Die Einführung von Bougies in die Tuba Eustachii und das künstliche Emphysem

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Die Einffihrung yon Bougies in die Tuba und das k~nstliche Empbysem. Dr. Guy in Amsterdam° Eustachii Wie belcannt, haben seit Iangem franziisisehe und Berliner Ohren- ii, rzte, urid zwar Bonnafont und Kramer~ Bougles in die Tuba Eusta- chii eingeftihrt. Das Urtheil der Fachm~tnner iiber den Werth dieser Behandlung ist sehr verschieden. Professor v. Tr61tsch ~ussert sich fiber diesen Gegenstand folgendermassen~): ,Ira Ganzen sind diese Erweiterungsversuche der Tuba nieht sehr biiufig' niithig; es gibt aber Fiille: in welchen man ohne sle durchaus nichts errelcht." Ich bin mit diescr Ansicht ganz einverstanden; nur glaube ich~ dasses seinen iNutzen hat. sie oft anzuwenden, auch in F~Ilen, wo es nicht geradezu nSthig" ist, w~re es nur, damit man in wlchtigeren Fifllen dis dazu gehih'ige Uebung sehon haben mSchte. Ieh habe sie jetzt seit einem Jahre in eincr ganzen Reihe yon F~illen angewandt~ und oft mit sehr eelatantem Erfo]ge. Ich beniitzte Anfangs diinn% schwarze, elastische Bougies und Darmsaiten yon verschiedener Dieke (yon I/3 his 1~/2 Mm. Durchmesser)~ bediene reich abet jetzt fast aussehtiesslieh elner ~) Lchrbuch. S. 159.

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Einffihrung yon Bougies in die Tuba und das k~nstliche Empbysem.

Dr. Guy in Amsterdam°

Eustachii

Wie belcannt, haben seit Iangem franziisisehe und Berliner Ohren- ii, rzte, urid zwar Bonnafont und Kramer~ Bougles in die Tuba Eusta- chii eingeftihrt. Das Urtheil der Fachm~tnner iiber den Werth dieser Behandlung ist sehr verschieden. Professor v. Tr61tsch ~ussert sich fiber diesen Gegenstand folgendermassen~): ,Ira Ganzen sind diese Erweiterungsversuche der Tuba nieht sehr biiufig' niithig; es gibt aber Fiille: in welchen man ohne sle durchaus nichts errelcht." Ich bin mit diescr Ansicht ganz einverstanden; nur glaube ich~ dasses seinen iNutzen hat. sie oft anzuwenden, auch in F~Ilen, wo es nicht geradezu nSthig" ist, w~re es nur, damit man in wlchtigeren Fifllen dis dazu gehih'ige Uebung sehon haben mSchte. Ieh habe sie jetzt seit einem Jahre in eincr ganzen Reihe yon F~illen angewandt~ und oft mit sehr eelatantem Erfo]ge. Ich beniitzte Anfangs diinn% schwarze, elastische Bougies und Darmsaiten yon verschiedener Dieke (yon I/3 his 1~/2 Mm. Durchmesser)~ bediene reich abet jetzt fast aussehtiesslieh elner

~) Lchrbuch. S. 159.

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gewlssen Art yon Pergament-Bougies, die unsere hollgndischen Aerztc selt Jahren bel S~ricturen der Urethra beniitzen~ ohne, wle ich glaube, im Aus]ande vlele Nachahmung gefunden zu haben. Diese Bongles (deren Prels 10 Ct. hell. ~ 1~/2 Sgr. das Stiick), haben genau den Grad yon Resistenz~ den man in den meisten F~illen wiinscht.

Obwohl dieser kle]ne Aufsa~z den Hauptzweck hat~ elnige Fglle yon kiinstlichem Emphysem zu verSffentlichen~ erlaube ich mir hier einen Fall mitzutheilen~ der ein schSnes Beispiel llefert yon dem IN'utzen der Einftihrung yon Bougies in die Tuba~ und noch in einer anderen Hinsich~ von Interesse ist.

