Die blaue Blume - bioaktuell.ch · 2016. 10. 10. · darunter viele blau blühende wie Veilchen,...

Die blaue BlumeIch suche die blaue Blume,

Ich suche und finde sie nie,

Mir träumt, dass in der Blume

Mein gutes Glück mir blüh.

Ich wandre mit meiner Harfe

Durch Länder, Städt und Au'n,

Ob nirgends in der Runde

Die blaue Blume zu schaun.

Ich wandre schon seit lange,

Hab lang gehofft,vertraut,Doch ach, noch nirgends hab ich

Die blaue Blum geschaut.

Joseph von Eichendorff (1818)

Kräuterbauer Lukas Studer aus Attiswil bei der Kornblumen-Ernte.

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Datum: 01.06.2012

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Lukas

Studer kniet in denKornblumen. Ein grossgewachsener, kräftigerMann, der konzentriertund behutsam blaue

Blütenköpfe pflückt. «Den grösstenTeil ernten wir maschinell, aber diePremium-Ware, die für Kräuterteeund die Gastronomie bestimmt ist,ernten wir von Hand», sagt der36-jährige Kräuterbauer aus demOberaargau. Sanft wogt das Korn-blumenfeld im Sommerwind. EinMeer von intensiv blauen Blüten,wie sie blauer nicht sein könnten.Ausser vielleicht jene des «blau,blau, blau» blühenden Enzians.

BLÜTEN DER FANTASIEIn der Kornblume (lateinischCentaurea cyanus), die der FarbeZyanblau ihren Namen gegebenhat, vermuten viele die blaueBlume der Romantik. Andere wollenjene in der Glockenblume, derWegwarte, im Veilchen oder derVanilleblume (Heliotrop) erkennen.Konkret benannten die Dichterder Romantik das Symbol ihrerSehnsucht jedoch nie.Die blaue Blume Joseph vonEichendorffs oder Friedrich vonHardenbergs alias Novalis, derals Erster das Motiv in seinemRomanfragment «Heinrich vonOfterdingen» 1802 aufgriff,kann man nicht wirklich finden.Sie ist die in Buchstaben gegosseneromantische Sehnsucht nach demUngreifbaren hinter den Dingender erlösenden Liebe, den, höherenSinn, der Welt hinter dem Horizont.Blau ist die Farbe der Endlosigkeitund Freiheit, des Himmels, derSphären und des Meeres. In der

christlichen Vorstellung repräsen-tiert sie das Paradies und ist derJungfrau Maria zugeordnet: Aufmittelalterlichen Abbildungen trägtdie Gottesmutter einen blauenMantel, ihr sind sogenannteSchmerzens- und Paradiesblumen,darunter viele blau blühende wieVeilchen, Iris, Akelei, Korn- undGlockenblume, sowie Lilie undRose zugeordnet. Diese werden inmittelalterlichen Klostergärten undParadiesgärtlein als Marienblumenangebaut. Die blaue Blume hat sichzum vielleicht stärksten Symbol derdeutschen Literatur entwickelt.Kein Wunder, fassten Germanistik-studenten 1968 ihre Wut auf dasEstablishment in die Parole:«Schlagt die Germanistik tot, färbtdie blaue Blume rot!»

BLAUES BLUTAls ob das so einfach wäre mitdem Blauen in der Sprache!Die Lieblingsfarbe der meistenMenschen ist aus der Alltagssprachenicht wegzudenken: Wir fahrenins Blaue, wenn wir nicht wissen,wohin, versprechen und erzählendas Blaue vom Himmel, erlebenunser blaues Wunder, laufen blauan, handeln blauäugig, machenblau oder sind es manchmal.Wenn wir Glück haben, kommenwir mit einem blauen Auge davon.Wir lieben blaue Reiter, Berge,Grotten und das Cordon bleu,wobei unter einem blauen Bandnicht immer das gefüllte Schnitzel zuverstehen ist, sondern Veilchenduft(in Eduard Mörikes berühmtemFrühlingsgedicht «Er ist's», 1829)oder die einst schnellste Verbindungüber den Atlantik.

Blaues Blut dichten wir Menschenan, die sich in feudalen Zeitenvon Geburt wegen nicht dieHände schmutzig machten undeinen vornehm blassen, durch-scheinenden Teint hatten.Blaublütige sind eher rar, sowohl inder menschlichen Gesellschaft alsauch im Pflanzenreich. In der Naturkommen sie weniger häufig vor alsPflanzen mit weissen, gelben oderrötlichen Blüten. Unter den Blau-blütlern tendieren wiederum weitmehr ins Blauviolette als ins reineBlau. Im frühen Sommer, von MitteMai bis Mitte Juli, ist die Paletteder blauen Blumen in der Naturam grössten. Je nachdem, ob boden-nahe Winzlinge wie Leberblümchenoder Veilchen, laute Blümchen wieVergissmeinnicht oder leise wieBlaustern oder Bluebell, stolze Starswie die Schwertlilie und hoch auf-ragende Stauden wie Ritterspornoder Eisenhut die unterschied-lichen Blautöne setzen im Gartendekorative Akzente mit Tiefen- undKontrastwirkung. Auch die BlaueMauritius ist übrigens eine blaublühende Blume (aus der Familieder Winden), wenn auch die meistendarunter eine weltberühmte Brief-marke verstehen. Im Gegensatzzur verwandten Ackerwinde ist sieallerdings kein gefürchtetes Unkraut,sondern eine hübsche Zierpflanzefür den Balkon.

UNKRAUT AUS DEM PARADIESEine der schönsten Blaublütigenspielt heute in der Unkrautliga: dieAkelei. Bei Hildegard von Bingen,Paracelsus, Matthiolus oder Hiero-nymus Bock rangiert sie in der




Datum: 01.06.2012













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Alle Farben von Blau - blau blüht nicht nur der Enzian.




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Lavendel zieht nicht nurHummeln, Bienen undMenschen an, sondernhält Ungeziefer vonWäsche fern und lässt sieverführerisch duften.




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ersten Garde der Heilpflanzen.Die prächtigen, alten, illustriertenKräuterbücher beschreiben dieaufstrebende, schlanke, «gotische»Staude mit den demütig geneigtenBlütenköpfchen als hochpotent,aphrodisiakisch (Bestandteil vonsogenannten Hexensalben) undhilfreich bei sage und schreibe273 Beschwerden. Ihr Einsatz-spektrum reicht von Augen-,Frauen-, Leberleiden, Ausschlägen.Potenzstörungen, Gallen- undNierensteinen bis zu Herzzitternund Ohnmachtsanfällen.Als 1771 der Grundstein zumBirlihof bei Melchnau im Oberaar-gau gelegt wird, steht die Akeleinoch hoch im Kurs. Bis Mitte des20. Jahrhunderts verschwindet siepraktisch völlig von der Bildflächeder Heilpflanzen. «Heute wundernund freuen sich Wanderer überunsere Akeleienfelder. Wenn sie michbeim Jäten in den Akeleien sehen,sprechen sie mich darauf an»,sagt Birlihof-Bauer Hans Hofer.Der 46-Jährige ist einer der wenigenSchweizer Bauern, die Aquilegiavulgaris als Heilpflanze anbauen, imBio-Landbau, wie alle seine Kräuter.

JÄTEN, JÄTEN, JÄTENAuf dem Feld stehen die Akeleiendicht zusammen, sodass Unkrautwenig Chancen hat. Das Jäten bleibt

Jäten macht zwei Drittel derArbeiten im Kräuteranbau aus.Hans Hofer und seinen Helferntrotzdem nicht erspart. Es gehörtdazu, denn das Fräsen zwischenden Reihen und das Abflammender Vogelmiere und anderenunerwünschten Beiwerks reichtnicht aus, um dem UnkrautdruckHerr zu werden. Der ist bei Kräuter-kulturen gross. «Jede dritte Wochemüssen wir von Hand jäten»,sagt Hofer. Kräuteranbau bedeutetimmer viel Arbeit auf kleinstemTerrain. Aber: «Das Kreuz spürt mannach ein paar Tagen nicht mehr.»Wenn man jedoch das Unkrautnicht von Anfang an in den Griffbekomme, sei der Verdienst weg.Die Abnehmer haben die Ernte-

vorgaben klar definiert: kein Sand,keine Erde, keine Steinchen, keinSchimmel, Rost oder Pilzbefallund kein «Beigemüse». Nur gesundePflanzen in sortenreiner Reinkulturwerden verarbeitet. Alles andere:auf den Kompost!An einem schönen Morgen imMai mäht der Landwirt die blühen-den Akeleien. «Am Morgen ist dieKonzentration der Inhaltsstoffeund ätherischen Öle am höchsten»,meint er. Anschliessend kommendie Pflanzen sofort zum Trocknenin die Scheune. Sie dürfen sich nichterwärmen, sonst setzt ein chemischerAbbauprozess ein, wodurch Inhalts-stoffe verloren gehen. Mit der Mist-gabel hievt Hofer die Stauden inden Kräutertrockner, eine Artgeschlossenenen Riesen-Dörrex,in dem sie bei rund 35 Grad sechsTage lang trocknen. Anschliessendwerden sie beim Abnehmer Padmapulverisiert und dem tibetischenHeilmittel Padma 28 beigemischt.

GROSIS HAUSMITTELHofers Mutter Martha stellt einengrossen Krug kalten Kräuterteeauf den Tisch und erzählt: Ja, sienehme das tibetische Durchblutungs.mittel, all Tag, seit fünfzehn Jahren.Kein Ameisenlaufen, kein Schwere-gefühl in Armen und Beinen, keineWadenkrämpfe. 5 Marthi ist ein




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Trocknen ist die beste Konservierungsmethode für Kräuter und Blüten.

Grosi wie aus dem Bilderbuch. Eines, Für Lukas Studer war früh klar, Abnahmegarantien entscheidenddas Salben, Kräutertees und Haus- dass er die Kräuter zum Haupt- auf die Sprünge geholfen», sagtmittel für d Grosschind noch selber erwerb machen würde. Als er Lukas Studer. Über Kleininseratemacht. Wenn sich eins erkältet, den Alpfelenhof in Attiswil in der hat Ricola innovative Kräuter-rührt sie ihm Quark mit Honig und siebten Generation übernahm, bauern gesucht und dank lang-Thymian an, wenn eins hustet, braut setzte er von Anfang an voll auf fristiger Abnahmeverträge auchsie Schlüsseli-Tee mit Honig auf. Kräuter, Blüten und Gewürze gefunden. Heute ist oft schon dieDie Idee mit den Kräutern sei dem aus Bio-Kulturen. Schon sein zweite Generation wie im Fall derHans beim Mähdreschen mit Vater Jakob, ein Waldhofkräuter- Studers am Ruder. Die Tradition derKollegen von der Anbauvereinigung Bauer der ersten Stunde, hatte vor Kräuterproduktion für Ricola wirdWaldhofkräuter gekommen: Ober- 35 Jahren damit begonnen, den sozusagen weitervererbt, weshalbaargauer Landwirte, die Bio-Kräuter Hof Schritt für Schritt in einen der Kräuterzucker-Hersteller einin getrockneter Form vermarkten. Bio-Kräuterbetrieb umzuwandeln. wichtiger Partner für die Bauern ist.Lang ists her. Damals haben diese «Als die Bauern Anfang der Acht- Lukas Studer kultiviert heute überbegonnen, Kräuter für Ricola ziger über die sinkenden Milch- dreissig Heil-, Tee- und Küchen-und Weleda anzubauen. Der Hans preise und die Milchkontingen- kräuter und trocknet sie in einerdann auch, als Erstes die Bibernelle. tierung klagten, begann mein Vater schonenden, modernen AnlageInzwischen ist er Präsident der für Ricola und Weleda Melisse, auf dem Hof für Ricola, SwissVereinigung und baut Chrütli für Bibernelle, Eibisch und Erdheer- Alpine Herbs, Kennel, Padma undBonbons, Tees und spagyrische blätter anzubauen», sagt Studer nicht zuletzt für seine erfolgreicheEssenzen sowie zur Gewinnung von junior. Die Kräuter wurden zu Eigenmarke Swisstea. Darauf istWildblumensaatgut an. Für Ricola, Kräuterzucker, Bonbons, Tees, der engagierte Meisterbauer schonPadma, Kennel und andere. Der Salben und Kosmetika verarbeitet, ein bisschen stolz. Seine blaueBio-Kräuteranbau ist neben Grün- «Mit dem Puschlav waren der Blume hat er jedenfalls gefunden.spargeln und Masthühnern ein Oberaargau und das Wallis die Der Wanderer aber, der in diesemwichtiges Standbein des Birlihofs Regionen, in denen sich am meisten Sommer auf Studers Feldern blauegeworden. in Sachen Kräuterkulturen bewegte. Kornblumen sucht, wird sie nicht

