Die Natur als chemische Fabrik *Pflanzenfett mal Versuch´s...

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Herzmittel aus Fingerhut? « Schon gewusst? * Stoffe der 1.000 Möglichkeiten ... •••••••Treibstoffe vom Acker •••••• * NACHWACHSENDE ROHSTOFFE » Die Natur als chemische Fabrik « Kunststoffe aus Pflanzen! Zucker für Waschmittel und als Bakterienfutter! * Versuch´s mal Seife aus Pflanzenfett * ¤

Transcript of Die Natur als chemische Fabrik *Pflanzenfett mal Versuch´s...

Herzmittel ausFingerhut?

«

Schon

gewusst?*

Stoffe der 1.000 Möglichkeiten ...

•••••••Treibstoffevom Acker ••••••*

NACHWACHSENDE ROHSTOFFE

»Die Natur als chemische Fabrik«

Kunststoffe aus Pflanzen!

Zucker für Waschmittel und als Bakterienfutter!* flVersuch´s

malSeife aus

Pflanzenfett*

¤

Die Natur als chemische Fabrik 2

Nachwachsende Rohstoffe

Stoffe der 1.000 Möglichkeiten 6

Pflanzenöle und Pflanzenfette

Ein Baukasten der Natur 11

Zucker und Kohlenhydrate

Alte und neue Anwendungen 13

Faseriges aus Pflanzen

Nicht nur für Möbel 14

Rohstoff Holz

Treibstoffe vom Acker 18

Sonnenenergie auf Umwegen

Pflanzen mit Heilwirkung 17

Mutter Natur als Apotheke

INHALT

*******

Schülerheft 14.08.2000 13:38 Uhr Seite 1

In vielen anderen Fällen ist die Verwendung Nach-wachsender Rohstoffe nicht so leicht zu erkennen.Dies gilt besonders dann, wenn pflanzliche und tie-

rische Stoffe von der chemischenIndustrie umgewandelt und ver-

edelt werden. Die unten ste-hende Abbildung zeigt dazueinige Beispiele. Bereitsdiese Auswahl lässt diegroße Vielfalt sowohl derverwendeten Stoffe alsauch ihrer Anwendungenerahnen.

Die Verwendung Nachwachsender Roh-stoffe ist nichts neues.

* Holz wurde schon immer für Balken, Bretter undWerkzeuge, aber auch für den Bau von Häusernund Schiffen verwendet. Holz war lange dieuniverselle Energiequelle zum Heizen undKochen.

* Bis in das 19. Jahr-hundert wurden zumFärben von Gewebenaller Art fast nurPflanzenfarbstoffeverwendet.

* Bereits die Ägypter,Griechen und Römerkannten Gerbstoffeaus Baumrinden,Hölzern oder Blät-tern, um Leder halt-bar zu machen.

* Aus pflanzlichen und tierischenFetten wird seit JahrhundertenSeife hergestellt.

Nachwachsende Rohstoffe – wir finden sie überall.

Viele Dinge des täglichen Lebenswerden aus NachwachsendenRohstoffen hergestellt. Jeder vonuns nutzt NachwachsendeRohstoffe, wenn er einenWollpullover, einen Seiden-schal oder ein Baumwollhemd trägt.

Wird eine Pflanze angebaut, um sie in der Industrie zu verwenden, spricht man von einer Industriepflanze.Beispiele sind Erucaraps, Flachs und Hanf.Viele Pflanzen können sowohl für die Herstellung von Nahrungsmitteln als auch für chemische und industrielle Zwecke verwendet werden. Beispiele sind die Zuckerrübe oder der Raps.

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Nachwachsende Rohstoffe – was ist das überhaupt?

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NACHWACHSENDEROHSTOFFE

* Pflanzen hingegen können Jahr für Jahr ange-baut werden und sind eine nahezu unerschöpfli-

che Rohstoffquelle.

Pflanzen dienen nicht nur als Nah-rungsmittelgrundlage für Mensch

und Tier, sie liefern auch Roh-stoffe für viele andere Pro-dukte: Bäume liefern Holzzum Bauen oder für diePapierherstellung. Öle ausPflanzensamen, wie Son-nenblumenkerne zum Bei-spiel, kommen in der Kos-metikindustrie zum Einsatz.

Da diese Rohstoffe immerwieder neu zur Verfügung ste-

hen, werden sie Nachwach-sende Rohstoffe genannt.

Dies gilt ebenso für tierische Produkte,wie zum Beispiel tierische Fette, die als

Abfälle anfallen und für die Herstellung von Seifeverwendet werden. Da auch diese Stoffe immerwieder verfügbar sind, werden sie mit zu den Nach-wachsenden Rohstoffen gerechnet.

Waschmittel, Verpackungen oder Lacke: ZahlreicheProdukte werden auf Basis Nachwachsender Roh-stoffe hergestellt. Doch was sind Nach-wachsende Rohstoffe? Und was sind – im Gegensatz dazu – Rohstoffe,die nicht nachwachsen?

An einem Baggersee kannman manchmal beobach-ten, wie Kies abgebautwird. Nach längerer Zeitist unter Umständen zusehen, dass die Kies-vorräte vollständig weg-gebaggert wurden. Ent-weder ist ein neuer Seeentstanden, oder man hatdie Grube wieder mit Erdegefüllt und bepflanzt. Betrachten wir nun im Ver-gleich einen landwirtschaftlichenBetrieb: Der Bauer sät Getreideoder Mais auf dem Feld an. In der fol-genden Wachstumsperiode wird er, wenn ersorgfältig arbeitet und die Wetterbedingungen gutsind, geerntet haben und wieder andere Ackerpflan-zen, wie Zuckerrüben, Gemüse oder Raps, aussäen.

An den beiden Beispielen wird bereits ein grundle-gender Unterschied deutlich:

* Bestimmte Rohstoffe, wie in unserem Beispiel derKies, werden abgebaut und erneuern sich nichtmehr von selbst. Dies gilt für Erze, aus denen Metalle gewonnen werden, genauso wie für diesehr wichtigen fossilen Rohstoffe Erdöl, Erdgasund Kohle.

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Die Natur als chemische Fabrik

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2

Rohstoffe sind natürlich vorkommendeorganische und anorganische Stoffe. Beispiele sind Pflanzenöle, Erdöl, Kalksteinund Eisenerz. Rohstoffe dienen zur Herstel-lung verschiedenster Produkte oder könnenwie Holz oder Erdgas der Energiegewinnungdienen.

Übrigens:

Kohlenhydrate

Tenside,Seifen

Kautschuk

Kunststoff

Wolle, Seide

Baumwolle

Papier

Brennstoffe

TreibstoffHydrauliköl

Lackharze, Ölfar-ben, Lösemittel

Kosmetik, Arzneimittel

Fossile Rohstoffe wie zum Beispiel Torf, Braunkohle, Steinkohle, Erdöl und Erdgas, sind in der erdgeschichtli-chen Vergangenheit entstanden. Sie haben sich in Jahrtausenden aus abgestorbenen pflanzlichen und tieri-schen Organismen gebildet.Nachwachsende Rohstoffe sind land- und forstwirtschaftlich erzeugte Produkte, die einer Verwendung imNichtnahrungsbereich zugeführt werden. Sie können stofflich oder energetisch genutzt werden.

Schülerheft 14.08.2000 13:39 Uhr Seite 2

In vielen anderen Fällen ist die Verwendung Nach-wachsender Rohstoffe nicht so leicht zu erkennen.Dies gilt besonders dann, wenn pflanzliche und tie-

rische Stoffe von der chemischenIndustrie umgewandelt und ver-

edelt werden. Die unten ste-hende Abbildung zeigt dazueinige Beispiele. Bereitsdiese Auswahl lässt diegroße Vielfalt sowohl derverwendeten Stoffe alsauch ihrer Anwendungenerahnen.

Die Verwendung Nachwachsender Roh-stoffe ist nichts neues.

* Holz wurde schon immer für Balken, Bretter undWerkzeuge, aber auch für den Bau von Häusernund Schiffen verwendet. Holz war lange dieuniverselle Energiequelle zum Heizen undKochen.

* Bis in das 19. Jahr-hundert wurden zumFärben von Gewebenaller Art fast nurPflanzenfarbstoffeverwendet.

* Bereits die Ägypter,Griechen und Römerkannten Gerbstoffeaus Baumrinden,Hölzern oder Blät-tern, um Leder halt-bar zu machen.

