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LOKREPARATURHALLE INDUSTRIERUINE MEHRZWECKHALLE D I E G Ö T T I N G E R K A R L B U R M E I S T E R · M A T T H I A S H E I N Z E L 1 9 1 7 2 0 0 0

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Die Göttinger Lokhalle

–Buchverlag–

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Quelle: Kreisbildstelle Göttingen, Luftbild Nr. Brg 5555/963 / 69.04-02.06.Personenbahnhof Göttingen und Ausbesserungswerk 1969

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Karl Burmeister ● Matthias Heinzel

Die Göttinger

Lokhalleim Otto-Hahn-Zentrum

Von der Industrie-Ruinezur vielfältig nutzbaren Mehrzweckhalle

Mit Geschichte der Bahn und des Ausbesserungswerkes

von 1854 bis 1976

–Buchverlag–

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© 2001 by Göttinger Tageblatt GmbH & Co., GöttingenTexte: Karl Burmeister · Matthias Heinzel

Titellayout: Rolf-Udo WagnerBildnachweis: Seite 167

Druck und Verlag:Alle Rechte vorbehalten

ISBN 3-924781-38-9

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Von unten nach oben: Personenbahnhof Göttingen mit Gleisanlagen, Lokhalle, Leineaue, Weststadt.

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Die Bahnhofswestseite mit Lokhalle, IC-Hotel, Medienhaus, Pressezentrum und Parkhaus im Sommer 2000. Foto: Scheiter

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Ein Wechsel auf die ZukunftWeltstars machen in Göttingen Halt. Ausstellungen und Messen

ziehen Tausende an. Nationale und internationale Sportevents, hier-zulande nie gekannte Freizeitvergnügen und inzwischen legendäreRiesenpartys machen unsere Stadt zum Veranstaltungsmagneten, oftgenug mit überregionaler Anziehungskraft. Was sich noch vor zehnJahren niemand träumen ließ – die Lokhalle macht es möglich.

Der Weg von der ehemaligen Lokrichthalle bis zur größten multi-funktionalen Veranstaltungsstätte im Süden Niedersachsens warweit und gepflastert mit Hoffnungen und Visionen wie mit Enttäu-schungen und Rückschlägen. Unzählige Nutzungsvarianten, unter-schiedliche Finanzierungsmodelle und wechselnde Besitzverhältnis-se gingen fast über Jahrzehnte einher mit Missverständnissen, Irrtü-mern und Fehleinschätzungen.

Die wechselvolle Geschichte der Lokhalle seit Ende der 70er Jahredes letzten Jahrhunderts erlaubt im Rückblick späte Einsicht undeinsichtige Milde im Urteil. Alle seit jenen Tagen in breiter, oft harteröffentlicher Diskussion formulierten Vorschläge waren – damals – nicht zu finanzieren; weder durchdie öffentliche Hand, noch durch private Investoren, auch nicht durch Modelle der Kooperation, alsodurch public-private-partnership.

In der verantwortlichen Kommunalpolitik unserer Stadt wich folglich der ursprüngliche Konsensüber den wünschenswerten Erhalt des bedeutenden Industriedenkmals dem – damals – verständli-chen Wunsch nach seinem Abriss. Dass es dazu nicht kommen musste, dass stattdessen die Grundsa-nierung der Halle erfolgte, ist ausschließlich einem heilsamen Prozess des Umdenkens zu verdan-ken: Der geplante Blick wandte sich dem gesamten Gelände auf der Westseite des Bahnhofs zu undgab seine starre Fixierung auf die Halle auf.

So wurden die Köpfe frei für die Ideen eines neuen Masterplans mit einem breiten Band verschie-dener Nutzungen der Fläche. Der Grundstein für das Otto-Hahn-Zentrum in seiner bis heute aktuel-len Modellierung war gelegt, in seiner Mitte die Lokhalle, saniert und den Anforderungen einer mo-dernen Veranstaltungsstätte angepasst. Die „Rettung“ der Lokhalle war also nur möglich, weil dieSorge um ihren Erhalt die Planungen nicht mehr dominierte. Die Übertragung des Projektmanage-ments für die Entwicklung des gesamten Zentrums an eine städtische Gesellschaft schloss sich folge-richtig an.

So weit, so gut. Natürlich profitiert unsere Stadt, profitiert ihr Standortmarketing von den vielfäl-tigen Aktivitäten im Otto-Hahn-Zentrum und in der Lokhalle. Alle in diesem Zusammenhang getrof-fenen Entscheidungen waren richtig. Dabei hat sich die Stadt aber mittelbar und unmittelbar erhebli-che finanzielle Belastungen aufgebürdet, die unseren Haushalt auf lange Sicht erheblich in Anspruchnehmen werden. Der Vision, nicht der Not gehorchend haben wir einen Wechsel auf die Zukunft ge-zogen.

Eben deshalb ist die Lokhalle nicht nur ein Beispiel für letztendlich verantwortlichen Umgang mitBaugeschichte, sondern Ausdruck der Zukunftsorientierung einer vitalen Stadt, in der man histori-sche Werte schätzt und ambitionierte Herausforderungen nicht scheut.

Im November 2000 (Jürgen Danielowski)Oberbürgermeister

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Inhaltsverzeichnis

Teil I: Kleine Göttinger Eisenbahngeschichte 1854–1976Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Der Beginn des Eisenbahnzeitalters in Göttingen (1854) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Die Anfänge des Ausbesserungswerks (1855 bis 1891) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18Der Weiterbau der Südbahn nach Hann. Münden (1856) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Die südlichen Anschlußstrecken (1867 bis 1876). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Erweiterungen des Ausbesserungswerks bis zur Höherlegung der Bahn (1892 bis 1912) . . . . . . 27Die Höherlegung der Eisenbahn in Göttingen (1913 bis 1923) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31Ausbau des Ausbesserungswerks bis zur Stillegung (1913 bis 1976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38Die Entwicklung der maschinellen Anlagen, der Energie- und Wasserversorgung . . . . . . . . . . . 46Die Entwicklung der Lokomotivausbesserung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Mit Abbildungen sämtlicher Lokomotiv-Typen, die seit 1920 im Göttinger Werk instandgesetzt wurdenDer Kampf um die Erhaltung des Werks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Die Ausbesserung von offenen Güterwagen (1965 bis 1976). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65Die Belegschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Werkorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Angeschlossene Einrichtungen von überregionaler Bedeutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77Die Lehrlingsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Stillegung und Ende des Ausbesserungswerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Überblick auf Arbeitsabläufe und Werkzeugmaschinen im AW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86/87

Pläne zu Teil I:Plan 1: Werkgrundriß von 1855 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Plan 2: Bahnhof Göttingen mit Ausbesserungswerk 1874 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Plan 3: Werkgrundriß von 1895 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Plan 4: Bahnhof Göttingen mit Ausbesserungswerk 1895 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchdeckel vornPlan 5: Werkgrundriß von 1955 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Plan 6: Bahnhof Göttingen mit Ausbesserungswerk 1960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Teil II: Von der Industrie-Ruine zur vielfältig nutzbaren Mehrzweckhalle 1976–2000Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Die Lokhalle wird zum Politikum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90Jochen Brandis Lokhallen-Vision in der Leineaue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Öffnung nach Westen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

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„Konspiratives Treffen“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94Bürgerbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96Der Pfahl im Fleisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Die Lokhallenfreunde formieren sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Geduldeter Verfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101Endlich ein Investor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102Ebel saniert sich – aber nicht die Lokhalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106Das Ende droht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Neue Hoffnung durch die EXPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Abriß in Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Streit ums Wissenschaftsmuseum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Sanierungsbeginn ohne Genehmigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116Michael Bockemühl, Initiator des Vereins „Haus der Wissenschaft“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116Garten unter Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Masken und Verwirrspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Überraschende Wende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Masterplan mit Halle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124Ausstellung des „Forums für Wissenschaft und Technik“ als weltweites EXPO-Projekt. . . . . . 130Handelnde Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131Der Lokhallen-Mord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133Großkino macht den Anfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133Querriegel statt Öffnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135Endlich: Die Sanierung beginnt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139Zehntausende nehmen Lokhalle in Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147Göttinger Architekten hätte Dank gebührt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Krach um die Baukosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149Das EXPO-Projekt in der Krise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151Schlußbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Anhang

Veranstaltungen in der Lokhalle 1998 –2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162Abkürzungen, Fachwörter-Erläuterung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166Bildnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Die Autoren + Dank für Informationen, Fotos und andere Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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EERRIINNNNEERRUUNNGG

an den Festzug bei Eröffnung der Eisenbahn in Göttingen

am 31. Juli 1854.

Gez. u. lith. v. Fritz Schneider

Hinter dem Empfangsgebäude der eingelaufene Zug, der zahlreiche Ehrengäste aus Hannover und den Stationen an der Strecke mitgebrachthatte. Ganz rechts am Bildrand an der Eisenbahnbrücke über den Leinekanal die zur Eröffnung errichtete Ehrenpforte, die der Zug durchfahrenhatte. Hinter der Lokomotive der vor der Ausbesserungswerkstätte gelegene Lokschuppen; hinter diesem ist der Schornstein des Werks zu er-kennen. Links am Bildrand die am 6. April 1945 zerstörte Anatomie der Universität, erbaut 1827 bis 1829.

Aus den Pforten des Bahnhofsgebäudes strömt der lange Zug der angekommenen Festgäste, unter ihnen der königlich hannöversche Innenmi-nister, die vom Salut der alten Göttinger Stadtkanonen und dem Trompeterkorps der Northeimer Garde-Kürassiere begrüßt wurden. Dann folg-ten feierliche Worte des Generalsuperintendenten Rettig, und im Anschluß daran formierte sich dann um elf Uhr der lange Festzug, der vor al-lem durch die Abordnungen aller studentischen Korporationen ein farbenprächtiges Bild bot. Auf dem Markt wurde der Zug vom Stadtsyndi-kus Eberhardt, vor der Aula vom Prorektor der Universität empfangen. Dann zog man zum Bahnhof zurück, wo in dem den Mittelgrund derLithographie einnehmenden großen Festzelt ab 2 1/2 Uhr ein solennes Mahl eingenommen wurde.

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Am 7. März 1845 schreibt das Hannoversche Innenministerium an den Magistrat der Stadt Göttingen betr.

Anlegung einer Eisenbahn

Seine Majestät der König haben aufUnseren Antrag zu genehmigen geruhet, daß technische Untersuchun-gen und Kostenveranschlagungen behuf demnächst etwa zu beschließen-der Anlegung einer Eisenbahn nachder südlichen Landesgränze, durch Officiere der Armee unter der Leitungdes Hauptmanns Dammert und unterAufsicht der Königlichen Eisenbahn-direction vorgenommen werden.Da diese Arbeiten, welche im April d. J.beginnen sollen, auch die Feldmarkder Stadt Göttingen berühren werden,so lassen Wir dem Magistrate zurNachricht und Nachachtung hienebenabschriftlich zugehen, was von Uns inBeziehung auf das vorzunehmendeGeschäft der Königlichen Landdrosteiin Hildesheim heute zu erkennen gegeben ist.

Hannover den 7. März 1845

Königliches HannoverschesMinisterium des Innern

v. d. Wisch

Anden Magistrat der Stadt Göttingen

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Einleitung

TEIL I:Kleine Göttinger Eisenbahngeschichte

1854 – 1976

Die Lokhalle – ein Begriff, der seit dreißigJahren ständig die Zeilen der Regionalpressefüllte (und noch füllt!). Nach jahrelangemHin und Her, nach mehrfachem Besitzer-wechsel, nach vielen Plänen über Abriß oderUmbau wird das ehrwürdige, unter Denk-malschutz stehende Gebäude wieder vielfäl-tig genutzt, mag man auch über das Sanie-rungsergebnis und das Lokhallen-Umfeldunterschiedlicher Meinung sein.

Zur Terminologie müssen einige Worte ge-sagt werden: die Lokhalle, jenes 1917 gebau-te riesige Gebäude, seit jeher von Politikernund in der Presse so bezeichnet, trug diekorrekte Bezeichnung Lokomotivrichthalle,und sie war die eigentliche Reparaturhallefür schadhafte Lokomotiven, mit starkenDeckenkränen zum Abheben der Loks vonden Fahrgestellen und Gruben zum Untersu-chen der Lokunterseite. Es gab zeitweiligauch Bauwerke mit der Bezeichnung Lokhal-le, aber diese Gebäude hatten ihren Platz ananderer Stelle des Ausbesserungswerks. Umeine eindeutige Zuordnung zwischen Text,Abbildungen und Plänen herzustellen, wirdim geschichtlichen Teil die korrekte Bezeich-nung, also Lokrichthalle, beibehalten.

Die vorliegende Abhandlung ist durchausnicht die erste zu diesem Thema. Abgesehenvon Artikeln in Göttinger Zeitungen, die inunregelmäßigen Abständen über das Staats-bahn- (später Reichsbahn-, danach Bundes-bahn-) Ausbesserungswerk (AW) berichte-ten – und die Lokrichthalle war ja nur ein

Teil des AW – erschien im damaligen CarlRöhrig Verlag in Darmstadt (heute Hestra-Verlag) als Sonderdruck aus Heft 14/1955des Organs der Bundesbahn-Hauptverwal-tung „Die Bundesbahn“ eine Festschrift vonAlfons Welz unter dem Titel „Hundert JahreBundesbahn-Ausbesserungswerk Göttingen1855–1955“. Diese Veröffentlichung berichtetin informativer und verständlicher Formüber Geschichte und Technik des AW. Fernererschien 1995 eine Schrift von Günther Sied-bürger: „Die Lokhalle und ihre Eisen-bahner“ mit dem Untertitel „Werksgeschich-te und Arbeitsstruktur in Göttingen 1855–1945“. Wie aus dem Titel schon hervorgeht,liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit im sozi-alkritischen Bereich. Beide Autoren weisenübereinstimmend darauf hin, daß die Eisen-bahnbauakten des Hannoverschen Innenmi-nisteriums durch Bombenangriffe auf Han-nover vernichtet worden sind. Siedbürgervermerkt zusätzlich, daß die erhaltenen Ak-ten der Reichsbahndirektion Kassel, zu derGöttingen früher gehörte, nach dem Kriegan die Bundesbahndirektion Hannover ab-gegeben und dort vermutlich 1972 vernich-tet wurden.

Die vorliegende Veröffentlichung stütztsich auf die Welzsche Arbeit, erweitert umeine Einführung in die Göttinger Eisenbahn-geschichte und natürlich um die Vorgängein den Jahren seit 1955. Für die erteilte Ab-druckgenehmigung bedanken sich Verlagund Autor beim Hestra-Verlag.

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Die Ruhe nach der Stillegung der Lokhal-le im Jahre 1976 war trügerisch, eine Ruhevor dem Sturm: Zwei Jahrzehnte lang sollteder riesige Baukörper, direkt am Rand derhistorischen Innenstadt gelegen, die Diskus-sion um Stadtentwicklung und Denkmal-schutz bestimmen.

Trotz weiterhin bestehender Kritik an derUmgestaltung des Lokhallengeländes, vor al-lem an der dichten Bebauung östlich der Halle,haben sich die Gemüter weitgehend beruhigt.Die scharf geführten Auseinanderssetzungenin den 80er und 90er Jahren sind Vergangen-heit – nicht zuletzt, weil die Lokhalle als Veran-staltungsort für Göttingen zu einer echten Be-reicherung geworden ist. Rockstars wie Stingoder Showgrößen wie Thomas Gottschalk mit„Wetten dass...?“ hätten vorher in Göttingenkeine angemessene Bühne finden können.

Die vorliegende Abhandlung fasst für die-sen Zeitraum eine Fülle veröffentlichter wienichtveröffentlichter Quellen zusammen.

Viele öffentlich zugängliche Informatio-nen aus der späteren Zeit sind dem Archivdes Göttinger Tageblatts (GT) entnommen.Wertvolle Fakten und Hintergründe zu po-litischen und kulturhistorischen Debattenund Entscheidungen über die Lokhallestammen aus dem Archiv des ehemaligenGT-Lokalchefs Michael Bockemühl, dasnach dessen Tode von seiner Ehefrau Gu-drun Bockemühl verwaltet wird. SowohlArchitekt Jochen Brandi als auch HermannSchierwater als langjähriger Oberstadtdi-rektor gaben ausführliche Interviews undstellten ebenso wie die Gesellschaft fürWirtschaftsförderung und Stadtentwick-lung umfangreiches Material aus fast dreiJahrzehnten Lokhallen-Diskussion zur Ver-fügung. Dazu konnten zahlreiche schriftli-che und mündliche Informationen vonZeitzeugen, interessierten Bürgern, Behör-denvertretern und Journalisten eingearbei-tet werden.

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Als der erste Zug in den Göttinger Bahn-hof dampfte, gab es das Eisenbahn-Zeitalterin Deutschland schon eine ganze Weile:neunzehn Jahre waren seit der denkwürdi-gen Fahrt des „Adler“ von Nürnberg nachFürth vergangen. Für diese Verzögerung gabes mehrere Gründe:

Obwohl bereits 1833 der Tübinger Profes-sor der Staatswirtschaft Friedrich List in sei-ner berühmten Schrift „Über ein sächsischesEisenbahnsystem als Grundlage eines allge-meinen deutschen Eisenbahnsystems“ eineLinie von Hannover nach Kassel vorgesehenhatte, zog man es vor, zunächst einmal Bah-nen in Ost-West-Richtung zu bauen. Man er-reichte dadurch eine Verbindung der bereitsbestehenden Verkehrsadern, nämlich derStröme, die ja größtenteils von Süd nachNord fließen. Außerdem war Preußen daraninteressiert, seine im Westen gelegenen Ge-biete, Westfalen und das Rheinland, durch

Eisenbahnen an seine Stammlande und dieHauptstadt Berlin anzubinden.

Zum andern verhielten sich die damaligenLandesherren der vielen deutschen Staatenoft ablehnend, Bahnen über die Grenzen hin-aus vorzutreiben. So war die Anlage von Ei-senbahnen 1835 in der Zweiten Kammer inHannover für ein dem Lande verderblichesUnternehmen erklärt worden. König ErnstAugust war ein entschiedener Gegner der Ei-senbahn: sie fördere den Radikalismus undsei ein Mittel, die Gesellschaft demokratischzu machen, wenn jeder Schuster und Schnei-der so rasch reisen könne wie er selbst!

Gleichwohl erschien einige Jahre späterder Bau von Eisenbahnen notwendig, undam 22. Oktober 1843 wurde die erste hanno-versche Eisenbahn von Hannover nachLehrte eröffnet und am 19. Mai 1844 bis ins„ausländische“ Braunschweig vollendet.Ferner beschloß die hannoversche Regie-

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Der Beginn des Eisenbahnzeitalters in Göttingen (1854)

Kleine Drehscheibe vorWerkstatttor – Anfangs-zeit

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rung, den südlichen Landesteil und damitWeser, Werra und Fulda durch eine Bahnmit der Landeshauptstadt zu verbinden.

Ziel einer solchen Südbahn war alsozunächst einmal Hann. Münden mit Weiter-bau nach Kassel, nicht so sehr Göttingen, im-merhin größte Stadt in Südhannover. Es bo-ten sich für eine Bahnlinie die beiden nachSüden führenden, etwa parallel verlaufendenTäler von Weser und Leine an. Während dasdurchweg breite Leinetal fast immer geradli-nig verläuft, ist das Wesertal sehr windungs-reich und oft sehr eng eingeschnitten. ZumVergleich: die Weserlänge Hameln-Hann.Münden beträgt 135 Kilometer, die entspre-chende Länge der Leine von Elze bis Eichen-berg nur 95 Kilometer. Selbst die Anlage von(teuren!) Tunnels bei Polle und Bodenfeldezum Abschneiden der größten Weserschlei-fen hätte das Längenverhältnis kaum zugun-sten einer Wesertalbahn beeinflußt. Der einzi-ge Vorteil dieser Trasse wäre die günstigereHöhenlage der südlichen Endpunkte gewe-sen: Münden 120, Friedland dagegen 180 Me-ter. (Ähnliche Überlegungen waren übrigensbei der Trassenplanung für die ICE-StreckeHannover-Gmünden angestellt worden.)

