Die Haut unter dem Einfluß der Röntgenstrahlen

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(Aus dem Pathologischen Institut des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbeek.) Die Haut unter dem EinfluB der Riintgenstrahlen. Von Th. Fahr. Mit 10 Textabbildungen. (Eingegangen am 8. September 1924.) Bekanntlich machte man bald nach der Entdeckung des R6ntgen- verfahrens die Erfahrung, dab die R6ntgenstrahlen biologische Wir- kungen auf das tierische Gewebe ausl6sen, mit dem sie in Berfihrung kommen, und wenn man es einerseits bald verstand, diese Wirkungen in therapeutischem Sinne auszunutzen, so hatte die Medaille doch be- kanntlich auch eine peinliche Kehrseite: Sch~digungen durch den Ein- fluB der R6ntgenstrahlen wurden sehr bald bekannt, und naturgemaB war es vor allem die Haut, an der diese Sch~digungen auffielen und studiert werden konnten. Diese Untersuchungen haben nun, wie das ja sehr oft zu gehen pflegt, keineswegs zu einem eindeutigen Ergebnis fiber die Art und Weise der Strahlenwirkung und die Pathogenese der Gewebs- sch~digung geffihrt. Die Meinungen darfiber, welche Gewebsbestandteile durch die Strahlen primer gesch~digt werden, welche der gefundenen Ver~nderungen ffir den Gang der Ereignisse die Hauptbedeutung be- anspruchen, gehen recht weir auseinander. Vor allen Dingen interessiert heute die Frage, wie die eigentfimlichen Spdtsch~idigungen zustande kommen, jene merkwfirdigen Ulcusbildungen, die an Stellen auftreten, an denen die letzte R6ntgenwirkung eventuell viele Jahre zuriickliegt. Auch die vorliegenden Untersuchungen gehen vonder Frage aus, wie man sich die Entstehung dieser eigentfimlichen Ver~nderung zu den- ken hat. Vcn einer Reihe yon Forschern, Gassmann, Bdrmann und Linser, Freund und Oppenheim, Hesse, Dietrich u. a. wird eine Wandsch/~digung der Gefa$e ganz und gar in den Vordergrund gestellt. Auch Petersen und Hellmann halten die Gef~B- sch~digung fiir das Entscheidende. Gassmann hat an Intima und Media der etwas gr6Beren Gefi~Bchenan den Arterien sowohl wie an den Venen eine bis dahin nieht beschriebene Ver/~nderung in Form einer deutliehen Vakuolisierung festgestellt. Er ist geneigt, diese Gef~l]verandei~ng als Ursache der chronischen hartn~ckigen zu Zeffall und Geschwtirsbildung fiihrenden Hautver~nderungen anzusprechen, driickt sieh aber immerhin hinsiehtlich dieser Zusammenh/~nge recht vcrsichtig Virchows Archiv. Bd. 254. 19

Transcript of Die Haut unter dem Einfluß der Röntgenstrahlen

(Aus dem Pathologischen Institut des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbeek.)

Die Haut unter dem EinfluB der Riintgenstrahlen.

V o n

Th. Fahr.

Mit 10 Textabbildungen.

(Eingegangen am 8. September 1924.)

Bekanntlich machte man bald nach der Entdeckung des R6ntgen- verfahrens die Erfahrung, dab die R6ntgenstrahlen biologische Wir- kungen auf das tierische Gewebe ausl6sen, mit dem sie in Berfihrung kommen, und wenn man es einerseits bald verstand, diese Wirkungen in therapeutischem Sinne auszunutzen, so hatte die Medaille doch be- kanntlich auch eine peinliche Kehrseite: Sch~digungen durch den Ein- fluB der R6ntgenstrahlen wurden sehr bald bekannt, und naturgemaB war es vor allem die Haut, an der diese Sch~digungen auffielen und studiert werden konnten. Diese Untersuchungen haben nun, wie das ja sehr oft zu gehen pflegt, keineswegs zu einem eindeutigen Ergebnis fiber die Art und Weise der Strahlenwirkung und die Pathogenese der Gewebs- sch~digung geffihrt. Die Meinungen darfiber, welche Gewebsbestandteile durch die Strahlen primer gesch~digt werden, welche der gefundenen Ver~nderungen ffir den Gang der Ereignisse die Hauptbedeutung be- anspruchen, gehen recht weir auseinander. Vor allen Dingen interessiert heute die Frage, wie die eigentfimlichen Spdtsch~idigungen zustande kommen, jene merkwfirdigen Ulcusbildungen, die an Stellen auftreten, an denen die letzte R6ntgenwirkung eventuell viele Jahre zuriickliegt. Auch die vorliegenden Untersuchungen gehen v o n d e r Frage aus, wie man sich die Entstehung dieser eigentfimlichen Ver~nderung zu den- ken hat.

Vcn einer Reihe yon Forschern, Gassmann, Bdrmann und Linser, Freund und Oppenheim, Hesse, Dietrich u. a. wird eine Wandsch/~digung der Gefa$e ganz und gar in den Vordergrund gestellt. Auch Petersen und Hellmann halten die Gef~B- sch~digung fiir das Entscheidende. Gassmann hat an Intima und Media der etwas gr6Beren Gefi~Bchen an den Arterien sowohl wie an den Venen eine bis dahin nieht beschriebene Ver/~nderung in Form einer deutliehen Vakuolisierung festgestellt. Er ist geneigt, diese Gef~l]verandei~ng als Ursache der chronischen hartn~ckigen zu Zeffall und Geschwtirsbildung fiihrenden Hautver~nderungen anzusprechen, driickt sieh aber immerhin hinsiehtlich dieser Zusammenh/~nge recht vcrsichtig

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278 Th. Fahr :

aus. Mit aller Bestimmtheit dagegen proklamieren Bdirmann und Linser die Gefi~Balterationen als das Prim/~re und Ausschlaggebende bei der RSntgen- sch~digung. Die Beschreibung der histologischen Gef/~f~veranderung deckt sich allerdings nicht ganz mit der yon Gassmann gegebenen. Was Gassmann als Vakuoli- sierung bezeichnet~ kSnnte ja vielleicht dem entsprechen~ was B(trmann und Linser als Auflockerung und Zerkltiftung der Media beschrieben haben, auBerdem erw~hnt aber Linser Thrombosen, teilweises Fehlen des Endothels, Aufquellung und blgschenfSrmiges Vorspringen ins Lumen und vor allen Dingen eine kleinzellige Infiltration der Gef~Bscheiden. _Freund und Oppenheim legen ebenfalls auf eine prim/~re Wanderkrankung der prgexistenten Gef/~Be den Hauptwert und sind der Meinung, dab es weiterhin zu Teleangiektasien und Stauung und dadurch zu ErniihrungsstSrungen im Gewebe komme. Petersen und Hellmann, die auch die Gefgl~sch~digung durchaus in den Vordergrund stellen, nehmen eine bei auf- einanderfolgenden Bestrahlungen kumulierende Wirkung der Strahlen an, die am meisten die Capillaren betreffe, fiir das Wesentliche dabei halten sie die geringe Regenerationsfi~higkeit des Capillarendothels im Gegensatz zur Epidermis, die sich hier ganz anders verhalte. SchlieBlich soll es zu Teleangiektasien, anderswo zu Obliterationen kommen, die Capillaren verlieren dadurch, wie die Autoren glauben, die Fghigkeit, sich dem jedesmaligen Blutbedtirfnis der Haut anzupassen, sich, wie sie sagen, durch I-Iyper/~mie zu wehren, wodurch es dann in Analogie zur arteriellen Gangr/~n und den auf varicOser Grundlage entstehenden Unter- schenkelgeschwtiren zu Ern/~hrungsstSrungen bis zur Ulcusbildung kommen soll. Besonders leicht soll die Sch/~digung dort auftreten, wo die Ern/~hrung schon gesch~digt war: durch Trauma, operative Eingriffe und dergleichen.

Auch Scholtz scheinen fiir die Weiterentwicklung und langsame Abheilung der RSntgensch~digung Gef~l]ver~nderungen yon groBer Bedeutung zu sein; er best/~tigt die yon Gassmann angegebene Vakuolisierung; im iibrigen ver t r i t t er abet die Meinung, daf~ die RSntgenstrahlen vornehmlich oder ausschlieBlich die zelligen Elemente der t tau t beeinflussen, es soll sich dabei nm degenerative Ver/~nderungen handeln, die sich in erster Linie an den Epithelzellen der Oberhant geltend machen, in geringerem MaBe sollen die Zellen der driisigen Organe, der Gef~Be, der Muskulatur und des Bindegewebes leiden. Sobald die Degeneration einen gewissen Grad erreicht hat, soll es zu sekund/~ren reaktiven entziindlichen Erscheinungen kommen. Die Ansicht yon Scholtz ist yon Bdrmann und Linser mit Entschiedenheit bek/~mpft worden, und Linser begrtindet seinen Einspruch damit, daB er an Hautstiickchen, die vSllig intakte Epidermis zeigten, schon Gef~Bver~nderungen nachgewiesen habe. Auch die eben zitierten Ausfiihrungen yon Petersen und Hellmann sprechen zugunsten der yon Bdrmann und Linser verfochtenen Ansicht. Die Auffassung yon der tiberragenden Wichtigkeit der Gef~Bver~nderungen wird aber auch yon Unna bek~mpft. Er faBt die yon Gass- mann beschriebene Vakuolisierung der Gef/~Be als Teilerscheinung eines Odems aller Hautbestandteile auf und vertr i t t die Meinung, daI~ die Sch/~digung der t tau t dutch die RSntgenstrahlen sich nicht, auch nicht anf/~nglich, auf die Blut- gef~Be beschr/~nkt, sondern alle Teile der t Iaut gleichm~Big betrifft. Er behauptet sogar, dab die GefgBe, deren Sch~digung fiir die akuten RSntgenver/~nderungen in Anspruch genommen wird, bei der chronischen Dermatitis am wenigsten litten. Viel grSBeren Wert, als auf die Alteration der Gef~Bw/~nde legt er auf eine Ande- rung der Blutverteilung, er schreibt den RSntgenstrahlen blutanlockende Wirkung zu, er vergleicht sie mit einem SchrSpfkopf und will die Ern/~hrungsstSrung auf Stauungserscheinung zurtickfiihren,worin er sich mit Freund und Oppenheim begegnet.

