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Die EU Audit Reform Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Herausforderungen der EU Audit Reform erfolgreich meistern. www.ey.com/at

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2 | Die EU Audit Reform

In dieser Broschüre stellen wir die Auswirkungen der EU-Reform der gesetzlichen Abschlussprüfung sowie des Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetzes (APRÄG) und des Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (APAG) auf Unternehmen von öffentlichem Interesse vor. Die sich aus diesem komplexen Regelwerk ergebenden Neuregelungen beinhalten mit Blick auf diesen Unternehmenskreis unter anderem die Verpflichtung zur externen Rotation des Abschlussprüfers sowie das Verbot bzw. die Beschränkung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer. Überdies führt die EU Audit Reform zu umfangreichen Änderungen für deren Corporate Governance sowie zu einer Ausweitung der Berichterstattungspflichten des Abschlussprüfers mit Blick auf Bestätigungsvermerk und Prüfungsbericht.

In der vorliegenden Broschüre werden zahlreiche praxisrelevante Zweifelsfragen der Neuregelungen skizziert. Neben den Unternehmen von öffent lichem Interesse sind auch indirekte Ausstrahlungs wirkungen auf Unternehmen außerhalb des un mittelbaren Anwendungsbereichs der EU-Regelwerke zu erwarten.

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41.1 Nationale Transformation der EU Audit Reform 41.2 Die wesentlichen Neuerungen auf einen Blick 4

62.1 Anwendung auf Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities) 62.2 Erstmalige Anwendung 7

83.1 Fristen der externen Rotation 83.1.1 Mandatshöchstlaufzeit von zehn Jahren 83.1.2 Möglichkeit der Verlängerung nach Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit 93.2 Übergangsregelungen zur externen Rotation 93.3 Abkühlphase (Cooling-off-Periode) 103.4 Ausschreibungs- und Auswahlverfahren 113.5 Besonderheiten bei Konzernstrukturen 11

134.1 Unzulässige Nichtprüfungsleistungen 144.2 Zulässige Nichtprüfungsleistungen 154.3 Honorarobergrenze für Nichtprüfungsleistungen („Fee Cap“) 164.4 Vorab-Zustimmung durch den Prüfungsausschuss („Pre-Approval“) 174.5 Spezifischer Geltungsbereich 184.5.1 Territorialer Geltungsbereich 184.5.2 Cooling-in-Periode 19

205.1 Etablierung und Besetzung eines Prüfungsausschusses 205.2 Erweiterung der Aufgaben des Prüfungsausschusses 215.2.1 Gewährleistung der Integrität des Rechnungslegungsprozesses 225.2.2 Auswahl und Bestellung des Abschlussprüfers 225.2.3 Überwachung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers 255.2.4 Kommunikation zwischen Prüfungsausschuss/Aufsichtsrat und Abschlussprüfer 265.3 Sanktionierung von Pflichtverletzungen 27

286.1 Neuerungen zum Bestätigungsvermerk 296.1.1 Bestätigungsvermerk nach bisherigem Recht 296.1.2 „Auditor’s Report“ in Übereinstimmung mit den ISAs 306.1.3 Europäische Anforderungen an den Bestätigungsvermerk 326.2 Neuerungen zum Prüfungsbericht 346.2.1 Prüfungsbericht nach bisherigem Recht 346.2.2 Europäische Anforderungen an den Prüfungsbericht 35

Ausblick 36

Ansprechpartner 37

Die EU-Reform der gesetzlichen Abschlussprüfung im Überblick

Anwendungsbereich der EU Audit Reform

Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers

Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer

Neue Anforderungen an Prüfungsausschüsse/ Aufsichtsräte

Neue Anforderungen an die Berichterstattung des Abschlussprüfers

Ausblick

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4 | Die EU Audit Reform

1.1 Nationale Transformation der EU Audit Reform

In Reaktion auf die Finanz- und Wirt-schaftskrise 2008 hat die Europäische Kommission die EU-Abschlussprüfer-richtlinie 2014/56/EU über Abschluss-prüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (im Folgenden „EU-Abschluss prüferrichtlinie“ – kurz „EU-RL“) und zusätzlich die EU-Abschluss-prüferverordnung Nr. 537/2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (im Folgenden „EU-Abschlussprüferverordnung“ – kurz „EU-VO“) verabschiedet. Der primäre An-wendungsbereich der beiden am 16. Juni 2014 in Kraft getretenen Regelwerke (im Folgenden „EU Audit Reform“) betrifft gesetzliche Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse. Anzuwenden sind die Neuregelungen seit dem 17. Juni 2016. Im Kern soll die EU Audit Reform zu einer Erhöhung des Vertrauens in die Abschlussprüfung beitragen, wobei sowohl die Qualität der Abschlussprüfung verbessert als auch die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers gestärkt werden soll.

Während die EU-Abschlussprüferrichtlinie von den Mitgliedstaaten innerhalb der Umsetzungsfrist richtlinienkonform bis zum 17. Juni 2016 in nationales Recht zu transformieren war (basierend auf jewei-ligen nationalen Umsetzungsgesetzen), wirkt die EU-Abschlussprüferverordnung für die davon betroffenen Unternehmen ab dem 17. Juni 2016 in jedem Mitglied staat unmittelbar und bedarf mit Blick auf die zwingenden Inhalte dieser EU-Verordnung insofern grundsätzlich keines nationalen Umsetzungsgesetzes. Nur soweit die EU-Abschlussprüferverordnung Mitglied-staatenwahlrechte enthält, bestehen für den jeweiligen Mitgliedstaat Freiheits-grade im Rahmen der Trans formation

in nationales Recht (sogenannte Dero-ga tion). Die europäischen Vorgaben wurden in Österreich durch getrennte Gesetzgebungsverfahren umgesetzt. Die unternehmens- und gesellschaftsrecht-lichen Themen, die in der AP-RL als auch in der AP-VO enthalten sind, wurden durch den österreichischen Gesetzgeber mittels des Abschlussprüfungsrechts-Änderungs-gesetzes (kurz APRÄG, 2016) in nationa-les Recht umgesetzt (u. a. durch Ände-rungen des UGB, AktG, GmbHG, BWG, VAG und Genossenschaftsgesetz). Die Veröffentlichung des APRÄG erfolgte am 13.06.2016 im österreichischen Bundes-gesetzblatt. Jene Vorschriften, die sich in der AP-RL als auch in der AP-VO mit der Prüferaufsicht beschäftigen, wurden durch das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (kurz APAG, 2016) umgesetzt, dessen Veröffentlichung im österreichischen Bundesgesetzblatt am 11.08.2016 erfolgte. Die nationalen Gesetzesinitiativen APRÄG und APAG traten fristgerecht am 17. Juni 2016 (und somit zeitgleich mit dem verpflichtenden Anwendungsbereich der EU Audit Reform) in Kraft.

1.2 Die wesentlichen Neuerungen auf einen Blick

Der Anwendungsbereich der EU-Abschluss-prüferrichtlinie erstreckt sich grundsätzlich auf alle gesetzlichen Abschlussprüfungen, wobei die Neuerungen auf Unternehmen von öffentlichem Interesse gerichtet sind. Demgegenüber regeln EU-Abschlussprüfer-verordnung und Abschlussprüfungsrechts-Änderungs gesetz (APRÄG) ausschließlich die Anforderungen betreffend Unterneh-men von öffentlichem Interesse (im Fol gen-den auch als „Public Interest Entities“ oder „PIEs“ bezeichnet). Für diesen spezi fi schen Unternehmenskreis hat die EU Audit Re-form weitreichende Auswirkungen auf das gegenwärtige Abschlussprüfungsumfeld – so vor allem mit Blick auf die nachfolgend aufgeführten Themenbereiche:

1 Die EU-Reform der gesetzlichen Abschlussprüfung im Überblick

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• Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers;

• Verbote und Beschränkungen bei der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer und sein Netzwerk;

• Corporate Governance (insbesondere Erweiterung der Anforderungen an Prüfungsausschüsse bzw. Aufsichts-räte); sowie

• Ausweitung der Berichterstattungs-pflichten des Abschlussprüfers mit Blick auf Bestätigungsvermerk und Prüfungs-bericht.

Die in der EU-VO enthaltenen spezifi-schen Regelungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten ohne gesonderte Transformation in nationales österreichisches Recht unmittelbar. Die unternehmensrechtlichen Vorgaben zur Abschlussprüfung finden auf Abschluss-prüfungen von kapitalmarktorientierten Unternehmen, Kreditinstituten und Versiche rungsunternehmen somit nur außerhalb des Anwendungsbereichs der einschlägigen EU-Verordnung Anwendung.

Mit anderen Worten: Da der Wortlaut der EU-VO nicht in ein nationales Gesetz übernommen werden darf, haben Unter-nehmen von öffentlichem Interesse künftig neben dem nationalen Unternehmens- und Gesellschaftsrecht parallel die Vorgaben der EU-VO zu berücksichtigen. Es obliegt somit den Unternehmen, den Vorrang der Regelungen zu identifizieren und ent-sprechend umzusetzen.

International tätige Konzerne können im Zuge der Umsetzung der EU Audit Reform in Abhängigkeit der spezifischen Fakten und Umstände im Einzelfall mit komplexen Fragestellungen konfrontiert werden.

Dieses gilt vor allem mit Blick auf die in der EU-VO vorgesehenen Mitgliedstaaten-wahlrechte. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben diese nämlich zwischenzeitlich ganz unterschiedlich ausgeübt, sodass die Bilanzierungspraxis innerhalb der EU mit einer Vielfalt verschiedener nationaler Regelungen konfrontiert wird (sogenannter „Flickenteppich“). Diese Heterogenität erfordert von den Unter-nehmen eine vorausschauende Steuerung und die Implementierung bzw. Anpassung organisatorischer Prozesse.

Unternehmen von öffentlichem Interesse sind daher gut beraten, sich mit den Neu regelungen vertraut zu machen, auch wenn diese grundsätzlich erst für Geschäftsjahre nach dem 17. Juni 2016 anzuwenden sind und sogar zum Teil mehrjährige Übergangsregelungen bestehen – so jedenfalls mit Blick auf die verpflichtende externe Rotation des Abschlussprüfers oder die Anwendung der Honorarobergrenze für zulässige Nicht prüfungsleistungen. Darüber hinaus können sich auch aus der Vielzahl der wei-teren Neuerungen materielle Änderungen der bisher gelebten Praxis ergeben, die einen entsprechenden Handlungsbedarf erfordern. Dies beipielsweise betreffend die neuen Anforderungen an die Corporate Governance – und hier vor allem vor dem Hintergrund der erheblichen Ausweitung der Pflichten des Prüfungsausschusses sowie der neuen dezidierten Anforderun-gen an dessen Besetzung. Unternehmen von öffentlichem Interesse sollten ins-besondere frühzeitig ihre Dienstleistungs-beziehungen zu Prüfungsgesellschaften analysieren und die Auswahl ihrer bevor-zugten Dienst leister strategisch planen. Insgesamt wird die EU Audit Reform künf-tig eine noch intensivere Zusammenarbeit von Aufsichtsrat, Prüfungsausschuss und Abschluss prüfer erfordern.

Neben den unmittelbar betroffenen Unter-nehmen von öffentlichem Interesse sind nach unserer Auffassung auch indirekte Ausstrahlungswirkungen auf Unternehmen außerhalb des unmittelbaren Anwendungs- bereichs der EU-Regelwerke zu erwarten.

ExternePflicht-rotation

Europäische Gesetzgebung seit 2014 in Kraft

Anwendungsbereich:Public InterestEntities (PIE)

Externe Rotation nach maximal 10 Jahren

Mitgliedstaaten-WRzur Verlängerungauf 20 bzw. 24 Jahre

Differenzierte Übergangsnormen

Nicht-prüfungs-leistungen(NPL)

Übergangsperiode bis 2016

Verbotene NPL Honorarbegrenzung(70 %)

NationaleAusnahmen(derogation)

WeitereAnforde-rungen

Anforderungen anden Auswahlprozessdes Abschluss-prüfers

Anforderungen an den Bestätigungs-vermerk/Prüfungs-bericht des Abschluss-prüfers

Sanktionierung vonVerstößen vonAufsichtsrat und Prüfungs-ausschuss

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2.1 Anwendung auf Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities)

Die Neuregelungen der EU Audit Reform und mithin des AReG betreffen unmittelbar nur PIEs. Mittelbare Auswirkungen können sich indes auch für sonstige Unternehmen (im Folgenden auch „Nicht-PIEs“) ergeben.

In Österreich hat sich die PIE-Definition nicht geändert. PIEs sind gemäß § 189a Z 1UGB:

• Unternehmen, deren übertragbare Wertpapiere (Aktien und Anleihen) zum Handel an einem geregelten Markt innerhalb der EU oder des europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind

• Kapitalgesellschaften, die Kredit-institute im Sinn der EU Verordnung über Aufsichts anforderungen sind (CRR-Kredit institute nach Capital Requirements Regulation)

• Kapitalgesellschaften, die Versicherungs-unternehmen im Sinn des Art. 2 Abs. 1 der EU Richtlinie 91/674/EWG sind

• Unternehmen, die ungeachtet ihrer Rechtsform in einem Bundesgesetz unter Verweis auf §189a Z1 UGB als solche bezeichnet werden.

Darüber hinaus können die Mitglieds-staaten weitere Unternehmen, z. B. aufgrund ihrer Größe oder besonderen Bedeutung als Public Interest Entitites definieren.

In Österreich sind die in § 271a UGB defi-nierten „fünffach großen“ Unternehmen, welche die fünffachen Größenmerkmale einer großen Gesellschaft nach § 221 Abs. 3 UGB überschreiten, nicht von einer Erweiterung der PIE-Definition umfasst.

Als kapitalmarktorientierte Unternehmen quali fi zieren in Anlehnung an Art. 2 Nr. 13 der EU-RL Unternehmen mit Sitz in der EU, deren Wertpapiere (Eigen- oder Fremdkapitalinstrumente) an einem regu-lierten Markt in der EU zugelassen sind. Die Europäische Wertpapier- und Markt-aufsichtsbehörde (ESMA) ver öffentlicht jährlich eine Liste der regulierten Märkte innerhalb der EU. Für Österreich fallen der Amtliche Handel und der geregelte Freiverkehr der Wiener Börse unter die Definition des geregelten Marktes.

Ein Unternehmen qualifiziert ab dem Zeit- punkt als Unternehmen von öffentlichem Interesse, zu dem die in Art. 2 Nr. 13 der EU-RL genannten Kriterien erstmals erfüllt werden (z. B. mit erstmaliger Notierung von Eigen- oder Fremdkapital instrumenten an einem regulierten Markt). Dieser Grund- satz gilt auch für nicht-kapitalmarktorien- tierte Kredit institute oder Versicherungs-unternehmen, und zwar unabhängig davon, ob von dem bisherigen Mitglied-staatenwahlrecht der EU-RL 2006/43/EG (im Folgenden „EU-RL a. F.“) Gebrauch gemacht wurde, diese Unternehmen aus bestimmten Verpflichtungen für PIEs auszunehmen. Mit anderen Worten: Auch ein nicht-kapitalmarktorientiertes Kredit institut oder Versicherungsunter-nehmen qualifiziert ab dem Zeitpunkt als Unter nehmen von öffentlichem Interesse, zu dem dieses erstmals entweder als CRR-Kredit institut oder erstmals als Versicherungsunternehmen einzustufen ist. Mit Blick auf die rechtliche Wirkung

2 Anwendungsbereich der EU Audit Reform

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einer Einstufung als PIE im Rahmen der erstmaligen Anwendung der EU Audit Reform ist somit bei Fristberechnungen o. ä. in diesem Kontext eine retrospektive Betrachtung vorzunehmen. Bei Unterneh-men, die aufgrund der entsprechenden Ausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts im nationalen Kontext als von öffent-lichem Interesse qualifizieren, startet der PIE- Status – demselben Grundsatz folgend – mit der erstmaligen Erfüllung der nationalen Kriterien.

