierte retrovirale Proviren

Die in dieser Arbeit verwendeten proviralen Genome wurden in den Vektor pUC18

kloniert. Die Plasmide kodieren für replikationskompetente murine Leukämieviren.

Tab. 5: Dargestellt sind die Namen der im Plasmid enthaltenen Proviren, die laborinterne

Bezeichnung, der Virusklon und die dazugehörigen Referenzen.

Virus interne Nomenklatur Klon Referenz Moloney-MuLV R686 mov3 (Harbers et al., 1981) 10A1-MuLV R862 RRI (Ott et al., 1990) 4070A #434 4070A (Ott et al., 1990) SFFV-MCF #72 (Linemeyer et al., 1980)

4.7 Oligonukleotide Tab. 6: Oligonukleotide, deren Sequenz und ihr Verwendungszweck sind zusammengefasst

dargestellt (for: forward; rev: reverse).

Name Sequenz 5’→ 3’

Verwendung

MR6 (for) CGG AAT TCT TGT TGA GAA GG Amplifizierung Fli-1 Sonde MR7 (rev) GCT CAA AGC GAA TTC TGG GT Amplifizierung Fli-1 Sonde MR8 (for) CCC TAA GCC TCC GCC TCC Screening 10A1V-Mogag MR9 (rev) CCG GTC AGC AGA GTC CCC Screening 10A1V-Mogag MR14 (for) GCC CCC TCA ATA CCA GTT AC Screening 10A1-4070Aenv MR15 (rev) CAC ATT GTT CCG GCG GGT G Screening 10A1-4070Aenv A1 (for) CCG TAT GTC GGG TAT GGC TG Amplifizierung 4070Aenv

A2 (rev) GAC ACT TGG ACT TGT AG Amplifizierung 4070Aenv aus R654

Material 29

Alle in dieser Arbeit verwendeten Oligonukleotide wurden von der Firma Invitrogen

(Karlsruhe) hergestellt.

4.8 Größenstandards und Ladepuffer

4.8.1 λ-DNA/HindIII Marker für Southern Blot Analysen

Zur Herstellung dieses Größenstandards werden 2µg λ-DNA mit 20 U HindIII in

einem Volumen von 20 µl 1-1,5 h bei 37°C gespalten. Die vollständige Spaltung wird

mit einem Aliquot des Spaltungsansatzes gelelektrophoretisch überprüft.

Anschließend werden die verbliebenen 17 µl mit 30 µCi (≈ 1,11 MBq) α-[32P]-CTP,

einem Mix aus dGTP, dTTP, dATP und Klenow-Enzym in einem Volumen von 30 µl

radioaktiv markiert. Die Inkubationszeit beträgt 20 min bei Raumtemperatur. Zum

Stoppen der enzymatischen Reaktion und Erhöhung des Probenvolumens werden

5 µl 0,5 M EDTA und 45 µl 1x TE-Puffer zugesetzt. Zum Entfernen von nicht

eingebauten Nukleotiden wird der Reaktionsansatz mit Hilfe von Affinitäts-

Chromatografie-Säulchen (MobiSpin von MoBiTec) 2 min bei 3000 U/min

aufgereinigt. Der Erfolg der Markierung wird mit einem Aliquot im Szintillator

überprüft.

4.8.2 λ-DNA/HindIII/EcoRI Marker für gelelektrophoretische Analysen

Zur Herstellung dieses Größenstandards werden 50µg λ-DNA mit 50 U HindIII und

EcoRI in einem Volumen von 250 µl für 3 h bei 37°C gespalten. Die vollständige

Spaltung wird mit einem Aliquot des Spaltungsansatzes gelelektrophoretisch

überprüft. Wenn die DNA durchgespalten ist, wird eine Endkonzentration von

0,125 µg/µl eingestellt und 10 x Ladepuffer zugesetzt.

4.8.3 GeneRuler DNA Ladder Mix (MBI Fermentas) für gelelektrophoretische Analysen 4.8.4 10 x Yellow SubTMGeneo Bioproducts PCR-Additiv und Ladepuffer

Material 30

4.9 DNA Sonden für Southern Hybridisierung

Sonde Größe Herstellung Plasmid Bereich

Moenv* 1,14 kb BamHI/ClaI #522 Mo 3’-env 4070Aenv 0,6 kb A1/A2 PCR R654 VRA, VRB, HVR 10A1env 2,0 kb NotI/SalI R700 10A1 gesamtes envMCFenv 0,6 kb BamHI/EcoRI #72 MCF 5’-env Fli-1* 1,5 kb MR6/MR7 PCR gen. DNA Ex1a Ex1b In1 Pim-1* 0,9 kb BamHI #442 Ex5 In5 Ex6 c-myc* 2,6 kb XbaI #52 Ex2 In2 Ex3 Spi-1* 0,8 kb PstI #530 5’-UTR N-myc* 0,7 kb BamHI/SacI #528 Ex1 JH 3-4* 1,9 kb BamHI/EcoRI R438 Maus Ig JH-Cluster

Tab. 7: Die Auflistung zeigt die in dieser Arbeit verwendeten Sonden für die Hybridisierung. Für

weitere Informationen bezüglich einiger Sonden (*) siehe auch (Morita et al., 2000) für Moenv,

(Barbeau et al., 1996) für Fli-1, (Moreau-Gachelin et al., 1989) für Spi-1, (Stanton et al., 1983) für c-

myc, (van Lohuizen et al., 1989) für N-myc, (Cuypers et al., 1984) für Pim-1 und (Alt et al., 1984) für JH

3-4. (Ex: Exon; In: Intron; VRA, VRB: variable Region A, B; HVR: hypervariable Region)

Methoden 31

5. Methoden

5.1 Isolierung von DNA-Fragmenten

Die zu isolierenden DNA-Fragmente sind zuvor mittels PCR-Amplifikation oder

Restriktionsspaltung aus Plasmiden gewonnen worden. Nach der

gelelektrophoretischen Auftrennung und Ethidiumbromid-Färbung werden die

richtigen Fragmente auf einem UV-Transilluminator mit einem sauberen Skalpell aus

dem Gel ausgeschnitten und in ein Eppendorf-Reaktionsgefäß überführt. Die

anschließende Aufreinigung erfolgt mit Hilfe des Qiagen Extraktions-Kits gemäß der

Herstellerangaben. Die Konzentration der DNA-Fragmente wird gelelektrophoretisch

durch Vergleich der Bandenintensität mit einem Größenstandard abgeschätzt.

5.2 Dephosphorylierung des gespaltenen Vektors

Der linearisierte, aufgereinigte Vektor wird in einem Volumen von 40 µl unter Zugabe

von 4 µl 10 x B*-Puffer (MBI Fermentas) und 1 µl Shrimp Alkaline Phosphatase

(Boehringer Mannheim) für 1 h bei 37°C dephosphoryliert. Das Enzym wird

anschließend für 10 min bei 70°C inaktiviert. Der Vektor kann direkt für die

Ligationsreaktion eingesetzt werden. Die Konzentration der Vektor-DNA wird

gelelektrophoretisch durch Vergleich der Bandenintensität mit einem Größen-

standard abgeschätzt.

5.3 Ligation

Als Hintergrund-Kontrolle wird dem Ligationsansatz nur der dephosphorylierte Vektor

zugesetzt. Für die Ligation wird ein molares Vektor-/Insert-DNA Verhältnis von ca.

1:3 eingesetzt. Die Reaktion wird in einem Volumen von 15 µl unter Zugabe von 2 U

T4-Ligase (MBI Fermentas) und 0,1 Volumen 10 x T4-Ligasepuffer über Nacht bei

Raumtemperatur durchgeführt.

Methoden 32

5.4 Screening nach positiven Klonen

Um in möglichst kurzer Zeit eine große Anzahl von Klonen überprüfen zu können,

wurde die sogenannte „Dip-PCR-Methode“ angewendet. In einer Zellkultur 96-Loch

Platte werden je Vertiefung 20 µl H2O vorgelegt. Mit Hilfe von gelben Pipettenspitzen

wird je eine Bakterienkolonie von den Selektionsplatten in eine Vertiefung überführt.

In die 96-Loch PCR-Platte werden je Vertiefung 49 µl vom PCR-Mastermix pipettiert.

Ein PCR-Ansatz enthält pro Vertiefung folgende Mengen:

0,15 µl Taq-Polymerase (≈ 0,75 U, Gibco)

5,0 µl 10 x PCR-Mix (Gibco)

5,0 µl Yellow Sub (Geneo)

0,2 µl dNTP-Mix (≈ 0,04 mM each)

1,0 µl Primer 1 (15 pmol/µl)

1,0 µl Primer 2 (15 pmol/µl)

1,5 µl MgCl2 (≈ 1,5 mM, Gibco)

35,15 µl H2O

Die Gesamtmengen für den Mastermix hängt von der Anzahl der gepickten Klone ab.

Die Oligonukleotide werden entsprechend des Klonierungsvorhabens ausgewählt.

Die Bedingungen der anschließenden PCR-Reaktion hängen von den verwendeten

Primern und der zu erwartenden Fragmentgröße ab (*).

Grundprogramm:

1. 95°C, 3 min

2. 95°C, 15 sec

3. *°C, 15 sec

4. 72°C, *

5. 4°C, ∞

Schritte 2-4 werden 25 mal wiederholt.

Da die PCR-Ansätze mit dem Additiv Yellow Sub versetzt wurden, können Aliquots

direkt auf ein Agarosegel aufgetragen werden. In jede Vertiefung der 96-Loch

Zellkulturplatte mit den angeimpften Klonen werden 200 µl LB-Medium (s. 4.4.1),

supplementiert mit Ampicillin, gegeben und die Platte über Nacht bei 37°C

geschüttelt. Da die Nummer der Klone mit der Nummer des PCR-Ansatzes

Methoden 33

übereinstimmt, kann ein im Screening positiver Klon direkt aus der Zellkulturplatte für

eine Mini- oder Maxi-Präparation angeimpft werden.

5.5 Plasmidisolierung

Die Präparation von Plasmid-DNA aus Bakterien erfolgt nach dem Prinzip der

alkalischen Lyse (Birnboim and Doly, 1979; Ish-Horowicz and Burke, 1981). Bei der

Präparation im kleinen Maßstab erhält man eine DNA Menge von max. 20 µg, im

großen Maßstab von max. 500 µg. Die isolierte DNA wird mit Hilfe von

Restriktionsspaltung und Sequenzierung überprüft.

5.6 Sequenzierung

DNA wird nach der Dideoxy-Kettenabbruch-Methode nach (Sanger et al., 1977) mit

Hilfe von Fluoreszenz-markierten Nukleotiden sequenziert. Die Reaktion wird als

Cycle-Sequencing durchgeführt. In einem Ansatz von 20 µl werden 800 ng DNA ,

4 µl BigDye-Puffer (Applied Biosystems), 1,5 µl Primer (15 pmol/µl) und die

entsprechende Menge Wasser vermischt.

Die Ansätze werden auf Eis zusammenpipettiert und im Thermocycler nach

folgendem Programm inkubiert:

1. 96°C, 1 min

2. 96°C, 30 sec

3. 50°C, 15 sec

4. 60°C, 4 min

5. 4°C, ∞

Schritte 2-4 werden 25 mal wiederholt. Der gesamte Sequenzieransatz wird mit 50 µl

100 %-igem Ethanol gefällt, 30 min bei 13.000 rpm anzentrifugiert und mit 70 %

Ethanol gewaschen. Dann wird ein weiteres Mal zentrifugiert, der Überstand entfernt

und das Pellet in der Lyophylle getrocknet. Die gelelektrophoretische Analyse findet

im Sequenzierservicelabor (Institut für Zellbiochemie und klinische Neurobiologie,

Hamburg) statt.

Methoden 34

5.7 Zellkultur

Die SC-1 Zellen werden subkonfluent in MEM-Medium (s. 4.4.2) in Standardbrut-

schränken gehalten. Die Kultivierung erfolgt in Gegenwart von 5 % CO2 (v/v) bei

37°C und 95 % Luftfeuchtigkeit. Das Wechseln des Mediums und die Verdünnung

der Zellen erfolgt im 2-2-3-Tage Rhythmus. Dazu werden die konfluenten,

adhärenten Zellen durch Zugabe von Trypsin vom Boden der Zellkulturflasche gelöst.

Durch das Aufnehmen der gelösten Zellen in FCS-haltigem Medium wird das Trypsin

inaktiviert.

5.7.1 Virusproduktion

Die Virusproduktion erfolgt durch Transfektion der Plasmid-DNA in die murine

Fibroblastenzelllinie SC-1. Da die in der Zellkultur eingesetzten Plasmide für

replikationskompetente Retroviren kodieren, sind Verpackungszelllinien nicht nötig.

Nach der Infektion gelangen die Viruspartikel durch Ausknospung in den

Mediumüberstand und können geerntet werden.

5.7.2 Transfektion mittels Elektroporation

Die Zellen werden vom Boden gelöst und in Medium resuspendiert. Die Suspension

wird 5 min bei 1000 rpm abzentrifugiert und das Pellet so in Medium resuspendiert,

dass 400 µl 2 x 106 Zellen entsprechen. Für die Elektroporation werden 400 µl Zellen

und 10 µg Plasmid-DNA eingesetzt. Es werden folgende Parameter eingestellt: 4 mm

Elektrodenabstand, 1050 µF Feldstärke bei 260 V. Die Zellen werden nach der

Elektroporation in 5 ml Medium aufgenommen und sehr dünn ausgesät. Da in dieser

Kultur die Virusverbreitung stattfinden soll, werden die Zellen für mindestens 14 Tage

inkubiert.

5.7.3 Ernten des Virusüberstandes

Der Mediumüberstand enthält nach zwei Wochen eine hohe Konzentration an

infektiösen Partikeln. Der Überstand wird abgenommen, filtriert (Ausschlussgröße

Methoden 35

0,22 µm), um Kontaminationen mit Kulturzellen zu vermeiden, in Cryo-Röhrchen

aliquotiert und in der Gasphase des Stickstoff-Tankes gelagert.

5.7.4 Titerbestimmung

Der geerntete Virusüberstand wird 1:5 seriell verdünnt. SC-1 Zellen werden in 24-

Loch Zellkulturplatten dünn ausgesät (3 x 103 Zellen/Vertiefung) und mit dem

verdünnten Virusüberstand vermischt. Die Platten werden bei 37°C bis zur Konfluenz

kultiviert. Die Zellen werden mit 5 mM EDTA abgelöst (s. 5.10.2), gewaschen, mit FC-

Block und α-glykoGag-Cy5 gefärbt und im FACS-Calibur (Becton Dickinson)

vermessen. Der Titer ergibt sich aus der letzten seriellen Verdünnungsstufe, in der

noch α-glykoGag-Cy5 detektierbar gewesen ist, multipliziert mit der Anfangsver-

dünnung (Volumen des Virusüberstandes zu Volumen der SC-1 Zellen im Medium).

Es wird auf diese Weise der Titer der infektiösen Partikel ermittelt, es handelt sich

nicht um eine quantitative Virusbestimmung.

5.7.5 Infektion neonataler Mäuse

Neugeborene werden innerhalb von 48 h intraperitoneal mit replikationskompetentem

MuLV-Überstand infiziert. In Abhängigkeit vom Virustiter (1-3 106 CFU/ml) werden

50-100 µl injiziert. Da das Virus 10A1-MoLTR in Vorversuchen eine starke Neigung zu

neurodegenerativen Erkrankungen gezeigt hatte, wurden die Babys erst 5-8 Tage

nach der Geburt infiziert (Münk et al., 1997), was das Auftreten von spongiformen

Degenerationserscheinungen deutlich reduziert.

5.8 Analyse erkrankter Tiere

5.8.1 Überwachung und Autopsie der Mäuse

Die Tiere werden dreimal in der Woche genauestens auf das Auftreten etwaiger

Krankheitssymptome, wie vergrößerte Organe (Lymphknoten, Milz und Leber),

Apathie, buckelige Haltung, Hecheln und steifbeiniger Gang, untersucht. Darüber

hinaus muss auch auf Anzeichen einer neurodegenerativen Erkrankung wie Tremor

und Ataxie geachtet werden. Einem Tier mit eindeutigen Krankheitssymptomen wird

Methoden 36

Blut entnommen, es wird dann geopfert und eine Autopsie durchgeführt. Zur

Erleichterung der Blutabnahme, wird die Maus ein paar Minuten unter einer

Rotlichtlampe erwärmt, mit Hilfe eines Kapillarblutröhrchens ca. 50-100 µl Blut aus

der angeschnittenen Schwanzvene entnommen. Das Gefäß enthält zur

Gerinnungshemmung EDTA. Das Tier wird anschließend durch das Einatmen der

Ether-Gasphase betäubt und durch Genickbruch getötet. Die Maus wird auf der OP-

Unterlage fixiert und durch Besprühen mit Ethanol semisterilisiert. Als erstes wird

dann mit einem doppelten Y-Schnitt die Dermis eröffnet, so dass der Hals, die

Achseln, die Lenden und das Peritoneum frei liegen. Jetzt können die zervikalen,

axialen und peripheren Lymphknoten untersucht werden. Anschließend wird die

Bauchhöhle eröffnet und das Sternum durchtrennt. Auf diese Weise können alle

inneren Organe in Augenschein genommen werden, insbesondere die mediastinalen

Lymphknoten, die Milz; die Leber und der Thymus mit seinen assoziierten

Lymphknoten. Die vergrößerten Organe werden entnommen und gewogen. Für die

Präparation von genomischer DNA bzw. RNA wird ein Teil des Organs in flüssigem

Stickstoff schockgefroren. Für eine FACS-Analyse wird ein Stück des Organs in 5 ml

RPMI (s. 4.4.2) aufgenommen. Die Kadaver der getöteten Tiere werden zentral

gelagert und entsorgt. Die in Stickstoff fixierten Organe werden bis zu ihrer

Weiterverarbeitung bei –70°C aufbewahrt.

5.8.2 Analyse der Blutparameter

Die Blutparameter werden mit Hilfe des Coulter MaxM Blutanalysegerätes ermittelt,

von besonderem Interesse sind vor allem der Hämatokrit und die Leukozyten-

konzentration. Dazu werden 50 µl Mausblut mit 100 µl Isoton III-Lösung (Coulter) in

einem Eppendorfgefäß vermischt. Die Verdünnung muss später bei der

Datenauswertung mit einbezogen werden. Die Probenaufnahme erfolgt im

Sekundärmodus des Gerätes. Das Hochfahren und Spülen des MaxM wird gemäß

der Herstellerangaben durchgeführt.

Methoden 37

5.9 Durchführung von Blutausstrichen und Cytospins

5.9.1 Blutausstriche

Zur morphologischen Auswertung des entnommenen Blutes werden pro Tier zwei

Blutausstriche mit jeweils ca. 2,5 µl Blut hergestellt. Das Blut wird auf die schmale

Seite des Objektträgers pipettiert und mit einem im 45° Grad Winkel gehaltenen

zweiten Objektträger entlang der Längsachse gleichmäßig ausgestrichen. Die

Ausstriche sollten über Nacht trocknen.

5.9.2 Cytospin

Phosphat-Puffer-System (PBS):

0,14 M NaCl 3 mM KCl 1 mM NaH2PO42 mM KH2PO4

Die vereinzelten Zellen aus den Organen für die FACS-Analyse werden in einer

Konzentration von 0,48 x 106 Zellen pro 600 µl 1 x PBS aufgenommen. Es werden

pro Organ zwei Cytospins erstellt. Auf jeden Objektträger werden 200 µl der

Zellsuspension (entspricht 0,16 x 106 Zellen) mittels Zentrifugation (5 min 600 rpm)

aufgebracht. Die Färbung erfolgt wie bei den Blutausstrichen nach der Lufttrocknung.

5.9.3 AccustainTM Pappenheim-Färbung (Sigma):

0,25 %(w/v) May-Grünwald in Methanol

0,4 % (w/v) modifiziertes Giemsa in gepuffertem Methanol (pH 6,8)

Die Objektträger werden 5 min in der May-Grünwald-Lösung gefärbt und

anschließend mit Aqua dest. gründlich gewaschen bzw. neutralisiert. Der zweite

Färbeschritt erfolgt in 1:20 verdünnter Giemsa-Lösung für 20 min. Danach folgt ein

weiterer Waschschritt. Die Präparate werden getrocknet und können dann mit Eukitt

eingedeckelt werden. Die Auswertung erfolgt am Mikroskop. Detaillierte Photos

wurden freundlicherweise von Dr. Jürgen Löhler hergestellt.

Methoden 38

5.10 FACS-Analysen

5.10.1 Vorbereitung der Organe

10 x Erythrozytenlysepuffer: 1,7 M NH4Cl; 0,1 M KHCO3, 1M EDTA, pH 7,3

Die in der RPMI-Lösung (s. 4.4.2) aufgenommenen Organe werden innerhalb von

24 h weiterverarbeitet. Die Vereinzelung der Zellen erfolgt mit Hilfe eines eng-

maschigen Metallsiebes, durch das das Organ mit dem Stempel einer Spritze

gepresst wird. Das Sieb wird mit weiteren 5 ml RPMI-Medium gespült, so dass sich

die vereinzelten Zellen in einem Volumen von 10 ml Medium befinden. Die Zellen

werden 5 min bei 1200 rpm abzentrifugiert und in 10 ml 1 x PBS resuspendiert. Zur

Bestimmung der Zellzahl werden 10 µl Zellsuspension mit 90 µl 1 x Erythrozyten-

Lyse-Puffer vermischt und unter dem Mikroskop in einer Neubauer Zählkammer

gezählt. Die ermittelte Zahl muss mit dem Kammerfaktor (104) und dem

Verdünnungsfaktor (10) multipliziert werden.

Für die Antikörperfärbung werden pro Färbeansatz 1 x 106 Zellen in einem Volumen

von 200-300 µl 1 x PBS eingesetzt. Bei sehr geringen Zellzahlen sollte das Volumen

durch erneutes Zentrifugieren (5 min bei 2000 rpm, Eppendorf Tischzentrifuge) auf

300 µl eingeschränkt werden. Für die Analyse der Organe wurden folgende

Antikörper-Kombinationen (Pharmingen) eingesetzt:

Methoden 39

Ansätze FITC-konjugierte Ak

PE-konjugierte Ak PI-Zugabe Verwendung

1 - - Nein Zellen pur, Eigenfluoreszenz

2 CD45 (LCA) - Nein FITC Kompensation 3 - CD45 (LCA) Nein PE Kompensation 4 - - Ja PI Kompensation 5 rat IgG2α rat IgG2α Ja Isotypkontrolle 6 CD4 CD8 Ja T-Zellen 7 CD90 CD3e Ja T-Zellen 8 CD19 B220 Ja B-Zellen 9 CD79b B220 Ja B-Zellen 10 CD34 CD117 Ja Stammzellen 11 IgM Gr-1 Ja B-Zellen/Granulozyten 12 Sca-1 Ter119 Ja Stammzellen/Erythrozyten

Tab. 8: Auf 1 x 106 Zellen werden 0,6 µl FITC-konjugierter und 1,2 µl PE-konjugierter Antikörper

eingesetzt. Zusätzlich zu den aufgelisteten Antikörperkombinationen wurde zeitweise auch anti-

glykoGag Cy5 gekoppelter Antikörper eingesetzt (1,0 µl/1 x 106 Zellen). Dieser erkennt das virale, auf

der Zelloberfläche lokalisierte glykoGag-Protein.

Zu allen Ansätzen (außer 1 und 4) wird je 1,0 µl FC-Block (α-FCγR- Antikörper)

gegeben und diese anschließend für 15 min ohne Licht bei 4°C inkubiert. Dieses

Reagenz blockiert unspezifische Bindungsmöglichkeiten, so dass diese in der

nachfolgenden spezifischen Färbung nicht mehr zur Verfügung stehen. Anschließend

werden die FITC- bzw. PE-konjugierten Antikörper zugegeben und die Ansätze 30

min (oder über Nacht) bei 4°C ohne Lichteinwirkung inkubiert. Es wird dann zweimal

gewaschen, indem die Ansätze mit je 1 ml 1 x PBS versetzt, auf dem Vortexer

gemischt und dann 5 min bei 2000 rpm (Tischzentrifuge) abzentrifugiert werden.

Nach dem letzten Waschschritt wird das Zellpellet in 700 µl 1 x PBS resuspendiert.

Um apoptotische Zellen in der FACS-Messung ausschließen zu können, werden die

Ansätze 4 (PI-Kompensation) und 5-12 mit je 7 µl Propidiumiodid-Lösung (0,1 mg/ml

in H2O, Endkonzentration 10 µg/ml), versetzt. Die Proben werden am FACS-Calibur

(Becton Dickinson) vermessen.