Auch andere Autoren, wie Piceinino und Fabozzi, Barthdlemy, Oudin und Darier konnten entweder trotz anderweitiger Ver/~nderungen keine Gef/~Bsch~digung

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feststellen oder mal~en ihnen wenigstens keine erhebliche Bedeutung bei. Eine besonders griind]iehe Studie tiber das Thema verdanken wir Rost. l~ost greift wohl aueh auf Gef~l]veranderungen zurtick, aber sie spielen bei ihm doch nicht die beherrschende Rolle wie bei B~r~nann und Linser, Petersen und Hellmann. Die grS~eren Gefal~e bis zu den Praeapillaren zeigten sich bei ihm yon Vergnde- rungen fast vSllig frei, es waren, wie das Peterse~ und Hellmann naeh ihm be- statigten, die Capillaren, die deutlich verandert sind. Es handelt sich dabei um eine Aufquellung der Kerne, diese Aufquellung der Kerne hat er aber auch an den Epidermiszellen gesehen, und zwar war sie dort noch deutlicher; ein ganz ahnliches Verhalten zeigen die fixen Bindegewebszellen der Haut, die Fibro- blasten. Rost bezeichnet diese 3 Zellarten Basalzellen der Epidermis, Endothel- zellen der Capillaren nnd fixe Bindegewebszellen als hoeh radiosensibel. Fiir wenig strahlenempfindlich dagegen halt er kollagenes und elastisches Gewebe. Wenn hier V ergnderungen festgestellt werden, so halt er sie ftir sekundgr, nicht durch primaren Strahleneinflu~, sondern im Ansehlul3 ~n entztindliche Vorg~nge entstanden. Er erklgrt dies damit, dal~ diese Gebilde kernlos sind, und kommt zu dem Sehlul~, dal~ als Hauptangriffspunkt der Strahlen der ZelI]cern anzusehen ist; die Strahlenwirkung zeigt sieh hier ,,in einer schaum- oder wabenartigen Schwellung oder in Sehrumpiung nnd Zerfall (Pyknose)":

Rost steht also insofern Unna ngher als Bgrmann und Linser und die eineu ahnlichen Standpunkt vertretenden Autoren, als auch er den fiberragenden Ein- flul3 der Gefg~schadigung in Abrede stellt, doeh unterscheidet er sieh yon Unnc~ dadurch, dab er die Itauptfolge der Str~hlenwirl~ung in einer Kernschgdigung erblickt, wahrend Unna eine allgemeine Gewebssehadigung proklamiert und diese dann ngher als parenehymatSses Odem der einzelnen Hautbestandteile prgzisiert, die Seh~digung also mehr in das Protoplasma verlegt.

Die Anhangsgebilde der Haut, ttaarb~lge, Talg- und Schweil~driisen, sowie Muskeln und Nerven werden in den Arbeiten meist mehr nebenbei behandelt. Wir kommen darauf noeh bei Gelegenheit zu sprechen. GrSl~eren Raum nimmt bei den meisten Untersuchern die Pigmentbildung ein, die yon manchen Autoren, es ist hier vor allem Lutz zu nennen, zum vornehmlichen oder ausschlie~lichen Gegenstand ihrer Untersuchungen gemacht wurde. Das Pigment tritt an 2 Stellen auf, einmal in Basalzellen, woes schon normalerweise zu linden ist und woes unter der Strahlenwirkung zu einer Vermehrung kommt, und zweitens im Papillar- kSrper, bzw. in den obersten Cutisschichten, woes in Chromatophoren gelegen ist. Lutz ftihrt das Auftreten des Pigments auf eine Zunahme des pigmentbildenden Ferments, der yon Bloch sogenannten Dopaoxydase zurtick. Dieses Ferment soll dureh die Strahlen in spezifischer Weise beeinfluBt werden, aber nur dort, wo es schon vorher manifest oder latent vorhanden ist, also nieht in albinotisehen Partien.

Meine eigenen Beobachtungen, a uf Grund deren ich zu diesen Fragen

Stel lung nehmen kann, lassen sich in zwei Gruppen teilen, e inmal sind es sechs F~lle von RSntgensp~tsch~digung, die zu Ulcusbi ldung geffihrt

ha t t en und die den Ausgangspunkt dieser Arbe i t bilden, und zweitens eine Anzahl von Hauts t f ickchen, die yon bes t rahl ten H~ut te i l en ohne

makroskopisch e rkennbare Sch~digung s t amm en - - manchma l lag die

Bes t rah lung schon l~nger zurtick - - , und die ich, wie Pe ter sen und

H e l l m a n n , in der t to f fnung untersuchte , Frtih- oder Vorstadien de r e igent l ichen RSntgenschgdigung zu bekommen resp. zu sehen, ob und

welche Hautgebi lde in F~llen, die giinstig verl~ufen, eine Beeinflussung

durch die RSntgens t rah len erkennen lassen.

19"

280 Ttl. Fahr:

Be t rach ten wir zungchst die Falle ohne Ulcusbi ldung, so sollen dabei die Befunde derar t angeordne t werden, dab die Schi lderung yon

den Fa l len mi t den geringffigigsten zu denen mi t s tgrkeren V e r g n d e -

rungen for tschrei te t . Makroskopisch war in allen diesen Fa l len nur eine

deutl iche, mehr oder wenig tiefe Braunung der H a u t zu bemerken, in Fa l l 9 war sie an manchen

Stel len schon wieder zu- r i ickgegangen; ich komme

darauf noch zuriick.

Abb.1, Starke gleichm~tl3igePigmentierung der Basalschicht nach ROntgenbestrahlung (unmittelbare RSntgenwirkung).

Abb. 2, Starke liernvermehrung im subcutanen Fettgewebe nach RSntgenbestrahlung (umnittelbare l~6ntgenwirkung).

,Yalt 1. 20 Jahre, mgnn- lieh. Klinische Angaben leider nicht erhgltlich. Epidermis schmat, Hornschicht gut ent- wiekelt, Kerne o.B. Reich- lich Pigment, gleichmi~l~ig im Rete Malpighi angeordnet, Cutis frei yon Pigment (Abb. I). Gefgl~e und Nerven bieten in der Cutis keine Ab weichung yon der :Norm, ab- gesehen yon einer geringen Zu- nahme der fixen ]3indegewebs- zellen in der Umgebung der Capillaren im Stratum p~pil- ]are. Auch die ]-Iaarbglge und Sehweil~driisen sind unvergn- dert. Die Bindegewebsbtindel der Cutis sind breit, kernarm, Kerne o .B. ]:)as subcutane Fettgewebe zeigt eine deut- liehe Vermehrung seiner fixen Bindegewebszellen (Abb. 2), das Fett erscheint dadurch sehr viel kernreicher, auch die Wand der hier laufenden Prg- capfllaren erscheint verdiekt und zellreicher (Wucherung der Endothelien), wie normal. ]Die neu.gebildeten Zellen ira Fettgewebe sind blal~, nieht ganz gleichmgSig, manche entschieden vergr6Bert.

Tal l 2. 44 Jahre, mgnnheh, wegen Leukgmie bestrahlt, nghere Angaben fehlen leider. Epidermis ganz schmal, Kerne o.B. Hornschicht sehr gut entwiekelt, brgunlich verf~rbt. Starke, gleichmi~l~ige Pigmentierung im Stratum germinativum, ira Papillark6rper sehr zahlreiehe Chromatophoren. In der Umgebung der Ca- pillaren im Stratum papillare ganz kleine lymphocytgre Infiltrate, die vereinzelte Plasmazellen enthalten. Gefgl~e sonst o. B., ebenso die Nerven. Bindegewebe der Cutis wie in Fall 1. An den SchweiSdriisen vielfach Atrophie und schleimige Degeneration auch ihrer Stiitzsubstanz, Am subeutanen Fett sieht man die ersten

Die /~Iaut unter dem Einfluit der R(intoenstrahlen. 2 8 1

Azffgnge einer gallertigen Metamorphose in Form kleiner sehmutzig blauer Flecken, Kerne leicht vermehrt, zum Tell grol3, abgeblal3t mit Vakuolen versehen.

Fall 3. 68 Jahre, mi~nnlieh. Keine n~heren klinischen Angaben. Epidermis schmal, Kerne z. T. grol3, gequollen, schaumig vakuoli~r, und zwar in den ~ul3eren Schichten des Stratum germinativum. Hornschieht gut entwickelt. Pigment im Stratum germinativum ziemlieh diffus, abet im ganzen recht schwach entwickelt, hier und da Pigment im Papillark6rper. Gefi~13e o. B. Hautanhi~nge gut erhalten. Das Bindegewebe der Curls ist auffallend kernarm, erseheint vielfach etwas homogenisiert, die gew6hnliehe biindelf6rmige Anordnung tritt nicht deutlich hervor. Die Fasern sind auff~llig fragmentiert. ])as Fettgewebe zeigt deutliehe Vermehrung der fixen Zellen, sie sind mehr isoliert wie in Fall 1, gelegentlieh ist die Isolierung v611ig ausgesprochen, die Kerne sind kleiner, rundlich, die Zellen vielfach lymphoeyten~hnlieher, z.T. aber grol3, auffallend blab, mit Valcuolen versehen.

Fall 4. 55 Jahre, m/~nnlich, wegen Prostatacarcinom bestrahlt, n~here An- gaben fehlen. Epidermis yon entsprechender Breite, Kerne o' B. Hornschicht gut entwickelt. Diffuse Entwicklung yon Pigment im Stratum germinativum, daneben Chromatophoren im Papillark6rper. Gefi~13e und Nerven in der Cutis o. B. Sehweil3driisen im ganzen gut erhalten, bier und da Atrophien, die Kerne rticken dadurch dichter und erscheinen infolgedessen vermehrt. ;[m Fettgewebe und dessert n~chster Umgebung ausgesprochene Kernvermehrung. Die Zellen sind teils klein, protoplasmaarm, yon Lymphocytencharakter, tells grol3, protoplasma- reich, ganz vereinzelt grol3e abgeblal3te vakuolenhaltige Kerne, daneben grol3e Zellen, die sich auch in den dem Fettgewebe benachbarten Abschnitten linden und die man als Makrophagen bezeichnen k6nnte. Pri~capillaren im Fettgewebe zeigen gelegentlich verdickte Wandung und vermehrte Kerne.

Fal l5 . 34Jahre, weiblich, wegen Lymphosarkom des Darmes bestrahlt, letzte Bestrahlung liegt 5 Monate zuriick. Epidermis ganz schmal, Kerne o. B. Hornschicht ungleichmM3ig, im ganzen ziemlich gut entwickelt. Reichlich Pig- ment im Stratum germinativum, ltickenlos ist hier ]edoch die Pigmentbildung nicht. Zahlreiche Chromatophoren in der Cutis. Stellenweise Wandverdickung und Liickenbildung in den Arteriolen, wobei es sich wohl um ~thnliche Vorg~nge handelt wie bei den Befunden yon Gassmann, namentlich an einer groBen Vene sieht man diese Vakuolenbildung sehr deutlich, abet auch in den kleineren Ge- f~13chen (Abb. 3). An den Nerven gleichfalls degenerative Vorg/~nge, in Form von Kernverminderung, Abnahme der Fasern und schleimiger Verquellung. Auf- hellungen im Bindegewebe, die wohl auf 0dem zuriickzuftibxen sind, Atrophie der Harn- und Schweil3drfisen, an den Schweil~driisen Verdickung der Wand Und Hyalinisierung der ~ul3eren Schichten. Kleines lockeres Rundzelleninfiltrat an einem an sich unversehrten Gef~13 im Fettgewebe, hier und da sieht man im Fettgewebe lockere Rundzellen (Lymphocyten), daneben nur ganz vereinzelte groi~e, blasse vakuolenhaltige Kerne. Die Grenzen der Fettzellen sind ste]len- weise unscharf, das Gewebe hier yon einer schwach gef~rbten Flfissigkeit durch- tr~nkt (Odem). Anderswo wieder ist das Fettgewebe v611ig unver~ndert, seine Capiilaren gut geftillt. Die st~rksten Ver~nderungen zeigt in diesem Fall die Muslculatur (Abb. 3). Die Fibrillen sind klein und atrophisch, die Querstreifung vietfach nicht mehr zu erkennen. Die Kerne liegen dazwischen sehr dicht, sie sind pyknotisch, manehmal in kleinen chromatinreichen Klumpen zusammen- geballt. Es ist vielfach schwer zu sagen, ob es sich um die Muskelkerne selbst oder die Kerne des Perimysiums handelt. Die Kerne sind in ihrer Form ungleich- m~flig, sehr chromatinreich, nach t3bergangsbildern liegt die Vermutung doch am n~chsten, dab es sich um Muskelkerne handelt.