Nach derzeitigen Schätzungen wird von rund 350 PIEs in Österreich ausgegangen.

Mit Blick auf international agierende Konzerne ist die Klassifizierung als PIE versus Nicht-PIE separat für jede rechtlich selbstständige Konzerngesellschaft vorzunehmen. Gerade im Hinblick auf die innerhalb der EU unterschiedlich ausge-übten Mitgliedstaatenwahlrechte können somit in Abhängigkeit des jeweiligen Sitzstaats der einzelnen Konzerngesell-schaften unterschiedliche Rechtsfolgen ausgelöst werden. Konzerne mit rechtlich selbstständigen Konzerngesellschaften in mehreren EU-Mitgliedstaaten dürften künftig somit regelmäßig mit hetero - genen Regelungen und in der Folge mit komplexen Fragestellungen konfrontiert werden, die nicht ausschließlich auf den Themenkreis der externen Rotation beschränkt sind. Vielmehr werden auch die national abweichend ausgeübten Mitgliedstaatenwahlrechte bezüglich der zulässigen Nichtprüfungsleistungen die Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Ebenso werden international

tätige Industriekonzerne mit Kredit - instituten oder Versicherungsunter-nehmen als Tochter unternehmen die Aus wirkungen des EU-Flicken teppichs besonders fokussieren müssen.

2.2 Erstmalige Anwendung

Mit Blick auf die EU-VO ist zwischen dem Zeitpunkt des Inkrafttretens und dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung zu unterscheiden. In Kraft getreten ist die EU Audit Reform für PIEs am 16. Juni 2014. Anzuwenden sind die Neuregelungen seit dem 17. Juni 2016, wobei die EU-VO unmittelbar und die Regelungen der EU-RL nur nach erfolgter nationaler Transforma-tion gelten.

Dem Stichtag 16. Juni 2014 kommt im Folgenden nochmals für die Frage der Übergangsregelungen, d. h. der Frage-stellung, welches Übergangsregime des Art. 41 der EU-VO für ein Unternehmen von öffentlichem Interesse für die erst malige Verpflichtung zur externen Prüferrotation zu beachten hat, eine besondere Bedeutung zu.

Regelungen mit Geschäftsjahresbezug (z. B. die Einführung einer Pflichtrotation des Abschlussprüfers oder die Beschrän-kungen der Erbringung von Nichtprüfungs-leistungen durch den Abschlussprüfer) sind unter Berücksichtigung der geson-derten Übergangsvorschriften erstmals (prospektiv) für solche Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 17. Juni 2016 beginnen. Für kalender-gleiche Geschäftsjahre ist die EU Audit Reform somit erstmals im Geschäftsjahr 2017 anzuwenden. Demgegenüber ist in spezifischen Regelungsbereichen (z. B. mit Blick auf die Cooling-in-Periode, bestimmte Vorab-Zustimmungen des Prüfungs ausschusses sowie die Rege-lungen zur internen Prüferrotation) in Abhängigkeit der spezifischen Fakten und Um stände im Einzelfall eine (retrospek-tive) Anwendung auch auf in der Vergan-genheit liegende Geschäftsjahre geboten.

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8 | Die EU Audit Reform

Durch die Einführung dieser externen Rota tionsverpflichtung wurde in Europa eine umfang reichere Regulierungs-maßnahme angestoßen. Die grundsätz-lichen Rotationfristen sind vergleichsweise einfach ausgestaltet. Gleichwohl können sich insbesondere aus dem umfangreichen Regelwerk spezifischer Übergangsre-gelungen komplexe Anwendungsfragen ergeben.

Von der Pflicht zur externen Rotation un-berührt bleibt dagegen die Notwendig keit, den Prüfungspartner des einschlägigen Unternehmens von öffent lichem Interesse zu wechseln – sogenannte interne Rotation des Abschlussprüfers (Art. 17 Abs. 7 EU-VO). Für Österreich wurde die zulässi-ge Tätigkeitsdauer im Zusammenhang mit der internen Rotation von bisher 5 Jahre auf nun 7 Jahre verlängert, allerdings auch die Cooling-off-Periode dazwischen von 2 auf 3 Jahre verlängert.

Für den Abschlussprüfer besteht erstmals auch die Verpflichtung zur Implementierung eines angemessenen graduellen Rotations systems für das an der Abschlussprüfung beteiligte Führungspersonal, das zumin dest die als Berufsträger geführten Personen zu umfassen hat. Die graduelle Rotation soll in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang und Komplexität der Tätigkeiten des Abschlussprüfers stehen. Ferner muss der Abschlussprüfer in der Lage sein, der zuständigen Behörde (in Österreich der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB)) gegenüber darzulegen, dass dieses System wirksam angewendet wird und dem Umfang und der Komplexität seiner Tätigkeiten angemessen ist.

Die Pflicht zur internen Rotation (wie auch das Cooling-off-Erfordernis) ist personen-gebunden und wird beispielsweise nicht durch Wechsel eines Prüfungspartners zu

einer anderen Prüfungsgesellschaft oder durch Zusammenschlüsse von Prüfungs-gesellschaften beeinflusst. Zudem ist die Cooling-off-Periode der internen Rotation durch die EU-VO von bisher zwei auf nunmehr drei Jahre ausgedehnt; für die Anwendung der jeweiligen Jahresfrist ist auf den Stichtag der Beendigung der internen Rotation abzustellen.

3.1 Fristen der externen Rotation

3.1.1 Mandatshöchstlaufzeit von zehn Jahren

Art. 17 der EU-VO sieht in Abs. 1 und Abs. 3 eine externe Rotation des Abschluss prüfers eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach einer Mandats höchstlaufzeit von zehn Jahren vor. Österreich hat von dem in der EU-VO vorgesehenen Mitgliedstaatenwahl-recht einer Verkürzung der Mandats-höchstlaufzeit im Rahmen des APRÄG keinen Gebrauch gemacht.

Die Zehnjahresfrist startet mit Beginn des Geschäftsjahres, für dessen Abschluss (Jahres- bzw. Konzernabschluss) der Prüfer erstmals die Abschlussprüfung des PIE durchgeführt hat. Bei der Frist-berechnung sind nur solche Zeiträume ein zubeziehen, in denen das Unternehmen als PIE qualifiziert. Mit anderen Worten: Zeiträume, in denen das Prüfungsmandat (noch) nicht als PIE einzustufen war, sind bei der Fristberechnung der Mandats-höchstlaufzeit nicht zu berücksichtigen.

Die Mandatshöchstlaufzeit bezieht sich immer auf einen Zeitraum und nicht auf Geschäftsjahre. Dies kann vor allem bei Rumpfgeschäftsjahren von ganz erheb-licher Bedeutung sein.

3 Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers

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Endet der Zehnjahreszeitraum beispiels-weise innerhalb eines Geschäftsjahres, so darf der bisherige Abschlussprüfer des zu betrachtenden Unternehmens von öffentlichem Interesse mit Blick auf die ansonsten eintretende Fristüberschreitung nicht mehr bestellt werden.

3.1.2 Möglichkeit der Verlängerung nach Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit

Nach Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit von zehn Jahren muss der Abschluss-prüfer aus dem Prüfungsmandat grund - sätzlich ausscheiden. Allerdings bietet die EU-VO den Mitgliedsstaaten das Wahlrecht, die Bestelldauer des Abschluss-prüfers eines Unternehmens von öffent - lichem Interesse – nach Ablauf der Höchst - laufzeit – um weitere zehn Jahre zu ver-längern, falls für das elfte Geschäftsjahr in Folge, auf das sich die Prüfungstätigkeit des Abschlussprüfers erstreckt, eine öffent liche Ausschreibung i. S. d. Art. 16 Abs. 2 bis 5 EU-VO durchgeführt wird. Wird ab diesem elften Geschäftsjahr dagegen eine Gemeinschaftsprüfung (Joint Audit)

durchgeführt, verlängert sich die Höchst-laufzeit des Prüfungsmandats sogar um weitere 14 Jahre (§ 318 Abs. 1a Satz 2 HGB).

Österreich hat sich dazu entschlossen, dieses Wahlrecht nicht vollumfänglich auszunutzen und gestattet eine Ver-länge rung der Bestelldauer nach öffent licher Ausschreibung nur für jene Prüfungs verhältnisse, die erstmals für ein Geschäftsjahr eingegangen wurden, die zwischen dem 17. Juni 2003 und dem 14. Juni 2014 begonnen haben.

Damit ergibt sich - wie im Folgenden dar-gestellt - die Situation, dass die Prüfungs-mandate aller „Langläufer“ (Prüfungs-dauer per 16. Juni 2014 20 Jahre oder mehr) und „Mittelläufer“ (Prüfungs dauer per 16. Juni 2014 11 Jahre oder mehr) nach den Übergangsvorschriften der EU-VO spätestens 2020/2021 bzw. 2023/2024 auslaufen und nicht mehr verlängert werden können, während die „Kurzläufer“ (Prüfungs verhältnisse, die erstmals für ein Geschäftsjahr eingegangen wurde, die zwischen dem

17. Juni 2003 und dem 14. Juni 2014 begonnen haben) mit öffentlicher Ausschreibung auf max. insgesamt 20 Jahre verlängert werden können.

Für Mandate, die ab dem 15. Juni 2014 begonnen wurden, gilt die maximale Laufzeit von 10 Jahren ohne Verlänge-rungsmöglichkeit.

3.2 Übergangsregelungen zur externen Rotation

Für den Übergang auf die im österreichi-schen Rechtsraum erstmals verpflichtend durchzuführende externe Rotation des Abschlussprüfers bestehen unterschied-liche Fristen. Diese Fristen sind abhängig von der Dauer, in der der Abschlussprüfer bereits Prüfungsleistungen erbracht hat (Art. 41 EU-VO). Der maßgebliche Stich-tag für die Beurteilung der Übergangs-regelungen zur externen Pflichtrotation betreffend Unternehmen von öffentlichem Interesse ist der 16. Juni 2014, also der Zeitpunkt des Inkrafttretens der EU-VO.

Die EU-VO unterscheidet folgende drei Fallgruppen:

• Fallgruppe 1: sogenannter „Lang läufer“ (Prüfungsdauer per 16. Juni 2014: 20 Jahre oder mehr)

Das Unternehmen von öffentlichem Interesse kann den Abschlussprüfer ab dem 17. Juni 2020 nicht mehr für die Abschlussprüfung beauftragen. Die Übergangsfrist beträgt somit sechs Jahre. Erhält der bisherige Abschluss-prüfer den Prüfungsauftrag bis zum 16. Juni 2020, darf er bei Annahme eines kalendergleichen Geschäftsjahres die Abschlussprüfung zum 31. Dezem-ber 2020 indes noch durchführen. Für die Abschlussprüfung des Geschäfts-jahres 2021 ist er zwingend ausge-schlossen.

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• Fallgruppe 2: sogenannter „Mittelläufer“ (Prüfungsdauer per 16. Juni 2014: 11 Jahre oder mehr, aber weniger als 20 Jahre)

Das Unternehmen von öffentlichem Interesse kann den Abschlussprüfer ab dem 17. Juni 2023 nicht mehr für die Abschlussprüfung beauftragen. Die Übergangsfrist beträgt somit neun Jahre. Erhält der bisherige Abschluss-prüfer den Prüfungsauftrag bis zum 16. Juni 2023, darf er bei Annahme eines kalender gleichen Geschäftsjahres die Abschlussprüfung zum 31. Dezem-ber 2023 indes noch durchführen. Für die Abschlussprüfung des Geschäfts-jahres 2024 ist er zwingend ausge-schlossen.

• Fallgruppe 3: sogenannter „Kurzläufer“ (Prüfungsverhältnisse, die erstmals für ein Geschäftsjahr eingegangen wurden, die zwischen dem 17. Juni 2003 und dem 14. Juni 2014 begon-nen haben)

Für Kurzläufer ist keine Übergangsfrist vorgesehen. Stattdessen fordert die EU-VO eine retrospektive Anwendung mit Anrechnung der bisherigen Mandats laufzeit auf die Höchstlaufzeit von zehn Jahren. Mit anderen Worten: Das Unternehmen von öffentlichem Inter esse kann den Abschlussprüfer so lange mit der Abschlussprüfung beauftragen, bis die Mandatshöchst-laufzeit von zehn Jahren erreicht ist. Für Kurzläufer besteht in Österreich überdies und im Gegensatz zu Mittel- und Langläufer die Option einer Wiederbestellung nach öffentlicher Ausschreibung um weitere bis zu zehn Jahre auf maximal insgesamt 20 Jahre (bzw. um weitere bis zu 14 Jahre auf maximal insgesamt 24 Jahre im Falle einer Gemeinschaftsprüfung.

Für Mandate, die ab dem 15. Juni 2014 begonnen wurden, gilt in Österreich die maximale Laufzeit von zehn Jahren ohne Verlängerungsmöglichkeit.

Beauftragung = Bestellung

Der Begriff „beauftragen“ (im eng- lischen Originaltext: „to appoint“) meint mit Blick auf den österreichi-schen Rechtsraum die Bestellung eines Abschlussprüfers, d. h. zum einen die Wahl des Abschlussprüfers durch die Haupt- oder Gesellschafter-versammlung und zum anderen die Erteilung des Prüfungsauftrags durch den Aufsichtsrat.

Beispiel „Übergangsregelungen für Kurzläufer“:

Hat bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr der Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffent-lichem Interesse (PIE) zum Zeit punkt des Inkrafttretens der EUVO (16. Juni 2014) vier Jahre Prüfungsleistungen erbracht (also zuletzt zum Abschluss zum 31. Dezember 2013), darf er – ohne öffentliche Ausschreibung oder eine Gemeinschaftsprüfung – noch für weitere sechs Jahre Abschlussprüfer des PIE bleiben, bis er die Höchstlauf-zeit von zehn Jahren ausgeschöpft hat (also bis zum Abschluss zum 31. Dezember 2019). Danach kann die Höchstlauffrist auf bis zu 20 Jahre (bzw. 24 Jahre bei einem Joint Audit) verlängert werden, wenn eine öffentliche Ausschreibung i. S. d. Art. 16 Abs. 2 bis 5 EU-VO durch-geführt wird und die Bestellung des Abschlussprüfers bei dem PIE erst - mals für ein Geschäftsjahr erfolgt ist, das zwischen dem 17. Juni 2003 und dem 14. Juni 2014 begonnen hat.

Praxishinweis:

Für die Ermittlung der Prüfungsdauer zäh-len nur die Jahre, in denen ein Abschluss-prüfer ununterbrochen ein Unternehmen von öffentlichem Interesse geprüft hat. Ändert sich der Abschlussprüfer oder der Status des Unternehmens als PIE, beginnt die Fristberechnung von vorne.

Beispiel „Fristberechnung“:

Ein Unternehmen ist seit 1985 ein PIE, wird 2009 zu einem Nicht-PIE und 2011 wieder zu einem PIE. Im Sinne des Art. 41 EU-VO ist für die Bestimmung der Fristberech-nung nur der Zeitraum ab 2011 maßgeblich – das PIE ist mithin ein sogenannter „Kurzläufer“ im Sinne der EU-VO.

„Prüfungsleistungen erbracht“

Unseres Erachtens meint „erbracht“ i. S. v. Art. 41 EU-VO, dass ein Abschlussprüfer eine Abschluss-prüfung durch Erteilung eines Bestä-tigungsvermerks abgeschlossen hat.

