Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit ...

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1 Die Internationale Klassifikation der Die Internationale Klassifikation der Funktionsf Funktionsf ä ä higkeit, Behinderung und higkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) Gesundheit (ICF) „Hessen Inklusive(r)“ Fachtagung 12. Mai 2010 Fachforum 7 Alfred Jakoby LWV Hessen

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Die Internationale Klassifikation der Die Internationale Klassifikation der FunktionsfFunktionsfäähigkeit, Behinderung und higkeit, Behinderung und

Gesundheit (ICF)Gesundheit (ICF)

„Hessen Inklusive(r)“

Fachtagung 12. Mai 2010

Fachforum 7Alfred Jakoby

LWV Hessen

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Phänomene und Ordnung

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Interventionsprocedures

Reasons forencounter

ICD-10International Statistical

Classification of Diseases & Related

Health Problems

ICFInternational

Classification of Functioning, Disability

and Health

INDNomenclature of

Diseases

Specialityadaptations

Primary care adaptations

WHO Family of International Classifications

Associated Products Main Classifications Adaptations

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Was wir wissen (ICD 10) – und was es zu wissen gibt!

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n Das bio-medizinische Modell kann Auswirkungen von Gesundheitsproblemen (ICD) auf die funktionale Gesundheit nicht beschreiben.

n Dies ist nur im Rahmen eines bio-psycho-sozialen Modells möglich (ICF).

Die ICF ergänzt die ICD 10!

Grundsatz

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Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit ( = Störung auf Funktionsebene, ICF-Klassifikation der Funktionen) mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihreTeilhabe am Leben in der Gesellschaft ( = Teilhabekonzept der ICF) beeinträchtigt ist.

Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Behinderungsbegriff SGB IX (§ 2)

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§ 10 (1) 1 (…) ist der nach § 14 leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen (….).

- Feststellung von Bedarf und erforderlichen Leistungen erfolgt so unter Bezugnahme auf die funktionale Gesundheit. Grundlage dafür ist die ICF!

Rechtsgrundlage – Anforderungen an die Bedarfsfeststellung im SGB IX

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Bundesregierung

Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe (Drucksache 15/4575 v. 16. 12. 2004)

Gutachten auf volle Teilhabe ausrichten

Für Gutachten ermöglicht die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) eine ganzheitliche Betrachtungsweise aller sozialmedizinisch relevanten Aspekte einer Person in ihrem jeweiligen Umfeld.

Gemeinsame Empfehlung - Gemeinsame Empfehlung nach § 13 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX für die Durchführung von Begutachtungen möglichst nach einheitlichen Grundsätzen (Gemeinsame Empfehlung „Begutachtung“) vom 22. 3. 2004

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Teilhabekonzept: Menschenrechte und subjektive Erfahrung

Menschenrechte, Sozialrecht, Gleichstellung, Antidiskriminierung• Zugang zu Lebensbereichen• Inklusion in Lebensbereiche• Daseinsentfaltung in Lebensbereichen• unabhängiges, gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben in

Lebensbereichen

Subjektive Erfahrung• Zufriedenheit in Lebensbereichen• Anerkennung und Wertschätzung in Lebensbereichen• erlebte gesundheitsbezogene Lebensqualität in Lebensbereichen

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Das bio-psycho-soziale Modell der ICF

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Internationale Dimension der ICF

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Gesundheitsproblem(Gesundheitsstörung oder Krankheit, ICD)

Umweltfaktoren• materiell• sozial• verhaltensbezogen

persönliche Faktoren• Alter, Geschlecht• Motivation• Lebensstil

Körperfunktionenund -strukturen

Aktivitäten Teilhabe

Bio-psycho-soziales Modell der ICF

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Handlungstheorie (actiontheory) Nordenfelt

Handlung

Leistungsfähigkeit- Funktionen- Strukturen- Ausbildung- Trainingsstand etc.

