Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der...

15
1 Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878 ______________________________________________________________________ Reinhard Stutz (Bearbeitet 2008) Als Fahrpost wurde die übliche Beförderungsart von Personen, Paketen und Päckchen (für Päckchen 1862-1884) mit einem Fahrzeug (Postkutsche, Eisenbahn, etc.) bezeichnet. Die Fahrpost nahm der grösseren Sicherheit halber auch Wertbriefe und Nachnahmen (teilweise nur von einem bestimmten Betrag an) mit. Barfrankatur für Fahrpoststücke Mit Beschluss vom 14. Oktober 1863 wurde die Frankierung von Fahrpoststücken mit Marken untersagt. Die Barzahlung der Frankaturtaxen am Postschalter war mit einem relativ umständlichen internen Buchungsverfahren verbunden. Die Rückkehr zur frankierten Fahrpost Das Bundesgesetz betreffend die Posttaxen, vom 23. März 1876, brachte eine durchgreifende Änderung des Pakettarifs. In der Weisung vom 24. Dezember 1877, die am 1. Januar 1878 in Kraft tritt, wird u.a. verfügt: „Vom 1. Februar 1878 an wird die Frankatur aller Fahrpoststücke (nach dem Jn- und Auslande) in ihrem vollen Betrag mittels gewöhnlichen schweizerischer Brief- frankomarken gedeckt. Diese Massregel betrifft alle Fahrpoststücke, welche mit vom 1. Februar 1878 und später datirten Sendungen spedirt werden“. „Es werden baldmöglichst (jedoch keinen Falls vor 15. Februar 1878) neue Frankomarken im Taxwerte von 40 Ct. erstellt und an die Kreise abgegeben werden. Hierüber wird eine besondere Verfügung folgen“. „Jedes bei einer schweizerischen Poststelle aufgegebene und für das Inland bestimmte nicht frankierte oder ungenügend, bezw. nur theilweise frankirte einlangende Fahr- poststück ist einer fixen Zuschlagstaxe von 10 Centimen unterworfen“. Ausnahme Transitstücke und Eingang aus Deutschland. Die Entwertung der Fahrpostfrankaturen In der gleichen Weisung finden wir die Vorschriften zur Entwertung der Frankatur auf den Fahrpoststücken. „Die Marken auf Fahrpoststücken sind mittels eines deutlichen, saubern und stark schwärzenden Abdrucks des Datumstempels zu obliteriren (entwerthen). Wenn wegen der Beschaffenheit des Stücks eine Marke durch den Stempelabdruck nicht vollständig entwerthet werden kann, so ist die Obliteration in der Weise zu ergänzen, dass auf die Marke das Datum der Aufgabe mit schwarzer Tinte geschrieben wird und zwar in folgender Form: „19/1“ (bedeutend 19. Januar)“. Einführung von Fahrpoststempeln in Kastenform Über die Einführung von Fahrpoststempel in Kastenform 1878 konnten in den Archivunterlagen bis heute keine Angaben aufgefunden werden. Auch in der bestehenden Literatur sind keine entsprechenden Stempelaufstellungen bekannt, d.h. die Unterscheidung in postamtlich und bahnamtlich wurde nie vorgenommen. Behandelt wurden lediglich die Fahrpoststempel von Bern in der SBZ 2001/11 durch Pierre Guinand. Anscheinend wollte die Postverwaltung die Stempelform den bahnamtlichen Stempel anpassen. Diese Fahrpoststempelform wurde von der

Transcript of Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der...

Page 1: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

1

Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878______________________________________________________________________

Reinhard Stutz (Bearbeitet 2008)

Als Fahrpost wurde die übliche Beförderungsart von Personen, Paketen und Päckchen(für Päckchen 1862-1884) mit einem Fahrzeug (Postkutsche, Eisenbahn, etc.)bezeichnet. Die Fahrpost nahm der grösseren Sicherheit halber auch Wertbriefe undNachnahmen (teilweise nur von einem bestimmten Betrag an) mit.