«Ricola hat dem Kräuteranbau finden: Dieses Jahr sind StudersKRÄUTERZUCKER in der Schweiz durch zuverlässige Kornblumen rot. *




Datum: 01.06.2012










KRÄUTERANBAU IN DER SCHWEIZ

Wer steht hinter der Anbau-vereinigung Waldhofkräuter?Markus Daepp: 1983 schlossensich Oberaargauer Landwirte zurAnbauvereinigung Waldhofkräuterzusammen. Sie wurden vom Land-wirtschaftlichen Bildungs- undBeratungszentrum (LBBZ) Waldhofunterstützt. Heute sindes fünfzig Landwirtevor allem aus demBerner Jura, Emmentalund Oberaargau, dieKräuter im Haupt- oderNebenerwerb nach denBio-Suisse-Richtlinienanbauen ohne Kunst-dünger, Herbizide, Fun-gizide und Insektizide.

Wozu braucht es dieVereinigung?Um die hohe Qualität der Kräuterzu garantieren, Anbau- und Ernte-techniken weiterzuentwickeln,Know-how und Maschinen aus-zutauschen und um die Kräuter zuvermarkten und die Bauern mitAbnahmegarantien abzusichern.

Wichtige Erfolgsfaktoren?Fleiss, Ausdauer und die Bereit-schaft zum Jäten.

Wofür setzt man die Kräuter ein?Für Lebensmittel wie Kräuterzeltli,Würz- und Teemischungen, für

Markus Daepp, LeiterWaldhofkräuter.

Kosmetikprodukte, Heilmittel,Saatgut- und Setzlingsproduktion.

Das A und 0 des Kräuteranbaus?Der Schnitt zur richtigen Zeit unddie sofortige Trocknung. Die Kräutermüssen sauber, unverletzt, ohneBodenkontakt geschnitten sein,

sonst gibts Einbussenbei Qualität undInhaltsstoffen.

Lohnt es sich?Für die meistenBauern ist die Kräuter-produktion ein zusätz-liches Standbein, ohnedass sie einem externenNebenerwerb nach-gehen müssten. Sieist zwar sehr arbeits-

intensiv, erzielt aber pro Fläche einhöheres Einkommen als etwa derGetreideanbqu.

Stellenwert und Potenzial desKräuteranbaus in der Schweiz?In der Schweizer Landwirtschaftist der Kräuteranbau mit rund250 Hektar eine Nische. Das Poten-zial wäre weit höher, aber es fehlenAbsatzmärkte. Es wäre wünschens-wert, wenn Kräuterverarbeiter fürihre Produkte vermehrt hochwertigeSchweizer Kräuter verwendeten. Klarsind diese teurer, trotzdem kann essich finanziell lohnen.




Datum: 01.06.2012










KRÄUTER TROCKNENBlattwerk trocknen Schöne Stängel oder Zweige ohnebraun oder gelb verfärbte Blätter abschneiden, aufInsekten und Schmutz kontrollieren, mit einer Paket-Küchenschnur oder einem schönen Band zu kleinenBündeln binden (nicht zu dicht, damit die Luft zirkulierenkann) und an einem schattigen, trockenen Platz auf-hängen. Wenn sich die Blätter zerreiben lassen oderdie Nadeln leicht abspringen, sind die Kräuter trocken.Blüten trocknen Sorgfältig abzupfen, auf Insektenkontrollieren, diese gegebenenfalls mit einem weichenPinsel entfernen. Blüten auf einem sauberen Kräuter-sieb oder einem in einen Rahmen gespannten Draht-gitter luftdurchlässig an einem geschützten, schattigen,trockenen Ort trocknen lassen.Wurzeln trocknen Ausgraben, von Erde befreien, miteiner feinen Bürste unter fliessendem Wasser sauberbürsten, mit Küchenpapier abtrocknen. Dicke Wurzeln inkleine Stücke schneiden und wie Blüten zum Trocknenauslegen, dünne, lange Pfahlwurzeln zum Trocknen auf-hängen.




Datum: 01.06.2012










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