Die Behandlung der Nachgeburtsperiode mit der prophylaktischen Auffüllung der Placenta durch...

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348 Frey: Die Behandlung der .Nachgeburtsperiode mit der prophylaktische~l Es schein~ uns ftir die Beurteilung der ~tiologischen Zusammen- h~nge in unseren Atonief~llen weiterhin nicht bedentungslos, dab 2 der yon uns in den letzten'Monaten beobachteten sehweren Atonien Frauen betrafen, die Vertreterinnen des asthenischen Typs waren und sieh dureh einen auffallend schwachen Tonus der Muskulatur ans- zeichneten. Es liegt nahe, die unterwer~ige Konstitution als Grund- ursache der schweren Atonien anzusprechen, allerdings mit der Ein- schr~nkung, daf~ hier sieher]ieh auch exogene Momente mitspielen, die uns allein den p16tzliehen Wechsel in unseren Beobaehtungen yon einst und jetzt versti~ndlieh maehen. Wenn auf Grund unserer Erfahrungen an der groften Bedeutung erworbener konstitutioneller Zust~nde fiir den Ablauf der Geburt, fiir die Entstehung atonischer Geburtsblutungen und auch fiir den Ersatz der verloren gegangcnen Blutmengen nicht zu zweffeln ist, so muB gerade beim Zusammentref/en erworbener und angeborener Konsti- tutionsschw~ehen eine Insuffizienz der Generationsorgane und des Organismus iiberhaupt geh~uft in die Erscheinung treten. Gerade in unserem westdeutschen Industriegebiet scheinen die Bedingungen fiir ein solches Zusammentreffen in besonderem Mage gegeben zu sein. Die soziale Not hat krasseste Formen angenommen und hat zu einer Beeintr~chtigung des allgemeinen Erniihrungszustandes und der Widerstandskraft beim groBen Durchschnitt der Bev61kerung gefiihrt; sie steht in einem offensichtlichen Gegensatz zu den Verhfi.lt- nissen der Vorkriegsjahre und Kriegsjahre und diirfte auch die Ver- h~ltnisse der ersten Nachkriegsjahre an Schwere iibertreffen. Die Noxe, die die Verschlechterung der Prognose der Geburtsblutungen in den letzten Jahren bei unseren Frauen bedingte, glauben wir demnach als Kriegssehaden -- im weitesten Sinne aufgefa~3t -- betrachten zu mtissen; sie dtirfte nicht zuletzt ihre Ursache haben in der gegen uns geiibten Hungerblockade, die sich im Westen Deutsehlands anch noch auf die Naehkriegsjahre mit ihren besonders sehlechten Ern~hrungs- und Ver- sorgungsm6glichkeiten erstreckte. 10. Herr Frey-Ziirieh: Die Behandlung der Nachgeburtsperiode mit tier prophylaktisehen Auifiillung der Placenta durch eisgekiihlte sterile KoehsalzlSsung. Als Test ffir die Beurteilung der Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsmethoden dient die Zeitdauer der Placentarperiode, der Blutverlust, die Art und Weise der Ausstol3ung der Placenta, die Voll- st~ndigkeit der Eihaute, die Vollstandigkeit der Placenta und schlie/~- lich die Anzahl und die Gr613e der Blutverluste nach Ausstol3ung der Placenta,

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Page 1: Die Behandlung der Nachgeburtsperiode mit der prophylaktischen Auffüllung der Placenta durch eisgekühlte sterile Kochsalzlösung

348 Frey: Die Behandlung der .Nachgeburtsperiode mit der prophylaktische~l

Es schein~ uns ftir die Beurteilung der ~tiologischen Zusammen- h~nge in unseren Atonief~llen weiterhin nicht bedentungslos, dab 2 der yon uns in den le tz ten 'Monaten beobachteten sehweren Atonien Frauen betrafen, die Vertreterinnen des asthenischen Typs waren und sieh dureh einen auffallend schwachen Tonus der Muskulatur ans- zeichneten. Es liegt nahe, die unterwer~ige Konstitution als Grund- ursache der schweren Atonien anzusprechen, allerdings mit der Ein- schr~nkung, daf~ hier sieher]ieh auch exogene Momente mitspielen, die uns allein den p16tzliehen Wechsel in unseren Beobaehtungen yon einst und jetzt versti~ndlieh maehen.