Barfrankatur für Fahrpoststücke

Mit Beschluss vom 14. Oktober 1863 wurde die Frankierung von Fahrpoststücken mitMarken untersagt. Die Barzahlung der Frankaturtaxen am Postschalter war mit einemrelativ umständlichen internen Buchungsverfahren verbunden.

Die Rückkehr zur frankierten Fahrpost

Das Bundesgesetz betreffend die Posttaxen, vom 23. März 1876, brachte einedurchgreifende Änderung des Pakettarifs. In der Weisung vom 24. Dezember 1877, dieam 1. Januar 1878 in Kraft tritt, wird u.a. verfügt:

„Vom 1. Februar 1878 an wird die Frankatur aller Fahrpoststücke (nach dem Jn- undAuslande) in ihrem vollen Betrag mittels gewöhnlichen schweizerischer Brief-frankomarken gedeckt. Diese Massregel betrifft alle Fahrpoststücke, welche mit vom 1.Februar 1878 und später datirten Sendungen spedirt werden“.„Es werden baldmöglichst (jedoch keinen Falls vor 15. Februar 1878) neueFrankomarken im Taxwerte von 40 Ct. erstellt und an die Kreise abgegeben werden.Hierüber wird eine besondere Verfügung folgen“.„Jedes bei einer schweizerischen Poststelle aufgegebene und für das Inland bestimmtenicht frankierte oder ungenügend, bezw. nur theilweise frankirte einlangende Fahr-poststück ist einer fixen Zuschlagstaxe von 10 Centimen unterworfen“. AusnahmeTransitstücke und Eingang aus Deutschland.

Die Entwertung der Fahrpostfrankaturen

In der gleichen Weisung finden wir die Vorschriften zur Entwertung der Frankatur aufden Fahrpoststücken.

„Die Marken auf Fahrpoststücken sind mittels eines deutlichen, saubern und starkschwärzenden Abdrucks des Datumstempels zu obliteriren (entwerthen). Wenn wegender Beschaffenheit des Stücks eine Marke durch den Stempelabdruck nicht vollständigentwerthet werden kann, so ist die Obliteration in der Weise zu ergänzen, dass auf dieMarke das Datum der Aufgabe mit schwarzer Tinte geschrieben wird und zwar infolgender Form: „19/1“ (bedeutend 19. Januar)“.

Einführung von Fahrpoststempeln in Kastenform

Über die Einführung von Fahrpoststempel in Kastenform 1878 konnten in denArchivunterlagen bis heute keine Angaben aufgefunden werden. Auch in derbestehenden Literatur sind keine entsprechenden Stempelaufstellungen bekannt, d.h.die Unterscheidung in postamtlich und bahnamtlich wurde nie vorgenommen.Behandelt wurden lediglich die Fahrpoststempel von Bern in der SBZ 2001/11 durchPierre Guinand. Anscheinend wollte die Postverwaltung die Stempelform denbahnamtlichen Stempel anpassen. Diese Fahrpoststempelform wurde von der

Page 2: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

Herstellerfirma Güller in Hüttikon zur Hauptsache 1878 hergestellt und ausgeliefert. Esfolgten einige Nachzügler oder Ersatzstempel. Bei meiner Bearbeitung derbahnamtlichen Stempel ist mir dabei ein „gewollter“ Unterschied zu den von dergleichen Firma hergestellten bahnamtlichen Stempel aufgefallen. Bei allen post-amtlichen Stempel ist die Schreibweise der ORTSCHAFT in Grossbuchstabenausgeführt. Der Stempel wurde zwischen Ortschaft und Datum nicht mit einemTeilstrich versehen. Ausnahme BERN (Auslieferung 1874) und GENÈVE/ TRANSIT(1877). Bei der Herstellung von bahnamtlichen Stempeln nach etwa 1890 wurde dieserUnterschied nicht mehr beachtet.

E

I

„sWDKmem

Güller-Stahlstempel: Postamtliche Ausführungen.1878 und 1887.

Bahnamtliche Ausführung.1889.

in Ring-Holzstempel wird eingeführt

n der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt:

Die Marken sind auf den Fahrpoststücken mittels eines deutlichen, sauberen und starkchwärzenden Abdrucks des Datumstempels zu entwerten und zwar jede Marke einzeln.enn die Frankomarken wegen der Beschaffenheit der Verpackung mittelst desatumstempels nicht vollständig und deutlich entwertet werden können (z.B. aufisten, Cartonschachteln etc.), so ist der Stempelabdruck durch Beisetzung des Datumsit Tinte zu ergänzen. Die rechnungspflichtigen Poststellen haben in diesen Fällen den

igens hiezu erstellten Holzstempel zu verwenden und innerhalb der Ringe das Datumit Tinte beizufügen“.

Güller Stahlstempel: Bahnamtliche Ausführungen.Auslieferungsjahre von links nach rechts: 1875, 1879, 1887.

2

Page 3: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

Der Einsatz der Fahrpoststempel erfolgte bei der Post im allgemeinen zur Entwertungder Frankatur. Im Laufe der Zeit wurden diese Stempel von den Poststellen auchzweckentfremdet eingesetzt. So finden wir diese Stempel auf Nachportomarken,Empfangscheinen, als Aufgabestempel bei der Briefpost (Aushilfsstempel?), alsAnkunftsstempel etc. Zudem hatten diese Stempel teilweise eine sehr langeLebensdauer (siehe Stempelaufstellung).

3

EMPFANGSCHEIN: 1891 (31 JULI) BASEL BB, Güller Nr. 3177.Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen vor 1926.

NACHNAHME: 1882 (24 JULI) AARAU, Güller Nr. 3246.Auslieferung 1878, im Gebrauch bis nach 1926.

Page 4: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen 1940.

POSTKARTE: 1899 (11 JUIN) BULLE.Güller Nr. 3312.

Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen 1949.

PAKETPOST: 1901 (25 SPT) SURSSE, Güller Nr. 3339.

4

ANKUNFTSSTEMPEL: 1898 (4 MAI) SCHWYZ.Güller Nr. 3337.

Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen 1950.

Page 5: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

B

Quellen:

NACHPORTO: 1903 (12 JAN) LANGENTHAL, Güller Nr. 3418.

5

RIEFPOST/EXPRESS: 1943 (18 MRS) FRIBOURG, Güller Nr. 3273.Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen nach 1943.

„Güller“ Stempelbücher, CONSILIUM PHILATELIÆ HELVETICÆ (1999).

Grosses Handbuch der Abstempelungen auf Schweizermarken 1843-1907.

Postamtliche Verfügungen und Weisungen (PTT-Archiv in Bern).

Sammlung des Verfassers.

Auslieferung 1878, aus dem Verkehr gezogen etwa 1929.

Page 6: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

6

Page 7: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

7

Stempel nach 1902 abgeändert, SCB ersetzt durch SBB

Page 8: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

8

Page 9: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

9

Page 10: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

10

Page 11: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

11

ev. bahnamtlich.

Page 12: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

12

Page 13: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

13

Page 14: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

14

Page 15: Die Fahrpoststempel in Kastenform von 1878€¦ · Ein Ring-Holzstempel wird eingeführt In der Instruktion zum Tarif vom 1. Juli 1893 wurde verfügt: „Die Marken sind auf den Fahrpoststücken

w

Die Weiterverwendung in Fachzeitschriften etc. ist gestattet unter folgenden Bedingungen:

Unveränderte Wiedergabe mit Quellenangabe. Belegsexemplar an Verlag Post und Geschichte GmbH.

Anmerkungen und Ergänzungen erwünscht, falls notwendig am Schluss anfügen mit neuenQuellenangaben und Angabe der bearbeitenden Person.

Post und Geschichte GmbH, Verlag und Handelsgesellschaft

Christian Geissmann, Postfach 56, CH 5612 Villmergen (Schweiz)

15

ww.post-und-geschichte.ch E-Mail: [email protected]