282 Th. Fahr :

Fall 6. 63 Jahre , weib|ieh. Wegen Ovarialcarcinom bestrahl t , letzte Be- strahlung vor 51/2 Monaten. Epidermis diinn (4--6 Lagen). Kerne o .B. Horn- schicht gut entwiekelt. Reichliche, wenn auch nicht ganz gleichmi~Bige Pigment- entwicklung im S t ra tum germinat ivum. Sp~rliehe Chromatophoren. SchweiB- driisen an manchen Stellen noeh gut erhalten, an anderen atrophiseh, kleine perieapfllare Inf i l t ra te im S t ra tum papillate. Wand der Capil]aren verdickt, ihre Endothel ien geschwollen und aueh vermehrt . Grol]e Gef~Be unver~ndert . Bindegewebe o .B. , im ganzen aueh das Fet t , nu t in den Randtei]en der Fet t - tr/~ubehen stellenweise ]eichte Verdickung. An den Nerven degenerative Ver- /~nderung h6chstens angedeutet.

Abb. 8. Muskel- und Gef~Bver~inderungen unter dem unmittelbaren Einfiu6 der R6ntgenstrahlen. Von den in der Mitre des Gesichtsfelds gelegenen Gef~Ben zeigt das obere Vakuolisierung der Wand, das untere Endothelwucherung. Die Muskelfibrinen sind verkleinert,ihre Kerne pyknotisch

z. T. verklumpt.

Fall 7. Bestrahlung wegen Krampfadern. R6ntgendermati t is . Exs t i rpa t ion eines Hautsti iekchens. Epidermis breit, Kerne o .B. Hornsehicht gut entwickelt. In der Keimschicht nur Andeutungen yon Pigment , vielfach ist sie ganz frei davon; dagegen finder sich massenhaf t P igment im S t ra tum papillare, hier auch Blutungen und kleine pericapill/~re Infi l trate. Hier und da Gef~tfiver~nderungen, an einer gr6Beren Arterie Int imaverdickungen, an einer Anzahl yon Capillaren Wandverdickung und Kernvermehrung, an den Bindegewebskernen leichte Un- regelm~Bigkeiten der Form. I m Fettgewebe Blutungen, sonst ist es, ebenso wie das Bindegewebe, o .B. l~erven nur ganz vereinzelt getroffen, o. B. Hautanh/~nge nicht zu linden.

Die Haut unter d e m Einflul~ der RSntgenstrahlen. 2 8 3

Fall 8. Klinische Angaben nicht erh/fitlich, wegen ROntgendermatit is ex- stirpiert. Epidermis verdickt. Kerne stellenweise vergr613ert und aufgehell t . Hornschicht sehr s tark entwickelt. Meist ist das Pigment in der Keim- schicht gut entwickelt, dazwischen f indet sich aber streckenweise ein v61-

l iges Fehlen des Pigments, dafiir eine besonders starke Anhi~ufung dicker P igmentk lnmpen und Sehollen in den Papill~rk6rpern. Kleine al terat iv ent- ztindliche Herdehen, die sich manch- real, aber keineswegs immer an die Capillaren anlehnen. EntziindhcheVer- ~nderungen an denArterien, die manch- real die ganze Peripherie, anderswo nur einen Sektor derWand treffen (Abb. 4). An den Nervenfasern gallertige De- generation. Im St ra tum papillare sind keine SchweilMrtisen zu linden, im S t ra tum reticulare s ieh t man an ihnen starke Desquamat ion der Epi thehen ins Innere der Drfise und loekere In- f i l t rat ion ihrer/~uf3eren ]Vandschichten und deren Umgebung. Bindegewebs- kerne viegach abgeblaBt, dabei un- regelm~l]ig geformt, z, T. vergr61]ert, unscharf begrenzt. Fettgewebe o. B.

W/~hrend bei den seither geschiL der ten F~llen die Haut vOllig gleich- Abb. 4. Entzfindliche Gef/il3wandveranderung m/s b raun gefiirbt erschien, lag bei bei R6ntgendermatitis. dem jetzt zu besehreibenden Fall die Bestrahlung sehon so lange zurtick, da$ die Braunfi~rbung schon vielfach wieder dem urspriinglichen Kolorit Platz gemacht hatte. Die Bestrahlung war hier am ~Unterbauch und Becken eines Uteruscarcinoms wegen vorge- nommen worden und die Braun- f~rbung war dort am st~rksten zurtickgegangen, wo die Haul einer knOchernen Unterlage fester aufsal), also am st~rksten an den Darmbeinkitmmen, die bei der s tark abgemagerten Pa t i en t in hier sehr deutlich vortraten. Nii- here Angaben fiber Anzahl, L~nge l ind Dosierung der Bestrahlungen leider auch hier nicht erhaltlich.

Fall 9. 36 Jahre , weiblich. Epidermis schmal, Kerne o. B. Hornschicht sehr gut entwiekelt. Gleichm/tBige Pigmentanh~ufung im S t ra tum germinat ivum, ziem- lich reichlich Chromatophoren;

Abb. 5. Fortschreitende ttyalinisierung der Schwei13- driisen (RSntgenbestrahhmg liegt hier schon etwas

I/inger zm'iick).

284 Th. Fahr:

auch an den Stellen, die makroskopisch schon blab erseheinen, finden:sich mikroskopisch doch noch Spuren yon Pigment ira Stratum germinativum und auch vereinzelte Chromatophoren. In den PapillarkSrpern loekere Zellvermehrung, tells aus Lymphocyten, tells aus fixen Zellen bestehend, neben mehr circum- seripter Infiltration. Nerven und groBe GefiiSe o. B., an den kleinen hier und da Endothelschwellung. SchweiBdriisen im ganzen gut erhalten, nur hier und da sieht man eine Verdickung und Hyalinisierung der auBeren Wandschiehten (Abb. 5). Fettzellen klein und sehr eng gelagert, Zellen des Zwischengewebes entsehieden vermehrt, manchmal in kleinen Gruppen zusammenliegend, Vergr6gerung und Abblassung hier nicht so deutlich wie in Fall i und 2 z. B.

Bei der zweiten Gruppe, bei der es sich um ROntgenulcera handel t ,

ist ein Fa l l vorwegzunehmen, bei dem einmal nur ein kleines St i ickehen

un te r such t werden konn te und bei dem eine starke, frische, ganz vor-

wiegend exsuda t ive En tz i indung das Bild vOlhg beherrsehte . Der Fa l l

ist mir yon auI~en zur Un te r suchung mi t der Diagnose Ulcus naeh

ROntgenbes t rah lung zugeschiekt worden.

Fall 10. Epidermis verbreitert, vor allem auf Kosten der Hornschicht, die bier auffallend m~ehtig entwiekelt ist. Das Stratum granulosum fehlt, in manchen Kernen Bildung groBer Vakuolen, in der Hornschicht eystenartige Bildungen, die mit homogenen Massen angeffillt sind, Pigment fehlt v611ig. M~chtige diffuse Entziindung der Cutis, die zur Zerst6rung der Epidermis, d h. an diesen Stellen zur ~Jleusbildung gefiihrt hat. Von dem Ulcus greift die Entziindung seitlieh in der Weise auf die erhaltene Epidermis fiber, dab die ~uBersten Lagen, also die Hornschicht infiltriert und mit Blutungen durchsetzt erseheinen, w/~hrend dar- unter noeh eine mehr oder weniger breite Lage des Stratum germinativum erhalten ist. In den entzfindlieh ver~nderten Teilen linden sieh neben Fibroblasten sehr reiehlich ausgetretne Leukocyten and aueh PlasmazeUen in grol]er Zahl. Das ursprfingliche Cutisgewebe ist dureh die Entziindung so gut wie vOllig verniehtet, aueh die Hautanh/~nge sind in diese Zerst6rung mit einbezogen. ])as Gewebe ist vielfach v611ig nekrotisiert, yon ausgelaugtem Chromatin durchtr~nkt and yon Blutungen durchsetzt.

Bei den fibrigen F/~llen sind die Ver/~nderungen weniger stiirmiseh, bzw. ganz chroniseh.

.Fall 11. 50 Jahre, weiblich. Vor 11 Jahren eine R6ntgenbestrahlung des Leibes, fiber 30 Bestrahlungen in 6 Serien wegen starker unregelm/~Biger Blutungen vorgenommen.

Im Sommer 1921, 101/2 Jahre nach der Bestrahlung, trat angeblich zuerst ein Jueken an der Stelle des jetzigen Gesehwfirs auf, Berfihrung der ttaut, die noch die R6ntgenpigmentierung aufwies, 16ste lokale Par&sthesien aus, noeh vor Weih- nachten 1921 entstand ein kleines obel:[l~ehliehes Geschwfir, das allm~hlich hand- tellergroB wurde. 31. III. Resektion des Ulcus. Epidermis yon weehselnder Breite, teils schmal, teils ziemlich breit, am breitesten in der l~achbarschaft des gleich zu besehreibenden Ulcus, in den Ke1~en des Stratum germinativum vielfaeh Vakuolen, zwisehen den EpidermiszeUen deformierte Leukocyten. l-Iorn- sehicht gut entwickelt. Pigmentbildung im Stratum germinativum wechselnd, in den PapillarkOrpern hier und da Chromatophoren. Die Gef/iBe zeigen bier vielf/iltige Ver/tnderungen. Die Capillaren im Stratum papillare sind auff/~llig erweitert (Stasen), nach der Tiefe zu linden sieh diese Capillarektasien auch noch, wenn auch nicht mehr in der Menge und Deutliehkeit wie in den Papillark6rpern. An manehen kleinen Gef~Ben in den verschiedenen Lagen der Haut auffallende

Die Haut unter dem EinfluI~ der R(intgenstrahlen. 285

Endothelschwellung und Vermehrung neben adventi t iel len Inf i l t ra ten (Abb. 6), an anderen GefKl~chen erseheint ein Teil der Gef~Bwand degeneriert, in eine s t ruktur- lose, einigermal~en scharf gegen die Umgebung abgese tz te Masse umgewandelt . Manche gr6Bere Venen zeigen Verdiekung und Sklerosierung ihrer Wand und Verengerung des Lumens, das gelegentlich nur noch als schmaler Spalt erscheint.

Die Nervenst~mmehen, die hier allerdings nur in geringer Zahl ge- troffen sind, erscheinen auffallend kernarm, stellenweise sehmutzig bli~u- ]ieh gefi~rbt. Bindegewebe kernarm, die Kerne sind z. T. eigentiimlieh ver- /~ndert, es finden sieh einzelne mKehtig vergr6Berte 1/~ngliche oder rundliche :Kerne, tells chromatinreieh, teils ganz blab mi t unregelm/~l~igen, teilweise ganz aufgefaserten Grenzen, Gebilde, die man als Kernmons t ra bezeichnen k6nnte (Abb. 7). I m S t ra tum papillare kleine, unscharf begrenzte entziind- liehe Herdchen aus Lymphocyten und Fibroblas ten bestehend, ohne Anleh- nung an die Gefi~Bchen. Das Binde- Abb. 6. Endothelschwellung und -wucherung gewebe ist hier bei der H/~matoxylin- bei l~6ntgensp~tsch~digung.