Methoden 40

5.10.2 Vorbereitung der Zellen

Die konfluent gewachsenen SC-1 Zellen werden mit 5 mM EDTA (5 min

Raumtemperatur) aus der T75 Zellkulturflasche gelöst (ca. 1 x 107 Zellen). Sie

werden mit 1 x PBS gewaschen, 5 min bei 1200 rpm (Untertischzentrifuge)

abzentrifugiert, das Pellet in 1 x PBS resuspendiert und anschließend in einer

Neubauer Zählkammer gezählt. Für die Antikörperfärbung werden pro Färbeansatz

1 x 106 Zellen in einem Volumen von 200-300 µl 1 x PBS (inkl. 2,5 % FCS)

eingesetzt. Für die Analyse der MuLV infizierten SC-1 Zellen wurden folgende

Antikörperkombinationen eingesetzt:

Anzahl Ansätze PI-Zugabe Verwendung

1 SC-1 Zellen pur Nein Eigenfluoreszenz 2 SC-1 Zellen pur Ja PI-Kompensation 3 SC-1 Zellen α-glycoGag-Cy5 Ja Negativkontrolle 4 SC-1 MuLV pur Nein Eigenfluoreszenz 5 SC-1 MuLV pur Ja PI-Kompensation 6 SC-1 MuLV α-glycoGag-Cy5 Ja glykoGag Detektion

Die Abfolge der Arbeitsschritte, Zugabe von FC-Block, Zugabe des spezifischen

Antikörpers und die Waschschritte sind analog zu den im vorigen Abschnitt

beschriebenen Vorgängen. Als spezifischer Antikörper wird in diesem Assay nur der

α-glykoGag-Cy5 verwendet, von dem 1,0 µl auf 1 x 106 Zellen gegeben werden.

Bis auf die Ansätze 1 und 4 werden alle anderen mit je 7 µl PI-Lösung

(Endkonzentration 10 µg/ml) versetzt und die Proben am FACS-Calibur vermessen.

Methoden 41

5.10.3 FACS-Messung

Das Vermessen der Proben erfolgt am FACS-Calibur (Becton Dickinson). Die

Datenaufnahme und die anschließende Auswertung werden mit Hilfe der Cellquest

Software (Becton Dickinson) durchgeführt. Als erstes wird die Autofluoreszenz der

ungefärbten Zellen so eingestellt, dass diese nicht als falsch Positive in die Messung

eingehen. Anschließend werden die einzelnen Fluoreszenzen gemessen und so weit

kompensiert, dass sie nicht in die anderen Kanäle einstrahlen können: FITC gegen

den PE-Kanal, PE gegen den FITC- und PI-Kanal, PI gegen den PE-Kanal sowie

APC gegen den PE-Kanal und umgekehrt. Nachdem diese Parameter eingestellt

sind, können die Proben vermessen werden.

5.11 Gewinnung genomischer DNA aus Organen

1 x TE (10/10): 10 mM Tris-HCl 1 x TE/SDS: 10mM Tris-HCl

10 mM EDTA, pH 7,5 10 m M EDTA

1 % SDS, pH 7,5

1 x TE (10/1): 10 mM Tri-HCl

1 mM EDTA, pH 7,5

Die genomische DNA wird aus den bei –70°C gelagerten Tumoren extrahiert. Dazu

werden die Organe im gefrorenen Zustand in einen Homogenisator gegeben und in

einem Volumen von 2-4 ml TE-Lösung (10/10), je nach Größe des Organstücks,

homogenisiert. Die Zellsuspension wird dann mit dem gleichen Volumen TE/SDS-

Lösung vermischt, mit 20 µg Proteinase K pro ml Lösung versetzt, gut geschüttelt

und bei 37°C über Nacht im Wasserbad inkubiert.

Zur Entfernung von Proteinen wird die Nukleinsäurelösung einer Phenol/Chloroform-

Extraktion unterzogen. Dazu wird die Lösung zweimal mit einem Volumen Phenol

versetzt, 15 min auf dem Schüttler langsam geschüttelt und 10 min bei 2000 rpm

zentrifugiert. Die obere Phase wird in ein neues Gefäß überführt. Zur Entfernung von

Phenolresten wird die Lösung zweimal mit einem Volumen Chloroform extrahiert,

analog zur Phenolextraktion.

Methoden 42

Zur Fällung der DNA wird 0,1 Volumen 5 M NaCl-Lösung zugegeben, gemischt und

vorsichtig mit 2,5 Volumen eisgekühltem 100 %-igen Ethanol überschichtet. Die

genomische DNA kondensiert zu gut sichtbaren Fäden, die mit einem Häkchen

(vorne angeschmolzene Pasteurpipette) aufgewickelt und in 70 % Ethanol

gewaschen werden, um etwaige Salzreste zu entfernen. Die aufgespulte DNA wird

kurz an der Luft getrocknet und in einem Volumen von 200-500 µl TE (10/1)

aufgenommen. Die Konzentration und Reinheit der Nukleinsäuren wird mit Hilfe

eines UV-Spektralphotometers durch Messung der Absorption bei 260 nm und 280

nm bestimmt. Die Konzentration wird durch weiteres Verdünnen mit TE auf ca.

1 µg/µl eingestellt.

5.12 Restriktionsspaltung und gelelektrophoretische Auftrennung genomischer DNA

1 x TAE-Lösung: 40 mM Tri-HCl, 10 mM EDTA, pH 7,6

20 mM Essigsäure

Für die Southern Blot Analyse werden 10 µg genomische DNA mit den

entsprechenden Restriktionsendonukleasen (35 U) in einem Volumen von 50 µl für

5 h bei der entsprechenden Temperatur gespalten. Nach ca. 1 h werden die Ansätze

durch Auf- und Abpipettieren gründlich gemischt. Die gespaltenen DNA-Ansätze

werden mit Ladepuffer versetzt und in einem 0,8 %-igen (w/v) 1 x TAE-Agarosegel

aufgetrennt. Als Größenstandard wird radioaktiv markierte (ca. 2 x 105 cpm) HindIII

gespaltene λ-DNA verwendet. Die Elektrophorese findet bei 15 V über Nacht statt.

5.13 Southern Blotting

Denaturierungslösung: 0,4 N NaOH

0,6 M NaCl

Neutralisierungslösung: 1,5 M NaCl

0,5 M Tris-HCl, pH 7,5

20 x SSC-Lösung: 3 M NaCl

0,4 M Na-Citrat

Methoden 43

Das Gel wird nach der Elektrophorese photographiert, ausgemessen, dann 30 min in

Denaturierungslösung und anschließend 30 min in Neutralisierungslösung

geschwenkt. Der Transfer der gespaltenen DNA auf eine Nylonmembran erfolgt

durch Ausnutzung von Kapillarkräften. Der Versuchsaufbau ist folgendermaßen: eine

Plastikwanne wird mit 1,5 l 10 x SSC Laufpuffer gefüllt (1:1 verdünntes 20 x SSC),

eine Glasscheibe wird als Brücke darüber gelegt, auf dieser werden zwei Dochte aus

Whatman-Papier so platziert, dass die Enden in den Laufpuffer hängen. Auf diese

angefeuchteten Dochte wird das Gel luftblasenfrei aufgelegt, es folgt die auf

Gelgröße zurechtgeschnittene, angefeuchtete Membran (Biodyne B Transfer

Membrane, PALL Europe Limited), dann zwei ebenfalls angefeuchtete Papierlagen.

Mehrere Lagen saugfähige Papierhandtücher, die mit einem Gewicht beschwert

werden, bilden den Abschluss. Der DNA Transfer findet über Nacht statt. Zur

Fixierung der DNA auf der Membran wird diese zweimal mit je 120 mJ im UV-

Stratalinker (Stratagene) vernetzt.

5.13.1 Hybridisierung

Hybridisierungslösung I: 1 M NaCl, 10% SDS, 10 % Dextransulfat

Hybridisierungslösung II: 0,5 M Formamid, 6 x SSC, 7,5 % Dextransulfat, 2,4 x

Denhardtslösung, 750 µg/ml Heringssperma-DNA

50 x Denhardts-Lösung: 1 % (w/v) Ficoll, 1 % (w/v) Polyvinylpyrrolidon, 1 % (w/v)

BSA (1 g/ml), ad 500 ml H2O

Die Membran wird in 10 ml Hybridisierungspuffer für mindestens 30 min

prähybridisiert. Welcher Puffer dabei zum Einsatz kommt, hängt von der

gewünschten Stringenz ab. Die Inkubation erfolgt entweder im Hybridisierungspuffer

II (mit Formamid) bei 55°C (hohe Stringenz) oder in Hybridisierungslösung I bei 65°C

(niedrige Stringenz). Hybridisierungslösung I wird vor der Inkubation 750 µg/ml

denaturierte Heringssperma-DNA zugesetzt. Die nach Anleitung (s. 5.13.3) markierte

Sonde wird vor der Zugabe zum Prähybridisierungspuffer 5 min bei 95°C denaturiert.

Die Hybridisierung findet über Nacht (ca. 12 h) statt.

Methoden 44

5.13.2 Waschen der Membranen

Die Hybridisierungslösung wird in den radioaktiven Flüssigabfall entsorgt.

Anschließend wird zweimal mit ca. 20 ml 2 x SSC (1:10 verdünntes 20 x SSC, frisch

hergestellt) für 5 min bei Raumtemperatur in dem Hybridisierungsröhrchen

gewaschen. Die Waschlösung wird ebenfalls in den radioaktiven Flüssigabfall

gegeben. Die nächsten Waschschritte finden in einer Plastikwanne statt. Es wird

zweimal mit ca. 250 ml Waschlösung II (0,1 x SSC, 0,1 % SDS, frisch hergestellt) für

1 h bei 65°C gewaschen. Die Membran wird kurz luftgetrocknet, in Folie

eingeschweißt und in einer Filmkassette fixiert. In der Dunkelkammer wird ein

Röntgenfilm (SuperRX Medical X-Ray, Fuji Photo Film GmbH) aufgelegt und die

Filmbox bei – 80°C bis zur Entwicklung des Filmes gelagert. Die Filmentwicklung

wird mit dem Fuji X-Ray Filmprocessor RG II durchgeführt.

5.13.3 Herstellung und Markierung von Sonden

Die für die Isolierung der in dieser Arbeit verwendeten Sonden wichtigen Parameter

sind in Tabelle 7 (s. 4.9) angegeben. Die Sonden werden durch Vergleich mit dem

Größenstandard auf eine Konzentration von 10 ng/µl eingestellt. Die radioaktive

Markierung erfolgt mit dem DecaLabelTM DNA Labeling Kit von MBI Fermentas

entsprechend den Herstellerangaben. Nach dem Einbau von 50 µCi (≈ 1,85 MBq) α-

[32P]-CTP wird der Reaktionsansatz mit TE (10/1) auf 100 µl aufgefüllt, die nicht

eingebauten Nukleotide entfernt und der Ansatz am Szintillator vermessen (s 4.8.1).

Es sollten mindestens 1,5 x 107 cpm für 10 ml Hybridisierungspuffer eingesetzt

werden.

Methoden 45

5.14 Vektorklonierung

NheI PstI

SalINheI

envpolgag

ClaI SphIDraIIIBsrGI PvuI

U5 R U3 U5R U3

Abb. 4: Schematische Skizze eines murinen Leukämievirus (MuLV) mit den für die Herstellung der

verschiedenen Chimären relevanten Restriktionsschnittstellen. Die strukturellen Gene gag, pol und

env werden von den LTR-Bereichen (U3, R, U5) flankiert.

Die Proviren liegen im Plasmid pUC18 in der Reihenfolge LTR-gag-pol-env-LTR vor.

Alle Moloney-Sequenzen stammen aus dem Plasmid R686, welches für das Moloney

Provirus kodiert (s. 4.6). Alle 10A1-Sequenzen stammen aus dem Vektor R862,

welches für das 10A1 Provirus kodiert (s. 4.6). Alle amphotropen Sequenzen

stammen aus dem Plasmid #434, welches für das 4070A Provirus kodiert (s. 4.6).

Der Vektor R602 kodiert nur für das 10A1-LTR, das Plasmid R603 nur für das

Moloney-LTR.

5.14.1 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der env-Sequenzen

Für die Klonierung des Konstrukts Mo-10A1env wurden über die Schnittstellen SalI

und ClaI 10A1 Sequenzen in das Moloney-Rückgrat inseriert. Die vom 10A1-MuLV

stammende Region umfasst neben dem kompletten env- (2000 bp) auch den 3’ pol-

Bereich (1900 bp). Zur Herstellung der Chimäre 10A1-4070env wurden vom 4070A-

MuLV stammende Sequenzen über die Schnittstellenkombination SphI/ClaI in das

10A1-Rückgrat eingefügt. Dieser Bereich umfasst das gesamte env-Gen (2000 bp)

und einen kleinen Bereich der 3’ pol-Sequenzen (500 bp).

Methoden 46

Tab. 9: Zusammenfassung der für die Klonierung wichtigen Daten der beiden MuLVs mit einem

Austausch der env-Sequenzen.

Chimäre VektorrückgratHerkunft der env-

Sequenzen Enzym-

Kombination Interne

Nomenklatur

Mo-10A1env Moloney-MuLV 10A1-MuLV SalI/ClaI #427

10A1V-4070env 10A1-MuLV 4070A-MuLV SphI/ClaI R888

5.14.2 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der gag-Sequenzen

Zur Herstellung der Konstrukts 10A1V-Mogag (R884) wurde die vom Moloney-MuLV

stammende gag-Sequenz über die Schnittstellenkombination BsrGI und DraIII in das

10A1-Rückgrat eingefügt.

5.14.3 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der NP-Sequenzen

Die Abbildung 5 zeigt die Klonierungsstrategie für die Herstellung des Vektors

10A1V-MoNP (R633). Das Plasmid R686 kodiert für das Moloney-Provirus, der Vektor

R862 für das 10A1-Provirus. Beide werden mit den Restriktionsendonukleasen NheI

und PstI gespalten. Das Moloney-Fragment (NP) enthält das 5’-LTR und den Leader-

Bereich. Das 10A1 Fragment beinhaltet die strukturellen Gene gag, pol und env. Das

3’-LTR wird vom Plasmid R602 bereitgestellt, welches nur für das 10A1-LTR kodiert.

Die beiden isolierten Fragmente werden in den NheI gespaltenen Vektor R602

kloniert. Das auf diese Weise entstandene Provirusintermediat enthält ein Moloney

5’-LTR und ein 10A1 3’-LTR. Nach Transfektion der SC-1 Zellen und Durchlaufen

des retroviralen Replikationszyklus weist das neue Virus 10A1V-MoNP vom Anfang

des R-Bereichs bis zur PstI Schnittstelle eine Insertion von Moloney-Sequenzen auf.

Für die Einführung des 10A1 NP-Bereiches in das Moloney-Provirus wird umgekehrt

verfahren. Statt des Plasmids R602 wird der Vektor R603 verwendet, der für das

Moloney-LTR kodiert. Auf diese Weise wurde auch das Konstrukt Mo-10A1V-10A1NP

(R662) hergestellt.

Methoden 47

PstI NheI U3 R U5

Mo NP-Fragment

PstI NheI

U3 R U5

10

1. Die für die Proviren kodie

Enzymen NheI und PstI

anschließend isoliert.

+PstI NheI

U3 R U5

NheIU

2. Die isolierten Fragmen

welches nur das 10A1-LTR

PstI NheI U3 R U5

3. Das auf diese Weise klo

Erst nach Durchlaufen des

vor.

R686

NheI U5 U3 R pUC18

R862

NheI U5 U3 R pUC18

A1-Fragment

renden Plasmide R686 (Moloney) und R862 (10A1) werden mit den

gespalten. Die mit den Klammern markierten Fragmente werden

NheIPstI

U5 3 R pUC18

te werden in das mit NheI gespaltene Plasmid R602 kloniert,

enthält.

NheI U5 U3 R pUC18

nierte Provirus besitzt ein 5‘ Moloney-LTR und ein 3‘ 10A1-LTR.

retroviralen Entwicklungszyklus liegt das Konstrukt 10A1V-MoNP

Methoden 48

NheI U5 RU3 Wirtsgenom

PstI NheI U5 R U3

Abb. 5: Schematische Darstellung der Klonierungsstrategie für den Austausch von NP-Sequenzen

am Beispiel des Konstrukts 10A1V-MoNP.

5.14.4 Chimäre MuLVs mit einem Austausch der LTR-Sequenzen

Die Abbildung 6 zeigt die Klonierungsstrategie für die Herstellung des Vektors

10A1V-MoLTR (R606). Das Plasmid R862, das für das 10A1-Provirus kodiert, wird mit

dem Enzym NheI gespalten. Das 10A1-Fragment enthält das 5’-LTR, den Leader-

Bereich und die strukturellen Gene gag, pol und env. Das 3’-LTR wird vom Plasmid

R603 bereitgestellt, welches nur für das Moloney-LTR kodiert. Das isolierte Fragment

wird in den NheI gespaltenen Vektor R603 kloniert. Das auf diese Weise

entstandene Provirusintermediat enthält ein 10A1 5’-LTR und ein Moloney 3’-LTR.

Nach Transfektion der SC-1 Zellen und Durchlaufen des retroviralen

Replikationszyklus besitzt das neue Virus 10A1V-MoLTR nur den U3-Bereich vom

Moloney-Virus in einem 10A1-Rückgrat. Für die Einführung des 10A1 U3-Bereiches

in das Moloney-Provirus wird umgekehrt verfahren. Statt des Plasmids R603 wird der

Vektor R602 verwendet, der für das 10A1-LTR kodiert. Auf diese Weise wurde auch

das Konstrukt Mo-10A1V-10A1LTR (R661) hergestellt.

Methoden 49

R862

NheI R U5 U3 pUC18

NheI U5 R U3

10A1-Fragment

1. Das Plasmid R862, das für das 10A1-Provirus kodiert, wird mit dem Enzym NheI

gespalten. Das durch die Klammer markierte Fragment wird anschließend isoliert.

NheI R U5U3 pUC18

NheIU3

NheI U5 R U3

2. Das isolierte Fragment wird in das mit NheI gespaltene Plasmid R603 kloniert, welches nur

das Mo-LTR enthält.

NheI

R U5U3 pUC18

NheI U5 R U3

3. Das auf diese Weise klonierte Provirus besitzt ein 5‘ 10A1-LTR und ein 3‘ Moloney-LTR.

Erst nach Durchlaufen des retroviralen Entwicklungszyklus liegt das Konstrukt 10A1V-

MoLTR vor.

NheI R U5U3 Wirtsgenom

NheI U5 R U3

Abb. 6: Schematische Darstellung der Klonierungsstrategie für den Austausch von LTR-Sequenzen

am Beispiel des Konstrukts 10A1V-MoLTR.

Ergebnisse 50

6. Ergebnisse

6.1 Charakterisierung der von Moloney-, 4070A- und 10A1-MuLV induzierten Krankheiten in NIH/Ola- Mäusen

Um herauszufinden, welche Leukämieformen Moloney-, 4070A- und 10A1-MuLVs im

genetischen Hintergrund des NIH/OlaHsd-Inzuchtstammes induzieren, wurden die

Mäuse intraperitoneal mit 50-100 µl Virusüberstand infiziert. Die Virustiter lagen bei

infektiösen Partikelzahlen von 5,8 x 105 bis 3 x 106 pro ml. Die Infektion erfolgte

entweder innerhalb von 24-48 Stunden oder 5-8 Tage nach der Geburt (s. 5.7.5). Die

Tiere wurden dreimal in der Woche sorgfältig auf das Auftreten von

Krankheitssymptomen untersucht.

6.1.1 Charakterisierung der phänotypischen Veränderungen

6.1.1.1 Phänotyp von Moloney- bzw. 4070A-MuLV infizierten Tieren

Das Mo-MuLV induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 95 Tagen in allen

infizierten Tieren (n = 10) Tumore. Diese bildeten sich bei den meisten Mäusen in der

Milz bei einigen auch im Thymus, was zu einer starken Vergrößerung dieser Organe

führte. Das durchschnittliche Organgewicht lag bei 1,5 g (± 0,6), was einer

Gewichtszunahme um das 4,5-fache entspricht. Die Leber war nur selten, die

Lymphknoten dagegen fast immer betroffen. Der durchschnittliche Hämatokrit der

infizierten Tiere war nur geringfügig niedriger als normal, 36,1 %

(± 5,9) gegenüber Normalwerten von 38-50 %. Das 4070A-Virus induzierte dagegen

nach einer mittleren Latenzzeit von 217 Tagen in allen Mäusen (n = 14) Lymphome,

bei denen die Milz meistens nur leicht vergrößert war, mit durchschnittlichen

Organgewichten von 0,7 g (± 0,3), was dem doppelten der Normalgröße entspricht.

Die Lymphknoten waren immer betroffen und dabei meistens stark vergrößert. Der

durchschnittliche Hämatokrit der erkrankten Tiere war leicht vermindert gegenüber

dem uninfizierter Tiere, 31,3 % (± 5,6) versus 38-50%. Nur ein Tier zeigte einen

abweichenden Befund, neben den Lymphknoten waren auch Leber und Milz stark

vergrößert.

Ergebnisse 51

6.1.1.2 Phänotyp von 10A1-MuLV infizierten Tieren

Das 10A1-MuLV produzierte zwei verschiedene Phänotypen. Nach einer mittleren

Latenzzeit von 132 Tagen hatten 52 % der Tiere (n = 15) Tumore in der Leber und

Milz entwickelt, wodurch diese stark vergrößert waren (Hepatosplenomegalie,

s. Abb. 7). Alle anderen Organe zeigten keine Veränderungen. Die Leber hatte ein

durchschnittliches Gewicht von 2,9 g (± 0,4), normal sind ca. 2,2 g. Die Milz war um

das sechsfache schwerer als normal, 1,9 g (± 0,4) gegenüber 0,3 g. Darüber hinaus

zeigten die Lebern der erkrankten Tiere eine Farbveränderung von gelblich bis

weißlich, was für eine starke Infiltration des hepatischen Gewebes mit Tumorzellen

spricht. Alle Tiere hatten eine schwere Anämie (s. Abb. 8), gekennzeichnet durch

stark reduzierte Hämatokritwerte (durchschnittlich 15,7 % (± 4,6), normal sind

hingegen Werte zwischen 38-50 %). Nur wenige Tiere zeigten erhöhte Leukozyten-

werte, was in sich im Blutausstrich widerspiegelt (s. Tab. 10 und Abb. 8). Dieser

Phänotyp stellte sich klinisch sehr einheitlich dar.

Abb. 7: Auf der linken Seite ist eine 10A1-infizierte Maus mit einer Hepatosplenomegalie dargestellt.

Auf der rechten Seite ist eine Maus abgebildet, die den zweiten 10A1-induzierten Phänotyp

repräsentiert, bei dem nur die Milz gering vergrößert war.

Ergebnisse 52

Tab. 10: Relevante Befunde erkrankter Mäuse mit 10A1-induzierter früher Krankheitsmanifestation.

Das normale Milzgewicht liegt bei ca. 0,34 g, das normale Gewicht einer Leber bei ca. 2,4 g. (N:

normal; n.a.: nicht analysiert; Hkt: Hämatokrit; Leu: Leukozytenzahl).

Maus- Nr.

nach [d]

Milz [g]

Leber[g]

andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

#1824 145 >2,0 >3,0 normal 14 1,9 #2137 194 1,36 >2,5 normal 10,4 n.a. #2363 110 1,53 2,79 normal 16,2 <100 #2369 183 2,38 2,88 normal 16 53,2 #2375 144 1,99 2,68 normal 12 10,4 #2438 159 2,25 2,95 normal 14,4 181,2 #2442 116 1,86 2,98 normal 12,4 n.a. #2443 116 2,53 2,77 normal 12,6 11,8 #2453 170 1,76 3,62 normal 21,9 71,7 #2456 129 1,71 3,01 normal 15,6 9 #2457 129 1,3 N normal 26,7 11,4 #2461 159 1,65 N normal 23,4 n.a. #2463 106 2,6 3,6 normal 13,2 25 #2464 130 2,65 2,48 normal 13,8 7,2 #2465 149 2,03 3,06 normal 11,4 5,1

Es folgte dann, nach einer mittleren Latenzzeit von 164 Tagen, ein weiterer 10A1-

induzierter Phänotyp, bei dem 41 % der Mäuse (n = 14) Veränderungen an

verschiedenen Organen zeigten. Die Leber war in der Mehrzahl der analysierten

Tiere unverändert. Die Beteiligung der Milz war sehr unterschiedlich: bei einigen

Mäusen war eine starke, bei den übrigen dagegen nur eine leichte Vergrößerung zu

beobachten (s. Abb. 7). Auch die Beteiligung der Lymphknoten war sehr

uneinheitlich, bei einigen Tieren waren diese stark vergrößert, meistens war aber

keine Veränderung feststellbar. Bei allen Tieren konnte eine leichte Anämie

diagnostiziert werden, mit einem durchschnittlichen Hämatokrit von 31,9 % (± 9,3).