In einem hannoverschen Gesetz vom 8.September 1840, also fünf Jahre nach der Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn,war dann bereits von einer Bahn „zwischenHannover und der südlichen Grenze des König-reichs auf Northeim, Göttingen usw.“ dieRede, für die „die erforderlichen Expropria-tionen“ (Enteignungen) genehmigt waren.

Als sich dennoch in den folgenden Jahrennichts tat, richteten Magistrat und Bürgervor-steher-Kollegium zu Göttingen am 8. Juni1844 eine „gehorsamste Petition an die hoch-verehrliche Stände-Versammlung des Königrei-ches Hannover“. Es wurde dargelegt, daß dieKurhessische Regierung den Bau einer Bahnvon Kassel über Marburg nach Frankfurt be-

schlossen habe. Es sei dringend zu empfeh-len, die noch verbleibende Lücke zwischenNord- und Süddeutschland durch die südli-chen Landesteile des Königreiches bald zuschließen. „Würde nun gar eine Eisenbahn vonKassel nach Lippstadt gebaut werden mit An-schluß an die Cölln-Mindener Bahn und damitvon Bremen ab eine Eisenbahnverbindung mitdem westlichen und südwestlichen Deutsch-land hergestellt, so würde der ganze südlicheTeil des Königreichs völlig isoliert sein“.

Im April 1845 begannen die Vermessungender geplanten Südbahn, übrigens durch Offi-ziere der hannoverschen Armee. Währenddie Trasse leineaufwärts bis Nörten festlag,wurden von hier ab zwei Entwürfe vorgelegt:

● leineaufwärts über Göttingen und Fried-land, dann ins Werratal bei Witzenhausenund dieses abwärts bis Münden

● von Nörten über Marienstein – Parensen –Harste – Emmenhausen – Erbsen – Lö-dingsen – Adelebsen – Güntersen – Imb-sen – Varlosen – Dankelshausen – Schede-tal – Volkmarshausen – Gimte (mit We-serübergang) nach Münden mit Bahnhofauf dem linken Fuldaufer.

Dieser zweite Entwurf bot folgende Vorteile:● 5 1/4 Meilen Länge gegenüber 7 1/2 Meilen

(39 bzw. 56 km)● keine Tunnels erforderlich● kaum Steigungen vorhanden● vor allem führte er nur durch hannover-

sches Gebiet, während die Trasse des er-sten Entwurfs zwischen Friedland undGertenbach hessisches „Ausland“ durch-schneiden mußte.

Göttingen, das also im wahrsten Sinne desWortes links liegengelassen wurde, bekam alsTrost eine Stichbahn von Nörten aus in Aus-sicht gestellt, die irgendwann später einmal zu

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einer Durchgangsbahn Nörten - Göttingen - Ei-senach werden sollte. Daß die Stadt sich durchdieses Projekt ins Abseits gedrängt fühlte, lagauf der Hand, und es bedurfte großer Anstren-gungen zu erreichen, daß die vom Standpunktder Bahnverwaltung aus zweckmäßige Trassedurch eine für Göttingen günstigere ersetztwurde – jede Ähnlichkeit mit den Überlegun-gen bei der Trassierung der ICE-Schnellstrecke125 Jahre später ist rein zufällig!

Vor allem der damalige Stadtsyndikusund spätere Bürgermeister Dr. Oesterley, un-terstützt von dem „Göttingenschen Eisen-bahnverein“, erreichte es schließlich doch,daß die Südbahn über Göttingen gebautwurde. In einem längeren Aufsatz im „Göt-tinger Unterhaltungsblatt“ vom 2. Juli 1853schrieb Oesterley: „Um die Größe der Opferrichtig zu beurteilen, welche die Stadt gebracht,muß man schließlich auch berücksichtigen, daßder hiesige Bahnhof gegen 350 000 Rthl.(Reichsthaler, d. Verf.) kosten wird, daß er miteiner Maschinen= und Wagenreparatur=Anstaltversehen sein wird, in denen jahraus jahrein ge-gen 130 bis 140 Menschen sollen beschäftigtwerden. Erwägt man die Bedeutung dieser Vor-teile, so wird man zugeben müssen, daß es drin-gende Pflicht war, alles aufzubieten, um mit derRegierung in Güte sich zu einigen und daß nir-gends übertrieben hohe Opfer gebracht sind.“

In dem Streit über das bessere System –hie Staats-, da Privatbahn – hatte sich Han-nover frühzeitig für die Staatsbahn entschie-den, und so übernahm die HannöverscheStaatsbahn den Bau der Südbahn, wie sie ge-nannt wurde. Am 1. Mai 1853 waren die 49,7Kilometer Hannover – Alfeld fertiggestelltund konnten als erste Teilstrecke in Betriebgenommen werden. Nach weiteren 15 Mona-ten dann hatte Göttingen seinen großen Tag:der 58,35 Kilometer lange Abschnitt Alfeld –Göttingen wurde am 1. August 1854 feierlicheröffnet und dem Verkehr übergeben.

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Abb. 1: Der erste Fahrplan für die Hannoversche Süd-eisenbahn, veröffentlicht im Wochenblatt der StadtNortheim vom 29. Juli 1854.

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In den fast neunzehn Jahren seit Eröff-nung der ersten deutschen Eisenbahn warenin Deutschland 270 Strecken bzw. Teil-strecken (einschließlich Industriebahnen)mit insgesamt 7260 Kilometer Streckenlängeeröffnet worden. In diesem Zeitraum warengenügend Erfahrungen mit Ausbesserungund Pflegearbeiten an Fahrzeugen und An-lagen gesammelt worden. An den Aus-gangspunkten der damals nicht immer zu-sammenhängenden Eisenbahnlinien hatteman Fahrzeugschuppen, die sog. Remisen,angelegt. Dort wurden zunächst die laufen-den Pflegearbeiten an den Fahrzeugen vor-genommen, zu denen aber bald Ausbesse-rungsarbeiten hinzukamen, deren immergrößerer Umfang spezielle Werkstatteinrich-tungen erforderten. Versuche mit der Verga-be größerer Aufträge an private Unterneh-men waren nicht erfolgreich verlaufen, undso kamen die Eisenbahnverwaltungen nichtumhin, eigene zunächst kleinere Werkstät-ten einzurichten, die dann im Laufe der Zeitzu größeren Ausbesserungswerken heran-wuchsen. Der Hauptunterschied zwischenAWs und privaten Industriebetrieben be-steht darin, daß letztere natürlich bestrebtsind, ihre Leistungen zu erweitern, währenddie Ausbesserungswerke sich bemühen, ihreArbeiten auf das nötige erforderliche Maßzu beschränken.

Diese Werkstätten hießen damals „Cen-tralwerkstätten“ oder auch „Hauptwerkstät-ten“. Die laufende Betriebspflege der Fahr-zeuge blieb bei den Remisen, die sich zu denspäteren Bahnbetriebswerken (BW) ent-wickelten.

Das genaue Datum der Betriebseröffnungdes Ausbesserungswerkes Göttingen istnicht mehr feststellbar, da, wie schon er-wähnt, die Eisenbahnbauakten des hanno-

verschen Innenministeriums und andere Ak-ten aus dieser Zeit dem Krieg zum Opfer ge-fallen sind. Zur Betriebseröffnung des Bahn-hofs Göttingen am 1. August 1854 war dasWerk noch im Bau. Der Bericht vom 1. Juli1855 in den „Nachweisungen über den Bauund den Betrieb der unter hannoverscherVerwaltung stehenden Eisenbahnen“ „giebtKenntniß“, daß die gesamten Baulichkeitendes Bahnhofs einschließlich zweier Repara-turwerkstätten fertiggestellt seien. Fernerweist das „Staatshandbuch“ für 1855 im Ab-schnitt „Werkstätten und Lokomotivdienst“zum erstenmal eine „MaschineninspectionGöttingen“ unter dem MaschinenmeisterWelkner aus, die der Königlichen Eisenbahn-Direktion Hannover unterstand.

In der Arbeiterliste des Werkes für dieZeit bis 1868 sind alle Zu- und Abgänge mitdem genauen Datum verzeichnet. Die Be-legschaftsstärke steigt nach der Einstellungvon sieben Schlossern und drei Schmiedenam 1. August 1854, dem Tag des Betriebsbe-ginns auf der Strecke Hannover - Göttingen,ziemlich gleichmäßig bis zum Frühjahr 1855auf etwa 60 Handwerker an; ein weitererlangsamer, aber stetiger Anstieg der Beleg-schaftsstärke setzt erst wieder im Juli 1855ein. Offenbar liegt hier ein Wendepunkt inder Entwicklung vor. Unter Berücksichti-gung der oben erwähnten „Nachweisun-gen“ kann deshalb mit ziemlicher Sicherheitangenommen werden, daß die alte WerkstattGöttingen Anfang Juli 1855 in Betrieb ge-nommen worden ist. Nachträglich wurdeder 9. Juli 1855 als Eröffnungstag festgelegt.

Das Fehlen der Bauakten erschwert natur-gemäß eine genaue Schilderung der bauli-chen Entwicklung. Aber aus verschiedenenBildern, die mitunter bei größeren Umbautenhergestellt wurden, sowie aus den Werkplä-

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Die Anfänge des Ausbesserungswerks (1855 bis 1891)

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Plan 1: Rekonstruierter Werkgrundriß aus dem Jahre 1855

Abb. 2: Innenhof desalten Werkes (Haupt-gebäude aus dem Jahre1855). In der Mittekreuzen zwei Gleiserechtwinklig über eineDrehscheibe

Oberes Stock-werk(über 8, 9, 13)

1. Nördliche 12ständige Lokomotivhalle2. Schiebebühne Nord3. Südliche 5ständige Wagenwerkstatt4. Schiebebühne Süd5 Schmiede6. Tischlerei7. Radsatzwerkstatt8. Verwaltung9. Mechanische Fertigung (Dreherei)

10. Dampfmaschine11. Kesselhaus12. Schornstein13. Meisterbüro14. Lokomotivschuppen15. Modelltischlerei, Sattlerei, Speisesaal16. Dienstwohnung17. Magazin (etwa 1856)18. Zufahrtsgleis19. Drehscheiben

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nen aus den Jahren um die Jahrhundertwen-de ergibt sich ein verhältnismäßig klares Bild.

Die Kernzelle des Werkes, die sich an-schließend zur Hauptwerkstätte entwickelte(die zweite Werkstätte wurde die Betriebs-werkstätte, später Betriebswerk Personen-bahnhof, dann BW Göttingen), bildete einannähernd quadratischer Gebäudekomplex(Plan 1) mit einem Innenhof (Abb. 2). Dienördliche Halle mit zwölf Querständendiente der Lokomotivausbesserung, die süd-liche mit fünf Ständen z. T. der Wagenaus-besserung, andere Teile als Tischlerei. BeidenHallen waren Schiebebühnen vorgelagertund beide Hallen waren durch ein Gleis mitzwei Drehscheiben verbunden, von denen jeein Gleis zu zwei entsprechenden Drehschei-ben im Zufahrtsgleis führte. Zu bemerkenist, daß diese Drehscheiben nicht so sehrzum Wenden von Fahrzeugen gedacht wa-ren als vielmehr als platzsparender Weichen-

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Abb. 3: Altes Verwaltungsgebäude. Davor das breitspu-rige Fahrgleis der südlichen Schiebebühne für die Wa-genwerkstatt

Abb. 4: 1A1 n2 Perso-nenzuglokomotiveERNST AUGUST Nr. 14von 1846 derHannöverschen Staats-bahnen, gebaut vonEgestorff, Hannover(später Hanomag) mitder Fabriknummer 1.Loktypen der Abb. 4 bis10 sind sicherlich auchim Göttinger Werk be-handelt worden.Die frühen Lokomoti-ven besaßen noch keinFührerhaus, sondernnur eine durch einGeländer geschütztePlattform. Man glaubte,der Blick auf Streckeund Signale würdedurch ein Führerhauseingeschränkt werden.Das Lokpersonal waralso, besonders im Win-ter, schutzlos dem Wet-ter ausgesetzt.Während in Amerikabereits um 1840 fastjede Lok ein geräumi-ges Führerhaus besaß,wurde dieses inDeutschland erst in den60er Jahren eingeführt

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ersatz. Für Güterwagen mit ihrem relativ ge-ringen Achsstand reichten Scheiben von 5,3Meter Durchmesser, die natürlich von Handbetrieben wurden. Im westlichen Verbin-dungsbau war die Schmiede und im östli-chen die Dreherei untergebracht.

Zur damaligen Zeit kam als Antriebs-mittel für Werkzeugmaschinen nur eineDampfmaschine mit Transmissionen in Be-tracht. Die Dampfmaschine stand in einemAnbau östlich der Dreherei, an den sichgleich das Kesselhaus mit einem Flamm-rohrkessel anschloß. Später ist hierzu nochein ausgebauter Lokomotivkessel gekom-men. Vom Schwungrad der Dampfmaschi-ne führte durch Öffnungen in der Wandein Riemenantrieb zur unter dem Dach lie-genden Transmissionswelle der benachbar-ten Dreherei. Diese Welle wies zahlreicheRiemenscheiben auf, die wiederum über

Lederriemen die Maschinen antrieben.Über der Dreherei befanden sich die Sattle-rei, die Modelltischlerei und der alte Spei-sesaal. In dem Gebäude am Ostende dersüdlichen Wagenhalle waren die Verwal-tungsräume (Abb. 3) untergebracht. Imentsprechenden Teil der Lokhalle warenunten Büroräume, im Obergeschoß eineDienstwohnung vorhanden.

Offenbar reichten aber die Werkstätten-räume bereits kurz nach der Eröffnung nichtmehr aus, denn aus dem Jahre 1856 (Sit-zungsbericht der Königlich HannoverschenEisenbahn-Gesellschaft) ist bereits eine Aus-schreibung über eine Erweiterung bekannt.Man darf als Ausschreibungsobjekt das Ma-gazin im Innenhof vermuten, das nachMauerresten, die bei den Abbrucharbeiten1938 fotografiert wurden, ebenfalls mit indie erste Bauperiode gehörte.

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Abb. 5: 2A n2-Schnell-zuglokomotive Nr. 114von 1853 derHannöverschen Staats-bahnen, BauartCrampton mit Konden-sationstender, gebautvon Wöhlert, Berlin

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In den ersten zwei Jahren endete der vonHannover kommende Zugverkehr in Göttin-gen, die Zahl der schadhaft gewordenenFahrzeuge war also relativ gering. Das än-derte sich aber dann nach der Eröffnung derStrecke nach Hannoversch-Münden. Nach-dem es gelungen war, die Südbahntrasseüber Göttingen zu führen, stellte sich nundie Frage nach der weiteren Strecken-führung bis Hannoversch-Münden. Die to-pographisch günstigste über Friedland undden Eichenberger Paß ins Werratal schied,wie schon erwähnt, aus grenzpolitischenGründen aus, obwohl ein Staatsvertrag mitder damaligen kurhessischen Regierung1852 zustande kam, aber da blieb ja noch dieMöglichkeit, den hessischen Gebietszipfelzu umgehen. Das aber hätte zwischen Mari-engarten und dem Werratal bei Hedemün-den einen 2,5 Kilometer langen Tunnel erfor-dert. Die immensen Kosten und die Bauzeitvon etwa vier Jahren bewogen die Verant-wortlichen, eine weitere Streckenvariantevorzuziehen, nämlich die dann auch ausge-führte über Dransfeld und Scheden.

Der Bau (33,9 km, Eröffnung am 8. Mai1856) brachte zwar die erwarteten Gelände-schwierigkeiten, schuf aber auch eine derlandschaftlich reizvollsten Bahnen im dama-ligen Königreich Hannover. Sie steigt vonGöttingen (144 m über N.N.) nach vier Kilo-metern auf 180 Meter (etwa an der Auto-bahnbrücke), das entspricht einer Steigungvon 1:100.

Da bei Weiterbau der Strecke in geraderRichtung auf den nächsten 1500 Metern einHöhenunterschied von 60 Metern hätte be-wältigt werden müssen, war man gezwun-gen, die bekannte Ellershäuser Doppelkur-

ve anzulegen, die in Form eines „S“ eine zu-sätzliche Länge von 2,5 Kilometern und da-mit eine erträgliche Steigung von 1:64 brach-te. Während der Fahrt durch die Schleifewar Göttingen zunächst durch das eine, balddarauf durch das gegenüberliegende Abteil-fenster zu erblicken. Schwere Züge konntenübrigens nur mit Hilfe von Schiebeloks dieSteigung hinauf gebracht werden.

Kurz vor Dransfeld wurde der Scheitel-punkt der Bahn mit 300 Metern Höhe er-reicht. Von dort führte sie dann mit einemdurchschnittlichen Gefälle von 1:78 ins We-sertal hinab. Am linken Hang des Schedetalsdurchfuhr die Bahn den ältesten, 325 Meterlangen Tunnel des Königreichs (der derÜberlieferung nach auf ausdrücklichenWunsch des damaligen Königs Georg V. er-baut wurde, der in seinem Lande auch einenEisenbahntunnel aufweisen wollte) undüberquerte dann wenig später auf einer ge-mauerten Brücke aus Sandstein mit sechsBogen die Werra. Diese in den letztenKriegstagen sinnlos gesprengte Brücke wur-de 1949 durch eine Gitterbrücke ersetzt.

Das letzte Teilstück von Münden nachKassel (24,2 km, 23. September 1856) brachtedann den Anschluß an die hessische „Kur-fürst Friedrich Wilhelm-Nordbahn“ (eröffnetin Teilabschnitten vom 30. März 1848 biszum 25. September 1849) und die „Main-We-ser-Bahn“ (Kassel - Frankfurt, eröffnet vom29. Dezember 1849 bis zum 15. Mai 1852).

Die Folgen der neuen Bahn zeigten sichvor allem bei der vereinten Weser-Dampf-schiffahrt. Die Fahrgastzahlen, besondersdie der Auswanderer, gingen so starkzurück, daß die Gesellschaft 1858 aufgelöstwerden mußte.

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Der Weiterbau der Südbahn nach Hann. Münden (1856)

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Sorgte schon die Bereitstellung von (da-mals) schweren C-Kupplern (Loks mit dreiangetriebenen Achsen, Abb. 6) für die „Ge-birgsbahn“ nach Münden für zunehmendeAuslastung der Göttinger Werkstätten, soverstärkte sich der Arbeitsanfall noch erheb-

lich durch die Erweiterung des Bahnhofsvon einem Durchgangs- zu einem Knoten-bahnhof mit der Eröffnung der FriedländerStrecke.

Die Magdeburg-Cöthen-Halle-LeipzigerEisenbahn-Gesellschaft (die am 1. April 1876in die Preußische Staatsbahn aufging) bautevon Nordhausen aus eine Bahn in westlicherRichtung, deren erster Teil bis Arenshausenin einer Länge von 69,9 Kilometern am 9.Juli 1867 eröffnet wurde. Um den Anschlußüber Nordhausen nach Thüringen, Sachsenund Berlin herzustellen, errichtete die han-noversche Staatsbahn zu gleicher Zeit lei-

neaufwärts die Verbindungsbahn Göttingen– Friedland – Arenshausen (20,1 km), die am1. August 1867 den Betrieb aufnahm.

Zur gleichen Zeit etwa hatte die Bebra –Hanauer Eisenbahn (Kurhessische Staats-bahn) ihre Linie Bebra-Hanau vollendet.

Nun trat ein Ereignis ein, das wesentlichdazu beitrug, den Eisenbahnbau in unsererRegion zu fördern: Preußen gewann denKrieg von 1866 gegen Österreich und dessenBundesgenossen, zu denen auch das Köni-greich Hannover zählte, das ebenso wieKurhessen (Hessen-Kassel) vom Sieger an-nektiert wurde. Dadurch entfiel natürlich beider Trassierung von Eisenbahnen die leidigeRücksichtnahme auf bestehende Grenzen,und nachdem auch die Auswirkungen desfolgenden Krieges von 1870/71 überwundenwaren, nahm man die abschließenden Bahn-bauten in Südhannover in Angriff.