3.3 Abkühlphase (Cooling-off-Periode)

Ist ein Abschlussprüfer aus der Prüfung eines Unternehmens von öffentlichem Inter esse ausgeschieden, darf er oder eines seiner Netzwerkmitglieder innerhalb der EU erst nach Ablauf einer Karenzzeit von vier Jahren (sogenannte „ Cooling-off-Periode“ ) dessen Abschluss-prüfung wieder übernehmen (Art. 17 Abs. 3 EU-VO). Die Karenzzeit ist dann nicht zu beachten, wenn ein Prüferwechsel vor Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit erfolgt.

Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers

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Mit anderen Worten: Eine während der Mandatshöchstlaufzeit erfolgte Unter-brechung durch die Prüfung eines anderen Abschlussprüfers für beispielsweise (nur) ein Jahr führt zu einem Neubeginn der Fristberechnung.

3.4 Ausschreibungs- und Auswahlverfahren

Das Ausschreibungs- und Auswahl-verfahren hat gemäß den Vorgaben in Art. 16 Abs. 2 bis 5 EU-VO zu erfolgen. Demgemäß hat ein Unternehmen von öffentlichem Interesse unter anderem die folgenden Restriktionen zu beachten:

• Ein Abschlussprüfer darf von der Teilnahme an einer Ausschreibung dann nicht ausgeschlossen werden, wenn er im vorausgegangenen Kalenderjahr in dem betreffenden Mitgliedstaat weniger als 15 % der von Unternehmen von öffentlichem Interesse insgesamt gezahlten Gesamthonorare erhalten hat. Die zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden werden zu diesem Zweck jährlich eine Liste der von dieser Regelung betroffenen Abschlussprüfer veröffentlichen.

• Die Ausschreibungsunterlagen müssen transparente, diskriminierungsfreie, faire Auswahlkriterien für die Bewertung der potenziellen Abschlussprüfer enthalten.

• Eine Vereinbarung, die die Wahlmöglich-keiten auf bestimmte Kategorien oder Listen von Abschlussprüfern beschränkt, ist nichtig. So ist beispielsweise eine sogenannte „Big4-only-Klausel“ in Finanzierungs verträgen mit Banken unzulässig.

• Da der Prüfungsausschuss dem Aufsichtsrat bei einer Erstbestellung eines Abschlussprüfers mindestens zwei Vorschläge (mit einer begründeten Präferenzfolge) zu unterbreiten hat, müssen mindestens zwei Wirtschafts-prüfungsgesellschaften an der Aus-schreibung teilnehmen.

Die Ausschreibung muss nach Ablauf der Höchstlaufzeit „wirksam“ werden (Art. 17 Abs. 4a EU-VO). Mithin muss die Ausschreibung so rechtzeitig erfolgen, dass diese sich bei der „Wahl [des Ab-schlussprüfers] für das elfte Geschäftsjahr in Folge, auf das sich die Prüfungstätigkeit des Abschlussprüfers erstreckt“, auswirkt.

3.5 Besonderheiten bei Konzernstrukturen

International agierende Konzerne müssen die Rotationsregelungen separat für jede rechtlich selbstständige Konzerngesell-schaft analysieren. Dabei sind jeweils die Regelungen desjenigen EU-Mitgliedstaats maßgebend, in dem die zu beurteilende Konzerngesellschaft ihren Sitz hat. Eine

unmittelbare Verpflichtung zur externen Rotation des Abschlussprüfers ergibt sich nur für Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne der Definition des jeweiligen EU-Mitgliedstaats.

Qualifiziert beispielsweise die Konzern-obergesellschaft mit Sitz innerhalb der EU als Unternehmen von öffentlichem Interesse, ist von der Rotationspflicht zunächst nur die Prüfung ihres Einzel- und Konzernabschlusses betroffen. Mit anderen Worten: Ein bevorstehender Ausschluss als Konzernabschlussprüfer führt nicht zwangsläufig auch zu einem Ausschluss der Tätigkeit als Prüfer eines EU-Tochterunternehmens – selbst dann nicht, wenn es sich bei dem EU-Tochter-unternehmen selbst um eine PIE handeln sollte (da in letztgenanntem Falle eine separate Beurteilung auf Basis der Rotationsregelungen des betreffenden Sitzstaates zu erfolgen hat). Ist die Konzernobergesellschaft dagegen kein Unternehmen von öffentlichem Interesse, sind von den Rotationserfordernissen der EU-VO ausschließlich die Tochter-PIEs mit Sitz innerhalb der EU betroffen.

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Unterschiedliche Ausübung der Mitgliedstaatenwahlrechte erhöht die Komplexität in der Unter- nehmens landschaft und erfordert die Implementierung entsprechen-der Prozesse

Da die einzelnen Mitgliedstaaten die einzelnen Walhrechte betreffend die externe Rotationspflicht des Abschlussprüfers (allen voran die Dauer der Mandatshöchstlaufzeit, Verlängerungsmöglichkeiten nach Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit sowie ein- oder mehrperiodische erste Mandatslaufzeiten) ganz unterschiedlich ausgeübt haben, besteht innerhalb der EU eine Vielfalt unterschiedlicher nationaler Regelungen („Flickenteppich“). Qualifiziert beispielsweise nicht nur das Mutterunternehmen selbst, sondern (mindestens) auch ein Tochter unternehmen als Unter-nehmen von öffentlichem Interesse, können die Rotationsdauern sogar innerhalb eines Konzerns ganz unterschiedlich ausfallen. Diese Heterogenität erfordert eine vor-ausschauende Steuerung innerhalb international agierender Konzerne sowie die Implementierung bzw. Anpassung entsprechender organi-satorischer Prozesse.

Da die Rotationsregelungen bei einzelnen Konzernunternehmen von öffentlichem Interesse sowohl in Abhängigkeit der Branche (CRR-Kreditinstitute/Versiche-rungen versus sonstige Unternehmen von öffentlichem Interesse) als auch in Ab- hängigkeit der national unterschiedlich ausgeübten Mitgliedsstaatenwahlrechte divergieren können, wird künftig ganz maßgeblich die (Wechsel-)Strategie im Umgang mit Dienstleistungsunternehmen die Auswahl des Abschlussprüfers von PIEs bestimmen. Dies ist vor allem mit Blick auf solche Konzernstrukturen relevant, deren Konsolidierungskreis aus mehreren

Unternehmen von öffentlichem Interesse besteht. Gerade vor diesem Hintergrund dürfte in praxi bei wesent lichen Tochter-unternehmen nicht auszu schließen sein, dass im Falle von diver gierenden Rotations fristen bei einzelnen Konzern-unternehmen von öffentlichem Interesse regelmäßig nicht bei allen betroffenen Gesellschaften von der Möglichkeit einer Ausschöpfung der maximal möglichen Mandatslaufzeiten für alle Konzerngesell-schaften Gebrauch gemacht wird.

Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers

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Mit der EU-VO werden die Anforderungen an die Vereinbarkeit von Abschluss-prüfung und Beratung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse EU-weit neu geregelt und mit Blick auf Nichtprüfungs-leistungen weitreichende Verbote einzel-ner Dienstleistungen eingeführt. Unter Nichtprüfungsleistungen versteht man im Sinne der EU-VO alle Bestätigungs-, Beratungs- oder sonstigen Leistungen, die keine gesetzlichen Jahresabschluss-prüfungsleistungen darstellen. Mit Blick auf diese Dienstleistungen ist zwischen unzulässigen Nichtprüfungsleistungen (sogenannte „Black List“) und zulässigen Nichtprüfungsleistungen (sogenannte „White List“) zu differenzieren. Mit anderen Worten: Nichtprüfungsleistungen dürfen auch künftig vom Abschlussprüfer weiterhin erbracht werden, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

• Die Dienstleistung ist weder in der Black List der EU-VO noch in der durch Ausübung entsprechender Mitglied-staatenwahlrechte ggf. erweiterten national einschlägigen Black List explizit aufgeführt (ausgenommen davon sind indes solche in der Black List der EU-VO explizit aufgeführten Dienstleistungen, die durch die Ausübung entsprechender Mitgliedstaatenwahlrechte national als zulässig definiert, d. h. nach nationalem Recht auf der White List aufgeführt sind);

• der Prüfungsausschuss bzw. Aufsichts-rat hat der Dienstleistung im Voraus zu-gestimmt (sogenanntes Pre- Approval); und

• die neu eingeführten Honorargrenzen (sogenannter „Fee Cap“) werden nicht überschritten (bzw. es wird im Aus-nahme fall auf Antrag des Abschluss-prüfers gegenüber der APAB bzw. der jeweils zuständigen Landesbehörde im Sitzstaat von der Möglichkeit einer einmaligen Überschreitung Gebrauch gemacht).

Die EU-VO enthält Mitgliedstaaten wahl- rechte, bestimmte Steuerberatungs- und bestimmte Bewertungsleistungen als zulässige Nichtprüfungsleistungen zu definieren (sogenannte Derogation). Überdies erlaubt die EU-VO eine Erweite-rung des Katalogs der verbotenen Nicht prüfungsleistungen. In Österreich wurde durch Ausübung der Mitglied-staaten wahlrechte im Rahmen des APRÄG eine größtmögliche Annäherung an die bislang geltenden Regelungen der §§ 271 und 271a UGB erreicht.

4 Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer

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4.1 Unzulässige Nichtprüfungsleistungen

Art. 5 Abs. 1 EU-VO bestimmt kasuistisch- enumerativ generell unzulässige Nicht-prüfungsleistungen (Black List). Dem-nach dürfen insbeson dere die folgenden Nicht prüfungsleistungen mit Blick auf Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse mit Sitz in der EU nicht erbracht werden:

• Erbringung von Steuerberatungs-leistungen im Zusammenhang mit Lohnsteuer und Zöllen;

• Leistungen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist;

• Buchhaltung und Erstellung von Unterlagen der Rechnungslegung und von Abschlüssen;

• Lohn- und Gehaltsabrechnungen;

• Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- und Risikomanagement-verfahren, die bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen oder Finanzinformationstechnologie-systemen zum Einsatz kommen;

• juristische Leistungen im Zusammen-hang mit allgemeiner Rechtsberatung (enge Auslegung; keine Tätigkeit als Justiziar eines Prüfungsmandanten), Verhandlungen im Namen des geprüften Unternehmens und Vermittlungstätig-keiten in Bezug auf die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten;

• Leistungen im Zusammenhang mit der internen Revision des geprüften Unternehmens;

• Leistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung, der Kapitalstruktur und -ausstattung sowie der Anlagestrategie des geprüften Unternehmens, ausge-nommen die Erbringung von Bestäti-gungsleistungen im Zusammenhang mit Abschlüssen, einschließlich der Aus-stellung von Prüfungsbescheinigungen (Comfort Letters) im Zusammenhang mit vom geprüften Unternehmen herausgegebenen Prospekten;

• Werbung für, Handel mit oder Zeichnung von Aktien des geprüften Unternehmens; und

• Personaldienstleistungen in Bezug auf

• Mitglieder der Unternehmensleitung, die in der Position sind, erheblichen Einfluss auf die Vorbereitung der Rechnungslegungsunterlagen oder der Abschlüsse, die Gegenstand der Abschlussprüfung sind, auszuüben, wenn zu diesen Dienstleistungen Folgendes gehört:

• Suche nach oder Auswahl von Kandidaten für solche Positionen oder

• Überprüfung der Referenzen von Kandidaten für solche Positionen;

• Aufbau der Organisationsstruktur; und

• Kostenkontrolle.

Es sei explizit darauf hingewiesen, dass die unzulässigen Nichtprüfungsleistungen keinem Wesentlichkeitsvorbehalt unterlie-gen. Mit anderen Worten: In der Black List explizit aufgeführte Dienstleistungen sind stets schädlich, selbst dann, wenn diese vom Abschlussprüfer in nur geringem Umfang erbracht werden.

Wir und die Europäische Contact Group sind der Ansicht, dass die „allgemeine Rechtsberatung“ (Art. 5 Abs. 1g EU-VO) auch künftig weiterhin erlaubt sein wird. Die weite Auslegung des Verbots der Rechtsberatung muss als Redaktions-versehen im Rahmen der Übersetzung der EU-VO ins Deutsche angesehen werden. Beabsichtigt war mit Blick auf die originäre und letztendlich maßgebliche englische Version lediglich das Verbot der Übernahme des General Counsel’s eines Unternehmens durch den Abschlussprüfer.

Mit Blick auf die Begrifflichkeit „Leistun-gen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist“ (Art. 5 Abs. 1b EU-VO) mangelt es an einer Legaldefinition. Es ist indes davon auszugehen, dass es sich hier um die Übernahme von Tätigkeiten handelt, die in dem eigentlichen Verantwortungs-bereich des Managements und somit der Führung des geprüften Unternehmens liegt. Beispiele könnten die Verwaltung des Umlaufvermögens (Working Capital Management), die Bereitstellung von Finanzinformationen, die Optimierung von Geschäftsabläufen, die Finanz-mittelverwaltung (Cash Management), die Verrechnungspreisgestaltung, die Herbeiführung von Effizienzgewinnen bei Lieferketten o. ä. sein, sofern der Abschlussprüfer hier Entscheidungen für den Mandanten trifft oder dessen Mit-arbeiter bei der Durchführung ihrer Arbeit überwacht. Beschränkt sich der Abschluss-prüfer indes auf die Unterstützung bei der Zusammenstellung von Daten oder auf die Darstellung unterschiedlicher Handlungs-alternativen und -empfehlungen (z. B. im Bereich der Verrechnungspreise), auf deren Basis das Management entscheiden kann, so ist nach unserer Auffassung nicht davon auszugehen, dass es sich bei dieser Beratung um eine unzulässige Nicht-prüfungs leistung handelt.

Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer

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4.2 Zulässige Nichtprüfungsleistungen

In Ausübung eines entsprechenden EU-Mitgliedstaatenwahlrechts lässt der österreichische Gesetzgeber Bewertungs-leistungen sowie Steuerberatungsleis-tungen (mit Ausnahme von solchen zu Lohnsteuer und Zöllen) weiterhin zu. Mit Blick auf den österreichischen Rechtsraum hat sich im Ergebnis der Anwendungs-bereich der bisher einschlägigen §§ 271 und 271a UGB faktisch nicht wesentlich verändert. Im Wortlaut hat sich vor allem das Verbot der steuerlichen Beratung in Bezug auf Lohnsteuer und Zölle geändert. Zu den künftig weiterhin zulässigen Bewertungsleistungen dürften regelmäßig unter anderem Bewertungsleistungen im Bereich der Versicherungsmathematik zählen.

Steuerberatungs- und Bewertungsleistun-gen sind gemäß § 271a Abs 1 Z2 UGB je-doch dann unzulässig, „wenn sie über das Aufzeigen von Gestaltungsmöglichkeiten hinausgehen und sich auf den Jahresab-schluss nicht nur unwesentlich auswirken“. Überdies hat der Abschluss prüfer bei der Erbringung der Nicht prüfungs leistungen stets die Grundsätze der EU-RL 2006/43/EG zu beachten. Hiernach ist vom Ab schlussprüfer sicherzustellen, dass kein Risiko der Selbstprüfung, des Eigen-interesses, der Inter essenvertretung, der Vertrautheit oder einer Vertrauens-beziehung besteht und ein objektiver, verständiger und informierter Dritter auch nicht den Schluss ziehen würde, dass die Unabhängigkeit in Gefahr ist (Einhaltung der sogenannten „Independence in Fact“ und „ Indepen dence in Appearance“).