Nur wenige Tiere hatten erhöhte Leukozytenwerte, so dass in den Blutausstrichen

auch nur wenige Tumorzellen zu erkennen waren (s. Abb. 9). Morphologisch war

dieser Phänotyp deutlich heterogener als der uniforme Phänotyp der ersten

Krankheitswelle (s. Tab. 11).

Ergebnisse 53

Tab. 11: Zusammenstellung aller relevanten Daten der erkrankten Mäuse aus der 10A1-induzierten

späten Krankheitswelle. (N: normal; n.a.: nicht analysiert; Hkt: Hämatokrit; Leu: Leukozytenzahl)

Maus- Nr.

nach [d]

Milz [g]

Leber[g]

Andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

#1821 138 > 1,0 N Lymphknoten 12 33 #1822 138 > 1,5 > 2,5 Lymphknoten 32 10 #1823 145 > 0,4 N Lymphknoten 48 36 #1826 188 N N Lymphknoten 36 5,2 #2129 224 N N Lymphknoten n.a. n.a. #2135 180 N N Lymphknoten n.a. n.a. #2139 180 0,76 N Lymphknoten n.a. n.a. #2367 119 0,83 N Lymphknoten 36 5,1 #2432 161 0,79 N Lymphknoten 23,4 26,4 #2446 194 0,95 N normal 31,2 3,6 #2450 166 0,85 N Lymphknoten 36,3 18,3 #2454 201 N N normal 32,4 2,7

Um die Unterschiede zwischen den beiden 10A1-induzierten Phänotypen noch

genauer zu bestimmen, wurden histologische Untersuchungen durchgeführt. Dazu

wurden Blutausstriche und Organschnitte gefärbt (s. 5.9) und mikroskopisch

ausgewertet. Die Organschnitte und die histologischen Analysen wurden

freundlicherweise von Dr. Jürgen Löhler (Arbeitsgruppe Molekulare Pathologie des

HPI) durchgeführt.

Ergebnisse 54

Abb. 8: Blutausstrich einer 10A1-infizierten Maus mit dem frühen Phänotyp. An der Verformung der

Eryhtrozyten ist die starke Anämie zu erkennen (Akanthozytose). Die Erythrozyten sind darüber

hinaus polychromatisch. Des weiteren sind Proerythroblasten, basophile Makroblasten, Normoblasten

und ein Granulozyt zu erkennen (Vergrößerung x 880, Pappenheim-Färbung).

Abb. 9: Blutausstrich einer 10A1-infizierten Maus mit dem zweiten Phänotyp. Es sind drei

Lymphoblasten zu erkennen. Die Erythrozyten sind polychromatisch (Vergrößerung x 880, Pappen-

heim-Färbung).

Ergebnisse 55

Mäuse, die zur ersten Krankheitswelle gehörten, zeigten vermehrt Tumorzellinfiltrate

in der Leber, der Lunge und dem Knochenmark. Die normale Architektur der Milz war

durch das Tumorwachstum fast vollständig zerstört, wobei die weiße Pulpa durch die

stark expandierte und alterierte rote Pulpa weitgehend verdrängt wurde (s. Abb. 10).

Die Ausweitung der roten Pulpa war auf die massenhaft auftretenden Tumorzellen

zurückzuführen. Die Struktur des Knochenmarks wurde durch die Tumorzellinfiltrate

aufgelöst und die Erythro- und Myelopoese waren stark reduziert. An dieser Stelle

sollte darauf hingewiesen werden, dass die Erythro- und Myelopoese in der Maus

außer im Knochenmark auch in der roten Milzpulpa stattfindet. Die Leber zeigte eine

extreme Invasion von Tumorzellen, was zu einer Vergrößerung und Verfärbung

derselben führte (s. Abb. 12). Bei den Tumorzellen handelte es sich um

Vorläuferzellen der erythroiden, myeloiden und lymphoiden Abstammungslinie, was

für die Virus bedingte Transformation einer Stammzell-ähnlichen Zelle spricht. Diese

Leukämieform wird deshalb nachfolgend als blastische Leukämie bezeichnet. Die

Blutausstriche zeigten nur wenige normale, reife Erythrozyten, die teilweise starke

Verformungen aufwiesen (Akanthozytose) und myeloblastische sowie lympho-

blastische Zellen (s. Abb. 8). Des weiteren konnten verschiedene Reifungsstadien

der roten Blutzellreihe detektiert werden. Einige Erythrozyten hatten noch Zellkerne

(Normoblasten), was Zeichen einer gestörten Erythropoese ist. Die Blockierung

undifferenzierter, erythroider Zellen kann zu einer Verarmung an reifen Erythrozyten

führen, was die schwere Anämie der Tiere erklären würde. Die Mäuse erkrankten an

einer blastischen Leukämieform, bei der das erythroide Kompartiment stark

beeinträchtigt wurde.

Die Tiere der zweiten Krankheitsphase zeigten nur eine geringe, lokal begrenzte

Infiltration der Leber (s. Abb. 13). Die Gewebsarchitektur des Knochenmarks und der

Lymphknoten war weitgehend zerstört und deren Umgebung durch auswandernde

Tumorzellen stark infiltriert. In diesem Fall stellten die Tumorzellen lymphoide Zellen

verschiedener Reifungsgrade dar. Die weiße Pulpa der Milz zeigte eine stark

expandierte B-Zellzone, die teilweise die T-Zellzone verdrängt hatte (s. Abb. 11). Die

lymphoiden Tumorzellen infiltrierten auch die rote Pulpa. Daneben war eine

verstärkte Erythropoese zu beobachten. In den Blutausstrichen konnte eine erhöhte

Anzahl an lymphoiden Zellen, Lymphoblasten und Lymphozyten (Leukozytose)

beobachtet werden (s. Abb. 9).

Ergebnisse 56

Abb. 10: Schnitt durch die Milz einer 10A1-infizierten Maus aus der ersten Krankheitswelle.

Erythroblastische Tumorzellen besiedeln die rote Milzpulpa. Die normale Hämatopoese der roten

Pulpa ist vollständig verschwunden (Vergrößerung x 560, Hämotoxilin-Eosin-Fäbung).

wP

wP

L

E

Abb. 11: Schnitt durch die Milz einer 10A1-infizierten Maus aus der späten Krankheitswelle. Die weiße

Milzpulpa ist durch lymphoblastische Tumorzellen expandiert (wP). Bei „L“ sind residuale normale

Lymphozyten zu erkennen. Am rechen Bildrand ist eine hyperplastische Erythropoese zu erkennen (E,

Vergrößerung x 350, Hämotoxilin-Eosin-Fäbung).

Ergebnisse 57

Abb. 12: Schnitt durch die Leber einer 10A1-infizierten Maus aus der ersten Krankheitswelle. Die

Lebersinusoide sind stark erweitert durch infiltrierende hämatopoetische Tumorzellen. Die

Tumorzellen handelt es sich vorwiegend um unreife erythroide Zellformen. Es sind aber auch einige

myeloblastische und lymphoblastische Zellen vorhanden. Die Hepatozyten zeigen eine

mikrovesikuläre, fettige Degeneration (Vergrößerung x 560, Perjodsäure-Schiff-Reaktion).

Abb. 13: Das Bild zeigt ein leukämisches Infiltrat (Metastase) in einem Portalfeld der Leber. In der

Lymphomabsiedelung sind zahlreiche Mitosen und Apoptosen der neoplastischen Zellen zu erkennen.

Das an den Tumor angrenzende Lebergewebe ist intakt (Vergrößerung x 350, Giemsa-Färbung).

Ergebnisse 58

Die beiden Phänotypen waren mikroskopisch sehr unterschiedlich. Neben den

unterschiedlichen Tumorzellarten liegt der Hauptunterschied in einem

unterschiedlichen Verteilungsmuster des Gewebsprozesses in der Milz. Der

blastische Phänotyp beeinträchtigte vor allem die rote Pulpa, während die

Neoplasien der lymphoiden Zellen vor allem die weiße Pulpa betreffen. Dies könnte

unterschiedliche pathogenetische Mechanismen im Krankheitsverlauf reflektieren

(s. 6.1.2.4).

6.1.2 Weitere Charakterisierung der MuLV-induzierten Tumore

Bei der FACS-Analyse macht man sich die Tatsache zunutze, dass die verschie-

denen hämatopoetischen Zelltypen während und nach der Differenzierung ganz

bestimmte Proteinmoleküle auf der Oberfläche exprimieren, die von den

entsprechenden, monoklonalen Antikörpern erkannt werden. Da diese Antikörper an

fluoreszierende Farbstoffe gekoppelt sind, können die auf diese Weise markierten

Zellen mittels des FACS-Gerätes quantitativ erfasst werden. Zellen können

gleichzeitig mit mehreren Antikörpern gefärbt werden, wenn diese an andere

Farbstoffe gekoppelt sind, wie z.B. FITC (grün, x-Achse) und PE (rot, y-Achse).

Zellen, an die keiner der beiden Antikörper gebunden hat, befinden sich im linken

unteren Quadranten. Zellen, die nur positiv für den FITC-assoziierten Antikörper sind,

befinden sich im rechten, unteren Quadranten. Zellen, die dagegen nur vom PE-

gekoppelten Antikörper erkannt werden, befinden sich im linken oberen Quadranten

(s. Abb.14). Im rechten oberen Quadranten befinden sich nur Zellen, die doppelt

positiv für die beiden verwendeten Antikörper sind (s. Abb. 14). Bei der

Isotypkontrolle handelt es sich um die Negativkontrolle. Diese wird verwendet, damit

sich die ungefärbten Zellen nach der Justierung im linken unteren Quadranten

befinden und dann nicht als falsch positive gezählt werden können (s. Abb. 14). Im

Forward-Scatter (FSC) wird die Zellgröße und im Sideward-Scatter (SSC) die

Granularität der Zellen bestimmt. Es werden nur die Zellen ausgewählt, die eine

einheitliche Population bilden (s. Abb. 14). Auf diese Weise werden Zelltrümmer und

Erythrozyten nicht mit in die Messung einbezogen.

Ergebnisse 59

6.1.2.1 Moloney- und 4070A-MuLV induzierte Leukämien

Alle vom Moloney-Virus induzierten Tumore waren in der FACS-Analyse doppelt

positiv für die T-Zell-Marker CD90 und CD3 (s. Abb. 14). Im Gegensatz dazu waren

nur einige Lymphome doppelt positiv für die T-Zell-Marker CD4 und CD8, andere

dagegen nur positiv für einen der beiden Antikörper. Bei den doppelt positiven

Tumorzellen handelte es sich um unreife T-Zellen. T-Helfer-Zellen sind nur CD4

positiv, zytotoxische T-Zellen sind nur CD8 positiv. Die Tumore waren alle negativ für

die Oberflächenmarker von Zellen anderer Abstammungslinien (s. Abb. 14). Das

Moloney-MuLV hatte in allen infizierten NIH/Ola-Mäusen T-Zell-Lymphome/Leukämie

induziert, bei der entweder reife oder unreife T-Zellen betroffen waren.

R1

100

CD

4

CD19

B22

0

Isotypktr. FITC 100100

IIsot

ypkt

r. PE

10

4

Sca-

1

100

CD

3e

104

100

104

100

104

100

104

CD8 100 104 100 104 CD34 104

CD90 100 104

SSC

-Hei

ght

0 10

00

1000 00 1000 10FSC-H 0

Abb. 14: FACS-Analyse der Mo-MuLV infizierten Maus #2355, die an einer T-Zell-

Leukämie/Lymphom erkrankt war (Organ: Thymus). Die x- bzw. y-Achsen geben die

Fluoreszenzintensität der gefärbten Zellen an, die Einteilung ist logarithmisch.

In der FACS-Analyse waren 93 % (n = 13) der vom 4070A-MuLV induzierten Tumore

doppelt positiv für die B-Zell-Marker CD19 und B220. Es handelte sich bei den

Tumorzellen also um B-Zellen. Zellen aus anderen Abstammungslinien konnten nicht

detektiert werden. Die Maus, die andere morphologische Merkmale als die anderen

Ergebnisse 60

Tiere gezeigt hatte, lieferte in der FACS-Analyse das gleiche Bild wie die vom

Moloney-MuLV induzierten Tumore. Das Tier hatte eine T-Zell-Leukämie/Lymphom

(s. Abb. 15).

R1

SSC

-Hei

ght

0 10

00

FSC-H 1000 0

B22

0

CD

4 10

0 10

4

104

Sca-

1

104

CD34 104

CD

3e

100

104

Isot

ypkt

r. PE

Isotypktr. FITC

100

104

100 104 100 CD90 104

104 100 100

CD19 100 104 100100

CD8

Abb. 15: FACS-Analyse der 4070A-MuLV-infizierten Maus #2324, die an einer B-Zell-

Leukämie/Lymphom erkrankt war (Organ: Lymphknoten).

6.1.2.2 10A1-MuLV induzierte Leukämien

Die Charakterisierung der blastischen Leukämieform mittels FACS-Analyse stellte

sich schwierig dar, weil sich diese Tumore durch ein Fehlen von typischen

Zellmarkern auszeichneten. Die Tumore waren weder positiv für die B-Zell-Marker

(CD19, B220), noch für die T-Zell-Marker (CD90, CD3, CD4 und CD8). Darüber

hinaus konnten auch die Antikörper CD34 und CD117, die frühe Stammzellen

erkennen, nicht nachgewiesen werden (s. Abb. 16). Die Lymphome waren ebenfalls

negativ für die myeloiden Zellmarker CD11b und Gr-1 (nicht dargestellt).

Ergebnisse 61

R2

Isotypktr. FITC

CD34

Sca-

1

CD

4

CD19

B22

0

CD

3e

Isot

ypkt

r. PE

SS

C-H

eigh

t 0

1000

100

104

100

104

100

104

100

104

100

104

FSC-H 0 1000

100 100 104 CD8 100 104 104

100 104 CD90 010 410

Abb. 16: FACS-Analyse der 10A1-MuLV-infizierten Maus #2375, die an einer blastischen

Leukämie/Lymphom erkrankt war (Organ: Milz).

Stattdessen waren die Tumorzellen nur positiv für Sca-1 (Stemcell antigen-1,

s. Abb. 16). Die Ergebnisse der FACS-Analysen machten es schwierig, die

Sca-1+-Zellfraktion einer bestimmten Abstammungslinie zuzuordnen. Es scheint,

dass das 10A1-MuLV hämatopoetische, multipotente Vorläuferzellen transformieren

kann, die in einem frühen Stadium der Differenzierung blockiert wurden. Aufgrund

der mikroskopischen Analysen scheint aber schon eine gewisse Determinierung in

Richtung der erythroiden Abstammungslinie vorzuliegen. Deshalb wurde in den

weiteren FACS-Analysen der Antikörper Ter119 verwendet, der alle

Differenzierungsstadien der erythroiden Zellreihe erkennt. Es konnte beobachtet

werden, dass alle 10A1-MuLV infizierten NIH/Swiss-Mäuse eine Leukämie

entwickelten, bei der undifferenzierte Vorläuferzellen oder frühe Erythroblasten

transformiert wurden (Ott et al., 1994).

Ergebnisse 62

Alle Lymphome aus der späten Krankheitsphase (s. Tab. 11) waren in der FACS-

Analyse positiv für den B-Zell-Marker B220. Zur weiteren Bestätigung, dass es sich

bei den Tumorzellen um B-Zellen handelt, wurde dann der Antikörper CD19

verwendet. Die analysierten Tumore waren doppelt positiv für die Antikörper CD19

und B220, was bedeutet, dass diese Zellen eindeutig der B-Zellreihe zuzuordnen

sind (s. Abb. 17). Darüber hinaus waren die Tumorzellen negativ für Marker anderer

Abstammungslinien. Bei zwei anderen Mäusen konnte eine T-Zell-Leukämie

diagnostiziert werden, die hier aber nicht weiter charakterisiert wird.

R1

104

100

100

Sca-

1

100

100

104100 u000 uCD117

IgM 100 104

100

100

CD

117

100

B22

0

104

100 CD19

104

100

104

FSC-H

CD

3e

100 0 1000 100CD90 104

104

100

100

Isot

ypkt

r. PE

10

4 10

0

1041000 1000 1000 Isotypktr. FITC 0

SSC

-Hei

ght

0 10

00

Sca-1

104

Abb. 17: FACS-Analyse der 10A1-MuLV-infizierten Maus #2446, die an einer

B-Zell-Leukämie/Lymphom erkrankt war (Organ: Milz). Dieser Tumor war ausnahmsweise auch positiv

für den Antikörper CD117.

6.1.2.3 Überprüfung des Differenzierungsgrades der B-Zellen

Um den Differenzierungsgrad der B-Zellen näher zu bestimmen, wurde untersucht,

inwieweit somatische Rekombinationen in den Immunoglobulingenen stattgefunden

hatten. Der ausgereifte und funktionelle B-Zell-Rezeptor (Immunoglobulin) besteht

aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die über Disulfidbrücken verbunden

Ergebnisse 63

sind. Die schwere Kette besteht aus vier Domänen: einer variablen Domäne (VH), die

für die Antigenerkennung wichtig ist und drei konstanten Domänen (CH1-3). Der VH-

Bereich wird von drei verschiedenen genetischen Clustern kodiert: den

Variabilitätsgenen (V), den Diversitätsgenen (D) und den Verbindungsgenen (J). Die

somatische Rekombination beginnt mit dem Zusammenfügen jeweils eines D- und

eines J-Fragments aus den entsprechenden Clustern, erst dann folgt eines der V-

Fragmente (s. Abb. 18).

prä-B-Rezeptor

Umstrukturier

Umstrukturierungen beginne

große prä-B-Zelle

VH-DJH Rekombination findet statt

kein funktionelles Protein wird exprimiert

frühe pro-B-Zelle

ZellenProteineGene

Abb. 18: In frühen pro-B-Zellen beg

schwere Kette mit dem Zusammenfüg

Gen-Clustern. Es wird aber noch ke

großen prä-B-Zellen ist die Rekombina

surrogate leichte Kette

ungen in der leichten Kette werden beendet

reife B-Zelle

unreife B-Zelle

n in der leichten Kette und stoppen in der schweren Kette

innt die Rekombination in den Imm

en eines D- und eines J-Fragments

in funktionelles Protein auf der Ze

tion der schweren Kette abgeschloss

IgM

unoglobulingenen für die

aus den entsprechenden

lloberfläche exprimiert. In

en und Rekombination in

Ergebnisse 64

den Genen für die leichte Kette beginnt. Die schwere Kette wird mit einer surrogaten leichten Kette auf

der Oberfläche exprimiert und bildet den unreifen B-Zell-Rezeptor-Komplex. Erst nachdem auch die

Rekombination der leichten Kette abgeschlossen ist, wird der reife B-Zell-Rezeptor-Komplex auf den

B-Zellen exprimiert (IgM). Bild stammt aus (Janeway et al., 1999)

Die Tumore waren in der FACS-Analyse negativ für den Antikörper IgM und können

deshalb als frühe B-Zellen eingestuft werden. Um den Differenzierungsgrad der

Zellen zu bestätigen, wurden die Tumor-DNAs in Southern Blot-Analysen auf

Rekombinationsereignisse in den Immunoglobulingenen getestet. Die Tumor-DNAs

wurden sowohl mit den Enzymen EcoRV als auch EcoRI gespalten und mit der JH3-

4-Sonde, die spezifisch das Gen-Cluster der murinen J-Fragmente erkennt,

hybridisiert. Als Kontrolle diente DNA einer uninfizierten NIH/Ola-Maus.

λ 1 λ2 3 4 5 6 7

Spur B-Zell+-Mäuse

λ λ –DNA HindIII gespalten

1 #1821, Milz

2 #1822, Milz

3 #1823, Milz

4 #2129, Milz

5 #2139, Milz

6 #2367, Milz

7 NIH/Ola WT, Milz

2,3 kb

9,4 kb

2,0 kb

4,4 kb

6,6 kb

23 kb

Abb. 19: EcoRI gespaltene Tumor-DNAs aus

10A1-induzierten B-Zell+-Mäusen, hybridisiert

mit der spezifischen Sonde JH3-4

In einer gesunden Maus befinden sich die Immunoglobulingene in den Zellen, die

nicht der B-Zellreihe angehören, in Keimbahnkonfiguration. In der normalen B-Zell-

Fraktion haben so viele verschiedene Rekombinationsereignisse stattgefunden, dass

die rekombinierten Banden unterschiedlicher Größe einen nur sehr schwach oder

überhaupt nicht detektierbaren „Schmier“ bilden (s. Abb. 19, Kontrolltiere Spur 7 und

12). In Mäusen mit einem B-Zell-Lymphom hingegen ist eine transformierte, klonal

auswachsende Zelle der Ursprung aller Tumorzellen gewesen. Es treten daher

Ergebnisse 65

neben der unrekombinierten Bande auch zwei zusätzliche Banden auf, die

charakteristisch für jedes einzelne Tier sind und durch Rekombinationsereignisse in

beiden Allelen der ursprünglichen Tumorzelle zustande kommen (s. Abb. 19, Spuren

1-6, 8-11). Durch Vergleich der Intensitäten zwischen unrekombinierten und

rekombinierten Banden können Rückschlüsse auf das Verhältnis von Tumorzellen zu

untransformierten Zellen gezogen werden. In allen Tumoren bis auf einen (s. Abb.

19, Maus #2450, Spur 10) ist die Intensität der unrekombinierten Bande größer als

die der Rekombinierten (s. Abb. 20). Die Maus #2139 (Spur 5) zeigte keine eindeutig

rekombinierten Banden, so dass in diesem Tumor noch keine Umstrukturierungen in

den Immunoglobulingenen stattgefunden hatten (s. Abb. 19).

λ 8 9 10 11 12

Spur B-Zell+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten

8 #2432, Milz

9 #2446, Milz

10 #2450, Milz

11 #2454, Milz

12 NIH/Ola WT, Milz

2,3 kb

9,4 kb

2,0 kb

4,4 kb

6,6 kb

23 kb

Abb. 20: EcoRI gespaltene Tumor-DNAs aus

10A1-induzierten B-Zell+-Mäusen, hybridisiert

mit der spezifischen Sonde JH3-4

In den Abbildungen 19 und 20 ist deutlich zu erkennen, dass alle Tumore ein

unterschiedliches Muster an rekombinierten Banden zeigten. Obwohl in den

Tumoren schon mit Rekombinationen im Immunoglobulingen-Lokus für die schwere

Kette begonnen wurde, konnte aber kein Protein des B-Zell-Rezeptor Komplexes in

der FACS-Analyse detektiert werden. Deswegen handelt es sich bei diesen Zellen

weder um undifferenzierte prä-pro-B-Zellen, noch um differenzierte prä-B-Zellen oder

reife B-Zellen (Hardy et al., 1991). Diese Tumorzellen sind also am ehesten der pro-

B-Zellpopulation zuzuordnen.

Ergebnisse 66

6.1.2.4 Kinetik des Krankheitsverlaufs

Um festzustellen, ob sich ein Unterschied zwischen den beiden 10A1-induzierten

Phänotypen bereits während der Latenzzeitphase nachweisen lässt, wurden jeweils

zwei Mäuse zu bestimmten Zeitpunkten nach der Infektion geopfert und sowohl

makroskopisch als auch mikroskopisch auf das Auftreten etwaiger Veränderungen

hin untersucht. Der Abstand zwischen den Beobachtungszeitpunkten betrug ein bis

zwei Wochen. Der gesamte Untersuchungszeitraum umfasste 15 Wochen, wobei mit

den Analysen zwei Wochen nach Infektion begonnen wurde.

Erste mikroskopische Veränderungen konnten sechs Wochen nach der Infektion in

den klinisch gesunden Tieren festgestellt werden. In der leicht vergrößerten Milz war

eine Vermehrung (Hyperplasie) von hämatopoetischen Zellen zu erkennen, was aber

die Architektur des Organs nicht beeinträchtigte. In der weißen Pulpa konnte eine

Vermehrung der B-Zellen, in der roten Pulpa eine Hyperplasie vor allem erythroider

Zellen und in geringerem Maße auch der myeloiden und megakaryozytischen Zellen

diagnostiziert werden. Auch in den Lymphknoten war eine beginnende

Zellproliferation nachweisbar. Nach acht Wochen zeigten die Lymphknoten und das

Knochenmark eine deutliche Hyperplasie.