Wenn auf Grund unserer Erfahrungen an der groften Bedeutung erworbener konstitutioneller Zust~nde fiir den Ablauf der Geburt, fiir die Entstehung atonischer Geburtsblutungen und auch fiir den Ersatz der verloren gegangcnen Blutmengen nicht zu zweffeln ist, so muB gerade beim Zusammentref/en erworbener und angeborener Konsti- tutionsschw~ehen eine Insuffizienz der Generationsorgane und des Organismus iiberhaupt geh~uft in die Erscheinung treten.

Gerade in unserem westdeutschen Industriegebiet scheinen die Bedingungen fiir ein solches Zusammentreffen in besonderem Mage gegeben zu sein. Die soziale Not hat krasseste Formen angenommen und hat zu einer Beeintr~chtigung des allgemeinen Erniihrungszustandes und der Widerstandskraft beim groBen Durchschnitt der Bev61kerung gefiihrt; sie steht in einem offensichtlichen Gegensatz zu den Verhfi.lt- nissen der Vorkriegsjahre und Kriegsjahre und diirfte auch die Ver- h~ltnisse der ersten Nachkriegsjahre an Schwere iibertreffen. Die Noxe, die die Verschlechterung der Prognose der Geburtsblutungen in den letzten Jahren bei unseren Frauen bedingte, glauben wir demnach als Kriegssehaden -- im weitesten Sinne aufgefa~3t -- betrachten zu mtissen; sie dtirfte nicht zuletzt ihre Ursache haben in der gegen uns geiibten Hungerblockade, die sich im Westen Deutsehlands anch noch auf die Naehkriegsjahre mit ihren besonders sehlechten Ern~hrungs- und Ver- sorgungsm6glichkeiten erstreckte.

10. Herr Frey-Ziirieh: Die Behandlung der Nachgeburtsperiode mit tier prophylaktisehen Auifiillung der Placenta durch eisgekiihlte sterile KoehsalzlSsung.

Als Test ffir die Beurteilung der Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsmethoden dient die Zeitdauer der Placentarperiode, der Blutverlust, die Art und Weise der Ausstol3ung der Placenta, die Voll- st~ndigkeit der Eihaute, die Vollstandigkeit der Placenta und schlie/~- lich die Anzahl und die Gr613e der Blutverluste nach Ausstol3ung der Placenta,

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Aufftillung der Placenta (lurch eisgektihlte sterile Kochsalzl6sung. 349

Verglichen werden die Mittelwerte bei der prinzipiellen Verabreichung yon 1 ccm Gynergen bei 300 Fi~llen mit denjenigen bei der prinzipiellen prophylakr Turgescierung bei 500 Fi~llen mit den Resultaten yon je 100 Fi~llen rein exsloektativer Nachgeburts]eitung, je 100 Fi~llen mit prophy!aktiseher Verabreichung yon Pituglandol und 100 prophy- lakfisch mit Pituitrin vorbehande]ten F~llen aus der Ziirieher Frauen- klinik. Die Resultate der Pituitrin- und Pituglandolserien warden seinerzeit yon Reist and Guggenheim in der Schweiz. Med. Wochenschrift (Nr. 43, S. 1000. 1923) mitgeteilt.

Tabelle 1.

Pituitr~n I Turges- U~zbehandelt Pituglandol ark . Gynergen P e Devls

Roche (100) (100) Saadoz (300) 500 F~tlle) Art der Prophylaxe. (100 F~lle) eierang

1. Zeitdauer 0--10 Min. 0--15 Min. 0--30 Min. 0--60 Min.

2. Blutverlust a) tiberhaupt geblutet b) mittlerer

0--300 300--500 500--800 tiber 800

3. Atonisch geblutet p. P. PI. 4. Ausstofiung

a) Spontan b) Stempeldruc~ c) Cred6 ~ d) Cred~ i. N. e) Manuelle L.

