Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

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Aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik Sektion Klinische Neuropharmakologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Die durch Kalium-Depolarisation induzierte Cholinacetyltransferase-Aktivierung beim Menschen im Vergleich zur Maus und genauere Betrachtungen der Wirkungen des Cholinacetyltransferase-Inhibitors Bromoacetylcholin INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Vorgelegt im Jahre 2002 von Johannes Zander geboren in Überlingen

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Aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik

Sektion Klinische Neuropharmakologie

der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Die durch Kalium-Depolarisation induzierte

Cholinacetyltransferase-Aktivierung beim Menschen im

Vergleich zur Maus und genauere Betrachtungen der Wirkungen

des Cholinacetyltransferase-Inhibitors Bromoacetylcholin

INAUGURAL-DISSERTATION

zur

Erlangung des Medizinischen Doktorgrades

der Medizinischen Fakultät

der Albert-Ludwigs-Universität

Freiburg i. Br.

Vorgelegt im Jahre 2002

von Johannes Zander

geboren in Überlingen

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Dekan: Prof. Dr. med. Josef Zentner

1. Gutachter: Prof. Dr. T.J. Feuerstein

2. Gutachter Prof. Dr. R. Jackisch

Jahr der Promotion: 2005

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Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet

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An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. T. J. Feuerstein bedanken,

der während meiner Arbeit ständig für mich da war, der jederzeit auf meine Fragen und

Probleme einging und nicht zuletzt auch das Thema dieser Arbeit für mich bereitgestellt hat. Es

war mir eine Freude, durch seine Unterstützung einen Vortrag in Mainz beim Deutschen

Pharmakologenkongress halten zu dürfen und ich fand es besonders nett, häufiger auch seine

Gastfreundschaft genießen zu dürfen.

Außerdem möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. R. Jackisch für die Bereitstellung seines Labors

und die Unterstützung meiner dortigen ChAT-Versuche bedanken.

Ich möchte mich bei Herrn J. P. Sigle für die gute Mitarbeit bedanken.

Frau A. Birthelmer möchte ich für ihre langdauernde Mithilfe bei den ChAT-Versuchen danken.

Die Zusammenarbeit mit ihr war mir immer ein besonderes Vergnügen.

Herzlichen Dank auch an Frau K. Strasser und an Frau Dr. M. Loeffler, die mir viele

organisatorische Arbeiten abnahmen, und ohne deren Hilfe das Labor nur schwer

zurechtkommen würde.

Meinem Vater und Herrn M. Klar möchte ich für das Korrekturlesen danken.

Zu guter Letzt möchte ich mich ganz besonders bei allen meinen Mitarbeitern der Sektion für

das so nette Klima und die so gute Zusammenarbeit bedanken. Mir hat meine Doktorarbeit

immer wieder sehr viel Spaß bereitet und das liegt zum großen Teil an ihnen.

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Abkürzungen

ACh Acetylcholin

AChE Acetylcholinesterase

b Basalwert

BG Background (Hintergrundrauschen)

Br-ACh Bromoacetylcholin

ChAT Cholinacetyltransferase

cChAT im Cytoplasma lokalisierte ChAT

C.E. Counting Efficiency

cpm counts per minute

CI95 95%-Konfidenzintervall

dpm disintegrations per minute

EDTA Ethylendiamintetraessigsäure

EGTA Ethylenbisoxyethylennitrilotetraessigsäure

GABA γ-Aminobuttersäure

HACU high affinity choline uptake

HEPES Hydroxyethylpiperazinoethansulfonsäure

Hz Herz

mA Milliampere

mChAT membranassoziierte ChAT

mV Millivolt

S Stimulationswert

Test-Kammer Kammer, durch die die zu untersuchende Substanz läuft

TTX Tetrodotoxin

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung………………………………………………….. 1

1.1. Biosynthese, Freisetzung und Rezeptoren des Acetylcholins…………….………... 2

1.2. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung………………. 3

1.3. Fragestellung………………………………………………………………......... 5

2. Material und Methoden………………………………….. 7

2.1. Reagenzien………………………………………………………………............. 7

2.2. Geräte……………………………………………………………………….….. 7

2.3. Superfusionsexperimente………………………………………………….……. 8

2.3.1. Prinzip der Superfusionsexperimente……………………………………….…... 8

2.3.2. Das Inkubations- und Superfusionsmedium……………………………….……. 9

2.3.3. Gewebe…………………………………………………………………….…… 9 2.3.3.1. Neokortex der Maus……………………………………………………….…… 9 2.3.3.2 Menschlicher Neokortex………………………………………………...……… 10

2.3.4. Inkubation……………………………………………………………………… 11

2.3.5. Vorperfusion……………………………………………………………………. 11

2.3.6. Superfusion…………………………………………………………..………… 12

2.3.7. Berechnung und Statistik……………………………………………………….. 15 2.3.7.1. Zählausbeute für Schnitte und Superfusate…………..…………………………. 15 2.3.7.2. Prozentuale Radioaktivitätsabgabe……………………………………………… 16 2.3.7.3. Basalausfluss…………………………………………………………………… 16 2.3.7.4. Stimulationsbedingte Sn cpm-Werte………………………………………………. 17 2.3.7.5. Stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung und S1-Werte……………………………. 17 2.3.7.6. Statistische Auswertung………………………………………………………… 18

2.4. Bestimmung der ChAT-Aktivität……………………………………………….. 19

2.4.1. Superfusion……………………………………………………………………... 19

2.4.2. ChAT-Assay……………………………………………………………………. 20 2.4.2.1. Durchführung…………………………………………………………………... 20 2.4.2.2. Bestimmung des Proteingehaltes……………………………………...………… 21 2.4.2.3. Berechnung der spezifischen ChAT-Aktivität……………………………………22

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3. Ergebnisse……………………………………………….. 23

3.1. Experimente zur depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung beim

Menschen, im Gegensatz zur Maus…………………………………………….. 23

3.1.1. Vergleich der S2/S1-Quotienten ohne zusätzliche Pharmaka zwischen

Mensch/Maus und Kalium-Depolarisation/elektrischer Stimulation…………… 23

3.1.2. Superfusionsexperimente mit ChAT-Inhibitoren……………………………….. 25 3.1.2.1. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei Kalium-Stimulation………………………… 25 3.1.2.2. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei elektrischer Stimulation…………………….. 26 3.1.2.3. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei Kalium-Stimulation…………………………….. 28 3.1.2.4. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei elektrischer Stimulation………………………… 29

3.1.3. Messung der ChAT-Aktivität…………………………………………………….30 3.1.3.1. Vergleich Mensch/Maus bei 20 mM Kalium-Depolarisation…………………. 30 3.1.3.2. Messung der ChAT-Aktivität bei unterschiedlichen Kalium- Konzentrationen in Neokortexschnitten des Menschen………………………… 31

3.2. Experimente zu Bromoacetylcholin……………………………………………... 34

3.2.1. cytolytische Wirkung von Bromoacetylcholin…………………………………… 34 3.2.1.1. Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bei elektrischer und Kalium-evozierter Stimulation in Neokortexschnitten der Maus…………………………………… 34 3.2.1.2. Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus………………………………………….. 35 3.2.2. Erhöhte S-Werte durch Bromoacetylcholin…………………….………………. 36 3.2.2.1. Erhöhte S1-Werte bei Kalium-Stimulation durch Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus…... 36 3.2.2.2. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine agonistische Wirkung am nikotinischen Acetylcholinrezeptor in neokortikalen Schnitten der Maus zu erklären ist…………………………………………………………………… 38 3.2.2.3. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine inhibitorische Wirkung von Bromoacetylcholin auf die ChAT und die Phospholipase A2

zurückzuführen ist………………………………………………………………. 39 3.2.2.4. Unterschiedliche Wirkung von Bromoacetylcholin auf die S-Werte bei Kalium-Depolarisation und bei elektrischer Stimulation in neokortikalen Schnitten der Maus………………………………………………………………40 3.2.2.4.1. Erhöhte S1-Werte durch Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung, nicht dagegen bei elektrischer [3H]-ACh-Ausschüttung ………………………………………………………... 40 3.2.2.4.2. Erhöhte Sn/S1-Werte durch Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung, nicht hingegen bei elektrisch evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung ………………………………………………………... 41

4. Diskussion………………………………………………... 43

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4.1. Die depolarisationsabhängige ChAT-Aktivierung beim Menschen, im

Gegensatz zur Maus……………………………….……………………………. 43

4.2. Bromoacetylcholin………………………………………...…………………….. 53

5. Zusammenfassung……………………………………….. 60

6. Referenzen………………………………………………... 61

Lebenslauf

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1. Einleitung 1

1. Einleitung

Man muss erst beginnen, sein Gedächtnis zu verlieren,

und sei´s nur stückweise, um sich darüber klar zu werden,

dass das Gedächtnis unser ganzes Leben ist. Ein Leben

ohne Gedächtnis wäre kein Leben…Unser Gedächtnis

ist unser Zusammenhalt, unser Grund, unser Handeln,

unser Gefühl. Ohne Gedächtnis sind wir nichts…

Luis Buñel

Dieses eindrucksvolle und beängstigende Zitat aus Buñels Memoiren „Mein letzter Seufzer“

wirft grundlegende Fragen philosophischer, klinischer und ethischer Natur auf. Was fühlt ein

Patient, der an einer fortschreitenden Demenz leidet und was können der Arzt und die

Forschung alles tun, um ein solches Leiden zu minimieren?

Als ich dieses Zitat von Buñel las, dachte ich sofort an den Alzheimer-Patient. Der Morbus

Alzheimer ist eine Erkrankung des Alters, die sporadisch nur selten vor dem 60. Lebensjahr

auftritt [Geldmacher und Whitehouse, 1996]. Die früher auftretenden Fälle sind meist

autosomal-dominant vererbt, wobei sich das klinische Bild in beiden Fällen nur wenig

voneinander unterscheidet [Coyle et al., 1983]. Auch hier leiden die Patienten an einem

schleichenden Beginn von Gedächtnisstörungen, der von einer Wortfindungsstörung begleitet

wird. Im weiteren Verlauf finden sich Störungen der zeitlichen und räumlichen Orientierung,

später gehen die meisten kognitiven Fähigkeiten verloren, Agitation und Unruhe

vervollständigen das Krankheitsbild. Die Persönlichkeitsfassade bleibt dagegen lange erhalten.

Im Spätstadium treten schließlich häufig Myoklonien und Krampfanfälle auf [Zilles et al., 1995].

Die Symptomatik des M. Alzheimer wird mit einem cholinergen Defizit in Zusammenhang

gebracht, welches durch einen Neuronenuntergang in den basalen Vorderhirnkernen mit

konsekutiver Degeneration der cholinergen Projektion zum Hippocampus und Neokortex

verursacht wird. Es ist unbestritten, dass das cholinerge System eine wichtige Rolle beim Schlaf-

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1. Einleitung 2

Wach-Rhythmus, bei der Aufmerksamkeit und bei Gedächtnis- und Lernvorgängen spielt [Bigl

et al., 1991]. So beeinträchtigt zum Beispiel Scopolamin, ein Muskarinrezeptor-Antagonist,

sowohl beim Menschen als auch im Tierexperiment Gedächtnis und Lernverhalten [Decker und

McGaugh, 1990], wobei dieser Effekt durch Gabe von Acetylcholinesterase-Inhibitoren

antagonisiert werden kann [Collerton, 1986]. Cholinesterase-Inhibitoren sollen bei Alzheimer-

Patienten die Denkleistung erhöhen und die Progredienz der Erkrankung mindern [Parnetti et

al., 1997], im Ganzen sind jedoch die Wirkungen aller Medikamente der Alzheimer-Therapie,

wenn auch positiv zu bewerten, doch nicht überragend [Grutzendler und Morris, 2001] und die

kognitiven und funktionellen Endzustände werden durch Cholinesteraseinhibitoren nicht

herausgezögert [Lopez et al., 2002]. In dieser Arbeit wird eine mögliche, wenn auch

hypothetisch-spekulative Erklärung für die nur geringe Wirkung der Cholinesteraseinhibitoren

bei der Therapie der Alzheimer-Erkrankung gegeben, und sie könnte eine Erklärung dafür sein,

dass Cholinesteraseinhibitoren nach längerer Zeit keine positiven Wirkungen mehr aufweisen.

1.1. Biosynthese, Freisetzung und Rezeptoren des Acetylcholins

Die Biosynthese von Acetylcholin (ACh) erfolgt im Cytoplasma cholinerger Nervenendigungen

unter der Katalyse der Cholinacetyltransferase (ChAT) aus Cholin und Acetyl-Coenzym A

[Pieklik und Guynn, 1975]. Acetyl-Coenzym A entsteht dabei hauptsächlich durch oxidative

Decarboxylierung von Pyruvat [Browning und Schulman, 1968].

Den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt stellt hauptsächlich die Verfügbarkeit von Cholin

dar [Freeman und Jenden, 1976]. Cholin kann dabei auf zwei Wegen bereitgestellt werden: Zum

einen durch den Abbau von membranständigen Phosphatidylcholin über mehrere enzymatische

Schritte zu Cholin [Blusztajn et al., 1987], zum anderen durch Aufnahme des Cholins aus dem

extrazellulären Spalt über einen Carrier in die cholinerge Nerventerminale. In cholinergen

Nervenendigungen spielt als Carrier der high affinity cholin uptake (HACU) die entscheidende

Rolle, der über einen Natriumgradienten angetrieben wird [Kuhar und Murrin, 1978], und der

durch Hemicholinium-3 selektiv geblockt wird. [Guyenet et al., 1973]. Dieser Weg ist

physiologischerweise der quantitativ wichtigere in den cholinergen Nervenendigungen.

Einmal in der Nerventerminale bereitgestellt, kann Cholin nun entweder dem Aufbau von

membranständigen Phospholipiden wie Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylcholin

dienen, oder es wird über die Cholin-Acetyltransferase (ChAT) zu Acetylcholin enzymatisch

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1. Einleitung 3

umgewandelt. Das so im Plasma entstandene Acetylcholin, wird schließlich mit Hilfe eines

elektrochemischen Protonengradienten, der von einer vesikulären Protonen-ATPase

aufrechterhalten wird [Toll und Howard, 1980], in die Speichervesikel der Nervenendigungen

geschleust [De Robertis et al., 1963].

Beim Eintreffen eines Aktionspotentials, das durch Öffnen von spannungsabhängigen

Natriumkanälen weitergeleitet wird, öffnen sich, wie auch im menschlichen Hirngewebe gezeigt

wurde, N-Typ-Kalzium-Kanäle im Bereich der cholinergen Nervenendigung [Feuerstein et al.,

1990]. Durch das Einströmen von Kalzium in das Zellplasma kommt es zu einer

Verschmelzung der Speichervesikel mit der präsynaptischen Membran und das in den Vesikeln

enthaltene Acetylcholin wird in den synaptischen Spalt gegeben [Llinas et al., 1976]. Die Vesikel

schnüren sich wieder vom Axolemm ab und stehen so einem neuen Zyklus zur Verfügung. Das

in den synaptischen Spalt abgegebene Acetylcholin kann zu seinen Rezeptoren diffundieren

oder es wird durch die Acetylcholinesterase (AChE) zu Acetat und Cholin abgebaut. Als

Rezeptoren für das freigesetzte ACh gibt es muskarinische und nikotinische

Acetylcholinrezeptoren. Erstere sind mit G-Proteinen gekoppelt: Wichtig ist hier zum Beispiel

der M2-Rezeptor, der sich präsynaptisch auf cholinergen Terminalen befindet. Er verhindert

durch Autoinhibition rückkoppelnd eine überschießende Freisetzung von Acetylcholin [Szerb,

1977; Raiteri et al., 1984]. Die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren gehören dagegen zu den

ligandengesteuerten Rezeptoren. Man unterscheidet einen an der motorischen Endplatte der

quergestreiften Muskulatur vorkommenden Typ von einem, der auf Neuronen lokalisiert ist

[Colquhoun et al., 1990]. Präsynaptische nikotinische Autorezeptoren sind im zentralen und im

peripheren Nervensystem weit verbreitet [Re, 1999] und können die Acetylcholinfreisetzung aus

den cholinergen Terminalen im Sinne einer positiven Rückkopplung fördern [Re, 1999].

Die Beendigung der Signalübertragung erfolgt durch die Spaltung des freigesetzten ACh durch

die Acetylcholinesterase (AChE). Das so entstandene Cholin kann nun mit Hilfe des high

affinity cholin uptake in die cholinerge Nervenzelle wiederaufgenommen werden.