Eosinfarbung yon fleckigem Aus- sehen, teils r6tlich, tells schmutzig bli~ulich verf/irbt. An der Epidermis bemerkt. man an dieser Part ie degenerative VerKnderungen in dem Sinne, dab die Zellgrenzen verwaschen, die Kerne schleeht gef~rbt sind, es l inden sieh hier auch kleine In- f i l trate in der Epidermis wohl von den Papil lark6rpern fortgeleitet. An einer Stelle ist es zur Ulcusbildung gekommen. Der Rand des Ulcus ist seharf, in der n/~ehsten U m g e b u n g finder sich an der erhal tenen Epidermis im Stra- t um corneum eine Vakuolenbildung, im Prinzip wie im vorigen Fall, wenn aueh nicht so reichlich wie dort. Den Grund des Ulcus bilden nekrotische Massen, dann kommt eine diehte leukoeyti~re In- filtration, die naeh der Tiefe zu allm/~hlich ab- n i m m t und mehr und mehr dutch Lymphocyten und Fibroblasten ersetzt wird.

Das Fettgewebe ist z. T. o. B., anderswo sieht :man lockere oder aueh dichtere Rundzelleninfil- t rat ion, an manehen Stellen besteht eine starke Verdichtung des Zwischengewebes, zum Teil han- delt es sich dabei um ein riehtiges, mehr oder weniger zellreiches Granulationsgewebe, das deut- Abb. 7. Degenerationsformen an

den Kernen des Bindegewebes bei liche Capillarektasien enth~lt. I(Sntgensp~ttsch~tdigung der ttaut.

I-Iautanh/~nge fehlen hier v611ig.

.Fall 12. 64 Jahre. t t i e r i s t nu t die allern~ehste Umgebung eines exst irpierten R6ntgenulcus untersucht. ~Khere klinische Angaben fehlen. An den Randte i len des Uleus m/iehtige Verbrei terung der Epidermis mit s tark entwickelter Horn- sehieht. Kerne groB, aufgehellt, vielfach schlecht f/irbbar, und zwar finder sieh diese Ver/inderung in den ~uBeren /~lteren Lagen des S t ra tum germinat ivum. ])as Pigment fehlt hier v6]lig. Von den ulcerierten Stellen, deren Grund yon Fibrin-

286 Th. Fahr :

massen und Leukocyten gebildet wird, erstreekt sieh an einer Stelle in die Tiefe eine dichte, mi t Fibrinf/~den verfilzte Leukoeyteninfi l t rat ion; in der Umgebung dieses Herdes nehmen die Leukocyten rasch ab, um Lymphocyten, Plasmazellen und Fibroblas ten Platz zu machen, die letzteren sind auffallend protoplasmareich; ~Jberggnge zu Plasmazellen scheinen hier unverkennbar . Anderswo sind die Bindegewebskerne wieder abgeblaBt und unregelm/~Big in der Form. Die Capillaren in der Umgebung der abseedierten Stelle sind auffallend zahlreich und zeigen eine sehr in die Augen springende Endothelwucherung. Die etwas gr6Beren Gef/~[~chen entha l ten stellenweise Thromben. En t fe rn t man sich noch weiter yon der abseedier- t en Stelle, so t re ten die Capillaren als zellreiche Str/inge besonders deutl ich hervor ; auBerdem bemerkt man an zahlreiehen, etwas gr6fieren Gef/~Bchen eine deut- liehe Aufhelhmg - - Vakuolisierung - - der Gef/tl]waud (Abb. 8). Teleangiektasien, wie im vorigen Fall, sind bier n icht zu linden. Durch Aufhellung des Gewebes, nament l ich in den Papil lark6rpern maeht sich ein 0 d e m geltend. Nervenst~mmehen sind so sp~trlieh getroffen, dab sich nichts Sicheres fiber evtl. Ver/~nderungen aussagen ]/~Bt, auch Fettgewebe befand sieh nicht in den untersuchten Stitckchen. Von Hautanh~ngen sind nut schwer erkennbare Reste yon SchweiBdrfisen zu finden.

Abb. 8. Vakuolisierung der GefiiBwand bei RSntgensp~tschitdigung.

Fall 13. R6ntgenulcera. Sp~tsch~digung, yon auswarts zur Untersuehung zugeschickt. Epidermis s tark verdickt. An den Kernea vielfach Vakuolenbildung, heller Hof um die Kerne, die vielfach schlecht f/~rbbar sind (Abb. 9), m~ehtige Verdickungen der Hornschicht mit Vakuolenbildung. An einer Stelle ist die Epidermis im Bereich des S t ra tum germinat ivum durch eine kleine Blu tung v611ig unterbrochen. Entziindliche Reakt ion fehlt an dieser Stelle v611ig, sie wird nach auflen nur durch eine ganz diinne Lage des S t ra tum lucidum abgegrenzt. Dartiber liegen bereits zerbr6ckelte Hornmassen. S t ra tum germina t ivum stellen- weise pigmentfi ihrend, auf weite Strecken fehlt das Pigment , aueh das S t ra tum papillare ist frei davon. Hier handel t es sich um multiple Uleera, die durch Haut- briicken voneinander get rennt sind. Un te r diesen erhal tenen Epidermispart ien machtige, vielfach diehtstehende Capillarektasien (Abb. 10); in den anschlieBenden nlcerierten Stellen sind sie weniger ausgepr~gt, es scheint, als ob die Capillar- ektasien dutch das am Grund der Ulcera sich bildende Granulationsgewebe durch- wachsen und dadureh wieder zum Verschwinden gebracht wiirden, jedenfalls sieht man neben Capillaren mi t reichlichem Zellinhalt und noch weitem L u m e n andere mi t verdickter Wand und schm/~lerem Lumen und andere, deren Lumen nur noch spaltf6rmig und von neugebildeten Zellen, Endothel ien und Fibroblasten erffillt bzw. durchzogen ist. I m Grund der Ulcera nur ganz sp/~rliche nekrotische Massen und relat iv wenig Leukocyten. I m S t ra tum papillare und reticulate bis ins subcutane Gewebe hinein Infil trate, die teils ausgesprochen herdf6rmig, teils

Die Haut unter dem Einflui~ der RSntgenstrahlen. 287

mehr locker angeordnet sind, sie enthalten reiehlich Plasmazellen, die Infiltrate sind vielfach perivascul~r. An den Gef~chen stellenweise Wandverdickung und Vaknolenbildung, einzelne gr6i3ere Gef~13ehen zeigen so starke Wandinfiltration,

Abb. 9. Starke Verbreiterung der Epidermis mit Kerndegeneration (Vakuolenbildung) bei R6ntgensp~itseh~digung.

Abb. 10. Capillarektasien bei l~Sntgensp~tsch~tdigung.

dab man yon einer Panarteriitis reden kann. Endothelschwellung nur ganz ver- einzelt, abgesehen yon den schon erwiihnten, sicher als sekund~r aufzufassenden Capillarver~nderungen im Ulcusgrund. Auch die Nervenbiindel sind hier und da

288 Th. Fahr :

yon Rundzel leninf i l t ra ten dicht eingescheidet. Bindegewebskerne um'egelm~Big in Fo rm und Anordnung, kernarme Par t ien weehseln mi t kernreicheren, z .T . abgeblaBte Kernmonstra . Im Fettgewebe, wie schon erw/~hnt, umschriebene Rundzelleninfiltrate. ])as Gewebe zwischen den Fettzellen auch sonst stellen- weise verbrei ter t mi t vermehr tem Kerngehalt . SehweiBdriisen auf weite Strecken s tark rarefiziert, Wandung vielfach sklerosiert, und zwar sind es immer zun/~ehst die /~uBeren Wandsehiehten, w~hrend die inneren in dem Sinne sich ver/mdern, dal~ die Epi thel ien kleiner, rundlicher, protoplasma/~rmer werden. (Bei ober- fl/~chlicher Bet rachtung mSgen diese Gebilde mi t Capillaren verwechselt werden, deren Endothel ien geschwollen sind.) Um manehe derartige rtickgebildete SchweiB- driisen herum Odem und ]eichte schleimige Degeneration, anderswo ]ockere plasmacellul/~re Infi l trate. Zu erw~hnen bleibt sehlieBlich noch das Verhal ten des elastischen Gewebes, das sieh stellenweise in Form auffallend dichter Biindel in die PapillarkOrper hinein bis dicht an die Epidermis heransehiebt.

Fall 14. '43 Jahre, m/~nnlich, l i t t jahrelang an einem Ekzem des rechten Mittelfingers. Er bestrahl te sich 1914 auf eigene Faus t 4 - -5 mal in dem RSntgen- laboratorium, in dem er als Bediensteter t~tig war, ohne /~rztliche Kontrolle. Es en t s tanden Blasen und eine oberfl/~chliche Ulceration, die langsam abheilte, die Hau t blieb aber gl/~nzend, Februar 1924, also 10 Jahre sp/~ter, bildete sich naeh geringfiigigem Trauma eine neue U]ceration, die den Pa t ien ten ins Kranken- haus fiihrte. Hier wurde der Finger exart ikul ier t und uns zugesandt. Epidermis gewaltig verdickt, S t ra tum granulosum bis zu 6, S t ra tum germinat ivum bis zu 18 Lagen dick; an manchen Stellen fehlt auf kurze Streeken das S t ra tum granu- losum, ig/~ehtige Hornschieht mit Vakuolenbildung bis ins S t ra tum granulosum reichend, dessen Granula allerdings gerade hier sehr schleeht ausgebildet sind. Aufhellung und schlechte F~rbbarkei t der Kerne, auch Pyknosen in den /~uBeren Zellschichten. Pigment fehlt. Die Gef/~Be zeigen hier mannigfaehe Ver/~nderungen. Einmal l inden sich die h/~ufiger erwiihnten Capillarektasien und ringfSrmige Inf i l t ra te um manche Capillaren. Manche etwas grbBere Gefi~Bchen, speziell Venen gehen bei der H~matoxylin-Eosinf/~rbung mi t vSllig nnscharfer Grenze in die Umgebung fiber. Die Endothel ien sind dabei an manchen Stellen vermehrt , an anderen Stellen ist der Kerngehal t im ganzen sehr s tark zuriickgegangen. I m Orceinpr/~parat dagegen heben sich diese Gef/~Be besonders seharf heraus. Man sieht hier in der Gef~l~wand eine gewaltige Zunahme/der elasr Fasern, die das Orcein sehr s tark aufgenommen haben und so dieht verfilzt erscheinen, dab man zwischen den einzelnen Lagen gar keinen rechten Zwisehenraum erkennen kann. In der unmi t te lbaren Umgebung dieser Gef/~Be erseheinen die e]astisehen Fasern vermehrt , wghrend sie anderswo eher verminder t sind. An manehen Stellen sind die Gef/~Be - - gleichen Kalibers wie die eb.en beschriebenen - - noch st/~rker ver/~ndert, fast vOllig zugrunde gegangen. Bei Zuhilfenahme der Elastica- f/~rbung sieht man, dab es sieh, was das Verhal ten der elastischen Fasern betrifft , um eine Steigerung der eben beschriebenen Ver~nderungen handelt . An Stelle der urspriingliehen I n t i m a sind hier die elastischen Fasern zu einer brei ten mi t Orcein s t a r k sich fgrbenden Sehicht zusammengeflossen, die im Hgmatoxyl in- Eosinpr/~parat wie ein hyalines, halskrausenart ig angeordnetes Band erseheint. Iqach auBen davon findet sich eine starke zellige Infi l trat ion, die noeh zahlreiehe elastische Fasern in zirkul~rer Anordnung erkennen l~Bt, nach innen schlieBt Sieh an die , ,Halskrause" eine l~eubildung, die nicht so zellreich ist wie die in der Advent i t ia und Media und keine elastisehen Fasern enth~lt . Das Lumen ist s tark verengt , an manchen Stellen eben spaltfSrmig oder ganz verschlossen. Bindegewebskerne unregelm~Big in Form und Anordnung, die unregelm~Bige ]~egrenzung der abgeblaBten Kerne und die Bildung yon Kernmons t ren ist hier

Die Haut unter dem EinfluI~ der R(intgenstrahlen. 289

besonders deut][ch. Dort, woes zur Ulcusbildung gekommen ist, finder sich der Grund mit dichten Fibrinmassen und Leukoeyten ausgefiillt, nach der Tiefe zu nehmen die Leukocyten ab, die perivascul/~ren Zellinfiltrate sind vorwiegend lymphocyt/~r.