Wie bisher darf die Steuerberatung durch den Abschlussprüfer dagegen nicht über das Aufzeigen von Gestaltungsalternativen hinausgehen und muss losgelöst von Managemententscheidungen sein. Unter Beachtung der allgemeinen Restriktionen dürften zu den auch weiterhin zulässigen Steuerberatungsleistungen insbesondere zählen:

• Erstellung von Steuererklärungen;

• allgemeine/laufende steuerliche Beratung (außer: zu Lohnsteuer und Zöllen);

• Fördermittelberatung, soweit kein direkter Einfluss auf die Management-entscheidung besteht;

• Unterstützung hinsichtlich Steuer-prüfungen durch die Steuerbehörden (zulässig sind unter anderem die begleitende Analyse und Zusammen-stellung historischer Daten sowie die Beratung zu Einsprüchen, die steuerliche Unter stützung in Finanz-gerichtsverfahren oder Einigungen mit der Finanz verwaltung); sowie

• Berechnung der direkten und indirekten Steuern sowie latenter Steuern.

Somit wären künftig weiterhin auch Transfer-Pricing-Studien, Transfer- Pricing-Dokumentationen, die Tax Due Diligence sowie die Beratung zu indirekten Steuern inkl. Verbrauchsteuern (mit Ausnahme von Zöllen) grundsätzlich zulässig. Auch die Beratung und Planung von lohnsteuer-rechtlichen Fragen dürfte gestattet sein; unzulässig dagegen sind die Schatten-buchhaltung, Brutto-/Netto rechnungen sowie Lohnsteuererklärungen. Die steuer-liche Beratung von inländischen oder ent sandten Mitarbeiter/innen stellt künftig dann eine zulässige Nichtprüfungsleistung dar, wenn der Mitarbeiter der Empfänger der Leistung ist (unerheblich, ob der Mitarbeiter oder das zu prüfende Unter-

nehmen die Beratung bezahlt). Mit Blick auf die zum Teil komplexen Abgrenzungs-fragen von zulässigen und unzulässigen Nichtprüfungsleistungen sollte das Unternehmen von öffentlichem Interesse dem Projekt immer einen fachkundigen Manager beistellen, der die jeweiligen Dienstleistungen auswertet und darauf basierend eine sachgerechte Entscheidung treffen kann.

Die in der Black List der EU-VO explizit aufgeführten „Leistungen im Zusammen-hang mit der Finanzierung, der Kapital-struktur und -ausstattung sowie der Anlage strategie des geprüften Unterneh-mens“ sind weit auszulegen und umfassen alle Dienstleistungen, die in praxi typi-scher weise als „M&A-Beratung“ oder „Corporate-Finance-Beratung“ bezeichnet werden. Gleichwohl zählen nach unserer Auffassung zu den zulässigen Nicht-prüfungs leistungen künftig auch weiterhin insbesondere:

• Vendor Due Diligence/Buy-side Due Diligence;

• Integrationsberatung zu vollzogenen Unternehmenskäufen;

• Reports, die typischerweise von einem Abschlussprüfer im Zusammenhang mit der Kapitalmarktregulierung in Zusammenhang stehen;

• bilanzielle Fragen im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen;

• sogenannte „Agreed-upon-Procedures“, z. B. bezüglich Kreditverpflichtungen; sowie

• sonstige strategische Beratungsleis-tungen, sofern diese nicht mit der Finanzierung, der Kapitalstruktur und -ausstattung sowie der Anlagestrategie des geprüften Unternehmens in Zusammenhang stehen.

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4.3 Honorarobergrenze für Nichtprüfungsleistungen („Fee Cap“)

Zulässigen Nichtprüfungsleistungen muss zum einen vom Prüfungsausschuss (oder vom Aufsichtsrat) des geprüften Unternehmens von öffentlichem Interesse vorab zugestimmt werden und sie dürfen zum anderen die Honorarobergrenze von 70 % der Abschlussprüfungshonorare (sogenannter „Fee Cap“) grundsätzlich nicht überschreiten. Mit anderen Worten: Selbst vom Grundsatz her zulässige Nicht- prüfungsleistungen dürfen gemäß der EU-VO nicht in unbegrenztem Umfang erbracht werden.

Die Fee-Cap-Regelung ist erstmalig für das nach dem 17. Juni 2016 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Das erste Geschäftsjahr, das in die Fee-Cap-Berech-nung fällt, ist bei einem kalendergleichen Geschäftsjahr somit das Geschäftsjahr 2017. Der Fee Cap greift somit dann erstmals im Geschäftsjahr 2020.

Beispiel „Fee-Cap-Berechnung“:

Die Honorare für die gesetzlichen Jahres- und Konzernabschluss-prüfungen eines Unternehmens von öffentlichem Interesse (inkl. sämtlicher Mutter- und Tochter-unternehmen) in den Geschäfts-jahren 2017, 2018 und 2019 betrugen 110 GE, 115 GE und 105 GE.

Der Mittelwert beträgt 110 GE (davon 70 % entsprechen 77 GE). Im Geschäftsjahr 2020 sind folglich die Nichtprüfungsleistungen auf 77 GE begrenzt.

Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer

Fee-Cap-Berechnung

Wurden in den vergangenen drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren Nichtprüfungsleistungen erbracht, darf das Gesamthonorar für zulässige Nichtprüfungsleistungen im vierten Jahr maximal 70 % des Durchschnitts der in den letzten drei aufeinander-folgenden Geschäftsjahren für die Abschlussprüfungen des Unter-nehmens von öffentlichem Interesse sowie dessen Mutter- und Tochter-unternehmen an den Abschluss prüfer entrichteten Prüfungs honorare betragen. Die Honorare für zulässige Nichtprüfungsleistungen (Zähler-größe) umfassen (nur) die Honorare des gesetzlichen Abschlussprüfers (nicht seines Netzwerks) des betref-fenden Geschäftsjahres für zulässige

Nichtprüfungsleistungen, die entweder an das Unternehmen von öffentlichem Interesse selbst oder an Mutter- und Tochterunternehmen dieses Unter-nehmens erbracht wurden (und zwar unabhängig davon, ob diese Gesellschaften ihren Sitz innerhalb oder außerhalb der EU haben). Die Prüfungshonorare (Nennergröße) umfassen ebenso (nur) die Honorare des gesetzlichen Abschlussprüfers (nicht seines Netzwerks) für solche Jahres- und Konzernabschlussprüfun-gen, die entweder das Unternehmen von öffentlichem Interesse selbst oder dessen Mutter- und Tochterunter-nehmen betreffen (und zwar unab - hängig davon, ob diese Gesellschaften ihren Sitz innerhalb oder außerhalb der EU haben). Zur Berechnung des Durchschnitts werden jeweils die

letzten drei Jahre herangezogen. Erbringt der Abschlussprüfer ein vollständiges Geschäftsjahr lang keine Nichtprüfungs leistungen, beginnen die drei Jahre zur Berech nung des Fee Cap erneut (sogenann ter „Fresh Start“). Nichtprüfungs leistungen, die aufgrund nationaler oder EU-Regelungen durch den Abschlussprüfer erbracht werden müssen, werden nicht von dem Fee Cap erfasst (Art. 4 Abs. 2 EU-VO). Mit anderen Worten: Der Fee Cap kommt dann nicht zur Anwendung, wenn die Erbringung der Leistung nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats gesetz-lich vorge schrieben ist. Nach § 271a Abs. 7 UGB kann die APAB die Be - grenzung auf Antrag des Abschluss-prüfers für höchstens zwei Jahre aussetzen.

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Der Fee Cap betrifft nur die Prüfungsge-sellschaft, die die Abschlussprüfung bei der EU-PIE durchführt, und umfasst nicht auch andere Gesellschaften im Netzwerk des Abschlussprüfers, es sei denn, dass diese Tochtergesellschaften des Abschluss-prüfers sind. Mit anderen Worten: Während das Verbot von Nichtprüfungs- leistungen (Art. 5 EU-VO) für das ge-samte Netzwerk des Abschlussprüfers gilt, stellt die Vorschrift zum Fee Cap (Art. 4 EU-VO) ausschließlich auf die Prüfungsgesellschaft selbst ab.

Beispiel „Fee Cap“:

Eine UK-PIE kann Beratungsleis-tungen von seinem UK-Prüfer bis zum Fee Cap beziehen. Für das österreichi sche Mutter- bzw. Tochter unternehmen gilt die Begren-zung des Fee Cap nicht, solange die Prüfung nicht durch den UK-Prüfer vorgenommen wird. Die Begrenzung gilt nur für die EU-PIE selbst, nicht für das Mutterunternehmen bzw. die Tochterunternehmen, es sein denn, diese qualifizieren Kraft eigener Prägung selbst als PIEs. In diesem Fall wäre eine weitere, gesonderte Prüfung der Honorar obergrenze erforderlich.

4.4 Vorab-Zustimmung durch den Prüfungsausschuss („Pre-Approval“)

Zulässigen Nichtprüfungsleistungen muss in Abhängigkeit der spezifischen Fakten und Umstände im Einzelfall ent weder der Prüfungsausschuss (oder der Aufsichts-rat) im Voraus zustimmen (sogenanntes „Pre-Approval“). Dieses Gremium hat im Rahmen des Zustimmungsprozesses die Gefährdung der Unabhängigkeit und deren Schutzmaßnahmen gebührend zu beurteilen. Es ist grundsätzlich aus Unter-nehmenssicht empfehlenswert, entspre-chende Leitlinien und Prozesse betreffend den Umgang mit Nichtprüfungsleistungen seitens des Prüfungsausschusses bzw. des Aufsichtsrats zu etablieren.

Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf bereits laufende Beratungsleistungen gelegt werden, denen mit der erstmaligen Anwendung der EU Audit Reform im Geschäftsjahr 2017 nun erstmals der Prüfungsausschuss bzw. Aufsichtsrat zu-stimmen muss (unter der Annahme eines kalendergleichen Geschäftsjahres, somit per 1. Januar 2017). Zustimmungs-pflichtig sind dabei nach unserer Auf-fassung sämtliche Beratungsleistungen, die nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der EU Audit Reform (d. h. im ersten Geschäftsjahr, das am oder nach dem 17. Juni 2016 beginnt) beendet werden, unabhängig davon, wann diese Dienstleistungen begonnen haben. Somit sind vom Zustimmungsprozess auch Nicht-prüfungsleistungen betroffen, die bereits im Jahre 2016 oder früher begonnen wurden und zum Zeitpunkt der erstmali-gen Anwendung der EU Audit Reform noch nicht vollständig abgeschlossen sind.

Bei der Erstellung der Liste von Nicht-prüfungsleistungen, die den Zustimmungs-prozess des Prüfungsausschusses bzw. des Aufsichtsrats zu durchlaufen haben,

empfiehlt sich grundsätzlich eine Unter-teilung in die folgenden drei Kategorien:

I. Nichtprüfungsleistungen vom Abschluss prüfer, die generell ausge-schlossen sein sollen (d. h. gesetzlich erlaubte Dienstleistungen, die vom Prüfungs ausschuss bzw. Aufsichtsrat aber ausgenommen werden);

II. Nichtprüfungsleistungen, die ohne ge- sonderte Einschaltung des Prüfungs aus- schusses bzw. des Aufsichtsrats pauschal zulässig sein sollen und denen vom Prüfungsausschuss auf jährlicher Basis quantitativ vorab zugestimmt wird; und

III. Nichtprüfungsleistungen, die einer Einzelfallprüfung durch den Prüfungs-ausschuss bzw. den Aufsichtsrat bedürfen.

In Abhängigkeit der spezifischen Fakten und Umstände im Einzelfall können dabei die folgenden Handlungsempfehlungen zweckdienlich sein:

• Festlegung unkritischer Leistungen im Vorfeld (unter Determinierung entsprechender Betragsgrenzen bzw. Volumina);

• regelmäßige Beurteilung von Informa-tionen anhand definierter Kriterien in einem festgelegten Rhythmus (z. B. vierteljährliche Prüfungsausschuss-/Aufsichtsratssitzung);

• Festlegung der Zuständigkeiten für die Kategorisierung der Nichtprüfungs-leistungen;

• Sicherstellung einer rechtzeitigen Zustimmung;

• Festlegung der Inhalte von einschlägigen Vorab-Anfragen an Prüfungsausschuss bzw. Aufsichtsrat; und

• Sicherstellung einer angemessenen Dokumentation der erteilten Zustim-mungen.

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18 | Die EU Audit Reform

4.5 Spezifischer Geltungsbereich

4.5.1 Territorialer Geltungs-bereich

Die Restriktionen von Nichtprüfungs-leistungen sind weitreichend, da sie alle Nichtprüfungsleistungen umfassen, die der Abschlussprüfer des Unternehmens von öffentlichem Interesse und jedes Mitglied seines Netzwerks für dieses zu prüfende Unternehmen sowie dessen Mutter- und Tochterunternehmen direkt oder in direkt erbringen kann. Dies gilt un abhängig davon, ob diese Unternehmen selbst als Unternehmen von öffentlichem Interesse qualifizieren oder nicht. Nichtprüfungs-leistungen an Schwestergesellschaften des zu prüfenden Unternehmens von öffent-lichem Interesse sind dagegen von den Restriktionen nicht betroffen. Ebenfalls grundsätzlich nicht betroffen sind Mutter- und Tochterunternehmen des zu prüfen-den Unternehmens von öffentlichem Interesse, sofern diese Gesellschaften ihren Sitz außerhalb der EU haben.

Somit entfalten die Restriktionen be-treffend Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer grundsätzlich keine Ausstrahlungswirkung außerhalb der EU. Von diesem Grundsatz gibt es indes drei Ausnahmen. Folgende Nichtprüfungsleis-tungen dürfen weltweit von Mitgliedern des Netzwerks, dem auch der Abschluss-prüfer des Unternehmens von öffent-lichem Interesse mit Sitz innerhalb der EU angehört, nach Art. 5 Abs. 5 EU-VO für ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland, das von dem Unternehmen von öffentlichem Interesse beherrscht wird, nicht erbracht werden:

• Leistungen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist;

• Buchhaltung und Erstellung von Unterlagen der Rechnungslegung und von Abschlüssen; sowie

• Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- und Risikomanagement-verfahren, die bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen oder Finanzinformationstechnologie-systemen zum Einsatz kommen.

Das nachfolgende Fallbeispiel veranschau-licht die Komplexität sowie die weitreichen-den Ausstrahlungswirkungen der Restrik-tionen betreffend Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer.

Die Abbildung illustriert die Auswirkungen des territorialen Geltungsbereichs mit Blick auf die Restriktionen zu den Nichtprüfungsleistungen. Grundsätzlich gilt: Das PIE-Mutterunternehmen und jedes PIE-Tochterunternehmen entfaltet innerhalb der Konzernstruktur für die jeweils direkten Beteiligungen auf allen Konzernstufen Ausstrahlungswirkung.

Die Vorgaben der EU-VO gelten zwar primär (nur) für die EU PIE in Österreich. Diese PIE strahlt aber in der direkten Betei-ligungshierarchie nach oben (upstream) auf sämtliche Konzernunternehmen aus, die diese EU PIE in Österreich infiziert. Diese Upstream-Ausstrahlung wirkt sich bis zum ultimativen Mutterunternehmen – nicht indes die „Non EU Parent“ – aus. Der PIE-Status der Upstream-Mutterunter-nehmen ist dabei ohne Belang. Gleichwohl wird die Ausstrahlungswirkung durch die EU-Binnengrenzen beschränkt.

Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer

EU Non-PIEin F

EU Non-PIEin ATNon-EU EU Non-PIE

EU PIEin AT

Non-EU Parent

EU PIEin UK

Non-EU

Non-EU

Anwendung der Black List, auch für EU Non-PIE-MU/TU

Limitierte Restriktionen

Keine zusätzlichen Restriktionen

Fallbeispiel „Territorialer Geltungsbereich“

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Von der Ausstrahlungswirkung nicht betroffen sind etwaige Schwestergesell-schaften, sei es innerhalb oder außerhalb der EU, da sie die PIE nicht beherrschen. Dabei ist es ebenfalls nicht von Bedeutung, ob die Schwestergesellschaft selbst ein PIE ist oder nicht.

In der direkten Beteiligungshierarchie nach unten (downstream) strahlt die in Rede stehende österreichische EU PIE auf diejenigen Gesellschaften aus, die von ihr unmittelbar oder mittelbar beherrscht werden. Für die beherrschten Gesellschaf-ten innerhalb der EU (hier in UK und Frankreich) gelten dabei die vollen in dem jeweiligen Mitgliedstaat beschlossenen Restriktionen (sogenanntes Territoriali-tätsprinzip).

Zusammenfassend ist zu konstatieren:

• Die Ausstrahlungswirkung gilt grundsätzlich für sämtliche direkten Beteiligungen auf allen Konzernstufen (vertikale Konzernstruktur);

• Die Ausstrahlungswirkung hat keine Rückwirkungen auf Schwester-gesellschaften (horizontale Konzern-struktur); und

• Die Ausstrahlungswirkung dehnt den persönlichen Anwendungsbereich (beispielsweise in Bezug auf die externe Prüferrotation, die Honorar-begrenzung – Fee Cap, die Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung nach IFRS, den neuen Bestätigungsvermerk inkl. KAMs) nicht aus.

Für die Fragestellung der Nichtprüfungs-leistungen – auch in Bezug auf das Netzwerk des Abschlussprüfers – kommt der Ausstrahlungswirkung damit eine herausgehobene Stellung zu.

4.5.2 Cooling-in-Periode

Als unzulässig eingestufte Nichtprüfungs-leistungen dürfen vom Abschlussprüfer und seinem Netzwerk während des zu prüfenden Geschäftsjahres bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks nicht erbracht werden. Die Neuregelungen sehen indes für Dienstleistungen, die mit der Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- oder Risikomanagementver-fahren in Zusammenhang stehen, welche bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen oder Finanzinforma-tionstechnologiesystemen zum Einsatz kommen, eine vorgelagerte einjährige sogenannte „Cooling-in-Periode“ vor. Mit anderen Worten: Alle Dienstleistungen dieser Art dürfen bereits ein Jahr vor dem Beginn des zu prüfenden Geschäftsjahres nicht (mehr) vom (künftigen) Abschluss-prüfer erbracht werden.

Die Restriktionen in Zusammenhang mit der Erbringung von Nichtprüfungsleistun-gen gelten für das erste Geschäftsjahr, das am oder nach dem 17. Juni 2016 beginnt. Bei einem kalendergleichen Geschäftsjahr ist dies der 1. Januar 2017. Entsprechend beginnt die Cooling-in-Periode bereits am 1. Januar 2016. Beginnt dagegen das nächste Geschäftsjahr unterjährig zu einem abweichenden Stichtag (bei-spielsweise dem 1. Juli 2016), sind die neuen EU-Vorgaben zu den Nichtprüfungs-leistungen bereits entsprechend früher anzuwenden.

Verbot der Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- und Risikomanagementverfahren mit Bezug auf Finanzinformationen

Colling-in-Periode Audit-Periode

Anwendung der gesamten Black List

Start desGeschäftsjahres

1.1.2017Juni2016

Cooling-instartet

1.1.2016Erteilungdes BStV

Ende desGeschäftsjahres

1.1.2018

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Die Aufgaben des Prüfungsausschusses (bzw. des Aufsichtsrats) im Zusammen-hang mitdem Prozess der Abschluss-prüfung werden durch die EU Audit Reform und das APRÄG deutlich erweitert und im Vergleich zur bisherigen Rechts-lage wesentlich detaillierter normiert. Die Neuerungen betreffen insbesondere die Etablierung und Besetzung des Prüfungs-ausschusses sowie die Erweiterung dessen Aufgabenbereichs. Prüfungs ausschuss- bzw. Aufsichtsratsmitglieder von Unter - nehmen von öffentlichem Interesse sind gut beraten, sich frühzeitig mit den Neuerungen vertraut zu machen und adäquate Maßnahmen zur Umsetzung de rneuen Anforderungen zu ergreifen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Sanktionierung von diesbezüglichen Pflichtverletzungen.

5.1 Etablierung und Besetzung eines Prüfungsausschusses

In Art. 39 der EU-RL formuliert die Euro-päische Union die Pflicht zur Etablierung eines Prüfungsausschusses für Unterneh-men von öffentlichem Interesse und stellt aktualisierte Anforderungen an dessen Besetzung, Aufgaben und weiteren Fragen der Governance. Mit Blick auf den öster-reichischen Rechtsraum bringt die Pflicht zur Etablierung eines Prüfungsausschusses für kapitalmarkorientierte Unternehmen keine Neuerung.

Die Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses für Unternehmen von öffentlichem Interesse und Gesell-schaften, bei denen das Fünffache eines der in Euro ausgedrückten Größenmerk-male einer großen Gesellschaft („XL-Gesell schaften“ überschritten wird, bleibt aufrecht.

In einem Konzernverbund muss jedes PIE für sich betrachtet überprüfen, ob eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungs ausschusses besteht.

Die schon bisher bestehende Möglichkeit, hundertprozentige Tochterunternehmen von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses zu be freien, sofern das Mutterunternehmen diese Aufgaben auf Konzernebene er füllt, wird erweitert: Sie umfasst nun auch Tochterunternehmen bis zu einer Minder-heits beteiligung unter 25 % (Konzern-privileg). Die Befreiungs bestimmung umfasst Mutter unternehmen mit Sitz im Inland oder Ausland, wenn der Prüfungs-ausschuss oder das im Mutterunter-nehmen stattdessen eingerichtete Gremium sowohl in Hinblick auf seine Kompetenz und Zusammensetzung den Anforderungen des § 92 Abs. 4a AktG genügt und die Aufgaben eines Prüfungs-ausschusses gemäß Z 1 bis Z 7 sowie seine sonstigen Pflichten, die sich bei Unternehmen von öffentlichem Interesse auch unmittelbar aus der Abschluss-prüfungs-VO ergeben, im Tochterunter-nehmen wahrnimmt.

Nachfolgend sind die Anforderungen an die Besetzung des Prüfungsausschusses angeführt:

5 Neue Anforderungen an Prüfungsausschüsse/Aufsichtsräte

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a) Financial Expert

Nach Art. 39 Abs. 1 Unterabsatz 2 EU-RL muss der Prüfungsausschuss über mindestens ein Mitglied mit Sachverstand in der Rechnungslegung und/oder Abschluss prüfung verfügen (im Folgenden „ Financial Expert“). Die Gesetzeslage ist mit Blick auf den österreichischen Rechts-raum mithin weitgehend unverändert.

b) Unabhängigkeit

Die Mehrheit der Mitglieder des Prüfungs-ausschusses, einschließlich des Vorsitzen-den, hat von dem geprüften Unternehmen unabhängig zu sein (Art. 39 Abs. 1 Unter absatz 4 EU-RL). Diese Unabhängig-keitsanforderung darf von den Mitglied-staaten außer Kraft gesetzt werden, sofern alle Mitglieder des Prüfungsausschusses dem Überwachungsorgan, also einem Aufsichtsrat, angehören.

Österreich hat von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, die Unabhängigkeits-anforderung nicht zu übernehmen, da alle Mitglieder des Prüfungsausschusses auch Mitglieder des Aufsichtsrats sind.

Die bisherige diesbezügliche Regelung, nach der zumindest der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und der Finanz-experte unabhängig sein müssen, wird beibehalten.

c) Sektorvertrautheit

Der Aufsichtsrat muss insgesamt mit dem Sektor vertraut sein, in dem das geprüfte Unternehmen tätig ist (Art. 39 Abs. 1 Unterabsatz 3 EU-RL). Die in der EU-RL geforderte Sektorvertrautheit wird in § 92 Abs. 4a AktG aufgenommen. Die erläuterten Bemerkungen gehen davon aus, dass dies auch schon bisher gegeben war, weshalb eine gesonderte Übergangs-bestimmung nicht erforderlich schien.

d) Wahl des Vorsitzenden

Der Vor sitzende des Prüfungsausschusses ist durch die Ausschussmitglieder oder das Über wachungsorgan zu wählen (Art. 39 Abs. 1 Unterabsatz 4 EU-RL). Das Mit - glied staatenwahlrecht, wonach der Prüfungs ausschussvorsitzende auch durch die Haupt- oder Gesellschafter-versammlung gewählt werden kann, läuft mit Blick auf den österreichischen Rechts-raum faktisch ins Leere. Dieses Prozedere wird bereits de lege lata in § 324 Abs. 2 Satz 1 HGB a. F. gefordert und zwar nicht (nur) bezogen auf den Vorsitzenden, son-dern gilt (sogar) für sämtliche Mitglieder des Prüfungsausschusses.

5.2 Erweiterung der Aufgaben des Prüfungsausschusses

Die EU-RL erweitert in ihrem Art. 39 Abs. 6 (durch § 92 Abs. 4a AktG über nommen) den Pflichtenkreis des Prüfungsausschusses (bzw. des Aufsichts-rats) ganz erheblich. Im Mittelpunkt stehen die nachfolgend aufgeführten zusätzlichen bzw. neu ausgerichteten Aufgabenbereiche:

• Der Prüfungsausschuss hat den Rech-nungslegungsprozess zu beobachten und Empfehlungen oder Vorschläge zur Gewährleistung von dessen Integrität zu unterbreiten (Art. 39 Abs. 6 Buchstabe b EU-RL);

• Der Prüfungsausschuss hat künftig das Verfahren für die Auswahl des (der) Abschlussprüfer(s) oder der Prüfungs-gesellschaft(en) – im Folgenden kurz „Abschlussprüfer“ – durchzuführen sowie eine Empfehlung an den Auf-sichtsrat bzw. das Verwaltungsorgan auszusprechen (Art. 39 Abs. 6 Buch stabe f EU-RL);

• Der Prüfungsausschuss hat die Un-abhängigkeit des Abschlussprüfers und die Qualität der Abschlussprüfung in stärkerem Maße als bisher zu über-wachen und zu verantworten. Er wird zum „Wächter“ über die Beziehungen mit dem Abschlussprüfer (Art. 39 Abs. 6 Buchstabe e EU-RL); und

• Die EU-RL betont zudem ausdrücklich die Pflicht des Prüfungsausschusses, das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan über das Ergebnis der Abschlussprüfung zu unterrichten und ihm darzulegen, wie die Abschlussprüfung zur Integrität der Rechnungslegung beigetragen und welche Rolle der Prüfungsausschuss in diesem Prozess gespielt hat (Art. 39 Abs. 6 Buchstabe a EU-RL).

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5.2.1 Gewährleistung der Integrität des Rechnungslegungsprozesses

Die EU-RL fasst die Aufgabe des Prüfungs-ausschusses (bzw. Aufsichtsrats) bezogen auf den Rechnungslegungsprozess neu und erweitert dessen Zuständigkeit: Der Ausschuss hat nämlich den Rechnungs-legungsprozess zu beobachten und künftig auch Empfehlungen oder Vorschläge zur Gewährleistung von dessen Integrität zu unterbreiten (Art. 39 Abs. 6 Buchstabe b EU-RL).

Dadurch wird dem Prüfungsausschuss künftig eine deutlich aktivere Rolle zugewiesen. Anstelle einer derzeitigen ausschließlichen Überwachungsaufgabe soll der Prüfungsausschuss den Prozess (aktiv) mitgestalten und zu dessen laufender Verbesserung beitragen. In der Tendenz wird ein ähnliches Verant-wortungsprofil des Prüfungsausschusses gezeichnet, wie es schon bislang für die Wirksamkeitsüberwachung der unterneh-merischen Kontrollsysteme existiert. Denn auch hier hat der Prüfungsausschuss auf Verbesserungen der Systeme insbeson-dere hinsichtlich deren Funktionsfähigkeit gegenüber dem Vorstand hinzuwirken.

Die Mitglieder des Prüfungsausschusses können sich mithin weniger auf die Prüfungstätigkeiten des Abschlussprüfers bezogen auf den Rechnungslegungs-prozess stützen und müssen selbst überwachend tätig werden. Die Erweite-rung der Kompetenz des Prüfungsaus-schusses stärkt somit die begleitende Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats und folgt zugleich der Intention, die der europäische Gesetzgeber mit Blick auf die Wirksamkeitsüberwachung im Sinn hatte.

Wird auf die Einrichtung eines Prüfungs-ausschusses verzichtet, obliegt die Über wachungsaufgabe dem Gesamt-aufsichtsrat. Der österreichische Gesetz-geber hat die erweiterte Zuständigkeit des Prüfungsausschusses bzw. Aufsichtsrats aus der EU-RL durch eine Ergänzung in § 92 Abs 4a AktG umgesetzt. Neben der Überwachung des Rechnungslegungs-prozesses soll der Prüfungsausschuss bzw. Aufsichtsrat den ordnungsgemäßen Ablauf des Prozesses gewährleisten.

5.2.2 Auswahl und Bestellung des Abschlussprüfers

Bei der Auswahl des Abschlussprüfers hat der Prüfungsausschuss eines Unter-nehmens von öffentlichem Interesse zwingend die umfassenden Vorgaben des Art. 16 EU-VO zur Bestellung zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben soll in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung ultimativ eine fundierte Entscheidung ermöglicht und die Transparenz der Auswahl erhöht werden. Die in Art. 16 EU-VO normierten Vorgaben zum des Auswahlverfahrens des Abschlussprüfers gelten für Unter-nehmen von öffentlichem Interesse unmittelbar ab dem 17. Juni 2016 und bedürfen keiner Umsetzung in nationales Recht. Die generelle Zuständigkeit des Prüfungsausschusses für die Auswahl des Abschlussprüfers wurde in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG normiert. Österreich hat die Mitgliedstaatenwahlrechte, wonach eine bestimmte Mindestanzahl von Abschlussprüfern für PIEs festgelegt sowie die Auswahl und Formulierung der Empfehlung des Abschlussprüfers einem eingerichteten Nominierungs ausschuss übertragen werden kann, nicht ausgeübt.

Phase 1: Öffentliche Ausschreibung

Im Rahmen des Auswahlverfahrens steht es dem Prüfungsausschuss frei, beliebige Abschlussprüfer zur Unterbreitung von Vorschlägen für die Erbringung von Ab-schlussprüfungsleistungen aufzufordern. Dabei ist zu beachten, dass die verpflich-tende Cooling-off-Periode von vier Jahren nach Ablauf der Mandatshöchstlaufzeit eingehalten wird sowie kleine und mittlere Abschlussprüfer nicht von der Teilnahme ausgeschlossen werden. Als kleinere und mittlere Abschlussprüfer sind Prüfer zu verstehen, die im vorausgegangenen Kalenderjahr in dem betreffenden Mitglied-staat weniger als 15 Prozent der von PIEs insgesamt gezahlten Gesamthonorare erhalten haben. Die Aufforderung ist mit einer öffentlichen Ausschreibung gleichzu-setzen. Wenngleich Art. 17 Abs. 4 EU-VO von „öffentlichen Ausschreibungsver-fahren“ spricht, muss es sich dabei nicht um eine „öffentliche Ausschreibung“ i. S. d. Ausschreibung öffentlicher Aufträge handeln.