1.2. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-

Aktivierung

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1. Einleitung 4

Wir arbeiteten in den folgenden Experimenten hauptsächlich mit der Methode der Superfusion.

Sie ist eine Methode, die den physiologischen Verhältnissen sehr nahe kommt und dient unter

anderem dazu, radioaktive Transmitterfreisetzung aus unterschiedlichen Strukturen des Gehirns

zu messen und zu quantifizieren.

Wesentlicher Bestandteil der Superfusion zur Untersuchung der radioaktiven

Acetylcholinausschüttung ist die Inkubation der Gewebeschnitte, bei der [3H]-Cholin in die

Nervenendigungen selektiv über den HACU aufgenommen wird [Jope, 1979]. Das sich

intrazellulär anhäufende Cholin wird nun zum Teil durch die ChAT mit Acetyl-CoA verknüpt,

und das fertige [3H]-ACh wird schließlich in die Vesikel aufgenommen. Dadurch reichert sich

radioaktives [3H]-ACh im vorher nicht-radioaktiven ACh-Pool an und radioaktives und nicht-

radioaktives ACh wird bei der Depolarisation freigesetzt. Die stimulationsbedingte

Tritiumabgabe aus Gewebeschnitten entspricht dabei der Freisetzung von [3H]-ACh [Hadhazy

und Szerb, 1977]. Feuerstein et al. belegten 1998 schließlich im menschlichen Neocortex, dass

die elektrisch evozierte [3H]-ACh-Freisetzung nach [3H]-Cholin-Inkubation die Freisetzung von

endogenem ACh widerspiegelt. Außerdem wurde gezeigt, dass die elektrisch-evozierte

Acetylcholinfreisetzung Ca2+-abhängig und Tetrodotoxin (TTX)-sensitiv ist, d.h. die Entfernung

von Ca2+-Ionen oder Zugabe von TTX vor der zweiten Stimulation führte zum vollständigen

Verschwinden des Stimulationserfolges [Feuerstein et al., 1990]. TTX blockiert den schnellen

Na+-Kanal [Narahashi, 1972], der zu einer Depolarisation der Zellmembran führt, Ca2+-Ionen

werden für den Exocytoseprozess benötigt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die

elektrisch erzielte [3H]-Freisetzung im menschlichen Neokortex quasi-physiologisch durch

Aktionpotentiale vermittelt wird und exocytotisch erfolgt.

Bei der Durchführung eines Superfusionsexperimentes kann die Zahl der Stimulationen variiert

werden. Wir wählten in den folgenden Experimenten zwei Stimulationen. Dann sollte unter der

Annahme, dass bei S1 und S2 die gleiche Menge an radioaktiv markiertem Transmitter freigesetzt

wird, der S2/S1-Quotient den Wert von 1 besitzen. Bei Experimenten mit menschlichem

Gewebe, bei denen wir elektrisch stimuliert hatten (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA), befand sich

dieser Wert tatsächlich nahe bei 1. Erfolgte die [3H]-ACh-Freisetzung dagegen Kalium-evoziert,

lag der S2/S1-Quotient im menschlichem Gewebe deutlich tiefer. Hier wird demnach weniger

radioaktives [3H]-ACh bei S2 als bei S1 ausgeschüttet.

Die folgende Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung soll dieses

Phänomen erklären. Sie geht davon aus, dass die ChAT der cholinergen Nervenzelle durch

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1. Einleitung 5

langdauernde Kalium-Depolarisation (4 min, d.h. 1333-mal länger als die elektrische

Stimulation), nicht aber durch kurzdauernde elektrische Stimulation, aktiviert wird. Da das

erhöhte extrazelluläre Kalium zusätzlich die Freisetzung von nicht-radioaktiv markiertem Cholin

aus den Membranlipiden fördert [Nagata et al., 1973], wird somit zwischen S1 und S2 durch die

vermehrte Neusynthese von nicht-radioaktiv markiertem ACh der bei S2 freigesetzte [3H]-ACh-

Pool verdünnt. Das neusynthetisierte ACh wird vom Szintillationszähler nicht registriert: Das

S2/S1-Verhältnis der Kontrollen bei Kalium-Depolarisation sollte somit weit unter dem Wert

von 1 liegen.

1.3. Fragestellung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit zwei Teilbereichen der cholinergen Transmission:

a) Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung erklärt die niedrigen S2/S1-

Quotienten der Kalium-evozierten [3H]-ACh-Freisetzung beim Menschen. Folgende Fragen

stellten wir uns in diesem Zusammenhang:

1. Sorgen der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure und der direkte ChAT-Inhibitor

Bromoacetylcholin (Br-ACh) durch eine Hemmung der ChAT und durch den dadurch

begründeten Wegfall der Verdünnung des radioaktiv markierten Acetylcholinpools mit

nicht-radioaktiv markiertem Acetylcholin für eine Anhebung des S2/S1-Quotienten der

Kalium-evozierten [3H]-ACh-Freisetzung am menschlichen Neokortex?

2. Hat Okadasäure keinen Einfluss auf den S2/S1-Quotienten der elektrisch-evozierten

[3H]-ACh-Freisetzung im Gewebe des menschlichen Neokortex?

3. Gelten die beiden letzten Fragestellungen nicht bei der Maus, d.h. kann hier die

Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung falsifiziert werden?

4. Kann mittels eines ChAT-Assays die Aktivitätssteigerung der humanen ChAT durch

Kalium-Depolarisation direkt nachgewiesen, und eine Aktivitätssteigerung der ChAT

des Neokortex der Maus direkt ausgeschlossen werden?

5. Liegen auch im Bereich pathophysiologischer Kalium-Konzentrationen

Aktivitätssteigerungen der humanen ChAT vor?

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1. Einleitung 6

b) Wir fanden in unseren Experimenten mit dem direkten ChAT-Inhibitor Bromoacetylcholin

heraus, dass dieses Pharmakon mehrere interessante Eigenschaften aufweist. Neben der uns im

ersten Teil eingesetzten ChAT-inhibitorischen Wirkung, stellten wir uns hier noch folgende

Fragen:

1. Können wir eine cytolytische Wirkung von Br-ACh auf die cholinergen

Nervenendigungen im Neokortex des Menschen und der Maus nachweisen?

2. Können wir eine vermehrte Kalium-evozierte Freisetzung von [3H]-ACh bei Gabe von

Br-ACh nachweisen, was auf eine exocytosefördernde Wirkung dieses Pharmakons

deuten würde?

3. Können wir zeigen, dass die vermehrte Freisetzung von [3H]-ACh bei Kalium-

Depolarisation in neokortikalen Schnitten der Maus nicht durch eine agonistische

Wirkung am nikotinischen Acetylcholinrezeptor zu erklären ist?

4. Können wir zeigen, dass dieser Effekt nicht allein auf die inhibitorische Wirkung auf die

ChAT oder die Phospholipase A2 zurückzuführen ist?

5. Ist die vermehrte Freisetzung von [3H]-ACh nur bei Kalium-evozierter Stimulation zu

beobachten, nicht dagegen bei elektrischer Stimulation?

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2. Material und Methoden 7

2. Material und Methoden

2.1. Reagenzien

Folgende Reagenzien kamen bei den Experimenten dieser Arbeit zum Einsatz:

Physostigmin Sigma, Taufkirchen, Dtld.

Hemicholinium-3 ChemCon, Freiburg, Dtld.

Okadasäure RBI-Biotrend, Köln, Dtld.

Bromoacetylcholin-Bromid Sigma, Taufkirchen, Dtld.

[3H]-Cholinchlorid Amersham, Braunschweig, Dtld.

Acetyl-Coenzym A Sigma, Taufkirchen, Dtld.

[14C]-Acetyl-Coenzym A Amersham, Braunschweig, Dtld.

Ultima Gold® Packard, Groningen, Ndl.

Soluene 350® Packard, Groningen, Ndl.

Cholin-Bromid Sigma, Taufkirchen, Dtld.

Acetonitril Roth GmbH, Karlsruhe, Dtld.

Nicht aufgeführte Chemikalien wurden von der Firma Merck, Darmstadt, Dtld. und der Firma

Riedel-de-Haen, Seelze, Dtld. bezogen.

Die Substanzen wurden direkt in bidestilliertem Wasser (Millipore Reinstwasseranlage;

Millipore, Eschborn, Dtld.) oder in DMSO (Merck, Darmstadt, Dtld.) gelöst.

2.2. Geräte

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2. Material und Methoden 8

Dynatech MRX Microplate Reader Dynex Technologies, Guernsey, England

Flüssigkeitszintillationszähler Packard, Groningen, Ndl. Fraktionssammler ISCO, England (Retriever IV) Gewebeschneider Bachhofer, Reutlingen, Dtld. (Mc Illwan tissue chopper) Heizblock Unitek, Luton, England (HB-130 Block-Heizgerät) Inkubator Haraeus Instruments, Leonberg, Dtld. Oszilloskop Hameg, Frankfurt/M, Dtld. Reinstwasseranlage Millipore, Eschborn, Dtld. Rollenquetschpumpe Desaga, Heidelberg, Dtld. (Typ 5223) Stimulator Hugo Sachs, Hugstetten, Dtld. Superfusionskammern Wissenschaftliche Werkstätten, Neurozentrum, Freiburg, Dtld. Ultraschallhomogenisator Bachofer, Reutlingen, Dtld. Vortex Heidolph, Dtld. Zentrifuge Heraeus Instruments, Leonberg, Dtld.

2.3. Superfusionsexperimente

2.3.1. Prinzip der Superfusionsexperimente

Informationen zwischen Nervenzellen werden durch Transmitter weitergegeben. Die einzelnen

Nervenzellen enthalten in den Vesikeln ihrer Nervenendigungen diese Transmitter, die bei einer

Stimulation, aktionspotentialbedingt und kalziumabhängig, in den synaptischen Spalt freigesetzt

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2. Material und Methoden 9

werden. Durch spezielle Aufnahmemechanismen werden diese Transmitter oder Bausteine

davon wieder in die Nervenendigungen aufgenommen.

Im Superfusionsexperiment werden radioaktive Transmitter während der Inkubation in die

Nervenendigungen aufgenommen. Bei den einzelnen Stimulationen der eigentlichen

Superfusion, z. B. durch extrazelluläre Kalium-Depolarisation oder durch elektrischen Reiz,

werden diese in den Vesikeln gespeicherten radioaktiven Transmitter in den synaptischen Spalt

ausgeschüttet und in den Röhrchen, den sogenannten vials, fraktioniert nach der Zeit

gesammelt. Die freigesetzte Transmittermenge pro Stimulation kann anhand der in den vials

vorhandenen Radioaktivität in einem Szintillationszähler (Counter) bestimmt werden.

2.3.2. Das Inkubations- und Superfusionsmedium

Der im Rahmen dieser Versuche verwendete Gebrauchs- und Inkubationspuffer setzt sich

folgendermaßen zusammen:

NaCl 118 mmol/l KCl 1.8 mmol/l

CaCl 1.3 mmol/l MgSO4 1.2 mmol/l

NaHCO3 25 mmol/l KH2PO4 1.2 mmol/l

Glucose 11 mmol/l

Der Puffer wurde für 45 min mit Carbogen (95% O2/5% CO2) begast und mit NaOH (0.1 N)

unter pH- Meter-Kontrolle auf einen pH-Wert von 7.4 eingestellt.

2.3.3. Gewebe

2.3.3.1. Neokortex der Maus

Wildtypmäuse des Typs B6 CBA, die 25-35 g wogen, wurden mit einer Guillotine dekapitiert

und der Kopf wurde in eisgekühltes Wasser gelegt. Nachdem die Schädeldecke entfernt und das

Gehirn mit Hilfe eines Glasspatels entnommen worden war, wurde das Gehirn in den 0º C

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2. Material und Methoden 10

kalten Gebrauchspuffer überführt. Das Gehirn wurde dann auf einem auf 0º C gekühltem

Aluminiumblock in der Medianebene mit Hilfe eines Skalpells durchtrennt und die Verbindung

zwischen Großhirnrinde und Fornix durchschnitten. Nachdem der Hippocampus aufgeklappt

worden war, wurde der Kortex zwischen dem freiliegendem Corpus Striatum und dem

Hippocampus mit Hilfe eines Skalpells herausgeschnitten und die weiße Substanz entfernt. Mit

einem Mc-Illwain-Gewebeschneider wurde der Kortex in 0.3 mm breite Schnitte senkrecht zur

Oberfläche zerteilt und mit Hilfe eines Vortex im Gebrauchspuffer voneinander getrennt. Nach

Auswahl der „schönsten“ 12 Schnitte (bei den ChAT-Assay-Versuchen um die 50 Schnitte)

reinigten wir diese mit dem Gebrauchspuffer und entfernten restliche Gewebeschnitte.

2.3.3.2. Menschlicher Neokortex

Das für die Versuche verwendete menschliche Kortexgewebe stammte von 17 Personen

beiderlei Geschlechts im Alter von 7 bis 66 Jahren, die alle in der neurochirurgischen Abteilung

der Universitätsklinik Freiburg operativ versorgt wurden. Die Patienten litten zur Mehrzahl an

subkortikalen Tumoren, die bei der Operation entfernt wurden, wobei wir das anfallende

Zugangsgewebe bekamen. Zusätzlich bekamen wir Gewebe von Epilepsiepatienten mit

Hippocampussklerose. Auch hier erhielten wir das anfallende Zugangsgewebe sowie Anteile

kortikaler epileptischer Foci. Die Freiburger Ethikkommission genehmigte in allen Fällen die

Entnahme von menschlichem Neokortex.

Zur präoperativen und operativen Behandlung kamen Flunitrazepam, Thiopental, Fentanyl und

Dexamethason zum Einsatz.

Das Gewebe wurde sofort nach der Entnahme in eisgekühlten, mit Carbogen gesättigten

Gebrauchspuffer überführt und unmittelbar danach auf einem eisgekühlten Aluminiumblock

präpariert. Dabei achteten wir darauf, dass möglichst kein Tumorgewebe in dem von uns

ausgewählten Kortexgewebe enthalten war. Wir entfernten weiterhin die weiße Substanz sowie

die weiche Hirnhaut mit den anliegenden Gefäßen. Das Gewebe wurde anschließend mit einem

Mc-Illwain-Gewebeschneider in 0.35 mm breite Schnitte senkrecht zur Kortexoberfläche

geschnitten und die Schnitte im Gebrauchspuffer mit einem Vortex getrennt. Nach Auswahl der

„schönsten“ 12 Schnitte (bei den ChAT-Assay Versuchen bis zu 36 Schnitte) wurden diese im

Gebrauchspuffer gereinigt.

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2. Material und Methoden 11

2.3.4. Inkubation

Die gereinigten Schnitte wurden nun in 2 ml Gebrauchspuffer mit [³H]-Cholinchlorid (Aktivität:

85 bzw. 79 Ci /mmol) überführt und in einer Petrischale für 40 min bei 37º C unter

Carbogenbegasung mit einem Druck von 1 m Wassersäule in einem Inkubator periodisch

geschüttelt. Während der Inkubation wurde das tritiummarkierte Cholin in die

Nervenendigungen aufgenommen und durch die ChAT in tritiummarkiertes Acetylcholin

umgewandelt, welches durch einen elektrochemischen Protonengradienten in die

Speichervesikel der Nervenendigungen aufgenommen wurde. Nach der Entnahme aus dem

Inkubator reinigten wir die Schnitte erneut im Gebrauchspuffer, um überschüssiges [³H]-Cholin

zu entfernen.

2.3.5. Vorperfusion

Nachdem die Superfusionsanlage für 10-15 min mit Carbogen-begastem Gebrauchspuffer

durchspült wurde, um die Schläuche und die Kammern mit diesem zu füllen, wurden die

gereinigten Schnitte nun in die Superfusionskammern mit Hilfe einer Eppendorf-Pipette

überführt. Dabei legten wir in eine Kammer immer nur einen Schnitt (Ausnahme siehe ChAT-

Assay). Bei Schnitten des Neokortex der Maus ist es wichtig darauf zu achten, unter und über

die Schnitte ein Siebchen aus Nylon-Gaze 215 µm zu legen, da sich sonst Teile der Schnitte

aufgrund der geringen Größe der Kortexschnitte der Maus in den gefrästen Löchern des

daruntergelegenen Kammereinsatzes aus Plexiglas verfangen. Dagegen reicht es bei

Gewebeschnitten des Menschen, nur über die Schnitte ein Nylon-Gaze-Siebchen zu legen. In

Versuchen, bei denen wir elektrisch stimulierten, ist es wichtig darauf zu achten, dass sich in den

Kammern keine Luftblässchen mehr befinden, da sonst eine elektrische Stimulation aufgrund

des erhöhten Widerstandes nicht möglich ist.