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Die südlichen Anschlußstrecken (1867 bis 1876)

Abb. 6: C-Tenderloko-motive Nr. 150 für die„Gebirgsbahn“ Göttin-gen - Hann. Münden,gebaut 1857 von Egestorff. Auf der Süd-bahn liefen sechs Maschinen dieses Typs,vorzugsweise alsSchubloks auf der max.1:64-Steigung Groß-Ellershausen - Drans-feld. Alle wurden zwi-schen 1869 und 1873ausgemustert

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Zunächst stellte die Magdeburg-Cöthen-Halle-Leipziger Eisenbahn ihre Nordhause-ner Strecke über Arenshausen hinaus bisMünden fertig (26,5 km, 13. März 1872), de-ren Verlängerung bis Kassel ja bereits seit16 Jahren befahrbar war. Dreieinhalb Jahrespäter folgte die Bebra – Hanauer Eisen-

bahn mit dem Weiterbau von Bebra nachNiederhone [Eschwege] (35 km, 31. Okto-ber 1875). Die letzte Lücke in der Nord-Süd-Magistrale wurde dann am 15. Mai1876 mit der Eröffnung des 31,8 Kilometerlangen Abschnitts Niederhone – Friedlandgeschlossen. Dadurch entstand im Schnitt-

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Abb. 7: 1B-Außenrah-men-TenderlokomotiveNr. 230 für die Neben-bahn Göttingen -Arenshausen, gebaut1867 von Henschel

Abb. 8: 1B n2-Schnell-zuglokomotive BIS-MARCK der Hannöver-schen Staatsbahnen; ge-baut 1873 von derHanomag, Hannover.Die 1A1 n2-LokomotiveERNST AUGUST von1846 (Abb. 4) und dieBISMARCK waren dieeinzigen Namensloko-motiven der Hannöver-schen Staatsbahnen;nach der Einverleibungin den preußischen Lokomotivpark 1866war die BISMARCK dieeinzige Maschine, dieeinen Namen trug

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Abb. 9: 1B-Personen-zugtenderlokomotiveGattung T4; hier die in24 Stück 1885 bis 1890bei der HannoverschenMaschinenbau AG (Hanomag) vorm.G.Egestorff in Lindenbei Hannover beschaff-te hannoversche Bauartder K.P.E.V.

Abb. 10: B-Nebenbahn-lokomotive Gattung T2,gebaut ebenfalls bei derHanomag. Man beachtedie Seilrollen für dieHeberlein-Seilzugbrem-se auf dem Führerhaus-dach

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punkt der Strecken Nordhausen – Mündenund Göttingen – Bebra, sozusagen mitten inder Wildnis, das Eisenbahnkreuz Eichen-berg: ein winziges Dorf mit einem unver-hältnismäßig großen Bahnhofsgelände.

Schließlich sei noch erwähnt, daß mit Er-richtung des Kreuzungsbahnhofs Eichen-berg die 1867 erbaute Friedländer Kurve –wie sie damals genannt wurde –, das letzteTeilstück der Strecke Göttingen – Arenshau-sen, zwischen Friedland und Arenshausenals überflüssig angesehen und in den 80erJahren des 19. Jahrhunderts abgebaut wur-de. Im Jahre 1998 errichtete man sie – nunEichenberger Kurve genannt – nach vielenDebatten wieder neu, um eine umsteigefreieVerbindung von Göttingen nach Leinefeldeund Erfurt zu erhalten.

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Abb. 11: Wappen der Königlich Preußischen Eisenbahn-Verwaltung

Abb. 12: Die alte Werra-Eisenbahn-brücke in Hann. Münden vor 1891

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Diese neuen Bahnbauten brachten es natürlichmit sich, daß die Göttinger Maschinenwerkstät-ten neuen Zulauf erhielten. Die in Göttingen,Northeim, Kreiensen und Münden beheimatetenLokomotiven, Personen- und Güterwagen wur-den hier ausgebessert. Spätere kleine Anbauten –auch damals bereits häufig üblich – gaben Raumfür die Werkzeugmacherei (drei Bedienstete) unddie beiden Bediensteten der Betriebsschlosserei.Vor 1892 wurde auf der Nordseite der Lokomo-tivschiebebühne eine zweite Lokomotivhalle,ebenfalls mit zwölf Querständen, in Ziegelmau-erwerk gebaut, während die Wände der bishergenannten Bauten in Kalk-Bruchstein-Mauer-werk ausgeführt waren. In einem Abstand vonsieben Metern in nördlicher Richtung zur zwei-

ten Lokomotivhalle schlossen sich die ebenfalls1892 schon vorhandene Tenderwerkstatt, Gelb-gießerei, Kupferschmiede und Klempnerei an.Vor der Tenderwerkstatt bediente eine Schiebe-bühne die vier Werkstattgleise. Mit der Überda-chung des nördlichen Lokomotiv-Schiebebüh-nenfeldes, die zeitlich nicht mehr feststellbar ist,wurden auch die beiden alten Lokomotivhallenzu einer einheitlichen Baugruppe zusammenge-faßt.

Der ständig zunehmende Eisenbahnverkehrbedingte im Laufe der Zeit auch eine Vergröße-rung des Wagenparks. Für den dadurch größerwerdenden Anfall an Schadfahrzeugen wur-den zunächst zusätzlich zur Wagenausbesse-rung im südlichen Hallenteil kleinere Schup-

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Erweiterungen des Ausbesserungswerks bis zur Höherlegung derBahn (1892 bis 1912)

Abb. 13: Das GöttingerEmpfangsgebäudeetwa 1880. Hinter demdamaligen Güterschup-pen am linken Bildrandsind die Schornsteinedes Ausbesserungs-werks zu erkennen

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Abb. 14: Das Ausbesse-rungswerk von Südwe-sten gesehen. An derLängswand der rechtenLokhalle erkennt maneine als Heizlok einge-setzte nicht mehr fahr-tüchtige Maschine mitaufgesetzter Schorn-steinverlängerung

Abb. 15: Die am 8. April1898 ausgebrannte alteWagenwerkstatt

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Plan 2: Bahnhof Göttingen mit Ausbesserungswerk vor 1874: 1. Die heutige Goetheallee; 2. Anatomie; 3.Empfangsgebäude; 4. Hauptwerkstätte, spä-teres Ausbesserungswerk

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pen und 1891/92 eine Halle mit 14Arbeitsständen erbaut.

Am 8. April 1898 brannte die alteWagenwerkstatt – der ganze Südflü-gel – völlig aus (Abb. 15). Die Brand-ursache ist nicht mehr bekannt. DieAufbauarbeiten waren möglicherwei-se der Anlaß, die Wagenausbesserungganz aus dieser Halle herauszuneh-men. Die oben erwähnte neue Wa-genhalle wurde auf rund 120 Meterverlängert und an dem westlichenEnde die Lehrwerkstatt, die Sattlereiund die Lackiererei untergebracht.Auf dem in westlicher Richtung hin-zugekauften Gelände wurde u. a.eine Räderschmiede errichtet.

Plan 3: Werkgrundriß aus dem Jahre 1895

1 Nördliche 2�12ständige Lokomotivhalle

2 Schiebebühne Nord3 Südliche 22ständige

Wagenwerkstatt4 Schiebebühne Süd5 Schmiede6 Tischlerei7 Radsatzwerkstatt8 Verwaltung9 Mechanische Fertigung (Dreherei)

10 Dampfmaschine11 Kesselhaus12 Schornstein13 Meisterbüro14 Pförtner15 4ständige Tenderwerkstatt16 Schiebebühne für Tender17 Magazin18 Gelbgießerei19 Drehscheiben20 Räderschmiede

N

Groner Landstraße

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Wer heute an der EisenbahnüberführungGroner Landstraße steht und den starken Ver-kehr auf der B3 an sich vorbeirauschen läßt,während oben ständig Eisenbahnfahrzeuge,vom ICE bis zur Rangierlokomotive, hinüber-poltern, der wird sich kaum vorstellen kön-nen, daß bis vor etwa neunzig Jahren an die-ser Stelle ein beschrankter Bahnübergang vor-handen war. Wie sah es damals hier aus?

Das Kursbuch vom Sommer 1914 wiesfolgende Zugläufe aus:

9 Züge nach Münden über Dransfeld11 Züge nach Münden über Eichenberg21 Züge nach Bebra über Eichenberg9 Züge von Münden über Dransfeld

10 Züge von Münden über Eichenberg18 Züge von Bebra über Eichenberg

sowie 6 Zugpaare der schmalspurigen Garte-talbahn, deren Personenbahnhof damals vordem Staatsbahnhof lag, etwa dort, wo sich heu-te die Terrasse der Bahnhofsgaststätte befindet.

Hinzu kamen natürlich die Güterzüge derStaatsbahn und zahlreiche Rangierfahrzeuge.So mußten bei Lokwechsel an von Nordenkommenden Zügen die Lokomotiven jedes-mal bis auf den Übergang vorsetzen, da dieWeiche im Hauptgleis nur etwa zwanzig Me-ter vor der Straße lag. Ferner mußten die inGöttingen beginnenden Züge nach Bebra indas südliche Stumpfgleis gedrückt werden,wobei wieder zweimal die Groner Chausseeüberquert werden mußte (Abb. 17, 18).

So ist es nicht verwunderlich, daß eineZählung vom Dezember 1907 folgende Er-gebnisse lieferte:

In den 14 Stunden von 6 bis 20 Uhr wur-den die Schranken 105mal herabgelassen.

Sie blieben dabei insgesamt 4 1/2 Stundengeschlossen, davon an längeren Schlies-sungszeiten:

13 mal 3 Minuten 1 mal 4 1/2 Minuten 1 mal 6 Minuten

4 mal 3 1/2 Minuten 7 mal 5 Minuten 1 mal 8 Minuten

9 mal 4 Minuten 1 mal 5 1/2 Minuten 1 mal 11 Minuten

619 Fuhrwerke und 8089 Personen pas-sierten während dieses Zeitraums den Über-gang (Autos wurden nicht berücksichtigt,weil zu selten!)

Es war ganz klar, daß diese unhaltbarenZustände beseitigt werden mußten, und inder Tat hatte man dies bereits 1874 versucht,also zwanzig Jahre nach Eröffnung der Süd-bahn. Der Magistrat der Stadt Göttingenwollte die Groner Chaussee, wie sie damalshieß, verlegen, um sie an geeigneter Stelleüber die Bahn hinwegzuführen. Dieses Pro-jekt scheiterte jedoch an den übergroßenForderungen der Grundstückseigentümer(über 200 000 Reichsthaler!)

Im Jahre 1903 – der Verkehr hatte ständigzugenommen – nahm sich die KöniglichPreußisch-Hessische Staatseisenbahn desProblems an und legte die folgenden dreiEntwürfe vor:● die Unterführung der Straße unter die

Bahn● die Überführung der Straße über die Bahn

in gerader Richtung mittels Rampen (dersogenannte Hochstraßenentwurf)

● die Überführung der Straße etwa 100 Me-ter südlich des Bahnübergangs, wobei dieerforderliche Höhe durch eine Rampe inSchleifenform gewonnen werden sollte(der sogenannte Schleifenentwurf).Das erste Projekt wurde, obwohl der Ma-

gistrat sich besonders dafür einsetzte, sei-tens der Staatsbahn ad acta gelegt, weil sich

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Die Höherlegung der Eisenbahn in Göttingen (1913 bis 1923)

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Abb. 16: Das Personen-bahnhofsgelände, vonNorden gesehen, vorder Höherlegung derBahnanlagen. DieBahnsteiggleise wurdendamals noch von zweiBahnsteighallen-dächern überdeckt, dienach der Höherlegungdurch Einzelbahn-steigdächer ersetztwurden. Ganz links dasalte Postamt, ganzrechts das Ausbesse-rungswerk

Abb. 17: DasselbeGelände, von Süden(vom damaligenBahnübergang) aus ge-sehen. Ganz links dasAusbesserungswerk

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zeigte, daß wegen des hohen Grundwasser-spiegels eine gleichzeitige Anhebung derGleise erforderlich war, um die Straße beihinreichender Durchfahrtshöhe unterführenzu können.

Es blieben die beiden anderen Entwürfe,die fortan als Entwurf I und II geführt wur-den. Von diesen stieß der Hochstraßenent-wurf I auf größte Ablehnung, insbesondereder Anwohner beiderseits des Bahnüber-gangs, denn zur Überführung der Straßemußten Rampen bis zu vier Meter hoch auf-geschüttet werden, und wer hatte so etwasschon gern vor seinen Fenstern? Der Ent-wurf II, obwohl 22 500 Mark teurer, vermieddiesen Nachteil. Gegenüber der Einmün-dung der damaligen Bahnhofsstraße in dieGroner Chaussee (etwa dort, wo sich heutedie Reifenfirma Apenberg befindet), solltedie neue Straße abbiegen, südlich bis an denHasengraben führen und dort auf einerschleifenförmigen Rampe die Bahn überklet-tern. Jenseits der Gleise erreichte sie dannüber die Gegenrampenschleife wieder dieGroner Chaussee.

Auch dieser Entwurf fand keinen unge-teilten Beifall, und so ließ der Göttinger Ma-gistrat im November 1908 einen eigenenEntwurf ausarbeiten, der die Anhebung derBahngleise vorsah und die Straße in der bis-herigen Lage beließ. Die Staatsbahn verhieltsich der großen Kosten wegen zunächst ab-lehnend, bis sich zeigte, daß die Gleisanla-gen des Göttinger Bahnhofs, insbesondereauch durch den Anschluß der neugebautenStrecke nach Bodenfelde (36,5 km, Eröff-nung am 15. August 1910), den Verkehrser-fordernissen nicht mehr gewachsen waren.So legte die „Königlich Preußische Eisen-bahndirection Cassel“ im März 1910 denEntwurf III vor, der auf dem Magistratsent-wurf aufbaute, aber wesentliche Gleiserwei-terungen vorsah mit getrennten Güter-

zuggleisen und einem dritten Bahnsteig fürdie Bodenfelder Strecke.

Hier muß erwähnt werden, daß sich da-mals die Strecken nach Dransfeld und Bebraunmittelbar hinter dem Bahnübergang Gro-ner Chaussee voneinander trennten (Abb.18). Die letztere führte an der Eisenbahn-straße entlang (daher der Name!), überquertedie Leine auf einer eisernen Brücke (Abb. 20)etwa 50 Meter nördlich der Straßenbrückedes Rosdorfer Weges, verlief an der damali-gen Kiesgrube am Sandweg (dem heutigenKiessee) vorbei, führte an der östlichen Seiteder Ziegelei Hente & Spies entlang (dortsteht heute noch das ehemalige Bahnwärter-haus) und mündete in einer sanften Links-kurve in den Rosdorfer Bahnhof ein. Schie-ferweg, Rosdorfer Weg und Sandweg wur-den mittels beschrankter Bahnübergängeüberquert. Der geschotterte Hauptweg derjetzigen Schrebergärten zwischen dem Krei-sel des Rosdorfer Weges und dem Kiesseeläßt heute noch die alte Trasse erkennen.

Doch zurück zum Projekt III: die bei derEinmündung der Bebraer und DransfelderLinien sowie der Trennung von Personen-und Güterzuggleisen sich ergebenden mehr-fachen Gleiskreuzungen waren größtenteilsals sogenannte Überkletterungen ausgebil-det, d. h. also als gleisfreie Kreuzungen. Die-ser Streckenabschnitt nun hätte bei Aus-führung dieses Entwurfs einige Problemeaufgeworfen: die verwickelten Gleisüber-kletterungen in der Gegend des SchieferWeges und des Rosdorfer Weges hätten zurFolge gehabt, daß auch diese beiden Straßenhätten unterführt werden müssen. So ent-stand der Plan, die Bebraer Strecke gemein-sam mit der nach Dransfeld über die Leinezu führen und dann um die Provinzial-Heil-und Pflegeanstalt (dem heutigen Landes-krankenhaus) herum den Anschluß bei Ros-dorf an die weitere Strecke zu finden.

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Abb. 18: Der damaligeBahnübergang an derGroner Chaussee (wiesie damals hieß). Diebeiden doppelgleisigenStrecken nach Münden(nach rechts) und Bebra(geradeaus) trenntensich schon unmittelbarhinter dem Übergang.Ganz links an derHausecke ist das Gleisder schmalspurigenGartetalbahn zu erken-nen, das vom Personen-bahnhof am Staats-bahnhof zum Güter-bahnhof dieser Bahnführte (im Hintergrundzu erkennen)

Abb. 19: Noch einmalder beschrankte Bahn-übergang an der GronerChaussee (in RichtungGrone gesehen). Rechtsim Hintergrund der1912/13 erbaute Was-serturm des Ausbesse-rungswerks

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Dieser Entwurf IV, wie er folgerichtig ge-nannt wurde, bot trotz einer Streckenverlän-gerung von 358 Metern gegenüber dem Pro-jekt III einige Vorteile:● Die Zusammenführung der beiden Bahn-

linien mit den geplanten Gleisüberklette-rungen lag weiter außerhalb des Stadtge-bietes, wo günstigere Steigungsverhältnis-se anzutreffen waren

● Wegfall der ungünstig, weil schrägkreuzenden Leinebrücke einschließlichdes im Überschwemmungsgebiet lie-genden Bahndammes der alten BebraerStrecke

● leichterer Zugang zur Heilanstalt unddem Baugelände am Leineberg infolgeAbbaus des alten Streckenteils

● Verkürzung der geplanten Unterführungder Groner Chaussee von 70 Meter (Pro-

jekt III) auf 54 Meter, da ja einige Über-führungsgleise weiter draußen gebautwerden konnten

● ein großer Teil des zur Anhöhung desBahnhofsgeländes nötigen Erdreichs konn-te aus den Einschnitten der neuen Streckehinter der Heilanstalt gewonnen werden.

Es zeigte sich, daß der Entwurf IV denBeifall aller Beteiligten fand, und nachdemdie Kostenaufteilung auf Bahn und Stadt ge-klärt und die erforderlichen Grundstücke er-worben worden waren, wurde eigens fürdas Vorhaben eine Eisenbahnbauabteilungin Göttingen eingerichtet, die im Sommer1913 den Bau aufnahm.

Der schwierigste Abschnitt war natur-gemäß der Bahnübergang Groner Chaus-see, durfte ja weder der Bahn- noch der

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Abb. 20: Leinebrückeder damaligen BebraerStrecke nördlich derjetzigen Straßenbrückedes Rosdorfer Weges.Im Hintergrund rechtsdie damalige Provin-zial-Heil- und Pflegeanstalt (heuteNiedersächsisches Landeskrankenhaus)

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Straßenverkehr unterbrochen werden. Manlöste das Problem, indem man die Gleiseeinzeln hochlegte, beginnend mit demwestlichsten, und Gleis für Gleis nachOsten vorrückte, so daß der Eisenbahnver-kehr immer auf mindestens zwei Gleisenabgewickelt werden konnte. Entsprechendwurden die zu ebener Erde liegenden altenGleise entfernt und die Straße Schritt fürSchritt um das vorgesehene Maß von 1,20Meter abgesenkt.

Der ein Jahr nach Baubeginn ausbrechen-de Erste Weltkrieg ließ die Arbeiten insStocken geraten, und 1917 mußten sie sogarganz eingestellt werden. Erst im Herbst 1919konnte man sie wieder aufnehmen.

Nun zu den einzelnen Schwerpunktendes Bauvorhabens:

1. Unterführung MaschmühlenwegHier begann die hochzulegende Strecke,

die von Bovenden her bereits auf einemDamm lag und bisher in leichtem Gefälle dieEbene des Empfangsgebäudes erreichte. DieUnterführung wurde von bis dahin 7,9 mLichtweite auf 15 m ausgebaut, wie sie diebei der Einführung der Bodenfelder Streckehergestellte Verlängerung des Bauwerks andessen westlichem Ende bereits aufwies.