Die Nerven zeigen deutlich verdiekte Scheide, die spezifischen Fasern erschei- nen rarefiziert. Schweil~drfisen atrophisch, nur noeh in sp/~rlicher Zahl vorhanden. Fettgewebe in der tIauptsache ohne Besonderheiten, nur hier und da ist Ver- dichtung und Zellvermehrung des Zwischengewebes angedeutet, vereinzelte blasse vakuolenhaltige Kerne.

Fall 18. 24 Jahre, weiblich. Krankengesehichte nicht erhMtlich. Epidermis von wechselnder Breite. An den Kernen hier und da Vakuolehbildung. Horn- schicht schlecht entwickelt. Pigment im ganzen spi~rlich. Starke Capillarektasien dieht unter der Epidermis (Stasen). An manehen Arterien starke diffuse Wand- infiltration, an anderen Verdickung der Intima. Im Stratum papillare Auf- hellungen (sehaumige Stl~ktur) des Gewebes, wohl dureh 0dem, loekere Infiltrate und kleine Blutungen. Grol~es Ulcus, dessen Grund zum Tell yon nekrotischen Massen gebildet wird, die ihrerseits wieder yon dichten Leukoeytenschw/~rmen durchzogen sind. An einer Stelle, die sieh schon makroskopisch als halbkugelige Vorw61bung anzeigt, ist es zu einer auffallenden hyalinen Verdichs des Gewebes gekommen, die elastischen Fasern haben hier abgenommen. Die Epidermis, die diese Stelle fiberzieht, ist in der Hauptsache diinn, treibt aber einzelne lange Zapfen in die Tiefe, manchmal ist sie nur auf wenige Lagen des Stratum lueidum beschr/~nkt und 1/s darunter eine lockere Zellvermehrung erkennen. Im ganzen ist die Infiltration im Bereich der eben erw/~hnten l)artie sp~rlich, spi~rlieher wie im sonstigen Stratum papillare. Capillarektasien finden sieh auch hier.

An nmnchen Nerven degenerative Ver/~nderungen. SchweiBdrfisen streeken- weise bis auf ganz kiimmerliche Reste gesehwunden, die stark verunstaltet, kaum als SehweiJ~drfisen erkennbar sind. Bindegewebskerne ungleichm~l~ig geformt und angeordnet. Kernmonstra. Fettgewebe meist o. B., nur yon der ulcerierten Stelle aus greift das 0dem, dal~ sich hier in der Umgebung des entzfindlich ver- /~nderten Teiles entwiekelt hat, auf das l%ttgewebe fiber. Das Zwischengewebe ist hier dureh das 0dem verbreitert, yon Leukocyten durchsetzt, stellenweise sieht man die Entwicklung auffallend gro$er, gebli~hter, dunkel gef/~rbter Zellen (0dem ?), aul~erdem kleine Blutungen.

Muskulatur zeigt an manchen Stellen Quellung der Fibrillen u. Verlust der Querstreifung, stellenweise fehlen dabei die Kerne, an anderen Stellen dagegen zeigen sic eine, wenn auch nieht erhebliche, so doch deutliche Vermehrung, hier und da leiehte Pyknose.

Ehe ich ein Wer tur te i l fiber die gefundenen Ver~nderungen abgebe und meine Ansicht darfiber entwickle, in welcher Weise wit uns die E n t s t e h u n g der RSntgensch~digung und speziell der RSntgenspdtschi~di- gung zu denken haben, sollen die gefundenen Ver~nderungen einiger- mal~en fibersichtlich zusammengefal3t und gruppier t werden.

Ich k a n n vorausschicken, dab ich alle Veri~nderungen, die bisher beschrieben sind u n d die ich eingangs in grol~en Zfigen skizziert habe, bei me inem Material auch f inden konnte , allerdings lag dabei die Sache so, dab bald diese, ba ld jene der bislang beschriebenen Veri~nderungen auffiel. Man kSnnte also bei der yon mir beobachte ten Kasuist ik , wenn m a n nu r einzelne F/~lle herausgreifen wollte, Beweismaterial ffir alle in

290 Th. Fahr :

der Literatur niedergelegten Ansehauungen linden. Legt man abet, wie man das ja selbstverstandlich mul3, der Beurteilung s~mtliche Falle zugrunde, so l~St sieh, darin bin ich mit Unna vollkommen einig, keine Anschauung halten, die einen mit besonderer Strahlenempfindlichkeit ausgestatteten Hautanteil proklamiert, yon dessen Ergriffensein alle an- deren Schadigungen abhangig waren.

Wenn ich alle Veranderungen, die im AnschluB an die ROntgen- bestrahlung an des Haut iiberhaupt vorkommen, aufz~hle, so sind zu nennen :

An der Epidermis verst~rkte Pigmentierung, Verdickung der Horn- sehicht, gelegentlieh mit Bildung yon Vakuolen in diesen Hornmassen vergesellsehaftet, an den Epithelien einmal Zellneubildung, die zu er- heblicher Verbreiterung der Epidermis fiihren kann, au[~erdem aber auch regressive, speziell den Kern betreffende Veranderungen a n diesen neugebildeten Zellen, die sich in Vakuolenbildung, Aufhellungen des Gesamtkerns, schlechter F~trbbarkeit und Pyknose des Kernes aul~ern, Sehwund ganzer Zellschiehten bis zur Ulcusbildung, ganz ausnahmsweise Ubergreifen entziindlieher Ver~nderungen vom Stratum papillare auf die Epidermis.

Am Bindegewebe des Stratum papillate und re~iculare ()dem, ent- zfindliehe Prozesse und ebenfalls Kernvergnderungen in Form von Ab- blassung, Pyknose und Bildung der in der Kasuistik geschilderten Kernmonstren.

An den HautanMingen, speziell den SchweiBdriisen, einfache Atrophie und Degeneration, welch letztere sieh in der Hauptsaehe in einer von aul3en naeh innen fortschreitenden Ver~nderung gul~ert, zur ttyalinisie- rung und zum vSlligen Schwund dieser Gebilde fiihren kann.

An den Ge/~ifien vakuol~re Degeneration im Sinne Gassmanns, h~ufiger aber Wandverdickung, Endothelwucherung und Wandinfiltration, die sich bis zu vSlliger Panarteritis steigern kann, h~ufig perivascul~re resp. pericapill~re Infiltrate, au~erdem Capillarektasien, selten Thromben- bildung.

An den IVerven degenerative Vergnderungen im Sinne einer Faser- verminderung, perineuritische Verdickungen und Infiltrate.

Am subcutanen Fettgewebe Odem, sehleimige Atrophie, Blutungen und Kernvermehrungen, an den neugebildeten Kernen vielfach Aufhellung and Vakuolenbildung.

An der Mus/culatur, in dem einen der beiden hier in Betracht kommenden F~lle degenerative Ver~nderungen an den Fibriilen mit Quellung und Verlust der Querstreffung, anschliel3end daran Zerfall der Fasern, in dem anderen Fall starke Vermehrung der Muskelkerne mit Pyknose und Chromatinverklumpung an den atrophierten Muskel- biindeln.

Die Haut unter dem Einflul~ der R(intgenstrahlen. 291

Was die Haufigkeit dieser Veranderungen bei den von mir unter- suchten Fallen anlangt, so war die Epidermis geschadigt 8 real in Fall 3, 8, 10, 11, 12, 13, 14 und 15. In Fall 3 und 8 waren es nur die Kernel in den anderen Fallen handelte es sich um eingreifendere Sehi~digungen der oben bezeichneten Art. Das Bindegewebe war 13mal in Fall 1, 2, 3, 4, 5, 8, 9, 10, l l , 12, 13, 14 und 15, wenn auch keineswegs in ganz einheitlieher Weise, verandert. V611ig charakteristisch, eindeutig und nahezu standig dagegen sind die Veri~nderungen an den Sehweifidri~sen, die 13real gebucht werden konnten (Fall 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, !0, 11; 12, 13, 14, 15). Ge/(~fiverdnderungen fanden sich, wenn man auch die gering- fiigigsten Befunde mitreehnet, 14real in Fall l, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15. Dabei handelte es sich allerdings 3real, in Fall 1, 2 und 4, um perivaseulare Infiltrationen, wie man sie so ungemein haufig bei allen mSglichen Zustanden an der Haut finder (Herxheimer und Roscher), dab man ihnen wohl kaum besondere Bedeutung zuschreiben kann, auch die Vakuolisierung in Fall 5 darf in ihrer Wichtigkeit nieht besonders hoeh bewertet werden, ebenso wie die in 12 und 13 (s. unten). Bei den 10 anderen Fallen waren die Veranderungen erheblicher, aber keineswegs einheitlich, 5real, in Fall 6, 9, l l , 12, 13, handelte es sieh um deutliche Endothelsehwellung und Wucherung, 4real, in Fall l l , 13, 14, 15, um Capillarektasien, 5real, in Fall 6, 7, 11, 13, 14, 15, um Wanddegenerationen und 10mal, in Fall 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, um entziindliche Prozesse in der Wand. (Nimmt man die oben schon erwahnten geringfiigigen perivaseularen Infiltrate in Fall 1, 2, 4 noeh hinzu, so erhSht sich diese Zahl auf 13.)

Beziiglich der Nerven sind nur 13 Falle verwertbar, da 2 mal so gut wie keine Nervenstammchen getroffen waren. 7real, in Fall 5, 6, 8, 11, 13, 14, 15, waren darunter Veranderungen feststellbar. Das tZettgewebe liel~ unter den 13 Fallen, in denen es untersueht werden konnte, fast regehnal3ig, namlieh 12real, in Fall 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, l l , 13, 14, 15, Veranderungen, allerdings zum Teil recht geringfiigiger und nieht ein- heitlicher Art, erkennen. Daf3 an der Mus]culatur an den beiden unter- suchten Fallen beide Mal etwas gefunden wurde, kann natiirlich ein Zu- fall sein. Weitere Untersuehungen sind hier zweifellos sehr erwiinscht.

(Jberblieken wir die Veranderungen, so kann yon einer Konstanz dabei nicht gut die Rede sein. Das Bild ist ein recht vielgestaltiges, wenn aueh manche, wenigstens einigermal3en charakteristische Zfige darin erkennbar sind.