Willepersonbezogener Faktor

GelegenheitenUmwelt- materiell- sozial- verhaltensbezogen

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Die Grundbegriffe der ICF

funktionale Gesundheit

Kontextfaktoren

Behinderung

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Eine Person ist funktional gesund, wenn – vor ihrem gesamten Lebenshintergrund (Konzept der Kontextfaktoren) –

1. ihre körperlichen Funktionen (einschließlich des mentalen Bereichs) und Körperstrukturen allgemein anerkannten Normen entsprechen(Konzepte der Körperfunktionen und –strukturen),

2. sie nach Art und Umfang das tut oder tun kann, wie es von einem Menschen ohne Gesundheitsproblem erwartet wird(Konzept der Aktivitäten),

3. sie ihr Dasein in allen Lebensbereichen, die ihr wichtig sind, in der Art und dem Umfang entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne Schädigungen der Körperfunktionen/-strukturen und Aktivitätseinschränkungen erwartet wird.(Konzept der Teilhabe)

Funktionale Gesundheit

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n UmweltfaktorenFaktoren der materiellen, sozialen und verhaltensbezogenen Umwelt

n Personbezogene (persönliche) FaktorenEigenschaften und Attribute der Person(z.B. Alter, Geschlecht, Ausbildung, Lebensstil, Motivation, genetische Prädisposition)

Kontextfaktoren = gesamter Lebenshintergrund einer Person

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Funktionale Gesundheit und Kontextfaktoren

Kontextfaktoren (Umweltfaktoren und personbezogene Faktoren) können sich auf die funktionale Gesundheit

• positiv auswirken (Förderfaktoren)

Daher sind bei der Beurteilung der funktionalen Gesundheit einer Person stets ihre Kontextfaktoren zu berücksichtigen !

• negativ auswirken (Barrieren)

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Drohendeoder bestehende

Beeinträchtigung der Teilhabeinfolge eines Gesundheitsproblems(Personenkreis nach § 4 SGB IX)

Beeinträchtigung derFunktionsfähigkeit

(allgemeiner Behinderungsbegriff, ICF)

Beeinträchtigung derTeilhabe an einem

Lebensbereich (spezieller Behinderungsbegriff, ICF)

Behinderung(§ 2 Abs. 1 SGB IX)

Beeinträchtigung der Teilhabebei nicht alterstypisch beeinträchtigtem

Funktionszustand

Schwerbehinderung(§ 2, Abs. 2 SGB IX)

Strukturschaden ohne Funktionsstörungen und ohne bestehende oder zu erwartende Beeinträchtigung der Teilhabe

Drohende Beeinträchtigung der Teilhabe ohne manifeste Schädigungen oder Aktivitätsstörungen

Quelle: Vortrag Dr. Schuntermann, Kassel 11.2006

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Ø Sie stellt eine disziplinenübergreifende Sprache für die Erscheinungsformen der funktionalen Gesundheit und ihren Beeinträchtigungen zur Verfügung

Ziele der ICF

Ø Sie liefert eine wissenschaftliche und praktische Hilfe für• die Beschreibung und das Verständnis,

• die Feststellung und Begutachtung

von Zuständen der Funktionsfähigkeit

Ø Sie ist eine Brücke der Verständigung zwischen Betroffenen,

Professionen und Institutionen

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Wozu ICF? Nutzen und Ziele!

• Verbesserung des Verständnisses von Problemlagen

• Verbesserung der individuellen Bedarfsermittlung

• Verbesserung der Zielsetzung (spezifische SMART-Ziele)

• Auswahl passgenauer Interventionen

• Verbesserung des Qualitätsmanagements

• Verbesserung der Evaluation von Interventionen

• Löst Schnittstellenprobleme (Abgrenzung vs. Netzwerk)

• Brücke zum SGB IX

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Die ICF ermöglicht die Darstellung von:

•Stärken, Fähigkeiten, Förderfaktoren (Ressourcen)

•Schwächen (Defiziten), Problemlagen und Barrieren

Wozu ICF? Nutzen und Ziele!