Der Prüfungsausschuss erstellt Ausschrei-bungsunterlagen, die dem aufgeforderten Dienstleister die Erfassung der Geschäfts-tätigkeit des geprüften Unternehmens und die Art der durchzuführenden Ab schluss- prüfung ermöglichen. Zudem sind trans- parente, diskriminierungsfreie Auswahl-kriterien für die Bewertung der Angebote zu definieren. Über die Gestaltung des Auswahlverfahrens kann der Prüfungs-ausschuss frei entscheiden und direkte Verhandlungen mit den interessierten Bietern führen.

Neue Anforderungen an Prüfungsausschüsse/Aufsichtsräte

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Phase 2: Diskriminierungsfreie Auswahl

Die Beurteilung der Angebote muss so dann anhand der in den Aus-schreibungsunterlagen formulierten Auswahlkriterien erfolgen. Dabei hat der Prüfungsausschuss auch die Vorgaben zur externen Rotation des Abschluss-prüfers sowie zur „Cooling-in-Periode“ zu beachten, wonach Dienstleistungen, die mit der Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- oder Risikomanagement-verfahren in Zusammenhang stehen, welche bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinforma tionen oder Finanzinformationstechnologie systemen

zum Einsatz kommen, bereits im voraus - gehenden Geschäftsjahr vom künftigen Abschlussprüfer nicht (mehr) erbracht werden dürfen (Art. 5 Abs. 1b EU-VO).

Der Prüfungsausschuss hat einen Bericht anzufertigen, der die Schlussfolgerungen im Rahmen des Auswahlverfahrens beschreibt. Dabei hat er Kontrollberichte über die bietenden Abschlussprüfer seitens der APAS zu berücksichtigen. Auf Verlangen muss das geprüfte Unter-nehmen gegenüber der APAS darlegen können, dass das Auswahlverfahren auf faire Weise durchgeführt wurde.

Phase 3: Abgabe einer begründeten Empfehlung

Auf der Grundlage des Auswahlverfahrens spricht der Prüfungsausschuss an den Aufsichtsrat eine Empfehlung für die Bestellung des Abschlussprüfers aus. Die Empfehlung muss begründet werden und hat mindestens zwei Vorschläge mit (begründeter) Präferenz für einen der beiden Vorschläge zu enthalten. Eine Begründung ist insbesondere in den Fällen erforderlich, in denen

• freiwillig keine Wiederbestellung erfolgt (d. h. innerhalb der ersten Maximal-periode);

• eine Wiederbestellung aufgrund der externen Rotationspflicht nicht erfolgen kann (d. h. aufgrund der Mandats-höchstgrenzen unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften); oder

• eine Verlängerung des Prüfungsman-dats nach öffentlicher Ausschreibung auf bis zu 20 Jahre oder bei einer Gemeinschaftsprüfung (Joint Audit) auf bis zu 24 Jahre erfolgt.

Die Empfehlung hat darüber hinaus eine Erklärung zu enthalten, dass sie frei von ungebührlicher Einflussnahme durch Dritte ist und keinerlei Verträge oder Klau-seln existieren, welche die Auswahl des Abschlussprüfers einschränken (Art. 16 Abs. 2 Unterabsatz 3 EU-VO). Jeglicher Versuch von Dritten, eine solche Vertrags-klausel durchzusetzen oder die Auswahl des Abschlussprüfers zu beeinflussen, ist der „zuständigen Behörde“ (bezogen auf den österreichischen Rechtsraum der APAB) unmittelbar und unverzüglich mitzuteilen (Art. 16 Abs. 6 Unterabsatz 2 EU-VO).

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Phase 4: Wahlvorschlag an Haupt- oder Gesellschafterversammlung

Gemäß Art. 16 Abs. 5 EU-VO hat der an die Haupt- oder Gesellschafterversamm-lung des geprüften Unternehmens ge - richtete Vorschlag für die Bestellung des (der) Abschlussprüfer(s) die Empfeh-lung und die Präferenz des Prüfungs-ausschusses zu enthalten.

Falls der Vorschlag (vom Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan) einen anderen als den vom Prüfungsausschuss präferierten Abschlussprüfer nennt, sind in dem Vor - schlag die Gründe anzuführen, warum der Empfehlung nicht gefolgt wurde (Art. 16 Abs. 5 Unterabsatz 2 EU-VO). Der vorgeschlagene Abschlussprüfer muss in jedem Fall an dem Auswahl-verfahren teilgenommen haben. Ein abweichender Vorschlag an die Haupt- oder Gesellschafter versammlung ist nur möglich, sofern – wie in Österreich einschlägig – der Prüfungsausschuss Teil des Aufsichtsrats ist. Übernimmt das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan das Auswahlverfahren selbst, finden diese Vorgaben keine Anwendung.

Wir interpretieren die Regelungen aus der EU-VO so, dass der Aufsichtsrat die begründete Empfehlung des Prüfungs-ausschusses (mit zwei Prüfern und einer begründeten Präferenz) zu berücksich-tigen hat und – sofern er dem Vorschlag des Prüfungsausschusses folgt – der Haupt versammlung nur einen Vorschlag (mit dem einen vom Prüfungsausschuss präferierten Prüfer) zuleiten muss.

Neue Anforderungen an Prüfungsausschüsse/Aufsichtsräte

• Beachtung der Cooling-off- Periode von vier Jahren

• Kein Ausschluss kleiner und mittlerer Abschlussprüfer

• Erstellung von transparenten Ausschreibungs unterlagen (z. B. Geschäftstätigkeit des Unternehmens, Art der durchzuführenden Abschlussprüfung)

• Definition transparenter, diskriminierungs freier Auswahl kriterien

• Auswahl anhand der fest-gelegten Auswahl kriterien

• Beachtung der Pflicht-rotation sowie des Cooling-in

• Bericht über die im Auswahl-verfahren gezogenen Schluss folgerungen

• Berücksichtigung der APAS-Kontrollberichte

• Auf Verlangen der APAS: Darlegung der fairen Durchführung des Auswahl-verfahrens

• Begründete Empfehlung mindestens zweier Vor-schläge an den Aufsichtsrat mit (begründeter) Präferenz für einen Abschlussprüfer

• Erklärung, dass keine ungebührliche Einflussnahme durch Dritte erfolgte und keine Auswahlbeschränkun-gen bestehen

• Versuchte Einfluss nahme ist der APAS unverzüglich anzu zeigen

• Vorschlag mit Empfehlung und Präferenz des Prüfungs ausschusses

• Folgt der Aufsichtsrat der Ausschuss empfehlung nicht, sind die Gründe zu benennen

• Vorgeschlagener Abschluss prüfer muss an dem Auswahl verfahren teilgenommen haben

Phase 1: Öffentliche Ausschreibung

Phase 2: Diskriminierungsfreie Auswahl

Phase 3: Abgabe einer begründeten Empfehlung

Phase 4: Wahlvorschlag an die Hauptversammlung

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5.2.3 Überwachung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers

Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers hat nach Auffassung des europäischen Gesetzgebers unmittelbar Auswirkungen auf die Qualität der Abschlussprüfung. Schon bislang ist es Aufgabe des Prü- fungsausschusses, die Abschlussprüfung zu überwachen, insbesondere die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sicher zustellen und ein Monitoring der von ihm erbrachten Nichtprüfungsleistungen durch zuführen. Im Fokus der Überwachung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers standen bereits bislang insbesondere die unzulässigen Nichtprüfungsleistungen. Eine Verbotsliste war bereits vor der EU Audit Reform in §§ 271 und 271a UGB a. F. enthalten. Die EU-VO erweitert diesen Katalog verbindlich für alle Unternehmen von öffentlichem Interesse. Über die Ausübung der Mitgliedstaatenwahlrechte hat der österreichische Gesetzgeber indes im Ergebnis eine weitgehende Annäherung an die bestehenden Regelungen in §§ 271 und 271a UGB a. F. erreicht.

Im Rahmen der Überwachung der Un-abhängigkeit des Abschlussprüfers sind künftig insbesondere die neuen Vorschrif-ten zur externen Prüferrotation sowie zur Einschränkung von Nichtprüfungsleistun-gen zu würdigen, deren Einhaltung durch den Prüfungsausschuss bzw. Aufsichtsrat sicherzustellen ist. Betreffend die externe Rotationsverpflichtung hat der Prüfungs-ausschuss bzw. Aufsichtsrat insbesondere den Zeitpunkt des nächsten Prüferwech-sels zu ermitteln, wobei auch ein vorzeiti-ger Wechsel grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist („Wechselstrategie“).

Mit Blick auf die Nichtprüfungsleistungen hat der Prüfungsausschuss bzw. Aufsichts-rat zu prüfen, ob

• der Katalog unzulässiger Nichtprüfungs-leistungen (Black List) eingehalten wird;

• der Fee Cap nicht überschritten wird; sowie

• der Prüfungsausschuss (bzw. Aufsichts-rat) allen geplanten zulässigen Nicht-prüfungsleistungen unter Beachtung der Gefährdung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und bestehender Schutzmaßnahmen aufseiten des Ab schluss prüfers zugestimmt hat (Art. 5 Abs. 4 EU-VO).

Dabei hat der Prüfungsausschuss (bzw. Aufsichtsrat) zu berücksichtigen, dass die Nichtprüfungsleistungen von Beginn des zu prüfenden Geschäftsjahres bis zur Abgabe des Bestätigungsvermerks einzubeziehen sind. Bei Nichtprüfungs-leistungen, die mit der Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- oder Risiko-managementverfahren in Zusammenhang stehen, welche bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen oder Finanzinformationstechnologiesystemen zum Einsatz kommen, ist die Betrachtung auf das gesamte Geschäftsjahr vor dem zu prüfenden Zeitraum auszuweiten (Cooling-in-Periode). Bei einer anstehen-den externen Pflichtrotation wie auch bei einem sonstigen Prüferwechsel sind ab 17. Juni 2016 somit ggf. mehrjährige Vorlaufzeiten zu beachten, insbesondere da derartige Projekte nicht selten mit län-geren Laufzeiten zwischen Beauftragung und Projektabschluss verbunden sind.

Auch mit grundsätzlich zulässigen Nicht-prüfungsleistungen kann der Vorstand eines Unternehmens von öffentlichem Interesse seinen Abschlussprüfer künftig nicht mehr ohne vorherige Zustimmung durch den Prüfungsausschuss beauf-tragen. Gemäß Art. 5 Abs. 4 EU-VO hat der Prüfungsausschuss sämtlichen Nicht-prüfungsleistungen des Abschlussprüfers vor deren Beauftragung zuzustimmen („Pre-Approval“). Im Rahmen des Pre-Approval muss der Prüfungsausschuss die ggf. abweichenden Anforderungen u. a. aus der Black List oder dem Fee Cap aus den anderen Mitgliedstaaten würdigen, sofern ausländische Tochterunternehmen des inländischen PIE oder andere Netz-werkgesellschaften des Abschlussprüfers betroffen sind. Eine fortlaufende konzern-weite Erfassung sämtlicher Nichtprüfungs-leistungen des aktuellen Abschlussprüfers sowie potenzieller Nachfolgekandidaten ist somit unabdingbar. Zur Sicherstellung der Einhaltung des Fee Cap empfiehlt sich im Speziellen die Implementierung eines konzernweiten Erfassungs- und Reportingsystems für die Honorare des Abschlussprüfers.

In der Praxis ist bereits aktuell regelmäßig sowohl bei PIEs als auch bei Nicht-PIEs ein Vorab-Zustimmungsprozess für Nicht prüfungsleistungen implementiert. Üblicherweise erstellt das Unternehmen als auch der Abschlussprüfer dabei eine Liste mit Nichtprüfungsleistungen des Abschluss prüfers für den Prüfungsaus-schuss. Der Prüfungsausschuss sollte selbst im Falle einer gegenwärtig bereits existierenden „Pre-Approval-Liste“ mit Blick auf die Black List und Cooling-in- Periode möglichst zeitnah einen poten-ziellen Anpassungs bedarf identifizieren.

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Außerdem sollte der Prüfungsausschuss im Rahmen der Ausübung seiner Über-wachungsaufgaben betreffend die Prü-fungsqualität regelmäßig Informationen über das Qualitätssicherungssystem und die welt weiten Unabhängigkeitsmechanis-men des Abschlussprüfers einholen, ein systematisches Verfahren zur Evaluierung der Prüfungsleistung nach Abschluss der Prüfung definieren und regelmäßig über prüfen sowie einen formalisierten Feedbackprozess mit dem Abschlussprüfer nach Abschluss der Prüfung einrichten.

5.2.4 Kommunikation zwischen Prüfungsausschuss/Aufsichtsrat und Abschlussprüfer

Die EU Audit Reform zielt auf eine Stärkung der Beziehung zwischen Prüfungsausschuss/Aufsichtsrat und Abschlussprüfer sowie auf eine Verbesse-rung der Kommunikation untereinander ab. Vor diesem Hintergrund hat der Abschlussprüfer künftig einen zusätzlichen Bericht zu erstellen und dem Prüfungs-ausschuss spätestens mit der Ausstellung des Bestätigungsvermerks in Schriftform zur Verfügung zu stellen. Existiert kein Prüfungsausschuss, erfolgt die Über-gabe an das Organ, das die Aufgaben des Prüfungsausschusses wahrnimmt (Aufsichts- oder Verwaltungsrat). Dieser Bericht hat nach Art. 11 EU-VO umfang-reiche Mindestangaben zu enthalten (u. a. zur Unabhängigkeit, Kommunikation und Prüfungsdurchführung).

Überdies hat auf Verlangen des Abschluss-prüfers oder des Prüfungsausschusses eine Beratung der wichtigsten sich aus der Abschlussprüfung ergebenden Sach verhalte zu erfolgen, insbesondere von bedeutsamen Mängeln im internen Finanzkontrollsystem und im Rechnungs-legungssystem des geprüften Unterneh-mens (Art. 11 Abs. 2 Buchstabe j EU-VO).

Bestehen im Falle einer Gemeinschafts-prüfung (Joint Audit) Unstimmigkeiten über Prüfungshandlungen, Rechnungsle-gungsvorschriften oder andere die Durch-führung der Abschlussprüfung betreffende Themen, sind in dem zusätzlichen Bericht die Gründe für die Unstimmigkeiten darzulegen (Art. 11 Abs. 3 EU-VO). Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der zusätzliche Bericht (auch) dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens vorgelegt wird und ggf. gegenüber bestimmten Dritten offenzulegen ist. Zudem können die in der EU-VO vorgesehenen Mindestinhalte ausgeweitet werden.

Der österreichische Gesetzgeber hat von diesen Mitgliedstaatenwahlrechten zwar nicht Gebrauch gemacht, allerdings ist dieser gesonderte Bericht in Österreich auch für die in § 271a UGB definierten „fünffach gгoßen“ Unternehmen, welche die fünffachen Größenmerkmale einer großen Gesellschaft nach § 221 Abs. 3 UGB überschreiten, verpflichtend vorge-sehen.

Neue Anforderungen an Prüfungsausschüsse/Aufsichtsräte

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5.3 Sanktionierung von Pflichtverletzungen

Die EU sieht in Art. 30a Abs. 1 EU-RL i. V. m. Art. 23 Abs. 3 Buchstabe f EU-VO Sanktionsbefugnisse bei Verstößen gegen die Vorgaben der EU-RL und der EU-VO vor. Die Sanktionen richten sich sowohl gegen Abschlussprüfer und Prüfungs-gesellschaften als auch gegen Mitglieder von Verwaltungs- oder Leitungsorganen eines Unternehmens von öffentlichem Interesse.

Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass eine zuständige nationale Behörde verwaltungsrechtliche Maßnahmen ergreift und Übertretungen ahndet. In Art. 30a Abs. 1 Buchstaben a, b und f EU-RL ist die Befugnis zur Aussprache von Verwarnungen, zur Veröffentlichung von Mitteilungen mit Nennung der verantwort-lichen Personen und der Verfehlung auf der Internetseite der zuständigen Behörde sowie zur Verhängung von finanziellen Sanktionen gegenüber „natürlichen Per-sonen“ festgelegt. Gegen Organmitglieder ist ausdrücklich ein temporäres Berufs-verbot von bis zu drei Jahren vorgesehen (Buchstabe e); dies träfe Aufsichts- und Prüfungsausschussmitglieder gleicher-maßen.

In diesem Zusammenhang ist es konse-quent, dass der Prüfungsausschuss auf Verlangen jener zuständigen Behörde das Ergebnis und die Durchführung seiner Tätig keiten (z. B. zur Prüferauswahl, Art. 16 Abs. 3 Buchstabe f EU-VO) darstellen und erläutern soll.

Die mit dem Abschlussprüfer-Aufsichts-gesetz (APAG) eingerichtete Abschluss-prüferaufsichtsbehörde (APAG) ist gemäß § 61 Abs. 1 letzter Satz APAG – neben ihren Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Abschlussprüfer – auch berechtigt, Untersuchungen bei Unter-nehmen von öffentlichem Interesse, die der Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4 unter-liegen, durchzuführen, um Verstöße gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 oder anderer abschlussprüfungsrelevanter Bestimmungen aufzudecken oder zu verhindern. Dies betrifft insbesondere die in im § 92 Abs. 4a geregelten Pflichten des Prüfungsausschusses (§ 1 Abs. 4 APAB).

Demzufolge hat die APAG die Ermächti-gung, Untersuchungen im Zusammenhang mit der Auswahl des Abschlussprüfers, aber auch hinsichtlich der anderen Auf gaben des Prüfungsausschusses wie die Überwachung des Rechnungs-legungsprozesses, der Wirksamkeit des IKS, die Überwachung des Abschluss-prüfers und seiner Unabhängigkeit und die Berichterstattung an den Aufsichtsrat durchzuführen.

Die Behörde kann bei Verstößen gegen die Vorschriften der EU VO oder des APAG gemäß 62 Abs. 1 Z 6 APAG ein bis zu dreijähriges Tätigkeitsverbot gegen Verwaltungs- oder Leitungsorgane eines PIEs verhängen.

Bei Verstößen gegen Verpflichtungen gemäß § 92 Abs. 4a AktG (oder den entsprechenden Bestimmungen im GmbHG, SEG, GenG) oder Art. 16 oder 17 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 kann gemäß § 65 Abs. 1 Z 12 APAG eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 400 bis 5.000 Euro verhängt werden.

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Die EU Audit Reform verändert zudem die Berichterstattung des Abschlussprüfers zur gesetzlichen Abschlussprüfung mit Blick auf Unternehmen von öffentlichem Interesse ganz wesentlich. Die Neuerungen sollen dabei nach Auffassung der Euro-päischen Union zu einer Erhöhung der Transparenz und Verständlichkeit in der Berichterstattung beitragen. Betroffen ist sowohl der Bestätigungsvermerk als auch der Prüfungsbericht.

Mit Blick auf den Bestätigungsvermerk stellt die wichtigste Neuerung die erstmals geforderte Berichterstattung über die zentralen Aspekte der Abschlussprüfung („Key Audit Matters“ – kurz „KAMs“) dar. Damit wird der heute bekannte relativ kurze und weitgehend standardisierte Bestätigungsvermerk künftig nicht mehr möglich sein. Der Öffentlichkeit werden dadurch Informationen zur Prüfung und zu deren Ergebnissen zugänglich gemacht, die bisher Bestandteil des nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Prüfungs-berichts waren. Erste Erfahrungen aus den Niederlanden und Großbritannien zeigen, dass der Umfang der Bestäti-gungsvermerke infolge der Erweiterung um unternehmensindividuelle Inhalte in Zukunft deutlich zunehmen dürfte. Auch hinsichtlich des Prüfungsberichts ergeben sich zahlreiche Detailänderungen, da die neuen Berichtspflichten über die bisheri-gen nationalen Regelungen hinausgehen.

Unternehmen von öffentlichem Interesse sind gut beraten, sich frühzeitig mit den Neuerungen der Berichterstattung des Abschlussprüfers vertraut zu machen, um die künftigen Auswirkungen auf den eigenen Bestätigungsvermerk und Prü-fungsbericht frühestmöglich abschätzen zu können. Betroffen sind Geschäftsjahre, die am oder nach dem 17. Juni 2016 beginnen. Unter der Annahme eines kalendergleichen Geschäftsjahres sind die Neuerungen betreffend die Berichterstat-tung des Abschlussprüfers somit erstmals im Geschäftsjahr 2017 einschlägig. Sofern der Abschlussprüfer jedoch parallel zur Prüfung nach den International Auditing Standards (ISA) beauftragt wurde – was in Österreich aufgrund der Vorschriften des Corporate Governance Codex der Fall ist –, greifen die Neuerungen bereits für nach dem 15. Dezember 2016 endende Geschäftsjahre.

Mit Blick auf den österreichischen Rechts-raum richtet sich die Ausgestaltung von Bestätigungsvermerk und Prüfungsbericht in Abhängigkeit der spezifischen Fakten und Unstände im Einzelfall nach den folgenden normativen Vorgaben:

• EU-VO • EU-RL

• HGB • ISAs

6 Neue Anforderungen an die Berichterstattung des Abschlussprüfers

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Die genannten Normen unterscheiden sich in ihrem Anwendungsbereich und nach ihrer Rechtsnormqualität. Während die EU-VO nur für Unternehmen von öffent-lichem Interesse gilt, sind die Vorgaben des UGB für alle gesetzlichen Abschluss-prüfungen in Österreich verbindlich. Auch die ISAs enthalten detaillierte Vorgaben zum Bestätigungsvermerk. Eine unmittelbare Gesetzeskraft entfalten sie jedoch nur im Falle einer Annahme durch die Europäische Kommission (so explizit § 269a UGB). Die Aufnahme der ISAs in europäisches Recht erfolgt – ähnlich der Übernahme der IFRS – im Rahmen eines sogenannten Komitologieverfahrens. Ab-zuwarten bleibt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Europäische Kommis-sion von der Ermächtigung zur Annahme der ISAs Gebrauch machen wird. Da es sich bei den ISAs jedoch um international abgestimmte Prüfungsstandards handelt, kommt ihnen auch ohne eine Übernahme in europäisches Recht eine erhebliche Bedeutung zu.

6.1 Neuerungen zum Bestätigungsvermerk

6.1.1 Bestätigungsvermerk nach bisherigem Recht

Der bislang in § 274 UGB a. F. normierte Bestätigungsvermerk beschreibt die Aufgabe des Abschlussprüfers (auch in Abgrenzung zur Verantwortlichkeit der gesetz lichen Vertreter für die Buch-führung, den Jahresabschluss und den Lagebericht), stellt Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung dar und fasst das Prüfungsergebnis in einer Beurteilung zusammen. Da der Bestätigungsvermerk – zusammen mit dem Jahresabschluss – offenzulegen ist, richtet sich dieser an die Öffentlichkeit.

Seit dem Rechnungslegungs-Änderungs-gesetz (RÄG) aus dem Jahr 2014 ist der Bestätigungsvermerk nicht mehr als Formeltestat konzipiert. Durch die Formulierungsvorschläge des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revison der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KFS/PG3) ist in der Praxis gleichwohl ein weitgehend identischer Wortlaut üblich.

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6.1.2 „Auditor’s Report“ in Übereinstimmung mit den ISAs

Das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) hat Ende 2014 ein Projekt zur Überarbeitung des Bestätigungsvermerks abgeschlossen. Die überarbeiteten Anforderungen an den Bestätigungsvermerk sind im Wesent-lichen in den folgenden geänderten ISAs verankert:

• ISA 700 (Revised): Forming an Opinion and Reporting on Financial Statements

• ISA 701: Communicating Key Audit Matters in the Independent Auditor‘s Report

• ISA 705 (Revised): Modifications to the Opinion in the Independent Auditor‘s Report

• ISA 706 (Revised): Emphasis of Matter Paragraphs and Other Matter Paragraphs in the Indepen-dent Auditor‘s Report

• ISA 720 (Revised): The Auditor’s Responsibilities Relating to Other Information

Die neuen und überarbeiteten Standards zur Berichterstattung durch den Prüfer treten für Prüfungen von Abschlüssen in Kraft, die Berichtsperioden betreffen, die am oder nach dem 15. Dezember 2016 enden. Bei Annahme eines kalendergleichen Geschäftsjahres sind die ISA-Neuregelungen betreffend den Bestätigungsvermerk demzufolge erstmals im Geschäftsjahr 2016 und damit ein Jahr früher anzuwenden als die Neuregelungen betreffend die Berichterstattung des Abschlussprüfers der EU Audit Reform und des AReG, die erstmals im Geschäftsjahr 2017 zwingend zu beachten sind.

Die Anwendung der neuen bzw. überar-beiteten Standards führt im Ergebnis zu einer deutlichen Erweiterung der Bericht-erstattung über die Abschlussprüfung. Unter Berücksichtigung aller Neuerungen weist ein ISA-konformer Bestätigungs-vermerk folgende Bestandteile auf:

(1) Titel

(2) Adressat

(3) Berichterstattung über die Abschlussprüfung im eigentlichen Sinne

(4) Weitere Berichterstattung aufgrund von rechtlichen oder regulatorischen Vorgaben (z. B. betreffend die Prüfung des Lageberichts)

(5) Name des Engagement-Partners

(6) Unterschrift des Prüfers

(7) Anschrift des Prüfers

(8) Datum des Berichts

Die neuen bzw. überarbeiteten ISA-Normen zielen auf eine höhere Transparenz und einen verbesserten Informationswert ab. Dies konkretisiert sich in einer deutlichen Ausweitung der „Berichterstattung über die Abschlussprüfung im eigentlichen Sinne“. Insofern ist diesbezüglich eine klare Struktur erforderlich, welche durch ISA 700 und ISA 701 vorgegeben wird und folgende Aspekte umfasst:

• Prüfungsurteil: Die Darstellung des Prüfungsurteils erfolgt an erster Stelle. Mögliche Aus - prägungen sind das uneingeschränkte Prüfungsurteil, das eingeschränkte Prüfungs urteil, das versagte Prüfungs- urteil oder die Nichtabgabe eines Prüfungsurteils („disclaimer of opinion“) im Fall von umfassenden Prüfungshemmnissen.

• Grundlagen des Prüfungsurteils: Auf das Prüfungsurteil folgt eine Darstellung der Grundlagen für das Prüfungsurteil (u. a. der angewandten Prüfungsstandards). Neu ist, dass die Darstellung auch eine Aussage zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und zur Erfüllung berufsrechtlicher Verpflichtungen umfasst.

• Bestandsrisiken (sofern im Einzelfall relevant): In einem separaten Abschnitt hat ggf. eine Darstellung bestehender mate-rieller Unsicherheiten über die Unter-nehmensfortführung zu erfolgen. Diese umfasst auch eine explizite Beurteilung der Angemessenheit der Darstellung der bestehenden Unsicherheit im Abschluss. Die Berichterstattung ist zwingend, falls die Annahme der Unternehmens-fort führung („going concern“) zwar angemessen ist, aber diesbezüglich erhebliche Unsicherheiten bestehen.

Neue Anforderungen an die Berichterstattung des Abschlussprüfers

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• Bedeutsamste Prüfungs- sachverhalte – Key Audit Matters (KAMs): Die zentrale Neuerung der Berichter-stattung besteht in der Einführung einer Darstellung derjenigen Sachverhalte, die aus Sicht des Abschlussprüfers für die aktuell durchgeführte Prüfung besonders bedeutsam waren. Die neue Angabe ist nach den ISAs jedoch nur in Bestätigungsvermerken von kapitalmarkt orientierten Unternehmen („listed entities“) verpflichtend.

• Hervorhebung eines Sachverhalts („Emphasis of Matter“) (nur sofern im Einzelfall relevant): Hervorhebung von Sachverhalten, die im Abschluss dargestellt und aus Sicht des Prüfers für das Verständnis des Abschlusses wichtig sind. Beispiele für entsprechende Sachverhalte sind außerordentliche Geschäftsvorfälle oder wesentliche Ereignisse nach dem Stich-tag. In Abhängigkeit von der Bedeutung des Sachverhalts hat die Darstellung entweder vor oder nach der Darstellung der KAMs zu erfolgen.

• Sonstige Sachverhalte („Other Matters“) (nur sofern im Einzelfall relevant): Darstellung von Sachverhalten, die zwar nicht im Abschluss darzustellen sind, aber aus Sicht des Prüfers für das Verständnis der Prüfung, für die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers oder für den Bestätigungsvermerk wichtig sind. Ein Beispiel für einen entsprechenden Sachverhalt ist die Durchführung einer Erstprüfung nach einem Prüferwechsel.

• Sonstige Informationen („Other Information“) (nur sofern im Einzelfall relevant): Aussage zu finanziellen und nicht-finanziellen Informationen, die nicht im Abschluss enthalten sind, aber zusam-men mit diesem veröffentlicht werden (z. B. in einem Geschäftsbericht).

• Verantwortung der gesetzlichen Vertreter: Entsprechend der bisherigen Praxis ist die Abgrenzung zwischen den Verant-wortlichkeiten des Erstellers und denen des Abschlussprüfers zu verdeutlichen.

• Verantwortung des Abschlussprüfers: Die Darstellung umfasst unter anderem Aussagen zur hinreichenden Prüfungs-sicherheit, zum prüferischen Ermessen, zur beruflichen Skepsis („professional sceptism“), zum Prüfungsansatz und zur Kommunikation mit dem Über wachungsorgan. Im Vergleich zur bisherigen Praxis werden deutlich umfangreichere Ausführungen erforder-lich sein.

Nach unserer Auffassung werden sich in der Praxis für die verschiedenen Bestand-teile des Bestätigungsvermerks standar-disierte Formulierungen durchsetzen. Individuelle Formulierungen sind jedoch zwingend hinsichtlich der Darstellung der KAMs und hinsichtlich der nur im Einzelfall relevanten Bestandteile („Going Concern“, „Emphasis of Matter“, „Other Matters“, „Other Information“) erforderlich. Mit Blick auf Unternehmen, die die geänderten ISAs bereits heute anwenden, lässt sich realiter beobachten, dass der Umfang der ISA-konformen Bestätigungsvermerke infolge der geänderten Regelungen deutlich zugenommen hat.

Die Verpflichtung zur Angabe der be-deutsamsten Prüfungssachverhalte (sogenannte „Key Audit Matters“ - kurz KAMs) im Bestätigungsver merk ist nach den Vorgaben der ISAs auf kapitalmarkt orientierte Unternehmen („listed entitites“) beschränkt. Obwohl die Durchführung der Abschlussprüfung von PIEs und Nicht-PIEs grundsätzlich nach gleichen Grundsätzen erfolgt, unterscheidet sich diesbezüglich künftig die Berichterstattung über die Prüfung. In dieser unterschiedlichen Vorgehensweise konkretisiert sich letztlich die skalierte Anwendung der ISAs.

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ISA 701.8 definiert KAMs abstrakt als „those matters that, in the auditor’s professional judgment, were of most significance in the audit of the financial statements of the current period. Key audit matters are selected from matters communicated with those charged with governance.“ Basierend auf dieser Defini-tion, handelt es sich bei den KAMs um diejenigen Sachverhalte, die Gegen stand der Kommunikation mit dem Über-wachungsorgan und für die Urteilsbildung des Abschlussprüfers wesentlich sind.