Tall I. Herr v. R., 20 Jahre alt, KaufmamJ, consultirte reich zum ersten Male am 30. Juni d . J . Er hat in seinem 4. Jahre eine Knoehenl~rankheit (Caries der r. tibia) gehal~t, hat Otorrhoe bekommen, und ist seitdem ziemlieh schwerhgrig ge- blieben. Ohrensausen hat er yon Zeit zu Zeit.

Er hat vergeblich schon ¥ieles angewandt, sein Zustand ist ziemlich stationiir. Pat. hat eine ausgesprochene serophulgse Anlage, einen fortw~hrenden Catarrh

der Nasen- und Raehenschleimhaut, miissig vergrSsserte Tonsillen, bisweilen Hals- schmerzen, sehr oft einen unangenehmen Gerueh in der Nase and unangenehmen Geschmack im Munde.

H~rsch~rfe R. &" L. 1 '~ Die Spraehe wlrd abet besser links verstanden, bei- ]Eufig auf 2--3 Fuss.

Rechts: Eusserer GehSrgang befeuchtet mit we~ssem, iibelrieehendem Ausfiuss: veto Trommelfelle nur ein oberes V-fSrmlges Sttiok, das dem Hammergriffe ent- sprlcht, iibrig; dieses sieht nach Entfernung des Eiters weiss, verdiekt aus; daneben sieht man die dunkelrothe, geschwe]lte Promontorium-Schleimhaut. ]?at. kann mit- tels des Valsalva'schen Versuchs zu jeder Zeit die Luft leich~ dutch das rechte Ohr herausblasen; as gelang dies aber nle im ]inken Ohre. Der Politzer'sche ¥ersueh ge]ingt auch auf dem rechten Ohre ganz gut, und kann daher zur Behandlung dieses Ohres sehr gut benfitzt werden~ da wenn er gemacht wlrd: wghrend der gussere GehSrgang mit irgend einem Adstrlngens erfiill~ ist~ die Fliissigkelt sogar dutch die Tuba in den Rachen fliesst: es dringt aber auch beim~Potitzer'schen Yersueh nichts in die linke Tuba hineim

Der linke ~ussere GehSrgang ist trocken, das Trommelf~ll matt-welss~ stark ein- gezogen und ~on unregelm~ssiger WSlbung, der Lichtkegel undeutlich, Hammergriff unslehtbar. Die Tuba ist, wie sehon gesagL bei dem Valsalva'sehen und dem Politzer'schen Verfahren nieht, bei dem Catheterismus nur unvollst~ndlg dureh- ggnglg. Naeh 'dem Ausspritzen des GehSrgangs R., and nach dem Catheterismus der Tuba L. war die Hgrweife ftir die Uhr : R. 7_ 6" L. ~ 4". Das Verst~ndniss der Sprache blieb immer 1. besser.

Die Therapie bestand aus dem Fiillen des r. Geh~rganges allabendlich mit fol- gendem Ohrenwasser :

R. : Sulph. zinc. gr. viij Glyeer. Aq. dest. £~ Une. sere. und w~hrend dessen war der Kranke angewiesen, mlttelst des Vals. Experimentes die Luft durehsutreiben; dreimal t~igliches Gurgeln mit einem Jodgurgelwasser~ und endlieh wurde jeden zweiten Tag die 1. Tuba catheterisirt und eine ~erdiinnte L8s- ung yon Sulph. Zinci eingeblasen.

Arcmv f. Ohreuhollkundc LL Bd.

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Nach vierz ehntiigiger Behandlung war die tthrwei~e am 13. Juli. It. 4" L. 6V. 3m diesem Tage wurde eine 1Nm. diekeI~ergamentboagie

in die 1. Tuba elngeftihrt; sie wurde etwas elngeldemmt~ der Schmerz war mgsslg, sofort naeh dem Zuriiekziehen hgrte der Kranke die 8gmme viel laurel'; tthrwei~e ftir die Uhr 3': also eine Besserung" yon 6" auf 3' auf elnmal; zwei Tage spii£er war die Besserung fast wieder versehwunden; das Resulta~ der Bougieeinfiihrung blieb aber das gleieh% und gachdem ffir das r. Ohr ein neues Ohrenwasser mit elnem halbon Granr 8ubH~a/' und sechs Tropfen Laudannm auf die Unze vorgesehrleben war, hnd tier K'i, afike Pillen mi?: Jodkalium und Rheum innerlieh verbrauetl~ hatte, Wal~, i a]% diese Bougieeinfiihrung drel Woehen lang jeden zwelten Tag fort- geset~.t war, die HBr.weite am

9. August. L. 6' . 24. Augus~. R. 1% L. 8

also fast normal. Jetzt erhielt sich die Besserung such, als der Kranke einige ~;~)ehen aus aller Behandlung war.