Während der Vorperfusion wurden die Schnitte mit 37º C warmen, carbogenbegastem

Gebrauchspuffer und einer Geschwindigkeit von 2 ml/ 5 min durch eine Rollenquetschpumpe

umspült. Die Vorperfusion dient dazu, die Schnitte von überflüssigem, extrazellulärem [³H]-

Page 20: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 12

Cholin sowie von Zelldetritus zu befreien. Ab der Vorperfusion waren (Ausnahmen siehe

ChAT-Assay) Hemicholinium-3 (10 µM) oder Physostigmin (10 µM) im Gebrauchspuffer

vorhanden, um die erneute Aufnahme von freigesetzten [³H]-Cholin in die Nervenendigung zu

verhindern.

2.3.6. Superfusion

Abbildung 1 stellt den Aufbau der Superfusionsanlage schematisch dar:

Abb. 1. Schematische Darstellung der Superfusionsanlage

10

O

hm

+-

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

1.

(1) Wasserbecken (37° C) mit Thermostat

(2) Erlenmeyerkolben mit Superfusionspuffer

(3) 12 Superfusionskammern

(4) Stimulator

(5) Oszilloskop

(6) Rollenquetschpumpe

(7) Polyethylen-Röhrchen

(8) Fraktionssammler

Page 21: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 13

Nach Abschluss der Vorperfusion wurden die Kammern weiterhin mit 2 ml/ 5min umspült, um

nun die freigesetzte Tritiummenge in vials in einem Fraktionssammler (Retriever) zu sammeln.

Dabei lief der Retriever alle 5 min ein vial weiter, so dass pro vial 2 ml radioaktiver Puffer

gesammelt wurde.

Die folgenden zwei Abbildungen geben einen Überblick über die einzelnen Versuchsabläufe:

Inkubation (Kalium od. elektrisch) (Kalium od. elektrisch)

mit [³H]-Cholin Vorperfusion

40 min 75 min 15 min 60 min

Abb. .....:Superfusionsversuch mit

Während des Versuches wurden die Schnitte durch elektrischen Reiz oder durch Kalium-

Depolarisation stimuliert:

Inkubation Vorperfusion

S1 S2 (Kalium od. elektr..) (Kalium od. elektr..)

S1 S2

Zeit

[³H]-Freisetzu

ng

Superfusionsversuch mit zwei Stimulationen S1 und S2 (je 4 min 20 mM Kalium oder elektrisch: 90 Pulse a 2 ms, 3 Hz, 68 mA). Die Zugabe der Testsubstanz erfolgte ab der Vorperfusion. Bei den Kontrollen wurde auf die Zugabe der Testsubstanz verzichtet. Einzel-heiten zu den durchgeführten Versuchen im Kapitel „Ergebnisse“.

Abb. 2: Superfusionsversuch mit 2 Stimulationen:

40 min 75min 15 min 60 min

Page 22: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 14

Die elektrische Stimulation erfolgte mittels Platinelektroden, die in die Kammern eingelassen

sind, und die mit einem Stimulator in Verbindung stehen. Bei unseren Versuchen wählten wir

eine Reizdauer von 30 s, eine Reizbreite von 2 ms und eine Frequenz von 3 Hz, so dass bei

jeder Stimulation 90 Pulse abgegeben wurde. Die Stromstärke stellten wir auf 68 mA ein, die

Spannung lag ungefähr bei 140 mV.

Die chemische Stimulation wurde durch Umstecken der Schläuche aus dem jeweiligen

Gebrauchspuffer in den dazugehörigen Kaliumpuffer erreicht, der bis auf die erhöhte Kalium-

Konzentration (und die entsprechend verringerte Natrium-Konzentration) genau dieselben

Substanzen wie der vorherige Gebrauchspuffer enthielt. Die Natrium-Konzentration wurde

dabei so verringert, dass die Ionenstärke im Puffer konstant blieb. Wir wählten hier eine

Reizdauer von 4 min und eine Kalium-Konzentration von 20 mM. (Ausnahmen siehe ChAT-

Assay)

Abb. 3: Superfusionsversuch mit drei Stimulationen

S1 S2 S3 (Kalium od. elektr.) (Kalium od. elektr.) (Kalium od. elektr.)

Inkubation Vorperfusion

40 min 75 min 10 min 40 min 70 min

S1 S2 S3

Zeit

Superfusionsexperiment mit drei Stimulationen S1, S2 und S3 (je 4 min mit 20 mM Kalium oder elektrisch: 90 Pulse a 2 ms, 3 Hz, 68 mA). Die Zugabe der Testsubstanz erfolgte 15 min vor S2. Bei den Kontrollen wurde auf die Zugabe der Testsubstanz verzichtet. Einzelheiten zu dendurchgeführten Versuchen siehe im Kapitel „Ergebnisse“.

[³H]-Freisetzu

ng

Page 23: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 15

Am Ende des Versuches wurden die Gewebeschnitte aus den Kammern vorsichtig entfernt,

und in vials überführt, die je 0.5 ml Soluene 350® enthielten. Dieses Mittel führt zu einem

Auflösen des Gewebes innerhalb einer Stunde.

Die Schnitte und das in den vials gesammelte radioaktive Puffergemisch, das sogenannte

Superfusat, wurden nun mit 10 bzw. 3 ml eines Szintillationscocktails (Ultima Gold®) versetzt,

der die anfallende ß-Strahlung in Lichtblitze umwandelt. Nach kurzem Vortexen wurden die

vials in den Counter überführt, der den jeweiligen radioaktiven Tritiumgehalt des Superfusates

anhand der anfallenden Lichtblitze quantifizieren konnte.

2.3.7. Berechnung und Statistik

2.3.7.1. Zählausbeute für Schnitte und Superfusate

Da die vom Flüssigkeitsszintillationszähler gemessene Anzahl der Lichtblitze nur einem Teil der

radioaktiven Zerfälle entspricht, musste die sogenannte Zählausbeute (counting efficency, C.E.)

für die jeweiligen Messbedingungen festgelegt werden. Für die Superfusate errechnete sich die

Zählausbeute aus dem Quotienten counts per minute (cpm) eines Superfusat-Ultima-Gold-

Standards mit [³H]-H2O bekannter Aktivität minus dem Hintergrundrauschen (background;

BG) des Superfusat-Ultima-Gold-Gemisches ohne Radioaktivität und des disintegrations per

minute (dpm), d.h. den tatsächlichen Zerfällen des eingesetzten [³H]-H2O:

Für die Schnitte ergab sich eine Zählausbeute aus dem Quotienten der cpm eines Schnitt-

Soluene-350-Ultima-Gold-Standards nach Zugabe von [³H]-Toluol bekannter Aktivität minus

dem Background (BG) dieses Gemisches ohne Radioaktivität und den tatsächlichen Zerfällen

(dpm) des [³H]-Toluols:

cpm (Superfusat-Standard + [³H]-H2O)-cpm (BG) C.E. Superfusat =

dpm ([³H]-H2O)

Page 24: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 16

Die Zählausbeute erlaubte die retrograde Bestimmung der tatsächlichen Zerfälle x pro Minute

(in dpm) von Superfusaten und Schnitten aus den gemessenen counts y pro Minute (in cpm) mit

Hilfe folgender Formel:

Die Zerfälle pro Minute sind ein Maß für die Menge an Tritium in den Messvials.

2.3.7.2. Prozentuale Radioaktivitätsabgabe

Da die Schnitte eine unterschiedliche radioaktive Beladung aufwiesen, und deshalb die absolute

Freisetzung der [³H]-markierten Transmitter variierte, wurde die prozentuale

Radioaktivitätsabgabe (fractional rate) jeder Fraktion bestimmt. Die fractional rate ließ sich aus

dem Quotienten der Radioaktivität in einer Fraktion und der im Schnitt enthaltenen

Radioaktivität zu Beginn dieser Fraktion bestimmen.

2.3.7.3. Basalausfluss

C.E. Schnitt = cpm (Schnitt-Standard + [³H]-Toluol)-cpm (BG)

fractional rate = [³H]-Gehalt in einer 5-min-Fraktion

[³H]-Gehalt im Gewebe zu Beginn der Fraktion

x (in dpm) = y (in cpm)- BG (in cpm)

C.E.

dpm ([³H]-Toluol)

Page 25: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 17

Der basale Ausfluss bx (Basalwert; x = 1-3) beschreibt die nicht stimulierte [³H]-Abgabe der

Schnitte zum Zeitpunkt der x-ten Stimulation. Zur Berechnung von bx wurde die fractional rate

der letzten Fraktion vor der Stimulation verwendet. Um Einflüsse von Substanzen auf den

basalen Ausfluss zu prüfen, wurden bei Gabe der zu testenden Substanz 15 min vor S2 die

Verhältnisse b2/b1 bzw b3/b1 betrachtet, bei Gabe der zu testenden Substanz ab der

Vorperfusion wurde nur der b1-Wert betrachtet.

2.3.7.4. Stimulationsbedingte Sn cpm-Werte

Bei der Berechnung der stimulationsbedingten Sn cpm-Werte (n = 2-3) addierte sich die [³H]-

Abgabe (cpm-Werte) der Stimulationsfraktion und der nachfolgenden drei Fraktionen

(Stimulationsbreite = 4 Fraktionen). Die Summe der basalen [³H]-Abgaben während dieser 4

Fraktionen wurde berechnet, indem man den Mittelwert der [³H]-Abgabe (cpm-Wert) der

letzten Fraktion vor der Stimulation und der Fraktion 20 – 25 min nach Stimulationsbeginn

berechnet (unter der Annahme eines linearen basalen Abfalls) und ihn mit 4

(= Stimulationsbreite) multipliziert. Diese Summe wurde von der [³H]-Freisetzung während den

4 Stimulationsfraktionen subtrahiert. Um einen Effekt der 15 min vor S2 gegebenen zu

untersuchenden Substanz auf die reine [³H]-Abgabe zu beweisen, berechneten wir die

Quotienten der S2 cpm/ S1 cpm bzw. S3 cpm/ S1 cpm. Der S1 cpm-Wert diente hier als Kontrolle.

2.3.7.5. Stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung und S1-Werte

Sn cpm = Summe der 4 cpm-Werte ab n-tem Stimulationsbeginn minus 4 mal (4 = Stimulationsbreite) der halben Summe des cpm-Wertes 0-5 min vor und des cpm-Wertes 20-25 min nach n-tem Stimulationsbeginn

Page 26: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 18

Wir berechneten die Sn- Werte (stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung), indem wir die jeweiligen

Sn dpm-Werte (Berechnung analog de Sn cpm-Werte) durch den zu Beginn der Stimulation

enthaltenen [³H]-Menge in den Schnitten dividierten und das Ergebnis mal 100 nahmen, um

eine Prozentangabe zu erhalten.

Um Effekte von ab der Vorperfusion gegebenen Substanzen auf die stimulationsbedingte [³H]-

Freisetzung zu prüfen, untersuchten wir die S1-Werte dieser Kammern und verglichen sie mit

den S1-Werten der Kontrollkammern.

Um Effekte von Substanzen auf die [³H]-Freisetzung bei Versuchen zu prüfen, in denen wir die

Substanzen 15 min vor S2 gaben, berechneten wir die S2/S1-Quotienten bzw. die S3/S1-

Quotienten. Durch die Bildung des Sn/S1-Quotienten war es möglich, eine von Schnittgröße

und Beladung unabhängige Größe zu erhalten, die eine Quantifizierung des Einflusses von

Testsubstanzen auf die stimulationsbedingte Tritiumabgabe erlaubte.

2.3.7.6. Statistische Auswertung

Die Ergebnisse sind als arithmetische Mittelwerte mit 95%-Konfidenzintervallen (CI95)

dargestellt. Mit Hilfe der Einweg-Varianzanalyse wurde festgestellt, ob sich zwischen den

einzelnen Mittelwerten überhaupt ein Unterschied fand. Um die Signifikanz von

Mittelabweichungen einzelner Gruppen zu den Kontrollen zu berechnen, wurde der zweiseitige

Student´s t-Test durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde als p-Wert angegeben. Nicht

signifikante Unterschiede wurden entsprechend gekennzeichnet. Auch die Angabe der Effekte

von Substanzen erfolgte mit CI95.

Um zu zeigen, dass Mittelwerte zweier Gruppen sich nicht bedeutsam unterscheiden, wurde

deren Äquivalenz geprüft. Wir definierten 2 Mittelwerte als äquivalent, wenn sich deren

Erwartungswerte mit 95%-er Wahrscheinlichkeit um weniger als 20 % unterschieden.

Abweichungen von dieser Regel sind extra gekennzeichnet. Da wir denken, dass der

Sn = (Sn dpm Berechnung analog Sn cpm)

[³H]-Gehalt im Gewebe zu Beginn der Stimulations-Fraktion

* 100

Page 27: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 19

Äquivalenzansatz leichter anhand von Beispielen verstanden werden kann, wird er hier nicht im

Detail beschrieben, sondern soll aus der Tabelle 1 abgeleitet werden.

2.4. Bestimmung der ChAT-Aktivität

Die Versuche zur Bestimmung der ChAT-Aktivität bestanden aus einem modifizierten

Superfusionsexperiment und dem sich anschließenden eigentlichen ChAT-Assay.

2.4.1. Superfusion

Menschliches Neokortexgewebe bzw. Neokortexgewebe der Maus wurden mit einem Mc-

Illwain-Gewebeschneider in Schnitte von 0.35 bzw. 0.3 mm Dicke zerteilt und nach Transfer in

Gebrauchspuffer mit Hilfe eines Vortex getrennt. Anschließend wurden die Schnitte ohne

radioaktive Markierung sofort in die Superfusionskammern (1-3 Schnitte bei menschlichem

Neokortexgewebe bzw. 4-6 Schnitte bei Neokortexgewebe der Maus) überführt und 30 min mit

Gebrauchspuffer bei einer Flussrate von 2 ml/5 min vorperfundiert. Zum Zeitpunkt t = 0 min

der eigentlichen Superfusion wurden die Schnitte in sechs der zwölf Superfusionskammern bei

Versuchen der Abb. 10 für 4 min in einem 20 mM Kalium-Stimulationspuffer depolarisiert,

während durch die übrigen sechs Kammern weiterhin Gebrauchspuffer floss (Flussrate 2 ml/5

min). Bei Versuchen der Abb. 11 wurden dagegen zum Zeitpunkt t = 0 min der eigentlichen

Superfusion die Schnitte in acht der zwölf Superfusionskammern für 4 min in zwei Kalium-

Stimulationspuffer (10 mM, 20 mM, 40mM oder 80 mM) depolarisiert, während durch die

übrigen vier Kammern weiterhin Gebrauchspuffer floss. Während des Experimentes waren

weder Testsubstanzen noch Hemicholinium-3 anwesend.

Nach insgesamt 20-minütiger Superfusion wurden die Superfusionskammern geöffnet und die

Schnitte in Eppendorf-Gefäße, die 500 µl eisgekühlten Homogenisationspuffer (0.32 M

Saccharose-Lösung gepuffert mit 2.5 mM HEPES; pH = 7.4) enthielten, überführt. Bis zur

Durchführung des ChAT-Assays wurden die Schnitte bei – 80° C aufbewahrt.

Der Ablauf ist in Abb. 4 nochmals schematisch dargestellt:

Page 28: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 20

2.4.2. ChAT-Assay

2.4.2.1. Durchführung

Die Durchführung des Assays erfolgte nach der Methode von Fonnum (1975) mit leichten

Veränderungen nach Cassel et al. (1993) und Jackisch et al. (1995).

Nach dem Auftauen wurden die Schnitte im Homogenisationspuffer per Ultraschall

homogenisiert und je 100 µl des Rohhomogenates mit 100 µl Inkubationsmedium versetzt. Das

Inkubationsmedium setzte sich wie folgt zusammen:

Lösung A: 357.333 mM Sucrose

2.79 mM HEPES

143.82 mM NaCl pH = 7.4

98.71 mM NaH2PO4*H2O

1 mM EGTA

Lösung B: 20 mM Physostigmin-Sulfat

Lösung C: 5% Triton-X100 in 10 mM EDTA-Lösung (pH = 7.4)

Das Inkubationsmedium bestand aus 15 ml der Lösung A, 150 µl der Lösung B und 1.5 ml der

Lösung C.

