Die Geschichte des Schreiberschen Hauses Geschichte des Schreiberschen Hau… · Häuser bis auf...

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Die Geschichte des Schreiberschen Hauses Das Museum für Naturkunde Gera befindet sich im Schreiberschen Haus, dem ältesten erhaltenen Haus der Geraer Altstadt, das als einziges erwähnenswertes Gebäude den Großen Stadtbrand in Gera am 18. September 1780 überstand. Ursprünglich wurde es 1686 bis 1688 gebaut, nachdem das Vorgängergebäude, ein Burggut und Freihaus aus dem 16. Jahrhundert, bei einem früheren Stadtbrand stark beschädigt wurde. Das Bauwerk ist seit 1847 städtisch und dient seit 1947 als Museum. Schon vor der Errichtung des heutigen Schreiberschen Hauses stand an gleicher Stelle auf dem Nicolaiberg ein bedeutender Bau. Etwa um 1540 wurde dort ein Burggut und Freihaus errichtet, das anfangs als Wohnhaus verschiedener Landadeliger diente, die mit der Belehnung durch das Haus Reuß jüngere Linie auch Verpflichtungen zum Schutz der Stadt übernahmen. Im weiteren Verlauf ging das Gebäude in bürgerlichen Besitz über, bis es beim Stadtbrand von 1686, bei welchem zwei Drittel Geras vernichtet wurden, in Flammen aufging. Flugblatt (Ausschnitt), Kupferstich, 1686, Justinus Brandt (Druckerei): Dieser Ausschnitt zeigt die Ansicht Geras vor dem Stadtbrand von 1686: links das imposante Burggut und Freihaus – das Vorgängergebäude des heutigen Schreiberschen Hauses. Sammlung: Stadtmuseum Gera

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Die Geschichte des Schreiberschen Hauses Das Museum für Naturkunde Gera befindet sich im Schreiberschen Haus, dem ältesten erhaltenen Haus der Geraer Altstadt, das als einziges erwähnenswertes Gebäude den Großen Stadtbrand in Gera am 18. September 1780 überstand. Ursprünglich wurde es 1686 bis 1688 gebaut, nachdem das Vorgängergebäude, ein Burggut und Freihaus aus dem 16. Jahrhundert, bei einem früheren Stadtbrand stark beschädigt wurde. Das Bauwerk ist seit 1847 städtisch und dient seit 1947 als Museum. Schon vor der Errichtung des heutigen Schreiberschen Hauses stand an gleicher Stelle auf dem Nicolaiberg ein bedeutender Bau. Etwa um 1540 wurde dort ein Burggut und Freihaus errichtet, das anfangs als Wohnhaus verschiedener Landadeliger diente, die mit der Belehnung durch das Haus Reuß jüngere Linie auch Verpflichtungen zum Schutz der Stadt übernahmen. Im weiteren Verlauf ging das Gebäude in bürgerlichen Besitz über, bis es beim Stadtbrand von 1686, bei welchem zwei Drittel Geras vernichtet wurden, in Flammen aufging.

Flugblatt (Ausschnitt), Kupferstich, 1686, Justinus Brandt (Druckerei): Dieser Ausschnitt zeigt die Ansicht Geras vor dem Stadtbrand von 1686: links das imposante Burggut und Freihaus – das Vorgängergebäude des heutigen Schreiberschen Hauses. Sammlung: Stadtmuseum Gera

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Öl auf Leinwand, Ende 17. Jh.: Dieses Gemälde zeigt Gera einige Jahre nach dem Stadtbrand von 1686. Zu sehen ist das 1686 bis 1688 errichtete Schreibersche Haus mit seinem bis heute markanten Krüppelwalmdach. Sammlung: Stadtmuseum Gera

Auf den Grundmauerresten dieser Brandruine wurde 1686 bis 1688 das heutige Schreibersche Haus errichtet. Das Barocke Gebäude erinnert in Größe und Kubatur an Schloss Hirschberg und Schloss Brandenstein bei Ranis. Die Bauzeit wurde wissenschaftlich durch dendrochronologische Untersuchungen am Dachstuhl des Gebäudes belegt. Als Fälldatum für die im Dachstuhl verwendeten Balken wurden das Winterhalbjahr von 1685/1686 und das Sommerhalbjahr von 1686 nachgewiesen. Das verwendete Holz war noch kernfrisch. Für die Gesamtkonstruktion wurden etwa 80 m³ Fichtenholz in der näheren Umgebung geschlagen – ca. 1/3 Hektar Wald. Aus dieser Zeit stammt auch der prächtige Barocksaal im 2. Obergeschoss des Hauses. Seine hochbarocke Stuckdecke schuf Gabriel Zillinger, wahrscheinlich unter Mitarbeit italienischer Stuckateure. 1689 erwarb der Kauf- und Handelsherr Gottfired Perner aus Merseburg den Komplex. 1716 übernahm es der Kaufmann Johann Georg Schreiber, auf den sich die Bezeichnung “Schreibersches Haus” bezieht.

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Öl auf Leinwand, 18. Jh.: Darstellung des Großen Stadtbrandes von Gera am 18. September 1780. Sammlung: Kunstsammlung Gera

Am 18. September 1780 überstand das Schreibersche Haus als einziges erwähnenswertes Gebäude innerhalb der damaligen Stadtmauern den Großen Stadtbrand. Eine Sage (Eisel 1871) nimmt auf diese erstaunliche Tatsache Bezug. Es wird berichtet, dass der Kaufmann Schreiber „Zigeunern“ Obdach gewährt hatte, nachdem sie in der übrigen Stadt keine Unterkunft erhielten. Zum Dank haben ihm die „Zigeuner“ ein Stäbchen geschenkt. Wenn er es in den Obergeschossen seines Hauses aufbewahren würde, sollte in der Folge Unheil von ihm abgewendet werden. Das besagte Stäbchen muss beim Großen Stadtbrand auf dem Dachboden gelegen haben, so dass das Haus vor Schaden bewahrt wurde. Nach einem trockenen Sommer brach am 18. September 1780 in der Greizer Straße 58 südlich vor der Stadtmauer ein Feuer aus. Wie erst Jahre später klar wurde, war es Brandstiftung bedingt durch nachbarschaftlichen Zwist. Durch einen Südostwind griff das Feuer via Funkenflug schnell in Gera um sich, Haus für Haus ging in Flammen auf. Noch am Abend desselben Tages brannte die gesamte Innenstadt (innerhalb der Stadtmauer) und auch ein großer Teil der Vorstädte war verloren. Innerhalb der Altstadt wurden sämtliche Häuser bis auf das Schreibersche Haus und unbedeutende Nebengebäude vernichtet. 10 Menschen verloren ihr Leben dabei, 785 Gebäude wurden zerstört (darunter 2 Kirchen, 68 Scheunen, das Zucht- und Waisenhaus, das Regierungsgebäude, das Gymnasium, das Rathaus) und ein Großteil des Viehs ging verloren.

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Öl auf Leinwand, 1860, Carl Theodor Bergner: Das Gemälde hält letztmalig den noch unbebauten Bereich östlich des Schreiberschen Hauses fest. Sammlung: Stadtmuseum Gera

Erst ab 1847 ging das Gebäude in den Besitz der Stadt Gera über. Kurzzeitig diente es als Stadtgericht, dann als Sitz der Lithografischen Anstalt Rudolf, anschließend befand sich darin eine Mädchenschule, dann ein Teil der 1. Bürgerschule (Mittelschule) und die Pestalozzischule. In diesem Zusammenhang wurden 1904 das steinerne Treppenhaus und 1929/30 ein Anbau an der Nordseite errichtet. Aber auch der Barocksaal wurde durch Zwischenmauern in zwei Klassenzimmer und einen Flur unterteilt.

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Fotografie, um 1880: Neben der hier sichtbaren Ostfassade des Schreiberschen Hauses ist bereits die 1861 bis 1864 errichtete Gesamtstadtschule zu erkennen. Sammlung: Stadtmuseum Gera

Nach dem 2. Weltkrieg kam dem Schreiberschen Haus eine neue Funktion zu. Sämtliche musealen Sammlungen Geras waren bis dahin im Städtischen Museum im ehemaligen Zucht- und Waisenhaus untergebracht. Nach der erheblichen kriegsbedingten Beschädigung dieses Gebäudes im Jahr 1945 wurde noch zu rettendes Sammlungsmaterial vor allem durch privates Engagement aus der Ruine transportiert und zwischengelagert, bis es zeitnah vollständig im Schreiberschen Haus eingelagert wurde. Die Zeit des Schreiberschen Hauses als Museum begann! 1947 fand das Städtische Museum seine Heimstatt darin, das ab 1950 der Öffentlichkeit zugänglich war. Nach dem Wiederaufbau des alten Städtischen Museums im ehemaligen Zucht- und Waisenhaus und der schrittweisen Auslagerung stadt- und kulturgeschichtlichen Sammlungsguts dahin, wurde das Schreibersche Haus als Naturwissenschaftliches Museum, als Naturkundliches Museum und schließlich als Museum für Naturkunde gestaltet. 1957 dominierten bereits naturkundliche Ausstellungen im Schreiberschen Haus und auch die Präparationswerkstatt wurde neu eingerichtet. 1984 wurde nach neun Jahren Schließzeit das Museum für Naturkunde im Schreiberschen Haus mit der neuen Dauerausstellung „Ostthüringen als Landschaftsraum“ wiedereröffnet.

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Fotografien, um 1950: Das Schreibersche Haus beherbergt das Städtische Museum mit kulturgeschichtlichen, naturkundlichen und kunsthistorischen Objekten und Ausstellungen. Sammlung: Stadtmuseum Gera

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Nach der Wiedervereinigung Deutschlands fanden weitere größere Veränderungen statt, so z. B. 1994 die Eröffnung der Dauerausstellung „Minerale – Bausteine der Erdkruste“ und 1995 die Nutzung des hauseigenen Höhlers 188 für die Ausstellung „Minerale und Bergbau Ostthüringens“. Beide Ausstellungen wurden 2011 wiederrum verändert zu „Die Minerale Ostthüringens“ und „Das Einmaleins der Minerale“. Auch ursprünglich 1984 geschaffene Räume der Dauerausstellung wie z. B. zur Plothener Teichplatte oder zu den Muschelkalkhängen des mittleren Saaletals wurden inzwischen bereits wieder gestalterisch verändert. Im Jahr 2018 wurde ebenso das ursprünglich 1984 geschaffene Kinderkabinett “Schwalbennest” umfangreich renoviert und umgestaltet.