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Für die Mitglieder des Integrationsausschusses
37. Sitzung des Integrationsausschusses
am Mittwoch, 8. Mai 2019
Tagesordnungspunkt:
„Kenntnisstand der Landesregierung zu den Zwangsräumungen
von vier Häusern in Duisburg-Marxloh“
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
in der Anlage übersende ich Ihnen den o. g. Bericht mit der Bitte um
Weiterleitung der beigefügten Überdrucke an die Mitglieder des Integ-
rationsausschusses.
Mit freundlichem Gruß
Ina Scharrenbach
MHKBG Nordrhein-Westfalen • 40190 Düsseldorf
An den Präsidenten des
Landtags Nordrhein-Westfalen
Herrn André Kuper MdL
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
6. Mai 2019
17
VORLAGE
17/2019A19
Bericht der Landesregierung für die Sitzung des Integrationsausschusses
am 8. Mai 2019 zum Tagesordnungspunkt:
„Kenntnisstand der Landesregierung zu den Zwangsräumungen von vier Häusern in Duisburg-Marxloh“
Frage 1: Auf Basis welcher Rechtsgrundlage fanden die Räumungen statt?
Antwort: Die Nutzung der Gebäude Rudolfstr. 16-22, 47169 Duisburg, wurde auf
der Grundlage des § 58 Abs. 2 S. 2 BauO Nordrhein-Westfalen 2018
durch die Stadt Duisburg untersagt.
Frage 2: Wann und in welcher Form wurden die Bewohnerinnen und Bewoh-
ner darüber informiert, dass ihre Wohnungen geräumt werden soll-
ten?
Antwort: Nach Auskunft der Stadt Duisburg wurde im Anschluss an die Begutach-
tung der Gebäude der Entschluss zur Aussprache einer mündlichen und
sofortigen Nutzungsuntersagung durch die Stadt Duisburg gefasst auf-
grund von eklatanten brandschutztechnischen Mängeln nach der BauO
Nordrhein-Westfalen sowie akuter Brandgefahr in Folge massiver Mani-
pulation an Stromzählern und unsachgemäßer Verkabelungen in Verbin-
dung mit der Überbelegung in den Häusern und der damit einhergehen-
den konkreten Gefährdung für Leib und Leben.
Frage 3: Mit welchen konkreten Programmen und Initiativen unterstützt die
Landesregierung bereits die Kommunen bei ihrer Integrationsarbeit
von Menschen aus Südosteuropa?
Antwort: Das Land Nordrhein-Westfalen und seine Kommunen sehen sich im
Zuge der dauerhaft anhaltenden Zuwanderung aus Südosteuropa einer
Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt. Von zentraler Bedeutung
sind hierbei die Integration der zugewanderten Südosteuropäerinnen und
Südosteuropäer in den Arbeitsmarkt, die Betreuung und Schulbildung der
Kinder und Jugendlichen sowie die Bekämpfung des Sozialleistungs-
missbrauchs.
Die Erfahrungen der von der Zuwanderung aus Südosteuropa besonders
betroffenen Städte haben gezeigt, dass ein gestalterischer Umgang mit
diesen Herausforderungen dringend notwendig ist. Zur Integration der
Zuwanderinnen und Zuwanderer gehört ebenso ihr Schutz vor Ausbeu-
tung durch kriminelle Strukturen und Phänomene wie Schwarzarbeit und
Mietwucher.
Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei ihrer
Integrationsarbeit im Hinblick auf Menschen aus Südosteuropa.
Beispielhaft können die Brückenprojekte des Ministerium für Kinder,
Familie, Flüchtlinge und Integration wie auch der Programmaufruf
„Zusammen im Quartier - Kinder stärken - Zukunft sichern“ des
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales genannt werden.
Frage 4: Inwieweit sieht die Landesregierung Handlungsbedarf in der Be-
kämpfung von Antiziganismus?
Antwort: Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen setzt sich in jeder Hinsicht ge-
gen Diskriminierung und Rassismus ein. Durch die verschiedenen geför-
derten Programme und Maßnahmen wird gemeinsam mit den unter-
schiedlichen Partnern der Landesregierung Antiziganismus bekämpft
und erfolgt ein Einsatz für eine offene und vielfältige Gesellschaft.