Vom Rohhomogenat–Inkubationsgemisch jeder Superfusionskammer wurden anschließend je

12 µl auf 5 Eppendorf-Gefäße (3 Messwerte und 2 Eiswerte; s.u.) verteilt und mit 6 µl einer 32

Stimulation (4 min) Präparation des Gewebes Vorperfusion

30 min 0 5 10 15 20 min

Page 29: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 21

mM Cholin-Bromid-Lösung versetzt. Danach begann der eigentliche Assay, indem im 20-

Sekunden-Takt zu jedem Eppendorf-Röhrchen 6 µl eines [14C]-Acetyl-Coenzym A-Cocktails

(0.8333 mM [14C]-Acetyl-Coenzym A [Aktivität: 51.0 Ci/mol], 2 mM Acetyl-Coenzym A, H20

Bidest.) hinzupipettiert wurden. Die drei Messwert-Eppendorf-Gefäße jeder Kammer wurden

für 20 min in einem 37° C warmen Heizblock inkubiert, während die zwei Eiswert-Eppendorf-

Gefäße für die entsprechende Zeitspanne auf Eis gehalten wurden. Während dieser Zeit

synthetisierte die durch Homogenisation freigesetzte ChAT aus den vorhandenen Substraten

[14C]-ACh und nicht-radioaktiv markiertes ACh.

Nach Ablauf dieser 20 min wurden wieder im 20 Sekunden-Takt aus jedem Eppendorf-Gefäß

20 µl Inhalt entnommen und in ein Messgläschen überführt, das eine Mischung aus 5 ml 10 mM

Natrium-Phosphat-Puffer (pH = 7.4) und 2 ml Acetonitril-Kalignost-Lösung (500 mg Natrium-

Tetraphenylborat (Kalignost) auf 100 ml Acetonitril) enthielt. Damit wurde die Synthese von

ACh bzw. [14C]-ACh gestoppt. Es folgte die Zugabe von 10 ml Toluolszintillationsflüssigkeit

(Rotiszint) zu jeder Probe und nach gründlichem Schütteln ließ man die Proben mehrere

Stunden zur Extraktion und Phasentrennung stehen. Der entstandene [14C]-ACh-Kalignost-

Komplex löste sich in dieser Zeit in der Toluol-Phase, während das nicht umgesetzte [14C]-

Acetyl-Coenzym A in der wässrigen Phase verblieb. In einem Flüssigkeitsszintillationszähler

wurde schließlich der [14C]-Gehalt der [14C]-ACh-Kalignost-Toluol-Phase quantifiziert.

Um die gebildete [14C]-ACh-Menge in nmol berechnen zu können, wurden zusätzlich fünf

Standards mit je 6 µl des [14C]-Acetyl-Coenzym A-Cocktails und 10 ml Ultima-Gold

Szintillationscocktail gemessen.

2.4.2.2. Bestimmung des Proteingehaltes

20 µl des Rohhomogenates der Schnitte jeder Kammer wurden mit 180 µl 0.1 M NaOH

gemischt und der Proteingehalt von jeweils drei Proben nach der Methode von Lowry (1951)

bestimmt.

In einer Mikrotiterplatte wurden 25 µl Probe mit 250 µl Lowry-D-Lösung folgender

Zusammensetzung versetzt:

Lowry A: 0.188 mM Na2Co3 in 0.1 N NaOH-Lösung

Page 30: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

2. Material und Methoden 22

Lowry B: 2% Kalium-Natrium-Tartrat-Lösung

Lowry C: 1% CuSO4*5H2O Lösung

Lowry D ist die gebrauchsfertige Mischung aus 100 Teilen Lowry A und jeweils einem Teil

Lowry B und Lowry C.

Nach 15 min erfolgte die Zugabe von 25 µl Folin-Ciocalteus-Phenolragens (1:1 mit H2O bidest.

verdünnt) und nach weiteren 30 min wurde in einem Dynatech MRX Microplate Reader bei

einer Wellenlänge von 750 nm die Extinktion der entstandenen Kupferkomplexe bestimmt.

Mittels einer Eichkurve mit Standardverdünnungen von bovinem Serumalbumin (0.625 µg/25

µl bis 6.25 µg/25 µl) und unter Berücksichtigung der bei der ChAT-Messung und

Proteinbestimmung eingesetzten Verdünnungen und Volumina konnte die durchschnittliche

Proteinmenge (mg Protein) der Assays jeder Kammer ermittelt werden.

2.4.2.3. Berechnung der spezifischen ChAT-Aktivität

Die spezifische ChAT-Aktivität (nmol/ mg Protein/ min) des Rohhomogenates jeder

Superfusionskammer errechnete sich aus der Differenz der gebildeten [14C]-ACh-Menge (mg

Protein) und der Dauer der ChAT-Messung (20 min).

Die statistische Auswertung erfolgte wie in Kapitel 2.3.7.6. beschrieben.

Page 31: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 23

3. Ergebnisse

3.1. Vergleich der Depolarisationsabhängigkeit der ChAT-

Aktivierung beim Menschen und der Maus

Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung besagt, dass die intrazelluläre

ChAT durch längerdauernde (hier 4 min) Kalium-Depolarisation aktiviert wird, nicht aber durch

kurzdauernde (90 *2 ms = 180 ms) elektrische Depolarisation. Mit den folgenden Experimenten

verifizierten wir die Hypothese im Neokortex des Menschen, während wir sie im Neokortex der

Maus falsifizierten.

3.1.1. Der S2/S1-Quotient im Vergleich Mensch/Maus und im Vergleich der elektrisch

und Kalium-evozierten Stimulation ohne Zusatz von Medikamenten

Nach der oben genannten Hypothese müsste es im Gewebe des menschlichen Neokortex durch

eine 4-minütige Kalium-Depolarisation bei S1 zu einer vermehrten Bildung von nicht-

radioaktivem ACh zwischen S1 uns S2 und kommen. Bei gleicher Menge an ACh-Freisetzung bei

S2 müsste es im Vergleich zu S1 zu einer verminderten Ausschüttung von radioaktiv-markiertem

ACh bei S2 kommen. Der S2/S1-Wert müsste demnach hier vermindert sein, während er bei

elektrischer Stimulation oder im Gewebe der Maus näher bei 1 liegen müsste.

Abb. 5 bestätigt diese Überlegung.

Zur Kalium-Stimulation verwendeten wir eine 20 mM Kalium-Konzentration für vier Minuten.

Elektrisch stimulierten wir, wie in Abb. 2 beschrieben, mit 3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA.

Im Gewebe des Neokortex des Menschen sehen wir einen S2/S1-Quotienten von 0.49 [0.35,

0.62] bei Kalium-Depolarisation und einen S2/S1-Quotienten von 1.08 [0.96, 1.20] bei

elektrischer Stimulation (p < 0.01). Damit lag wie erwartet der S2/S1-Wert bei elektrischer

Stimulation ungefähr bei 1, während er bei Kalium-Depolarisation deutlich tiefer lag.

Page 32: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 24

Bei Versuchen mit der Maus sahen wir keinen Unterschied zwischen den S2/S1-Quotienten bei

Kalium-Depolarisation und elektrischer Stimulation. Hier lag der S2/S1-Quotient bei Kalium-

Depolarisation bei 0.81 [0.68, 0.94] und bei elektrischer Stimulation bei 0.84 [0.73, 0.96] und

waren damit äquivalent (Unterschied kleiner 20% mit p < 0.05).

Abb. 5: Effekt der Kalium-Depolarisation (20 mM; 4 min) beim Menschen und der Maus auf die [³H]-

ACh-Freisetzung im Vergleich zur elektrischen Stimulation. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der

Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

n=11 n=6 n=16 n=9

K+(20 mM) elektr. K+(20 mM) elektr. Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

S2/S1-Quotien

t

________________________________________________________________________________________________________ K+-evozierte [3H]-ACh-Frei- elektrisch-evozierte [3H]-ACh-Frei-

setzung (20 mM, 4 min) setzung (3 Hz, 90 Pulse) ________________________________________________________________________________________________________ menschliches neo- 0.49 [0.35, 0.62] n = 11 1.08 [0.96, 1.20] n = 6 kortikales Gewebe Signifikanter Unterschied zwischen 0.49 und 1.08, da sich die CI95`s

nicht überschneiden neokortikales Gewebe 0.81 [0.68, 0.94] n = 11 0.84 [0.73, 0.96] n = 16 der Maus das auf Äqivalenz hindeutende CI95 = [-0.615, +0.615] beinhaltet das CI95 der wahren Äqivalenz [-0.06, +0.13]

Page 33: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 25

Tabelle 1: [3H]-ACh-Freisetzung im menschlichen neokortikalen Gewebe und im neokortikalen Gewebe

der Maus: Vergleich der S2/S1-Werte. Die S2/S1-Mittelwerte im neokortikalen Gewebe des Menschen

sind signifikant verschieden. Ob Werte, die nicht signifikant verschieden sind, äquivalent sind, lässt sich

anhand der Analyse der Abweichung von null der Differenz der Schätzer dieser Werte bestimmen. Nur

eine Differenz nahe null mit einer geringen Abweichung verträgt sich mit der Annahme einer

Äquivalenz. Die Abweichung von null kann in Zusammenhang mit den gepoolten S2/S1-Werten

gebracht werden, z. B. von 25 einzelnen Werten im neokortikalen Gewebe der Maus. Wenn wir

willkürlich eine Abweichung von + 20% zu dem Mittelwert von 0.83 als experimentell "irrelevant"

einstufen, und damit Äquivalenz definieren, sollte die Varianz der Differenz 0.81-0.84 innerhalb des

Intervalls [-0.165, +0.165] liegen. Das ist im neokortikalen Gewebe der Maus der Fall.

3.1.2. Superfusionsexperimente mit ChAT-Inhibitoren

Durch die Gabe spezifischer Inhibitoren sollte die Aktivierung der ChAT durch die erste

Stimulation S1 und die konsekutive Verdünnung des [³H]-ACh-Pools der cholinergen Neurone

vor der zweiten Stimulation S2 durch neusynthetisiertes, nicht-radioaktiv markiertes ACh

verhindert werden. Als Resultat wurde ein erhöhter S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten [³H]-

ACh-Freisetzung beim Menschen erwartet, während sich bei elektrischer Stimulation und bei

Stimulation im Neokortexgewebe der Maus keine Änderung ergeben sollte.

Zum Einsatz kamen der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure [Issa et al., 1996] und der direkte

ChAT-Inhibitor Br-ACh [Roskoski, 1974].

3.1.2.1. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei Kalium-Stimulation

Zur Hemmung der ChAT wurde der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure (50 nM) ab der

Vorperfusion eingesetzt. Die Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t1 = 15 min (S1) und t2

= 60 min (S2) der Superfusion mit 20 mM Kalium-Stimulationspuffer für jeweils 4 min

depolarisiert.

Im Gewebe des Neokortex des Menschen lag der normierte S2/S1-Quotient bei 1.00 [0.73, 1.27],

mit Okadasäure betrug dieser Wert 1.61 [1.08, 2.16]. Durch Okadasäure (50 nM) wurde der

Page 34: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 26

S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen

Neokortexgewebe also signifikant um 61% gesteigert (p < 0 05).

Im Gewebe des Neokortex der Maus lag der normierte S2/S1-Quotient bei 1.00 [0.84, 1.16], mit

Okadasäure betrug dieser Wert 1.06 [0.85, 1.27]. Hier wurde der S2/S1-Quotient durch Gabe

von Okadasäure kaum gesteigert, die Werte waren äquivalent (Unterschied < 20% mit

p < 0.05).

Abb. 6: Effekt von Okadasäure (50 nM) ab der Vorperfusion auf die Kalium-evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

3.1.2.2. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei elektrischer Stimulation

Nach der Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung ist bei einer kurzen

elektrischen Stimulation auch im menschlichen Gewebe keine Aktivierung der ChAT zu

erwarten. Somit sollte der S2/S1-Quotient durch die Gabe eines ChAT-Inhibitors nicht

wesentlich verändert werden. Zur Überprüfung dieses Sachverhaltes wurde der unter 3.1.2.1.

0

0.5

1

1.5

2

Kontrolle Okadasäure Kontrolle Okadasäure Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

n = 11 n = 6 n = 9 n = 10

S2/S1-Quotien

t norm

iert auf

Kontrolle

Page 35: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 27

beschriebene Versuch unter elektrischen Stimulationsbedingungen (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68

mA) durchgeführt.

Abb. 7: Einfluss von Okadasäure (50 nM) ab der Vorperfusion auf die elektrisch evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollen unterschied sich bei Versuchen mit

menschlichem Gewebe mit einem Wert von 1 [0.84, 1.16] nur unwesentlich von dem der mit

Okadasäure (50 nM) superfundierten Kammern, deren Wert sich auf 0.99 [0.88, 1.10] belief, die

beiden Werte zeigte sich im Äquivalenztest als äquivalent (Unterschied < 20% mit p < 0.05).

Auch bei Versuchen mit Neokortexgewebe der Maus zeigten die entsprechenden Werte nur

einen unwesentlichen Unterschied. Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollen lag bei 1 [0.90,

1.10], der entsprechende Wert der Kammern, die ab der Vorperfusion mit Okadasäure

behandelt wurden, bei 1.08 [0.99, 1.17]. Auch hier erwiesen sich die Werte im Äquivalenztest als

äquivalent.

Damit beeinflusst der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure den S2/S1-Quotienten der

elektrisch evozierten ACh-Freisetzung weder beim Menschen noch bei der Maus.

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

n = 6 n = 6 n = 20 n = 22

S1/S2-Quotien

t norm

iert auf Kontrolle

Kontrolle Okadasäure Kontrolle Okadasäure Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

Page 36: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 28

3.1.2.3. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei Kalium-Stimulation

Der direkte ChAT-Inhibitor Br-ACh (30 µM) wurde ab der Vorperfusion zugesetzt und die

Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t1 = 15 min (S1) und t2 = 60 min (S2) der Superfusion

mit 20 mM Kalium-Stimulationspuffer für jeweils 4 min depolarisiert. Physostigmin (10 µM)

war ab der Vorperfusion anwesend, um durch Inhibition der AChE die Spaltung von ACh und

Br-ACh zu verhindern und damit die sonst nachfolgende erneute Aufnahme von radioaktivem

Cholin zu unterbinden.

Abb. 8: Effekt von schon ab der Vorperfusion anwesendem Br-ACh (30 µM) auf die Kalium-evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

Bei den Kontrollen lag der normierte S2/S1-Quotient im menschlichen Neokortexgewebe bei 1

[0.29, 1.71], während der entsprechende Wert der Kammern, die ab der Vorperfusion mit

Bromoacetylcholin behandelt wurden, bei 1.78 [1.32, 2.22] lag. Der S2/S1-Quotient der Kalium-

0

0.5

1

1.5

2

Kontrolle Br-ACh Kontrolle Br-ACh

Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

n = 7 n = 9 n = 15 n = 12

S2/S1-Quotien

t norm

iert auf Kontrolle

Page 37: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 29

evozierten [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortexgewebe wurde durch die

Anwesenheit von Br-ACh signifikant um 78% gesteigert (p < 0.05).

Bei Versuchen mit Neokortexgewebe der Maus war dagegen kein Unterschied in den S2/S1-

Quotienten der Kontrollkammern und den Kammern, die ab der Vorperfusion mit Br-ACh

behandelt wurden, zu finden. Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollkammern lag bei 1.00

[0.94, 1.06], der entsprechende Wert der Kammern, bei denen ab der Vorperfusion Br-ACh

zugesetzt wurde, auch bei 1.00 [0.82, 118]. Die Werte erwiesen sich als äquivalent (Unterschied

< 20 % mit p < 0.05).

3.1.2.4. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei elektrischer Stimulation

Abb.9: Einfluss von Br-ACh (30 µM) auf die elektrische [³H]-ACh-Freisetzung im Neokortexgewebe der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von menschlichem Gewebe, führten wir die Versuche zur

Überprüfung des Einflusses von Br-ACh auf die elektrische [3H]-Ach-Freisetzung im Neokortex

nur an der Maus durch. Wir konnten dies verantworten, da wir beim Menschen in 3.1.2.2. schon

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

S2/S1-Quotien

t norm

iert auf Kontrolle

Kontrolle Br-ACh Gewebe der Maus

n = 9 n = 7

Page 38: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 30

gezeigt hatten, dass sich keine Veränderung der S2/S1-Quotienten durch Gabe eines ChAT-

Inhibitors ab der Vorperfusion ergibt.

Der Versuch wurde wie in 3.1.2.3. durchgeführt, nur wählten wir statt einer 4-minütigen

Kalium-Depolarisation die schon in 3.1.2.2. verwendete elektrische Stimulationsform (3 Hz, 90

Pulse, 2 ms, 68 mA).