Dgr, Kranke klagt fortwghrend fiber c~e n unangenehmen Geruch in der Nase; Gurgelwiisser mi* ChIoras kalieus und Aufsehupfen yon salzhaltigem Wasser et% bldben fi'uchtlos, his ma

6<Sept. die Webe~"sehe Nasendouche mit l(oehsalz~ dr. ij auf eln Prima Wasser 7 angewaMt wurde; es wird vleI Schleim entfernt und tier G erueh war sofort ver- s.ehwunAem Diese Behandlung wird jetz'~ noeh fortgesetzt~ sowie die des reehteu Ohres, we wohl die Otorrhoe so ziemlieh anfgchhrt hat, aber der grosse Substanz- vodust h!db~ *and erlaubt noeh immer niche; dass der g~l.saZ~a'sehe odor Potitzer'- sche Versueh such fiir das linksseitige Ohr getingem

Dieser Fall scheint mir in drei Hinsichten bemerkenswerth: er- stens, well die Pathogenese der ]inkssdtigen Taubheit~ thdlweise we- nigstens, auf dem grossen Trommeli%lldefeet im reehten Ohro beruht, d'er einen zu bequemen W e t fiir die Luft abgibt, und das Einpressen yon Luf% in die linke Tuba, verhiMert, also eine gewisse mechanisehe Sympathio bolder Ohren; zweitens, in physiologiseher Hinsicht~ weil das Missverh~tltniss zwischen der tihrseh~rfe fiir Uhr und 8praehe, die ziemlieh oft wahrgenommen wird, bier auf seinen wahren Grund sehr wahrseheinlieh zurtiekgebraeht werden kann. Dass die Hbrsehiirfe fiir die Spraehe sehon vor jeder Behandtung auf tier linken Seite die bessere war~ sehreibo ieh selbstverstgndlieh der Integrit~tt des linken Trommelfelles in Gegentiberstellung zum grossen Trommelfelldefecte auf der reehten Seit% zu; woher kam es aber, dass die Hhrsehiirfe fiir die Uhr ein nmgekehrtes Verhgltniss~ ngmlieh 1%. 4 ~', L. 1' auf- wiess ? Mir sehefi~t, dieses kann nut yon der grossen Spannung des linken Trommelfetles herrtihren. Die Tuba war versehlossen, das Trommelfell yon aussen naeh innen dem Luhdrucke ausgesetzt, und sofort naeh der erseen Einfiihrung einer Bougie war eine auffallende B%ssm'ung zu bemerken (yon 6" auf 3'), die sieh naeh zwel Tagen fast verloren hatte, nm naeh der Durehftihrung der Bougie und hier-

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d.u~ch bedingter Herstetlung des Gle.iehgewieh~s. ,wieder ~.~N~.k.zuk.eh- ren, und so fort einige 10--12 Ma], .bis.d.ie B,esserung d~uernd ~vurde. Die Spraehe wurde jetzt vlel welter ,vcrstanden, das heisst; lauter ge- htir}, .gb- sehiirfer artieulirt, is~ .nieht ~zU :be~tlmmen. ~Ich sehliesse hier- aus~ ~aSs. Trommelt~elldefeete ,mehr das Verstiindl)iss! der artieulirten Sprae!ae vermindern, Spannungsunregeltr~ssiNkeiten d~gegen mehf die Intenslt~it aller Laute herabsetzen. Also werden in einer gewissen Reihe :~qn FiiHen, wenn ieh reich so:ausdriieken da~'t; TuhenkrankheJten m,ehr Uhr-TaUbhei!en, trod Tr0mmelfellkrankheiten mehr Spraeh:Taub- heiten hervorrufen. Ich glaube, dass" dieser U)lterschied, der, wie ~ieh yon sel.,b.st,¥ersteht, nur als ein Mehr oder VV-eniger und nicht als ein absoluter Antagonismus aufgefasst .werden sell, vie]]eieht in bestimmten F~ill:en yon diagnostiseher Wiehtigkeit sein kann: pl~ysiologisch seheint mir jede~fslls die Thatsaehe wiehtig.