5. Vollst~ndigkei~ der F, ihdute

6. Vollstdndigkeit der

15,3 Min. 18% 50% 95% 00%

51% 3 ccm

36% 8% 7% 1% 4%

ss% 9% 3% 0% 0%

99%

1 k5 Mil 14,1 Min. 27% 46% 63% 70% 94% 91% 00% 97o/0

34% 49% _18cc~ 154ccm

24% 37% 3% 3~ 7% 9% 2% 4% 2% 2%

88% 85% 15% 1~% 1% 1% 0% 0% 0% 0%

54% 60%

9 9 % [ 99% Placenta

A ustastung 7. Blutung bei friiherer

Geburt (absolute Zahl)

Rezidiv.

1% 9

1% 1% 7 7

2 I 2

19,2 3~in. 20,6% 50% 89% 98,3%

62% 178ccm

43,3% 11,3% 5% 2,3% 0,3%

86,3% 12,3% 1%

0% 0,3%

65,3%

99,4%

0,6% 2

16,14.Min. 34% 66,8% 92,8% 97,4%

87,2% 211, 7 ccm

7o% 9,6% 4,75% 3,2%

12%

75% 18% 1,4% 1,4% 0,4%

60%

99%

1% 4

Die erhaltenen I~esultate And in der Tub. 1 zusammengestellt. Sie ergibt folgendes :

1. Zeitdauer der Placentarperiode.

Die mittlere Zeitdauer bis zur AusstoBung der Placenta differiert eigentlioh unwesentlioh. Sie ist bei der Turgescierung nm 0,8 Minuten,

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350 Prey: Die Behandiung der ~achgeburtspe~-h)de mit der prophylaktischen

bei den Gynerge~ffa]len jedoch um 3,9 Minuten verlangert. Beides ist praktiseh unbedeutend, da kS sich sehlieBlieh gleich bleibt, ob die Placentarperiode uaeh 15 Minuten oder nach 20 Minuten beendet ist. Wiehtiger erscheint mir die Tatsaehe, dab nach Ablauf yon 1 Stunde die Plaeentarperiode bei den Turgeseiertlngsfallen IT1)], bei den Gynergen. f~llen [G1)] und bei den Pituitrinfallen [Ptl)] noch nicht beendet ist, wghrend dem bei den Pituglandol [pgl)] und unbehandelten Fdllen [U1)] nach 1 Stunde in 100% die Placentarperiode beendet ist.

Naeh der Zeitdauer ergibt das Eingrei/en in die Physiologie der Pla- centarperiode mit T und G schlechtere Resuttate wie die rein exspe~ative Leitung derselben.

2. Der Blutverlust.

a) Wenn man die Zahl der F~lle beriicksichtigt, die bei den einzelnen Verfahren iiberhaupt einen meBbaren Blutverlust aufweisen, so steht an erster Stelle dig T, dann das G. Ffir die Beurteilung des praktisehen Wertes der rationellen Behandlung der Plaeentarperiode kommt es night allein daratff an, wie groB der Prozentsatz der Falle ist, welche meBbar bluten, sondern wie g o b der durchsehnittliche Blutverlust ist und des weiteren dtwch we]che Faktoren derselbe beeinfluBt wird.

b) Naeh der Bearteilung des mittleren Blutverlustes sind die Re- sulta~e am schieehtesten bei der T, dann beim G und am besten neben den U-F~llen sind die Pg-Falle. Bei der genaueren Analyse zeigt kS sieh, dab dig kleinsten und kleineren Blutverluste bei den T- und G- F~llen groB sind; des weiteren, dab der Prozentsatz der mittelgroBen Blutverluste yon 500--800 Gem bei den T- und G-Fallen am kleinsten ist. Fiir die groBen Blutverluste fiber 800 ccm zeigt es sieh, dab die grOBeren Blutverluste bei den T- und G-F~llen h~ufiger vorkommen wit bei den U-Fallen. Es ist digs Yon praktiseher Bedeutung, da ja nicht die kleinen, sondern die groBen Blutverluste zu einer lebensbedrohenden Situation fiihren und unser Bestreben im Gegenteil dahin geht, eine Methode zu linden, welehe lebensbedrohende Gefahrsitu~tionen ver- meidet.