Bei den Kontrollen betrug der normierte S2/S1-Quotient im Neokortexgewebe der Maus 1.00

[0.80, 1.20], bei den Kammern, die mit Br-ACh ab der Vorperfusion behandelt wurden, lag er

bei 0.89 [0.66, 1.12]. Da wir eine Steigerung des S2/S1-Quotienten durch Br-ACh ausschließen

wollten, definierten wir hier Äquivalenz als Steigerung des S2/S1-Quotienten mit Br-ACh unter

20% mit p < 0.05. Somit waren die Werte hier äquivalent, was eine Steigerung (> 20 %) des

S2/S1-Quotienten durch Br-ACh ausschloss.

3.1.3. Messung der ChAT-Aktivität

3.1.3.1. Vergleich Mensch/Maus bei 20 mM Kalium-Depolarisation

Nachdem es mit Hilfe eines direkten und eines indirekten ChAT-Inhibitors im

Superfusionsexperiment gelang, den S2/S1-Quotienten der Kalium-evozierten [³H]-Freisetzung

im menschlichen Neokortexgewebe zu erhöhen, während im Gewebe der Maus kein

Unterschied des S2/S1-Quotienten festzustellen war, wollten wir die somit indirekt belegte

ChAT-Aktivierung durch Kalium-Depolarisation noch direkt im ChAT-Assay mit

menschlichem Neokortexgewebe verifizieren und mit Neokortexgewebe der Maus

falsifizieren.

Wir wählten hierzu das in 2.4.1. beschriebene Experiment: Die Hälfte der neokortikalen

Schnitte des Menschen und der Maus wurden zum Zeitpunkt t = 0 vier Minuten mit 20 mM

Kalium depolarisiert, die andere Hälfte wurde im Kontrollpuffer gelassen, und nach weiteren

20 Minuten wurden alle Schnitte aus den Kammern entnommen und in ein

Homogenisationspuffer (pH = 7.4) überführt. Anschließend wurde die ChAT-Aktivität

(nmol/mg Protein/min) mittels eines ChAT-Assays nach der Methode von Fonnum

bestimmt.

Page 39: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 31

Die genormte ChAT-Aktivität im menschlichen Gewebe betrug 1.00 [0.74, 1.26] bei den

Kontrollen und 1.49 [1.04, 1.95] bei den Test-Kammern. Die Aktivität der ChAT nahm somit

infolge der Kalium-Depolarisation um 49 % zu (p < 0.05).

Abb. 10: Einfluss von 4 min 20 mM Kalium-Depolarisation auf die ChAT-Aktivität im menschlichen

Neokortexgewebe und im Neokortexgewebe der Maus. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

Im Neokortexgewebe der Maus sahen wir keinen Unterschied in der ChAT-Aktivität mit oder

ohne 4-minütige 20 mM Kalium-Depolarisation. Die genormte ChAT-Aktivität der Kontrollen

betrug hier 1.00 [0.82, 1.18], während sie bei den Schnitten, die mit Kalium depolarisiert

wurden, bei 1. 07 [0.86, 1.28] lag. Wir sahen hier nur eine unsignifikante Steigerung der ChAT-

Aktivität nach Kalium-Depolarisation, die aber deutlich unter 20 % lag (p ~ 0.06).

3.1.3.2. Messung der ChAT-Aktivität bei unterschiedlichen Kalium-Konzentrationen in

Neokortexschnitten des Menschen

0

0.5

1

1.5

2

2.5

Kontrolle K+ 20 mM Kontrolle K+ 20 mM

Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

n = 12 n = 9 n = 18 n = 18

Gen

orm

te ChAT-A

ktivität

Page 40: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 32

Nachdem es uns gelungen war, die ChAT-Aktivierung durch eine direkte und eine indirekte

Methode zu belegen, interessierte es uns, bei welchen Kalium-Konzentrationen wir eine

Aktivitätssteigerung der ChAT im menschlichen Neokortex finden würden.

Superfundierte menschliche Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t = 0 mit

unterschiedlichen Kalium-Konzentrationen für 4 min stimuliert und nach weiteren 20 min in

500 µl eisgekühlten Homogenisationspuffer überführt, um anschließend die ChAT-Aktivität im

ChAT-Assay zu bestimmen.

Abb. 11: Einfluss unterschiedlicher Kalium-Konzentrationen (4 min) auf die ChAT-Aktivität in

neokortikalen Schnitten des Menschen. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))

Die genormte ChAT-Aktivität der Kontrollen lag bei 1.00 [0.74, 1.26], die genormte ChAT-

Aktivität der Schnitte, die mit 10 mM Kalium perfundiert wurden, lag bei 1.54 [0.98, 2.10]

(p < 0.05). Damit erreichten wir durch eine 10 mM Kalium-Depolarisation eine

Aktivitätssteigerung der ChAT von 54%. Bei einer Kalium-Konzentration von 20 mM erhielten

wir eine genormte ChAT-Aktivität von 1.49 [1.04, 1.94] (p < 0.05), bei 40 mM Kalium-

0

0,5

1

1,5

2

2,5

Kontrolle 10 mM 20 mM 40 mM 80 mM

(3 mM Kalium) Kalium Kalium Kalium Kalium

Menschliches Gewebe

n = 27 n = 8 n = 9 n = 8 n = 8

Gen

orm

te ChAT-A

ktivität

Page 41: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 33

Konzentration eine genormte ChAT-Aktivität von 1.36 [1.08, 1.65] (p > 0.05) und bei 80

mM Kalium-Konzentration eine genormte ChAT-Aktivität von 1.26 [1.01, 1.53] (p >

0.05) und wir erhielten somit eine Steigerung der ChAT-Aktivität von 49 %, bzw. 36 %

bzw. 26 %.

Page 42: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 34

3.2. Experimente zu Bromoacetylcholin

Wir fanden in unseren Experimenten mit Bromoacetylcholin heraus, dass dieses Pharmakon

mehrere interessante Eigenschaften aufweist. In diesem Teil der Arbeit sollen die Ergebnisse

dargestellt werden, die auf andere Wirkungen von Bromoacetylcholin als die ChAT-Inhibition

hinweisen.

3.2.1. cytolytische Wirkung von Bromoacetylcholin

Um einen cytolytischen Effekt von Bromoacetylcholin nachzuweisen, untersuchten wir die

basale Tritiumausschüttung (fractional rate) eine Fraktion vor den jeweiligen Stimulationen.

3.2.1.1. Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bei elektrischer und Kalium-evozierter

Stimulation in Neokortexschnitten der Maus

Wir führten die folgenden Versuche, wie in 2.3.6. Abb. 3 beschrieben, durch. Bromoacetylcholin

30 µM wurde 15 min vor S2 gegeben. Wir stimulierten bei einigen Versuchen mit 20 mM

Kalium für 4 min, ansonsten mit der üblichen elektrischen Stimulation (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68

mA). Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

Bei den Kontrollen, bei denen wir mit Kalium stimuliert hatten, lag der normierte bx/b1-Wert

(x = 2-3) bei 1 [0.95, 1.05], während der entsprechende Wert bei den Kammern, bei denen wir

vor S2 Br-ACh hinzugegeben hatten, bei 1.64 [1.52, 1.76] lag (p < 0.01).

Bei den Kontrollen, in denen wir elektrisch stimulierten, lag der normierte bx/b1-Wert bei 1

[0.91, 1.09], auch hier lag der entsprechende Wert mit Br-ACh mit 1.76 [1.60, 1.91] deutlich

höher (p < 0.01).

Page 43: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 35

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

K+ 20 mM elektr.

Abb. 12: Effekt von Br-ACh (30 µM) auf die basale Tritiumausschüttung bei 20 mM Kalium-Stimulation sowie bei elektrischer Stimulation im neokortikalen Gewebe der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

3.2.1.2. Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des

Menschen und der Maus

Der direkte ChAT-Inhibitor Br-ACh (30 µM) wurde zu den Test-Kammern ab der

Vorperfusion hinzugegeben, bei den Kontrollkammern hingegen weggelassen. In diesen

Versuchen wurde der b1-Wert 10 min nach Superfusionsbeginn gemessen, und damit direkt vor

der Stimulation der Schnitte. Im Puffer war Physostigmin (10 µM) ab der Vorperfusion

anwesend.

0

0.5

1

1.5

2

2.5

bx/b1-Quotien

t (x = 2-3)

norm

iert auf Kontrollen

n = 12 n = 12 n = 16 n = 16

Page 44: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 36

Bei den Kontrollen des menschlichen Neokortex lag der normierte b1-Wert bei 1 [0.93, 1.07],

die entsprechenden Werte mit Br-ACh lagen mit 1.30 [1.11, 1.48] deutlich höher (p < 0.01).

Ähnlich verhielt es sich mit den neokortikalen Schnitten der Maus: Hier sahen wir einen

normierten b1-Wert von 1 [0.89, 1.11] und einen entsprechenden Wert mit Br-ACh von 1.59

[1.39, 1.79] (p < 0.01). Somit sahen wir eine Steigerung des b1-Wertes durch Br-ACh um 30 %

in neokortikalen Schnitten des Menschen und um 59 % in neokortikalen Schnitten der Maus.

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

Abb. 13: Einfluss von Br-ACh (30 µM) ab der Vorperfusion auf den b1-Wert in menschlichen

neokortikalen Schnitten und in neokortikalen Schnitten der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der

Vorperfusion anwesend.

3.2.2. Erhöhte S-Werte durch Bromoacetylcholin

3.2.2.1. Erhöhte S1-Werte bei Kalium-Stimulation durch Gabe von Bromoacetylcholin ab

der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus

0

0,5

1

1,5

2

n = 24 n = 22n = 7 n = 8

b1-Werte

norm

iert auf Kontrollen

Page 45: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 37

Außer erhöhten b-Werten fanden wir in unseren Experimenten noch erhöhte S1-Werte bei

Kalium-Stimulation, wenn wir Br-ACh ab der Vorperfusion dazugaben. Wir führen diese

Steigerung der radioaktiven Transmitterausschüttung auf eine gesteigerte Exocytose zurück.

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

Menschliches Gewebe Gewebe der Maus

Abb. 14: Effekt von Br-ACh ab der Vorperfusion auf den Kalium-evozierten S1-Wert in neokortikalen

Schnitten des Menschen und der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

In diesen Experimenten wurde Br-ACh (30 µM) zu den Test-Kammern ab der Vorperfusion

hinzugegeben. Wir stimulierten alle Kammern mit 20 mM Kalium. Man sieht im menschlichen

neokortikalen Gewebe einen normierten S1-Wert von 1 [0.57, 1.43] und in den entsprechenden

Test-Kammern einen S1-Wert von 1.59 [0.87, 2.31] und damit eine Steigerung durch Br-ACh

von 59% (p > 0.05).

Im Gewebe der Maus beobachteten wir einen normierten S1-Wert der Kontrollkammern von 1

[0.62, 1.38] und in den entsprechenden Test-Kammern einen Wert von 3.27 [2.37, 4.17] und

damit eine Steigerung durch Br-ACh von 227% (p < 0.01).

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

4

4.5

n = 12 n = 12 n = 8 n = 8

S1-Werte

norm

iert auf Kontrollen

Page 46: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 38

3.2.2.2. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine agonistische Wirkung am

nikotinischen Acetylcholinrezeptor in neokortikalen Schnitten der Maus zu erklären ist

Um den beobachteten Effekt einer gesteigerten ACh-Transmitterausschüttung genauer zu

analysieren, stellten wir uns die Frage, ob diese gesteigerten S-Werte nicht durch eine positive

Rückkopplung an einem nikotinischen Acetylcholinrezeptor zu erklären sind. Wenn dies der

Fall wäre, müsste die Wirkung durch diesen direkten Rezeptormechanismus sofort eintreten.

In Abb. 15 sieht man, dass dies nicht der Fall ist. Wir setzten in diesen Experimenten Br-ACh

15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzu, dabei stimulierten wir bei S1-S3 je 4 min mit einer

Kalium-Konzentration von 20 mM.

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

S2/S1 normiert S3/S1 normiert

Abb. 15: Langzeiteffekt von Br-ACh auf die Kalium-evozierten Stimulationswerte in neokortikalen

Schnitten der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

Wir sehen einen S2/S1 Wert der normierten Kontrollen von 1 [0.90, 1.10], und eine Steigerung

diesen Wertes der entsprechenden Test-Kammern von 182 % auf 2.82 [1.58, 4.06] (p < 0.01).

Der normierte S3/S1-Wert der Kontrollen lag bei 1 [0.90, 1.10], der entsprechende Wert der

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

n =8 n = 8 n = 8 n = 8

Sn/S1-Werte (n = 2-3)

norm

iert auf Kontrollen

Page 47: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 39

Test-Kammern bei 5.79 [2.95, 8.64], was einer Steigerung durch Br-ACh von 479 % entspricht

(p < 0.01).

Somit sahen wir eine Steigerung der normierten S3/S1-Werten zu den normierten S2/S1-Werten

der Test-Kammern von 205 % (p < 0.05) und konnten damit nachweisen, dass die Wirkung von

Br-ACh nicht sofort eintritt und das damit hier ein direkter Rezeptormechanismus am

nikotinischen Acetylcholinrezeptor auszuschließen ist.

3.2.2.3. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine inhibitorische Wirkung

von Bromoacetylcholin auf die ChAT und die Phospholipase A2 zurückzuführen ist

Man könnte argumentieren, dass die gesteigerten S-Werte vielleicht durch eine Verhinderung

einer Verdünnung der radioaktiv markierten Acetylcholinvesikel mit nicht-radioaktiv

markiertem Acetylcholin zustande kommen, wie es durch eine inhibitorische Wirkung von Br-

ACh auf die ChAT oder vielleicht auch auf die Phospholipase A2 denkbar wäre. In diesem Fall

würde aber die bereits bei Gabe von Br-ACh bestehende Verdünnung nicht weniger werden

und wir könnten keine Steigerung der reinen Scpm-Werte, d.h. der reinen stimulationsbedingten

radioaktiven Transmitterausschüttung beobachten. Somit dürfte in den Test-Kammern die

Sn cpm/S1 cpm-Werte (n = 2-3) nicht signifikant über 1 liegen.

Somit untersuchten wir die reinen cpm-Werte bei Kalium-evozierten Stimulationen. Br-ACh

wurde 15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzugegeben. Wir sahen bei den Kontrollkammern

einen S2 cpm/S1 cpm-Wert von 0.64 [0.58, 0.71] und einen S3 cpm/S1 cpm-Wert von 0.49 [0.44, 0.55].

In den Test-Kammern sahen wir eine deutliche Steigerung der Sn cpm/S1 cpm-Werte über 1: Der

S2 cpm/S1 cpm-Wert lag hier bei 1.77 [1.01, 2.53] und damit signifikant über 1 (p < 0.05), der

S3 cpm/S1 cpm-Wert lag bei 2.65 [1.36, 3.95] und damit hochsignifikant über 1 (p < 0.01).

Somit kann der beobachtete Effekt der gesteigerten S-Werte durch Br-ACh nicht alleine durch

eine Verhinderung der Verdünnung des radioaktiv markierten Acetylcholinpools mit nicht-

radioaktiv markiertem Acetylcholin erklärt werden.

Page 48: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 40

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

S2cpm/S1cpm S3cpm/S1cpm

Abb. 16: Effekt von Br-ACh 15 min vor S2 auf die reinen Sn cpm/S1cpm-Werte. Physostigmin (10 µM) war

ab der Vorperfusion anwesend.

3.2.2.4. Unterschiedliche Wirkung von Bromoacetylcholin auf die S-Werte bei Kalium-

Depolarisation und bei elektrischer Stimulation in neokortikalen Schnitten der Maus

3.2.2.4.1. Erhöhte S1-Werte durch Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter

[3H]-ACh-Ausschüttung, nicht dagegen bei elektrischer [3H]-ACh-Ausschüttung

Wir sahen eine Steigerung der S-Werte nur bei durch Kalium evozierten Stimulationen, nicht

hingegen bei elektrisch evozierten Stimulationen. Wir setzten in diesen Experimenten in den

Test-Kammern Br-ACh ab der Vorperfusion ein, bei S1 stimulierten wir entweder 4 min lang

mit 20 mM Kalium oder elektrisch (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA).

Dabei sahen wir einen Kontrollwert der mit Kalium stimulierten Kammern bei 1 [0.61, 1.38],

der entsprechende Wert der Test-Kammer lag bei 3.27 [2.37, 4.17] und war somit um 227 %

höher als der Kontrollwert (p < 0.01).

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

4

4.5Sx cpm/S1 cpm

n = 8 n = 8 n = 8 n = 8

Page 49: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 41

In den elektrisch stimulierten Kammern lag der Kontrollwert bei 1 [0.07, 1.92], der der Test-

Kammern bei 1.11 [0.48, 1.73] und damit nur um 11 % höher als der Kontrollwert (p > 0.05).