Die: dritte Hinsieht, in weleher ieh. diesem Fall IrltereSse. :zu- sehreibe, ist ~das sofortige Verschwiaden des unangenehmen Gestan:ks in ~der, Nase, ' und die allmiihllehe Besserung ,,des, Nasenkatarrhs 'naeh Anwendung der Wd)er'.sehen Nasendonehe mit. einer einfaehen I(oeh- satzlSst)ng. Ieh theite dieses } actum haupts~eblieh mit; damit ~es vMe Herren Colteffen anregen dtirfte, ,aueh yon dieser, so einfaehen Methode der loealen Behalldlung der Nasenselfleir;lhau.t Geb:J;aUeh zu maehen. Ohne sie ist :es ja,geradezu unmbglieh~ die ganze ,oder sogar einen grSsserean Theil der ~asenschleimhaut 5rtlieh zu behandeJn. Nit D~impfen kann man sehon etwas thun, und vlelc t~ollegen schreiben oft ~das Einathmen der D~impfe wor, die sieh aus ei~)em m!t .Chamillen- thee geftil!ten. Topfe e,~twiekeln ; aber die vollst~ndige: Fortsehaffung des faulenden Secrets wird damit doeh nie erreieht, und ist doch.bei allen uleerativen Proeessen zum Beispiel die erste Indication.. Ftir die Herren Collegen, die mlt der W.'sehen Naseadouelm nieht bekannt sind, fiige ieh hinzu~ dass man sieh die Saehe ganz eitffach, einriehten kann, mittelst eines Gefiisses , et.wa elner Flasehe,: die 1--~ Liter fasst, und yon unten mi~ einer seitlie'hen Oeffnung und einem Hahae versehen ist; mit dieser Oeffnung verbindet, man eine~ ,Caouichot~k- sehlaueh~ an dessen Ende sieh ein Ansatzsttiek befindet~ welches in das elne Nasenloeh des Kranken e!ngefiihrt ~ird. Man lasst: den Kranken dureh den Mund athmen .und 5ffnet, den t~[almen~..naehdem man die Luft aus dem Sehl~uehe entfernt hat. Die .Fltissigkeit strbmt in das eine Nasenloeh ein, durehsptilt die ~ ganze'N~sen- und obere Raehenh~hle, geht hinter dem Septum narium bin iind:"kdmmt :Z~i!'etzt aus dem anderen Nasenioeim heraus, oft grosse Massen. Sehleim ~nd dergleiehen mitsehwemm,e~d. In de~ me;sten Fgl!en. und naeh einiger

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Uebung hebt sich das Palatmn molle und verhindert vollst~ndlg, dass das Wasser in die MundhShle fliesst ~).

JN~achdem ich also im mitgetheilten Falle Bdsplelswelse den un- zweideutigen Nutzen ~ der Einffihrung yon Bougies in die Tuba gezeigt habe~ erlaube ich mir einige Bemerkungen tiber die Anzeige ftir diese Methode und fiber die Gefahr der Erzeugung yon ktinstliehem Em- physem.

Die F~lIe, we ich yon der Einftihrung yon Bougies Nutzen er- warte~ sind zweiertei: erstens die, we man eine beim einfaehen Cathe- terismus absolute odor doch hochg'radige Undurchggngigkeit der Tuba -eerbessern will, und zweitens die, we die Tuba wohl durehg'~ngdg~ aber doeh so eng ist, dass bei der Eintreibung yon Dgmpfen~ diese nur sp~rlieh in die PaukenhShlc gelangen. In diesen letzten Fittlen wird man moistens sog]eich naeb der Durehftihrung der Bougle, die Eintreibung der Dgmpfe foIgen lassen~ und in der ersten Reihe yon Fgllen wird man aueh die nachfolgende Luftdouchc brauehen, urn die Gewissheit zu haben~ dass rnan r~chtig in die PaukenhShle gekommen ist. Es liegt aber gerade in dieser naehfolgenden Luft- odor Dampf- Eintreibung die Gefahr des kiinstlichen Emphysems, wie ieh dies durch Mittheilung yon ein Paar Fgllen erlitutern werde.