Mikroskopisch ist bis zur neunten Woche nach Virusinokulation kein Unterschied

zwischen den beiden Phänotypen feststellbar. Die Auswirkungen der Virusinfektion

ist in diesem Zeitraum durch eine allgemeine Hyperplasie der roten Pulpa

gekennzeichnet. Das gleiche gilt übrigens auch für Moloney-MuLV infizierte Mäuse

(Daten nicht dargestellt). Erst nach diesem Zeitpunkt beginnt sich eine Manifestation

in die eine oder andere Richtung bemerkbar zu machen, wobei die Mäuse nach

Auftreten der ersten Anzeichen für einen blastischen Phänotyp sehr rasch moribund

werden, d.h. der Krankheitsverlauf ist in diesem Fall rasch propagiert. In der Leber

konnten ab der zehnten Woche Tumorzellinfiltrate nachgewiesen werden. Das

Auftreten von Infiltraten in der Leber, später auch in anderen Organen ist

charakteristisch für den blastischen Phänotyp, da beim B-Zell+-Phänotyp zu keinem

Zeitpunkt Infiltratbildungen nachgewiesen werden konnten, die die Leberarchitektur

beeinträchtigten (s. Abb. 12 und 13).

Ergebnisse 67

6.2 Charakterisierung der chimären murinen Leukämieviren NIH/Ola-Mäuse wurden mit den chimären Retroviren infiziert. Kranke Tiere wurden

geopfert und auf Veränderungen untersucht. Die entnommenen Tumore wurden

dann weiter analysiert.

6.2.1 Charakterisierung von MuLVs mit ausgetauschten env-Sequenzen

Um festzustellen inwieweit sich der Austausch von env-Sequenzen auf die

Pathogenität von murinen Leukämieviren auswirkt, wurden zwei chimäre Retroviren

hergestellt (s. Abb. 21). In das Moloney-MuLV wurden über die Schnittstellen SalI

und ClaI die 10A1 env-Sequenzen eingeführt. Das Virus 10A1V-4070Aenv trägt die

über die Schnittstellen SphI und ClaI inserierten amphotropen env-Sequenzen.

MuLVs infizieren Zellen über deren auf der Oberfläche exprimierten Rezeptoren.

Welchen Rezeptor ein Virus für den Eintritt in die Wirtszelle benutzt, wird durch

dessen env-Sequenzen determiniert. (Münk et al., 1998) haben gezeigt, dass die

Einführung eines amphotropen oder 10A1 env-Gens in das Moloney-MuLV, dieses

befähigt spongiforme Läsionen im Gehirn infizierter Mäuse zu verursachen. Der

Austausch von env-Sequenzen könnte also profunde Auswirkungen auf die Fähigkeit

eines MuLVs haben, bestimmte Spezies oder Gewebe zu infizieren und könnte damit

auch dessen Pathogenität beeinflussen. Es wurde deshalb in dieser Arbeit getestet,

inwieweit sich der Austausch von env-Sequenzen auf die Fähigkeiten vom Moloney-

und 10A1-MuLV auswirken, bestimmte Leukämieformen zu induzieren. Das 10A1-

Virus erkennt die beiden Phosphatsymporter Pit1 und Pit2, während das 4070A-

MuLV nur den Pit2-Rezeptor benutzt. Das Mo-MuLV erkennt den

Aminosäuretransporter mCat-1.

Ergebnisse 68

LTR Rezeptor: LTR envpolgag

10A1 ClaI SalI

4070A ClaI SphI

LTR LTR envpolgag

Mo-MuLV mCat1

Mo-101env-MuLV Pit1 + Pit2

Pit1 + Pit210A1-MuLV

Pit2 10A1-4070env-MuLV

Abb. 21: Genomorganisation und Rezeptornutzung von Moloney-MuLV, Mo-10A1env-MuLV, 10A1-

MuLV und 10A1-4070env. Das chimäre Mo-10A1env Virus trägt das env-Gen und den 3’-pol Bereich des

10A1MuLVs. Das Virus Konstrukt 10A1-4070env besitzt amphotropen Sequenzen von der SphI bis zur

ClaI Schnittstelle, was das env-Gen und einen kleinen Teil der 3’-pol Region umfasst.

6.2.1.1 Phänotyp von Mo-10A1env infizierten Tieren

Das chimäre Virus Mo-10A1env induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 128

Tagen in 93 % der infizierten Tiere (n = 15) eine T-Zell-Leukämie. Eine Maus hatte

eine B-Zell-Leukämie. Interessanterweise zeigten die meisten Tiere eine stark

vergrößerte Leber, was bei Moloney-MuLV infizierten Mäusen fast nie zu beobachten

gewesen war. Darüber hinaus hatten die erkrankten Tiere fast alle eine stark

vergrößerte Milz und die Lymphknoten waren ebenfalls fast immer betroffen (s. Tab.

12). Es wurden keine Blutanalysen von diesen Tieren durchgeführt.

In der FACS-Analyse waren die Tumore entweder nur CD90 oder CD90/CD3 positiv.

Die meisten Lymphome waren CD4/CD8 positiv, einige exprimierten aber nur CD4

oder CD8 auf der Oberfläche (s. Tab 12). Diese Tumore zeigten somit das gleiche

Bild wie die vom Moloney-MuLV induzierten Lymphome. Ein Tumor war positiv für

den B-Zell-Marker B220, der Antikörper anti-CD19 wurde nicht verwendet. Dieses

Virus-Konstrukt wurde bereits in NIH/Swiss Mäusen getestet (Ott et al., 1992). Die

Tiere zeigten ebenfalls den gleichen Phänotyp wie nach einer Infektion mit dem

Wildtyp Moloney-MuLV.

Ergebnisse 69

Tab. 12: Analysierte Daten der Mo-10A1env infizierten Mäusen im Überblick (N: normal; Lk:

Lymphknoten; Thy: Thymus; *: CD3 nicht verwendet)

Maus- Nr.

nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere Organe

FACS

#1546 124 >1,5 >3,0 Lk, Thy CD90, CD4/CD8*

#1835 108 >0,4 >2,5 Lk, Thy CD90, CD4/CD8*

#1836 108 N N Lk, Thy CD90, CD4/CD8*

#1837 133 >1,5 N Lk, Thy CD90, CD4/CD8*

#1838 118 >1,0 N Lk CD90, CD4/CD8*

#1840 131 >1,5 N Lk, Thy CD90, CD4/CD8*

#2144 146 0,9 N Lk, Thy CD90, CD8

#2146 196 1,0 >2,5 Lk, Thy CD90, CD4

#2148 188 1,2 >2,5 Lk, Thy CD90, CD4/CD8

#2150 105 2,5 3,0 Lk, Thy CD90/CD3, CD4

#2153 105 >1,5 >3,0 Lk CD90/CD3, CD4/CD8

#2156 146 2,0 >3,0 Lk CD90/CD3, CD4

#2160 106 >1,5 >3,0 Lk, Thy CD90/CD3, CD4/CD8

#2147 209 1,3 N Lk, Thy B220

6.2.1.2 Phänotyp von 10A1-4070env infizierten Tieren

Das Virus 10A1-4070env führte nach einer mittleren Latenzzeit von 175 Tagen zum

Tod der infizierten Mäuse, wobei 88 % der Tiere (22/25) keine vergrößerten Organe

zeigten. Allerdings waren diese Mäuse in ihrer Größe und ihrem Gewicht stark

reduziert. Eine genauere Analyse dieser Tiere zeigte, dass sie an Odontopathie

litten, was zu einem Verlust der Zähne führte. Die Tiere wurden deshalb mit

aufgeweichtem Futter gefüttert. Darüber hinaus zeigten sie Anzeichen von Hepatitis

und Uropathie. Letztere führte zu einer Schädigung der Nieren und Anreicherung von

toxischen Substanzen im Blut. Mikroskopisch konnten in der T-Zellzone innerhalb der

weißen Milzpulpa Veränderungen nachgewiesen werden. Es könnte sich um ein

beginnendes T-Zell-Lymphom handeln oder um eine expandierte B-Zellzone, die den

T-Zellbereich verdrängt hatte. Die Leukämie konnte sich wahrscheinlich nicht

etablieren, weil die Tiere an den anderen Auswirkungen der Infektion zugrunde

Ergebnisse 70

gegangen sind. Drei Tiere zeigten eine leichte Vergrößerung der Milz und der

Lymphknoten und hatten eine B-Zell-Leukämie (positiv für CD19/B220).

Beim Virus 10A1-4070env hatte der Austausch der env-Sequenzen einen

dramatischen Einfluss auf dessen pathogenes Potential. Diese Abschwächung

könnte darin begründet sein, dass das chimäre MuLV nur noch den amphotropen

Rezeptor Pit2 für die Infektion benutzen konnte. Die einzigartige Rezeptornutzung

vom 10A1-MuLV (Pit1 und Pit2) scheint also wichtig für die Transformation von

Stammzellen zu sein. Pit1 wird vor allem im Knochenmark und auf hämato-

poetischen Zellen exprimiert (Kavanaugh et al., 1994), was erklären könnte, warum

das 10A1-MuLV in der Lage war, das Stammzell-Kompartiment zu transformieren.

Obwohl Mo-10A1env völlig andere zelluläre Rezeptoren erkennt als das Mo-MuLV,

scheint diese veränderte Rezeptorerkennung keinen nennenswerten Einfluss auf die

induzierte Leukämieform zu haben. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass

die für die Induktion einer T-Zell-Leukämie verantwortlichen Sequenzen im Mo-MuLV

außerhalb des env-Bereiches liegen müssen.

6.2.2 Charakterisierung von MuLVs mit einem LTR-Austausch

Verschiedene Arbeitsgruppen haben gezeigt, dass die für eine Leukämie

verantwortlichen Bereiche wahrscheinlich in den Enhancer- und Promotersequenzen

der U3-Region des LTR lokalisiert sind. Mo-MuLV induziert T-Zell-Lymphome,

während das Friend-MuLV ausschließlich Erythroleukämien verursacht. Ein Friend-

Virus mit Moloney Enhancer-Elementen induzierte vorwiegend T-Zell-Leukämien,

während das Mo-MuLV nach Einführung der Friend Enhancer-Elemente vorwiegend

Erythroleukämien induzierte (Chatis et al., 1983; Golemis et al., 1989).

Um zu testen, inwieweit der Austausch von Enhancer-Elementen Auswirkungen auf

die Art der von 10A1 und Mo-MuLV induzierten Leukämie hat, wurden zwei

Rekombinanten hergestellt (s. Abb. 22). In das Mo-10A1env Virus, welches

ausschließlich T-Zell-Leukämien verursacht, wurde zusätzlich die 10A1 U3-Region

eingefügt. Das 10A1V-MoLTR entstand durch Insertion der Moloney U3-Region in das

10A1-MuLV.

Ergebnisse 71

gag pol env LTR LTR

env polgag LTR LTR

10A1 ClaI SalI

Mo-MuLV

Mo-10A1V-10A1LTR-MuLV

10A1-MuLV

10A1V-MoLTR-MuLV

Abb. 22: Genomorganisation von Moloney-MuLV, Mo-10A1V-10A1LTR-MuLV, 10A1-MuLV und

10A1V-MoLTR-MuLV. Das chimäre Mo-10A1V-10A1LTR Virus trägt den U3-Bereich des 10A1MuLVs.

Das Virus-Konstrukt 10A1V-MoLTR besitzt die vom Mo-MuLV stammende U3-Region.

6.2.2.1 Phänotyp von Mo-10A1V-10A1LTR infizierten Tieren

Das chimäre Virus Mo-10A1V-10A1LTR induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von

124 Tagen in 94 % der infizierten Tiere (n = 17) eine T-Zell-Leukämie (s. Tab 13). Ein

Tier zeigte einen blastischen Phänotyp. Die 16 Lymphome waren ausschließlich

positiv für die T-Zell-Marker. Die Tiere hatten alle normale Hämatokritwerte. Die

Leber war nur bei der Hälfte der Mäuse vergrößert. Im Gegensatz dazu zeigten alle

Tiere eine Splenomegalie mit durchschnittlichen Organgewichten von 1,3 g (± 0,5).

Auch der Thymus und die Lymphknoten waren fast immer vergrößert. Eine Maus

hatte eine schwere Anämie und zeigte sich auch morphologisch so, wie es vom

10A1-induzierten Sca-1+-Phänotyp bekannt ist. Der Tumor war nur positiv für den

Antikörper anti-Sca-1.

Ergebnisse 72

Tab. 13: Befunde der Mo-10A1V-10A1LTR-infizierten Mäuse im Überblick (N: normal; vergrößerte

Organe: Lk: Lymphknoten; Thy: Thymus; n.a.: nicht analysiert)

Maus-

Nr. nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

FACS

#2283 134 1,0 >2,3 Lk, Thy 49,4 67,8 CD90/CD3, CD4/CD8

#2284 137 1,8 N Lk, Thy 37 37,5 CD90/CD3, CD4/CD8

#2285 163 1,4 N Thy 39,3 36,9 CD90/CD3, CD4/CD8

#2287 107 1,6 N Lk, Thy 45,7 46 CD90/CD3, CD4

#2288 113 1,6 N Lk, Thy 43,6 12,9 CD90/CD3, CD4

#2289 148 0,8 N Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4/CD8

#2293 128 >2,0 >2,5 Lk, Thy 39,6 32,7 CD90/CD3, CD4/CD8

#2296 107 0,6 N Lk, Thy 51,2 n.a. CD90/CD3, CD8

#2297 113 1,1 N Lk, Thy 49,5 7,1 CD90/CD3, CD4

#2298 128 >2,0 >2,5 Lk, Thy 39 n.a. CD90/CD3, CD4

#2299 137 1,5 >2,5 Lk, Thy 36,1 19,7 CD90/CD3, CD4/CD8

#2300 120 0,7 N Thy 55 21,9 CD90/CD3, CD4/CD8

#2301 137 1,1 N Lk, Thy 41,2 100 CD90/CD3, CD4/CD8

#2302 141 1,8 >2,3 Lk, Thy 36,2 93,1 CD90/CD3, CD4/CD8

#2303 218 N N Thy 40,8 7,2 CD90/CD3, CD4

#2624 111 2,4 3,2 Lk, Thy 41,1 131,1 CD90/CD3, CD4

#2291 120 1,5 N normal 17,7 38 Sca-1

6.2.2.2 Phänotyp von 10A1V-MoLTR infizierten Tieren

Das Virus 10A1V-MoLTR induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 94 Tagen in

53 % der infizierten Tiere (n = 10) eine T-Zell-, in 26 % eine blastische (n = 5) und in

21 % eine B-Zell-Leukämie (n = 4, s. Tab. 14).

Ergebnisse 73

Tab. 14: Befunde von den 10A1V-MoLTR-induzierten Lymphomen im Überblick (N: normal; vergrößerte

Organe: Lk: Lymphknoten; Thy: Thymus; n.a.: nicht analysiert)

Maus-

Nr. nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

FACS

#2537 89 2,4 3,8 Lk 42,6 265 CD90/CD3, CD4

#2539 108 1,5 2,6 Lk, Thy 39 2,6 CD90/CD3, CD4/CD8

#2541 124 1,3 N Lk, Thy 31,2 43,5 CD90/CD3, CD4/CD8

#2543 83 0,6 N Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4/CD8

#2546 89 1,3 3,9 Lk, Thy 36 62,4 CD90/CD3, CD4/CD8

#2549 108 2,2 3,0 Lk 39,3 99,3 CD90/CD3, CD4

#2550 90 2,3 4,2 Lk, Thy 39 n.a. CD90/CD3, CD4

#2551 94 1,8 2,8 Lk, Thy 43,2 50,4 CD90/CD3, CD8

#2555 130 1,3 N Lk, Thy 46,5 21,3 CD90/CD3, CD4/CD8

#2558 83 3,5 5,1 Lk n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2542 80 2,6 3,3 normal n.a. n.a. Sca-1, Sca-1/Ter119

#2545 77 1,8 2,5 normal n.a. n.a. Sca-1/ Ter119

#2547 90 2,3 2,9 normal 16,2 8,1 Sca-1/ Ter119

#2553 94 2,2 2,4 normal 18 18,3 Sca-1, Sca-1/Ter119

#2559 104 2,6 3,1 normal n.a. n.a. Sca-1, Sca-1/Ter119

#2538 94 0,6 1,3 normal 43,2 6,6 CD19/B220

#2548 104 1,0 1,8 Lk n.a. n.a. CD19/B220

#2554 103 1,2 2,0 Lk 49,5 n.a. CD19/B220

#2556 117 0,6 1,8 normal 41,4 11,4 CD19/B220

Die Mäuse mit T-Zell-Lymphomen hatten alle eine vergrößerte Milz. Bei einigen

Tieren war die Leber nicht betroffen, bei den anderen war diese stark vergrößert

(Gewicht über 2,2 g). Der Thymus und die Lymphknoten waren fast immer verändert.

Der Hämatokrit war fast immer normal. In FACS-Analysen zeigten sich die T-Zell-

Tumore ausschließlich positiv für die typischen Marker (s. Tab. 14). Der T-Zell+-

Phänotyp stellte sich wie der vom Mo-MuLV induzierte dar: Bei den 10A1V-MoLTR

Ergebnisse 74

infizierten Tieren konnte allerdings eine stärkere Beteiligung der Milz beobachtet

werden.

Alle Mäuse mit einem blastischen Phänotyp hatten eine stark vergrößerte Milz. Die

Leber zeigte immer starke Farbveränderungen (Tumorzellinfiltrate), auch wenn das

Organ nicht vergrößert war. Die anderen Organe waren nicht beteiligt. Die

analysierten Hämatokritwerte waren stark vermindert. Die Tumore zeigten in der

FACS-Analyse eine Sca-1 und eine Sca-1/Ter 119 positive Zellpopulation. Der durch

das Virus 10A1V-MoLTR induzierte Phänotyp entspricht dem vom Wildtyp 10A1-

MuLV.

Die Tiere, die an einer B-Zell-Leukämie erkrankt waren, hatten eine um das Doppelte

vergrößerte Milz. Die Leber und der Thymus waren nicht betroffen. Auch die

Lymphknoten zeigten nur eine geringe Beteiligung. Die Hämatokritwerte waren

normal. Die Tumore waren in der FACS-Analyse doppelt positiv für die B-Zell-Marker

CD19/B220. Es scheint sich auch bei diesen Tumorzellen, um unreife B-Zellen zu

handeln.

Erstaunlicherweise hatte der Verlust der Moloney Enhancer-Elemente keinen

Einfluss auf die Fähigkeit der Rekombinante Mo-10A1V-10A1LTR T-Zell-Leukämien

zu induzieren, so dass es Sequenzen außerhalb des LTR geben muss, die diesen

Verlust ausgleichen können. Diese Hypothese wird durch das 10A1V-MoLTR-Virus

untermauert, da die Einführung der starken Moloney Enhancer-Elemente nur in etwa

50 % der Tiere zu einer T-Zell-Leukämie führte. Das Mo-LTR scheint somit zwar

ausreichend, aber nicht unbedingt notwendig für das Auftreten von T-Zell-

Lymphomen zu sein.

6.2.3 Charakterisierung von MuLVs mit einem Austausch von gag- oder NP-Sequenzen

Da die bisherigen Untersuchungen gezeigt hatten, dass die 10A1 env-Sequenzen in

einem Moloney-Rückgrat bzw. die Moloney LTR-Sequenzen in einem 10A1-Rückgrat

entweder keine Auswirkungen zeigten bzw. nicht ausreichend für die Induktion einer

T-Zell-Leukämie waren, wurden noch weitere chimäre MuLVs hergestellt (s. Abb. 23

und 24). Im stromaufwärts vom strukturellen gag-Gen gelegenen Bereich (Leader)

sind regulatorische Elemente lokalisiert, die für den Entwicklungszyklus eines MuLVs

Ergebnisse 75

sehr wichtig sind, wie das Dimerisierungssignal, die Primer-Bindungsstelle, die

interne Ribosomeneintrittsstelle und das Verpackungssignal. Das erweiterte

Verpackungssignal überlappt mit den gag-Sequenzen. Im Leader-Bereich ist auch

das Initiations-Kodon für das N-terminal verlängerte glykoGag-Protein lokalisiert.

Dieses Protein beeinflusst auf bisher unbekannte Weise die Pathogenität von

murinen Leukämieviren. Um zu testen, inwieweit der Austausch der Leader- bzw.

NP-Sequenzen Auswirkungen auf die Art der vom 10A1-MuLV induzierten Leukämie

hat, wurde die Moloney NP-Region in das 10A1-Virus eingeführt. Das chimäre Virus

wurde als 10A1V-MoNP bezeichnet.

LTR envpolgag LTR

PstI NheI

10A1-MuLV

10A1V-MoNP-MuLV

Abb. 23: Genomorganisation von 10A1-MuLV und 10A1V-MoNP-MuLV. Das Virus Konstrukt 10A1V-

MoNP besitzt die vom Mo-MuLV stammende NP-Region. Für die genaue Klonierungsstrategie der NP-

Konstrukte s. 3.14.3.

6.2.3.1 Phänotyp von 10A1V-MoNP infizierten Tieren

Das chimäre Virus 10A1V-MoNP induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 102

Tagen in 74 % der infizierten Tiere (17/23) eine T-Zell- und in 22 % eine blastische

(5/23) Leukämie. Nur eine Maus hatte eine B-Zell-Leukämie (s. Tab 15).

Ergebnisse 76

Tab. 15: Befunde von den 10A1V-MoNP-induzierten T-Zell- und B-Zell-Lymphomen im Überblick

(N: normal; vergrößerte Organe: Lk: Lymphknoten; Thy: Thymus; n.a.: nicht analysiert)

Maus-

Nr. nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

FACS

#2562 93 2,8 6,7 Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2564 131 1,3 2,7 Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2567 99 1,2 2,5 Lk 12,3 94,8 CD90/CD3, CD4

#2568 126 0,8 N Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD8

#2569 131 2,2 N Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2571 92 1,9 2,7 Lk n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2572 102 2,5 2,9 Lk, Thy n.a. 52,5 CD90/CD3, CD4/CD8

#2574 74 2,3 3,3 Lk n.a. 127,5 CD90/CD3, CD4

#2575 84 1,3 3,8 Lk 30,3 99,9 CD90/CD3, CD4

#2577 102 2,0 3,8 Lk, Thy n.a. 143,4 CD90/CD3, CD4/CD8

#2578 109 1,6 3,7 Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2580 92 3,3 6,3 Lk n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2581 102 2,2 2,8 Lk, Thy n.a. 60,9 CD90/CD3, CD4/CD8

#2583 138 2,3 4,4 Lk 19,8 30 CD90/CD3, CD4

#2585 92 1,4 2,6 Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4/CD8

#2589 98 1,9 3,5 Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4/CD8

#2591 77 1,2 3,6 Lk n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2573 179 0,34 1,3 normal 35,4 6,3 CD19/B220

#2570 144 2,0 2,6 normal 20,7 15,3 Sca-1

#2584 77 1,8 2,3 normal 18,3 13,5 Sca-1

#2587 117 2,1 3,0 normal 19,2 16,5 Sca-1

#2588 87 1,6 2,0 normal 15 32,5 Sca-1, Sca-1/ Ter119

#2592 91 2,4 3,1 normal n.a. 20,1 Sca-1

Ergebnisse 77

Mäuse mit einer T-Zell-Leukämie hatten eine vergrößerte Leber. Das Milzgewicht war

um ca. das fünffache gegenüber normal erhöht. Der Thymus und die Lymphknoten

waren fast immer vergrößert. Die wenigen analysierten Blutproben zeigten einen

verminderten Hämatokrit. Die Tumore waren ausschließlich positiv für die typischen

T-Zell-Marker (s. Tab. 15). Die T-Zell+-Tumore entsprechen dem Mo-MuLV

induzierten Phänotyp. Die Maus, mit dem B-Zell-Phänotyp, hatte keine veränderten

Organe. Der Hämatokrit war leicht vermindert. Der Tumor war doppelt positiv für die

Antikörper anti-CD19 und anti-B220.

Mäuse mit einer blastischen Leukämie hatten alle eine stark vergrößerte Milz. Die

Leber zeigte immer starke Farbveränderungen (Tumorzellinfiltrate), auch wenn das

Organ nicht vergrößert war. Die anderen Organe zeigten keine Beteiligung. Die

analysierten Hämatokritwerte waren stark vermindert. Die Tumore zeigten in der

FACS-Analyse verschiedene Zellpopulationen, die entweder nur Sca-1 positiv oder

doppelt positiv für Sca-1/Ter 119 gewesen sind. Der hier beobachtete Phänotyp

entspricht dem vom Wildtyp 10A1-MuLV-induzierten blastischen Tumoren.