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

K+-Stim. Elektr. Stim.

Abb. 17: Unterschiedlicher Effekt von Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter oder bei

elektrischer Stimulation. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

3.2.2.4.2. Erhöhte Sn/S1-Werte durch Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter [3H]-

ACh-Ausschüttung, nicht hingegen bei elektrisch evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung

In diesen Experimenten gaben wir Br-ACh 15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzu, um den

Einfluss von Br-ACh auf die S-Werte bei Kalium-evozierter und bei elektrischer Stimulation zu

untersuchen. Wir sahen in den mit Kalium evozierten Kammern einen normierten S2/S1

Kontrollwert von 1 [0.90, 1.10] und in der entsprechenden Test-Kammern einen normierten

S2/S1-Wert von 2.82 [1.58, 4.06] (p < 0.01), außerdem einen normierten S3/S1-Kontrollwert von

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

4

4.5

5

n = 12 n = 12 n = 7 n = 7

S1-Werte

norm

iert auf Kontrollen

Page 50: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

3. Ergebnisse 42

1 (0.90, 1.10), und einen normierten S3/S1-Wert der Test-Kammern von 5.79 (2.95, 8.64) (p <

0.01).

Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh

S2/S1 S3/S1 Sn/S1

Kalium-Stimulation elektr. Stimulation

Abb. 18: Unterschiedlicher Effekt von Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter oder bei elektrischer

Stimulation. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.

In den Kammern dagegen, in denen wir elektrisch stimulierten, sahen wir keinen Anstieg der

Sn/S1-Werte bei Gabe von Br-ACh vor S2. Der normierte Sn/S1-Wert der Test-Kammern lag bei

1.07 [0.82, 1.32] und damit nicht wesentlich höher als der entsprechende Kontrollwert von 1

[0.87, 1.13] (p > 0.05).

n = 8 n = 8

n = 8 n = 8

n = 12 n = 11

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Sn/S1-Werte (n= 2-3)

norm

iert auf Kontrollen

n= 8

n= 8

n= 8

n= 8

n= 12n= 11

Page 51: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 43

4. Diskussion

4.1. Die depolarisationsabhängige ChAT-Aktivierung beim

Menschen, im Gegensatz zur Maus

I. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung

Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung besagt, dass bei

langdauernder (4 min) erhöhter extrazellulärer Kalium-Konzentration, nicht dagegen bei kurzer

(90 x 2 ms = 180 ms) elektrischer Stimulation, die intrazelluläre Cholinacetyltransferase (ChAT)

in neokortikalen cholinergen Neuronen aktiviert wird. Sie wurde im Rahmen dieser

Doktorarbeit am menschlichen Neokortex verifiziert, und am Neokortex der Maus falsifiziert.

a.) Neokortex des Menschen:

Zuerst zeigten wir, dass bei Versuchen, in denen wir 4 min mit 20 mM Kalium stimulierten, die

S2/S1-Werte deutlich unter 1 lagen (MittelwertKalium+ = 0.49 und damit Abfall um 51% mit

p < 0.01), bei Versuchen dagegen, in denen wir elektrisch stimulierten, lag der S2/S1-Wert um 1

(Mittelwertelektrisch = 1.08 und damit Steigerung um 8% mit p > 0.05).

Außerdem erhielten wir in unseren Experimenten, in denen wir mit 20 mM Kalium stimulierten,

bei Gabe eines ChAT-Inhibitors ab der Vorperfusion einen Wideranstieg der S2/S1-Werte im

Vergleich zu den Kontrollen (Steigerung um 61% bei Gabe von Okadasäure (p < 0.05) und um

73% bei Gabe von Bromoacetylcholin (p < 0.05)), während sich bei elektrisch stimulierten

Versuchen keine Änderung der S2/S1-Werte bei Anwesenheit von Okadasäure im Vergleich zu

den Kontrollen ergab (Senkung mit Okadasäure um 1 % mit p < 0.05).

Wir folgten daraus, dass bei Kalium-Depolarisation, nicht hingegen bei elektrischer Stimulation,

die intrazelluläre ChAT aktiviert wird, sodass sie in den Kontrollkammern im Verlauf des

Versuches nach der ersten Stimulation den vesikulären Speicher von Acetylcholin in den

cholinergen Zellen mit nicht-radioaktivem Acetylcholin auffüllt, wodurch bei gleicher Menge an

Transmitterausschüttung bei S2 im Vergleich zu S1 die gemessene radioaktive

Page 52: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 44

Transmitterausschüttung von S2 vermindert erscheint (S2/S1-Wert der Kontrollen deutlich unter

1, s.o.), während in Anwesenheit von einem ChAT-Inhibitor dieser Effekt verhindert wird

(deutliche Steigerung durch ChAT-Inhibitor, s.o.).

Einen ähnlichen Zusammenhang wies Feuerstein et al. schon 1996 nach. Hier wurde die [³H]-

γ -Aminobuttersäure (GABA)-Freisetzung in neokortikalen Schnitten des Kaninchens im

Superfusionsexperiment beobachtet. Auch hier sorgte ein Inhibitor des Transmitter-

synthetisierenden Enzyms, in diesem Fall ein Glutamat-Decarboxylase-Inhibitor, zu einem

deutlichen Anstieg der S2/S1-Quotienten, so dass hier von einer elektrisch evozierten

Aktivierung des GABA-synthetisierenden Enzyms mit einer konsekutiven Verdünnung des

radioaktiven [³H]-GABA-Pools in den Vesikeln mit nicht-radioaktivem GABA auszugehen ist

[Feuerstein et al., 1996]. Die Beobachtung, dass hier eine elektrische Stimulation zu einer

Aktivierung der Glutamat-Decarboxylase (GAD) führt, lässt auf fundamentale Unterschiede in

der Aktivierung der ChAT und der GAD schließen.

Um die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung auch direkt nachweisen zu

können, maßen wir, nach einer vorausgegangenen Kalium-Depolarisation mit 20 mM Kalium,

die ChAT-Aktivität zusätzlich im ChAT-Assay, bei dem wir eine Steigerung der ChAT-Aktivität

um 49 % feststellten (p < 0.05). Damit wurde die Richtigkeit dieser Hypothese direkt bewiesen.

Einen ähnlichen Zusammenhang zeigte schon 1987 Ando et al., der die ChAT-Aktivierung

durch extrazelluläre Kalium-Konzentration (70 mM) in sympathischen Ganglien der Ratte

nachwies [Ando et al., 1987].

b.) Neokortex der Maus

Im Gegensatz zum Menschen konnten wir bei der Maus keinen Unterschied der S2/S1-

Quotienten zwischen Kalium-Stimulation (0.807) und elektrischer Stimulation (0.843) feststellen

(Äquivalenz).

Die Werte lagen hier nicht bei 1, (aber deutlich über dem Mittelwert des beim menschlichen

Neokortex erhaltenen MittelwertsKalium+ = 0.49) was ein speziesspezifischer Unterschied

zwischen Mensch und Maus zu sein scheint, für den wir keine gesicherte Erklärung geben

können. Wichtig scheint es dabei aber zu betonen, dass hier die S2/S1-Quotienten bei Kalium-

Page 53: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 45

Depolarisation kaum verringert waren und dies somit für eine fehlende Verdünnung des

radioaktiven Acetylcholin-Pools mit nicht-radioaktivem Acetylcholin bei 4-minütiger Kalium-

Depolarisation im Neokortex der Maus spricht.

Bei der Maus erzielten wir keine Steigerung des S2/S1-Quotienten mit 20 mM Kalium-

Stimulation bei Gabe eines ChAT-Inhibitors ab der Vorperfusion; die Mittelwerte der S2/S1-

Quotienten sanken bei Bromoacetylcholin um 0.0004 % und stiegen mit Okadasäure um 6%

und waren damit äquivalent zu den Kontrollen.

Wie erwartet änderten die ChAT-Inhibitoren auch nicht die S2/S1-Quotienten bei den elektrisch

stimulierten Versuchen (Abnahme des S2/S1-Quotienten um 11% bei Bromoacetylcholin und

Steigerung mit Okadasäure um 8% (Äquivalenz, wir definierten Äquivalenz als Steigerung unter

20% mit über 95%er Wahrscheinlichkeit)).

Um die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung in neokortikalen Schnitten

der Maus endgültig zu falsifizieren, depolarisierten wir die Schnitte 4 min lang mit 20 mM

Kalium im Superfusionsexperiment, und maßen anschließend die ChAT-Aktivität im ChAT-

Assay. Die ChAT-Aktivität nach Kalium-Depolarisation lag hier nur um 7.5% höher als zu den

Kontrollen, bei denen wir nicht stimuliert hatten, was einer Steigerung unter 20% mit 94%er

Wahrscheinlichkeit entspricht. Damit konnten wir endgültig die Hypothese der

depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung, die wir beim Menschen bewiesen hatten, bei der

Maus widerlegen.

II. ChAT-Inhibitoren

In unseren Experimenten wählten wir als ChAT-Inhibitoren Bromoacetylcholin (30 µM) und

Okadasäure (50 nM). Beide ChAT-Inhibitoren verdienen eine genauere Betrachtung:

a.) Bromoacetylcholin

Bromoacetylcholin hat mehrere bekannte Wirkungen:

1. direkte reversible inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT [Speth et al., 1976;

Harris, 1987]

Page 54: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 46

2. agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor durch irreversible

Alkylierung der alpha-Untereinheit [Mitra et al., 2001], wobei es hier auch zu einer

Deaktivierung durch Desensibilisierung kommen kann [Leprince, 1983]

3. Inhibitor der Phospholipase A2 (PLA2) [Sastry und Hemontolor, 1998]

4. cytolytischer Effekt in Neuroblastomzellen der Maus [Chiou, 1977] und in Gliomazellen

der Ratte [Chiou et al, 1978]

Während im folgenden Teil der Arbeit genauer auf die Punkte 2. und 4. eingegangen wird, soll

an dieser Stelle die inhibitorische Wirkung auf die ChAT und die Phospholipase A2 besprochen

werden.

In unseren Experimenten sahen wir einen Anstieg des S2/S1-Quotienten bei Gabe von

Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in mit 20 mM Kalium stimulierten Versuchen. Die

oben erklärte Verhinderung der Bildung einer Verdünnung des radioaktiven Acetylcholin-Pools

mit nicht-radioaktivem Acetylcholin bei mit Kalium stimulierten Versuchen, könnte dabei durch

jeden Inhibitor, der in den Syntheseweg von Acetylcholin eingreift, erreicht werden. Wir ließen

diese Versuche unter dem ACh-Esterase-Inhibitor Physostigmin (10 µM) laufen, sodass eine

extrazelluläre Spaltung von Acetylcholin und die normalerweise stattfindende Aufnahme von

Cholin über den high affinity cholin uptake (HACU) verhindert wurde. Die erforderlichen

Cholinmoleküle zur Bildung von Cholin konnten in diesen Experimenten konsequenterweise

nicht aus dem synaptischen Spalt aufgenommen werden, und mussten demnach von

intrazellulären Speichern stammen. Cholin kann dabei auch der terminalen Membran entzogen

werden [Blusztajn und Wurtman, 1983], wo es über mehrere Schritte enzymatisch aus

Phosphatidylcholin abgebaut wird. Am Anfang dieses Abbauweges spaltet die Phospholipase A2

Phosphatidylcholin zu Lysophosphatidylcholin [Chiu und Jackowski, 2001] (genaueres in Kap.

4.2.), ein Enzym, das auch durch Bromoacetylcholin gehemmt wird [Sastry und Hemontolor,

1998].

Wir können in unseren Experimenten demnach nicht feststellen, ob Bromoacetylcholin den

S2/S1-Quotienten nur über eine Inhibition der ChAT anhebt, sondern der gleiche Effekt könnte

noch durch die Inhibition der Phospholipase A2 unterstützt werden.

b.) Okadasäure

Page 55: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 47

Die Okadasäure ist primär ein spezifischer Inhibitor der Serin/Threonin-Phosphatasen-1 und -

2A [Haystead et al., 1989] und kann so die Acetylcholinfreisetzung auf mehreren Ebenen

beeinflussen.

Ein Angriffspunkt ist der HACU, der in seiner Aktivität deutlich vermindert wird [Issa et al.,

1996]. Da aber in den Versuchen, in denen wir Okadasäure einsetzten, gleichzeitig auch

Hemicholinium-3 (10 µM) anwesend war, das die Cholin-Aufnahme schon primär blockierte

[Guyenet et al., 1973], können wir in diesem Fall diesen Aspekt außer Acht lassen.

Als zweiter Angriffspunkt wurde der Einfluss der Okadasäure auf die Acetylcholinfreisetzung

beschrieben. An der neuromuskulären Endplatte des Frosches werden dabei sowohl steigernde

[Abdul-Ghani et al., 1991] als auch hemmende Effekte [Van der Kloot und Molgo, 1993]

genannt. In Synaptosomen des Rattenhippocampus wurde die [³H]-Acetylcholinfreisetzung

durch Okadasäure gehemmt [Vickroy et al., 1995]. Auch an der neuromuskulären Endplatte der

Maus wurde die Exocytose von Acetylcholin durch Okadasäure verringert [Hong, 2000]. Wir

konnten in unseren Experimenten keinen Einfluss der Okadasäure auf die

Acetylcholinfreisetzung per se feststellen: Im menschlichen Neokortex lagen die S1-Werte der

Kammern, die ab der Vorperfusion mit Okadasäure perfundiert waren, zwar etwas unter den S1-

Werten der Kontrollen, jedoch ohne Signifikanz; bei den neokortikalen Schnitten der Maus

sanken die S1-Werte der mit Okadasäure perfundierten Kammern nur bei elektrischer

Stimulation, während sie bei Kalium-Depolarisation sogar anstiegen, jedoch beides ohne

signifikanten Unterschied.

Ferner hemmt Okadasäure die ChAT. Die inhibitorische Wirkung beruht hier allerdings nicht

auf einer unmittelbaren Wirkung am Enzym selbst [Issa et al., 1996], sondern die Aktivität der

ChAT wird nur indirekt durch Okadasäure gehemmt, weshalb Okadasäure auch als indirekter

ChAT-Inhibitor bezeichnet wird. Aufgrund der im Superfusionsexperiment erhaltenen

Ergebnisse und der eben aufgeführten Überlegungen, scheint die steigernde Wirkung der

Okadasäure auf den S2/S1-Quotienten in mit Kalium stimulierten Experimenten am

menschlichen Neokortex sehr wahrscheinlich auf die indirekte Hemmung der ChAT

zurückzuführen zu sein.

Page 56: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 48

III. Erklärungsmodelle für die veränderte ChAT-Aktivität

Aber wie kann die extrazelluläre Kalium-Depolarisation die ChAT-Aktivität verändern? Man

kann verschiedene Möglichkeiten in Betracht ziehen:

1. Da Okadasäure ein Inhibitor der Serin/Threonin-Phosphatasen-1 und -2A ist

[Haystead et al., 1989], und da sie den durch Kalium hervorgerufenen Effekt der

ChAT-Aktivierung wieder zunichte macht, wäre es möglich, dass die extrazelluläre

Kalium-Depolarisation zu einer Veränderung im Phosphorylierungsgrad der ChAT

führt. Phosphorylierung ist ein häufiger Regulationsmechanismus, in die Aktivität

eines Enzyms im ZNS einzugreifen [Browning et al., 1985]. Zum Beispiel werden

die Tyrosin-Hydroxylase und die Tryptophan-Hydroxylase durch Phosphorylierung

und Dephosphorylierung reguliert [Haycock, 1987; Ehret et al., 1989]. Dass

extrazelluläres Kalium zu einer Phosphorylierung intrazellulärer Enzyme führen

kann, ist bekannt. So führt extrazelluläres Kalium zu einer Aufrechterhaltung des

oxidativen Phosphorylierungsgrades der membranösen Na+/K+-ATPase, der durch

alleinige Gabe von AU-1421, einem potenten Kationen-Abkoppler von oxidativer

Phosphorylierung, vermindert wurde [Takada und Fukushima, 1991]. Auch die

Phosphorylierung der menschlichen ChAT wurde schon beschrieben [Bruce und

Hersh, 1989] und Untersuchungen über die Abhängigkeit der ChAT-Aktivität von

verschiedenen Phosphorylierungszuständen wurden durchgeführt: Schmidt und

Rylett haben 1993 gezeigt, dass Membrandepolarisationen mit Veratridine zu einer

Steigerung der Aktivität in der membranassoziierten ChAT (m-ChAT), eines

Subtyps der ChAT, in Synaptosomen des Rattenhippocampus führt, während sich

die Aktivität der cytosolischen ChAT (c-ChAT) nicht verändert [Schmidt und Rylett

1993]. Jedoch konnten diese Autoren keinen Unterschied in der Phosphorylierung

der m-ChAT und der c-ChAT feststellen und hielten deswegen die Abhängigkeit der

verschiedenen ChAT-Subtypen vom Phosphorylierungsgrad derselben als

unwahrscheinlich. Dobransky et al. zeigten aber wiederum, dass die rekombinante

ChAT von Baculoviren und von bakteriellen Expressionssystemen durch

Phsphorylierung aktiviert wird [Dobransky et al., 2000]. Okadasäure führt außerdem

zu einer Abnahme der Aktivität von c-ChAT und m-ChAT im Rattenhippocampus

mit gleichzeitiger Abnahme der Menge beider Enzyme [Issa et al., 1999]. 10 bis 20%

Page 57: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 49

der humanen ChAT liegen als m-ChAT vor [Peng et al., 1986], und man könnte sich

vorstellen, dass vielleicht eher die m-ChAT als die c-ChAT von extrazellulärem

Kalium beeinflusst werden könnte. Dies könnte Gegenstand weiterer

Untersuchungen sein.