2. Unterführung GodehardstraßeVor dem Umbau führte hier neben dem Lei-

nekanal ein nur 3,5 m breiter und 1,9 m hoherFußgängerweg unter der Bahn hindurch. Erstdie neue Unterführung von 15 m Breite und 4,2m Höhe ermöglichte den Bau der Godehard-straße und damit einen befahrbaren Zugang zuden nordwestlichen Gegenden der Stadt.

3. PersonenbahnhofDieser hatte bisher eine Breite von 35 Me-

tern und wies fünf Gleise auf, davon drei

Bahnsteiggleise an zwei Bahnsteigen. Durchden Umbau konnte man auf nun 105 m Brei-te 14 Gleise unterbringen. Ein zusätzlicherBahnsteig vermehrte die Zahl der Bahnsteig-gleise auf sechs. Um vor der Höherlegungzu den Bahnsteigen zu gelangen, mußteman eine Treppe hinabsteigen, durch einenTunnel die Gleise unterqueren und dannwieder eine Treppe hinaufklettern. Durchdie Anhebung der Gleise – an dieser Stelleetwa drei Meter – konnte man den Tunnelebenfalls höherlegen, so daß die abwärtsführende Treppe nicht mehr benötigt wurde.Die bisherige Bahnhofshalle, die sich an ei-ner Seite auf das Empfangsgebäude abstütz-te und die Bahnsteiggleise in zwei Bögenüberdachte, mußte abgerissen werden undwurde durch Einzelbahnsteigüberdachun-gen ersetzt.

Das Empfangsgebäude sollte nach den ur-sprünglichen Plänen abgebrochen unddurch einen Neubau ersetzt werden; derverlorene Krieg jedoch und die dadurch be-dingte finanzielle Notlage des Staates führtedazu, daß man sich mit einem Umbau beg-nügen mußte, der in den Jahren 1922/23vorgenommen wurde. Er war auch drin-gend nötig geworden, denn die mangelhafteFahrkartenausgabe, die mittlerweile völligunzulängliche Gepäckabfertigung, auch dieEnge besonders auf dem schmalen Bahn-steig 1 bewirkten zu Zeiten des stärkstenReiseverkehrs, vor allem an den berühmtenMariaspring-Tagen, ein geradezu lebensge-fährliches Gedränge:

„wie sich der Strom vor unserer alten Bude drängtund mit gewaltig wiederholten Wehensich durch die enge Gnadenpforte zwängt,mit Stößen sich bis an den Schalter ficht’und, wie in Hungersnot um Brot an Bäckertürenum ein Billett sich fast die Hälse bricht.“

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Und ein Zeitgenosse fügte seufzend hinzu:

„das Spießrutenlaufen durch die in der VorhalleWartenden war dann noch eine besonders lieblicheZugabe.“

Die bedeutend erweiterte Vorhalle unddie zweckmäßiger angeordnete Fahrkarten-ausgabe trugen dazu bei, daß die Studiosiihren Faust nicht mehr derartig maltraitierenmußten.

(Mariaspring, vor Eddigehausen gelegen,mit Ausflugslokal und großer Tanzfläche imFreien, zog bei schönem Wetter hunderte vonGöttinger Studenten an, die es über den dama-ligen Bahnhof Bovenden erreichen konnten.)

4. Unterführung Groner ChausseeDieses 54 Meter lange Bauwerk, auf dem

zehn Gleise verlegt worden waren, hatte einelichte Weite von 16 Metern. Diese reichte ausfür zwei Fahrbahnen, zwei Fußwege von jedrei Metern Breite und für eine zweigleisigeStraßenbahn, denn die Linie 1 der geplantenund beschlossenen Göttinger Straßenbahnsollte von Weende über den Markt zumFriedhof an der Groner Chaussee führen.

Der alte Bahnübergang hatte nur eineLänge von 35 m und bestand aus je zweiGleisen nach Dransfeld und Bebra, einemAnschlußgleis zum Güterbahnhof der Garte-talbahn sowie dem Schmalspurgleis zumPersonenbahnhof dieser Bahn. Da man die-ses Gleis der kurzen Entfernungen wegennicht auf die neue Bahnüberführung hinauf-und auf der anderen Seite wieder hinab-führen konnte, blieb keine andere Wahl, alsden Personenbahnhof der Gartetalbahn bissüdlich der Groner Chaussee zurückzuneh-men und ihn auf dem Gelände ihres Güter-bahnhofs am Hasengraben neu anzulegen.

Im Herbst des Jahres 1922 waren auch allediese Arbeiten abgeschlossen.

5. Die LeinebrückenDie Eisenbahnbrücke der Dransfelder

Strecke über die Leine mit eisernen Über-bauten und zwei Gleisen wurde in den Jah-ren 1914 bis 1916 durch eine massive Ge-wölbebrücke ersetzt, die sieben Gleise auf-nahm, deren Schienenoberkante um 3,3 Me-ter höher lag als die der alten. Ferner erhieltdie neue Brücke auf der östlichen Seite einenWegedurchlaß, während sich auf der westli-chen die Unterführung der Jheringstraße an-schloß. Am 7. April 1945, dem Tag vor derBesetzung der Stadt durch die Amerikaner,zerstörte ein Bombenangriff die neue Brückeund beschädigte das Empfangsgebäude. Diemit Hilfe von amerikanischen Pionieren er-stellte Behelfsbrücke konnte dann 1948durch einen Neubau ersetzt werden.

Doch zurück zur Höherlegung. Die alteBrücke der Bebraer Strecke am RosdorferWeg wurde zusammen mit dem ausgedien-ten Gleisstück im Herbst 1922 abgebaut. Am2. Oktober 1923 konnte das umgestalteteEmpfangsgebäude eingeweiht werden, am8. Februar 1924 wurde die neue Strecke lan-despolizeilich abgenommen.

Die aufgelassene alte Strecke nach Ros-dorf sollte zwei Zwecken dienen: der ersteTeil zwischen Hasengraben und RosdorferWeg sollte die Gartetalbahn aufnehmen, dieman aus der Leinestraße herausnehmenwollte, wo sie sich mehr und mehr zu einemHindernis auswuchs. Durch Unterfahrendes Rosdorfer Weges auf der dafür bessergeeigneten alten Bebraer Strecke hätte mangleichzeitig die unbeschrankte Überquerungdes Rosdorfer Weges entfernen können. Dersüdliche Teil der alten Bebraer Strecke warzunächst als Anschlußgleis für die ZiegeleiHente & Spies vorgesehen worden, dannsollte sie als Trasse für eine neue Straße nachRosdorf herhalten – alle diese Projekte sindnie verwirklicht worden.

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Mit dem Bahnhofsumbau erweiterte mangleichzeitig das Gelände des seit 1895 der„Direction Cassel“ unterstehenden K.E.W.A.(Königlichen Eisenbahn-Werkstatt-Amtes)Göttingen nach Norden hin, zumal die vonder neugebauten Strecke Göttingen - Boden-felde (Eröffnung 15. August 1910) kommen-den Fahrzeuge den Arbeitsanfall vergrößer-ten. Das durch die Verbreiterung des Perso-nenbahnhofs von 35 Metern (fünf Gleise) auf105 Meter (14 Gleise) erforderliche Geländekonnte natürlich nicht auf der Ostseite ge-wonnen werden, denn dort lag ja das Emp-fangsgebäude, also mußte man es auf derWestseite suchen, und dort lag das Ausbesse-rungswerk. Um den nötigen Platz zu bekom-men, mußte das alte Kesselhaus abgerissenwerden. Als Ersatz für die verlorene Flächewar eine erhebliche Erweiterung des AWnach Westen und Norden vorgesehen. Ande-re Pläne sahen eine Verlegung des Werkesnach dem 3,5 Kilometer nördlich von Göttin-gen gelegenen, damals noch selbständigenOrt Weende vor. Der im Jahre 1912 geneh-migte Plan enthielt für das Ausbesserungs-werk im wesentlichen nur die Erweiterungnach Westen. Die mit der Erweiterung nachNorden vorgesehene günstige Einfahrt in diebereits damals geplante neue Lokomoti-vrichthalle kam leider nicht zur Ausführung.

Im August 1917, also mitten im ErstenWeltkrieg, begann man mit dem Bau dergroßen Lokomotivrichthalle (heute vereinfa-chend Lokhalle genannt). Dieses Gebäudewies wahrhaft riesige Ausmaße auf: 174 Me-ter lang, 89 Meter breit - also etwa so großwie zwei Fußballfelder. Die vielen großenDachfenster brachten wesentlich mehr Licht,vor allem aber entfiel das mühsame Hoch-winden der Lokomotiven von Hand, dennvier fahrbare Deckenkräne mit je 50 t Trag-

fähigkeit übernahmen diese anstrengendeArbeit. Außerdem war die Richthalle mitLängsgleisen ausgerüstet, im Gegensatz zuden bisherigen Hallen, die sämtlich Quer-stände aufwiesen (wo die Loks nebeneinan-derstehend behandelt wurden). Durch dieneue Anordnung war es möglich, den soge-nannten Fließtakt anzuwenden, d.h. dieLoks wurden sozusagen von Arbeitsstelle zuArbeitsstelle durchgereicht.

Ferner wurde die alte Tenderwerkstatt abge-rissen, um für die neue, nördliche Schiebebüh-ne Platz zu schaffen. Die Wagenausbesserunglief aus und wurde gegen 1920 ganz eingestellt,die Wagenhalle mußte beim Bau der Schmiede(später Ersatzstücklager) erheblich verkleinertwerden; in ihr wurden Teilwerkstätten einge-richtet. Gleichzeitig wurde mit dem Bau desneuen Kesselhauses und der neuen Kessel-schmiede (Abb. 25) begonnen. Der Bau desWasserturms erfolgte in den Jahren 1912/13.

Im Anschluß an diese Bauten wurden dieneue große 23 m-Drehscheibe, der Anheiz-schuppen und das neue Verwaltungsgebäu-

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Abb. 21: Lokomotivrichthalle

Ausbau des Ausbesserungswerks bis zur Stillegung (1913 bis 1976)

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de (Abb. 26) an der Groner Landstraße ge-baut. Etwas später, 1923, folgten die Sauer-stoffanlage und das Stofflager (Magazin),das, neben der Lokrichthalle, einzige nocherhalten gebliebene Gebäude des ehemali-gen Ausbesserungswerks. Der Autofahrer,der die vor einigen Jahren erbaute Bahnhof-sallee (neue B3) in Richtung Süden befährt,sieht das ursprünglich aus roten Backsteinenerbaute, jetzt mit gelblichen Kunststoffplat-ten verkleidete Haus links liegen, etwa inHöhe des Bahnsteigtunnels. Es gehört heutenoch der Deutschen Bahn AG.

In den 30er Jahren umfaßte das Werk eineFläche von 130 000 m2, von denen etwa44 000 m2 bebaut waren. Den Wert der Anla-ge schätzte man damals auf sieben MillionenReichsmark.

Um die Bedeutung der Reichsbahnbetrie-be für die damalige Göttinger Wirtschaft zuveranschaulichen, läßt man am besten wie-der einige Zahlen sprechen:

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Abb. 22: Lokrichthalle.Gut erkennbar diegroßen fahrbarenDeckenkräne

Abb. 23: Lokrichthalle. Auf dem Arbeitstisch die abge-bauten Stangen des Triebwerks

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Abb. 24: Lokrichthalle.Bearbeitet wird einepreußische P4

Abb. 25: AusgebauteLokomotivkessel in derKesselschmiede

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Durch die in allen Göttinger Bahnbetrie-ben beschäftigten 2 300 Beamten und Arbei-ter flossen der Wirtschaft der Stadt jährlichrd. 6 Millionen Reichsmark aus Löhnen undGehältern zu. Außerdem hatten die Reichs-bahn-Stellen einen Jahreshaushalt von rd.41/2 Millionen Mark zu bewirtschaften, die inForm von Arbeitsaufträgen, Sachbeschaffun-

gen usw. mehr oder weniger der heimischenWirtschaft zugute kamen. Aus diesen Zah-len und Ausführungen erhellt, daß nebender Universität die Reichsbahnbetriebe fürGöttingen von größter wirtschaftlicher Be-deutung waren.

Im Jahre 1937 wurde begonnen, die neueLokomotivrichthalle durch den Anbau einesSeitenschiffs (Abb. 28) im Westen für me-chanische Teilwerkstätten zu vergrößern.Diese Arbeiten wurden im Jahre 1940 been-det. Gleichzeitig wurde an der Ostseite derneuen Lokomotivrichthalle ein weiteres Sei-tenschiff mit drei großen Waschräumen, ei-nem Speisesaal und einer Werkküche er-richtet. Mit der Vergrößerung des Anheiz-schuppens, die, im Zweiten Weltkrieg be-gonnen, 1946 beendet wurde, war der größ-te Umfang der baulichen Anlagen erreicht.(Plan 5)

Die Modernisierung der Bauten ging un-terdessen ständig weiter. Nach dem Brandim Jahre 1898 hatte man in der alten Wagen-halle die Bauhöhe verringert und ein flache-

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Abb. 26: Das neue Verwaltungsgebäude an der GronerLandstraße

Abb. 27: Luftaufnahmedes Göttinger Perso-nenbahnhofs um 1930mit dem dahinter lie-genden Ausbesserungs-werk. Das dreistöckigehelle Gebäude im Hin-tergrund rechts (dasehemalige Stofflager)gehört heute noch derDeutschen Bahn AG

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res Dach aufgesetzt. Wesentlich später – inden Jahren 1937/38 – genügten in den altenHallen, die noch aus den Jahren 1855stammten, die Beleuchtungsverhältnissenicht mehr, denn es sollte darin die Stehbol-zenfertigung (s. S. 77) aufgezogen werden.Sie dienten bis dahin als Lagerräume. Nunerhielten die alte Lokomotivhalle und diealte Schmiede neue Seitenwände (Abb. 30,31); die Dachkonstruktion wurde so geän-dert, daß das Tageslicht wesentlich besserzur Wirkung kam. (Abb. 32, 33)

In den Kriegsjahren wurde das Werkkaum durch Bombenwürfe oder Artillerie-beschuß betroffen, im Gegensatz zu denweiter nördlich gelegenen Bahnbetriebswer-ken. Lediglich bei dem Luftangriff am 7.April 1945 auf den Bahnhof Göttingen wur-den auch die dem Bahnhof zunächst gelege-nen Teile beschädigt. Der Schwerpunkt derArbeiten an den baulichen Anlagen lag inder 50er Jahren deshalb vor allem bei einersorgfältigen Unterhaltung, um die Schäden,die in den Kriegs- und Nachkriegsjahrendurch Material- und Geldmangel an denGebäuden eingetreten waren, zu beseitigen.Die Zeitverhältnisse – verhältnismäßig ge-ringe Mittel – waren für großzügige Neu-planungen nicht günstig. Im Rahmen desRationalisierungsbestrebens wurde stattdessen der Arbeitsablauf in den Teilwerk-stätten durch Umstellungen geringeren Um-fangs verbessert.

Die im Jahre 1941 geplante Erweiterungdes Werks, insbesondere der Bau einer neu-en Kesselschmiede auf der Westseite derLokrichthalle und damit die Entfernung derstörenden Tenderausbesserung aus der Lok-richthalle, und andere Bauvorhaben sindnicht mehr zur Ausführung gekommen.

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Abb. 28: Anbau des Westschiffes der Lokomotivrichthalle

Abb. 29: Idylle im Grünen: Tender derSchnellzuglok 01 164, die am 15. De-zember 1971 in Hof ausgemustertworden war. (Aufn. 21. 10. 1975)

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Abb. 30: Die Seitenwän-de während des Um-baues

Abb. 31: Die Seiten-wände kurz vor Been-digung des Umbaues

Abb. 32: Die alte Dachkon-struktion

Vier Aufnahmen von der Modernisierung der alten Lokomotivhalle (1937/38)

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Abb. 33: Die neue Dachkonstruktion

Abb. 34 Luftaufnahmedes Ausbesserungs-werks um 1960, vonNorden gesehen. Hin-ter dem Schornstein dieLokomotivrichthalle.Die Häuser im Hinter-grund liegen an derGroner Landstraße.(Zahlen entsprechendenen von Plan 5 aufder nächsten Seite)

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Plan 5: Werkgrundriß ausdem Jahre 1955

1 Pförtner2 Baustofflager3 Anheizschuppen mit

Lok-Waage4 Betriebsstofflager5 Öllager6 Feuerschirmsteinlager

(Schamottesteine für dieFeuerbüchse)

7 Sauerstoffanlage8 Rohr-Werkstatt9 Kesselschmiede mit

einem Kran 35 t / 15,2 m10 Stofflager11 Eisenlager12 Sandstrahlreinigung13 Trafo-Station14 Schrottbansen15 Generatorgasanlage16 Kohlenbansen17 Stehbolzen-Lager18 Lok-Richthalle mit vier

Kränen je 50 t / 20,0 m19 Kesselhaus20 Bremsteile-Werkstatt /

Betriebsschlosserei21 Versuchsamt für Lager

und Lagergießereien22 Ersatzstücklager23 Schmiede24 Betriebsschlosserei und

Werzeugmacherei / Pumpen-Werkstatt

25 Lehrlingswerkstatt /Werkschule

26 Schreinerei / Sanitätsräu-me / Maschinenraum /Modellfliegerwerkstatt

27 Verwaltungsgebäude28 Garage29 Stehbolzendreherei /

Altstoffaufarbeitung30 Stehbolzenschmiede31 Schornstein32 WasserturmA Drehscheibe

200 t / 23,0 m ∅B/C Schiebebühnen Nord

je 150 t / 14,0 mD Schiebebühne Süd

100 t / 13,0 mGroner Landstraße

Pers

onen

bahn

hof

0 125 m

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In der Frühzeit des Werkes waren nur we-nige maschinelle Anlagen vorhanden, Hand-arbeit und -antrieb waren vorherrschend.Die Fahrzeuge wurden mit Hebeböcken ge-hoben; dabei standen an jedem Fahrzeugen-de zwei Hebeböcke, die durch eine ausrei-chend bemessene Traverse verbunden wa-ren. Auch die Lokomotivkessel wurden soaus dem Rahmen gehoben. Bei Lokomotivenwaren zur Bedienung je Hebebock vier, ins-gesamt also 16 Bedienstete erforderlich.Auch die Schiebebühnen wurden von Handbetätigt. Die erforderlichen Löcher in Fahr-zeugteile wurden mit der Bohrknarre ge-bohrt. Nieten aller Stärken an den Fahrzeu-gen, z.B. an Achshaltern oder Pufferbohlen,mußten mit Vorhammer und Stangenmeißelabgeschlagen werden. Selbstverständlichkonnten diese schweren Arbeiten nicht ohnePausen ausgeführt werden. Dieser - nichtzuletzt durch die technischen Einrichtungenbedingte - Wechsel zwischen schwerer Ar-beit mit entsprechenden Pausen wirkte sichüberall im Arbeitstempo aus. Zur Beleuch-tung für die Arbeiten an und unter denFahrzeugen dienten Öllampen. Ruß-, Öl-und Fettrückstände an den Fahrzeugenmußten mit kochendem Sodawasser abge-waschen werden.

Die Werkzeugmaschinen, die in dem öst-lichen Flügel der alten Werkgebäude, alsoparallel zur Eisenbahnstrecke aufgestellt wa-ren, wurden über Transmissionen von derbereits erwähnten Dampfmaschine angetrie-ben. Mit steigendem Leistungsbedarf wurdespäter der erste Elektromotor des Werks hieraufgestellt, der zusätzlich zur Dampfma-schine arbeitete. Mit dem Anschluß an dieelektrische Stromversorgung wurden so dieVoraussetzungen für die spätere Entwick-

lung zum Einzelantrieb geschaffen, obwohlder Gruppenantrieb noch lange dominie-rend war. Zunächst wurde das Werk mitzwei Gleichstromkabeln an das städtischeElektrizitätswerk Göttingen angeschlossen.Erst im Jahre 1918 wurde vorerst das Licht-netz auf Wechselstrom umgestellt.