Weitergehend wird in ISA 701.9 klarge-stellt, dass bei der Identifikation von KAMs folgende Faktoren zu berücksichtigen sind:

a) wesentliche festgestellte Fehlerrisiken;

b) wesentliche Ermessensentscheidungen des Prüfers bei der Beurteilung von geschätzten Werten in der Rechnungs-legung; und

c) wesentliche Geschäftsvorfälle bzw. Ereignisse während des Geschäfts-jahres.

Es sei an dieser Stelle explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei KAMs stets um individuelle Sachverhalte handeln muss und die entsprechenden Passagen im Bestätigungsvermerk somit spezifisch zu formulieren sind. Da das Ziel der Berichterstattung über KAMs in einer problemorientierten Berichterstattung über die Abschlussprüfung besteht, wer-den mit der Neuregelung auch zwingend unternehmensspezifische Sachverhalte im Bestätigungsvermerk offengelegt.

In den Niederlanden sowie in Groß-britannien waren KAMs in Bestätigungs-vermerken bereits für die Jahre 2013 bis 2015 darzustellen. Erste empirische Analysen belegen, dass mit Blick auf die-sen Untersuchungsgegenstand zwischen drei und acht KAMs dargestellt wurden. Im Zeitablauf ist dabei zu beobachten, dass bestimmte KAMs (z. B. Bewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten, Umsatz-realisierung etc.) in den Bestätigungsver-merken unver ändert dargestellt, während andere (z. B. Restrukturierungen) nur in einem der beiden Jahre berichtet wurden. Im Zeitablauf ist somit mit Blick auf ein Unternehmen von öffentlichem Interesse künftig zu erwarten, dass ganz überwie-gend wechselnde Sachverhalte als KAMs qualifizieren dürften.

Abschließend sei explizit darauf hinge-wiesen, dass ISA 701 kein eigenständiges Prüfungsurteil („piecemail opinion”) zum jeweiligen KAM erwartet. Sofern die Dar-legung, wie der Sachverhalt im Rahmen der Prüfung berücksichtigt wurde, eine Indikation für die anlässlich der Prüfung getroffenen Feststellungen gibt, darf indes nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Darstellung ein eigenständiges Prüfungsurteil oder ein Korrektiv zum Prüfungsurteil für den Abschluss als Ganzes sei.

6.1.3 Europäische Anforderungen an den Bestätigungsvermerk

Neben den in § 274 UGB für alle Unter-nehmen geforderten Angaben fordert Art. 10 Abs. 2 EU-VO für den Bestäti-gungsvermerk von PIEs die folgenden zusätzlichen Angaben und Erklärungen:

a) Angabe, von welchem Organ der Abschlussprüfer bestellt wurde;

b) Angabe des Datums der Bestellung des Abschlussprüfers und der gesamten ununterbrochenen Mandatsdauer (einschließlich bereits erfolgter Verlän-gerungen und erneuter Bestellungen);

c) Erläuterungen zur Untermauerung seines Prüfungsurteils:

• eine Beschreibung der bedeutsams-ten beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen, einschließlich der beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen aufgrund von Betrug,

• eine Zusammenfassung der Reaktion des Prüfers auf diese Risiken und

• ggf. wichtige Feststellungen, die sich in Bezug auf diese Risiken ergeben.

Wenn es für die zuvor genannten im Bestätigungsvermerk enthaltenen Informationen zu den einzelnen bedeut-samen beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen relevant ist, ist in dem Bestätigungsvermerk deutlich auf die entsprechenden Angaben in den Ab schlüssen hinzuweisen;

Neue Anforderungen an die Berichterstattung des Abschlussprüfers

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d) Erläuterung, in welchem Maße die Abschlussprüfung geeignet ist, Unre-gelmäßigkeiten einschließlich Betrugs aufzudecken;

e) Bestätigung, dass das Prüfungsurteil mit dem Prüfungsbericht nach Art. 11 EU-VO in Einklang steht;

f) Erklärung, dass keine unzulässigen Nichtprüfungsleistungen nach Art. 5 Abs. 1 EU-VO erbracht wurden und der Abschlussprüfer bei der Durch-führung der Abschlussprüfung seine Unabhängigkeit von dem geprüften Unter nehmen gewahrt hat; und

g) Angabe der Leistungen, die vom Abschlussprüfer für das geprüfte Unternehmen oder von diesem beherrschten Unternehmen zusätzlich zur Abschlussprüfung erbracht wurden, sofern diese im Lagebericht oder in den Abschlüssen nicht angegeben wurden.

Nach dem Wortlaut der EU-VO hat im Bestätigungsvermerk zur Fundierung des Prüfungsurteils „eine Beschreibung der bedeutsamsten beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen, einschließlich der beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen auf-grund von Betrug“ zu erfolgen (Art. 10 Abs. 2c EU-VO). Damit unterscheidet sich die EU-VO im Wortlaut von der Definition der KAMs in ISA 701. Da in ISA 701 die bedeutsamsten Risiken (ISA 701.9[a]), die wesentlichen Ermessensentscheidun-gen des Managements (ISA 701.9[b]) sowie wesentliche Ereignisse und Ge- schäftsvorfälle (ISA701.9[c]) als mög-liche KAMs genannt werden, ergeben sich nach unserer Auffassung aus der EU-VO indes keine über ISA 701 hinausgehenden Anforderungen an den Bestätigungs-vermerk.

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Zusammenfassend ist mit Blick auf die neuen Bestandteile des Bestätigungs-vermerks zu konstatieren, dass dieser künftig deutlich umfangreicher wird, sodass eine klare Struktur zwingend erforderlich sein wird. In diesem Kontext wird empfohlen, sich an den geänderten ISAs (allen voran ISA 700 und ISA 701) zu orientieren. Insbesondere die neue Berichter stattung über die KAMs dürfte bei den Abschluss adressaten auf großes Interesse stoßen. Unternehmen sind mit Blick auf diese KAMs insgesamt gut beraten, sich dies bezüglich sowohl frühzeitig als auch kontinuierlich während einer Prüfung mit dem Abschlussprüfer auszutauschen.

Die KAMs (sowie die „Beschreibung der bedeutsamsten beurteilten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen, einschließlich der beurteilten Risiken wesent licher falscher Darstellungen aufgrund von Betrug“) sind bereits in der Prüfungs planung zu berücksichtigen. Sie fokussieren auf Sachverhalte mit einem erhöhten Risiko wesentlicher Fehler, einschließlich der wesentlichen Risiken, bei der Festlegung der Prüfungsschwer-punkte. Desgleichen sind Prüffelder zu Abschlussposten mit erheblichen Ermes-sensentscheidungen und Unsicherheiten zu berücksichtigen. Diese Sachverhalte sind während der Prüfungsdurchführung um bedeutsame Einzelsachverhalte, Trans-aktionen oder Ereignisse der Berichts-periode zu er weitern. Beob achtungen zu KAMs können zudem Änderungen

des Prüfungsplans nach sich ziehen. Im Bestätigungsvermerk beschreiben die KAMs die wichtigsten Fehlerrisiken be-zogen auf einzelne Abschlussposten oder Anhangangaben, fassen die dies bezüglich durchgeführten Prüfungshandlungen zusammen und stellen die wichtigsten Beobachtungen dar. Dabei verweisen die KAMs auf die jeweiligen Angaben im Abschluss. Der Abschluss prüfer trifft in seiner Beschreibung der Prüfungshand-lungen und Beobachtungen jedoch keine Einzelaussage zu den bedeutsamsten Sachverhalten, sondern stellt nur ggf. wichtige Feststellungen zu diesen Risiken dar, ohne zu einem Einzelurteil zu kom-men. Das Prüfurteil ist unverändert auf den gesamten Abschluss bezogen. Die Festlegung und Prüfung der KAMs setzt eine enge, zeitnahe und kontinuierliche Abstimmung mit dem Management und dem Prüfungsausschuss voraus.

6. 2 Neuerungen zum Prüfungsbericht

6.2.1 Prüfungsbericht nach bisherigem Recht

Das in § 273 UGB geregelte Rechts-institut des Prüfungsberichts existiert in Österreich bereits seit der Einführung der gesetzlichen Prüfungspflicht. Im Gegensatz zum an die Öffentlichkeit adressierten Bestätigungsvermerk ist der Prüfungsbericht Teil der unter nehmens-internen Bericht erstattung und dient der Unterrichtung des Aufsichts rats, des Prüfungsausschusses und der Gesell-schafter. Er soll diese bei der Überwachung der Geschäftsführung, insbesondere bei ihrer Pflicht zur Prüfung der Rechnungs-legung, unterstützen und enthält deshalb umfangreiche und auch vertrauliche Informationen.

Neue Anforderungen an die Berichterstattung des Abschlussprüfers

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6.2.2 Europäische Anforderungen an den Prüfungsbericht

Eine schriftliche Berichterstattung über die Prüfung in Form eines Prüfungsberichts war bislang weder durch den europäischen Gesetzgeber noch innerhalb der ISAs vor-gesehen. Die Pflicht zur Erstattung eines Prüfungsberichts resultierte in Österreich bislang ausschließlich aus der nationalen Regelung. Die EU-VO normiert nun in Art. 11, dass Abschlussprüfer bei Unter-nehmen von öffentlichem Interesse dem Prüfungsausschuss einen „zusätzlichen Bericht“ vorlegen müssen, der zeitlich nicht später als der Bestätigungsvermerk ausgehändigt werden darf.

Im Einzelnen nennt Art. 11 Abs. 2 EU-VO die nachfolgenden Pflichtbestandteile:

a) Erklärung über die Unabhängigkeit;

b) Angabe jedes an der Prüfung beteilig-ten verantwortlichen Prüfungspartners bei Prüfungsgesellschaften;

c) Angaben zur Verwertung von Arbeiten anderer Prüfer oder externer Sach-verständiger sowie zu deren Unab-hängigkeit;

d) Beschreibung der Art, der Häufigkeit und des Umfangs der Kommunikation mit dem Prüfungsausschuss und bestimmten anderen Gremien des geprüften Unternehmens;

e) Beschreibung des Umfangs und des Zeitplans der Prüfung;

f) (nur bei Gemeinschaftsprüfungen) Beschreibung der Aufgabenverteilung zwischen den Abschlussprüfern bei einer Joint Audit;

g) Beschreibung der bei dem Prüfungs-ansatz verwendeten Methode, z. B. welche Kategorien der Bilanz substan-ziell geprüft und welche System- und Zuverlässigkeitsprüfungen unterzogen wurden;

h) Darlegung der quantitativen Wesent-lichkeitsgrenze für den Abschluss als Ganzes und ggf. von spezifischen Wesentlichkeitsgrenzen sowie die Darlegung der qualitativen Faktoren, die bei der Festlegung der Wesentlich-keitsgrenze berücksichtigt wurden;

i) Angaben zu festgestellten Ereignissen oder Gegebenheiten, die erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Unter-nehmens zur Fortführung der Unter-nehmenstätigkeit begründen können, sowie dazu, ob diese Ereignisse oder Gegebenheiten eine wesentliche Unsicherheit darstellen; ferner eine Zusammen fassung von unterstützen-den Maßnahmen (beispielsweise Garantien, Patronatserklärungen), die bei der Beurteilung der Fortführungs-fähigkeit berücksichtigt wurden;

j) Angabe bedeutsamer Mängel im inter-nen Finanzkontroll- oder Rechnungs-legungssystem des Unternehmens sowie Feststellung, ob diese Mängel vom Management beseitigt wurden;

k) Angabe von festgestellten bedeutsa-men Sachverhalten im Zusammenhang mit der tatsächlichen oder vermuteten Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften oder des Gesellschaftsvertrags, soweit sie für die Überwachungsfunktion des Prüfungsausschusses als relevant erachtet werden;

l) Angabe und Beurteilung der bei den verschiedenen Posten des Abschlusses angewandten Bewertungsmethoden einschließlich etwaiger Auswirkungen von (zulässigen) Änderungen dieser Methoden;

m) (nur bei Konzernabschlüssen) Erläuterung zur Abgrenzung des Konsolidierungskreises sowie die Angabe, ob die angewandten Krite-rien im Einklang mit den Rechnungs-legungsregelungen stehen;

n) (nur bei Konzernabschlüssen) Angabe, welche Arbeiten von Prüfern aus einem Drittland oder von Prüfern, bei denen es sich nicht um Mitglieder desselben Netzwerks wie dem des Konzernprüfers handelt, ausgeführt wurden;

o) Angabe, ob das geprüfte Unternehmen alle verlangten Erläuterungen und Unterlagen zur Verfügung gestellt hat; und

p) (sofern relevant) Angaben über

• bedeutsame Schwierigkeiten, die während der Prüfung aufgetreten sind,

• sich aus der Prüfung ergebende bedeutsame Sachverhalte, die besprochen wurden oder Gegenstand des Schriftverkehrs mit dem Manage-ment waren, und

• sonstige sich aus der Prüfung ergebende Sachverhalte, die nach dem fachkundigen Urteil des Prüfers für die Überwachung des Rechnungs-legungsprozesses bedeutsam sind.

Das Mitgliedstaatenwahlrecht in Art. 11 Abs. 2 Unterabsatz 2 EU-VO, wonach die Mitgliedstaaten zusätzliche Anforderungen hinsichtlich des Berichtsinhalts festlegen können, wurde vom österreichischen Gesetzgeber zwar nicht genutzt, allerdings ist dieser gesonderte Bericht in Österreich auch für die in § 271 a UGB definierten „fünffach großen“ Unternehmen, welche die fünfachen Größenmerkmale einer großen Gesellschaft nach § 221 Abs. 3 UGB überschreiten, verplichtend vorge-sehen.

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Die EU Audit Reform auf die Themen-stellung der externen Prüferrotation für Unternehmen von öffentlichem Interesse zu reduzieren würde der Initiative der EU-Kommission nicht gerecht werden. Die EU Audit Reform bringt weitreichende Neuerungen im Bereich der zulässigen und nicht zulässigen Nichtprüfungs leistungen, der Honorarobergrenze, der Governance- Anforderungen für den Prüfungs ausschuss sowie der Kommuni ka tion zwischen Prüfungsausschuss/Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer.

Die unterschiedliche Umsetzung der über 70 Mitgliedstaatenwahlrechte der EU-RL und EU-VO musste unweigerlich zu einem Flickenteppich führen, der die wesentliche Herausforderung aus den Neuregelungen darstellt. Eine kurzfristige Bereinigung dieses politisch durch die Ein führung von Mitgliedstaatenwahl rechten sanktionierten Flickenteppichs ist nicht zu erwarten.

Sprechen Sie uns gerne auf Ihre Fragen und Anforderungen aus der EU Audit Reform an!

7 Ausblick

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Country Managing PartnerMag. Helmut MauknerTelefon +43 1 211 70 [email protected]

Managing Partner AssuranceMag. Gerhard SchwartzTelefon +43 1 211 70 [email protected]

Managing Partner Financial ServicesMag. Friedrich HiefTelefon +43 1 211 70 [email protected]

Assurance LinzMag. Erich LehnerTelefon +43 732 790 790 [email protected]

Assurance LinzMag. Johanna Hobelsberger-GruberTelefon +43 732 790 790 [email protected]

Assurance SalzburgMag. Diether DämonTelefon +43 662 2055 [email protected]

Assurance KlagenfurtMag. Ulrike HochsteinerTelefon +43 463 50 1000 [email protected]

Ansprechpartner

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