Fiir die riehtige Einsch~tzung des Blutverlustes ist jedoch die Zahl und die GrSBe der atonisehen ]Blutungen nach Beendigung der Placenta.r- periode mit zu beriicksiehtigen.

3. Die atonische Blutung nach Aussto[3ung der Placenta.

Hier zeig% kS SiGh, dab bei den T-Fallen dreimal mehr atonische Blutungen beobachtet werden wie bei den U-Fallen und 6real mehr wie bei den Pg- und t~t-Fallen. Demgegenfiber zeigen die G-Falle

1) T ~ Turgescierung; G ~ Gynergen; t)t ~- Pitui?~rin; Pg ~ Pituglandol; U ~ unbehandelte F~tlle.

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Aufftillung der Placenta dutch eisgekiihlte sterile KochsalzlSsung. 351

sozusagen keine atonisehe Blutung, indem sic mit 0,3% am besten ab- sehneiden.

])ieses auffallende Resultat wird verstgndlich, wenn man einerseits mit berficksichtigt, daB, wie die Kolonne 4 zeigt, bei den T-Fallen am hgufigsten die Placenta dutch Stempeldruck entfernt wurde und underer- seits, wenn man bedenkt, dab der Dehnungsreiz der T zu voriibergehen- den Kontraktionen und naehheriger stgrkerer Erschlaffung fiihrt. Demgegeniiber zeigt die Vorbehandlung mit Pg oder Pt und insbesondere mit G, dal~ der Tonus und der I~hythmus des Uterus so sensibilisiert werden, dab es kaum mehr zur Atonie kommt.

4. Die Art der Ausstofiung der Placenta.

a,) Die spontane Ausstol3ung ist bei den T-F~llen am kleinsten.

b) Das Stempeldruckver[ahren wurde bei den T-Fallen am meisten get~bt.

IVIit dem Stempeldruckverfahren bezeiehnen wir an der Ziiricher Klil~ik die ktinstliehe AusstoBung einer in Scheide und Geb~rmutter- hals liegenden ~aehgeburt dem Meehanismus dieser Hilfeleistung ent- sprechend mit dem Ausdruck ,,Stempeldruek". Der Ausdruek ,,Cred~- seher Handgri//" wird entsprechend den VerSffentlichungen und Ab- bildungen des Autors aussohlieSlieh ftir die ki~nstliche Abl5sung der Nachgeburt und ihrer AusstoBung aus dem C~vum uteri und daran ~nschlieBend aus der Seheide benutzt. Zur Begriindung diene folgendes : Diese Trennung verhiitet Verwechslung des harmlosen Stempeldruckes bei gelSster Nachgeburt und dem kliniseh wesentlich bedeutungsvolleren Creddschen Handgriff der ungel6,ten Nachgeburt. Sie verhindert damit bei t~etentio placentae in der Seheide ein Versagen der kiinstliehen Ex- pressionsbestrebungen infolge falseher Druekrichtung; sic verhfitet nutzlose Verst~rkung des Creddschen Handgriffes his zu starkem schmerzhaften Kneifen des lgngst entleerten Uterus und verhiitet damit vie]e Falle yon re/lektorisehem Geburtsschock post partum (modi- fizierter Goltzseher Klopfversuch post partum).

Gestiitzt auf diese Darlegungen, kSnnen wir dem Rule St6ckel8 zur Einigung auf seine These 8 zu Absehnitt 1 nieht Folge le'isten. Wir werden nach wie vor mit ,,Stempeldruck" bezeichnen, was nur Stempel- druck ist und mit ,,Cred~schem Handgri/]" das bezeichnen, was Cred~ selbst an seinem Handgriff als das ,,Wesentliche" bezeichnete.

c) Diese Kolonne zeigt, dab die T-F~lte weniger h~ufig dutch Cred~ ohl~m Narkose er]edigt wurden wie die U-Fglle, dab abet bei gemein- samer Betrachtung yon e) und d) (Cred~ Jr Credd in Narkose) kaum ein Unterschied gegeniiber den U-F~llen besteht.

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352 Frey~ Die Behandlung der Naehgeburtsperiode mit der prophylaktischen

Die Kolonne 4e) zeigt, dab nur die T-Yglle und die G-Fglle, beide in gleieher Gr61~e, zur manuellen PlaeentarlSsung veran]at~ten, wghrend- dem die U-, Pg- und P~-Serie 0% manuelle L6sungen aufweisen. Es ist die Tabelle hier insofern irreftihrend, als auf 100 Geburten fiberhaupt noch keine manueHe LSsung entfgllt.

5. Die Kollst~indigkeit de~ Eih~iute.

Es zeig~ diese R.ubrik, dal3 die Zahl der unvollsti~ndig ausgestol~enen Eihgute bei den U-Fgllen am gr01~ten ist. Es mag dies vielleicht ein Zufall sein wegen tier Ungleichheit der Zahlen, die miteinander ver- gliehen werden. Es ist dieser Befund jedoeh nebensiichlich, weft mit geeh t heute der partiellen Retention yon Eihautresten keine klinische Bedeutung mehr beigemessen wird.

6. Die Vollstgndigkeit der Placenta.

Es zeigt diese Rubrik, daft nie in 100% der ~VgIle bei den einzelnen Serien die Placenta vollstgndig ausgestoflen wit& Ein kleiner quantitativer Unterschied besteht insofern, als die G-Fglle allein nur weniger wie 1% Austastungen wegen Retentio placentae partialis notwendig machten.

7. Besonderes Interesse verdient der Vergleich yon Mnltiparae mit pathologisehen Plaeentarperioden in friiheren Geburten mit der jetzigen Geburt. Nimrat man als Vergleieh die Zahl der Fiilte mit pathologischem Blutverlust, so ist es auffallend, dal3 allein nur die U-Fiille in fiber 50~o erneut eine pathologische Blutung aufweisen, wghrenddem alle prophylaktiseh behandelten Fiille nur in 22--25%, d. h. in ca. ein Viertel der Fglle, in spgteren Plaeentarperioden Blutungsrezidive zeigten. Die beiden G-Fglle zeigen keine Rezidive.

Um jedoch die ganze Bedeutung des kttnstliehen Eingreifens in die Physiologie der Placent.arperiode durch eine der erwghnten Methoden zu erfassen, is~ es wfinsehenswert, nieht allein nut zu wissen, wie oft eine zweite pathologische Plaeentarperiode vermieden wurde, sondern auch zu erfahren, in wie vielen Fiillen durch die prophylaktische MaBnahme eine frfihere ungest~Srte Plaeentarperiode in eine pathologisehe umge- wandelt wurde. Ich habe auf diese Frage bin die Fglle der T-Serie dutch- gesehen und gebe trotz der aus naheliegenden Grfinden sehr kleinen Zahlen die Resultate in Tab. 2 wieder, well sie etwas ganz Bestimmtes sagen. Als Vergleiehstest diente die Beendigung der Placentarperiode dureh Cred~ l) mit oder ohne N~rkose und die Beendigung durch die manuelle LSsung. Die Tab. 2 sagt folgendes:

1) Mit Cred6 bezeichnen wir an der Ztiricher Klinik den Handgri/l ftir die kiinstliche AblSsung und Ausstol~ung der Placenta.

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Auffttllung der Placent~ dutch eisgektihlte sterile Kochsalzl0sung. 353

1. Von 5 Fallen, welche bei der friiheren Geburt bei exspektativer Leitung der Nachgeburtsperiode einen normalen Ablauf der Plaeentar- periode zeigten, weist bei der prophylaktischen T kein einziger mehr eine ungestSrte Placentarperiode auf.

2. Von 2 Frauen, welche bei exspektativer Leitung der Nachgebttrts- periode eine manuelle PlaeentarlSsung nStig batten, wurde bei der pro - phylaktisehen T beide Male eine normale Placentarperiode beobachtet.

Tabelle II. Die Vergleichsresultate der Mehrgeb~irenden mit pathologischer Placentarperiode bei exspektativer Leitung tier Nachgeburtsperiode and bei der prophy-

laktisehen Turgescierung.