Die im Jahre 1917 erbaute Lokrichthallewurde im wesentlichen mit Werkzeugma-schinen aus stillgelegten Rüstungsbetriebenversehen. Da insbesondere die elektrischeAusrüstung dieser Maschinen unter dem er-heblichen Buntmetallmangel im Ersten Welt-krieg und der geringen Qualität der Ersatz-stoffe im Laufe der Zeit oft zu StörungenAnlaß gab, führten diese Mängel im Rah-men der Ersatzbeschaffung zur Umstellungauf Drehstrom. 1943/44 wurde die neueDrehstromzentrale mit Umspannstation ein-gerichtet. Sie enthielt drei Umspanner5200/380 Volt mit Leistungen von 165, 320und 350 kVA. Im Jahre 1946 wurde ein Dreh-stromaggregat von 190 kVA mit Dieselan-trieb aufgestellt, das insbesondere bei dendamals häufigen Stromsperren gute Diensteleistete.

Als Ersatz für das alte abgerissene Kessel-haus wurde im Jahre 1918 ein neues Kessel-haus mit zwei Kesseln gebaut. In den Jahren1937/38 wurde die Dampfheizung in denHallen durch eine Warmwasserheizung er-setzt.

Bei dem Neubau der Lokomotivrichthalleund der Kesselschmiede wurde auch einegroße Drucklufterzeugungsanlage eingebaut;ein Kompressor versorgte die Kesselschmie-de. Zwei kleinere Kompressoren versorgtendie Richthalle. Die 1920 erbaute Sauerstoffan-lage wurde in den Jahren 1927 und 1937 er-weitert, die Leistung stieg dabei von 30 über

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Die Entwicklung der maschinellen Anlagen, der Energie- und Wasserversorgung

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40 auf 60 m3/h. Sie versorgte zusätzlich zumEigenbedarf die Ausbesserungswerke Braun-schweig und Kassel mittels Sauerstoffwagensowie zahlreiche weitere Dienststellen der Di-rektionen Hamburg, Hannover und Kasselmit Sauerstoff in Flaschen.

Mit der Errichtung der zentralen Stehbol-zenfertigung stieg der Gasbedarf des Werkesdurch die Aufstellung der Schmiedeöfen er-heblich. Da die Verhandlungen mit der Stadtüber einen Gaslieferungsvertrag mit einementsprechend niedrigen Gastarif scheiterten,wurde in den Jahren 1943/44 eine Genera-torgasanlage gebaut, mit der gleichzeitigkriegsbedingte Schwierigkeiten in der Gas-versorgung vermieden wurden.

Ursprünglich hatte das Werk neben deralten Dampfmaschine und dem Kesselhauseinen Brunnen, der mit der Hochlegung desBahnkörpers gegen Ende des Ersten Welt-krieges zugeschüttet wurde. Mit der Erwei-terung der Werkanlagen wurde wahrschein-lich zur selben Zeit ein neuer Brunnen zwi-schen dem neuen Kesselhaus und der altenSchmiede, der späteren Betriebsschlosserei,gebohrt. Wegen der außerordentlichen Härte

des Wassers (39-40° dH) und des Fehlens ei-ner Enthärtungsanlage kam man aber wie-der von der Eigenversorgung ab; das Werkwurde an das städtische Wasserversor-gungsnetz, das nur 25-26° dH Härte auf-wies, angeschlossen. Die bahneigene Was-serversorgung von Reinhausen her wurdewegen der geringeren Härte von nur 11-12°dH vom Betriebsmaschinendienst aus-schließlich zur Lokomotivspeisung verwen-det; die Wasserförderung reichte zur Mit-versorgung des Werkes nicht aus.

Im Sommer 1947 traten infolge der großenTrockenheit ernstliche Schwierigkeiten in derWasserversorgung auf. So mußte das Be-triebswerk (BW) Göttingen täglich zwei Zügeeinsetzen, um Wasser von Northeim undAdelebsen zu holen. Da die Stadt die Wasser-versorgung abzusperren drohte, wurde deroben erwähnte neuere Brunnen wieder in Be-trieb genommen. Die damals angebohrteWasserader war so ergiebig, daß sie die ge-samte Wasserversorgung des Ausbesserungs-werks mit einem Monatsverbrauch von25 000 bis 30 000 m3 sicherstellte. Dieses Was-ser war auch als Trinkwasser verwendbar.

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Abb. 35: Kleinlok 322 108zieht Güterzuglok052 262 von der Dreh-scheibe.Diese sogenannte Kriegs-lok war am 31. Dezember1974 in Lehrte ausgemu-stert und danach im AWGöttingen bis spätestensAnfang Februar 1976 alsHeizlok eingesetzt wor-den. Am 14. Mai 1976schleppte man sie (ohneSchlepptender) zur Zerle-gung nach Ottbergen.Von diesem Tag stammtauch diese Aufnahmevon Andreas Quiring, diezeigt, wie die Kleinlok dieMaschine auf ihren letz-ten Weg bringt

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Wie bereits erwähnt, wurden in den frühe-ren Hauptwerkstätten der Eisenbahn alleschadhaften Fahrzeuge der Region und diesonstigen Einrichtungen und Anlagen, wie z. B. Weichen, Gleiswaagen usw., unterhal-ten. Das blieb auch nach der Neuordnungder Staatsbahnverwaltung in Preußen 1895so. Große Anforderungen kamen auf dieAusbesserungswerke infolge des ErstenWeltkriegs zu: Unmengen von offenen Gü-terwagen mußten „abgebordet“ werden(Entfernen der Bordwände), um sie als Flach-wagen zum Transport von Militärfahrzeugenund Geschützen verwenden zu können.

Eine Folge der englischen Blockade war derRohstoffmangel: so mußten kupferne Stehkes-sel, Feuerbüchsen und andere Teile an Loko-motiven durch eiserne ersetzt werden. Diezum Wehrdienst einberufenen Mitarbeiterkonnten oft nur unzulänglich durch reaktivier-te Pensionäre und Kriegsgefangene ersetztwerden. Auch Frauen sind eingesetzt worden.

Dann mußten als Folge des verlorenenKrieges die drückenden Auflagen des Versail-ler Vertrages verkraftet werden: 9 400 Loko-motiven, 33 Triebwagen, 15 830 Reisezugwa-gen und 225 330 Güter- und Gepäckwagenmußten betriebs- und ladesicher als Reparati-on an Frankreich, Belgien, Elsaß-Lothringen,Polen und Litauen abgetreten werden. Insbe-sondere die westlichen Nachbarn suchten sichnur neueres, einwandfreies Material aus.

Nach Gründung der Reichsbahn im Jahre1920 wurde die Fahrzeugzuteilung auf dieeinzelnen Werke so geändert, daß jedes nurnoch Fahrzeuge bestimmter Baureihen zuunterhalten hatte. So lief für das Ausbesse-rungswerk Göttingen im Rahmen der Bauar-beiten für die neue Lokomotivrichthalle, die1917 begannen, die Wagenausbesserung aus,lediglich die Lokomotivausbesserung blieb

im Werk. Die zugeteilten Lokomotivgattun-gen wechselten verschiedentlich.

Dem Leser, dem die Einteilung der Loko-motiven nicht so geläufig ist, seien einige Er-läuterungen dazu angegeben:

Am 1. April 1920 wurde nach Artikel 89 derReichsverfassung die Deutsche Reichsbahndurch Übernahme der elf in den deutschen Län-dern bestehenden Staatsbahnen (auch Länder-bahnen genannt) gegründet. Um die unüber-sehbare Fülle der verschiedenen Lokbezeich-nungen (damals mehr als 500!) zu vereinheitli-chen, trat am 25. Juli 1923 ein Nummernplan fürDampflokomotiven in Kraft, der sich aus zwei-stelligen Stammnummern (Baureihe) mit fol-gender drei- oder vierstelliger Ordnungsnum-mer zusammensetzte. Hinzu kamen die Loko-motiven des Neubauprogramms, die nach ein-heitlichen Richtlinien und mit möglichst gleich-artigen Bauteilen entworfen wurden, die soge-nannten Einheitslokomotiven. Diese Maschinenvereinfachten dadurch natürlich die Instandhal-tung und vor allem auch die Vorhaltung der Er-satzteile. Als Beispiel seien die Einheitslokomoti-ven der Baureihen 24 und 64 genannt, die in vie-len Bauteilen übereinstimmten, obwohl die eineeine Schlepptender-, die andere eine Tenderlokwar. Von 1921 bis 1930 wurden insgesamt vier-zig verschiedene Typen von Einheitslokomoti-ven entworfen, jedoch nicht alle gebaut.

Der Nummernplan:Gattung Stammnummer Verwendungszweck

S 01 – 19 Schnellzuglok mit Schlepptender

P 20 – 39 Personenzuglok mit Schlepptender

G 40 – 59 Güterzuglok mit Schlepptender

St und Pt 60 – 79 Schnellzug- und Personenzugtenderlok

Gt 80 – 96 Güterzugtenderlok

Z 97 Zahnradlok

L 98 Lokalbahnlok

K 99 Schmalspurlok

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Die Entwicklung der Lokomotivausbesserung

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Die Ordnungsnummern wurden bei Be-darf zur weiteren Unterteilung bei gleicharti-gen oder ähnlichen Länderbahnlokomotivenin Gruppen zusammengefaßt, indem mandie Ordnungsnummern ohne die letzten bei-den Ziffern als Hochzahl hinter die Stamm-nummer setzte, z.B. 3810-40 (die bisherigepreußische P8) oder 382-3 (die bisherige säch-sische XII H2, wegen ihres langen Tenders„Rollwagen“ genannt). Die Maschine 38 3385war also eine P8, die 38 327 eine „Sächsin“.

Bis zum 30. Juni 1932 hatte das GöttingerAusbesserungswerk Personen- und Güter-zugloks preußischer Bauarten zu unterhal-ten, im wesentlichen folgende Loktypen(Nummernplan der Deutschen Reichsbahn,in Klammern die alte preußische Bezeich-nung):

360-5 (P42) 3810-40 (P8)

548-11 (G54) 5525-56 (G81) 5620-30 (G82)

8970-75 (T3).

Danach gab Göttingen die P8 und G81, dierund 2/3 des Erhaltungsbestandes ausmach-ten, an andere Werke ab und erhielt weitereGüterzugloks. Die neue Zuteilung umfaßtefolgende Typen:

360-5 (P42)

548-11 (G54) 550-6 (G71) 580 (G121)

8970-75 (T3) 913-18 (T93).

Ferner waren auch die Einheits-Personen-zugloks der Baureihen 24, 64 und 86 zu un-terhalten. Das Schwergewicht lag bei denBaureihen G121 und T93. Die Zuteilung wur-de jedoch häufig geändert, wie ein Vergleichder Jahre 1934 und 1937 zeigt:

Baureihe 1934 193724 9 9360-5 (P42) 3 –3810-40 (P8) – 12344 – 29557-13 (G72) 5 –5810-21 (G12) 283 27564 27 3886 11 218970-75 (T3) 20 –913-18 (T93) 186 –

Im Jahre 1938 wurden dem Werk wiedermehr Personenzuglokomotiven, und zwarwieder die Reihe 3810-40 zugeteilt. Am 1. De-zember 1939 ging ein großer Teil der Lokomo-tiven der Reihe 590 (54 Stück) in die Obhut desReichsbahn-Ausbesserungswerks Paderborn.Für die seit 1936 in größerem Umfang ausge-lieferten Lokomotiven der Baureihe 44 (Ein-heitslokomotive) war das AusbesserungswerkGöttingen eine Zeitlang einziges Erhaltungs-werk, bis der umfangreichere Bestand eineAufteilung auch auf andere Werke lohnte.

Während des Zweiten Weltkrieges stiegendie Anforderungen an das Werk naturgemäßerheblich an. Zur Beseitigung der kleinenSchäden (sog. L0) wurden Ausweichstellenin Northeim, Kreiensen, Nordhausen, San-gerhausen und Adelebsen eingerichtet. DieWerkabteilung Eschwege, die bereits früher(bis zum 1. August 1927) bestand und derenHallen zeitweise verpachtet waren, wurdeebenfalls wieder zur Ausbesserung vonWerkzeugmaschinen hergerichtet. Durch ei-nen Bombenangriff am 22. Februar 1945wurde sie allerdings erheblich in Mitleiden-schaft gezogen; dieser trug mit dem nahenKriegsende dazu bei, daß diese Kapazitäts-erweiterung praktisch nicht mehr zum Tra-gen kam. Am 1. Oktober 1945 kam die Ab-teilung ans Ausbesserungswerk Kassel undwurde 1951 ganz geschlossen.

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Abb. 36: 2’B n2v-Perso-nenzuglokomotive von1892 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung P42,seit 1920 Reichsbahn-Reihe 360-5.Insgesamt gebaut 709Maschinen (1892 bis1909)

Abb. 37: 2’C h2-Perso-nenzuglokomotive von1906 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung P8,Reichsbahn-Reihe 3810-40.Insgesamt gebaut 3950Maschinen (1906 bis1925)

Die Abbildungen 36 bis 49, 51 und 52 zeigen die Lokomotivtypen, die dem Ausbesserungswerk Göttingen seit Gründung der Reichsbahn im Jahre 1920 zugeteilt waren:

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Abb. 38: D n2-Güter-zuglokomotive von1893 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G71,Reichsbahn-Reihe 550-6.Insgesamt gebaut über1200 Maschinen (1893bis 1917)

Abb. 39: D n2v-Güter-zuglokomotive von1895 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G72,Reichsbahn-Reihe 557-13.Insgesamt gebaut ca.1650 Maschinen (1895bis 1911)

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Abb. 40: D h2-Güter-zuglokomotive von1913 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G81,Reichsbahn-Reihe 5525-56. Von 1934 an zumTeil u.a durch Einbaueiner Vorlaufachse in1’D h2-Lok, Reichs-bahn-Reihe 562-8

umgebaut.Insgesamt gebaut 5257Maschinen, umgebaut688 Maschinen (1913bis 1921)

Abb. 41: 1’D h2-Güter-zuglokomotive von1919 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G82,Reichsbahn-Reihe 5620-30.Insgesamt gebaut 1009Maschinen (1919 bis1927)

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Abb. 42: E h2-Güter-zuglokomotive von1910 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G10,Reichsbahn-Reihe 5710-35.Insgesamt gebaut 2951Maschinen (1910 bis1925)

Abb. 43: 1’E h3-Güter-zuglokomotive von1915 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G121,Reichsbahn-Reihe 580.Insgesamt gebaut 53Maschinen (1915 bis1917)

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Abb. 44: 1’E h3-Güter-zuglokomotive von1919 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung G12,Reichsbahn-Reihe 5810-21.Insgesamt gebaut 1341Maschinen (1917 bis1921)

Abb. 45: C n2t-Güter-zugtenderlokomotivevon 1883 der Preußisch-Hessischen Staatseisen-bahnen, Gattung T3,Reichsbahn-Reihe 8970-75.Insgesamt gebaut ca.1550 Maschinen (1881bis 1910)

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Abb. 46: 1’C n2t-Güterzugtenderloko-motive von 1902 derPreußisch-HessischenStaatseisenbahnen, Gat-tung T93, Reichsbahn-Reihe 913-18, hier Lok 5der Ilmebahn Einbeck-Dassel.Insgesamt gebaut über2000 Maschinen (1901bis 1914)

Abb. 47: 1’C h2-Perso-nenzuglokomotive derBaureihe 24 (bei den Ei-senbahnern „Steppen-pferd“ genannt).Insgesamt gebaut 95Maschinen (1926 bis1939)

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Abb. 48: 1’E h3-Güter-zuglokomotive derBaureihe 44.Insgesamt gebaut 1989Maschinen (1926 bis1947)

Abb. 49: 1’E h2-Güter-zuglokomotive derBaureihe 50.Insgesamt gebaut über3150 Maschinen (1939bis 1943)

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Nach der Besetzung der Stadt Göttingendurch die Amerikaner am 8. April 1945 wurdewieder mit der Lokomotivausbesserung be-gonnen. Die Schwierigkeiten waren auf allenGebieten erheblich. Bei den fehlenden Ver-kehrsverbindungen war vor allem die Materi-alversorgung sehr erschwert. Ferner mußtefür den Ausfall des Ausbesserungswerks Pa-derborn die Pumpenwerkstatt und für denAusfall des AW Fulda die Aufarbeitung derLuftbremsteile neu aufgebaut werden.

Anfang 1946 wurde wieder in Kreienseneine L0-Gruppe (für kleinere Schäden) alsAußenstelle des AW Göttingen unterge-bracht. Hier wurden hauptsächlich Unfall-Lokomotiven ausgebessert und Kesselarbei-ten wie Einbau von eisernen Stehbolzen aus-geführt. Etwa fünfzig Handwerker warenhier beschäftigt, bis Anfang der 50er Jahreder Betrieb eingestellt wurde.

Eine weitere Aufgabe des Ausbesserungs-werks in den ersten Nachkriegsjahren wardie Abnahme von sogenannten Kriegsloko-motiven der Lokomotivfabrik Henschel &Sohn, Kassel. Die ersten Gedanken zur Schaf-fung einer Kriegslokomotive gehen bis in denFrühherbst 1941 zurück, also ein Vierteljahrnach dem Einfall in die damalige Sowjetuni-on. Die Maschinen sollten bei äußerster kon-struktiver und fertigungstechnischer Verein-fachung und geringstem Materialeinsatz al-len Anforderungen eines harten russischenWinters gewachsen sein und das Befahrenvon schlechtunterhaltenen Gleisen, vor allemin den Ostgebieten, und die Bedienung durchwenig geschultes Personal zulassen. Fernersollten sie das gelegentliche Befeuern mitBraunkohlenbriketts erlauben. Auch solltenBauteile aus den knapp werdenden Buntme-tallen, vor allem Kupfer, durch Stahlteile er-setzt werden, z.B. die Feuerbüchsen.

Schon bald lief die Realisierung dieser an-spruchsvollen Vorhaben an, und die Produk-

tionszahlen sprechen für sich: gebaut wur-den in den knapp dreieinhalb Jahren bisKriegsende etwa 760 Stück der Kriegslok-baureihe 42 und 6300 (!) der Reihe 52. Hinzukamen 3000 Loks der Reihe 50. Zum Schutzgegen die arktischen Kältegrade im russi-schen Winter wurden Holzverkleidungen fürPumpen und Rohrleitungen an den beidenKesselseiten angebracht sowie das Führer-haus allseitig geschlossen und doppelwan-dig ausgeführt. Weggelassen wurden Vor-wärmer, Kolbenspeisepumpe, Schlammab-scheider, Zylindersicherheitsventile; Treib-und Kuppelstangen waren geschweißt. Wei-tere Kennzeichen vieler Kriegsloks waren dieleichter herstellbaren Scheibenräder (stattSpeichenräder) an der vorderen Laufachsesowie der sogenannte Wannentender.

Zu bemerken ist, daß diese Mengen vonLokomotiven natürlich nicht allein von dendeutschen Lokomotivfabriken hergestellt wer-den konnten, sondern nur unter Mitwirkungder Werke in den besetzten europäischen Län-dern, wie Wiener Lokomotivfabrik AG Wien-Floridsdorf, Skoda-Werke (Pilsen), DeutscheWaffen- und Munitionsfabriken DWM (Po-sen), Société Alsacienne de Constructions Mé-caniques Graffenstaden (Elsaß).

Nach Kriegsende gab es in den Lokomotiv-fabriken einige Kriegsloks in halbfertigemBauzustand, ebenso größere Bestände an Bau-teilen. Daher ordnete das Oberkommando derUS-Feldeisenbahnen in Europa den Weiterbauund die Indienststellung der bereits angefan-genen Maschinen an. Vom 8. Dezember 1945bis 11. Juli 1947 hatte das Reichsbahn-AWGöttingen insgesamt 15 Kriegsloks der Bau-reihe 52 abzunehmen (die Abnahme ist einePrüfung des Materials und der Funktioneinschließlich der Probefahrt unter Last).