Vorher erlaube ieh mir ein Experiment mitzutheilen~ das ich mit einem der sogenannten ,dttnnsten" Catheter des Herrn Dr. F./~'. Weber gemacht. Dieser Herr, dessen otiagris&e Mittheiluwen 9~r 2ralctische Aerzte, Herr Geh-.Rath Kramer in einem Feuilleton der deutsehen Klinik mit gewohnter Sehgrfe besproehen hat~ hatte~ auf seiner Reise in Holland im vorigen Jahre, die Gtite mlr einen seiner Catheter zur Prtifung zu schenken. Diese Catheter sind elastisch~ kaum 1 Mm. im Ganzen dick, werden dutch einen gewShnlichen Catheter in die Tuba gebracht und dann bis iiber dem Isthmus Tubae odor sogar in die PaukenhShle fortgeschoben.

Die Theorie des Herrn Weber ist folgende: Vide behaupten~ seiner Ansicht naeh nur tbeilwelse mit Recht, dass bei der gewShn- lichen Eintreibung yon Dgmpfen in die Tuba diese nicht in die Pauken-

t) Mehr hiezugehlgrlges und ein ganzes System yon Medieamenten zur •asen- douche, findet man in einem Aufsatze iiber diesen Gegens~and yon Prof. Th.cMichurn im The Lancet, Dee. 1864. Selner Angabe naeh, die ich so zierallc, h best~tigen kann, muss man fiir die Concentration der Medlcamente die Reizbarkeit der Nasen- schleimhaut in die Mitre stellen zwiseheu die des Auges und des Mundes. ,Noch darf ich nicht unerwghnt lassen, dass neutrale Salzl~sungen, wle z. B. elne Ko~h- salzlSsung yon 1---2 Proc,, die 8ehleimhaut viel won~ger wie relnes ~¥asser reizen~ eirm Er~cheinung~ die man sich aus der Endosmose recht gut erklgren kann.

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hShle gelangen, oder h~chstens d i e l n der Paukenh~hle beflndllche Luft zu comprimiren im Stande sind. Ftihrt man aber elnen Ca- theter his tiber dem Isthmus Tubae! so hat: man elnen doppelten str0m; die Luft geht durch den Catheter in die T~rommelh~hle hlnein und strSmt neben dem Catheter hlnaus. ,Ich batte dama]s elnen Kranken, Herrn de R. K , self Wochen mit heissen Wasser. und Jod- wasserdampfen a b~veehse]nd und mit befriedlgendem Erfolge behandelt: yon Zelt zu Zeit hatte ich ibm in die"l~nke Tuba vet der D~impfe- Eintreibung elne Bougie eingefiihrt. Er titt an elnem veraltcten ein- fachen PaukenhShleneatarrh; diesen Kranken w~hlte ich aus zum Yet - such mit dem neuen Catheter. Ich tiberzeugte mlch schon im Voraus~ dass eln sehr hoher Druck n~fllig war~ um iiberhaupt etwas durch den d~nnen Catheter zu pressen, und als dieser nun richtig elngeftihrt war; und ieh mit der Compression anfing, stieg der Druck dermassen~ dass ich elne Explosion fiirchtete; de1; Kranke gab an~ einen sehr schwachen Strom im Ohre zu fiihlen; abet die Luft wo]lte nicht zwi- schen Catheter und Tuba zurtickstrSmen: dieses Experiment tiber- zengte reich, dass der Werth der doppelten Catheter ein ganz ima- glnarer war. Ich ]Jess yon weiteren Yersuchen ab, und glaube, dass mit dieser Methode erst recht nut Compression der ~vorhandenen Luft, aber keine Eintreibung' yon Gasen in der Paukenh5hle erreieht wird.