Eri~her bei exspektatlver jetzt be~ Turgescierung Leitung der iVachgeburts-

periode normal I C r e d @ manuell

5 normale 0 4 1 2 Cred~ I 0 1 2 manuelle 2 0 0

Davon ve~'lielen ]riCher bei ezspektative~ �9 Bei ~rophylaktischer I Geburtsleitung Turgesc~erung waren ]] normal Credd manuell

3 normale 0 1 2 4 Cred~ 2 manuelle

Die Vergleichsresultate der Mehrgebiirenden mit patho- logischer Placentarperiode bei expektativer Leitung der 5~ achgeburtsperiode und bei der prophylaktischen. Ver-

abreiehung yon 1 ecru Gynergen.

t~ri~her bei exspektativer Leitung der Nachgeburts-

periode

1 Credg 1 manuelle

Jetzt bei prophylaktischer Ver- abreichung yon I ccm Gynergen

normal ] Cred~ manuel[

1 0 0 1 0 0

3. 3 l~lle, welche bei der prophylaktisehen T einen normalen Ver- lauI zeigten, hatten bei der vorg~ngigen Geburt mit exspektativer Nachgeburtsleitung einmal Cred@ und zweimal manuelle LSsung.

4. Von 2 manuellen LOsungen bei der prophy]aktischen T zeigten die betreIfenden bei der vorgangigen Geburt mit exspektativer Leitung der Nachgebttrtsperiode einmal einen normalen Verlauf, das andere Mal wurde Cred6scher Handgriff notwendig.

5. 4 Mehrgebarende, bei we]chen der Creddsche Handgriff nStig war, zeigten in der frfiheren Geburt mit exspektativer Leitung normalen Verlauf der Placentarperiode.

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354: Frey: Die Behandlung der Xachgeburtsperiode usw.

Das heifJt also mit anderen Worten, dab da, we frfihere _Plaoentar- perioden bei exspektativer l~aehgebm.tsleitung einen pathologischen Verlauf zeigten, dureh die prophylaktische T eine normMe Placentar- periode erziel~ wird. Umgekehrt zeigt die Tabelle, dab da, we friihere Plaeentarperioden bei exspektativer Leitung normal ver.. liefen, die prinzipielle prophylaktische T die Flaeentarperiode zu einer pa~hologischen maeht. Demnaeh gib~ es keine ideale ]~ehandlungs- methode fiir die Leitung der Plaeentarperiode, welehe fiir alIe F~ille die richtige ist. Ein Individualisieren ist angezeigt, immerhin laf3t sich folgende tIegel aufstellen:

In allen jenen F~llen, we man fiber die h'iihere Placentarperiode nioht orientiert ist in der gleichen Weise bei allen I Parse, ist die Nachgeburts- periode exspektativ zu leiten. Allein dort, we [riihere Placentarperioden einen pathologische?~ Verlau/ zeigten, sind prophylaktische Maffnahmen indiziert. Ob jedoeh die prophylaktische prinzipielle T die Methode cler Wahl ist oder nicht und ob dieselbe in Verbindung mit prophylak- tisoher Verabreichung yon Gynergen bessere Resultate gibt, dariiber sind weitere Experimente bereits im Gange, deren Resultate seinerzeit mitgeteilt werden.

Unsere bisherigen Beobaehtungen zeigen, dab auch die wahllose prophylaktisehe T der rein exspek~ativen Naehgebur~sleitung nieht nur nicht fiberlegen ist., sondern sogar in allen wesentliehen Punkten (mit Ausnahme der oben erw~ihnten Mehrgebiirenden mit friiherer patho- logiseher Plaeentarperiode) sehlechtere Resulta~e gibt. Insbesondere kann mit der prinzipiellen prophylaktisehen T die manuelle Plaeentar- I6sung weder verhiite~ noeh eingeschr~nkt werden, da der Blutverlust im Verlauf der Plaeentarperiode naeh T zur vorzeitigen kiinstliehen Beendignng der Plaeentarperiode zwingt.