Seit dem Jahre 1946 hatte Göttingen wie-der planmäßig die bisher zugeteilten Baurei-hen 3810-40, 44 und 580 sowie als neue Type

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die Reihe 50 zu unterhalten. Im Jahre 1949wurden die Baureihen 50 und 580 wieder ab-gegeben. Als Ersatz kamen die Reihen 86und vorübergehend 5710-35 (G10) nach Göt-tingen. An die Stelle der Reihe 86 traten 1952bis 1954 die Reihen 24 und 64, die aber 1955auch wieder abgegeben wurden.

Göttingen war Ende der 50er Jahre ein derGrößenordnung nach mittleres unter dennoch 14 Ausbesserungswerken in der damali-gen Bundesrepublik. Das Einzugsgebietreichte von Flensburg bis Stuttgart und Nürn-berg. Durchschnittlich dreißig Lokomotivendreier verschiedener Typen, deren Reparatur-zeit sich jeweils auf 15 bis 20 Tage belief, be-fanden sich zur Instandsetzung im AW. Alleacht bis zehn Jahre war die gesetzlich vorge-schriebene Untersuchung fällig, die ungefähr60 000 DM kostete. 116 Beamte, 922 Lohnbe-dienstete und 66 Lehrlinge bezogen jährlichetwa 2,5 Millionen an Löhnen und Gehältern.Die Aufträge an die regionale gewerblicheWirtschaft waren mittlerweile gering gewor-den, da Ersatzteile und Rohmaterial zumgrößten Teil über das Zentralamt liefen.Trotzdem gingen jährliche Aufträge von fast100 000 DM an die städtische Wirtschaft.

Die Zahl der zur Erhaltung zugewiese-nen Lokomotiven schwankte naturgemäßmit den Änderungen der zugewiesenenBaureihen; sie bewegte sich zwischen 551(1932) und 683 (1927) Maschinen. Im Jahre1955 gehörten 453 Lokomotiven der Bau-reihen 3810-40 und 44 zum Unterhaltungsbe-stand des Werkes. 1958 mußte die Lokkes-sel-Aufarbeitung an das Ausbesserungs-werk Braunschweig abgegeben werden.

Der Rückgang an zugeteilten Lokomoti-ven beginnt 1962:

1955 1958 1961 1963 1965Lokomotiven 453 442 443 268 159Werkstattpersonal 1107 892 788 515 423

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Abb. 50: Einer von zehn Aufsätzen der Egelsbergschule

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Die Lokomotivzuteilungblieb zunächst hauptsächlichbei den Baureihen P8 und 44;statt der 44 kamen dann wieder5525-56 und 562-8 und vor ihrem„Aussterben“ noch einmal die925-10. Ein stetiger Personalab-bau ist seit 1950 erkennbar.

Die Lokschadgruppen:● L0 leichte Schäden● L2 Zwischenausbesserung

(alle zwei Jahre)● L3 Zwischenuntersuchung● L3m Zwischenuntersuchung

mit Kesselausbau● L4 Hauptuntersuchung

(alle sechs Jahre).

Der Strukturwandel ver-drängte die Dampflokomotivezielstrebig. Die Dampflokaus-besserungswerke waren ihrerExistenz beraubt. Die fort-schreitende Technik brachte oh-nehin die Notwendigkeit, dieZahl der Ausbesserungswerkezu verringern. Für das nichtmehr aufrechtzuerhaltende AWGöttingen wurde ein beispiel-hafter langfristiger Sozialplanentwickelt, der die Schließungauf „natürlichem Wege“ durchaltersbedingten Abbau möglichmachte. Das Werk verlor seineSelbständigkeit am 1. Oktober1966 und wurde Werkabteilungdes AW Hannover. Die Beleg-schaftsstärke betrug zu diesemZeitpunkt 337 Arbeiter und 47Beamte.

1972 gab es auf dem Gebietder damaligen Bundesrepu-

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blik noch vier Dampflok-Ausbesserungs-werke, nämlich Braunschweig, Trier, Lingenund Offenburg, zwei Jahre später nur nochBraunschweig und Trier, und 1975 warBraunschweig das einzige noch verbliebene.

Abb. 52: Die Dampflokomotive und ihre wichtigsten Teile am Beispiel der 1’C1’ h2t – Einheitslok der Baureihe 64, „Bubikopf“ genannt. Insgesamtwurden 520 Maschinen in den Jahren 1928 bis 1940 gebaut

1 Kessel2 Rauchkammer3 Rauchkammertür4 Zylinder5 Vordere Laufachse6 Treibachse7 Kuppelachsen8 Hintere Laufachse9 Führerhaus

10 Kohletender11 Wasserkasten12 Hauptluftbehälter13 Luftpumpe14 Vorwärmer15 Schornstein16 Speisewasserdom17 Sandkasten18 Dampfdom

19 Dampfpfeife20 Kesselsicherheitsventil (System Ackermann)21 Druckluftläutewerk22 Sandfallrohre23 Kolbenstangenschutzrohr24 Laternen25 Waschluken26 Gegengewicht (zum Massenausgleich)27 Bahnräumer

Abb. 51: 1’D1’ h2t-Güterzugtenderlok der Baureihe 86.Insgesamt gebaut 774 Maschinen (1928–1943)

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Abb. 53: Triebwerkeiner Dampflokomotivemit HeusingersteuerungA. SchieberkastenB. KolbenschieberC. DampfkanäleD. DampfzylinderE. KolbenF. KolbenstangeG. GleitbahnH. KreuzkopfJ. TreibstangeK. Kuppelstangen

a. Gegenkurbelb. Schwingenstangec. Schwinged. Schwingenlagere. Schwingensteinf. Schieberschubstangeg. Lenkerstangeh. Voreilhebeli. Steuerschraubek. Steuerbockl. Steuerradm. Steuermuttern. Steuerstangeo. Aufwerfhebel/

Steuerstangenhebelp. Hängeeisen

Abb. 54: Führerstandeiner Dampflokomotive1 Reglerhandhebel für Regulie-

rung der Dampfzufuhr2 Wasserstandsanzeiger3 Dampfdruckmesser4 Fernthermometer und

Druckmesser für Schieber-kasten

5 Druckmesser für Bremsluft6 Geschwindigkeitsmesser7 Signalpfeifenzug8 Anstellhahn für Sandstreuer9 Führerbremsventil

10 Zusatzbremsventil11 Handhebel für Steuerung 12 Steuerbock13 Sitz für Lokführer14 Tritte in der Kesselwand15 Feuertür16 Waschluken17 Hebel für Dachlüftung18 Herstellerschild19 Schaltkasten für Beleuchtung20 Die Handräder dienen dem

Betrieb von Kolbenspeise-pumpe, Schmierpumpe,Luftpumpe, Dampfstrahl-pumpe, Lichtmaschine, Hilfs-bläser und Näßeinrichtungen

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Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm dieBeschäftigtenzahl durch den wachsendenAutoverkehr und die Umstellung auf Diesel-und elektrischen Zugbetrieb in immer stär-kerem Maße ab. Gegenüber 1684 Beschäftig-ten im Jahre 1948 waren 1951 noch 1281 und1962 nur noch 818 Mitarbeiter verblieben.Anfang der 60er Jahre zog man in Erwägung,das Werk stillzulegen und die noch vorhan-denen Kräfte in anderen Werkstätten derBundesbahn einzusetzen oder sie in der hei-mischen Wirtschaft zu beschäftigen (zu die-ser Zeit herrschte noch Arbeitskräfteman-gel!). Für die wirtschaftliche Situation Göttin-gens würde die Auflösung des Werkes zwei-fellos Nachteile mit sich bringen, anderer-seits wäre aber die Möglichkeit gegeben, inden vorhandenen Hallen neue Industrieun-ternehmen anzusiedeln. Die Hoffnung, überdie damals geplante Elektrifizierung derNord-Süd-Strecke die Existenz des Werks zusichern, hätte nichts an der Struktur und da-mit am Auftragsbestand des AW geändert.

Noch 1960 hatte der zuständige obersteReferent des Werkstättendienstes bei derHauptverwaltung der Bundesbahn aus-drücklich bestätigt, daß das Göttinger Werksich durch besondere Leistungen ausge-zeichnet und alle Aufträge zur vollsten Zu-friedenheit erledigt habe. Damals hatte dasAW bei Experimenten, die im Zuge ver-schärfter Rationalisierungs- und Leistungs-verbesserung nach neuesten Methoden in-nerhalb der Bundesbahn durchgeführt wur-den, im Vergleich mit anderen Werken her-vorragend abgeschnitten.

Anfang Juli 1965 gab es ein Gespräch zwi-schen dem damaligen Bundestagsvizepräsi-denten und Minister für GesamtdeutscheFragen, Dr. Erich Mende, und dem Betriebs-rat des AW.

Der Göttinger CDU-Bundestagskandidatmeinte dazu: dadurch würde große Unruhebei Belegschaft und Bevölkerung hervorge-rufen. Es sei aber noch keine Entscheidunggefallen. „Bevor eine Stillegung – die ja oh-nehin nicht in Frage kommt, das sei hierganz deutlich festgestellt – oder eine Um-wandlung in eine Werksabteilung erfolgt,muß zunächst einmal die niedersächsischeRegierung ihre Stellungnahme abgeben.Für diese Stellungnahme ist eine vorherigeBeratung dieser Angelegenheit im nieder-sächsischen Landtag erforderlich. Dannentscheidet der Verwaltungsrat der Bun-desbahn und als letzter der Bundesver-kehrsminister.“

Es sei nicht damit zu rechnen, daß Land-tag und Regierung einer Stillegung zustim-men würden. Einer Umwandlung in eineWerkabteilung würde nur als Äußerstem zu-gestimmt werden und auch dann nur, wenndie vom Landtag gestellten Bedingungen(Erhalt von Arbeitsplätzen, Löhnen undGehältern in bisheriger Höhe und andere so-ziale Bedingungen) erfüllt worden seien. ImBundesministerium für Verkehr sei man im-mer mehr von den von der Bundesbahn ver-tretenen wirtschaftlichen Momenten zugun-sten politischer Überlegungen abgerücktund habe sich mehr den politischen und ins-besondere grenzlandpolitischen Gesichts-punkten angeschlossen.

Ende Juli 1965 dann die Erleichterungdurch die Erklärung des Bundesverkehrsmi-nisters:

„Auf Grund einer Besprechung des nie-dersächsischen Ministers für Wirtschaft undVerkehr Möller und des Bundesministers fürVerkehr Dr. Ing. Seebohm hat die Hauptver-waltung der Deutschen Bundesbahn für dasAusbesserungswerk Göttingen einen neuen

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Der Kampf um die Erhaltung des Werks

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Sozialplan vorgelegt. Dieser Sozialplan re-gelt den Verbleib und die künftige Beschäf-tigung der Werksangehörigen des Ausbes-serungswerks, die am 1. Mai 1965 in Göt-tingen beschäftigt waren. Danach wird dieDeutsche Bundesbahn alle nicht umsetz-baren Bediensteten (darunter rd. 350Lohnbedienstete) im AusbesserungswerkGöttingen weiterbeschäftigen und zu die-sem Zweck die durch die Elektrifizierungausfallende Ausbesserung von Dampfloko-motiven auf die Ausbesserung von Güter-wagen umstellen. Zwar ist diese Umstel-lung, mit der am 1. Oktober 1965 begon-nen wird, mit gewissen Investitionen ver-bunden. Dafür werden aber auch die neu-en Aufgaben den Beschäftigten des Aus-besserungswerks Göttingen für einen län-geren Zeitraum in dem jetzt gegebenenUmfang ihren Arbeitsplatz sichern. Diesist eine unmittelbare Folge der technischenEntwicklung und des Strukturwandels inder Zugförderung (gemeint ist die Elek-trifizierung der Nord-Süd-Strecke,d.Verf.), die auch dem Göttinger Raumdurch Verkürzung der Fahrzeiten und Be-schleunigung des Güterverkehrs eine ent-scheidende Verbesserung in seiner Verkehrs-lage gebracht hat.“

1965 schien seine Erhaltung nach vielenBemühungen unter Einschaltung der Bun-des- und Landesregierung gesichert. Derdurch die Elektrifizierung bedingte Ausfallder Dampflokomotiven sollte durch die Re-paratur von Güterwagen wettgemacht wer-den. 350 Bedienstete, die nicht in anderenZweigen der Bundesbahn eingesetzt werdenkonnten, sollten eine Beschäftigung im Rah-men eines Sozialplanes erhalten. Im Herbstdesselben Jahres verließ schließlich die letzteLokomotive den Betrieb.

Den Ausklang der Dampflok-Aera be-schrieb das Göttinger Tageblatt:

„ ,Fahre wohl und vergiß das AW Göttin-gen nicht!’ – mit diesem Abschiedsgruß ent-ließ das Bundesbahn-Ausbesserungswerkseine letzte ,Patientin’. Eine Dampflok Bau-jahr 1917 (die 55 3978, eine preußische G81,d. Verf.) – der letzte Veteran, dem eine ganzeSerie von reparaturbedürftigen Lokomotivenvorausgegangen ist. Pro Jahr wurden zirka500 Lokomotiven repariert und überprüft.Jetzt wurde das AW auf die Reparatur vonGüterwagen umgestellt. Schon seit einigenWochen beschäftigten sich die 380 Werksar-beiter mit diesen neuen Aufgaben. Ihrer letz-ten Patientin allerdings sahen die Arbeiterdoch mit etwas gemischten Gefühlen nach,als sie mit lautem Geschnaufe und Getösedas weite Gelände des AusbesserungswerksGöttingen verließ.“

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Abb. 55: Anfertigung von Kolbenringen nach Meßliste

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Abb. 56: Verabschie-dung der letzten ge-warteten Lokomotiveim Göttinger Ausbesse-rungswerk,einer preußischen G81.Das Schild an derRauchkammertür lautetetwas wehmütig: „Fah-re wohl und vergiß dasAW Göttingen nicht4.10.65“

Abb. 57: Kleinlok 322 108 auf der Schiebebühne Nord.Im Hintergrund das da-malige Stofflager, dasheute noch an der neu-en B3 steht (21. 10. 1975)

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1966 hatte dasAusbesserungswerk schließlich als selbstän-dige Einrichtung aufgehört zu existieren undwurde dem Ausbesserungswerk Hannoverals Abteilung unterstellt. Die Umorganisati-on wirkte sich jedoch nicht auf die damals

360 Beschäftigten aus. Man erkannte dabeian, daß es der Bundesbahn überlassen blei-ben müsse, selber Entscheidungen zu treffen,die sich aufgrund von Strukturänderungenund der damit verbundenen Wirtschaftlich-keit im Werkstättenwesen ergaben.

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Neben dem anfänglichen Zerlegen vonReisezugwagen und Lokarmaturen erhieltdie Werkabteilung als neue Aufgabe dasVollaufarbeiten (Schadgruppe G5) offenerGüterwagen (Omm 55 und 54/53). ÄltereEisenbahnfreunde erinnern sich sicherlichan die Zeit von 1922 bis 1951, als die Güter-wagenbauarten so einprägsam durch die so-genannten Gattungsbezirke gekennzeichnetwurden. An offenen Güterwagen tummeltensich „Breslau“, „Danzig“, „Duisburg“, „Es-sen“, „Halle“, „Kattowitz“, „Königsberg“,„Ludwigshafen“ auf den Gleisen. Späterfolgten ihnen die sogenannten Kriegsbauar-ten „Klagenfurt“, „Linz“ und „Villach“.Nach dem Krieg gab es auch einige wenige„Göttingen“ (Versuchsbauarten). Alle dieseBauarten unterschieden sich durch Bord-wandhöhe, Länge, Tragfähigkeit, Spreng-werk (ein Stützgestänge unter dem Fahrzeug-rahmen) voneinander, und im Verein mitden unterschiedlichen Formen der Bremser-häuser bildeten sie die so abwechslungsrei-chen Güterzüge jener Zeit, deren heutigesBild geradezu eintönig dagegen wirkt.

Ab 1951 kamen dann die so nüchtern wir-kenden Bezeichnungen wie Omm 53, 54oder 55 auf, die noch später in die interna-tionalen Bezeichnungen E 039, E 040 oder Es040 umbeschriftet wurden (letztere wegenihres Bremssystems für schnellfahrendeZüge zugelassen) (Abb. 59).

Der Omm 54/53 wurde zwischen 1954und 1956 in einer Stückzahl von 10 589 ge-baut und ab 1970 zu E(s) 039 (UIC-Bezeich-nung) hergerichtet, der Omm 55 zwischen1955 und 1962 in 15 471 Exemplaren zu E(s)040. Diese Wagentypen also wurden inGöttingen u.a. für die Aufnahme der auto-matischen Mittelpufferkupplung (AK) vor-bereitet.

Für die Ausrüstung des Wagenparks mitder AK sprechen mehrere Gründe:● die verringerte Unfallgefahr für das Ran-

gierpersonal,● das schnellere Abwickeln der Rangiervor-

gänge,● die erhöhte Zugfestigkeit gegenüber den

herkömmlichen Schraubenkupplungenbei zunehmend längeren und schwererenGüterzügen.So hatten die USA bereits 1893 die AK ge-

setzlich vorgeschrieben, die sowjetischenBahnen folgten Ende der fünfziger Jahre des20. Jahrhunderts. In Europa gab es schonseit 1873 Versuche, die automatische Kupp-lung einzuführen, Versuche, die zwischenden beiden Kriegen nach Gründung des In-ternationalen Eisenbahnverbandes UIC(Union Internationale des Chemins de Fer,gegründet am 1. Dezember 1922) mit Nach-druck betrieben wurden, aber durch die po-litische Zerrissenheit des Kontinents zumScheitern verurteilt waren. Erst im Jahre1960 konnte das Versuchsamt des Verban-des Ausschreibungen erlassen, um geeigne-te Kupplungsentwürfe zu erhalten, die u. a.folgende Bedingungen erfüllen mußten:

● Kuppelmöglichkeiten mit der herkömmli-chen Schraubenkupplung mit Seitenpuf-fern (für die Übergangszeit erforderlich),

● Kuppelmöglichkeiten mit der sowjeti-schen automatischen SA 3-Kupplung,

● gleichzeitiges Verbinden der Druckluft-und elektrischen Steuerleitungen (Abb.60, 61).

Auch die Organisation für die Zusammen-arbeit der Eisenbahnen des Ostblocks (OSShD) arbeitete an einer automatischenKupplung für ihre Mitgliedsbahnen. So lag

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Die Ausbesserung von offenen Güterwagen (1965 bis 1976)

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es nahe, für beide Organisationen eine Zu-sammenarbeit zu vereinbaren. Aber: UICwollte Ostern 1976 automatisch kuppeln,dann 1979, OSShD 1981 (mit einer Über-gangsfrist von vier Jahren). Nachdem alsozunächst die vielfach finanzschwachen Ost-

Eisenbahnen bremsten, waren es dann diefranzösischen Staatsbahnen SNCF (SociétéNationale des Chemins de Fer Francais), undso ist es dann bis heute bei schönen Plänengeblieben. Das aber bedeutete das Todesur-teil für das Göttinger Ausbesserungswerk.

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Abb. 58: Blick auf die Lokrichthalle von Norden

Abb. 59: Offener Gü-terwagen der GattungOmm 54, wie sie ab1965 im AW gewartetwurden

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Es wurden in den Jahren 1965 bis 1976 fol-gende Mengen von Wagen aufgearbeitet:

1965 (ab 16. 8.) 1971966 12131967 11631968 8861969 7971970 7321971 5771972 5091973 4821974 4391975 3531976 (bis 31. 3.) 69zusammen 7417 Wagen

1971 wurden zusätzlich 998 Wagen derBauart Klms umgebaut.

(K = zweiachsiger Flachwagen in Regel-bauart mit beweglichen Wänden,Lastgrenze 20 t

l = ohne Rungenm = Ladelänge von 9 - 12 ms = für Züge bis 100 km/h)

Während 1967 noch täglich fünf Wagendas Werk verließen, waren es in den letztenJahren nur noch durchschnittlich ein biszwei Wagen.

Neben der Güterwagenaufarbeitung hattedas Werk auch noch Luft- und Speisewasser-pumpen sowie Manometer zu reparieren.

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Abb. 60: Automatische Mittelpufferkupplung (AK), diein den siebziger Jahren bei den europäischen Eisen-bahnverwaltungen eingeführt werden sollte, aber bisheute - leider - nur Planspiel geblieben ist

Abb. 61: Gut zu erkennen: Einrichtung zum automati-schen Mitkuppeln der elektrischen Steuerleitungen(oben) und der Druckluftleitungen (darunter)

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Nach und nach fand eine sich stets ver-größernde Anzahl Handwerker wie Schlos-ser, Schmiede, Dreher, Tischler, Anstreicher,Lackierer und Handarbeiter eine auskömm-liche und sichere Verdienstmöglichkeit. DieBelegschaft war zu etwa 2/3 in Göttingenselbst wohnhaft, das letzte Drittel warhauptsächlich in den nächsten vor Göttin-gen gelegenen, damals noch selbständigenDörfern Grone, Elliehausen, Holtensen,Weende, Geismar und Rosdorf zuhause.Um das Jahr 1890 herum waren in der der-zeitigen Hauptwerkstätte Göttingen bereits450 Mann tätig. Mit dem zunehmenden Ei-senbahnverkehr stieg auch der Auftragsbe-stand an ausbesserungsbedürftigen Fahr-zeugen und brachte eine stetige Vermeh-rung der Belegschaft mit sich. Bei Beginndes Ersten Weltkriegs war diese schon auf600 Mann angestiegen.

Der Arbeitstag dauerte zehn Stunden, auchan Sonnabenden, der Lohn betrug zwanzigGroschen (pro Tag!). Politische Betätigungwar den Männern untersagt. Jeder Neueintre-tende mußte eine eidesstattliche Erklärungabgeben, daß er sich zu Kaiser und König be-kannte, daß er nicht der Sozialistischen Ar-beiterpartei Deutschlands (der Vorgängerinder SPD) angehörte, die von 1878 bis 1890durch Bismarcks „Sozialistengesetz“ verbo-ten war, und auch keine Zeitungen dieserRichtung las. Verstöße dagegen hatten diefristlose Entlassung zur Folge. Diese rigoro-sen Beschränkungen dauerten bis zum 1. Ja-nuar 1916.

„Der RAW Kamerad – Werkzeitschrift derReichsbahn-Ausbesserungswerke des Direk-tionsbezirks Kassel“ – berichtete in seinerAugust-Ausgabe 1938 über die Zeit dreißigJahre zuvor:

„Die Arbeitszeit betrug neun Stundenmit 11/2 Stunden Mittagspause. Lohnzah-

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Die Belegschaft

Abb. 62: Der zweitau-sendste instandgesetzteGüterwagen – einOmm 53 – im Jahre1967

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lung war jeweils am 15. und am letzten Tagdes Monats. Autogene Schweißgeräte,Schneidewerkzeuge und Preßlufthämmergab es erst ab etwa 1912. Was heute die Lo-komotiven an Tagen im Werk stehen, stan-den sie damals in Wochen im Werk und eswar durchaus keine Seltenheit, wenn eineLok sechs bis acht Monate im Werk war.Umkleide- und Waschräume gab es damalsnicht, nur Waschtröge.“

Auch Streiks fanden im Ausbesserungs-werk statt, selbstverständlich erst nach Ab-schaffung der Monarchien in Deutschlandnach dem Ende des Ersten Weltkriegs undvor Beginn des „Tausendjährigen Reiches“:vom 6. bis 9. Juni 1919, im November 1919,vom 8. bis 17. Februar 1920, vom 15. bis 19.März 1920 (zur Abwehr des Kapp-Putsches),vom 15. bis 17. August 1921, Ende Dezember1921 bis 2. Januar 1922, 2. bis 8. Februar

1922, 5. bis 15. März 1925, 24. bis 27. März1928 und 1. bis 15. Januar 1931. Die Gründewaren verschieden: Erzwingung von Lohn-erhöhungen, Verkürzung bzw. Beibehaltungder Arbeitszeiten, Ablehnung von Perso-nalabbau, aber auch Absetzung besondersunbeliebter Vorgesetzter, schließlich Sen-kung des Arbeitsdrucks. Nach 1933 warennicht nur Streiks, sondern generell Gewerk-schaften und Betriebsräte verboten.

Die Entwicklung der Belegschaftsstärkeseit 1926 wurde in erheblichem Maße durchden Arbeitsanfall und den Krieg beeinflußt.War es zunächst die Wirtschaftskrise von1929 bis 1933, die die Zahl der Belegschaftfast ständig absinken ließ, so reichtewährend des Zweiten Weltkrieges die Zahlder deutschen Bediensteten, die auch durchdie Einziehung zum Wehrdienst verringertwurde, nicht mehr aus, die erheblich gestie-

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Abb. 63: Kriegsgefan-gene im Ersten Welt-krieg bei der Ausbesse-rung eines Personen-zugwagens. Ganzrechts eine der Dreh-spindeln zum Anhebendes Wagenkastens

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Abb. 64: Konzert desTrompeterkorps des3. Reiterregiments (Zietenkaserne) unterder Leitung des Stabs-musikmeisters Sillichin der Lokrichthalle (ca. 1938).

Abb. 65: Kantine desAusbesserungswerks

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genen Ausbesserungsleistungen zu bewälti-gen. So wurden seit 1942 in zunehmendemMaße zunächst Bedienstete der Böhmisch-Mährischen Bahnen (BMB), später auchKriegsgefangene und Zwangsarbeiter ausverschiedenen Ländern beschäftigt, die zumgroßen Teil in Lagern in der Nähe des AWuntergebracht waren.

Genaue und vergleichbare Angaben zuden Belegschaftszahlen sind sehr schwer zumachen. Zum einen gibt es große Lücken,z.B. zwischen 1869 und 1925, zum andernsind die Zahlen für gleiche Zeiträume wi-dersprüchlich. Schließlich sind manche An-gaben aufgeschlüsselt nach Beamten, Ange-stellten, Handwerkern, Nichthandwerkern,

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Jahr Anzahl Bemerkungen

1854 48 Nur Handwerker1855 98 Nur Handwerker

146 Gesamt1856 121 Nur Handwerker1857 123 Nur Handwerker1858 133 Nur Handwerker1859 128 Nur Handwerker1860 136 Nur Handwerker1861 143 Nur Handwerker1862 152 Nur Handwerker1863 153 Nur Handwerker1864 162 Nur Handwerker1865 184 Nur Handwerker1866 186 Nur Handwerker1867 222 Nur Handwerker1868 268 Nur Handwerker1890 450 Gesamt1908 400 Gesamt1914 500-600 Gesamt1925 1398 Gesamt1926 1191 Gesamt1927 1054 Gesamt1928 988 Gesamt1930 1082 Gesamt1931 966 Gesamt1932 750 Gesamt1935 1042 Gesamt1936 1071 Gesamt1937 1217 Gesamt1938 1333 Gesamt1939 1384 Gesamt1940 1487 Gesamt1941 1454 Gesamt1942 1490 Gesamt1943 1462 Gesamt1944 1483 Gesamt

Jahr Anzahl Bemerkungen

1945 1382 Gesamt1946 1557 Gesamt1947 1698 Gesamt1948 1684 Gesamt1949 1414 Gesamt1950 1318 Gesamt1951 1281 Gesamt1952 1277 Gesamt1953 1242 Gesamt1954 1222 Gesamt1955 1107 Werkstattpersonal1958 892 Werkstattpersonal1960 345 Werkstattarbeiter

Dampflok1961 788 Werkstattpersonal

340 WerkstattarbeiterDampflok

1962 818 Werkstattpersonal315 Werkstattarbeiter

Dampflok1963 515 Werkstattpersonal

226 WerkstattarbeiterDampflok

1964 164 WerkstattarbeiterDampflok

1965 423 Werkstattpersonal95 Werkstattarbeiter

Dampflok1966 337 Arbeiter und

47 Beamte1967 3601970 2151971 195 Werkstattarbeiter 1972 190 Werkstattarbeiter1973 147 Werkstattarbeiter1974 1531976 93 (130)

Die Entwicklung der Belegschaftsstärke:

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Frauen, Lehrlingen und Praktikanten, man-che beinhalten nur die Zahl der Gesamtbe-legschaft, manche nur die der Werkstattar-beiter, bei anderen wiederum ist offen gelas-sen, wie sich die Zahl zusammensetzt.

Die Wohnorte mit Anzahl der dort wohnen-den Betriebsangehörigen (Stand 1975):

Adelebsen . . . . . . 6 Hettensen . . . . . . . . . 1Asche . . . . . . . . . . 1 Hillerse . . . . . . . . . . . 3Barterode . . . . . . . 3 Höckelheim . . . . . . . 1Beienrode. . . . . . . 1 Krebeck . . . . . . . . . . . 1Bishausen. . . . . . . 1 Lenglern . . . . . . . . . . 3Bodenfelde . . . . . 4 Lödingsen . . . . . . . . . 2Dransfeld . . . . . . . 4 Lütgenrode . . . . . . . . 1Duderstadt . . . . . 1 Mackenrode . . . . . . . 1Friedland . . . . . . . 1 Niedernjesa. . . . . . . . 1Fürstenhagen . . . 2 Niederscheden . . . . . 1Gelliehausen . . . . 1 Nörten-Hardbg. . . . . 2Göttingen. . . . . . 49 Northeim. . . . . . . . . . 5Harste. . . . . . . . . . 1 Oberscheden. . . . . . . 1Heisebeck . . . . . . 2 Parensen . . . . . . . . . . 1

Reckershausen . . 1 Sudershausen . . . . . . 1Reiffenhausen . . . 1 Varlosen. . . . . . . . . . . 3Reinhausen . . . . . 3 Verliehausen . . . . . . . 2Reyershausen . . . 1 Vernawahlshausen . 3Rosdorf . . . . . . . . 9 Wahmbeck . . . . . . . . 1Schoningen . . . . . 2 Wollbrechtshausen . 3Seeburg . . . . . . . . 2 Wöllmarshausen . . . 1

Der Beschluß der Europäischen Verkehrs-ministerkonferenz (CEMT) im Jahre 1975, dieEinführung der automatischen Mittelpuffer-kupplung (AK) auf unbestimmte Zeit zu ver-schieben, zwang die Deutsche Bundesbahn,die bereits seit Jahren laufende Vorbereitungder Fahrzeuge für den Einbau der Kupplungeinzustellen. Damit war eine weitere Be-schäftigung der noch in der WerkabteilungGöttingen an Güterwagen arbeitenden 130Mann nicht mehr möglich. Die Schließung,erst für einen späteren Zeitpunkt geplant,mußte vorgezogen werden. Die Werkabtei-lung schloß am 31. März 1976 ihre Tore.

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Abb. 66: Tender derGüterzuglok 050 396mit eingebauter Zug-führerkabine. Diesediente dem Zugführerals Aufenthaltsort stattdes nicht mehr mitge-führten Gepäckwagens.Die dazugehörige Lo-komotive diente ab5. Februar 1976 alsHeizlok (Aufn. 21. 2.1976)

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Wie schon erwähnt, hatte sich das König-reich Hannover von Anfang an für dasStaatsbahnsystem entschieden. Die „General-Direction der Eisenbahnen und Telegraphen zuHannover“ (Generaldirektor Dr. F. GeorgHartmann und acht weitere leitende Mitglie-der) umfaßte 16 Abteilungen:

1. Expedition2. Registratur und Canzlei3. Allgemeine Rechnungs-Revision4. Bau-Rechnungs-Revision5. Controle-Bureau I6. Controle-Bureau II7. Ober-Betriebs-Controle8. Eisenbahn-Haupt-Casse9. Eisenbahn-Bau

10. Material-Commission11. Magazin-Commission12. Maschinen-Inspection Hannover13. Maschinen-Inspection Göttingen14. Maschinen-Inspection Lingen15. Wagenbau und Wagendienst16. Telegraphen-InspectionDie Maschinen-Inspektion Göttingen ver-

fügte über 22 Lokführer und acht Gehilfen,acht Lokomotivführer-Lehrlinge und 13 Feu-ermänner (= Heizer, d.Verf.). Der Betrieb derStaatsbahn war auf sechs „Betriebs-Directio-nen“ verteilt: Hannover, Harburg (das biszum Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 zuHannover gehörte), Bremen (die Konzessionfür die Strecke Wunstorf–Bremen lag bei derHannoverschen Staatsbahn), Göttingen, Em-den und Osnabrück.

Der "Betriebs-Direction zu Göttingen" un-terstand der Betrieb zwischen Nordstemmenund "Cassel". Die unterstellten Stationen:Elze, Banteln, Alfeld, Freden, Kreiensen,Salzderhelden, Northeim, Nörten, Göttin-gen, Dransfeld, Münden und "Cassel". DieDirektion Göttingen verfügte über zwölf

Bahnmeister, 156 Weichen- und Bahnwärtersowie 107 Hilfswärter.

Alle diese Angaben stammen aus demJahre 1865. Nur ein Jahr später annektiertePreußen nach dem gewonnenen Krieg von1866 das Königreich Hannover, das darauf-hin zur preußischen Provinz wurde, wiedann auch die Hannöversche Staatsbahn indie preußische aufging.

Zunächst unterstand das Ausbesserungs-werk Göttingen der Eisenbahndirektion Han-nover. Später, wahrscheinlich im Rahmen derUmorganisation, die sich an den Staatsvertragvon 1896 – Verschmelzung der Staatsbahnenvon Preußen und Hessen zu einer Betriebs-und Finanzgemeinschaft „KöniglichPreußisch-Hessische Eisenbahn-Verwaltung“(KPHEV) – anschloß, wurde das Werk der„Kgl. Eisenbahn-Direction Cassel“ zugeteilt.Ebenso wurde Kassel für das Göttinger Werk„Geschäftsführende Direktion für das Werk-stättenwesen“ (GDW). Nach dem Zusammen-schluß der Länderbahnen zur DeutschenReichsbahn bekam es dann den Namen„Reichsbahn-Ausbesserungswerk Göttingen“.

Mit dem Zusammenbruch im Jahre 1945rissen vorübergehend alle Verbindungen zurvorgesetzten GDW als auch zur örtlichenReichsbahndirektion ab. Deshalb wurdenzunächst die zahlreichen Verhandlungen zurWiederaufnahme des Betriebes mit den häu-fig wechselnden Dienststellen der Besat-zungsmacht für alle Göttinger Eisenbahn-dienststellen von dem damaligen Reichs-bahn-Direktor Witte unter der Firma „Eisen-bahnverwaltung Göttingen“ geführt.

Etwa zur selben Zeit wurde GöttingenSammelstelle des ehemaligen Reichsbahn-Zentralamtes Berlin. Der Aufbau des Zen-tralamtes Göttingen wurde vom Ausbesse-rungswerk mit allen Mitteln unterstützt.Am 1. Oktober 1945 wurde die Werkabtei-lung Eschwege mit 43 Bediensteten dem

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Werkorganisation

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Ausbesserungswerk Kassel zugeteilt. Zu die-ser Zeit auch wurde die GDW Kassel aufge-löst und das Göttinger Ausbesserungswerkzunächst der GDW Frankfurt/M unterstellt,obwohl beide in verschiedenen Besatzungs-zonen lagen. Dies dürfte darauf zurückzu-führen sein, daß Göttingen an der für dieamerikanische Besatzungsarmee wichtigenVersorgungsstrecke Bremerhaven - Frankfurtlag, die zwar zum größten Teil durch die bri-tische Besatzungszone führte, deren Betriebs-führung aber amerikanischen Dienststellenunterstand. Seit dem 1. August 1947 gehörtedas Ausbesserungswerk Göttingen zur GDWHamburg. Seit Gründung der Bundesrepu-blik Deutschland 1949 Eisenbahn-Ausbesse-rungswerk benannt, erhielt das AW mit In-krafttreten des Bundesbahngesetzes am 18.Dezember 1951 den Namen Bundesbahn-Ausbesserungswerk Göttingen.

Mit dem Auslauf der Dampflok-Ausbes-serung und der Schließung vieler Ausbes-serungswerke wurde für die Mitarbeiterdes Göttinger Werkes wegen der bevorste-henden Umwandlung zu einer Werkabtei-lung am 1. März 1964 ein Sozialplan er-stellt. Dieser wurde mit Stand vom 1. Mai1965 überarbeitet und von der Bundes-bahndirektion Hannover und der Haupt-verwaltung der Bundesbahn (HVB) inFrankfurt am Main anerkannt. Dieser Sozi-alplan war der soziale Schutz aller Mitar-beiter des Göttinger AWs.

Ende März des folgenden Jahres gab esden erwarteten Rückschlag: der Verwal-tungsrat der Bundesbahn beschloß, dasAusbesserungswerk Göttingen mit Wirkungvom 1. Juli 1966 als selbständiges Unterneh-men aufzulösen und als Werkabteilung demAusbesserungswerk Hannover zu unterstel-len. Der Vizepräsident des Verwaltungsra-tes, Philipp Seibert, teilte in Frankfurt mit,der Beschluß sei mit der Begründung gefaßt

worden, daß die Beschäftigtenzahl des Göt-tinger Ausbesserungswerks ständig gesun-ken sei. Auf die 360 Belegschaftsangehöri-gen des Werkes werde die Umorganisationkeine Auswirkung haben. Entlassungenwürden nicht vorgenommen. Lediglichnatürliche Abgänge würden nicht mehr er-setzt werden. Nach den Angaben von Sei-bert würde das Bundesverkehrsministeriumdem Beschluß zustimmen.

Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehrund der Zonengrenzausschuß des nieder-sächsischen Landtages hatten im Herbst vo-rigen Jahres grundsätzlich anerkannt, daß esder Bundesbahn überlassen bleiben müsse,für ihr Werkstättenwesen die sich aus Struk-turveränderungen notwendig ergebendenbetriebswirtschaftlichen Entscheidungen zutreffen. Die Bundesbahn sollte jedoch die Ar-beitsplätze der Belegschaftsmitglieder inGöttingen sichern, soweit das sozialpolitischerforderlich sei.

Die Landesregierung hatte nach Ver-handlungen mit der Ortsgruppe Göttingender Gewerkschaft Deutscher Bundesbahn-beamten und dem Göttinger Personalrat ineiner Stellungnahme vom Vorstand derBundesbahn aus sozialpolitischen sowieaus zonengrenzpolitischen Gründen gefor-dert, daß bei der Umwandlung in eine Ab-teilung des Ausbesserungswerks Hannoverdas Werk Göttingen auf absehbare Zeit er-halten bleibe und daß der vorgelegte Sozi-alplan bezüglich der Sicherung der Arbeits-plätze eingehalten werde.

Der Strukturwandel verdrängte dieDampflokomotive zielstrebig. Die Dampf-lokausbesserungswerke waren ihrer Exi-stenz beraubt. Die fortschreitende Technikbrachte ohnehin die Notwendigkeit, dieZahl der Ausbesserungswerke zu verrin-gern. Für das nicht mehr aufrechtzuerhal-tende AW Göttingen wurde ein beispielhaf-

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ter langfristiger Sozialplan entwickelt, derdie Schließung auf „natürlichem Wege“, alsodurch altersbedingten Abgang, möglichmachte. Das Werk verlor seine Selbständig-keit am 1. Oktober 1966 und wurde Werkab-teilung des AW Hannover. Die Belegschafts-stärke betrug zu diesem Zeitpunkt 337 Ar-beiter und 47 Beamte.

Werkabteilungen sind an anderen Ortenbefindliche Werkteile. Sie werden von einemAbteilungsleiter geführt, der einem Abtei-lungsleiter des „Mutterwerkes“ gleichgestelltist. Alle übergeordneten Aufgaben wie Per-sonalwirtschaft, Vorhabenabwicklung, Mit-telverwaltung nimmt das Mutterwerk wahr.Oft – nicht immer – werden Ausbesserungs-werke, deren Auflösung beschlossen ist, ei-nem örtlich naheliegenden Werk für mehroder weniger kurze Zeit als Werkabteilungangegliedert. Das galt hier auch für Göttin-gen. Die Werkabteilungen (WAbt) sind nichtzu verwechseln mit Ausbesserungswerkstät-ten (Awst); diese sind praktisch kleine AWmit vereinfachtem Führungsaufbau, für diein der Regel eine langfristige Beschäftigungnicht vorgesehen ist.