In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die „NRW-Koalition“ im Juni 2017 u.a.
darauf verständigt, Rechtsextremismus und Rassismus entschieden ent-
gegenzutreten. Mit Kabinettbeschluss vom 12. Dezember 2017 hat die
Landesregierung die Fortführung der Interministeriellen Arbeitsgruppe
(IMAG) zur Umsetzung des Integrierten Handlungskonzeptes unter Ein-
bezug der Zivilgesellschaft beschlossen. Die Grundlagen für eine verbes-
serte Zusammenarbeit staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure in
der Prävention von Rechtsextremismus und Rassismus hat das Land
Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 mit dem „Integrierten Handlungskon-
zept gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ geschaffen. Ein Hand-
lungsziel ist dabei die „Stärkung der Antidiskriminierungsarbeit gegen
Rassismus, Homo- und Transphobie, Antiziganismus und Antisemitis-
mus“.
Die Landesverfassung und das Schulgesetz fordern Erziehung „im
Geiste der Demokratie“. Schule hat einen Bildungs- und Erziehungsauf-
trag. Demzufolge nimmt die Landesregierung jede Form von Gewalt, Dis-
kriminierung, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremis-
mus an Schulen sehr ernst. Es liegt in der Verantwortung der gesamten
Schulgemeinschaft, deutlich zu machen, dass sie keine Form der Gewalt
in ihrer Schule duldet. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule Maßnah-
men zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts, zur Verhinderung von
Ausgrenzung und zur Förderung eines respektvollen, gewalt- und angst-
freien Schulklimas in ihr Schulprogramm aufnimmt, denn grundsätzlich
gilt: Prävention geht vor Intervention.
Als Unterstützungsleistungen des Landes für Schulen lassen sich – je
nach Kontext und Aufgabenbereich auch für den Themenbereich „An-
tiziganismus in der Schule – u.a. die „Landesstelle Schulpsychologie und
Schulpsychologisches Krisenmanagement“ sowie die „Landespräventi-
onsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt für Schulen in Nordrhein-West-
falen“ nennen. In kommunalen Beratungsstellen in den nordrhein-west-
fälischen Kreisen und kreisfreien Städten arbeiten Schulpsychologinnen
und Schulpsychologen in kommunaler wie Landesträgerschaft Hand in
Hand bei der Unterstützung von Schulen, Eltern und Schülerinnen und
Schülern. Die konkrete Aufgabenwahrnehmung erfolgt vor Ort auf der
Grundlage der Vereinbarungen über die schulpsychologische Versor-
gung in einem gemeinsamen Einsatzmanagement zwischen Land und
Gebietskörperschaft. In fast allen Schulen der Sekundarstufe I und II gibt
es in der Regel jeweils mindestens eine Beratungslehrkraft. Sie berät
Schülerinnen und Schüler, deren Erziehungsberechtigte sowie Lehr- und
Fachkräfte in den Schulen und vermittelt bei Bedarf professionelle Hilfe
von außen.
Für Schulen in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl von Program-
men, Aktivitäten und Projekten zur Stärkung des sozialen Zusammen-
halts, zur Verhinderung von Ausgrenzung und zur Förderung eines res-
pektvollen, gewalt- und angstfreien Schulklimas. Drei zentrale Pro-
gramme werden hier genannt: Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou-
rage, Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie sowie das buddy-
Kinderrechteprogramm.
Auch zukünftig wird die Landesregierung gemeinsam mit Unterstützung
ihrer verschiedenen Partner gegen Antiziganismus entschieden vorge-
hen und stetig daran weiterarbeiten, die Programme, Projekte und Maß-
nahmen noch effizienter im Kampf gegen Antiziganismus auszugestal-
ten.
Frage 5: Welche konkreten Förderprojekte gibt es bereits auf Landesebene,
welche sind in dem Themenbereich geplant?