6.2.3.2 Phänotyp von 10A1V-Mogag infizierten Tieren

Um zu testen ob der Austausch der gag-Sequenzen ebenfalls Auswirkungen auf die

Art der vom 10A1-MuLV induzierten Leukämien hat, wurden Moloney gag-

Sequenzen in das 10A1-Virus eingeführt (s. Abb. 24). Das Konstrukt wurde als

10A1V-Mogag bezeichnet. LTR envpolgag LTR

10A1-MuLV

BsrGI Mo DraIII

10A1V-Mogag-MuLV

Abb. 24: Genomorganisation von 10A1-MuLV und 10A1V-Mogag-MuLV. Die Moloney gag-Sequenzen

wurden über die Schnittstellen BsrGI/DraIII in das 10A1-Rückgrat eingefügt.

Die Rekombinante 10A1V-Mogag induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 169

Tagen in 42 % der infizierten Tiere eine blastische (n = 8), in 37 % eine B-Zell-

(n = 7) und in 21 % eine T-Zell-Leukämie (n = 4). Die Befunde der analysierten Tiere

sind ausführlich im Appendix dargestellt (s. Tab 19).

Ergebnisse 78

Mäuse, die an einer blastischen Leukämie erkrankt waren, hatten die schon

beschriebenen typischen Merkmale: Hepatosplenomegalie und starke Anämie. Die

analysierten Tumore zeigten in der FACS-Analyse entweder nur eine Sca-1 positive

oder Sca-1/Ter 119 positive Zellpopulation. Einige Tiere wurden nicht mittels FACS-

Analysen getestet, da ihr morphologischer Phänotyp eindeutig gewesen ist. Der

Phänotyp war analog zu der vom 10A1-MuLV induzierten blastischen Leukämie.

Die meisten Tiere mit einer B-Zell-Leukämie hatten eine unauffällige Leber und eine

nur leicht vergrößerte Milz. Der Thymus und die Lymphknoten waren fast nie

beteiligt. Die Hämatokritwerte schwankten zwischen normal und sehr niedrig. Alle

Tumore waren in der FACS-Analyse doppelt positiv für die Antikörper anti-CD19 und

anti-B220. Um den Differenzierungsgrad der B-Zellen zu bestimmen, wurden die

Antikörper CD79β und IgM verwendet. Der Antikörper CD79β erkennt ein Protein,

das auf der Oberfläche mit dem B-Zell-Rezeptor ko-exprimiert wird, so dass der

sogenannte B-Zell-Rezeptor Komplex entsteht. CD79β wird sowohl auf unreifen als

auch reifen B-Zellen exprimiert. Der Marker IgM erkennt hingegen nur reife B-Zellen.

Die vollständige Auflistung der routinemäßig getesteten Antikörper ist im

Methodenteil aufgeführt (s. 5.10.1). Drei Tumore zeigten zusätzlich noch eine

Subpopulation von Zellen, die auch die reifen B-Zell-Marker CD79β und IgM

exprimierten, so dass noch reife B-Zellen vorhanden waren. Die Tumore zeigten

damit einen etwas anderen Phänotyp als die vom 10A1-Wildtyp induzierten B-Zell-

Lymphome.

Alle Mäuse mit einer T-Zell-Leukämie hatte Lymphome, die sich wie die vom Mo-

MuLV induzierten Tumore darstellten.

6.2.3.3 Phänotyp von Mo-10A1V-10A1NP infizierten Tieren

Um zu testen, ob der Austausch von Leader-Sequenzen ebenfalls Auswirkungen auf

die Art der vom Mo-MuLV induzierten Leukämien hat, wurden in das Mo-10A1env-

Virus, welches fast ausschließlich T-Zell-Leukämien induziert, die 10A1 NP-Region

eingefügt (s. Abb. 25).

Ergebnisse 79

Pr65gagPr75gag

TR LTR CA NC

10A1SalIΨ MA

LClaI

Mo-101env-MuLV

NheI PstI 10A1 ClaI SalI Mo-10A1V-10A1NP-MuLV

Abb. 25: Genomorganisation von Mo-10A1env-MuLV und Mo-10A1V-10A1NP-MuLV. Das chimäre Mo-

10A1V-10A1NP Virus trägt den NP-Bereich des 10A1MuLVs. Für die genaue Klonierungsstrategie der

NP-Konstrukte s. 3.14.3. MA, Matrix-; CA, Kapsid-; NC, Nukleokapsidprotein; Pr65gag, strukturelles

Gag-Polyprotein; Pr75gag, nicht-strukturelles Gag-Polyprotein; Ψ, Verpackungssignal

Das Virus Mo-10A1V-10A1NP induzierte nach einer mittleren Latenzzeit von 106

Tagen in 88 % der infizierten Tiere (n = 17) eine T-Zell-Leukämie. Zwei Mäuse

zeigten einen anderen Phänotyp, ein Tier hatte eine B-Zell-Leukämie, die andere

eine blastische Leukämie. Die Befunde der analysierten Tiere sind ausführlich im

Appendix dargestellt (s. Tab 20).

Die Leber von Mäusen mit einer T-Zell-Leukämie war unterschiedlich stark betroffen.

Das durchschnittliche Milzgewicht lag bei 1,6 g (± 0,7), was dem fünffachen des

normalen Gewichts entspricht. Auch beim Thymus variierte das Erscheinungsbild von

unauffällig bis sehr stark vergrößert. Die Lymphknoten zeigten nur bei 50 % der Tiere

eine Veränderung. Die Hämatokritwerte waren nur leicht vermindert gegenüber den

Normalwerten. Der B-Zell-Phänotyp wies keine Veränderungen der Leber oder der

Lymphknoten auf, die Milz und der Thymus waren allerdings leicht vergrößert. Der

Hämatokrit war ebenfalls normal. Der blastische Phänotyp stellte sich morphologisch

wie schon beschrieben dar, mit Hepatosplenomegalie, keine Beteiligung anderer

Organe und stark vermindertem Hämatokrit. Die T-Zell-Lymphome waren in den

FACS-Analysen ausschließlich positiv für die typischen T-Zell-Marker (CD4 und CD8

wurden nicht analysiert). Ein Lymphom exprimierte nur die B-Zell-Marker, während

das blastische Lymphom positiv für den Antikörper anti-Sca-1 gewesen ist.

Erstaunlicherweise war das Virus 10A1V-MoNP in der Lage in 74 % der Mäuse eine

T-Zell-Leukämie zu induzieren. D.h. der Moloney NP-Bereich scheint einen stärkeren

Einfluss auf die Induktion einer T-Zell-Leukämie zu haben als das Mo-LTR (74 %

gegenüber 53 %). Die Auswirkungen des 10A1 NP-Bereichs im Moloney-MuLV

Ergebnisse 80

waren nicht so deutlich, da sie durch die Gegenwart des Mo-LTR und der Moloney

gag-Sequenzen überdeckt wurden. Die beiden Chimären Mo-10A1V-10A1 und Mo-

10A1V-10A1NP

LTR induzierten in fast gleichem Maße T-Zell-Lymphome in den

infizierten Mäusen, 88 % gegenüber 94%. Interessanterweise scheint sich die

Gegenwart von verschiedenen Moloney-Sequenzen akkumulativ auf die Fähigkeit, T-

Zell-Lymphome zu induzieren, auszuwirken. Das Mo-gag induzierte in 21 %, das Mo-

LTR in 53 % der Tiere eine T-Zell-Leukämie. Das Virus Mo-10A1V-10A1NP trägt

beide Bereiche und induzierte in 88 % der Mäuse ein T-Zell-Lymphom. Im

Gegensatz dazu war der Mo-NP Bereich allein in der Lage in 74 % der Tiere ein T-

Zell-Lymphom zu induzieren. Es scheint, als ob mehrere Faktoren im Moloney-

Genom an der Induktion einer T-Zell-Leukämie beteiligt sind, was auch für die

Induktion von blastischen Lymphomen durch das 10A1-MuLV zutrifft.

6.3 Aktivierung von Onkogenen 6.3.1 Klonalität der Tumore

In einem klonalen Tumor haben bestimmte retrovirale Integrationsereignisse eine

infizierte Zelle soweit entartet, dass diese einen Selektionsvorteil hat und es zum

raschen Auswachsen eines Lymphoms kommt. Die Transformation findet durch die

Insertion der Proviren in für die Zelle funktionell wichtigen Genabschnitten statt, was

dieser einen Wachstumsvorteil verschafft. Die hierdurch bedingte virale Aktivierung

oder Inaktivierung von Wirtsgenen führt letztendlich zur Ausbildung eines malignen

Tumors. Dieser besteht dann aus den sich rasant vermehrenden, identischen

Nachkommen einer transformierten Zelle. Oligo- bzw. polyklonale Tumorgewebe

bestehen aus mehreren parallel ausgewachsenen Einzeltumoren. Es haben wichtige

Integrationsereignisse in verschiedenen Zellen stattgefunden, die dann langsam zu

einem gemischten Lymphom ausgewachsen sind.

Die 10A1-infizierten Mäuse erkrankten in zwei Schüben. Um zu testen in wie weit

sich die frühen und späten Lymphome in ihrem Klonalitätsgrad unterscheiden,

wurden die Tumor-DNAs mit dem Enzym BglII gespalten, das außerhalb des von der

10A1-env Sonde detektierbaren Bereichs des Provirus schneidet. Abhängig von der

Lage der zweiten Schnittstelle im Wirtsgenom, und somit vom Integrationsort, werden

Ergebnisse 81

Banden unterschiedlicher Größe erzeugt. Als Negativkontrollen wurden die DNAs

von nicht infizierten SC-1 Zellen (s. Abb. 26, Spur 9) bzw. einer nicht infizierten

NIH/Ola-Maus (s. Abb. 26, Spur 11) verwendet. Als Positivkontrolle dienten mit 10A1-

MuLV infizierte SC-1 Zellen (s. Abb. 26, Spur 10). Die Schärfe der Banden und deren

Intensität lassen Rückschlüsse auf die Häufigkeit bestimmter Integrationsereignisse

zu, d.h. je intensiver eine Bande ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass

diese Integrationen in allen Tumorzellen stattgefunden haben.

2,0 kb

6,6 kb

4,4 kb

2,3 kb

9,4 kb

8 λ

23 kb

9 10 11 12 13 14 λ λ 15 16 λ 2 1 3 4 5 76

4,4 kb

2,3 kb 2,0 kb

23 kb

9,4 kb

6,6 kb

Spur Sca-1+-Mäuse Spur Sca-1+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten λ λ -DNA HindIII gespalten

1 #1824, Milz 9 SC-1 Zellen

2 #2137, Milz 10 10A1 infizierte SC-1 Zellen

3 #2363, Milz 11 NIH/Ola WT, Milz

4 #2369, Milz 12 #2457, Milz

5 #2375, Milz 13 #2461, Milz

6 #2438, Milz 14 #2463, Milz

7 #2443, Milz 15 #2464, Milz

8 #2456, Milz 16 #2465, Milz

Abb. 26: BglII gespaltene Tumor-DNAs aus 10A1-induzierten Sca-1+-Mäusen, hybridisiert mit der

10A1-env spezifischen Sonde. Spur 9 enthält sehr wenig DNA.

Die 10A1-induzierten Sca-1+-Tumore (Spuren 1-8, 12-16) hatten eine mittlere

Latenzzeit von 132 Tagen und zeigten klar abgrenzbare Banden ähnlicher Intensität

(s. Abb. 26). Von den Tieren #2442 und #2453 konnte keine Tumor-DNA gewonnen

werden, deshalb wurden sie nicht weiter charakterisiert. Es traten ca. ein bis drei

Integrationen pro Tumor auf, so dass diese als klonal eingestuft werden können. Im

Gegensatz dazu zeigt die DNA der 10A1-infizierten SC-1 Zellen keine scharf

Ergebnisse 82

umrissenen Banden, sondern nur einen diffusen Schmier, was deutlich macht, dass

diese Massenkultur der Zellen polyklonal ist. Die Banden, die in den Spuren 11

(uninfizierte Maus) und Spur 9 (uninfizierte SC-1 Zellen) zu erkennen sind,

entsprechen endogenen Sequenzen, die auch von der 10A1-env Sonde erkannt

wurden (s. Abb. 26).

2,0 kb2,3 kb

9,4 kb

6,6 kb

4,4 kb

23 kb8 9 10 11 12 13 14λλ5 6 72 3 4 λ 1

23 kb

6,6 kb

4,4 kb

2,0 kb

9,4 kb

2,3 kb

Spur B-Zell+-Mäuse Spur B-Zell+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten λ λ -DNA HindIII gespalten

1 #1821, Milz 8 #2432, Milz

2 #1822, Milz 9 #2446, Milz

3 #1823, Milz 10 #2450, Milz

4 #2129, Milz 11 #2454, Milz

5 #2139, Milz 12 SC-1 Zellen

6 #2367, Milz 13 10A1 infizierte SC-1 Zellen

7 NIH/Ola WT, Milz 14 NIH/Ola WT, Milz

Abb. 27: BglII gespaltene Tumor-DNAs aus 10A1-induzierten B-Zell+-Mäusen, hybridisiert mit der

10A1-env spezifischen Sonde. Spur 2 enthält wenig DNA.

Die Banden, die in den Spuren 7 und 14 (uninfizierte Maus) und Spur 12 (uninfizierte

SC-1 Zellen) zu erkennen sind, entsprechen endogenen Sequenzen, die auch von

der 10A1-env Sonde erkannt wurden (s. Abb. 27). Von den Tieren #1826 und #2135

gab es keine Tumor-DNA, deshalb wurden diese nachfolgend nicht weiter

charakterisiert. Der B-Zell+-Phänotyp stellte sich auch in dieser Analyse sehr

uneinheitlich dar. Die meisten Tumore zeigten neben den scharfen Banden auch

einen starken Hintergrund (Spuren 1-6, 8-11), so dass sie als vorwiegend polyklonal

Ergebnisse 83

eingestuft werden können. Diese Einstufung spiegelt sich auch in der relativ langen

Latenzzeit von 164 Tagen wieder (s. Abb. 27).

Der homogene Phänotyp der Sca-1+-Mäuse und die kurze Latenzzeit sind also auf

einige wenige Provirusintegrationen in den klonalen Tumoren zurückzuführen. Der

sehr heterogene Phänotyp der B-Zell+-Mäuse und die verlängerte Latenzzeit lassen

sich auf das langsame Auswachsen unterschiedlicher, unabhängig transformierter

Zellpopulationen zurückführen.

6.3.2 Überprüfung der Tumore nach aktivierten Onkogenen

Es wurden Gene getestet, die in Erythroleukämien, und T- und B-Zell-Lymphomen

häufig durch die Insertion von Proviren aktiviert werden, darunter der

Transkriptionsfaktor Spi-1 (auch als PU.1 bezeichnet), der wie Fli-1 zur ets-Familie

gehört, sowie die Proto-Onkogene Pim-1, c-myc und N-myc (Jonkers and Berns,

1996).

In SFFV (Spleen Focus Forming Virus) induzierte Erythroleukämien weisen 95 % der

Tumore eine Insertion im stromaufwärts vom Spi-1 Gen gelegenen Bereich auf

(Moreau-Gachelin et al., 1989). In allen 10A1-induzierten blastischen Tumoren wurde

eine Insertion in den Fli-1 Lokus nachgewiesen (Ott et al., 1994). Eine Aktivierung

des Pim-1 Gens wurde in 50 % der T-Zell-Leukämien gefunden (Cuypers et al.,

1984). Der Transkriptionsfaktor c-myc ist sowohl in T-Zell-, als auch in B-Zell-

Lymphomen aktiviert, was eine wichtige Rolle in der Lymphomgenese impliziert

(Corcoran et al., 1984; Stanton et al., 1983). In 35-50 % der MuLV-induzierten T-Zell-

Lymphome ist eine provirale Integration in das N-myc Gen zu beobachten gewesen

(van Lohuizen et al., 1989).

Um zu überprüfen, ob eine Integration im Fli-1 Gen vorlag, wurden die Sca-1+ Tumor-

DNAs mit dem Enzym BamHI gespalten und mit der genomischen Fli-1-Sonde

hybridisiert. Die Sonde erkennt den Bereich, der das alternative Exon 1 und das

Intron 1 umfasst. Diese Region soll wie von Ott et al. gezeigt, alle proviralen

Integrationsstellen beinhalten. Als Kontrolle wurde die DNA einer nicht infizierten

NIH/Ola-Maus (s. Abb. 28, Spuren 10 und 15) verwendet.

Ergebnisse 84

λ9 10

Wildtyp Fli-1 Allel

Fli-1 Allel mit Insertion

876

6,6 kb

4,4 kb

2,3 kb

2,0 kb

λ 2 1 3 4 5

14 15

Wildtyp Fli-1 Allel

Fli-1 Allel mit Insertion

6,6 kb

4,4 kb

2,3 kb

2,0 kb

λ 11 12 13

Spur Sca-1+-Mäuse Spur Sca-1+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten 8 #2456, Milz

1 #1824, Milz 9 #2457, Milz

2 #2137, Milz 10 NIH/Ola WT, Milz

3 #2363, Milz 11 #2461, Milz

4 #2369, Milz 12 #2463, Milz

5 #2375, Milz 13 #2464, Milz

6 #2438, Milz 14 #2465, Milz

7 #2443, Milz 15 NIH/Ola WT, Milz

Abb. 28: BamHI gespaltene Tumor-DNAs aus 10A1-induzierten Sca-1+-Mäusen, hybridisiert mit der

Fli-1 spezifischen Sonde

Ergebnisse 85

Wie die Abbildung 28 zeigt, weisen alle Sca-1+-Tumore eine Provirusintegration in

einem der beiden Fli-1 Allele auf (Spuren 1-9, 11-14). Die Insertion scheint darüber

hinaus, wie oben beschrieben, in einem bestimmten Bereich stattgefunden zu haben,

da alle Tumore bis auf einen (#2464, Spur 13) eine Insertionsbande der gleichen

Größe (4,4 kb) zeigen.

Die Tumore der beiden 10A1-induzierten Phänotypen wurden mit Hilfe von Southern

Blot-Analysen auf häufig vorkommende provirale Integrationsstellen untersucht.

Die Tumor-DNAs wurden mit den Enzymen EcoRV bzw. EcoRI gespalten. Die

Hybridisierung erfolgte mit den spezifischen Sonden für Spi-1/PU.1, c-myc, N-myc

und Pim-1, die alle den jeweiligen Bereich erkennen, in dem die meisten Provirus-

insertionen vorkommen.

Tab. 16: Zusammenfassung der Ergebnisse des Onkogenscreenings für die beiden 10A1-induzierten

Phänotypen (n.a. = nicht analysiert)

Sonde Sca-1+-Tumore B-Zell+-Tumore detektierter Bereich

Fli-1 13/13 1/10 3,4 kb inkl. Ex1a Ex1b In1

Spi-1 0/13 n.a. 3,6-18 kb inkl. 5’-UTR

N-myc n.a. 0/10 10-23 kb inkl. Ex1

c-myc 0/13 1/10 22 kb inkl. Ex2 In2 Ex3

Pim-1 2/13 1/10 11-22 kb inkl. Ex5 In5 Ex6

Alle Mäuse, die eine blastische Leukämie hatten, zeigten eine Integration in das Fli-1

Gen (s. Tab 16). In keinem der analysierten Sca-1+-Tumore konnte eine provirale

Integration in die Gene, die für Spi-1/PU.1 oder C-myc kodieren, festgestellt werden.

Zwei Tumore waren positiv für eine Integration im Pim-1 Gen, allerdings weist die

Insertionsbande im Vergleich zum Wildtyp-Allel eine geringere Intensität auf, so dass

wahrscheinlich nicht alle Tumorzellen eine Integration in diesem Lokus hatten (nicht

dargestellt). Einer der B-Zell+-Tumore hatte eine Integration in einem der Fli-1 Allele,

wobei die Bande wie in den Sca-1+ Tumor-DNAs, eine Größe von 4,4 kb zeigte.

Keiner der analysierten Tumore zeigte eine Aktivierung des N-myc Gens. Eine Maus

hatte jeweils eine Insertion in den Genen c-myc Pim-1, eine Kombination, die häufig

in T-Zell- und B-Zell-Lymphomen vorkommt (Cuypers et al., 1984).

Ergebnisse 86

6.3.3 Untersuchung der von chimären MuLVs induzierten blastischen Lymphome auf Insertionen im Fli-1-Gen

Virus-Konstrukte, die eine blastische Leukämie induzieren konnten, wurden ebenfalls

auf Integrationen in dem Fli-1 Gen-Lokus überprüft. Zehn 10A1V-MoLTR induzierte

Tumore, die einen der drei beschriebenen Phänotypen hatten, wurden analysiert. Die

getesteten Sca-1+-Tumore (4/4) zeigten eine Provirusinsertion im Fli-1 Gen, wobei

diese in der gleichen Region stattgefunden hatten, wie dies schon beim 10A1-MuLV

beschrieben wurde (Größe der rekombinierten Bande 4,4,kb). Weder die

analysierten T-Zell-Lymphome (0/6) noch der untersuchte B-Zell-Tumor hatten eine

provirale Insertion in diesem Gen-Lokus.

Neun 10A1V-MoNP induzierte Tumore, die entweder einen T-Zell- oder einen

blastischen Phänotyp hatten, wurden ebenfalls auf Integrationen in dem Fli-1 Gen-

Lokus überprüft. In den Sca-1+-Tumoren (3/3) konnte eine Provirusinsertion im Fli-1

Gen detektiert werden. Die Insertionsbande hatte dabei eine Größe von 4,4 kb, wie

es auch beim 10A1-MuLV beobachtet worden ist. Von den getesteten T-Zell-

Lymphomen zeigte keiner der Tumore (0/6) eine Fli-1 Integration.

Es wurden acht 10A1V-Mogag induzierte Sca-1+-Tumore auf Integrationen im Fli-1

Gen überprüft. Alle Tumore hatten eine Provirusintegration im Fli-1 Gen-Lokus (8/8).

Erstaunlicherweise scheinen die Integrationen aber in 7/8 Tumoren in einer anderen

Region stattgefunden zu haben, da hier eine Insertionsbande von ca. 6,6 kb

detektiert werden konnte. Nur einer der Tumore zeigte die typische Insertionsbande

von 4,4 kb.

6.4 Vorkommen von MCF-Viren in MuLV infizierten Mäusen

Replikationskompetente MCF-Viren entstehen durch Rekombinationsereignisse

zwischen dem exogenen (inokulierten) MuLV und endogenen polytropen Sequenzen

in vivo. Diese unvollständigen endogenen Viren liegen als vielfache Kopien im

gesamten Mausgenom vor. Die Rekombinationen finden meistens in dem Bereich

zwischen den 3’-pol und den 3’-env Sequenzen statt (Rekombinante Typ I). Darüber

hinaus können zusätzlich Rekombinationen zwischen den 3’-LTR Regionen

stattfinden, die allerdings weitaus seltener auftreten (Rekombinante Typ II). Die neu

Ergebnisse 87

entstandenen Rekombinanten vom Typ I weisen chimäre env-Sequenzen auf, bei

denen der 5’ Bereich von den polytropen endogenen Viren und der 3’ Bereich vom

exogenen MuLV stammt. Rekombinanten vom Typ II weisen neben dem

rekombinierten env-Bereich auch ein 3’-LTR auf, das von den endogenen Viren

stammt (Stoye and Coffin, 1987). Es wird postuliert, dass die Entstehung von MCF-

Viren ein kritischer Schritt für die Induktion einer T-Zell-Leukämie ist (Brightman et

al., 1991). Es wurde bereits gezeigt, dass bei einer Mo-MuLV Infektion eine große

Anzahl an Rekombinationsereignissen in vivo stattfinden (Lavignon and Evans,

1996).