In einer Besprechung am 4. November1971 mit Vertretern der Hauptverwaltungder Bundesbahn und den Stufenvertretun-gen wurde der bestehende Sozialplan wei-ter fortgeschrieben als bestehende Verein-barung. Danach sollte die bestehendeWerkabteilung bis 1978/80 auslaufen mitder Annahme:

● daß jährlich etwa 25 Arbeitskräfte aus-scheiden würden

● daß keine Neueinstellungen vorge-nommen würden

● daß zu diesem Zeitpunkt etwa noch 70Werkarbeiter vorhanden seien unddiese dann im Raum Göttingen lautbestehendem Sozialplan untergebrachtwerden könnten. Das Durchschnittsal-

ter der Werkabteilung betrug zu die-sem Zeitpunkt 51,4 Lebensjahre.

Für den interessierten Leser einige stati-stische Angaben: zunächst seien die 89 Aus-besserungswerke und neun Hauptwerkstät-ten der Deutschen Reichsbahn genannt(Stand 1926). (RBD = Reichsbahndirektion,HW = Hauptwerkstätte, alle anderen Aus-besserungswerk).RBD Altona: Glückstadt, Neumünster,Wittenberge RBD Augsburg: AugsburgRBD Berlin: Berlin, Brandenburg West, Gru-newald, Potsdam, TempelhofRBD Breslau: Breslau, Breslau Odertor(HW), Breslau Märkisch (HW), Lauban,Oels, Schweidnitz NiederstadtRBD Dresden: Chemnitz, Dresden, Leipzig,ZwickauRBD Elberfeld: Langenberg (HW), Siegen,Schwerte (Ruhr)RBD Erfurt: Gotha, Jena, MeiningenRBD Essen: Dortmund, Mülheim (Ruhr)-Speldorf, Oberhausen, Recklinghausen, We-dau, WittenRBD Frankfurt (Main): Betzdorf (Sieg)(HW), Frankfurt, Fulda, Limburg (Lahn),NiedRBD Halle (Saale): Cottbus, Delitzsch, Halle(Saale)RBD Hannover: Leinhausen, Sebaldsbrück,StendalRBD Karlsruhe: Durlach, Karlsruhe,Offenburg, SchwetzingenRBD Kassel: Kassel, Göttingen, PaderbornHbf., Paderborn NordRBD Köln: Krefeld-Oppum, Jülich, Köln-Nippes, OpladenRBD Königsberg: Königsberg, Osterode(Ostpr.) (HW)RBD Ludwigshafen: Kaiserslautern, Ludwigshafen

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RBD Magdeburg: Braunschweig, Halber-stadt, Magdeburg Buckau, Magdeburg SalbkeRBD Mainz: Darmstadt Wagenwerk, Darm-stadt Lokomotivwerk, Mainz (HW)RBD München: Ingolstadt, München,NeuaubingRBD Münster: Lingen (Ems), OsnabrückRBD Nürnberg: NürnbergRBD Oldenburg: OldenburgRBD Oppeln: Gleiwitz Wagenwerk, Glei-witz Lokomotivwerk, Oppeln, Ratibor (HW)RBD Osten: Frankfurt (Oder), SchneidemühlRBD Regensburg: Weiden (Opf.)RBD Schwerin: RostockRBD Stettin: Eberswalde, Stargard (Pom.)RBD Stuttgart: Aalen, Cannstatt, Eßlingen,Friedrichshafen (HW), Stuttgart-Nord (HW)RBD Trier: Trier

Dann die Ausbesserungswerke (AW), Aus-besserungswerkstätten (Awst) und Werkab-teilungen (WAbt) der Deutschen Bundes-bahn mit ihren Hauptfertigungsgebieten(Stand Juli 1975):

Bottrop WAbt Schwellenbearbeitungswerk-stätte

Braunschweig AW DampflokBremen AW Brennkraftloks, Brennkraft-

kleinloks, Nebenfahrzeuge mitKraftantrieb, Bahndienstwagen

Darmstadt AW GüterzugwagenDuisburg-Wedau AW GüterzugwagenFrankfurt (Main) AW Personen- und Gepäckwagen,

BahndienstwagenFulda AW GüterzugwagenGlückstadt Awst Güterzugwagen, Bahndienst-

wagen, Aufarbeitung vonWerkzeugmaschinen

Göttingen WAbt GüterzugwagenHamburg-Harburg AW Güterzugwagen, Bahndienst-

wagen

Hannover AW Personen- und Gepäckwagen,Güterzugwagen, Bahndienst-wagen

Kaiserslautern AW GüterzugwagenKarlsruhe AW Personen- und GepäckwagenKassel AW Brennkraft-Triebzüge, Brenn-

kraftloks, Schienenomnibusse,Baumaschinen

Köln-Nippes AW Güterzugwagen, Bahndienst-wagen

Kornwestheim WAbt ZentralschmiedeKrefeld-Oppum AW Personen- und Gepäckwagen,

BahndienstwagenLimburg (Lahn)AW Akku-Triebzüge, Akku-Klein-

loks, Personen- und Gepäckwa-gen, Bahndienstwagen

Lingen Awst GüterzugwagenMünchen-Freimann AW Elektr. Loks, Elektr.TriebzügeMünchen-Neuaubing AW Personen- und Gepäckwagen,

BahndienstwagenNeumünster AW Personen- und GepäckwagenNürnberg AW Brennkraft-Triebzüge, Brenn-

kraftloks, Brennkraftkleinloks,Nebenfahrzeuge mit Kraftantrieb

Offenburg Awst Güterzugwagen, Bahndienst-wagen

Oldenburg Awst GüterzugwagenOpladen AW Elektr. LoksPaderborn AW GüterzugwagenPorta WAbt Schwellenbearbeitungswerk-

stätteSaarbrücken-Burbach AW GüterzugwagenSchwandorf WAbt Schwellenbearbeitungswerk-

stätteSchwerte AW Güterzugwagen, Bahndienst-

wagenSchwetzingen AW Güterzugwagen, Bahndienst-

wagenSiegen WAbt BahndienstwagenStuttgart-BadCannstatt AW Elektr. Triebzüge, Personen-

und GepäckwagenTrier AW GüterzugwagenWeiden(Oberpfalz) AW Güterzugwagen, Bahndienst-

wagenWitten AW Weichenfertigung

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Über den Bereich des GDW-Bezirks hin-aus war noch neben der bereits erwähntenSauerstofferzeugung die Stehbolzenferti-gung des Werks von Bedeutung.

Zur Erläuterung: der Stehkessel, deräußere Teil des Hinterkessels der Dampflo-komotive, enthält im Inneren die Feuerbüch-se, die vom Kesselwasser umspült wird undunten durch den Rost abgeschlossen wird.Sie bildet den Verbrennungsraum für dieFeuerung. Die Verbindung zwischen Steh-kessel und Feuerbüchse wird durch die so-genannten Stehbolzen hergestellt, die dieDeformation der großen Flächen infolgeDampfdrucks und Erwärmung des Kessel-werkstoffes verhindern (Abb. 68, 69).

Die Fertigung wurde im Jahre 1937 mitder Herstellung von Kupferstehbolzen inden beiden alten Lokomotivhallen aufge-nommen. Beide Hallen, die seit der Inbe-triebnahme der neuen Richthalle als Lagerdienten, wurden dazu neu hergerichtet. DieLeistung der Stehbolzenwerkstatt stieg inden letzten Jahren des Zweiten Weltkriegsganz gewaltig an. Die festgelegte Norm von300 000 Stehbolzen im Monat wurde zeitwei-se sogar noch überschritten. Bis zur Stille-gung des Ausbesserungswerkes verringertesich die Zahl der hergestellten Stehbolzenauf rund 40 000 Stück pro Monat, verursachtdurch den Rückgang der noch in Betrieb ste-henden Dampflokomotiven. Das AW Göttin-gen erzeugte damit aber alle bei der Deut-schen Bundesbahn benötigten Kupfersteh-bolzen und einen großen Teil der Stahl-Ge-lenkstehbolzen.

Von besonderer Bedeutung war in Göt-tingen das „Lagerversuchsamt“. Diese übli-che Abkürzung galt der am 20. September1920 gegründeten Versuchsabteilung fürLagermetalle und Lagerbauarten, die zu-

nächst zum Zentralamt Berlin gehörte undin dem alten Verwaltungsgebäude und demangrenzenden Werkstatttrakt untergebrachtwar. Am 1. Oktober 1929 wurde sie demAusbesserungswerk Göttingen und damitder GDW Kassel personell angegliedert.

Mit der Neuorganisation des Versuchs-wesens der Reichsbahn im Jahre 1938 er-hielt es dann den Charakter eines selbstän-digen Amtes und wurde unter dem NamenReichsbahn-Versuchsamt für Lager und La-gergießereien wieder dem Reichsbahn-Zentralamt Berlin unterstellt. Das Amtblieb bis zu seiner Verlegung am 1. Juli1961 zur Bundesversuchsanstalt Minden inGöttingen.

Anlaß für seine Gründung war die Not-wendigkeit, nach dem Ersten Weltkrieg dieFahrzeuglager zu vereinheitlichen und zumodernisieren; später lag das Schwerge-wicht dann auf der Anpassung der Lager-konstruktionen, der Wahl der Lagerwerk-stoffe und der Schmiermittel an die erhöhtenFahrgeschwindigkeiten und Achslasten.Maßgebend für die Wahl des Amtssitzes warneben der zentralen Lage Göttingens dieNähe zur Universität mit der Möglichkeitzur engen Zusammenarbeit.

Das Reichsbahn-Zentralamt Berlin warschon in den letzten Kriegsjahren wegender Luftangriffe ausgelagert worden, vor-wiegend nach Thüringen. Als nach demKrieg die Übergabe dieses Gebiets von denAmerikanern an die Sowjets bevorstand,verlegte man die Abteilungen nach Nieder-sachsen, einige Dezernate auch nach Göt-tingen in das Ausbesserungswerk und indas Versuchsamt. Nachdem es dann gelun-gen war, die Gebäude des ehemaligen Göt-tinger Flugplatzes freizubekommen, konnteman dort den größten Teil der Abteilungen

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Angeschlossene Einrichtungen von überregionaler Bedeutung

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und Dezernate wieder zusammenbringen –für nur noch einige Jahre und unter demNamen Reichsbahn-Zentralamt Göttingen.

1950 zog das Zentralamt dann nach Min-den – bis auf das Lagerversuchsamt.

Abb. 68: Stehkessel einer Dampflokomotive:1. Stehkessel, 2. Feuerbüchse, 3. Stahlvorschuh,4. Schweißnaht, 5. Wasserraum, 6. Wasserstand,7. Dampfraum.Die Verbindung zwischen Stehkessel und Feuerbüchsewurde durch Stehbolzen hergestellt

Abb. 69: Stehbolzen1. Stehkessel, 2. Stabstehbolzen, 3. Feuerbüchse

Abb. 67

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Schon immer ist von den deutschen Ei-senbahnen besonderer Wert auf eine guteLehrlingsausbildung zur Schaffung einesbrauchbaren Handwerker- und Beamten-nachwuchses gelegt worden. Bereits in den70er Jahren des vorigen Jahrhunderts rich-tete die damalige Preußische Staatsbahn be-sondere Lehrwerkstätten in den Haupt-werkstätten ein. Die planmäßige Ausbil-dung von Schlosserlehrlingen in der dama-ligen „Königlich Preußischen Eisenbahn-Haupt-Werkstatt Göttingen“ begann am 1.Juni 1886. Die Jahrgänge waren damalsmeist nur sechs bis acht Mann stark. DieLehrzeit betrug vier Jahre. Zu bemerken ist,daß die Voraussetzung für die Laufbahndes Lokführers eine abgeschlossene Lehreals Lokschlosser war.

Die erste Lehrwerkstatt war in einem Ge-bäude östlich der damaligen Dreherei unter-gebracht. Anfang des Jahrhunderts reichtesie für die größere Zahl der eingestelltenLehrlinge nicht mehr aus und wurde des-halb an das westliche Ende der damaligenWagenwerkstatt verlegt. Im Jahre 1917 wur-de erneut eine Verlegung der Lehrwerkstatterforderlich, da dieser Hallenteil für denNeubau der Schmiede abgerissen werdenmußte. Sie kam an das östliche Ende dieserHalle. Bei dieser Gelegenheit erhielt sie dennotwendigen Raum für die Aufstellung vonWerkzeugmaschinen, wie sie die moderneAusbildung erforderte. Durch den Bomben-angriff vom 7. April 1945 wurde auch dieLehrwerkstatt leicht beschädigt.

Bereits in den ersten Jahren war für dieAusbildung eine Lehrlingsordnung vorhan-den, in der der Lehrvertrag, die Art der Aus-

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Die Lehrlingsausbildung

Abb. 70: Ausbildungan Werkzeugmaschinenin der Lehrwerkstatt

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bildung, die Vergütung und die Gesellen-prüfung festgelegt waren. Letztere wurdeauch damals schon vor einem Prüfungsaus-schuß des Werkes abgelegt. Sie bestand auseinem theoretischen und einem praktischenTeil.

Nach einer zweijährigen Ausbildung inder Lehrwerkstatt kamen die Lehrlinge zurweiteren Schulung zu den einzelnen Ar-beitsgruppen in die Ausbesserung. Urlaubgab es damals noch nicht, aber gegenüberden Lehrlingen in Privatbetrieben bekamendie Eisenbahn-Lehrlinge eine kleine Vergü-tung von mtl. rund 5,- Mark.

Mit dem Umzug in die neue Lehrwerk-statt im Jahre 1917 wurden dem Meisterauch zwei Lehrgesellen beigegeben. DasEnde der „Kgl. Preußischen Staatseisen-bahn“ und der Übergang in die DeutscheReichsbahn brachte auch eine Neugestal-tung der Lehrlingsausbildung. So wurden

Erholungsurlaub und Sport eingeführt; imJahre 1920 wurde auch eine bahneigeneWerkschule eingerichtet, die als voller Ersatzfür die öffentliche Berufsschule anerkanntwar.

Vom 1. Juni 1886 bis 1955 wurden im AWGöttingen 1815 Lehrlinge ausgebildet, von1926 bis zum 27. Februar 1975 über hundertLehrlinge für den Metallberuf. ZahlreicheDienststellenleiter, Werkingenieure, Lokfüh-rer und Werkmeister sind aufgrund der gu-ten Ausbildung aus ihren Reihen hervorge-gangen. Die Einziehung zum Kriegsdienstführte in vielen Fällen zu einem vorzeitigenLehrschluß. Hier war es bald nach Kriegsen-de möglich, die vorgeschriebene Prüfungnachzuholen. Beim Wiederaufbau der Lehr-lingsausbildung nach dem Kriege erhöhteman die Zahl der Lehrgesellen auf fünf; zu-gleich wurde die Lehrlingsvergütung auf45,– bis 65,– Mark monatlich erhöht.

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Abb. 71: Lehrlinge,Meister und Direktorendes AW. Anlaß der Versammlung war das50jährige Bestehen derLehrwerkstatt am 1. Juni 1936. Wie mansieht, trägt die Mehr-heit das damals unzeit-gemäße Zivil, einigeerschienen in Hitler-jugend- bzw. Marine-HJ-Uniform. Auch dieHerrenriege ist nurzweimal mit dem „Bonbon“ (im Volks-mund hinter vorgehal-tener Hand fürParteiabzeichen) amRevers versehen

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Die Einstellung des Programms zur Vor-bereitung der Automatischen Kupplungzum Jahresende 1975 zwang dazu, den ver-einbarten Sozialplan für Göttingen anzugrei-fen, da keine andere Beschäftigungsmöglich-keit mehr zu schaffen war. Mit Vorstands-

verfügung vom 30. April 1975 wurde dieAuflösung der Werkabteilung Göttingenzum 31. März 1976 angeordnet. Davon be-troffen waren noch neun Beamte, eine Ange-stellte, zwei Betriebsarbeiter und 131 Werk-stättenarbeiter (Stand 8. März 1976).

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Stillegung und Ende des Ausbesserungswerks

Abb. 72: Teilwerkstatt für Wagenfertigung (Aufn. 21. 10. 1975). Zur Zeit der Lokbehandlung befand sich hier die Arma-turenwerkstatt, links im Hintergrund die Pumpenwerkstatt

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Die Umsetzung an andere Bundesbahn-dienststellen setzte sich wie folgt zusam-men:

Beamte:2 Ausbesserungswerk Hannover3 Betriebswerk Göttingen4 Rentenantrag gestellt9 zusammen

Angestellte:1 Güterabfertigung Göttingen

Betriebsarbeiter:1 Bahnhof Northeim1 Bahnmeisterei 2 Göttingen

Werkstättenarbeiter:22 Betriebswerk Göttingen30 Bahnmeisterei 1 Göttingen19 Bahnmeisterei 2 Göttingen

2 Bahnhof Göttingen3 Signalmeisterei Göttingen8 Bahnmeisterei Hardegsen7 Bahnmeisterei Karlshafen3 Bahnmeisterei Ottbergen7 Bahnmeisterei Northeim2 Ausbesserungswerk Kassel (Hannover)

28 Rentenantrag gestellt131 zusammen

Eine Aktennotiz bemerkt dazu lakonisch:„Eine Bereitschaft zum Einsatz beim Aus-besserungswerk Kassel ist nicht zu erken-nen. Die Kollegen erwarten ihre Umsetzungzu Dienststellen im Wohnbereich“. DieWerkabteilung Göttingen wurde zum 31.März 1976 geschlossen, die noch im Werkvorhandenen 93 Mitarbeiter wurden zu an-deren Dienststellen im Raum Göttingenüberwiesen. Das Werk Göttingen hatte da-mit 121 Jahre bestanden.

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Abb. 73: Lokrichthallemit Deckenkränen

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Abb. 74: Details derLaufkatzengetriebe

Abb. 75: Einen Begriffvon den riesigen Dimensionen der(leeren) Lokrichthallevermittelt diese Aufnahme

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Abb. 76: Güterzug-lokomotive 050 396 alsHeizlok im Ausbesserungswerk(20. 2. 1976)

Abb. 77: Die Werks-feuerwehr desAusbesserungswerks

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Aufnahmen vom Werkspersonal nach 1930

Abb. 79: Mittagspauseim Raum der Maler

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Walze für Rauchrohrvorschuhenden und Pressezu deren Einziehen

Rauchrohrabsteckmaschine

� Prüfstand für Überhitzereinheiten von Heißdampflokomotiven durch Abdrücken mit Wasser �

Stumpfschweißmaschine, z. B. für Kolbenstangen Abstellgleis für Radsätze in der Radsatzwerkstatt

Schwere Drucklufthämmer in der Schmiede, z. B. zum Schmieden vonKeilen

� Schweißablage für Überhitzereinheiten

� Maschine zum Preßpolieren der Achsschenkel

Magnetabscheider für WM80-Späne (WM=Weichmetall;WM80=Zinngehalt)

WM80-Auffrischung (Schmelztiegel) WM80-Auffrischung (Formen)

Ein Überblick auf Arbeitsabläufe und Werkzeugmaschinen im AW

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Schwere „Deutschland“-Dreh-bank für Umrißbearbeitung(Lauffläche der Räder)

Radreifenfeuer zum Aufschrumpfen desRadreifens auf den Radkörper

Sprengring-Einwalze

Umlaufschleifmachine zur Achsschenkelbearbeitung

Radreifenbohrwerk mit umlau-fendem Innenschneidwerkzeug

� Radsatzpresse zum Aufpressen des Rad- �körpers auf die Achse

Großes Bohrwerk, z. B. für Zy-linder

Drehmaschine zum Plandrehen von Rauchkam-mertüren

Bügelpresse in der Radsatzwerkstatt zum Abzie-hen des Radkörpers von der Achse

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Plan 6: Personenbahnhof Göttingen mit Ausbesserungswerk 1960 – Vermessungsamt der Stadt

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