2. Auch über Radikalbildung könnte das extrazelluläre Kalium die intrazelluläre ChAT

beeinflussen. Kalium-Depolarisation führt zu einer Aktivierung von intrazellulärer

NOS [Obata, 2002]. Die NOS bildet NO, woraus schließlich ONOO- entsteht

[Obata, 2002]. In Torpedo marmorata Synaptosomen hemmt ONOO- die ChAT

[Morot Gaudry-Talarmain et al., 1997; Guermonprez et al., 2001]. Da diese

Hemmung unserer ChAT-Aktivierung durch Kalium-Depolarisation in

neokortikalen Schnitten des Menschen entgegensteht, wir außerdem in

neokortikalen Schnitten der Maus keine Veränderung der ChAT-Aktivität gesehen

haben, könnten die bei uns gefundenen speziesspezifischen Unterschiede auf den

Einfluss der ChAT-Aktivität durch Kalium-Depolarisation entweder über

speziesspezifische andere Mechanismen, die mit einer Radikalbildung einhergehen,

geregelt werden oder auf weiterführende speziesspezifische Unterschiede in der

ChAT-Aktivierung zwischen Torpedo marmorata Synaptosomen, Neokortex der

Maus und menschlichem Neokortex zurückzuführen sein.

3. Ein anderer möglicher Weg, wie man die ChAT über Kalium-Depolarisation

beeinflussen könnte, ist eng mit dem Phospholipidmetabolismus verbunden.

Langdauernde Kalium-Depolarisationen in sympathischen Ganglien der Ratte

fördern die Freisetzung von Cholin aus Membranlipiden [Nagata et al., 1973],

stimulieren die Phospholipase A2, was zu einer Bildung von Lysophosphatidylcholin

führt [Bradford et al., 1983], und hemmen die Cholinkinase [Ando et al., 1987], die

Cholin phosphoryliert [Kennedy und Weiss, 1956]. Die dadurch vermehrte Menge

an freiem Cholin führt zu einer Aktivitätszunahme der intrazellulären ChAT [Ando

et al., 1987].

In dieser Arbeit kann die erhöhte ChAT-Aktivität in neokortikalen Schnitten des Menschen

nach Kalium-Depolarisation nicht durch den in Punkt drei beschriebenen Mechanismus

zustande gekommen sein: Wir fanden in unseren Experimenten eine erhöhte ChAT-Aktivität im

Page 58: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 50

ChAT-Assay, nachdem wir unsere Schnitte im vorausgegangenen Superfusionsexperiment 4

min mit Kalium perfundiert hatten und die Schnitte nach weiteren 16 min den Kammern

entnommen hatten. Da im ChAT-Assay die Substrate, Cholin und Acetyl-Coenzym A, im

Überschuss gegeben wurden und somit der von Ando beschriebene Mechanismus hier nicht

greifen kann, muss man hier eher annehmen, dass die Aktivität der ChAT durch

Phosphorylierung, durch Kompartimentierung, durch Aktivierung über NOS oder vielleicht

noch über einen anderen Mechanismus in den cholinergen Neuronen des menschlichen

Neokortex geregelt wird.

IV. Erklärungsmodelle für die speziesspezifischen Unterschiede

Ein interessanter Aspekt ist auch die Fragestellung, wie der Unterschied in der Regelung der

ChAT-Aktivität beim Menschen und der Maus zu erklären ist. Die ChAT ist in verschiedenen

Species unterschiedlich aufgebaut. Die cDNA`s der Ratte und der Maus, die für 640 und 641

Aminosäuren kodieren, zeigen 95% gegenseitige Homologie und 80% Homologie zu der cDNA

des Schweines [Ishii et al., 1990]. Die DNA der ChAT des Menschen und die der Maus werden

von verschiedenen Promotorregionen transkribiert und unterschiedlich gespliced [Misawa et al.,

1992]. Im menschlichen Gehirn werden vier Typen (R-, N1-, N2-, und M-Typen) der ChAT

gebildet. Hier wird überall das ATG-Startcodon der Maus, Ratte und Schwein durch ein ACG-

Codon ersetzt, das nicht als Startcodon funktionstüchtig ist [Misawa et al., 1997]. Die ChAT-

Aktivität in einem cholinergen Neuron des Menschen ist dabei viel geringer als in einem

cholinergen Neuron anderer Vertebraten [Misawa et al., 1992]. So gäbe es die Möglichkeit, dass

die Unterschiede in der Aktivierung der ChAT des Menschen und der Maus auf die

Unterschiede in der Struktur der Enzyme zurückzuführen ist.

Außerdem gibt es endogene Aktivatoren und Inhibitoren der ChAT [Cozzari und Hartman,

1983]. Vielleicht sind auch Ungleichheiten in den ChAT-regulierenden Faktoren eine Erklärung

für die von uns festgestellten Mensch/Maus-Unterschiede.

Als letztes könnte man noch Unterschiede in der subzellulären Verteilung beim Menschen und

der Maus dafür verantwortlich machen, da unterschiedliche ChAT-Enzyme bekannt sind mit

unterschiedlicher Verteilung in den Zellkompartimenten. So liegen, wie schon erwähnt, 10 bis

20% der humanen ChAT als m-ChAT vor [Peng et al., 1986].

Page 59: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 51

V. Relevanz der Ergebnisse

Eine weitere wichtige Fragestellung ist, ob die durch Kalium-Depolarisation induzierte

Aktivierung der ChAT im menschlichen Neokortex, auf die unsere Ergebnisse stark hinweisen,

von (patho)physiologischer oder sogar klinischer Relevanz ist.

Erhöhte Kalium-Konzentrationen sind ein Merkmal vieler pathologischer Verhältnisse: Hohe

Kalium-Konzentrationen (von 3 mM bis zu 60 mM) kommen bei Hypoxie/Ischämie, Trauma

und Hypoglykämie, Epilepsie und „cortical spreading depression“ vor [Heinemann und Lux,

1977; Hansen, 1985; Jensen und Yaari 1997; Hansen und Zeuthen, 1981; James et al., 2001].

Neurodegenerativen Erkrankungen zeigen typischerweise einen Defekt im Energiestoffwechsel,

der wiederum zu einer neuronalen Depolarisation führt [Beal, 1995].

In unseren Experimenten zeigten wir, dass die ChAT nach 4-minütiger Kalium-Depolarisation

bei 10 mM, 20 mM, 40 mM und 80 mM Kalium-Konzentration aktiviert wird (Steigerung um

54% bei 10 mM (p < 0.05), 49% bei 20 mM (p < 0.05), 36% bei 40 mM (p > 0.05) und 26% bei

80 mM (p > 0.05) im Vergleich zu Kontrollen).

Wir liegen mit den Konzentrationen von 10 mM und 20 mM Kalium dabei im

pathophysiologischen Bereich, und können somit annehmen, dass es in neurodegenerativen

Erkrankungen wie Alzheimer, zu einer Aktivierung der intrazellulären ChAT kommt. In unseren

Experimenten konnten wir zusätzlich zu den Unterschieden des Gewebes und der Species noch

einen deutlichen Unterschied zu der von Ando et al. gezeigten Aktivierung der ChAT in

sympathischen Ganglien der Ratte zeigen, da die Rattenschnitte mit 70 mM Kalium-

Konzentrationen behandelt wurden [Ando et al., 1987].

Durch eine vorhandene Depolarisation kann es bei der Alzheimer-Erkrankung zu einer

erhöhten Freisetzung von endogenem Acetylcholin aus den cholinergen Neuronen kommen,

bei gleichzeitigem Mangel an Acetylcholin, der wahrscheinlich aus mindestens zwei Gründen

bedingt ist: Zum einen durch den Untergang vieler cholinerger Neurone, was für die Alzheimer-

Erkrankung typisch ist, zum anderen durch den wahrscheinlich verminderten Transport des in

der Leber und in den Nieren gebildeten Cholins über die Blut-Hirn-Schranke bei Alzheimer-

Patienten, der durch das hohe Alter des typischen Alzheimer-Patienten verursacht wird. So

Page 60: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 52

zeigte Mooradian 1988, dass der Cholintransport über die Blut-Hirn-Schranke altersabhängig bei

Ratten abnimmt [Mooradian, 1988].

Erhöhte Bildung von Acetylcholin, bedingt durch eine Aktivitätssteigerung der intrazellulären

ChAT, würde somit zu einem Verbrauch von intrazellulärem Cholin führen und damit eine

vermehrten Freisetzung von Cholin aus der Membran der cholinergen Terminalen hervorrufen

[Blusztajn et al., 1987]. So ist bei Alzheimer-Patienten die Menge an Phosphatidylcholin und

Phosphatidylethanolamin, den Cholinspeicherformen der Membran, vermindert, während das

Abbauprodukt Glycerophosphocholin vermehrt ist [Nitsch et al., 1992], besonders wenn, wie es

in der Therapie von Alzheimer der Fall ist, die erneute Aufnahme von Cholin aus dem

synaptischen Spalt durch Gabe von Acetylcholinesterasehemmern verhindert wird [Ulus et al.,

1989]. Diese pharmakologischen Substanzen verhindern somit das „Recycling“ von Cholin und

verstärken somit einen „autokannibalistischen“ Effekt, der durch die vermehrte Zerstörung der

cholinergen Membranen gekennzeichnet ist [Buyukuysal und Wurtman, 1990].

Es scheint somit, dass die Therapie des M. Alzheimer, die auf einer Gabe von

Cholinesteraseinhibitoren beruht, hier zumindest angezweifelt werden kann, da sie zwar einen

sofortigen positiven Einfluss auf die Menge an Acetylcholin im synaptischen Spalt hat, aber es

nicht unwahrscheinlich ist, dass durch chronische Gabe von Cholinesteraseinhibitoren der

pathologische „Autokannibalismus“ der Membranen noch verstärkt wird und damit zu einem

verstärkten Untergang cholinerger Neuronen beiträgt.

Page 61: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 53

4.2. Bromoacetylcholin

Von Bromoacetylcholin sind mehrere Wirkungen bekannt:

5. direkte reversible inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT [Speth et al., 1976;

Harris, 1987]

6. agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor durch irreversible

Alkylierung der alpha-Untereinheit [Mitra et al., 2001], wobei es hier auch zu einer

Deaktivierung durch Desensibilisierung kommen kann [Leprince, 1983]

7. Inhibitor der Phospholipase A2 (PLA2) [Sastry und Hemontolor, 1998]

8. cytolytischer Effekt in Neuroblastomzellen der Maus [Chiou, 1977] und in Gliomazellen

der Ratte [Chiou et al., 1978]

In dieser Arbeit werden mehrere dieser Aspekte des Bromoacetylcholins deutlich. Während in

Kapitel 4.1. dieser Arbeit über die inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT berichtet

wurde, sollen hier weitere mögliche Wirkungen von Br-ACh diskutiert werden.

a.) Cytolytischer Effekt:

Zum einen sehen wir eine Steigerung der basalen Tritium-Ausschüttung in Neokortexschnitten

der Maus bei Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bzw. ab der Vorperfusion (Steigerung des

bx/b1-Quotienten (x = 2-3) durch Bromoacetylcholin um 64% bei 20 mM Kalium-

Depolarisation und um 76% bei elektrischer Depolarisation (p < 0.01), bzw. eine Steigerung des

b1-Wertes um 59% (p < 0.01));

zum zweiten eine Steigerung des b1-Wertes um 30% in Neokortexschnitten des Menschen (p <

0.01) bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion. Der bk-Wert (k = 1-3) entspricht

dabei der „fractional rate“ der basalen Tritiummenge eine Fraktion vor der k-ten Stimulation.

Tritium ist in unseren Versuchen als [³H]-Cholinchlorid zur Inkubation den Neokortexschnitten

der Maus beigefügt worden. Das radioaktive Cholin wird über den HACU selektiv in die

cholinergen Synapsen aufgenommen [Jope, 1979], und über die ChAT in den cholinergen

Terminalen zu [³H]-Acetylcholin umgebaut, sodass die stimulationsbedingte Tritiumabgabe aus

den Gewebeschnitten, die nicht mit Br-ACh in Kontakt kamen, der Freisetzung von [³H]-

Acetylcholin entspricht [Hadhazy und Szerb, 1977]. Die durch Bromoacetylcholin erhöhte

basale Tritiumausschüttung kann demnach nur aus [3H]-Cholin und seinen intrazellulär

Page 62: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 54

hergestellten oder in die Membran aufgenommenen Derivaten hervorgerufen werden. Somit

gibt es drei Möglichkeiten, die einen erhöhten b-Wert erklären würden:

1. Erhöhte spontane Transmitterausschüttung, auch ohne Depolarisation.

2. Vermehrte Freisetzung von radioaktiv markierten Cholinderivaten aus der Membran,

ohne dass es zu einer Cytolyse der Zelle kommt.

3. Aufgrund der Unwahrscheinlichkeit der ersten beiden Erklärungsmöglichkeiten, denken

wir, dass der Effekt eines erhöhten b-Wertes durch Bromoacetylcholin auf den von

Chiou et al. belegten cytolytischen Effekt zurückzuführen ist und erklären uns den

Effekt durch den vermehrten Untergang von Zellen bzw. Nerventerminalen, wodurch

es zu einem vermehrten Auslaufen des intrazellulär gespeicherten Tritiums kommen

würde.

Somit sind die Ergebnisse dieser Arbeit sinnvollerweise als eine Bestätigung des von Chiou

belegten cytolytischen Effekts von Br-ACh bei der Maus und als einen indirekten Nachweis

desselben Effekts in Neokortexschnitten des Menschen zu interpretieren.

Intratumorale Gabe von Bromoacetylcholin hat eine lebensverlängernde Wirkung um

mindestens 200% bei Neuroblastom-beimpften A/J Mäusen [Chiou, 1978], wobei dieser Tumor

viele Ähnlichkeiten mit dem Neuroblastom des Menschen aufweist [Chiou, 1978]. Chaturvedi

und Prasad untersuchten 1982 die Potenz einer Neuroblastom-Wachstumsverhinderung von

verschiedenen ChAT-Inhibitoren in zwei Typen von Neuroblastomen, NBE- und NBP2. Dabei

war die Potenz von Bromoacetylcholin (ED50 = 1 µM bei NBE-Zellen, ED50 = 2 µM bei NBP2)

deutlich höher als die der anderen ChAT-Inhibitoren [Chaturvedi und Prasad, 1982]. Ausgehend

von diesen Sachverhalten und der Erkenntnis, dass Bromoacetylcholin auch in bestimmten

Zellen des Menschen (hier Zellen und Terminalen des menschlichen Neokortex) wahrscheinlich

einen cytolytischen Effekt hat, könnte man sich vorstellen, dass dieser Effekt des

Bromoacetylcholins in der Zukunft auch in der Tumortherapie des Menschen eine gewisse Rolle

spielen könnte.

b.) Agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor:

Präsynaptische nikotinische Autorezeptoren sind im zentralen und im peripheren Nervensystem

weit verbreitet [Re, 1999]. Während die muskarinischen Autorezeptoren über eine negative

Page 63: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 55

Rückkopplung wirken, kann die Aktivierung der nikotinischen Autorezeptoren die

Acetylcholinfreisetzung aus den cholinergen Terminalen fördern [Re, 1999].