So sehen wir bei den Fallen ohne Uleusbildung eine starke Ent- wicklung des Pigments im Stratum germinativum, meist, wenn auch nicht regelmal3ig, daneben im Stratum papillare. Bei den Uleusfallen dagegen ist die Pigmentbildung schlecht, wenn nicht iiberhaupt fehlend. Es besteht also bier zwisehen den Fallen mit und ohne Ulcus ein sehr

292 Th. Fahr:

deutlicher Unterschied, der allerdings a m einfachsten in der Weise er- klart werden kSnnte, dab es sieh bei den Ulcusbfldungen um Spatf~lle handelt, bei denen die nnmittelbare Einwirkung der RSntgenstrahlen schon sehr lange zuriickliegt und bei denen sich das Pigment infolgedessen wieder zurfickgebildet haben kSnnte. Doeh gibt es noch eine andere ErklarungsmSglichkeit, auf die weiter unten eingegangen werden sol!.

Ein weiterer Unterschied besteht zwischen den beiden Gruppen darin, dab die Capillarerweiterungen bei der ersten Gruppe durchaus vermif~t, bei der zweiten in der Mehrzahl der Falle (4 real unter 6 Fallen) gehmden wurden. Beiden Gruppen eigentiimlich und eine der konstantesten Wir- kungen iiberhaupt ist die Schi~digung der Hautanh~nge, speziell der Sehwei•drfisen, die zum vSlligen Untergang dieser Gebilde ffihren kann. Die Veranderungen am Bindegewebe, abgesehen von den gleich zu er- w~hnenden Kernbefunden, sind sehr bunt und mannigfaltig und lassen eine Gesetzmal3igkeit eigentlich vermissen. Dasselbe gilt von den Gefai~- veranderungen und den Veranderungen am Fettgewebe. Auch die Nerven- veranderungen sind weder konstant noeh vSlliggleichma~ig und scheinen mir fiberhaupt nur geringe Bedeutung zu beanspruchen. Beziiglieh der Muskulatur verweise ich auf das oben schon Gesagte. Eine gewisse Gesetzm~f~igkeit dagegen lai~t wieder das Verhalten der Epithel- und Bindegewebskerne erkennen. Die Schadigung der Epithel- und Binde- gewebskerne geht dabei ziemlich deutlieh parallel. Bei den F~llen mit Uleusbildung sieht man diese Kernschadigung durchweg sowohl an den Epithel- wie an den Bindegewebskernen, bei der ersten Gruppe ohne Uleusbildung ist die Kernseh~digung inkonstant, wenn sie vorhanden ist, so ist in einem Fall ein gewisser Parallelismus im Verhalten beider Kerngruppen ebenfalls unverkennbar . Daneben ist aber auch hier ja ein Fall zu linden, bei dem die Sch~digung nut an den Epithel- resp. Bindegewebskernen deutlich hervortri t t .

I m Prinzip kann ich also das Vorkommen der zuerst yon Rost be- tonten Kernveranderungen bestatigen, bezfiglieh der Deutung siehe weiter unten. Bemerkenswert scheint es mir, dai~ ich sie an Epidermis und Bindegewebe am deutliehsten und regelm~i~igsten bei den Spgt- ~ch(~digungen gefunden habe. Es besteht bier ein Gegensatz zu den Be. funden von Petersen und Hellmann, die gerade Spgtsch~tdigungen unter- sucht und dabei die yon Rost beschriebenen Kernveranderungen nicht in dem MaSe, wie dieser Untersucher gefunden haben. Petersen und HeUmann erklaren es damit, dab bei ihnen die RSntgenschadigung langer zuriick- lag, wie bei Rost, sie meinen, die Kernver~tnderung habe sieh in ihren Fallen wieder zuriickgebildet. Nun babe ich aber in meinen FAllen die st~rksten Kernveranderungen - - a n der Epidermis -- gerade bei den Sp~tsehadigungen gefunden. Andererseits sah ich am subcutanen Fettgewebe bei den akuteren Fdllen die deutlichsten Veranderungen an

Die Haut unter dem Einflu~ der R6ntgenstrahlen. 293

den Kernen. Ich werde weiter unten versuchen, eine Erklarung ffir diese Befunde zu geben.

Es fragt sich nun, we]che yon diesen Ver~nderungen sind wesentlich und primar, welche unwesentlieh und sekund~r. Wir k6nnen diese Frage mit einer anderen verbinden, der Frage namlieh, welehe yon den Ver- anderungen als Reizwirkung im Sinne einer Steigerung physiologischer Vorganga angesehen werden kann und bei welehen man von einer Sch~idigung des Gewebes reden muB. Uber die Reizwirkung durch R6ntgenstrahlen im tunktionsf6rdernden Sinne liegen gerade aus jfingerer Zeit eine Reihe meist experimenteller Beobachtungen vor. Es sind hier die Untersuchungen von Ho[[mann und Geller zu erw~hnen, die beide die MSgllehkeit einer Reizwirkung im Sinne einer Steigerung physio- logischer Lebensvorgange ffir gegeben halten. Man daft, wie Ho]]mann meint, von vornherein vermuten, dab das Arndt-P/iigersche Gesetz, das fiir Reize der verschiedensten Art Geltung hat, aueh fiir die RSntgen- strahlen zutrifft, dab also kleine Mengen radioaktiver Energie Erregung, gr6Bere L~hmung bis zum Tod der Zelle hervorrufen.

Die genannten Autoren betonen aber beide, dab die funktions- f6rdernde Reizwirkung sehr sehwierig, sehr viel schwieriger, als eine Seh~digung zu erreiehen ist. Ho//mann ffihrt besonders aus, dab kleine R6ntgendosen durchaus nieht immer imstande seien, eine FSrderung der Lebensvorg~nge hervorzurufen, auBere Lebensbedingungen anderer Art (in seinen eigenen Versuchen ehemische oder thermisehe Reize) k6nnen die erregende Wirkung vereiteln oder sogar ins Gegenteil umschlagen lassen. Auch innere Lebensbedingungen k6nnen schuld daran sein, dab kleine R6ntgendosen, die bei derselben Tierart ffir gew6hnlieh eine F6rderung der Lebensprozesse zur Folge haben, in anderen Fallen lhhmend wirken. Trotz dieser Schwierigkeiten sind aber beide Autoren zu positiven Ergebnissen gelangt. Hoffmann konnte sehnelleres Wachs- turn der Knochen und schnellere Reiftmg der Eier und Larven von Rana fusca, Geller Beschleunigung der Eireifung im Ovarium erzielen. Mit besonderem Nachdruck ist Thedering daffir eingetreten, dab es bei der R6ntgenbestrahlung eine Reizdosis in dem eben er6rterten Sinne gibt, w~hrend Holz]cnecht und Pordes der ganzen Frage ungemein skep- tiseh gegenfiberstehen und die Giiltigkeit des Arndtschen Gesetzes fiber- haupt in Zweifel ziehen. Meine eigenen Untersuchungen lassen es reich ffir wahrseheinlieh halten, dab man eine R6ntgenreizdosis im Sinne yon Ho]/mann und Geller annehmen darf.

Es scheint mir sieher, dab die Zunahme der Pigmentbildung als eine solehe Steigerung der physiologischen Lebensvorg~nge aufgefaBt werden kann. Wie Lutz vermutet, wirken schw~ehere Strahlenmengen akti- vierend auf das pigmenterzeugende Ferment, die Dopaoxydase Blochs, was sieh am St~rkerwerden der Dopareaktion anzeige. Wie man sich

Virchows Archly. Bd. 254. ~0

294 Th. Fahr :

die Entstehung des Pigments abet auch vorstellen mag, jedenfalls daft man in Analogie zur Wirkung des Sonnenlichts daran festhalten, dag die einfaehe Vermehrung des bei der wei~en Rasse n u r i n geringer Menge vorhandenen Hautpigments ohne sonstige Ver~nderungen der Zellen - - und so liegen ja die Verh~ltnisse in einer Anzahl der yon mir beobaeh- teten F~tlle - - als Steigerung physi0logiseher Vorg~nge aufgefal~t werden kann. Damit scheint aber die reine Reizwirkung in dem eben fixierten Sinne sehon erschSpft zu sein. Man kSnnte auf den ersten Blick auch daran denken, daS die Zunahme der Hornschicht, sowie die Zellneubil- dungen an der Epidermis, an den Capillaren und im Bindegewebe im gleiehen Sinne zu deuten ws -- als Steigerung der Wachstums- energie - - , aber bei ns Zusehen kann hier doch nicht, wie bei der Zunahme des Pigments, yon einer reinen 'Steigerung physiologischer Prozesse gesprochen werden; wenn wir uns die Vorgs dabei genauer betrachten, so ergibt sich deutlieh, dab diese Ver~nderung biologisch

�9 mehr als Sch~digung, wie als Steigerung physiologiseher Lebensvorg~nge gewertet werden muir. Denn die neugebildeten Zellen tragen hier sozu- sagen den Keim der Degeneration schon in sieh. Gleichzeitig mit der Anregung zur Neubildung sehen wir hier eine Qualitgtsverschlechterung der Zelle, die man besonders gut an den Epidermisepithelien, aber aueh an den Kernen der Bindegewebszellen ablesen kann. Wie vorstehend geschildert, sieht man gerade in den Fs in denen es zu einer er- hebliehen Neubildung yon Zellen und dadurch zu einer Verbreiterung der Epidermis gekommen ist, degenerative Ver~inderungen: Valcuolen- bildung, sehaumige Au/hellung, schlechte Fiirbbarlceit des Kernes. Auch die Unfs zur Pigmentbildung, die sieh in diesen F~llen in der Ungleichm~gigkeit der Pigmentablagerung resp. i m Fehlen des Pigments ~uBert, kann vielleieht als Symptom einer Sch~digung -- verloren- gegangene F~higkeit zur Pigmentbildung -- gewertet werden. Wichtiger sind natfirlieh die oben genannten Vers an deren degenera- t ivem Charakter ja nicht gezweifelt werden kann und die - - darin bin ich mit Rost durchaus einverstanden - - vor allem am Kern in Er- scheinung treten. Nut ffihren meine Beobachtungen in einem, wie mir scheint sehr wichtigen Punkt fiber die von Rost hinaus, indem ich diese Zell- resp. Kerndegenerationen am deutliehsten bei den Sp~tsehs gefunden habe, in F~llen also, bei denen die Bestrahlung viele Jahre zurficklag und bei denen man doch nicht gut annehmen kann, dalt die Ver~nderungen dureh dire]cte Einwirkung der RSntgenstrahlen auf die vorher unver~nderte Zelle zustande gekommen sind, wie bei den Versuchen yon Rost. Man mug m. E. vielmehr annehmen, dab bier diese degenerativen Ver~nderungen auf eine unter dem Ein/lu[3 der R6ntgenstrahlen erworbene Minderwertiglceit der Keimschicht zurfiek- zufiihren sind.

Die Haut unter dem Einflu~ der R~ntgenstrahlen. 295

Bemerkenswert erscheint mir auBerdem in diesem Zusammenhang, dab die Ver~nderungen nicht etwa in der eben sich bfldenden jfingsten Schicht des Stratum germinativum schon immer deutlich sind im Gegenteil, dab hier viele yon intakten Gebilden ihrer Art morphologisch gar nicht unterscheidbare Zellexemplare gefunden werden, die erst nach ihrer vollen Ausbildung und nachdem sie mehr nach auBen, nach dem Stratum corneum zu gewandert sind, die oben erw~hnten degenerativen Zeichen erkennen lassen. Wir k6nnen an diesen Kernver/~nderungen bei der R6ntgensp/~tsch/~digung die erworbene und auf die Tochterzelle vor- erbte Minderwertigkeit sozusagen direkt ablesen und stehen damit vor einem Problem a llgemeiner Natur, das auch sonst in der Pathologie eine sehr grebe Rolle spielt und auf das wit weiter unten noch einmal zu spreehen kommen:

Um eine yon vornherein gegebene Sch/~digung handelt es sich in meiner Kasuistik bei dan regressiven Vorg/~ngen an den Epithelien der SchweiBdriisen. Am Fett- und Muskelgewebe sehen wit einerseits auch Ver/inderungen, die von vornherein als Seh~digung in degenerativem Sinne zu deuten sind, w/~hrend in anderen F/~llen (siehe die Verh~iltnisse an denKernen) dieDinge entsprechend zu liegen scheinen, wie an derEpi- dermis beschrieben.