Ieh komme jetzt zu den Fsllen, wo ich, begreifl~her Weise nlcht mit Absieht, den Kranken eln ktinstliches Emphysem ~erzeugt habe.

Wenn man so oft die Klage hsrt, dass nur die giinstigen Resul- tare einer Methode .verSffentlicht nnd die ungiins6gen: sogar am lieb- sten verschwiegen werden, so ftihle ieh reich schon tier Ehrliehkeit halber verpfliehtet, die drei yon mir beoba&teten F~lle yon Emphysem mitzutheilen. Ich thue dies nicht ohne ein Zaudern, das sieh derjenige ~.ohl wird begreifen k~nnen, der das .oft so unzarte Urtheil tier Men- schen kennt. Ich thue es~ sowohl um die Herren Collegen vor diesem jedenfalls unangenehmen Erelgnlsse zu warnen, als urn die yon Eini- ffen iJbertriebene Furcht claver zu m~sslgen. Da die leiille welter nichts Bemerkenswerthes bieten~ theile ich sie nut ganz in der Ktirze mit.

Fall 2. Fr~iulein v. B, 25 Jahre alt, hat seit 6 Jahren einen einfa¢lien chro- nlschen Ohrkatarrh~ mit Pharyngealkatarrh und hypertiropMs~h.en Tonsillen. Seit 2 Jahren hat .sie zuglelc h Halsschmerzen~ wenn s~e den G@rauch einer l~Iixtur mit Jodkal|um unterl~sst. Taubheit und Ohrensausen nehmen immer zu. ¥om 7. Juli t864 war sle unter 'meiner Behandlungi AlaungurgelwEs~er und Bep{nselungen mit Nitr. Argentl besserten den Pharynxcatarrh und rnachten die I-Ialsschmerzen schwin- den, :Eintreib~ngen yon Wasser- ~~nd Jodw~sser-D~mpfon ~vurden lange fortges~z~

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~egen Eflge der Tuba oft mit 'vorangehender Einfiih~nng einer Darmsa, ite; nachdem dies sehon viele Male gescheheft"~,ar, w a r d s as ~m l l . :~No~en~ber wiener gem~eht, mlt dem Erfolge7 dass die Kranke: b d der DamphEintreibung Schmerz ira H~lse au fiihlen angab. Da ieb di~ Luft darch das Otoscop 4entlicb in die Ps, akenhShle

~o~t I bls:i'6h elnen'Augen~b]ick Spgter die B~eke' anschwellen s'~h, trod so'for~; das en~s~andeim Empbyi'sem '4rk~n~te." Die Schluckbewegu~gen w~ren nieht beEindert;, aur. erstreekie .s~ch gas E~physem im Leafs dos Tagss dem Ha]se en¢lang bis a-af des I~rustbein' u~d. zwlschen die Sehulterm Die Kr,~nko kum. Abe]ads noohmals zu. mir welt sich ihre Famille ~ingstigte. Ich beruh,igte sis und schrleb Guvge] 0 mit Rotl~,wdn had Wa~ser ~'m:. Die Besc]~werd6n warbn ~usserst gerlng~ ~.~nd nach dr~] [14agen ~'~:t" d*Ss Erhphjsen~ v'ersehwm~en. ' ' '

Fall 3. Herr R., Prediger , 45 aahre alt, stdlt sich am 1,~. August 1865 vor. Er ist soft"2'0' J~hi'~m~ a]]m.ahllch ~aub gewor/ten, wi~r' am 1. Ohre wohl yon def J{~- gend"an~ ~'ch~vei'h~rd~ad, und leldel an e i~m fonw:~ihrenden Ph/~rynxe~tarrh~ mit vo~'- wiegender ~Sch'welltmg der DrliseniblItkel. Des Tremmelfell beiderseits :stark ein- gezogen.,.w'SIbt" sleh R. beim Exper~m. Yalsalvae theilwe]se vor. Der ,Catheter wird eingeirfi}lrt, and. da. tier Lnftstro m set~r se, hwach in's Ohr eindringt~ wirql sine l~er- gament-Bougia cingcfi~hrt. Diese klemmt s]d~ in der Tuba zierallch stark eln, und nach~em sic wieder ausgezogen ist, w~rd ganz ~ors~eh~ig Lnft eingeblasen. IqStz- lich ;wlrd der Kranke sehr gugst]ich ~md bteieh~ und ])at. beim l~inatlimen jedesm~t eine siarke Dyspnoe. Bei d:ei" sofortlgen Untersucbung zeigte sich die Uvula ganz aufgebl~sen und.beim Athmen iibe!: dem Zungenriickea bin- end ihergehend. 'Es wird schnetl raft einer stumpfen Sche.ere sin Einschnit~ in der Uvula gemacht~ diese fgtlt soglelch zusammep~ und der Kranke aihmet wieder rahig.

Fall 4. Cornelia B., Diq~stmagd~ 22 Jahre alt~ steIlte siei~ am 21. August 1865 Vet. sis fst links yon Jugend an, rechts sei*, sin Paar Jahren nach langem Fiebern tm~b gewb~'den. D i e Tromm[6lfeIle sind unversehrt~ Tonsillen and Pharynx-Sehlelm- hater gesehwellt; beim U~theterlsmus reehts wird nacl~ 'Durchfiihrung einer Perga- mefi~;Bo'a$id sin leiehtes Emphysem erzeugt~ des dot Krankm~ des Einathmen erschwer.t. B d genauer Besiehtigung. fin(}et sic h el ne 8chteimhautfatte vom Areas dexter Palati mollis; aufgeb]~sen und nach vorr~ im l~Iunde hineinragend, Es wird wieder mit der stumpfeu Scheere sin kleiner Einschnitt g-~,emaeht , die Luft tri'tt teieht zis'ehend'aus, uh~ die Krainke behglt noch sin Paa~ Tags 8:ehlingbesd)_werdem Spiiter wurde die reeht~ TonsiIl~ abgetragefi, ~, und unter einer fortgesetz{en ~irtticlzen B~h~ndlung ist de:¢ Zustan¢l in. B:esserung ,begriffen.

Diese drei, F~lte ~,'on ktil~stliehem Emlahysem zdgen~ dass sin sole}ms, ganz gltickl{ch und'leicht verlaufen kanh: im ei's{en Falls war i ch ~ii6ht .darsuf 'vorbereitet and 1/gtte mlt der Compression frtiher auf- hSren sollen. In keinem der v0n mir beobachtetm~ Fiflla gelangte abet die Luft in die Larynxschleimhaut~ und des sell eigenttich die grSsste G,efahr sein. Ein solches Erolgnlss wird yon Triguet beschrie-

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ben i), ohne dass er aber einen hierzugehSrlgen Fall genauer mlttheilt~ er sagf: der Kranke erstiekt nach eln Paar Minuten~ wenn man nieht mit dem Finger in den Larynx hinelngeht und mit dot Nagelspitze die Schleimhaut zerreisst. Ieh glaube, ich wiirde in einem solehen Falle an meinem Nagel eine seltliche Spitze schneiden, nnd damlt, wie ich es in meinen beiden let zten F~llen mit der Scheere gethan, die Schleimhaut an dem Orte, we sie vorgetrieben ist, elnzureissen versuehen. Es is~ allerdings nlcht zu taugnen, dass ein Emphysem im Larynx, wie es Triffuet besehreibt, m~iglich w~re; nut wiinschte ieh, dass derjenige, der ein solches beobachte b es ver~iffentlichen mSehte. Mich hat die Erfahrung b l s jetzt gelehrt,~ dass wohl die Gefahtl des l~iihsfllehen Emphys~eins ' zur g~'/ossen VS~,sicht ~ahnt, ohne dass wir &rum yon der wiederholten Einfiihrung yon Bougies ab- stehen dtirften~ da dieses in vielen' Fallen ein sehr wichtiges ttififs- mittel ist.

A m s t e r d a m ~ September 1865.

t) In seinen ,,Legons clinlques sur les maladies de l'Oreille". 1863, pug. 150.