Wir entdeckten in unseren Experimenten mit Kalium-Depolarisation, dass bei Gabe von

Bromoacetylcholin sich die entsprechenden Peaks signifikant erhöhten. Die S1-Werte erhöhten

sich bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion um 231% in Neokortexschnitten der

Maus (p< 0.01) und um 59% in Neokortexschnitten des Menschen (p > 0.05). Dieser Effekt

könnte erklärt werden durch eine positive Rückkopplung über einen nikotinischen

Acetylcholinrezeptor, da Bromoacetylcholin dort agonistisch irreversibel angreift [Mitra et al.,

2001]. Folgende Beobachtung spricht dem entgegen: Nach 15-minütiger Einwirkungsdauer von

Bromoacetylcholin vor S2 bei Experimenten mit Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten

der Maus, ist der S2/S1-Wert zwar hochsignifikant erhöht im Vergleich zu den Kontrollen

(Steigerung um 182%, (p < 0.01)), aber doch signifikant (p < 0.05) tiefer als der S3/S1-Wert

(Erhöhung des S3/S1-Wert um 479% zur Kontrolle, (p < 0.01)). Die maximale Wirkung von

Bromoacetylcholin setzt somit nicht sofort ein, sondern wird erst bei einer Einwirkungsdauer

von über 15 min erreicht, was einen rezeptorvermittelten Effekt unwahrscheinlich macht.

c.) Inhibitorischer Effekt auf die ChAT und die Phospholipase A2

Wie schon oben erklärt, wird aus Cholin und Acetyl-CoA über die intrazelluläre ChAT

Acetylcholin hergestellt, das benötigte Cholin wird dabei unter anderem aus der terminalen

Membran freigesetzt [Blusztajn und Wurtman, 1983]. Es wird umso mehr Cholin der terminalen

Membran entzogen, je mehr es an ihm intrazellulär mangelt [Ulus et al., 1989]. Dabei sieht der

Abbauweg des Phosphatidylcholins, einem wichtigen Baustein der Zellmembran [Baburina und

Jackowski, 1999], aus dem über mehrere Schritte schließlich Cholin entsteht, folgendermaßen

aus: Phosphatidylcholin wird durch die Phospholipase A2 zu Lysophosphatidylcholin abgebaut

[Bradford et al., 1983]. Die Cholinphosphodiesterase baut das aus Lysophosphatidylcholin

entstandene Glycerophosphocholin zu Phosphocholin ab, welches schließlich in einem letzten

enzymatischen Schritt zu Cholin umgewandelt wird.

Wie schon oben erwähnt, fanden wir in unseren Superfusionsexperimenten, bei denen wir mit

Kalium depolarisierten, dass sich die Stimulationswerte durch Gabe von Bromoacetylcholin

deutlich erhöhten (genaue Werte siehe unter b.), oder im Ergebnisteil unter 3.2.2.). Erhöhte

Page 64: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 56

extrazelluläre Kalium-Konzentrationen steigern den Phospholipidstoffwechsel und somit das

intrazelluläre Cholin-Angebot durch Freisetzung von Cholin aus Membranlipiden [Nagata et al.,

1973]. Dies könnte dazu führen, dass in den Kontrollschnitten durch Mangel an intrazellulärem

Cholin (wir ließen unsere Experimente ab der Vorperfusion unter Physostigmin laufen) und

durch die erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration nicht-radioaktives Cholin vermehrt aus

den terminalen Membranen bereitgestellt wird und zu nicht-radioaktivem Acetylcholin

synthetisiert wird, so dass der radioaktive Acetylcholinpool in den Vesikeln mit nicht-

radioaktivem Acetylcholin verdünnt wird. Da wir im Superfusionsexperiment nur die

freigesetzte Radioaktivität messen können, würden wir nach längerer Zeit einen Abfall der

„Peaks“ sehen, auch wenn pro Peak gleich viel Acetylcholin in den synaptischen Spalt

ausgeschüttet würde. In den Kammern, die Bromoacetylcholin ausgesetzt sind, kann diese

Verdünnung nicht stattfinden, da Bromoacetylcholin die Bildung von nicht-radioaktivem

Acetylcholin durch Hemmung der Phopholipase A2 und durch Hemmung der ChAT verhindert.

Somit würde schon dieser Mechanismus dazu führen, dass durch Gabe von Br-ACh die

Abnahme der Peaks verhindert würde und die Peaks durch Br-ACh damit erhöht erscheinen.

Wir sahen die Erhöhung der entsprechenden S1-Werte bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der

Vorperfusion nur in Experimenten, in denen wir mit Kalium stimuliert hatten, nicht dagegen in

Versuchen, in denen wir elektrisch stimulierten (Erhöhung von 11% bei elektrischer Stimulation

im Vergleich zu einer Erhöhung von 227% bei Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten

der Maus und zu einer Erhöhung von 59% bei Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten

des Menschen). Diese Beobachtung stimmt mit der Beobachtung von Nagata et al. überein, dass

es durch die erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration zu einer vermehrten Synthese von bei

unseren Experimenten nicht-radioaktivem Cholin und nachfolgendem Acetylcholin kommt.

In Experimenten mit Kalium-Depolarisationen in Neokortexschnitten der Maus sahen wir eine

starke Erhöhung der S2/S1-Werte (182%) und der S3/S1-Werte (479%), wenn wir

Bromoacetylcholin vor S2 dazugaben. Wir stellten uns nun die Frage, ob eine so starke

Erhöhung nur durch eine Verhinderung der Verdünnung des radioaktiven Pools mit nicht-

radioaktivem Acetylcholin zustande kommen kann. Wenn dies der Grund wäre, dürfte aber in

den Kammern, in denen wir Bromoacetylcholin vor S2 dazugaben, bei S2 und bei S3 nicht eine

größere Menge an reiner Radioaktivität ausgeschüttet werden als bei S1, da der Stimulationsreiz

Page 65: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 57

bei S2 und bei S3 derselbe ist, wie bei S1 (4 min 20 mM Kalium-Konzentration) und eine bereits

bestehende Verdünnung in den Vesikeln nicht rückgängig, sondern nur der Verlauf der

Verdünnung zum Halten gebracht werden kann. So schauten wir uns hier nicht die „fractional

rate“ der S-Werte an, sondern die reinen cpm-Werte der Peaks (genaue Beschreibung unter

Statistik). Da die so ermittelten S2cpm/S1cpm und S3cpm/S1cpm signifikant über 1 liegen (S2cpm/S1cpm =

1.77 (mit p < 0.05); S3cpm/S1cpm = 2.65 (größer als 1 mit p < 0.01), kann die Verhinderung der

Verdünnung nicht der alleinige Grund sein für die erhöhten S-Werte, sondern

Bromoacetylcholin muss eine weitere Wirkung auf die cholinergen Nervenzellen bzw.

Terminalen haben, die unter d.) weiter diskutiert und charakterisiert wird.

d.) Beobachteter Effekt

Wir glauben, dass dieser beobachtete Effekt auf einer Exocytose-fördernden Wirkung beruht,

auch wenn wir nicht wissen, wie der Mechanismus, der dazu führen würde, aussehen könnte.

Der Exocytose-fördernde Prozess ist jedoch von uns nicht bewiesen worden, da wir weder

untersucht haben, ob unsere gemessenen erhöhten Peaks in den Versuchen, in denen wir Br-

ACh eingesetzt hatten, durch [3H]-ACh hervorgerufen wurden, noch ob wir durch Kalzium-

Entzug diese Peaks unterbinden können.

Von den bekannten Wirkungen des Bromoacetylcholins, spielt nur die agonistische Wirkung am

nikotinischen Autorezeptor und die antagonistische Wirkung an der Phopholipase A2 für die

Exocytose eine Rolle. Die Wirkung am nikotinischen Autorezeptor kann hier nicht der Grund

für die verstärkte Exocytose sein (siehe oben). Die Wirkung an der Phospholipase A2 verlangt

noch folgende Betrachtung: Die Phospholipase A2 und Arachidonsäure fördern die Exocytose

von Acetylcholin [Ray et al., (1999) und Nischio et al., (1996)]. Da wir diesen Effekt aber durch

einen Inhibitor der Phospholipase A2 erzielten, lassen sich die erhöhten S-Werte auch nicht

durch diesen Mechanismus erklären.

Die beobachtete Wirkung ließ sich jedoch weiter charakterisieren: Wir konnten eine Erhöhung

der Peaks durch Br-ACh nur nachweisen, wenn wir mit Kalium stimulierten, nicht dagegen,

wenn wir elektrisch stimulierten. So sahen wir, wenn wir Br-ACh 15 min vor S2 einsetzten, einen

Kalium-evozierten S2/S1 norm-Wert von 2.82 und einen S3/S1 norm-Wert von 5.79, während wir bei

elektrischer Stimulation einen Sn/S1 norm-Wert von 1.07. Dies kann zwei Gründe haben:

Page 66: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 58

1. Wir stimulierten mit Kalium 20 mM 4 min lang, bei elektrischer Stimulation dagegen nur

90 mal 2 ms lang (Stimulationsfrequenz: 3 Hz, Stimulationsdauer 2 ms, 90 Pulse, Strom

68 mA), sodass wir mit Kalium insgesamt 1333-mal länger als elektrisch stimulierten. So

könnte es sein, dass die exocytosefördernde Wirkung des Bromoacetylcholins nur bei

gleichzeitiger längerer Stimulation zum Tragen kommt.

2. Diese Wirkung des Bromoacetylcholins könnte auch direkt kaliumabhängig sein.

Zu 1.

Viele Vorgänge dieser Art sind zeitabhängig. So zeigte zum Beispiel Ulus et al. 1989, dass die

Menge an membrangebundenem Phosphatidylcholin und andere Phospholipide zeitabhängig zu

der Stimulationsdauer abnahm.

Zu 2.

A)

Erhöhtes extrazelluläres Kalium beeinflusst mehrere Vorgänge, die sich in der Membran

abspielen. So führt eine erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration zu einer erhöhten

Freisetzung von Cholin aus der Membran der cholinergen Nervenendigung [Nagata et al., 1973].

Gleichzeitig hemmt eine mehrminütige Kalium-Depolarisation die Cholin-Kinase [Ando et al.,

1987], die bei der Bildung der zellulären Membranlipide die Phosphorylierung von Cholin zu

Phosphocholin katalysiert [Kennedy und Weiss, 1956].

B)

Außerdem beeinflusst extrazelluläres Kalium auch intrazelluläre Enzyme.

So führt erhöhtes extrazelluläres Kalium beispielsweise über eine Aktivierung der intrazellulären

Ca2+-calmodulin (CaM) protein kinase zu einer Steigerung der gap junction Kommunikation

zwischen Astrocyten des Rückenmarks der Maus [De Pina-Benabou et al., 2001].

Wir können nach unseren Experimenten noch nicht sagen, welches dieser Hypothesen hier in

diesem Fall zutrifft. Unterschiede in der Wirkung von Pharmaka bei elektrischer und Kalium-

evozierter Stimulation sind jedoch bekannt. Hier drei Beispiele: Passarelli et al. wies 1987 nach,

dass Citalopram, ein nichttricyclischer 5-HT-Wiederaufnahme-Inhibitor, nicht die elektrisch

evozierte Freisetzung von [³H]-5HT in hypothalamischen Schnitten modifizierte, aber in einer

Page 67: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

4.Diskussion 59

konzentrationsabhängigen Weise die durch Kalium evozierte Freisetzung förderte [Passarelli et

al., 1987].

Außerdem zeigte sich im Striatum der Ratte, dass die durch 1-Methyl-4-Phenylpyriidinium-Ion

(MPP(+), ein aktiver neurotoxischer Metabolit des MPTP) hervorgerufene (OH.)-Bildung durch

erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration konzentrationsabhängig gesteigert wird [Obata

und Yamanaka, 2001].

Drittens wies Ray P. et al. 1999 nach, dass Mastoparan, ein Phospholipase A2 Aktivator,

zusammen mit 80 mM Kalium-Konzentration zu einer verstärkten Acetylcholinausschüttung

führt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir Br-ACh eine cytolytische Wirkung zuschreiben, die

jedoch in ihrem Ausmaß und in ihren spezifischen Eigenschaften weiter untersucht werden

müsste. Außerdem nehmen wir eine exocytotische Wirkung von Br-ACh an, die nicht durch die

bis jetzt bekannten Eigenschaften dieses Pharmakons erklärbar ist und deren Mechanismus ein

Feld für weitere Forschung darstellen könnte.

Page 68: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

5. Zusammenfassung 60

5. Zusammenfassung Zentrales Thema dieser Arbeit war die Prüfung der depolarisationsabhängigen ChAT-

Aktivierung in cholinergen Nervenendigungen des Neokortex des Menschen und der Maus. Wir

demonstrierten die Aktivierung der ChAT in menschlichen Neokortexschnitten infolge

mehrminütiger Kalium-evozierter Depolarisation. Der S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten

[3H]-ACh-Freisetzung wurde im menschlichen Neokortex durch Gabe des indirekten bzw.

direkten ChAT-Inhibitors Okadasäure (50 nM) und Br-ACh (30 µM) ab der Vorperfusion

deutlich angehoben. Im Neokortex der Maus sahen wir diesen Effekt nicht. Dieser Effekt blieb

auch aus, wenn wir anstatt mit 20 mM Kalium elektrisch stimulierten. Hier sahen wir weder bei

Zugabe von Okadasäure beim Menschen noch von Okadasäure oder Br-ACh in der Maus einen

Anstieg des S2/S1-Quotienten der [3H]-ACh-Freisetzung. Mittels eines ChAT-Assays konnte im

Neokortex des Menschen, im Gegensatz zu dem der Maus, eine Aktivitätssteigerung nach 4-

minütiger 20 mM Kalium-evozierter Stimulation direkt nachgewiesen werden, und damit der

Beweis für die Richtigkeit der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung erbracht werden.

Außerdem konnten wir im ChAT-Assay zeigen, dass die Aktivierung der Cholinacetyltransferase

schon im Bereich pathophysiologisch relevanter Kalium-Konzentrationen zum Tragen kommt.

Im zweiten Teil der Arbeit analysierten wir die Wirkungsweise des ChAT-Inhibitors Br-ACh.

Wir konnten durch Betrachten des basalen Tritiumausflusses nahe legen, dass Br-ACh eine

cytolytische Wirkung auf die cholinergen Nervenzellendigungen des Neokortex des Menschen

und der Maus aufweist, die wir unabhängig davon sahen, ob wir in diesen Experimenten mit

Kalium oder elektrisch stimuliert hatten.

Zum Zweiten sahen wir eine Steigerung der Kalium-evozierten S-Werte durch Gabe von

Br-ACh in den cholinergen Terminalen im Menschen und der Maus. Wir konnten zeigen, dass

diese Wirkung des Br-ACh nicht auf einem direkten Rezeptormechanismus wie eine positive

Rückkopplung am nikotinischen Autorezeptor beruht. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass

sie nicht alleine auf die bekannte inhibitorische Wirkung auf die ChAT und die Phospholipase

A2 zurückzuführen ist. So nehmen wir an, dass die Erhöhung der Kalium-evozierten S-Werte

auf eine Exocytose-fördernde Wirkung von Br-ACh zurückzuführen ist.

Wir sahen zum Schluss, dass die Erhöhung der S-Werte nur bei Kalium-Stimulationen erfolgte,

während man bei elektrischer Stimulation keine Steigerung der S-Werte der [3H]-ACh-

Freisetzung beobachten konnte.

Page 69: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

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Page 78: Die durch Kalium-Depolarisation induzierte ...

Lebenslauf

Name: Johannes Zander

Geburtsdatum: 28.12.1977

Geburtsort: Überlingen

Konfession: rk

Familienstand: ledig

Eltern: Wolfgang Zander, Oberstudienrat

Elisabeth Zander, Hausfrau

Schulbildung: 1984-1988: Deutsche Schule

Porto/ Portugal

1988-1997: Gymnasium Radolfzell

6/1997 Abitur: 1.0

Studium: 10/1997: Aufnahme in die Albert-Ludwigs-Universität

Freiburg i. Br.

9/1999: Ärztliche Vorprüfung: 1.0

9/2000: 1. Ärztliche Prüfung: 2

WS 2000/01: Universität Sophia-Antipolis

Nizza/ Frankreich

Mitglied der Studienstiftung des Deutschen Volkes

Praktika: Sommer 1997: 6-wöchiges Praktikum im Max-Planck-Institut

Tübingen

Frühjahr 1999: 2-wöchiges Praktikum am Biochemischen Institut

Freiburg

Frühjahr 2000: 6-wöchiges Praktikum in Reha-Klinik Crans-

Montana/ Schweiz

Promotion: 10/2001-10/2002: Dissertation bei Prof. Dr. T.J. Feuerstein in

der Sektion Klinische Neuropharmakologie im Neurozentrum

der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg