Die Gebläsehalle ist einer der ältesten Zeitzeugen in Belval

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22 Tageblatt Mittwoch, 21. März 2012 • Nr. 69 ESCH BELVAL - Die 1911 erbaute „Hall des soufflantes“ besteht aus zwei Gebäudeteilen, die jeweils 135 Meter lang und 40 Meter breit sind. Laut Roby Gales, Prä- sident der „Amicale des hauts- fourneaux A et B“, gibt es in der ganzen Großregion keine Halle mehr in dieser Größenordnung. In dem auf der Seite der Hoch- öfen gelegenen Teil der Halle, der Gebläsezentrale, waren acht 25 Meter lange Kolbengasmotoren untergebracht, die durch das Gichtgas aus den Hochöfen an- getrieben wurden. Durch sie wur- de die Luft, die zur Aktivierung und Erhaltung des Feuers benö- tigt wurde, mittels eines Lei- tungssystems in die Hochöfen befördert. Die Kolbengasmotoren waren zur Gewinnung von Gusseisen und zur Gichtgasproduktion, und somit auch für den Betrieb der ganzen Schmelz, unablässig. 1965 wurden die Kolbengasmo- toren durch vier teure Turboge- bläse ersetzt, von denen heute noch drei unversehrt erhalten sind. Die Dynamozentrale befindet sich im Gebäudeteil zum Elektro- stahlwerk hin. Dort standen zwölf Gasmotoren mit Generato- ren, um die Dynamos anzutrei- ben und Strom zu produzieren, der sowohl in den Schmelzen ge- braucht als auch an die Stadt Esch verkauft wurde. Dach in Fachwerkbauweise Ein besonderes Merkmal der Ge- bläsehalle ist das Dach, das in ei- ner aufwendigen Fachwerkbau- weise errichtet wurde. Im Ersten Weltkrieg war die Gebläsezentrale ein wichtiges, strategisches Angriffsziel der französischen Flugzeugflotte. 1916 wurde die Hälfte des Hal- lendachs bei einer Bombardie- rung zerstört. Dabei wurden auch sechs der acht Kolbengasmoto- ren beschädigt, so dass die Adolf- Emil-Hütte eine Woche lang au- ßer Betrieb gesetzt war. Die lange und bewegte Ge- schichte der Gebläsehalle ist wohl das wichtigste Argument, das die „Amicale des hauts-four- neaux A et B“ zu ihrer Erhaltung anführt. Die Unversehrtheit der Halle führen die ehemaligen Ar- bed-Angestellten darauf zurück, dass dort 90 Jahre lang eine hohe Hitze geherrscht habe, die das Rosten der Stahlkonstruktion verhindert habe. Zudem sei die „Hall de soufflantes“ jährlich ge- wartet worden. Aufgrund dessen schlägt die „Amicale“ vor, das geplante „Centre national de culture in- dustrielle“ (CNCI) in der Geblä- sehalle anstatt in der Gießhalle von Hochofen A unterzubringen. Dies sei nicht nur kostengünsti- ger als der auf 30 Millionen Euro geschätzte Umbau der Gießhalle, sondern die „Soufflante“ biete mit seinen drei intakten Turboge- bläsen und fünf riesigen Heizkes- seln im Keller bereits umfangrei- ches Anschauungsmaterial vor Ort. „Es wäre unverantwortlich und eine Schande, diese einzigartigen Monumente der Kulturindustrie abzureißen“, sagt Roby Gales. Die „Amicale“ befürchtet, dass die „Hall des soufflantes“ demo- liert werden könnte, um Reserve- terrain für einen eventuellen Aus- bau der Universität zu schaffen. Die Gebläsehalle ist einer der ältesten Zeitzeugen in Belval „Ein Abriss wäre unverantwortlich“ Luc Laboulle Die „Hall des soufflantes“ war lange Zeit ein wichtiger Bestandteil der Belvaler Schmelz. Im vergangenen Jahr gab das Kulturministerium ei- ne Studie in Auftrag, um den Zustand der Halle zu prüfen. Laut Einschätzungen der „Amicale des hauts-fourneaux A et B“ ist die Gebläsehalle, bis auf leicht behebbare Mängel am Dach, intakt. BELVAL - Einst verband der 538 Meter lange und 6,20 Meter brei- te Highway die drei Hochöfen A, B und C miteinander. Heute sind nur noch 250 Meter davon erhal- ten, und das obwohl im Master- plan zu Belval seine integrale Er- haltung vorgesehen war. Zum wiederholten Male forder- ten die „Amicale“ und das „Mou- vement écologique“ im vergange- nen Jahr in einem Brief an die Re- gierung, dass der Highway in sei- ner ursprünglichen Länge wieder aufgebaut werden müsse, weil die späteren Besucher der Anlage sonst die wichtige Funktion der Brücke nicht verstehen könnten. Auf eine Antwort warten sie noch heute. In seiner Mitteilung erklärt der „Fonds Belval“, ein nicht be- nanntes Büro, das auf Beton spe- zialisiert sei, habe Analysen durchgeführt, die zeigten, dass die tragende Struktur des Highways stark beschädigt sei und daher abgerissen werden müsse. Konstruktion aus stabilen Stahlträgern Ein Argument, das den pensio- nierten Ingenieur Gales über- rascht: Die tragende Konstrukti- on des Highways sei nämlich nicht aus Beton, sondern aus di- cken, stabilen Stahlträgern gefer- tigt und erst um die 50 Jahre alt. Lediglich der 20 bis 30 cm dicke Teppich darauf bestehe aus Stahlbeton, den man, laut Gales, bei Bedarf mit Spritzbeton tor- kretieren könne. Laut Mitteilung des „Fonds Belval“ soll lediglich das Teil- stück zwischen Gießhalle und „Maison de l’innovation“, nach dem Abriss im Frühjahr, später für teures Geld wieder aufgebaut werden. Wie Roby Gales be- merkt, ist dies auch schon auf dem Modell in der Expo im „Masse noire“-Gebäude zu se- hen. Dies würde bedeuten, dass auch die Auffahrtsrampe des Highways am Hochofen A ver- schwinden wird. LL Geplantes Massaker am Highway „Ein Skandal“ In einer Mitteilung teilte der öf- fentliche Bauherr „Le Fonds Belval“ kürzlich mit, dass der Highway, eine Art Brücke, die durch die Hochofenanlage führt, in den nächsten Monaten abgerissen werde, um später wieder teilweise neu aufge- baut zu werden (das Tageblatt berichtete). Ein Skandal, findet die „Amicale des hauts-four- neaux A et B“. Foto: Hervé Montaigu Der Highway wurde bereits stark demoliert Foto: Hervé Montaigu Das Kulturministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, um den Zustand der Halle zu prüfen Foto: Tageblatt-Archiv Im Keller der Halle stehen noch fünf riesige Heizkessel Fotos: Jängi Staudt Die zwölf Gasmotoren mit Generatoren in der Dynamozentrale Foto: Tageblatt-Archiv Das Dach der Gebläsehalle wurde in einer aufwendigen Fachwerkbauweise errichtet Drei der vier Turbogebläse sind heute noch intakt Fotos: Tageblatt-Archiv Die Zähler und Schalttafeln sind noch zum größten Teil vorhanden

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Ein Abriss wäre unverantwortlich

Transcript of Die Gebläsehalle ist einer der ältesten Zeitzeugen in Belval

22 TageblattMittwoch, 21. März 2012 • Nr. 69ESCH

BELVAL - Die 1911 erbaute„Hall des soufflantes“ besteht auszwei Gebäudeteilen, die jeweils135 Meter lang und 40 Meterbreit sind. Laut Roby Gales, Prä-sident der „Amicale des hauts-fourneaux A et B“, gibt es in derganzen Großregion keine Hallemehr in dieser Größenordnung.

In dem auf der Seite der Hoch-öfen gelegenen Teil der Halle, derGebläsezentrale, waren acht 25Meter lange Kolbengasmotorenuntergebracht, die durch dasGichtgas aus den Hochöfen an-getrieben wurden. Durch sie wur-de die Luft, die zur Aktivierungund Erhaltung des Feuers benö-tigt wurde, mittels eines Lei-tungssystems in die Hochöfenbefördert.

Die Kolbengasmotoren warenzur Gewinnung von Gusseisen

und zur Gichtgasproduktion,und somit auch für den Betriebder ganzen Schmelz, unablässig.1965 wurden die Kolbengasmo-toren durch vier teure Turboge-bläse ersetzt, von denen heutenoch drei unversehrt erhaltensind.

Die Dynamozentrale befindetsich im Gebäudeteil zum Elektro-stahlwerk hin. Dort standenzwölf Gasmotoren mit Generato-ren, um die Dynamos anzutrei-ben und Strom zu produzieren,der sowohl in den Schmelzen ge-braucht als auch an die StadtEsch verkauft wurde.

Dach inFachwerkbauweise

Ein besonderes Merkmal der Ge-bläsehalle ist das Dach, das in ei-ner aufwendigen Fachwerkbau-weise errichtet wurde.

Im Ersten Weltkrieg war dieGebläsezentrale ein wichtiges,strategisches Angriffsziel derfranzösischen Flugzeugflotte.1916 wurde die Hälfte des Hal-lendachs bei einer Bombardie-rung zerstört. Dabei wurden auchsechs der acht Kolbengasmoto-ren beschädigt, so dass die Adolf-Emil-Hütte eine Woche lang au-ßer Betrieb gesetzt war.

Die lange und bewegte Ge-schichte der Gebläsehalle istwohl das wichtigste Argument,das die „Amicale des hauts-four-neaux A et B“ zu ihrer Erhaltunganführt. Die Unversehrtheit derHalle führen die ehemaligen Ar-bed-Angestellten darauf zurück,dass dort 90 Jahre lang eine hoheHitze geherrscht habe, die dasRosten der Stahlkonstruktionverhindert habe. Zudem sei die„Hall de soufflantes“ jährlich ge-wartet worden.

Aufgrund dessen schlägt die„Amicale“ vor, das geplante„Centre national de culture in-dustrielle“ (CNCI) in der Geblä-sehalle anstatt in der Gießhallevon Hochofen A unterzubringen.Dies sei nicht nur kostengünsti-ger als der auf 30 Millionen Eurogeschätzte Umbau der Gießhalle,sondern die „Soufflante“ bietemit seinen drei intakten Turboge-bläsen und fünf riesigen Heizkes-seln im Keller bereits umfangrei-ches Anschauungsmaterial vorOrt.

„Es wäre unverantwortlich undeine Schande, diese einzigartigenMonumente der Kulturindustrieabzureißen“, sagt Roby Gales.Die „Amicale“ befürchtet, dassdie „Hall des soufflantes“ demo-liert werden könnte, um Reserve-terrain für einen eventuellen Aus-bau der Universität zu schaffen.

Die Gebläsehalle ist einer der ältesten Zeitzeugen in Belval

„Ein Abriss wäre unverantwortlich“Luc Laboulle

Die „Hall des soufflantes“ war lange Zeit ein wichtigerBestandteil der BelvalerSchmelz. Im vergangenen Jahrgab das Kulturministerium ei-ne Studie in Auftrag, um denZustand der Halle zu prüfen.Laut Einschätzungen der„Amicale des hauts-fourneauxA et B“ ist die Gebläsehalle, bisauf leicht behebbare Mängelam Dach, intakt.

BELVAL - Einst verband der 538Meter lange und 6,20 Meter brei-te Highway die drei Hochöfen A,B und C miteinander. Heute sindnur noch 250 Meter davon erhal-ten, und das obwohl im Master-plan zu Belval seine integrale Er-haltung vorgesehen war.

Zum wiederholten Male forder-ten die „Amicale“ und das „Mou-vement écologique“ im vergange-nen Jahr in einem Brief an die Re-gierung, dass der Highway in sei-ner ursprünglichen Länge wiederaufgebaut werden müsse, weil diespäteren Besucher der Anlagesonst die wichtige Funktion derBrücke nicht verstehen könnten.Auf eine Antwort warten sienoch heute.

In seiner Mitteilung erklärt der„Fonds Belval“, ein nicht be-nanntes Büro, das auf Beton spe-zialisiert sei, habe Analysen

durchgeführt, die zeigten, dassdie tragende Struktur desHighways stark beschädigt seiund daher abgerissen werdenmüsse.

Konstruktion ausstabilen Stahlträgern

Ein Argument, das den pensio-nierten Ingenieur Gales über-rascht: Die tragende Konstrukti-on des Highways sei nämlichnicht aus Beton, sondern aus di-cken, stabilen Stahlträgern gefer-tigt und erst um die 50 Jahre alt.Lediglich der 20 bis 30 cm dickeTeppich darauf bestehe ausStahlbeton, den man, laut Gales,bei Bedarf mit Spritzbeton tor-kretieren könne.

Laut Mitteilung des „FondsBelval“ soll lediglich das Teil-stück zwischen Gießhalle und„Maison de l’innovation“, nachdem Abriss im Frühjahr, späterfür teures Geld wieder aufgebautwerden. Wie Roby Gales be-merkt, ist dies auch schon aufdem Modell in der Expo im„Masse noire“-Gebäude zu se-hen. Dies würde bedeuten, dassauch die Auffahrtsrampe desHighways am Hochofen A ver-schwinden wird. LL

Geplantes Massaker am Highway

„Ein Skandal“

In einer Mitteilung teilte der öf-fentliche Bauherr „Le FondsBelval“ kürzlich mit, dass derHighway, eine Art Brücke, diedurch die Hochofenanlageführt, in den nächsten Monatenabgerissen werde, um späterwieder teilweise neu aufge-baut zu werden (das Tageblattberichtete). Ein Skandal, findetdie „Amicale des hauts-four-neaux A et B“.

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Der Highway wurde bereits stark demoliert

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Das Kulturministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, umden Zustand der Halle zu prüfen

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Im Keller der Halle stehen noch fünf riesige Heizkessel

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Die zwölf Gasmotoren mit Generatoren in der Dynamozentrale

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vDas Dach der Gebläsehalle wurde in einer aufwendigen Fachwerkbauweise errichtet

Drei der vier Turbogebläse sind heute noch intakt

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Die Zähler und Schalttafelnsind noch zum größten Teilvorhanden