Auf einen Punkt, der am SehluB noch einmal besproehen werden sell, mSehte ieh hier sehon aufmerksam machen, da er mir besonders wichtig scheint; es kSnnen an manchen Gewebsbestandteilen, wie an den SehweiBdr/isen hesonders degenerative Ver~nderungen auftreten, w/~hrend gleichzeitig anderswo unter dem EinfluB der gleichen Strahlen- wirkung zellige Elemente -- im Stratum germinativum -- im funktions- f6rdernden 'Sinn (Pigmentvermehrung) beeinfluBt werden kSnnen.

DaB natiirlieh alle Elemente der Haut bei entspreehender Dosierung akut zur Degeneration gebracht werden k6nnen und dem Untergang verfallen., bedarf keines weiteren Beweises, Derartige akute R6ntgen- verbrennungen, wie sie friiher aus Unachtsamkeit oder mangelnder Kenntnis der Teehnik gelegentlich vorgekommen sind, braueht man heute aber in einem gut gleiteten Inst i tut kaum noch zu befiirehten. Was uns heute besonders angeht, ist die neuerdings wieder von Petersen und Hellmann bearbeitete Frage, wieso es bei einer Strahlen- anwendung, die zunachst seheinbar gu t vertragen wird, doeh s p a r e r eventuell naeh vielen Jahren zu einer wesentlichen Hautsch~digung, d. h. zur Bildung des gefiirehteten RSntgenslg~itulcus kommt. Es liegt dabei ja zweifellos nahe, an eine Seh~digung der Gef~l]e oder der Nerven zu denken. Sowohl bei der einen wie bei der anderen An- nahme w~ire es durchaus verst~indlieh, dab es zu einer ]ortschreitenden Funktions- und Ern/ihrungsstOrung mit schlieBliehem Gewebsunter- gang k~me.

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296 Th. Fahr :

In den bis ietzt fiber das Thema erschienenen Arbei ten herrscht die Ansicht vor -- die M6glichkeit der Nervensch~digung wird fiberall nur mehr nebenbei erwahnt -- , dab die Entstehung d e r fraglichen Sp~t- ulcera auf Gef~fiver~nderungen zuriickzuffihren sei (s. die Einleitung), doch haben sich such gewichtige Stimmen dagegen erhoben, wie die von Unna, und ich m6chte reich ihm in diesem Punkte anschliegen. Wie Unna, billige such ich den R6ntgenstrahlen eine breitere Angriffs- basis zu, allerdings kann ich, wie ich gleich hier betonen m6chte, Unna in einem anderen Punkte nicht ganz folgen. Wie oben schon erwghnt, verlegt Unna die Sch~digung ins Protoplasma, w~hrend ich, wie Rost, die Kernver~nderung f fir das MaBgebende halten mug.

Was nun die Gef~gver~nderungen anlangt, so mug es m, E. schon etwas skeptisch stimmen, dab die Forscher, die den Gef~gver~nderungen eine so entscheidende Wirkung zuschreiben, diese Gef~gver~nderungen keineswegs in einheitlicher Weise schildern. Gassmann betont die Vakuolisierung, Freund und Oppenheimer die Capillarektasien, w/thrend die anderen Autoren, Baermann und Linser, sowie Petersen und Hellmann besonderen Wert auf die Endothelsch~digung legen. Was zun~chst die Vakuolisierung der Gef~l~wand betrifft, so bin ich mit Unna der Meinung, dag es sich einfach um die Teilerscheinung eines Haut6dems handelt (s. die diesbezfigliche Kasuistik: Fall 5, 12 und 13), bei dem man yon einer ausschlaggebenden Bedeutung fiir die Entstehung der Sp~tulcera sicher nicht reden kann, das vielmehr nur ein Symptom in der ganzen Erscheinungsreihe darstellt. Auch bei den Capillarektasien m6chte ich im Hinblick darauf, dag sie erst bei den Sp~tsch~digungen und bier nicht ganz konstant (s. Fall 12) auftreten, annehmen, d a g es sich hier um etwas erst im Verlauf der Zeit sich Entwickelndes, also etwas Se- kund~res~ handelt. Viel wichtiger scheint mir prinzipiell die Endothel- schadigungen der Capillaren -- wir werden darauf gleich zu reden kommen. Aber eine das Bild der RSntgensch/s beherrschende Bedeutung werden wir such ihnen nicbt zuschreiben kSnnen, wenn wir (vgl. auch Unna) sehen, dal~ bei intakten Capillaren andere Bestandteile der Haut , wie Schweil~driisen und subcutanes Fett , gesch~digt sein k6nnen. Ferner scheint mir hier Fall 3 wichtig, der bei intakten Gef~gen eine Sch~digung der Kerne an den Epidermisepithelien aufwies. Vor allem aber mSchte ich die entscheidende Bedeutung der Endothel- schgdigung allein aus der t)berlegung heraus ablehnen, dag sie dafiir nicht konstant genug ist. Dag die perivasculitre Infiltration vielfach sekund~r ist, scheint mir beim Studium der einzelnen F~lle ganz sicher. Beherrschend kann also die Gef~gsch~digung ffir die fibrigen Ver~nde- rungen nicht sein. Viel weniger n0ch als die GefgBe k6nnen die Nerven als Hauptangriffspunkt der R6ntgensch~digung angesehen werden. Mancbe Autoren haben hier iiberhaupt keine, andere, wie Petersen

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und Hellmann, hie und da Veranderungen gesehen. In meiner Kasuistik finden sie sich, wie oben ausgefiihrt, gelegentlich. Aber um ihnen ent- scheidende Bedeutung beizumessen, sind sie nicht einheitlich und kon- stant genug und oft genug liegt der Gedanke nahe, dab es sich dabei nicht um eine prim~tre, sondern um eine sekund~re, yon aul~en fiber- greifende Sch~digung handelt, wie es bei den perivascul~tren Infiltraten oben erw~hnt wurde. Mul~ man es aber ablehnen, in Gef~l~en und Nerven den Hauptangriffspunkt der Strahlenwirkung zu sehen, von dem alle anderen Sch~digungen abh~ngen, so wird man eigentlich ganz von selbst auf den yon Unna zuerst ausgesprochenen Gedanken ge- fiihrt, dab wir hier an eine Sch~digung der Gesamthaut und ihrer An- h~nge denken miissen. Um die Art dieser Sch~digung n~her zu pr~zi- sieren und vor allem, um das Auftreten der Sp~ttulcera dabei verst~ndlicih zu machen, miissen wir zu den oben angesponnenen Uberlegungen yon der durch die R6ntgenstrahlen bewirkten Minderwertigkeit der Gewebe zuriickkehren. Ich sagte oben, dab es unter dem EinfluB der R6ntgen- strahlen zu einer Umstimmung, zu einer Qualitatsverschlechterung der Zellen kommt, die wir an den Kernen der sich neubildenden Epithel- und Bindegewebszellen, auch an den vermehrten Kernen des Fett- und Muskelgewebes in der bereits geschilderten Weise ablesen k6nnen. Wir sehen also unter dem Einflul~ der R6ntgenstrahlen - - manchmal in verhaltnism~l~ig kurzer Zeit and in besonders erheblichem Mal~e -- eine Minderwertigkeit des Gewebes sich entwickeln, die zur Folge hat, dab die empfindlich gewordenen Zellen Reizen gegeniiber mit Schddigungen reagieren, die bei der unver~nderten normalen Zelle wirkungslos sind. Es ist das ein Vorgang, zu dem sich aus der iibrigen Pathologie sehr zahlreiche und enge Analogien beibringen lassen. Ich erinnere an die Entwicklung chronischer Entziindungen, die, wie Lubarsch schreibt, in der Weise zustande kommen k6nnen, dab ,,w~hrend des akuten Entziindungs- stadiums das Gewebe derart gest6rt wird, dab von nun an auch die normalen Stoffwechselvorg~nge als pathologische Reize wirken". Ich habe a. a. O. die Richtigkeit dieses Satzes speziell bei den einzelnen Formen des Morbus Brightii zu begriinden gesucht und an der Haut , wo neben den von Lubarsch angezogenen Stoffwechselvorg~ngen auch diuflere Reize eine erhebliche Rolle spielen, scheint es ganz besonders plausibel, dab auf die geschilderte Weise eine chronische Sch~tdigung sich entwickeln kann. In bescheidene em MaBe erleben es ja sehr viele Menschen an sich, wie unter dem EinfluB ein- oder mehrmaliger Sch~digung, wie Conjunctivitis, Laryngitis, Pharyngitis usw: das betreffende Gewebe -- in den hier angezogenen Beispielen also die Schleimhaut -- besonders empfindlich wird und nun infolge dieser erworbenen Disposition auf kleine Ursachen mit groBen Wirkungen reagiert.

298 Th. Fahr :

I m Prinzip miissen wir uns m. E. auch den Eintr i t t der RSntgen- spiitsch~digung in dieser Weise erkliiren, nur liegen dabei die Ver- haltnisse insofern komplizierter wie bei den eben erw~hnten Schleim- hautprozessen, als bei der RSntgensch~digung nicht nur das Ober- fi~chenepithel sich in seiner Qualitat verschlechtert, sondern auch die Zetlen an den Ge]~i[3en und am Bindegewebe, eventuell aueh an den Nerven in Mitleidenschaft gezogen werden und hier nun ein Circulus vitiosus entsteht, in dem die Gef~B- und Nervensch~digungen natiirlich wieder auf das andere Gewebe zurfickwirken. Dieses Ineinandergreifen versehiedener Komponenten, zudem die Mitwirkung sekund~rer Hilfs- ursachen erkl~rt m. E. am besten die Vielgestaltigkeit der histologisehen Bilder, v o n d e r oben ja schon die Rede war; die Allmiihlichkeit, mit der sigh der besprochene CirGulus vitiosus auswixkt, maeht es dabei ver- st~ndlieh, dab der in der Ulcusbildung sieh ~uSernde Eintr i t t der Sch~- digung solange auf sich warren lassen kann.

Zur Erkl~rung der ungleiGhartigen Bilder miissen wir des N~heren noch in Betracht ziehen, dab die Qualit~tsverschlechterung an den verschiedenen Gewebsbestandteflen sich in verschiedener Weise aus- wirken kann (s. u.), woraus eine verschiedenartige Zusammenwirkung der Einzelsch~digungen sich ergibt. Ferner miissen wir dazu bedenken, dab die Hilfsursachen ihrer Natur (traumatisch, chemisch, thermisch) und St~rke nach versehieden sein kSnnen.

Auf die erste M6gliGhkeit kommen wix gleich noch speziell zu sprechen.