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Ist eine Person behindert?

Behinderung: Klassische Fragen

Wird eine Person behindert?

Dialektische Auflösung mit dem bio-psycho-sozialen Modell der ICF.

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„Klassifikation“ meint im eigentlichen Sinne die Verwendung der ICF-Kategorien einschließlich ihrer Kode-Nummer und des zugehörigen Präfixes (z.B. b1440).

„Kodierung“ meint die Verwendung der „Beurteilungsmerkmale“ der ICF. Die Verwendung des 1. Beurteilungsmerkmals ist notwendig. Ohne Angabe macht die Verwendung keinen Sinn.

Klassifikation und Kodierung

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Aufbau der ICF

Die ICF setzt sich aus zwei Teilen und fünf Komponenten zusammen:

Teil 1 Funktionsfähigkeit und Behinderung

Teil 2 Kontextfaktoren

•Körperfunktionen (b) – klassifiziert

•Körperstrukturen (s) – klassifiziert

•Aktivitäten und Teilhabe (d) – klassifiziert

•Umweltfaktoren (e) – klassifiziert

•personbezogene Faktoren ( ) – derzeit in der ICF nicht klassifiziert

Bei der Beschreibung des Gesundheitszustandes sind alle Klassifikationen zu berücksichtigen!

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Aufbau der ICF - Baum

Erste Gliederungsstufe einer Teilklassifikationen sind die Kapitel.

Kapitel bilden die erste Gliederungsstufe.

Jedes Kapitel hat eine Überschrift.

Kapitel können nicht zur Kodierung herangezogen werden.

Bsp.: Kapitel 2 „Sinnesfunktionen und Schmerz“

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Aufbau der ICF - Ast

Itemebene – alphanumerischer Aufbau.

Buchstabe = Klassifikationskennung

Bsp.: „b“ = Körperfunktionen (body functions)

Bsp.:

b2.. = 1. Ziffer; Nummer des Kapitels „Funktionen des Sehens“

b210 = 2. und 3. Ziffer; Item innerhalb eines Kapitels

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Aufbau der ICF - Zweig

Itemebene - Vierte Ziffer (soweit vorhanden)

Sie untergliedert Items der zweiten Gliederungsstufe.

Bsp.: b2102 = Qualität des Sehvermögens

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Aufbau der ICF - Blatt

Fünfte Ziffer (sofern vorhanden) untergliedert Items der dritten Gliederungsebene.

Bsp.: b21020 = Lichtempfindung (Lichtsinn)

b21022 = Kontrastempfindung

b21023 = visuelle Bildqualität

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Anwendungsbeispiele

• Empfehlungen und Stellungnahmen:BAGüS; BAR; DVfR

• Ärztl. Gutachten des LWV Hessen• Formular 61 der GKV • Ärztl. Begutachtung der BA• Core-sets für Diagnosegruppen• Auszugslisten für einzelne Leistungsbereiche• Komplexe Anwendungsentwicklung einzelner Unternehmen

(JG-Gruppe)• Instrumente:

ITP-Hessen; Mini-ICF-APP; IMBA; Checkliste V 2a der WHO;

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b 1403Mit anderen geteilte Aufmerksamkeit

Mentale Funktionen, die die Fokussierung auf denselben Reiz durch zwei oder mehr

Personen zulassen, wenn z. B. ein Kind und eine Betreuerin sich gemeinsam auf ein

Spielzeug konzentrieren.

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Literatur DIMDI (Hg.) – Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit – auch als kostenloser Download auf www.dimdi.de

Schuntermann – Einführung in die ICF, ecomed Medizin, Landsberg/Lech, 2005

Rentsch/Bucher – ICF in der Rehabilitation, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 2005

Meyer – Kodieren mit der ICF: Klassifizieren oder Abklassifizieren, Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2004

Weitere umfangreiche Informationen im Internet verfügbar:

www.bar-frankfurt.de

www.drv-bund.de

www.dvfr.de