Ob diese Rekombinantenbildung einen entscheidenden Einfluss auf die Art der

induzierten Leukämieform oder auf den Krankheitsverlauf haben kann, wurde in

dieser Arbeit getestet. Der Assay macht sich die Tatsache zunutze, dass bestimmte

Restriktionsschnittstellen im pol/env-Bereich verschiedener MuLVs unterschiedlich

verteilt sind bzw. gar nicht vorkommen (Belli et al., 1995). In polytropen env-

Sequenzen kommt zwar eine BamHI Schnittstelle vor, es fehlen aber die

Schnittstellen für die Enzyme HindIII und ClaI. Das ökotrope-env weist dagegen in

diesem Bereich eine BamHI und eine ClaI Schnittstelle auf, während die 10A1

pol/env-Region zwei HindIII und eine ClaI Schnittstelle besitzt. Da sich die Herkunft

des NP-Bereichs entscheidend auf die Induktion einer T-Zell-Leukämie auswirkte,

wurden in diesem Assay die Viren Mo-10A1V-10A1NP und 10A1V-MoNP auf ihr

MCFV-Generierungspotential getestet. Da aber postuliert wird, dass auch die

Herkunft der gag-Sequenzen einen Einfluss auf die Entstehung von MCF-Viren hat,

wurden zusätzlich die MuLVs Moloney und 10A1 untersucht. Dazu wurden die

Tumor-DNAs aus den MuLV infizierten Mäusen mit den Enzymen gespalten, deren

Schnittstellen im jeweiligen pol/env-Bereich vorkommen, anschließend

gelelektrophoretisch aufgetrennt, mittels Southern Blotting auf einer Membran

immobilisiert und anschließend mit den entsprechenden env-Sonden hybridisiert.

Ergebnisse 88

BamHI

env3‘-pol

ClaIBamHI

env3‘-pol

1,1 kb

Mo-env Sonde

2 kb

>2 kb

polytropes-env

Rekombination Typ II

ökotropes-env

Rekombination Typ I

Integration Wildtyp-Virus

Abb. 29: Schematische Darstellung der polytropen (oben) und der ökotropen pol/env-Sequenzen

(unten) und deren Schnittstellenverteilung. X gibt die Bereiche an, zwischen denen Rekombinationen

stattfinden können.

Die Wildtyp-Integration eines Virus mit ökotropen-env ergibt eine Virusbande bei 1,1

kb. Bei einer Typ I bzw. Typ II Rekombination treten zusätzliche Banden auf, die aber

größer als die Wildtyp-Virusbande sind. Durch Rekombinationen vom Typ I fällt die

BamHI (X), bei Typ II Rekombinationen auch zusätzlich die ClaI Schnittstelle weg

(X). Je nach Ereignis, Integration oder Rekombination, treten verschiedene

Fragmentgrößen auf (s. Abb. 29).

Ergebnisse 89

HindIII ClaI

3‘-pol

2,7 kb

10A1-env Sonde

1,9 kb

HindIII

env

0,8 kb

10A1-env

Integration Wildtyp-Virus

Rekombination Typ I Rekombination Typ II

>2,7 kb

BamHI

polytropes-env 3‘-pol env

BamHI ClaI

env

0,7 kb1,2 kb

10A1-env Sonde

1,9 kb

BamHI

3‘-pol

>1,9 kb

10A1-env

Integration Wildtyp-Virus

Rekombination Typ I Rekombination Typ II

Abb. 30: Schematische Darstellung der 10A1 (oben und unten) und der polytropen pol/env-

Sequenzen (Mitte) und die Verteilung der entsprechenden Restriktionsenzymschnittstellen. X gibt die

Bereiche an, zwischen denen Rekombinationen stattfinden können. Oben sind die resultierenden

Bande angegeben, wenn die 10A1 Tumor-DNAs mit HindIII und ClaI gespalten wurden. Unten sind

die resultierenden Banden angegeben, wenn die Enzymkombination BamHI und ClaI verwendet

wurde.

Stammen die env-Sequenzen von 10A1, können nach einer Integration jeweils zwei

Wildtyp-Virusbanden detektiert werden (ca. 0,8 und 1,9 kb). Durch ein

Rekombinationsereignis verschwinden die internen Schnittstellen und die

resultierenden Fragmente sind größer. Durch Rekombinationen vom Typ I fällt die

Ergebnisse 90

BamHI bzw. HindIII (X), bei Typ II Rekombinationen auch zusätzlich die ClaI

Schnittstelle weg (X, s. Abb. 30).

6.4.1 Erhöhte MCFV-Frequenz in Mo-MuLV induzierten Tumoren

Die DNA aus fünf Mo-MuLV induzierten Tumoren wurde mit den Enzymen

BamHI/ClaI gespalten und mit der Mo-env Sonde hybridisiert (s. Abb. 31). Die

infizierten Tiere gehörten verschiedenen Mausstämmen an, NIH/Ola und C57Bl.

Deshalb wurden als Kontrollen sowohl die DNA einer uninfizierten NIH/Ola-Maus

(Spur 1), als auch die einer C57Bl-Maus (Spur 4) verwendet. Bei dem Tier C9

handelte es sich um eine C57Bl-Maus, die anderen vier Tiere (#2207-2346) gehörten

zum NIH/Ola-Stamm.

0,5 kb

9,4 kb

4,4 kb

2,0 kb

6,6 kb

2,3 kb

WT Moloney

R Typ II

R Typ I

23 kb 2 4 7 6 1 3 5 λ λ

Spur Mo-MuLV inf.-Mäuse

λ λ –DNA HindIII

1 NIH/Ola WT, Milz

2 #2346, Thymus

3 #2353, Thymus

4 C57Bl WT, Milz

5 C9, TLN

6 #2205, TLN

7 #2207, TLN

Abb. 31: Fünf Mo-MuLV induzierte Tumor-DNAs wurden mit der Mo-env spezifischen Sonde auf

interne Rekombinationsereignisse getestet..

Wenn man nun die Bandenmuster der Kontroll-DNAs mit denen der Tumor-DNAs

vergleicht, fallen drei Dinge ins Auge (s. Abb. 31). Erstens zeigen alle DNAs,

unabhängig von ihrer Herkunft, oberhalb von ca. 2,7 kb ein nahezu einheitliches

Bandenmuster, was dafür spricht, dass die Mo-env Sonde auch mit endogenen

Sequenzen hybridisiert. Darüber hinaus sind die endogenen Sequenzen innerhalb

verschiedener Mausstämme relativ einheitlich verteilt. Zweitens zeigen die Tumor-

DNAs alle ein 1,1 kb Fragment, welches das integrierte Wildtyp Moloney-Virus

Ergebnisse 91

repräsentiert und in den Kontrollen nicht vorkommt. Drittens stellen die Banden in

dem Bereich zwischen der Virusbande und den endogenen Sequenzen die

verschiedenen Rekombinationsereignisse dar. Dabei scheint es sich bei den

Rekombinationen sowohl um Typ I als auch um Typ II Rekombinanten zu handeln.

Die Typ I Rekombinationen werden durch eine sehr intensive Bande auf Höhe von

ca. 2,0 kb repräsentiert. Die darüber liegenden Banden weisen auf Typ II

Rekombinanten hin, da durch den Wegfall der ClaI Schnittstelle ein größeres

Fragment von der Sonde erkannt wurde. Im Bereich der endogenen Sequenzen sind

nur bei Maus #2205 (Spur 6) Unterschiede zu erkennen. Bei einem Vergleich der

Bandenintensitäten zwischen Wildtyp und rekombinierten Virus ist auffallend, dass

rekombinierte Viren in etwa ebenso häufig wie Wildtyp-Viren auftreten. Setzt man die

Bandenintensität der unrekombinierten Virusbande (1,1 kb) gleich 1, so liegt das

Verhältnis von unrekombinierten zu rekombinierten Viren in den Tumoren zwischen

eins und drei, d.h. auf eine Mo-MuLV Integration kommen 1-3 MCF-Viren.

6.4.2 Niedrige MCFV-Frequenz in 10A1-MuLV induzierten Tumoren

Es wurden die DNAs von 13 Sca-1+- (s. Abb. 32) und 10 B-Zell+-Tumoren (s. Abb.

33) auf das Auftreten von MCF-Viren hin getestet. Die DNA von einer nicht infizierten

NIH/Ola-Maus und von nicht infizierten SC-1 Zellen diente als Negativkontrolle. Als

Positivkontrolle wurde DNA von 10A1 infizierten SC-1 Zellen verwendet. Da es sich

hier um 10A1 pol/env-Sequenzen handelt, wurden die DNAs mit der

Enzymkombination HindIII/ClaI gespalten und mit der 10A1-env Sonde hybridisiert.

Die Fragmente der Größe 0,8 kb und 1,9 kb repräsentieren das Wildtyp 10A1-MuLV.

Ergebnisse 92

WT 10A1

WT 10A1

R Typ I

23 kb

9,4 kb 6,6 kb

4,4 kb

2,3 kb 2,0 kb

0,5 kb

λ 1 λ 2 3 4 5 6 7 8 9 10 13 15 16 11 12 14 17 23 kb

9,4 kb

4,4 kb

2,3 kb

0,5 kb

6,6 kb

2,0 kb

Spur Sca-1+-Mäuse Spur Sca-1+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten λ λ -DNA HindIII gespalten

1 #2456, Milz 10 #1824, Milz

2 #2457, Milz 11 #2137, Milz

3 #2461, Milz 12 #2363, Milz

4 #2463, Milz 13 #2369, Milz

5 #2464, Milz 14 #2375, Milz

6 #2465, Milz 15 #2488, Milz

7 NIH/Ola WT, Milz 16 #2443, Milz

8 SC-1 Zellen 17 NIH/Ola WT, Milz

9 10A1 infizierte SC-1 Zellen

Abb. 32: Dreizehn 10A1-MuLV induzierte Tumor-DNAs wurden mit der 10A1-env spezifischen Sonde

auf interne Rekombinationsereignisse getestet.

Beim Vergleich der Bandenmuster von Sca-1+ Tumor-DNAs mit denen von Mo-MuLV

sieht man, dass es deutlich weniger MCF-Viren gibt (s. Abb. 32). Es konnten keine

Typ II Rekombinanten detektiert werden (> 2,7 kb). Darüber hinaus ist das Verhältnis

von unrekombinierten zu rekombinierten Viren deutlich kleiner als bei Moloney, d.h.

auf eine 10A1-MuLV Integration kommen ca. 0,1 MCF-Viren. Da diese Tumore klonal

sind, treten also MCF-Viren nur in einer kleinen Zellpopulation des Tumors auf, so

dass eine Beteiligung an der Entartung sehr unwahrscheinlich ist.

Ergebnisse 93

76 2 3 4 5 1λ

0,5 kb

2,0 kb 2,3 kb

4,4 kb

6,6 kb

9,4 kb

23 kb 14 12 13 11098 λ

R Typ II

R Typ I

WT 10A1

WT 10A1

23 kb

9,4 kb6,6 kb

4,4 kb

2,3 kb 2,0 kb

0,5

Spur B-Zell+-Mäuse Spur B-Zell+-Mäuse

λ λ -DNA HindIII gespalten λ λ -DNA HindIII gespalten

1 #1821, Milz 8 #2432, Milz

2 #1822, Milz 9 #2446, Milz

3 #1823, Milz 10 #2450, Milz

4 #2129, Milz 11 #2454, Milz

5 #2139, Milz 12 NIH/Ola WT, Milz

6 #2367, Milz 13 SC-1 Zellen

7 NIH/Ola WT, Milz 14 10A1 infizierte SC-1 Zellen

Abb. 33: Zehn 10A1-MuLV induzierte Tumor-DNAs wurden mit der 10A1-env spezifischen Sonde auf

interne Rekombinationsereignisse getestet.

Beim Vergleich der Bandenmuster von den B-Zell+-Tumor-DNAs mit denen von Mo-

MuLV sieht man, dass es weniger MCF-Viren gibt (s Abb. 33). Aber im Vergleich mit

den blastischen Tumoren konnten mehr rekombinierte Viren detektiert werden,

darunter auch welche vom Typ II (> 2,7 kb). Darüber hinaus ist das Verhältnis von

unrekombinierten zu rekombinierten Viren deutlich größer als bei den Sca-1+-

Tumoren, d.h. auf eine 10A1-MuLV Integration kommen ca. 0,5-1 MCF-Viren.

Ergebnisse 94

6.4.3 Niedrige MCFV-Frequenz in Mo-10A1V-10A1NP-MuLV und 10A1V-MoNP-MuLV induzierten Tumoren

Es wurden die DNAs von zehn Mo-10A1V-10A1NP- bzw. zehn 10A1V-MoNP-

induzierten Tumoren auf das Auftreten von MCF-Viren hin getestet. Bei allen Mo-

10A1V-10A1NP-induzierten Tumoren handelte es sich um T-Zell-Lymphome (s. Abb.

34). Bei den 10A1V-MoNP-induzierten Tumoren handelte es sich um sechs T-Zell-

und vier blastische Lymphome (s. Abb. 35). Die DNA von einer nicht infizierten

NIH/Ola-Maus diente als Negativkontrolle. Die DNAs wurden mit der

Enzymkombination BamHI/ClaI gespalten und mit der 10A1-env Sonde hybridisiert.

Die Fragmente der Größe 0,7 kb und 1,2 kb repräsentieren das Wildtyp Mo-10A1V-

10ANP- bzw. das 10A1V-MoNP-MuLV.

Spur Mo-10A1V-10A1NP

inf.-Mäuseλ λ –DNA HindIII 1 #2489, Milz

2 #2491, Milz

3 #2496, Milz

4 #2500, Milz

5 #2505, Milz

6 #2506, Milz

7 #2514, Milz

8 #2517, Milz

9 #2520, Milz

10 #2521, Milz

11 NIH/Ola WT, Milz

R Typ II

WT Mo-10A1V-10A1NP

WT Mo-10A1V-10a1NP

0,5 kb

2,0 kb 2,3 kb

4,4 kb

6,6 kb 9,4 kb 23 kb

2 3 4 7 8 9 10 111 5 6 λλ

Abb. 34: Zehn Mo-10A1V-10A1NP-MuLV induzierte Tumor-DNAs wurden mit der 10A1-env

spezifischen Sonde auf interne Rekombinationsereignisse getestet.

Beim Vergleich der Bandenmuster von den T-Zell+-Tumor-DNAs von beiden

Chimären mit denen von Mo-MuLV sieht man, dass es deutlich weniger MCF-Viren

gibt (vergleiche Abb. 31 mit 34 und 35). Diese Lymphome sind am ehesten mit den

10A1-induzierten blastischen Tumoren zu vergleichen (s. Abb. 32). Bei den

detektierten MCF-Viren des Mo-10A1V-10A1NP-MuLVs handelte es sich

Ergebnisse 95

ausschließlich um Typ II Rekombinanten (> 1,9 kb), während beim 10A1V-MoNP

neben den Typ II auch Typ I Rekombinanten zu erkennen sind. Beim Vergleich der

Bandenmuster von den 10A1V-MoNP-induzierten T-Zell+-Tumor-DNAs (s. Abb. 35)

mit den Sca-1+ (s. Abb. 32) sieht man auch hier, dass die blastischen Lymphome so

gut wie keine MCF-Viren hatten. Die detektierbaren MCF-Viren sind Typ I

Rekombinanten. Die Bandenintensität der MCF-Viren ist in allen hier untersuchten

Tumoren sehr gering im Vergleich zur Wildtyp-Bande. Bei beiden Chimären ist das

Verhältnis von unrekombinierten zu rekombinierten Viren so wie bei den 10A1-

induzierten Sca-1+-Tumoren, d.h. auf eine Mo-10A1V-10A1NP- bzw. 10A1V-MoNP-

MuLV Integration kommen ca. 0,1 MCF-Viren. Die Beteiligung dieser wenigen

rekombinierten Viren ist eher unwahrscheinlich. Da aber die nicht ganz optimale

Enzymkombination BamHI/ClaI benutzt wurde, konnten weiter 5’ gelegene

Rekombinationen nicht nachgewiesen werden, so dass die Anzahl der MCF-Viren

pro Wildtyp Integration höher als geschätzt sein könnte.

Spur 10A1V-MoNP-MuLV

inf.-Mäuseλ λ –DNA HindIII T-Zell+ 1 #2577, Milz T-Zell+

2 #2585, Milz T-Zell+

3 #2589, Milz T-Zell+

4 #2562, Milz T-Zell+

5 #2574, Milz T-Zell+

6 #2575, Milz T-Zell+

7 #2584, Milz Sca-1+

8 #2588, Milz Sca-1+

9 #2592, Milz Sca-1+

10 NIH/Ola WT, Milz -

R Typ II

WT 10A1V-MoNP0,5 kb

2,3 kb 2,0 kb

4,4 kb

6,6 kb 9,4 kb

23 kb

R Typ I

WT 10A1V-MoNP

λ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Abb. 35: Neun 10A1V-MoNP-MuLV induzierte Tumor-DNAs wurden mit der 10A1-env spezifischen

Sonde auf interne Rekombinationsereignisse getestet. Sechs Tumore waren T-Zell Lymphome, drei

waren blastische Lymphome.

Ergebnisse 96

Tab. 17: Überblick der in den Lymphomen von MuLV infizierten Mäusen ermittelten MCFV-Frequenz

im Zusammenhang mit der vorwiegend induzierten Leukämieform der verschiedenen Viren.

MuLVs Leukämietyp MCFV-Frequenz

Moloney T-Zell 1-3

10A1 blastisch 0,1

10A1 B-Zell 0,5-1

Mo-10A1V-10A1NP T-Zell 0,1

10A1V-MoNP T-Zell/blastisch 0,1

Das Moloney-MuLV zeigte sich in diesem Assay so wie es schon allgemein

beschrieben wurde. In allen Lymphomen konnte eine Vielzahl von MCF-Viren

detektiert werden, die in allen Tumorzellen vorzukommen scheinen. Diese in vivo

Rekombinationen scheinen wichtig für die Pathogenität dieses Virus zu sein. In

10A1-induzierten Tumoren konnten weniger MCF-Viren detektiert werden. Die

beiden Phänotypen zeigten auch in diesem Versuch ein unterschiedliches Bild

(s. Tab. 17). Eine Beteiligung der Rekombinanten an der Bildung einer blastischen

Leukämie ist sehr unwahrscheinlich, da nur eine kleine Subpopulation der

Tumorzellen Rekombinationsereignisse aufwies. In B-Zell+-Lymphomen konnten

mehr MCF-Viren detektiert werden. Da es sich hier um mehrere parallel

auswachsende Tumore handelte, haben wohl in einigen Zellklonen Rekombinationen

stattgefunden. Inwieweit diese für die Induktion einer B-Zell-Leukämie wichtig sind,

lässt sich nicht beantworten. Die Herkunft des NP-Bereichs scheint keinen Einfluss

auf die Häufigkeit von Rekombinationsereignissen zu haben. Da die detektierten

MCF-Viren in beiden NP-Konstrukten nur in einer Subpopulation der Tumorzellen

aufgetreten sind, scheint es zweifelhaft, dass diese an der Ausbildung einer T-Zell-

Leukämie beteiligt gewesen sind. Das Dogma, das MCF-Viren eine Voraussetzung

für die Induktion einer T-Zell-Leukämie sind, kann aufgrund dieser Ergebnisse nicht

bestätigt werden. Beim Konstrukt 10A1V-MoLTR, das in über 50 % der infizierten

Mäuse eine T-Zell-Leukämie induzierte, konnten überhaupt keine MCF-Viren

nachgewiesen werden (Daten nicht dargestellt).

Darüber hinaus lässt sich auch kein Zusammenhang mit dem Krankheitsverlauf

nachweisen, da das Auftreten von MCF-Viren nicht mit den Latenzzeiten der

verschiedenen MuLVs korrelierte. Die Viren Mo-MuLV und 10A1V-MoLTR haben zwar

Ergebnisse 97

eine vergleichbare mittlere Latenzzeit, 95 bzw. 94 Tage, aber ersterer hat eine hohe

und letzterer gar keine Neigung zur Rekombination. Obwohl die Herkunft des NP-

Bereichs, wie oben beschrieben, eine deutliche Auswirkung auf die Art der

induzierten Leukämie hat, scheint dieser Einfluss nicht in Zusammenhang mit dem

Vorkommen von MCF-Viren zu stehen. Diese Region muss also durch andere

Parameter das Krankheitsbild in vivo beeinflussen können.

6.5 Messung des glykoGag-Expressionsniveaus auf MuLV infizierten Zellen Das aminoterminal verlängerte glykoGag-Protein ist Bestandteil des Viruspartikels

(Fujisawa et al., 2001) und scheint einen wesentlichen Beitrag zur Pathogenese zu

leisten (Portis et al., 1990; Portis et al., 1996; Sitbon et al., 1986). Das Protein ist in

allen MuLVs konserviert und ist wichtig für dessen Ausbreitung in vivo (Corbin et al.,

1994). Es konnten auf der Oberfläche von infizierten Mauszellen bei einem

neuroinvasiven MuLV nur eine geringe Menge, bei einer nicht mehr neuroinvasiven

Mutante dagegen eine große Menge des glykoGag-Proteins detektieren (Fujisawa et

al., 1998). Es könnte also ein Zusammenhang zwischen der Menge an exprimiertem

glykoGag-Protein und der Pathogenität bestehen.

Um zu testen, ob das Expressionsniveau des glykoGag-Proteins in unserem Fall

auch eine Rolle bei der Pathogenität spielt, wurden SC-1 Zellen mit einigen aus dem

vorigen Kapitel vorgestellten MuLVs infiziert, mit dem Antikörper anti-glykoGag

gefärbt und anschließend mittels FACS-Analyse vermessen (s. 5.10.2). Der

Antikörper anti-glykoGag erkennt ein Epitop im C-terminalen Bereich des

glykosylierten Gag-Proteins. Das Protein wird auf der Zelloberfläche exprimiert,

wobei das Epitop in den extrazellulären Raum ragt. Es wurden von jedem Konstrukt

drei unabhängige Messungen durchgeführt und von den gemessenen

Fluoreszenzwerten (FW) der Mittelwert und die Standardabweichung ermittelt. Da

sich der NP-Bereich vom Mo-MuLV als eine wichtige Determinante für die Induktion

einer T-Zell-Leukämie präsentierte, wurden für diese Analyse Virusrekombinanten

ausgewählt, die entweder einen vom 10A1 oder Moloney stammenden NP-Bereich

aufwiesen (Mo-10A1V-10A1NP, 10A1V-MoNP). Allerdings könnte auch die Herkunft

der die NP-Region flankierenden Bereiche einen Einfluss haben, deshalb wurden

auch die chimären Viren 10A1V-Mogag, Mo-10A1V-10A1LTR und Mo-10A1env getestet

Ergebnisse 98

(s. Abb. 36). Da das 10A1-MuLV keine T-Zell-Leukämien induzierte, fungierte es als

eine Art Referenz.

Mo-10A1env infiziert

Mo-10A1V-10A1LTR infiziert

10A1V-MoNP infiziert

10A1V-Mogag infiziert

Mo-10A1V-10A1NP infiziert

10A1 infiziert

uninfiziert

Zellz

ahl

anti-glykoGag

blaa

60

0

blaa

60

0

blaa

60

0

blaa

60

0

blaa

60

0

blaa

60

0

blaa

60

0

100 104Cy5glyko

100 104Cy5glyko

100 104Cy5glyko

100 104Cy5glyko

100 104Cy5glyko

100 104Cy5glyko

Cy5glyko 104100

Abb. 36: Vergleich der FACS-Messungen von MuLV infizierten und mit dem Antikörper glykoGag-Cy5

gefärbten SC-1 Zellen. Konstrukte, die einen 10A1 NP-Bereich tragen sind in rot, Konstrukte mit

einem Moloney NP-Bereich in gelb dargestellt. Als Kontrolle dienten uninfizierte, glykoGag-Cy5

gefärbte SC-1 Zellen (schwarze Kurve).

Ergebnisse 99

Die Mittelwerte aus den drei unabhängigen FACS-Messungen von Viren mit einer

NP-Region vom 10A1- bzw. Moloney-MuLV wurden noch einmal gemittelt und das

Verhältnis (10A1:Mo) errechnet. Der NP-Bereich vom 10A1 vermittelte unabhängig

von der Herkunft der flankierenden Sequenzen eine um das 5,9-fach höhere

glykoGag-Expression als der Moloney NP-Bereich (s. Tab. 18).

Virus-Konstrukt NP-Bereich FW [MW] SD vorw. Leukämie

10A1 10A1 119 ± 43 blastisch/B-Zell

Mo-10A1V-10A1NP 10A1 108 ± 35 T-Zell

10A1V-Mogag 10A1 69 ± 14 blastisch/B-Zell

10A1V-MoNP Mo 16 ± 2.4 T-Zell

Mo-10A1V-10A1LTR Mo 22 ± 4 T-Zell

Mo-10A1env Mo 12 ± 4 T-Zell

Tab. 18: Zusammenfassung der im FACS ermittelten durchschnittlichen Fluoreszenzwerte (FW) mit

Standardabweichung (SD) der MuLV infizierten SC-1 Zellen. Die drei Mittelwerte von den Konstrukten

mit einem vom 10A1- bzw. Moloney-MuLV stammenden NP-Bereich wurden nochmals gemittelt und

das Verhältnis zwischen den Expressionsniveaus von 10A1- und Moloney NP-Bereich (10A1:Mo)

berechnet.

Darüber hinaus wurde das Expressionsniveau des glykosylierten Gag-Proteins in

Milzen von Mäusen zwei bzw. sechs Wochen nach Infektion ermittelt. Die Tiere

waren infiziert mit den MuLVs: 10A1, Mo-10A1V-10A1NP, Mo-10A1V-10A1LTR und

Mo-10A1env. Pro Virusrekombinante wurden zwei Tiere analysiert. Die gemessenen

Fluoreszenzwerte aus beiden Messungen wurden gemittelt und die

Standardabweichung bestimmt. Von allen Mittelwerten der Konstrukte mit einem vom

10A1- bzw. Moloney-stammenden NP-Bereich wurden ebenfalls die Mittelwerte

berechnet und das Verhältnis (10A1:Mo) ermittelt.

Der NP-Bereich vom 10A1 vermittelte in zwei Wochen alten Mäusen eine um das

doppelte höhere glykoGag-Expression als der Moloney NP-Bereich. Sechs Wochen

nach der Infektion war die Proteinexpression in Gegenwart eines vom 10A1-

stammenden NP-Bereichs um das 2,4-fache höher als das des Moloney NP-

Bereichs. Auch in vivo hatte die Herkunft der flankierenden Sequenzen keinen

Einfluss.

Ergebnisse 100

Das Expressionsniveau korrelierte sowohl in vitro als auch in vivo mit der Herkunft

des NP-Bereiches und zwar unabhängig von der Abstammung der flankierenden

Sequenzen, wobei aber die Korrelation in vivo nicht so stark war wie in vitro. Dabei

scheint das hohe glykoGag-Expressionslevel, das der 10A1-Leader vermittelt, mit

der Induktion des blastischen Phänotyps zu korrelieren, wenn dieser Einfluss nicht

durch das thymotrope Moloney-LTR überdeckt wird, wie das beim Konstrukt Mo-

10A1V-10A1NP der Fall ist. Die MuLVs mit einer vom Moloney-stammenden NP-

Region induzierten vorwiegend T-Zell-Lymphome (10A1V-MoNP 74%; Mo-10A1V-

10A1LTR 94 %; Mo-10A1env 93 %).

Diskussion 101

7. Diskussion

In dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass neben den Enhancer-

Elementen des LTR, auch der sich direkt stromabwärts anschließende Leader-

Bereich einen Einfluss auf die Art der induzierten Leukämie hat. Des weiteren scheint

der vom Moloney-MuLV stammende Leader-Bereich eine stärkere Determinante für

die Induktion einer T-Zell-Leukämie zu sein als das lymphotrope Moloney-LTR.

Ferner konnte gezeigt werden, dass die Generierung von MCF-Viren keine

Voraussetzung für die Induktion einer T-Zell-Leukämie ist. Die hier präsentierten

Daten zeigen darüber hinaus, dass die vom 10A1-MuLV stammenden env-

Sequenzen, und die damit verbundene Rezeptornutzung, eine wichtige Determinante

für die Proliferation des Myelo/Erythroblasten-Kompartiments darstellen. Wobei die

Transformation dieser Zellen in direktem Zusammenhang mit der Provirus

induzierten Aktivierung des Fli-1-Gens steht.

7.1 Pathogenität von Moloney-, 4070A- und 10A1-MuLV in NIH/Ola-Mäusen

Das Ziel dieser Arbeit war, die Sequenzbereiche im Genom des Moloney- bzw.

10A1-MuLVs einzugrenzen, die an der Induzierung einer bestimmten Leukämieform

beteiligt sind. Da aber sowohl der Mausstamm, der Infektionszeitpunkt als auch der

Infektionsort (z.B. intraperitoneal) Auswirkungen auf die Art der induzierten

Leukämieform in infizierten Mäusen haben, war es wichtig die Retroviren, auf denen

die chimären MuLVs basieren, in dem hier verwendeten Mausmodell zu testen. Das

Moloney-MuLV induzierte im NIH/Ola-Mausstamm nach einer mittleren Latenzzeit

von 95 Tagen ausschließlich T-Zell-Lymphome/Leukämien, wobei es sich bei den

betroffenen Lymphozyten um verschiedene Differenzierungsstadien innerhalb der T-

Zelllinie handelte. Mit dem 10A1-MuLV infizierte NIH/Ola-Mäuse zeigten nach einer

mittleren Latenzzeit von 132 Tagen eine blastische und nach 164 Tagen eine pro-B-

Zell-Leukämie. Das 4070A-MuLV induzierte nach 217 Tagen überwiegend B-Zell-

Leukämien. In Moloney-infizierten NIH/Swiss-Mäusen wurden nach einer Latenzzeit

von 125 Tagen ebenfalls T-Zell-Leukämien/Lymphomen unterschiedlicher Differen-

zierungsstadien induziert (Ott et al., 1992). Alle NIH/Swiss-Mäuse, die dem 10A1-

MuLV infiziert wurden, erkrankten ebenfalls an einer blastischen Leukämie (Ott et al.,

Diskussion 102

1994). Das 4070A-MuLV induzierte in NIH/Swiss-Mäusen nach 278 Tagen unreife T-

Zell-Lymphome (Ott et al., 1992). Eine andere Arbeitsgruppe diagnostizierte in 10A1-

bzw. 4070A-MuLV infizierten NIH/Swiss-Mäusen entweder primitive B-Zell-

Lymphome oder eine Leukämieform, bei der die Milz nicht betroffen war (Rasheed et

al., 1982). Die hier beobachteten Unterschiede in den Latenzzeiten und der Art der

induzierten Krankheit lassen sich wahrscheinlich auf den genetischen Hintergrund

des verwendeten Mausstammes zurückführen, da alle Mäuse innerhalb der ersten

48 h, intraperitoneal mit vergleichbaren Virustitern infiziert worden sind. Alle in dieser

Arbeit präsentierten Ergebnisse beziehen sich deshalb ausschließlich auf das hier

verwendete Mausmodell.

7.2 Bedeutung viraler Determinanten für die Pathogenität

7.2.1 Einfluss der env-Sequenzen

Der Austausch der env-Sequenzen wirkte sich bei den beiden Chimären Mo-10A1env

und 10A1-4070env ganz unterschiedlich aus. Während die 10A1 env-Sequenzen im

Moloney-MuLV, dessen Fähigkeit T-Zell-Lymphome zu induzieren nicht

beeinträchtigten, veränderte sich das onkogene Potential des 10A1-MuLVs durch die

Einführung der amphotropen env-Sequenzen dramatisch.

Die Chimäre Mo-10A1env war in der Lage, statt des ökotropen Rezeptors mCat-1, die

Phosphatsymporter Pit1 und Pit2 für die Bindung an die Wirtszelle zu nutzten. Der

einzige Unterschied zum Wildtyp Moloney-Virus war aber die vermehrte

Transformation von frühen, CD4/CD8 doppelt positiven T-Zellen, was auch schon

(Ott et al., 1992) in NIH/Swiss-Mäusen beobachtet hatten. Bei den Mo-10A1env-

induzierten Tumoren waren 9/14 CD4/CD8 doppelt positiv, während nur 3/7

Moloney-induzierten Lymphomen diesen Phänotyp zeigten. Da aber die Anzahl der

analysierten Tiere nicht besonders groß war, sollte diese Beobachtung nicht

überbewertet werden. Die Spezifität des Moloney-MuLVs hängt also nicht von der

Nutzung des Cat-1 Rezeptors ab. Der Austausch der env-Sequenzen hatte

wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Spezifität der Chimäre, weil auch die

Phosphatsymporter von hämatopoetischen Zellen exprimiert werden. Die Tatsache,

dass das Virus Mo-10A1env vermehrt frühe T-Zellen transformierte, könnte mit der

unterschiedlichen Rezeptornutzung dieser Chimäre zusammenhängen. Eine andere

Diskussion 103

Möglichkeit wäre, dass die Gegenwart der 10A1-Sequenzen zur Aktivierung von

anderen Onkogenen beigetragen hat.

Die Einführung der amphotropen env-Sequenzen in das 10A1-MuLV veränderte die

Spezifität dieses Virus dramatisch. Das chimäre 10A1-4070env-MuLV konnte nur

noch den Phosphatsymporter Pit2 benutzen und war nicht mehr in der Lage eine

blastische Leukämie zu induzieren. Stattdessen zeigten die Mäuse nach einer

mittleren Latenzzeit von 175 Tagen eine starke Schädigung in bestimmten Geweben

bzw. Organen, die bei den anderen, hier untersuchten MuLVs, nicht beobachtet

werden konnte. Da sich diese Krankheitssymptome sehr spät manifestierten, hätten

Tiere mit einer blastischen Leukämie detektiert werden können, da diese

Leukämieform in 10A1-infizierten Mäusen eine deutlich kürzere Inkubationszeit von

132 Tagen hatte. Die Nutzung des Pit1-Rezeptors ist also eine wichtige

Determinante für die Pathogenität des 10A1-Virus, da dessen Nutzung für die

Transformation von Vorläuferzellen essentiell zu sein scheint.

Die beiden Phosphatsymporter Pit1 und Pit2 werden von hämatopoetischen Zellen

exprimiert. Während Pit1 ein hohes Expressionslevel im Knochenmark zeigt, ist Pit2

vor allem auf Herzzellen zu finden (Kavanaugh et al., 1994). Weitere

Untersuchungen haben gezeigt, dass hämatopoetische Zellen, auch Stammzellen,

sich effektiver über den Pit-1- als über den Pit2-Rezeptor infizieren lassen (Bauer et

al., 1995; Sabatino et al., 1997; von Kalle et al., 1994). Es wurde bereits gezeigt,

dass das 10A1-Virus murine Zellen vermehrt über den Pit1-Rezeptor infiziert,

während es bei der Infektion von humanen Zellen vorwiegend den Pit2-Rezeptor

benutzt, weil der humane Pit1-Rezeptor nur sehr ineffizient genutzt werden kann

(Miller, 1996). Die Möglichkeit zelluläre Rezeptoren für die Infektion zu nutzen, hängt

nicht nur von deren Verfügbarkeit auf bestimmten Zellen ab, sondern auch von ihrem

Expressionsniveau (Tailor et al., 2000) und der Art der Protein-Prozessierung. Die

veränderte Glykosylierung in bestimmten Geweben kann dazu führen, dass ein

MuLV seinen Rezeptor entweder nicht mehr erkennen oder ihn zwar binden, aber

nicht mehr für den Zelleintritt nutzen kann (Eiden et al., 1994; Marin et al., 2000;

Wang et al., 1996). Die vermehrte Expression von Pit1 im Knochenmark und die

bevorzugte Nutzung von Pit1 könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, warum das

10A1-MuLV in der Lage ist, Vorläuferzellen zu transformieren. Eine andere

Möglichkeit ist, dass es nicht die Bindung des Env-Proteins, gp70, an den Pit1-

Rezeptor ist, die eine Proliferation des Stammzell- bzw. Vorläuferzellpools bewirkt,

Diskussion 104

sondern die Stimulation eines Zytokin-Rezeptors. Dieser Stimulus könnte bewirken,

dass die Zellen in ihrem Vorläuferstadium verharren und eine weitere Differenzierung

unterbunden wird. Das polytrope Env-Protein ist in der Lage ist, den zellulären

Interleukin-2-Rezeptor zu binden (Li and Baltimore, 1991). Diese Art der Interaktion

ist vom SFFV gp55 bekannt, das an den Erythropoetin-Rezeptor (EpoR) bindet und

dadurch die Proliferation des erythroiden Zellpools vermittelt (Li et al., 1995). Bisher

konnte eine derartige Wirkungsweise des gp70 allerdings nicht nachgewiesen

werden.

7.2.2 Einfluss der LTR-Sequenzen

Obwohl in der Chimäre Mo-10A1V-10A1LTR das lymphotrope Moloney-LTR fehlte,

induzierte es in fast allen Mäusen T-Zell-Lymphome. Während das chimäre 10A1V-

MoLTR nur in etwa der Hälfte der infizierten Tiere T-Zell-Lymphome induzieren

konnte. Die restlichen Mäuse entwickelten blastische oder B-Zell-Lymphome. Die

10A1-Sequenzen können scheinbar, gegen die Wirkung des Mo-LTR, noch immer

zur Transformation von Vorläuferzellen beitragen. Dieser Bereich liegt außerhalb der

env-Sequenzen, denn diese konnten sich in der Chimäre Mo-10A1env nicht gegen die

T-Zell-Determinanten durchsetzen. Auch bei den Latenzzeiten zeigten sich deutliche

Unterschiede zwischen den beiden Chimären. Während die Latenzzeit des 10A1V-

MoLTR-MuLV (94 Tage) mit der des Wildtyp Moloney-Virus (95 Tage) vergleichbar

war, hatte das chimäre Virus Mo-10A1V-10A1LTR eine deutlich längere

Inkubationszeit von 124 Tagen. Da bei allen diesen Viren, bis auf das Moloney-

MuLV, nur wenige oder keine MCF-Viren auftraten, können diese nicht für die

Unterschiede in den Latenzzeiten verantwortlich gemacht werden. Möglicherweise

beeinflusst die Herkunft der Enhancer-Elemente den Zeitraum, in dem sich die

Krankheit manifestiert.

Bei einem Vergleich der LTR-Sequenzen von Moloney-, 10A1- und 4070A-MuLV

kann man feststellen, dass sich die Enhancer-Elemente der drei Viren durchaus

ähneln (s. Abb. 37). Wobei aber zu beachten ist, dass das Moloney-MuLV zwei

identische Kopien der Enhancer-Elemente besitzt, während das 10A1- und das

4070A-MuLV nur jeweils eine Kopie besitzen. Die Bindung der Transkriptionsfaktoren

CBF und eines Ets-Proteins an die Core- bzw. LVt-Bindungstelle im Moloney-

Enhancer erhöht dessen Transkription in T-Zellen (Manley et al., 1993).

Diskussion 105

Comparison of LTR sequence

Mo-MuLV

4070A

10A1

F-SFFVp

d.r.d.r.

TCAAGGTCAGGAACAGATGGAACAGCTGAATATGGGCCAAACAGGATATCTGTGGTAAGCAGTTCCTGCCCCGGCTCAGGGCCAAGAACAGATGG

TCAAGGTCAGGAACAG ACAGCTGAA CCAAACAGGATATCTGTGGTAAGCAGTT CCCCGG GGCCAAGAACAGATGGTCCCCAGAT G CA CCCT

TCAAGGTCAGGAACAG ACAGCTGAA CCAAACAGGATATCTGTGGTAAGCAGTT CCCCGG GGCCAAGAACAGATGGTCCCCAGAT G CA CCC

GCAGTT CCCCGG GCCAAGAACAGATGGTCCCCAGA G CA CTTCAAG A A C GGCCAAACAGGATATCT T AGCAGTT C CCCGG GGCCAAGAACAGATGG

GAACAGCTGAATATGGGCCAAACAGGATATCTGTGGTAAGCAGTTCCTGCCCCGGCTCAGGGCCAAGAACAGATGGTCCCCAGATGCGGTCCAGCCCT

Sp1 C/EBP

Lvt /Ets

Lvt /Ets

NF-1 NF-1LVa C/EBPor CBF

MCREF-1 MCREF-1 FVcMCREF-1

A A GGG C G C C G G C

A A GGG C G C C G G C

C G C C G T G C CCG C GG AC A AG T A TG G GG GC C C G

-AA

-AA

TG-AA

GTT

GTT

CGTG G T T A

T

T

TT

G

G

GG G

C

C

CCC

G

G

GAG

AT

AT

AT

C

C

C

A

A

A

-

Abb. 37: Vergleich der U3-Sequenzen der LTR-Bereiche von verschiedenen MuLVs. Basenpaare, die

sich von der Moloney-MuLV Sequenz (oben) unterscheiden sind in rot dargestellt. Die bekannten

Bindungsstellen von verschiedenen Transkriptionsfaktoren sind gekennzeichnet (Baum et al., 1997;

Golemis et al., 1990; Manley et al., 1993).

Diese Transkriptionsfaktoren kommen nicht exklusiv in T-Lymphozyten vor, werden

dort aber verstärkt exprimiert. Mutationen in diesen Bindungsstellen im Moloney-LTR

verschieben dessen Krankheitsspezifität in Richtung Erythroleukämien (Speck et al.,

1990). Obwohl auch das 10A1- bzw. 4070A-LTR NF-1, LVt bzw. Core-

Bindungsstellen besitzt, fehlt ihnen, wie auch dem F-SFFV, die stromabwärts-

gelegene LVt-Bindungsstelle, stattdessen haben die drei Viren Bindungsstellen für

MCREF-1 und FVc (Manley et al., 1993). Wahrscheinlich ist die Transkription des

10A1-LTR in T-Lymphozyten nicht so effektiv wie die des Moloney-LTR, weil es zum

einen nur eine Kopie der Enhancer-Elemente besitzt und zum anderen diese nicht

absolut identisch mit den Moloney Enhancer-Elementen sind. Allerdings scheint das

10A1-LTR auch für die Transkription in hämatopoetischen Vorläuferzellen nicht

optimal geeignet, weil ihm die dafür wichtige Sp1-Bindungsstelle fehlt, wie sie in den SFFV Enhancer-Elementen vorkommt (Baum et al., 1997; Grez et al., 1991). Die

LTR-Sequenzen des Onkogen-tragenden Myeloproliferativen-Sarkom-Virus (MPSV)

beeinflussen dessen Krankheitsspezifität (Stocking et al., 1985). Allgemein scheinen

die 10A1 LTR-Sequenzen weder besonders gut, noch besonders schlecht für die

Transkription in verschiedenen Zellkompartimenten zu sein. Während das Moloney-

Diskussion 106

LTR für die Transkription in T-Zellen hochspezialisiert ist, können das 4070A- bzw.

das 10A1-LTR, deren Enhancer-Sequenzen sehr homolog sind, in verschiedenen

Zellarten replizieren. Sie sind unspezifischer, aber dafür auch ineffektiver.

Möglicherweise ist die verlängerte Inkubationszeit des 10A1-MuLVs im Vergleich

zum Moloney-MuLV auf die Mittelmäßigkeit seiner Enhancer-Elemente

zurückzuführen. Das Moloney-LTR ist also durchaus wichtig für die Transformation

von T-Zellen, aber wie die hier präsentierten Daten zeigen, keinesfalls ausreichend.

7.2.3 Einfluss der NP-Sequenzen

Die Bereiche, die neben dem LTR eine Auswirkung auf die Art der induzierten

Krankheit haben könnten, sind die gag- bzw. NP-Sequenzen. Das 10A1V-Mogag-

MuLV induzierte in 21 % der infizierten Mäuse T-Zell-Lymphome, so dass der Beitrag

dieses Bereichs nur als gering einzustufen ist. In den verbliebenen 80 % der Mäuse

induzierte die Chimäre dagegen blastische bzw. pro-B-Zell-Lymphome, so dass es

nahezu mit dem Wildtyp 10A1-Virus vergleichbar war. Auch die Latenzzeit dieses

Virus entsprach nahezu der des 10A1-MuLVs, 169 Tage gegenüber 155 Tagen. Die

Ergebnisse mit der Chimäre 10A1V-Mogag deuten daraufhin, dass sich neben den

10A1 env-Sequenzen, auch der Leader-Bereich des 10A1-MuLVs positiv auf die

Transformation von Vorläuferzellen auszuwirken scheint, wenn dessen Einfluss nicht

durch die Gegenwart des starken Moloney-LTR überdeckt wird. Interessanterweise

führte der Moloney NP- bzw. Leader-Bereich im chimären Virus 10A1V-MoNP in über

70 % der infizierten Mäuse zur Entwicklung von T-Zell-Lymphomen. Die mittlere

Latenzzeit betrug dabei nur 102 Tage und ist damit nur unwesentlich länger als die

des Wildtyp Moloney-Virus (95 Tage). Der Leader-Bereich enthält eine Reihe

wichtiger Kontrollelemente des retroviralen Entwicklungszyklus, wie die

Verpackungssequenz für die virale RNA (Ψ), die Primer-Bindungsstelle (PBS), das

Dimerisierungssignal (DLS) und eine interne Ribosomeneintrittsstelle (IRES).

Außerdem enthält der NP-Bereich das Start-Kodon für die mRNA des glykoGag-

Proteins. Dieses Protein ist für Retroviren wichtig, auch wenn seine Funktion nach

wie vor unbekannt ist.

Ein Vergleich zwischen der Moloney und der 10A1 NP-Region zeigt 49 bp

Unterschiede (s. Abb. 38). Es kann bisher nur spekuliert werden, welche Mutationen

Diskussion 107

im Moloney-NP ausschlaggebend für die T-Zell-Spezifität des Virus sind und welche

Mechanismen diesem Einfluss zu Grunde liegen könnten.

R

Mo-MuLV GCGCCAGTCCTCCGATTGACTGAGTCGCCCGGGTACCCGTGTATCCAATAAACCCTCTTG10A1-MuLV GCGCCAGTCCTCCGATAGACTGAGTCGCCCGGGTACCCGTGTATCCAATAAACCCTCTTG

Mo-MuLV CAGTTGCATCCGACTTGTGGTCTCGCTGTTCCTTGGGAGGGTCTCCTCTGAGTGATTGAC10A1-MuLV CTGTTGCATCCGACGAGTGGTCTCGCTGTTCCTTGGGAGGGTCTCCTCGGAGTGATTGAC

Mo-MuLV TACCCGTCAGCGGGGGTCTTTCATTTGGGGGCTCGTCCGGGATCGGGAGACCCCTGCCCA10A1-MuLV TACCCGTCA_CGGGGGTCTTTCATTTGGGGGCTCGTCCGGGATTTTGAGACCCCTGCCCA

Mo-MuLV GGGACCACCGACCCACCACCGGGAGGTAAGCTGGCCAGCAACTTATCTGTGTCTGTCCGA10A1-MuLV GGGACCACCGACCCACTACCGGGAGGTAAGCTGGCCAGCAACTGATCCGTGTCTGTCCGA

Mo-MuLV TTGTCTAGTGTCTATGACTGATTTTATGCGCCTGCGTCGGTACTAGTTAGCTAACTAGCT10A1-MuLV TTGTCCTGTGTCTATGACTGATTTTATGCGCCTGCGTCTGTATTAGTTGGCCGACTAGCT

Mo-MuLV CTGTATCTGGCGGACCCGTGGTGGAACTGACGAGTTCGGAACACCCGGCCGCAACCCTGG10A1-MuLV CTGTATCTGGCGGACCCGTGGTGGAGCTGACGAGTTCGGAACACCCGACCGCAACCCTGG

Mo-MuLV GAGACGTCCCAGGGACTTCGGGGGCCGTTTTTGTGGCCCGACCTGAGTCCAAAAATCCCG10A1-MuLV GAGACGTCCCAGGGACTTCGGGGGCCGTTTTTGTGGCCCGACCCGAGTCCAAAAGTCCCG

Mo-MuLV ATCGTTTTGGACTCTTTGGTGCACCCCCCTTAGAGGAGGGATATGTGGTTCTGGTAGGAG10A1-MuLV ATCGTTTTGGACTCTTTGGCGCACCCCCCTTAGAGGAGGGGTACGTGATTCTGGTAGGAG

Mo-MuLV ACGAGAACCTAAAACAGTTCCCGCCTCCGTCTGAATTTTTGCTTTCGGTTTGGGACCGAA10A1-MuLV ACGGGGACCTGAAACCGTTCCCGCCTCCGTCTGAGTTTTTGCTTTCGGTTTGGAGCCGAA

Mo-MuLV GCCGCGCCGCGCGTCTTGTCTGCTGCAGCATCGTTCTGTGTTGTCTCTGTCTGACTGTGT10A1-MuLV GCCGCGCCGCGCGTCTTGTCTGCTGCAGCATTGTTCTGTGTTGTCTCTGTTTGGCTGTTT

Mo-MuLV TTCTGTATTTGTCTGAGAATATGGGCCAGACTGTTACCACTCCCTTAAGTTTGACCTTAG10A1-MuLV TTCTGTATTGGTCTGAAAATATGGGCCAGACTGTTACCACACCCTTAAGTTTGACCTTAG

Mo-MuLV GTCACTGGAAAGATGTCGAGCGGATCGCTCACAACCAGTCGGTAGATGTCAAGAAGAGAC10A1-MuLV ATCATTGGAAAGATGTCGAGCGTACCGCTCACAACCAATCGGTGGATGTCAAGAAGAGAC

Mo-MuLV GTTGGGTTACCTTCTGCTCTGCAGpppppppppppppppppppppppppppppppppppp10A1-MuLV GCTGGGTCACCTTCTGCTCTGCAGpppppppppppppppppppppppppppppppppppp

Ende LTR

U5

Abb. 38: Ein Sequenzvergleich zwischen dem vom Moloney- und dem 10A1-MuLV stammenden

Leader-Bereich zeigt einen Unterschied von 49 bp. Mutationen in der 10A1-Sequenz sind als rote

Buchstaben dargestellt. Es sind der Anfang des R- und des U5-Bereichs angegeben, sowie das Ende

des LTR. Das Start-Kodon des glykoGag ist ein CTG, welches grün unterlegt ist. Das Start-Kodon für

das strukturelle Gag-Protein (ATG) ist rötlich unterlegt. Die im Moloney-Leader lokalisierte Ikaros-

Bindungsstelle ist gelb unterlegt.