Aus all diesen Ortinden ist die systematische prinzipielle T keine Methode, welehe in dieser Form eine prophylaktisehe genannt werden k6nnte. Es ist diese prophylaktische T in die gleiehe Kategorie des Mil]brauehes mechaniseh-ohysikalischer Polypragmasie frtiherer Zeiten einzureihen und auf gleiche Linie zu setzen wie die Polypragmasie mit Medikamenten.

I)er Versuch mit der prinzil0iellen prophylaktisehen T war angezeigt, well naeh friiherer Beobachtung (t'rey, Schweiz. reed. Wochenschr. 1919, Nr. 16, S. 528) es den Anschein hatte, als ob die Resultate der Behand- lung bei pathologiseher Placentarperiode mit der T u m so besser seien, je friiher die Behandlung nach Eintritt der Blutung einsetzte. Jeden- falls steht soviel sicher, daft, wenn man yon der T einen Erfolg er- warren will, die Turgescierung im Behandlungssc.hema der pathologischen Plaeentarperiode zum mindesten vor den Ured~sche~ Handgriff yesetzt werclen muff, well zwei/elsohne durch den Cred~schen Handgriff in w%len

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Haselhoerst: Die Bedeutung der A. usw. -TNeu : Zur Frage der Leitung usw. 355

t~(illen Placentarge/(~fie durchgequetscht werden und dadurch ein Er/olg der Turgescierung vereiteIt wird.

Dasselbe, was yon der prophylaktischen T gesagt wurde, gilt ganz allgemein auch ffir die prophylaktische Behandlung mit Gynergen. Ein praktischer Untersehied besteht nur insofern Ms die atonisehen Blutungen nach AusstoBen der Placenta in der Gynergenserie am kleinsten ist und des weiteren als in den G-F~llen allein die kleinste Zahl der Aus- tastungen wegen partieller Placentarretention n6tig war. Auch ein ausgedehnter experimenteller Versuch der prinzipiellen prophylaktischen Verabreichung yon Gynergen war wiinschenswert, well yon Mikulicz (Zentralbl. f. Gyn~kol. 1924, ~r , 36, S. 1953) aus der Leipziger Klinik die Vorteile des Gynergens schildert auf Grund yon nur 16 Beobach- tungen, welchen nut 12 Normalf~lle gegeniibergestellt wurden.

11. Herr Haselhoerst-Hamburg: Die Bedeutung der A. ovaricae tiir die Aortenkompression.

Manuskript nicht rechtzeitig eingetroffen.

12. Herr Neu-Heidelberg: Zur Frage der Leitung der Nachgeburts- periode.

Die Leitung der Naehgeburtsperiode hat sieh auf das physiologisehe Geschehen und die Behandlung yon Anomalien in der Nachgeburts- periode auf die pathologische Physiologie zu stiitzen. Letztere ist dutch das Referat yon Herrn Kermauner in beachtlicher Weise bereichert 7~Torden. Das oberste Gesetz far die Leitung der 3. Geburtsperiode mul~, wie bei der exspektativen und konservativen Leitung der Fruchtgeburt, das Bestreben sein, aush die Geburt der Secundinae v611ig spontan vor sich gehen zu lassen. Herr Neu bekennt sich als Anh~nger einer best(indigen Kontrolle der Gebgrmutter in der Naehgeburtsperiode, allerdings unter der Voraussetzung, auch die kleinsten Manipulationen am Uterus zu vermeiden, die den physiologischen L~sungsmechanismus der Naehgeburtsteile beeintr~chtigen k6nnten (,,inaktive Kontrolle"). Die Gefahr einer St6rung des L6sungsmechanismus bei einer derartigen Naehgeburtsleitung ist geringer als eine sog. ,,Intervallitberwachnng,' im Sinne der St6ckelschen Referatausfiihrungen; bei letzterer liegt die Gefahr einer ,,Vergrgmung" des Uterus (Menge) und einer St6rung des physiologischen Wechselspiels zwischen Muskelruhe und Muskelarbeit viel n~her als bei einer gleichmgl~igen inaktiven 13berwachung des Uterus, wobei Neu nichts anderes rut, als die Bauchdecken zu straffen und die iiberwachende Hand mit der ulnaren Kante oberhalb des Fundus uteri einzusetzen. ~Yeu legt dem dutch die Straffung der Bauehdeeken