Antwort: Einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe von Men-
schen aus Südosteuropa leisten auch die 190 Integrationsagenturen in
Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Vor allem in den Kommunen,
die besonders viel Zuwanderung aus Südosteuropa erfahren, stellt die
Arbeit mit und für diese Gruppe der EU-Zugewanderten nach wie vor ei-
nen wesentlichen Schwerpunkt der Integrationsagenturen dar. So geht
aus den Berichten zum Controlling des Förderprogramms im Jahr 2017
hervor, dass 15 % aller Aktivitäten der Integrationsagenturen auch die
Zielgruppe der Zugewanderten aus Südosteuropa berücksichtigte. Zu
den vielfältigen Unterstützungsmaßnahmen der Integrationsagenturen
gehören beispielsweise auch Bewerbungstrainings speziell für diese Ziel-
gruppe.
Im Rahmen ihrer Antidiskriminierungsarbeit leisten die Integrationsagen-
turen dabei Vernetzungs-, Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit, die
insbesondere die Bekämpfung von Antiziganismus zum Ziel hat. Darüber
hinaus setzen sie sozialraumorientierte Maßnahmen um, um bestehende
Isolation und Ausgrenzung bei den Zugewanderten abzubauen. Die in
das Programm integrierten 13 spezialisierte Servicestellen für Antidiskri-
minierungsarbeit bieten darüber hinaus nicht nur lokal Beratung und Be-
gleitung für von Diskriminierung betroffene Menschen an, sondern infor-
mieren und stärken auch weitere Akteure im Rahmen von Qualifizie-
rungsmaßnahmen, Fachberatungen und Netzwerktreffen für dieses Auf-
gabenfeld. Das besondere Engagement der Integrationsagenturen für
Menschen aus Südosteuropa wird auch durch den offenen Brief der Ar-
beitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege Duisburg
belegt.
Auch die flächendeckend in Nordrhein-Westfalen vertretenen Kommuna-
len Integrationszentren sind aus der aus der integrationspolitischen Inf-
rastruktur in Nordrhein-Westfalen nicht mehr wegzudenken und bleiben
für eine gelingende Integrationsarbeit unerlässlich. Aufgabe der Kommu-
nalen Integrationszentren ist es u.a., die verschiedenen Akteure im Be-
reich der Integration vor Ort zusammen zu bringen und mit eigenen An-
geboten zu unterstützen.
Darüber hinaus werden auch Maßnahmen im Programm KOMM-AN
NRW zu dem Themenbereich umgesetzt, welches im Jahr 2018 für die
Zielgruppe der Neuzugewanderten geöffnet wurde.
Im Rahmen des MSO-Förderprogramms 2019/20 stellen Maßnahmen
von Roma-Organisationen und die Bekämpfung von Antiziganismus ei-
nen Förderschwerpunkt dar. Aktuell konnte die Landesregierung drei Ein-
zelprojekte bewilligen. Ein Projekt der Deutsch-Bulgarischen Elterninitia-
tive „Jan Bibijan“ e.V., das sich an neuzugewanderte Familien aus Bul-
garien richtet, will Eltern hinsichtlich der Integration in die hiesige Schul-
landschaft beraten. Das Projekt „Bachtalo – Alles wird besser“ von
PLANB Ruhr e.V. widmet sich neben der Verbesserung der Bildungsteil-
habe auch den Themen Geschlechtergerechtigkeit und Bekämpfung von
Diskriminierung. Das Projekt „Empowerment von Roma-Frauen als Bei-
trag zur Integration“ von Latscho Drom e.V. will mit Multiplikatorenschu-
lungen für Roma-Frauen und Mädchen die Integrationschancen der Fa-
milien verbessern.
Darüber hinaus werden zwei Einzelprojekte der Sinti-Union Düsseldorf
e.V. gefördert. Das Filmprojekt „Unsere Heimat“ zur Förderung des Dia-
loges der Kulturen soll einen Blick in die Kultur und Lebenswirklichkeit
der Sinti ermöglichen und dadurch Vorurteile abbauen. Das zweite Ein-
zelprojekt „Wir sind Nachbarn – Sinti und Nicht-Sinti: Vorurteile abbauen,
Begegnungen intensivieren, Zukunft gestalten“ hat das Ziel, den Aus-
tausch von Mitgliedern der deutschen Minderheit der Sinti und der Mehr-
heitsgesellschaft zu intensivieren.
Seit 1985 wird ebenso die soziale Beratungsarbeit des Landesverbandes
der Deutschen Sinti und Roma NRW gefördert.
Zusätzlich steht es den Gemeinden frei, die Mittel aus § 14a Teilhabe-
und Integrationsgesetz auch für Integrationsmaßnahmen für die Ziel-
gruppe der Zugewanderten aus Südosteuropa einzusetzen. Auch mit
dem geplanten § 14c Teilhabe- und Integrationsgesetz, mit dem die Ge-
meinden und Gemeindeverbände 432,8 Mio. Euro für Integrationsmaß-
nahmen in 2019 erhalten werden, sind weitere kommunale Fördermaß-
nahmen für EU-Zugewanderte möglich.
Im Zuständigkeitsbereich der Landeszentrale für politische Bildung im
Ministerium für Kultur und Wissenschaft ist das Thema „Antiziganismus“
expliziter Bestandteil der Multiplikatorenfortbildung „Abgrenzung, Aus-
grenzung, Abwertung: Diskriminierungsformen, Akteure und Präventi-
onsmöglichkeiten“, die in Kooperation mit dem Deutschen Gewerk-
schaftsbund (DGB NRW) und der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt
wird.
Außerdem plant die Landeszentrale für politische Bildung nach Auswer-
tung der im Jahr 2016 durchgeführten Fachtagung „Antiziganismus ent-
gegenwirken! Aber: wie?“, zu dem genannten Themenbereich dem-
nächst Fortbildungen für Lehrkräfte anzubieten.
Weiterhin verfügt die Landeszentrale in ihrem Publikations- und Multime-
diaangebot über verschiedene Titel zum Themenbereich „Antiziganis-
mus“. Hierzu gehören im Bereich „Multimedia“ die Dokumentation „Nord-
stadtkinder“, die das Leben einer Roma-Familie in Dortmund begleitet,
und die von der Landeszentrale beauftragte Produktion „Im Feind vereint
– Europas rechtsextreme Internationale“. Im Bereich „Publikationen“ ist
vor allem das Werk „Sinti und Roma. Eine deutsche Minderheit zwischen
Anpassung und Ausgrenzung“ von Oliver von Mengersen (Hrsg.) zu nen-
nen.“
Das Land hat bereits umfassende Maßnahmen ergriffen, um den neu zu-
gewanderten Schülerinnen und Schülern den Weg für eine erfolgreiche
Bildungsbiographie ebnen zu können, als wichtigen Schritt für eine gelin-
gende Integration. Diese Unterstützungsleistungen gelten grundsätzlich
für jede Form neuer Zuwanderung, können aber flexibel eingesetzt wer-
den. So wurden beispielsweise zusätzliche Integrationsstellen, zusätzli-
che Stellen für die Soziale Arbeit und die schulpsychologische Arbeit im
Bereich der Integration neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler zur
Verfügung gestellt wie auch zusätzliche Plätze in offenen Ganztagsschu-
len. Außerdem erhalten die Schulen eine systematische Unterstützung
durch Beratung, Begleitung und Fortbildung, die je nach Inhalt durch die
Kommunalen Integrationszentren und die Landesweite Koordinierungs-
stelle Kommunale Integrationszentren (LaKI), die obere Schulaufsicht
und die Schulämter, die Kompetenzteams und QUA-LiS gewährleistet
werden.
Darüber hinaus beteiligt sich das Ministerium für Schule und Bildung
auch beispielsweise an einem Projekt von RuhrFutur, das darauf ausge-
legt ist, zusätzliche Integrationsangebote für neu zugewanderte Schüle-
rinnen und Schüler und deren Familien insbesondere aus Südosteuropa
anzubieten (Gelsenkirchen und Dortmund). Außerdem plant das Ministe-
rium aktuell und gemeinsam mit anderen Akteuren ein Projekt für eine
Art „Romaschulmediation“ in der Dortmunder Nordstadt. Die Erkennt-
nisse aus diesen beiden Projekten sollen später anderen Schulen und
Kommunen zu Gute kommen, die vor vergleichbaren Herausforderungen
stehen.