Eine Möglichkeit ist das Vorhandensein einer alternativen Speiß-Stelle im Moloney

Leader-Bereich, die die Aktivierung von transformierend wirkenden Genen in T-

Zellen ermöglicht. (Audit et al., 1999) haben gezeigt, dass drei Punktmutationen im

strukturellen gag-Gen von Mo-MuLV, zu einem breiteren Spektrum an induzierten

Leukämien führten. Es handelte sich um sogenannte synonyme Mutationen, die die

Diskussion 108

Aminosäuresequenz des Kapsid-Proteins nicht veränderten. Neben T-Zell-

Lymphomen traten auch Erythro- und myelomonozytische Leukämien in den

infizierten Mäusen auf. Die Mutationen hatten keine Auswirkungen auf die

Inkubationszeit oder die Ausbreitung der Virusmutante in vivo. Dieselbe

Arbeitsgruppe hat später gezeigt, dass durch diese Mutationen eine stark

konservierte, alternative Spleiß-Donorstelle (SD’) zerstört worden ist, was zu einer

verminderten Replikation der Mutante in vitro führte. Diese Spleißstelle scheint für

die Herstellung eines subgenomischen RNA-Transkripts (4,4 kb) verantwortlich zu

sein, was für simple Retroviren sehr ungewöhnlich ist (De´jardin et al., 2000). Da

aber die Moloney gag-Sequenzen auch die alternative Speißstelle vom Moloney-

Virus enthalten, kann die Menge des subgenomischen RNA-Transkripts keinen

Einfluss auf die vom 10A1V-Mogag-induzierte Krankheitsverteilung haben. Außerdem

haben die hier präsentierten Daten gezeigt, dass die Herkunft des gag-Bereichs die

Art der induzierten Lymphome nur gering beeinflussen kann.

Die Moloney Leader-Region erweist sich vielleicht auch deshalb als eine wichtige

Determinante für die Induktion von T-Zell-Lymphomen in dem hier verwendeten

Mausmodell, weil in diesem Bereich unbekannte regulatorische Sequenzen oder

Bindungsstellen für bisher unbekannte Faktoren lokalisiert sind. Im Moloney-Leader

konnte von mir eine Bindungsstelle für den T-Zell-spezifischen Transkriptionsfaktor

Ikaros nachgewiesen werden, die in der 10A1-Sequenz mutiert ist. Die Arbeiten von

(Reuss et al., 2001) haben gezeigt, dass amphotrope Viren ohne Enhancer-

Elemente in der Lage sind, in humanen Zellen zu replizieren, so dass es Bereiche

außerhalb der U3-Region geben muss, die die Enhancer-Elemente im LTR ersetzen

können.

Neuere Untersuchungen von (Wolff et al., 2003) mit einer Moloney-Chimäre mit

amphotropen LTR-Sequenzen zeigten, dass dieses Virus in 23 % der infizierten

FVB- und 46 % der Balb/c-Mäuse, T-Zell-Lymphome induzieren konnte, die anderen

Tiere erkrankten an myeloiden Tumoren. Da myeloide Leukämien nach der Infektion

mit dem Mo-MuLV in diesen Mausstämmen nicht beobachtet werden konnten,

schlägt die Arbeitsgruppe eine Kollaboration zwischen den amphotropen und den

Moloney-Sequenzen als möglichen Mechanismus vor. Da die Mausstämme FVB und

Balb/c durch die Expression des Fv1-Lokus resistent gegenüber dem amphotropen

Virus sind, ist es schwer zu sagen, ob die induzierten T-Zell-Lymphome nur auf die

Gegenwart der Moloney-Sequenzen zurückzuführen sind. Der Moloney Leader-

Diskussion 109

Bereich scheint in diesen Mausmodellen nicht so effektiv zu sein, wie in dem von uns

verwendeten. Der genetische Hintergrund der infizierten Mäuse, hat wie bereits

erwähnt, einen starken Einfluss auf die Art der induzierten Krankheit. Nichts desto

trotz belegt auch die Arbeit von Wollf et al., dass es Sequenzen außerhalb des LTR

geben muss, die die induzierte Leukämieform beeinflussen können.

7.2.3.1 Einfluss des glykoGag-Expressionsniveaus auf die Pathogenität

Eine andere Möglichkeit, die wir genauer untersucht haben, ist eine Beeinflussung

der Krankheitsspezifität durch das glykoGag-Protein, dessen Start-Kodon im NP-

Bereich lokalisiert ist. Dazu wurden die hier verwendeten Viren bezüglich ihrer

glykoGag-Expression in SC-1 Zellen untersucht. Dabei stellte sich, wie bereits

erwähnt, heraus, dass die Moloney Leader-Region zu einem niedrigen, die 10A1

Leader-Region dagegen zu einem hohen glykoGag-Expressionsniveau sowohl in

vitro als auch in vivo führte. Die Herkunft der den Leader-Bereich flankierenden

Sequenzen hatte dabei keine Auswirkungen auf die Expression. Die Gegenwart des

Moloney NP-Bereichs scheint sich günstig auf die Induktion von T-Zell-Lymphomen

auszuwirken. Der entsprechende vom 10A1-MuLV-stammende Bereich scheint

dagegen die Entwicklung von blastischen Lymphomen zu ermöglichen, wenn dieser

Einfluss nicht durch das stark thymotrope Moloney-LTR maskiert wird, wie in der

Chimäre Mo-10A1V-10A1NP. Das glykoGag-Expressionsniveau korreliert also mit der

Induktion bestimmter Leukämieformen. Die Funktion des glykoGag-Proteins im

retroviralen Entwicklungszyklus ist unbekannt, es konnte aber bisher gezeigt werden,

dass dieses Protein wichtig für die Virusausbreitung und Pathogenität in vivo ist

(Corbin et al., 1994; Fujisawa et al., 1997). Mutationen im Leader-Bereich des

chimären Cas-Br-E-/Friend-MuLV führten zu einem hohen glykoGag-

Expressionslevel, welches sich inhibierend auf dessen Neuroinvasivität auswirkte

(Fujisawa et al., 1998). Im Gegensatz dazu haben (Münk et al., 2003) gezeigt, dass

ein hohes glykoGag-Expressionsniveau mit der Neuropathogenität von chimären

Moloney-MuLVs korreliert. Da das glykoGag-Protein in die Viruspartikel inkorporiert

wird (Fujisawa et al., 2001), könnte die Menge des eingebauten Proteins eine Rolle

bei der Infektiosität von Viren spielen. Möglicherweise kann das membranständige

glykoGag-Protein bestimmte Ko-Rezeptoren auf Nachbarzellen erkennen und

binden, was die Virusausbreitung in bestimmten Geweben begünstigt. Alternativ

Diskussion 110

könnte die Interaktion zur Freisetzung von Wachstums-Faktoren führen, die

entweder eine Differenzierung oder Proliferation von bestimmten Zellen bewirken.

7.2.4 Einfluss von MCF-Viren auf die Pathogenität

Da postuliert wird, dass MCF-Viren durch die Bereitstellung von rekombinierten env-

und/oder rekombinierten LTR-Sequenzen für die rasche Krankheitsentwicklung in

MuLV-infizierten Mäusen verantwortlich sind (Brightman et al., 1991; Hartley et al.,

1977; Lavignon and Evans, 1996; Ruscetti et al., 1981), wurden die hier induzierten

Tumore auf das Vorkommen von MCF-Viren untersucht. Interessanterweise traten in

den Mo-10A1env-MuLV-induzierten Tumoren nur wenige MCF-Viren auf, was

eventuell auf die Gegenwart der 10A1 env-Sequenzen zurückzuführen war. Die

Möglichkeit der dualen Rezeptornutzung scheint wohl das Auftreten von MCF-Viren

für die Induktion einer T-Zell-Leukämie/Lymphom unnötig zu machen. Das

verminderte Vorkommen von MCF-Viren könnte die verlängerte Inkubationszeit von

128 Tagen, im Vergleich zu 95 Tagen beim Moloney-MuLV, erklären. Auch in den

durch die anderen Chimären induzierten Lymphomen konnten, unabhängig von der

Krankheit, nur wenige Rekombinationsereignisse nachgewiesen werden, die dann

auch nicht in allen Tumorzellen vorlagen. Da auch in klonal ausgewachsenen,

blastischen Lymphomen nur in einigen Zellen MCF-Viren detektiert werden konnten,

ist deren Einfluss auf die Krankheitsverteilung eher unwahrscheinlich. Wenn diese

Viren durch ihre rekombinierten env-Sequenzen zu einer Superinfektion der Zellen

geführt und/oder durch ihre modifizierten Enhancer-Elemente einen

Transkriptionsvorteil in bestimmten Zellen gehabt hätten, wäre anzunehmen

gewesen, dass diese in dem gesamten klonalen Zellpool zu finden gewesen wären.

(Lavignon et al., 1997) hatten festgestellt, dass die Herkunft der gag-Sequenzen, den

Typ der generierten MCFVs beeinflussen kann. Die hier präsentierten Ergebnisse

lassen keinen Zusammenhang zwischen der Herkunft bestimmter Gen-Bereiche,

außer der vom 10A1-MuLV stammenden pol/env-Sequenz, und der Generierung von

MCF-Viren erkennen. Die duale Rezeptornutzung des 10A1-MuLVs ist auf die

Rekombination von amphotropen env-Sequenzen mit endogenen, MCF-ähnlichen

Sequenzen zurückzuführen (Ott et al., 1990). Vielleicht lässt die Gegenwart dieser

MCF-ähnlichen Sequenzen im 10A1-env nur bedingt Rekombinationen mit

endogenen Sequenzen zu. Obwohl dies eigentlich unwahrscheinlich ist, da durch die

Diskussion 111

hohe Sequenzhomologie eine verstärkte Rekombination zu erwarten gewesen wäre.

Tumore, die durch MuLVs induziert wurden, die keine 10A1 env-Sequenzen tragen,

wie das Moloney-, das 10A1-4070env- und das 4070A-Virus, zeigten eine hohe

MCFV-Frequenz in allen Tumorzellen. Möglicherweise erleichtern oder stimulieren

amphotrope bzw. ökotrope env-Sequenzen die MCFV-Generation, weil keine große

Homologie zu den endogenen Sequenzen vorhanden ist. Die Rezeptoren mCat-1

und Pit2 sind vielleicht nicht optimal für die Infektion lymphoider Zellen geeignet, weil

sie ein niedrigeres Expressionslevel haben oder durch Modifikationen nicht so

effizient genutzt werden können, so dass in vivo auf Viren selektioniert wird, die

durch modifizierte env-Sequenzen den polytropen Rezeptor nutzen können. In

Moloney-MuLV induzierten Tumoren konnten darüber hinaus auch viele Typ II

Rekombinanten detektiert werden, so dass wohl auch auf die Bereitstellung

rekombinierter LTR-Sequenzen selektioniert wurde.

7.2.5 Aktivierung von Onkogenen

Die 10A1-induzierten Tumore wurden auf das Vorkommen von häufig aktivierten

Onkogenen untersucht. Von den pro-B-Zell-Lymphomen zeigte nur je ein Tumor

(1/10) Provirusintegrationen in den Genen c-myc und Pim-1, die in T-Zell- und B-Zell-

Lymphomen häufig aktiviert sind. Da nur in wenigen Lymphomen Integrationen in

den bekannten Onkogenen festgestellt werden konnten, ist ein entscheidender

Beitrag dieser Insertionen zur malignen Entartung des pro-B-Zellpools eher

unwahrscheinlich. In diesen Tumoren haben verschiedene, zusammenwirkende

Integrationsereignisse in funktionellen Genen zur malignen Transformation in

mehreren Zellen geführt. Diese Zellpopulationen sind dann parallel ausgewachsen

und bildeten einen polyklonalen Tumor. Diese Polyklonalität spiegelt sich in der

relativ langen Latenzzeit von 164 Tagen wieder. Die Integrationen haben entweder in

anderen Bereichen der bekannten Loci stattgefunden oder es wurden bisher

unbekannte Onkogene aktiviert.

Alle 10A1-induzierten, blastischen Tumore waren positiv für Integrationen in den

Fli-1-Lokus, Provirusinsertionen in anderen, für Erythroleukämien typischen

Onkogenen, wie z.B. Spi-1/PU.1, konnten nicht detektiert werden. Da in nur 2/13

Tumoren Integrationen in das Pim-1-Gen detektiert werden konnten, ist eine

Auswirkung dieser Aktivierung auf den sehr einheitlichen Phänotyp der erkrankten

Diskussion 112

Tiere eher unwahrscheinlich. In NIH/Swiss-Mäusen konnten in allen 10A1-

induzierten, blastischen Lymphomen Integrationen im Fli-1-Lokus identifiziert und

darüber hinaus eine 10A1/Fli-1-Fusions mRNA nachgewiesen werden, was für eine

Aktivierung des Gens durch Promoterinsertion spricht (Ott et al., 1994). Alle

Integrationen fanden stromaufwärts vom Fli-1 Initiations-Kodon in der gleichen

transkriptionellen Orientierung wie die des Gens statt (s. Abb. 39). Auch in fast 70 %

der Cas-Br-E-MuLV induzierten blastischen Lymphome konnten Integrationen in dem

von Ott beschriebenen Bereich im Fli-1 Gen in der gleichen transkriptionellen

Orientierung nachgewiesen werden (Bergeron et al., 1991).

+1

Fli-1 Sonde

E E BB

Exon 9Exon 1Exon 1b

Abb. 39: Schematische Darstellung des Fli-1-Lokus mit den relevanten Schnittstellen und den

bevorzugten Integrationsstellen. Die transkriptionelle Orientierung der Proviren ist durch die Richtung

des Pfeils dargestellt. Die Lage der Fli-1-Sonde ist mit einem Doppelpfeil angegeben. B: BamHI; E:

EcoRI; +1: Transkriptionsstart.

In den hier analysierten Tumoren zeigten 12/13 Tieren ebenfalls Integrationen in

diesem Bereich (s. Abb. 39). Nur in einem Tumor konnte eine weiter stromaufwärts

gelegene Integration nachgewiesen werden. Alle blastischen Lymphome, die durch

die verschiedenen, hier getesteten chimären MuLVs induziert wurden, zeigten

ebenfalls eine Integration in den Fli-1-Lokus. Wobei die meisten Tumore eine

Insertion im gleichen Bereich wie in den 10A1-induzierten Lymphomen hatten,

nämlich stromaufwärts vom Fli-1 Initiations-Kodon in der gleichen transkriptionellen

Orientierung (s. Abb. 39). Interessanterweise konnten in den durch das 10A1V-Mogag

induzierten, blastischen Lymphomen Integrationen in einem anderen Bereich des Fli-

1-Lokus nachgewiesen werden, so wie es auch einer der 10A1-induzierten Tumore

zeigte. Die Integrationen haben weiter stromaufwärts in den regulatorischen

Diskussion 113

Sequenzen des Fli-1 Gens in umgekehrter Orientierung stattgefunden (s. Abb. 39).

Wahrscheinlich hatte die Integration in diesem Bereich einen Selektionsvorteil für die

infizierten Zellen. Möglicherweise hatten die Moloney gag-Sequenzen einen Einfluss

auf die Richtung der Provirusintegration. Auch in 95 % der Friend-MuLV induzierten

Leukämien konnten Integrationen stromaufwärts und in umgekehrter

transkriptioneller Orientierung zum Fli-1 Gen nachgewiesen werden (Ben-David et

al., 1991). Die Aktivierung des Fli-1-Gens scheint somit für die Transformation der

Vorläuferzellen essentiell zu sein, was durch die Beobachtung, dass diese Tumore

klonal sind, noch untermauert wird. Die Aktivierung dieses Gen-Lokus führt zu einer

schnellen Proliferation von Vorläuferzellen und dann zum Tod der infizierten Tiere.

Interessanterweise war auch ein B-Zell-Tumor positiv für eine Integration in den Fli-1-

Lokus, wobei das Provirus in den gleichen Bereich inseriert hatte, wie das auch in

den blastischen Tumoren der Fall gewesen ist. Möglicherweise hatte diese

Integration zu einem späteren Zeitpunkt oder in einer anderen Zellpopulation

stattgefunden, so dass eine Aktivierung dieses Lokus nicht mehr zur Proliferation im

Myelo/Erythroblasten-Kompartiment oder nicht zur Transformation der infizierten

Zelle führte. Ob die Gegenwart bestimmter 10A1-Bereiche die Proviren präferentiell

in den Fli-1-Lokus inserieren lässt, kann ohne weitere Untersuchungen nur spekuliert

werden. Wahrscheinlich hat dieser Lokus in Vorläuferzellen eine offene

Chromatinstruktur, die eine Provirusintegration erst ermöglicht. Es wurde bereits

gezeigt, dass das HI-Virus bevorzugt in aktive Gene inseriert, vor allem in solche, die

nach einer HIV-Infektion aktiviert sind (Schröder et al., 2002).

Appendix 114

8. Appendix Tab. 19: Befunde von den 10A1V-Mogag-induzierten Lymphomen im Überblick (N: normal; Lk:

Lymphknoten; Thy: Thymus; n.a.: nicht analysiert, *:Tumore zeigten auch eine anti-CD79ß und anti-

IgM positive Subpopulation).

Maus- Nr.

nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere Organe

Hkt [%]

Leuk [106/ml]

FACS

#2662 86 2,6 3,2 normal 15,3 n.a. Sca-1/Ter119

#2663 113 2 2,5 normal n.a. n.a. Sca-1

#2669 104 2,2 3,2 normal 17,7 14,4 n.a.

#2671 121 2,6 3,5 normal 22,2 137,4 n.a.

#2680 138 2,2 4,7 normal n.a. n.a. n.a.

#2682 79 2,3 2,7 normal 15 41,1 Sca-1

#2749 83 2,1 3,4 normal n.a. n.a. n.a.

#2752 134 3,7 3,9 normal n.a. n.a. n.a.

#2665 205 0,4 N normal 39,2 3,6 CD19/B220*

#2673 199 0,5 N normal 20,1 29,7 CD19/B220

#2678 210 0,5 N normal 38,1 3 CD19/B220*

#2679 222 0,5 N Lk 34,5 n.a. CD19/B220*

#2684 222 0,8 N Lk 20,4 15,9 CD19/B220

#2750 125 1,0 N Lk, Thy 33,6 13,8 CD19/B220

#2753 169 3,1 3,2 normal 17,1 n.a. CD19/B220

#2664 176 >0,4 >2,3 Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3, CD4

#2677 210 1,1 2,4 Thy 36,3 24,9 CD90/CD3, CD4/CD8

#2683 187 2,7 5,8 Lk, Thy 50,7 8,4 CD90/CD3, CD4/CD8

#2748 116 1,2 2,0 Lk, Thy 39,3 n.a. CD90/CD3, CD4/CD8

Appendix 115

Tab. 20: Befunde von Mo-10A1V-10A1NP-infizierten Mäusen im Überblick (N: normal; Lk:

Lymphknoten; Thy: Thymus; n.a.: nicht analysiert)

Maus-

Nr. nach [d]

Milz [g]

Leber [g]

andere OrganeHkt [%]

Leuk [106/ml]

FACS

#2489 76 2,0 4,2 Lk 38,2 n.a. CD90/CD3

#2491 76 1,9 3,3 Lk, Thy 32,7 57,6 CD90/CD3

#2495 83 1,6 3,0 Lk, Thy 25,4 39,3 CD90/CD3

#2496 85 0,9 N Thy 41,1 58,5 CD90/CD3

#2497 118 1,5 3,2 Lk 44,1 126,3 CD90/CD3

#2500 94 1,2 N Lk, Thy n.a. n.a. CD90/CD3

#2505 114 0,5 N Thy 38,7 10,5 CD90/CD3

#2506 93 1,9 2,7 Lk, Thy 36,9 48,9 CD90/CD3

#2508 125 1,5 2,8 Lk 39 38,4 CD90/CD3

#2514 113 2,1 2,5 Lk, Thy 45,9 n.a. CD90/CD3

#2516 94 2,7 >2,5 Lk, Thy 17,3 n.a. CD90/CD3

#2517 97 1,7 3,1 Lk, Thy 38,4 412 CD90/CD3

#2519 160 0,3 N Thy 43,5 5,4 CD90/CD3

#2520 107 2,7 >2,3 Lk, Thy 18,3 n.a. CD90/CD3

#2521 111 1,2 4,5 Lk, Thy 45 37,5 CD90/CD3

#2494 119 0,7 N Thy 40,2 13,2 CD19/B220

#2499 83 1,6 2,6 normal 17,4 47,7 Sca-1

Abkürzungsverzeichnis 116

9. Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung Ak Antikörper bp Basenpaar CA Kapsidprotein c-onc zelluläres Proto-Onkogen cpm engl. Counts per minute, Ereignisse pro Minute d engl. Day, Tag DLS Dimerisierungssignal DNA engl. Deoxyribonucleic acid, Desoxyribonukleinsäure EC embryonale Karzinomzellen env Gen für das retrovirale Hüllprotein EpoR Erythropoetin-Rezeptor ES embryonale Stammzellen FACS engl. Fluorescence Activated Cell Sorter, Fluoreszenz-aktivierter

Zellsortierer FCS engl. Fetal Calf Serum, fötales Kälber Serum gag Gen für die retroviralen Kapsidproteine glykoGag Gen für das glykosylierte Gag-Protein gp55 Glykoprotein des SFFV gp70 Glykoprotein muriner Leukämieviren h engl. Hour, Stunde HIV Humanes Immundefizienz Virus Hkt Hämatokrit HTLV-1 humanes T-Zell-Leukämievirus-1 HVR hypervariable Region IN retrovirales Enzym: Integrase IRES interne Ribosomeneintrittsstelle kb 1000 Basenpaare LB Luria-Bertani Leu Leukozytenzahl Lk Lymphknoten LTR engl. Long Terminal Repeat, lange terminale Wiederholung MA Matrixprotein MCFV engl. Mink-Cell-Focus-Forming-Virus, Nerz-Zellfokus-bildenes Virus MDEV Mus dunni endogenes Virus MEM Minimal Essentielles Medium MESV Murines embryonales Stammzell Virus MHC engl. Major Histocompatibility Complex, Haupt Histokompatibilitäts-

Komplex ml Milliliter MPSV murines Proliferatives Sarkom Virus mRNA engl. Messenger-RNA, Boten-RNA MSV murines Sarkom Virus MuLV murines -Leukämie Virus N normal NC Nukleokapsidprotein nt Nukleotid

Abkürzungsverzeichnis 117

NZB New Zealand Black OD Optische Dichte PBS Primerbindungsstelle pol Gen für die retroviralen Enzyme PPT Polypurintrakt PR retrovirales Enzym: Protease R Redundante Region RNA engl. Ribonucleic acid, Ribonukleinsäure rpm engl. Round per minute, Umdrehungen pro Minute RPMI Roswell Park Memorial Institute 1640 Medium RSV Rous Sarkom Virus RT retrovirales Enzym: reverse Transkriptase SA Spleiß-Akzeptor SD Spleiß-Donor SFFV engl. Spleen-Focus-forming-Virus, Milzfokus-bildenes Virus SU Oberflächenhüllprotein Tab Tabelle TAE Tris-Azetat-EDTA-Puffer Thy Thymus TM Transmembranes Hüllprotein tRNA Transfer RNA U3 engl. Unique, einzigartige 3’-Region U5 engl. Unique, einzigartige 5’-Region UTR Untranslatierte Region v-onc virales Onkogen VRA variable Region A VRB variable Region B

Literaturverzeichnis 118

10. Literaturverzeichnis

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