Was die zweite M6glichkeit anlangt, so mSchte ieh daran erinnern, dab man in manchen F~llen, wig in Fall 13 und 15, ein v611iges Zugrunde- gehen der Keimschicht (Vorstadium der Ulcusschicht) erleben kann, wobei das eine Mal, in Fall 13, eine kleine Blutung, das andere Mal, in Fall 15, eine lockere, yon der Cutis her vordringende Infil tration als besonders urs~chliches Moment fiir diese isolierte Degeneration fest- gestellt werden kann. Ferner sehen wir, um noch ein Beispiel zu geben, in Fall 10 und 12 bei der U1cusbildung eine rasch fortschreitende ex- sudative, bei Fall 11, 13, 14, 15 eine ganz langsam verlaufende, mehr proliferierende Entziindung, wobei doch auch der Gedanke an ver- schiedene Hilfsursaehen zur Erkl~rung am n~chsten liegt. Alle in Betracht kommenden Einzelheiten hier zu ersch6pfen, kann ich mix wohl ersparen, ieh miiBte sonst ja einen groBen Teil der kasuistisehen Schilderung wiederholen. Nur eins m6chte ich hier noch einmal er- w~hnen, dab ich n~mlieh das Auftreten herdf6rmiger entziindlicher Prozesse (kleinzellige Infiltrate) vielfach (s. die Sp~tf~lle) als etwas Sekund~res auffasse, das nichts zu tun hat mit der direkten Wixkung der R6ntgenstrahlen auf die Zellen, d. h. mi t der Vermehrung der orts- ans~ssigen Zellen bei gleiehzeitiger Qualit~tsverschlechterung.

Die Haut unter dem Einfluli der RSntgenstrahlen. 299

Als im Vordergrund stehenden GrundprozeB haben wir trotz der vielgestaltigen histologisehen Bilder bei der RSntgensp~tschi~digung die Qualitdtsverschlechterung der Zellen in allen Abschnitten der Hau t kennen- gelernt, wobei als besonders wiehtig Epidermisepithel, Bindegewebe und Ge/~fie in Betraeht kommen, aber auch die anderen Gewebsbestandteile dfirfen dabei nicht iibersehen werden und ein Punkt bedarf hier noch besonderer Bespreehung, d e r seither nur gestreift wurde. Wir sehen ngmlieh, dab zwisehen der Seh~digung der einzelnen Gewebskompo- nenten - - a u e h bei ~ den frfiheren Fgllen, wo man noch mit direkter RSntgenwirkung rechnen mug -- keineswegs eine durchgehende Pa-

ral lele besteht. Eine solehe Parallele besteht wohl in groBen Zfigen bei den ROntgenschgdigungen an den Zellen der Epidermis und des eutanen Bindegewebes, wenngleich aueh hier die Parallele nicht ffir alle Fi~lle zutrifft. Sie besteht aber nicht ffir Epidermiszellen und Gefi~Bend0thelien ebensowenig zwischen Epidermis und SehweiBdrfisen z. B. ; es kann sogar, wie oben schon erw~hnt, so sein, dab ein Bestandteil der Hau t eine sichtbare Sch~digung erleidet, w~hrend ein anderer nicht nur keine Sch~digung, sondern sogar eine Anregung im Sinne gesteigerter Lebens- vorgange erfahren kann. Man kOnnte das im Sinne Rosts mit einer versehiedenartigen Reaktion der versehiedenen Gewebskomponenten dea ROntgenstrahlen gegenfiber erkl~ren. Rost meint ja, der Grad der bio- logisehen Wirkung hinge in erster Linie ,,yon der Menge der in der Volumeinheit des Gewebes zur Absorption gelangenden ROntgenenergie ab", man kSnnte aber auch mit anderen Verfassern, wie Bumm und Warnekros u. a. annehmen, dab dieser verschiedenen Wirkung qualitative Unterschiede in der Strahlenwirkung zugrunde hegen. Leider sind die khnisehen Angaben, die ich fiber die Art der Strahlenanwendung er- halten konnte, so mangelhaft, dai~ ieh selbst zu dieser Frage n u r mit groBer Vorsicht Stellung nehmen kann. Immerhin liegt der Gedanke nahe, die 5fters betonte UngleichmgBigkeit der histologischen Bilder zum Teil auch dureh quahtat ive Unterschiede in der Strahlenwirkung zu erkli~ren. Vergleichen wir z. B. Fall 1 und 2 einerseits, Fall 8 anderer- seits: In Fall 1 und 2 ist die Epidermis vOllig intakt, das Fettgewebe deutlich ver~ndert, in Fall 8 sehen wir umgekehrt eine Vergnderung der Epidermis , aber keine des Fettgewebes. Noeh krasser sind in diesem Punkte die Unterschiede, wenn man Fall 1 und 2 mit Fall 11 und I3 vergleieht. Doch will ich mich lieber an die erste Gegeniiberstellung halten, da man an der zweiten aussetzen kOnnte, dab es sich hier um einen Vergleich yon Frfih- und Spgtf~llen handelt. Bleiben wir also bei den Fi~llen ohne Uleusbildung, so wfirde die Annahme qualitativer Unterschiede in der Strahlenwirkung die verschiedenen Befunde m. E. am ungezwungensten erkl~ren, wenn ieh auch, wie gesagt, mit meinem Urtefl hier sehr zurfickhaltend sein muG.

300 Th. Fahr :

Noch gr613ere Vorsicht ist natfirlich am Platze, wenn wir y o n dem bzw: der Zellumstimmung gewonnenem Standpunkt aus einen Ausbliek in die Genese des ROntgencarcinoms wagen. Wit wissen ja leider trotz aller experimentellen Erfolge in der Frage der Krebserzeugung fiber die letzten Ursaehen des Krebses nichts Definitives. Doch nehmen wir bei der Krebsentstehung bekanntlich auch eine Umst immung der Zellen, die Bildung neuer Zellrassen (v. Hansmann) an, aber in anderer Richtung, wie bei den hier vorliegenden Zellver~nderungen. WKhrend wir hier eine Tendenz der neu sich bildenden Zelle zum Zerfall haben, sehen wir bei der Carcinomzelle als Hauptkr i ter ium ihres ver~nderten Cha- rakters die F~higkeit zu destruierendem Wachstum. Gewisse m o r p h o - logische Kriterien haben wir ffir diese J~nderung des Zellcharakters auch bei der Carcinomzelle an der Beschaffenheit des Kernes : Die yon Heiberg gemachten Angaben, dab die Carcinomzellen gr613ere Kerne hat ten wie andere, lieB sich zwar nicht allgemein richtig erweisen, auch eine be- sondere GrOl3e des Kernk6rperchens, die mir in manchen F~llen deutlich hervorzutreten schien, l~13t sich nicht allgemein feststellen. Dagegen ist es wohl jedem, der sigh mit einsehl~gigen Untersuchungen besch~ftigt, schon aufgefallen, dab die Kerne der Carcinomzellen sich durch be- sonderen Chromatinreichtum auszeichnen, sie stehen dadurch in be- merkenswertem Gegensatz zu der Chromatinarmut, dem Chromatin- verlust, den wir an den vakuolisierten, aufgehellten, schlecht farbbaren Kernen bei den hier diskutierten ROntgensch~digungen beobaehtet haben. Es scheint mir nicht uninteressant, diesen Unterschieden in der Kon- s t ruktur naehzugehen, ob dabei etwas ffir die Genese des Carcinoms Wesentliehes herauskommt, ist natfirlich eine Frage, auf die ieh heute noeh keine Antwort geben kann.

Die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen lassen sieh in folgende S~tze zusammenfassen :

Wir sehen bei der Anwendung der ROntgenstrahlen auf die Hau t Unterschiede in der Wirkung, die schwanken zwischen einer Anregung zu vermehrter physiologischer Leistung (Vermehrung des Pigments im Stra tum germinativum) und akutem vOlligen Zelltod. Dazwisehen liegt eine Wirkungsform, die sich am besten als Qualiti~tsverschleehterung der Zelle an den einzelnen Gewebskomponenten bezeichnen l~13t und die in bunter Wechselwirkung dieser Einzelsch~digungen - - 'Ci reulus vitiosus durch Affektion der Gef~f3e und Nerven - - unterstfitzt von sekund~ren Hilfsursachen den wesentlichen Grund fiir die RSntgen- sp~tsch~digung (ROntgensp~tulcus) bildet. Ihren morphologischen Aus- druck findet diese Qualit~tsverschlechterung der Zelle in einer J~nderung des Kernes (Rost).

Ob es sich bei den beobaehteten histologischen Verschiedenheiten urs~chlich lediglich um quanti tat iveUnterschiede der Strahleneinwirkung

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hande l t , odor ob aueh qualitative Untersch iede eine Rolle spielen, l~13t sieh auf Grund der hier vor l iegenden Unte r suchungen n ich t m i t Sieher- he i t entseheiden, wenn auch manche Beobaeh tungen fiir das Vorhanden- sein yon Ar tun t e r sch i eden in d e r S t r a h l e n w i r k u n g zu sprechen scheinen.

Nachtrag.

Nach Abschlul3 dieser A r b e i t konn te ich durch Vermi t t l ung yon Kol legen Haenisch Eins ieh t in das Manusk r ip t eines Vor t rages nehmen, den Miescher auf dem dies jahr igen R6ntgenkongreB geha l ten ha t . Die Un te r suehungen Mieschers lassen sich n ich t d i rek t mi t den meinigen vergleichen, da Miescher viel fr ischere S tad ien wie ich un te r such t hat . Seine Befunde erghnzen sieh aber , wie ich glaube, in rech t bemerkens- wer te r W e i s e mi t den meinigen, ebenso wie mi t denen yon Rost. Auch Miescher l ehn t die f iber ragendeRol le de r Gef~Bveri~nderung fiir d ieGesamt- sch~digung der H a u t ab, aueh er s ieht das wesent l iehe Momen t in Zell- seh~digungen, wobei er, wie Rost und ieh, den H a u p t a n g r i f f s p u n k t de r Sch~digung im K e r n sieht . W e n n die Beschre ibung der Zellveri~nderung bei Miescher eine e twas andere ist, wie bei Rost und mir, so l~Bt sich das~ wie ich oben sehon sagt~, d a m i t ganz ungezwungen erkl~ren, d a b Miescher fr ischere S tad ien un te r such t ha t , als ich. Die von ihm in den Vorder- g rund geste l l te ami to t i sche Zel l te i lung habe ieh bei meinen Fa l l en d i r ek t - - in F o r m von Zellen m i t Doppe lke rn - - n ich t nachweisen k6nnen, aber eine Zellvermehrung, die auf eine solche ami to t i sehe Zel l te i lung hinweist, t r a t ja gerade in meinen Spi~tf~llen ungemein deut l ich hervor , und ich begegne mieh mi t Miescher insofern, als ieh t ro tz dieser Zell- ve rmehrung den degene ra t iven Cha rak t e r des Gesamtprozesses betone. I eh glaube, nur insofern wei te r wie Rost und Miescher gekommen zu sein, a l s ich den Nachweis e rb rach t zu haben hoffe, da~ diese Kern- ~nderung in degene ra t ivem Sinne sich yon den geseh~digten Zel l indivi- duen auf i h r e Tochterze l len foI~pflanzt und dab in dieser Qualitdts- verschlechterung der Zellen mi t ihren Folgen die Ursache fiir die En t - s t ehung der R6ntgensp~tseh~digung zu suchen ist.

Literaturverzeichnis. Bdrmann und Linser, Miinch. med. Wochenschr. 1903, Nr. 23. - - Bdrmann

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