* Aus pflanzlichen und tierischenFetten wird seit JahrhundertenSeife hergestellt.

Nachwachsende Rohstoffe – wir finden sie überall.

Viele Dinge des täglichen Lebenswerden aus NachwachsendenRohstoffen hergestellt. Jeder vonuns nutzt NachwachsendeRohstoffe, wenn er einenWollpullover, einen Seiden-schal oder ein Baumwollhemd trägt.

Wird eine Pflanze angebaut, um sie in der Industrie zu verwenden, spricht man von einer Industriepflanze.Beispiele sind Erucaraps, Flachs und Hanf.Viele Pflanzen können sowohl für die Herstellung von Nahrungsmitteln als auch für chemische und industrielle Zwecke verwendet werden. Beispiele sind die Zuckerrübe oder der Raps.

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Nachwachsende Rohstoffe – was ist das überhaupt?

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NACHWACHSENDEROHSTOFFE

* Pflanzen hingegen können Jahr für Jahr ange-baut werden und sind eine nahezu unerschöpfli-

che Rohstoffquelle.

Pflanzen dienen nicht nur als Nah-rungsmittelgrundlage für Mensch

und Tier, sie liefern auch Roh-stoffe für viele andere Pro-dukte: Bäume liefern Holzzum Bauen oder für diePapierherstellung. Öle ausPflanzensamen, wie Son-nenblumenkerne zum Bei-spiel, kommen in der Kos-metikindustrie zum Einsatz.

Da diese Rohstoffe immerwieder neu zur Verfügung ste-

hen, werden sie Nachwach-sende Rohstoffe genannt.

Dies gilt ebenso für tierische Produkte,wie zum Beispiel tierische Fette, die als

Abfälle anfallen und für die Herstellung von Seifeverwendet werden. Da auch diese Stoffe immerwieder verfügbar sind, werden sie mit zu den Nach-wachsenden Rohstoffen gerechnet.

Waschmittel, Verpackungen oder Lacke: ZahlreicheProdukte werden auf Basis Nachwachsender Roh-stoffe hergestellt. Doch was sind Nach-wachsende Rohstoffe? Und was sind – im Gegensatz dazu – Rohstoffe,die nicht nachwachsen?

An einem Baggersee kannman manchmal beobach-ten, wie Kies abgebautwird. Nach längerer Zeitist unter Umständen zusehen, dass die Kies-vorräte vollständig weg-gebaggert wurden. Ent-weder ist ein neuer Seeentstanden, oder man hatdie Grube wieder mit Erdegefüllt und bepflanzt. Betrachten wir nun im Ver-gleich einen landwirtschaftlichenBetrieb: Der Bauer sät Getreideoder Mais auf dem Feld an. In der fol-genden Wachstumsperiode wird er, wenn ersorgfältig arbeitet und die Wetterbedingungen gutsind, geerntet haben und wieder andere Ackerpflan-zen, wie Zuckerrüben, Gemüse oder Raps, aussäen.

An den beiden Beispielen wird bereits ein grundle-gender Unterschied deutlich:

* Bestimmte Rohstoffe, wie in unserem Beispiel derKies, werden abgebaut und erneuern sich nichtmehr von selbst. Dies gilt für Erze, aus denen Metalle gewonnen werden, genauso wie für diesehr wichtigen fossilen Rohstoffe Erdöl, Erdgasund Kohle.

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Die Natur als chemische Fabrik

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Rohstoffe sind natürlich vorkommendeorganische und anorganische Stoffe. Beispiele sind Pflanzenöle, Erdöl, Kalksteinund Eisenerz. Rohstoffe dienen zur Herstel-lung verschiedenster Produkte oder könnenwie Holz oder Erdgas der Energiegewinnungdienen.

Übrigens:

Kohlenhydrate

Tenside,Seifen

Kautschuk

Kunststoff

Wolle, Seide

Baumwolle

Papier

Brennstoffe

TreibstoffHydrauliköl

Lackharze, Ölfar-ben, Lösemittel

Kosmetik, Arzneimittel

Fossile Rohstoffe wie zum Beispiel Torf, Braunkohle, Steinkohle, Erdöl und Erdgas, sind in der erdgeschichtli-chen Vergangenheit entstanden. Sie haben sich in Jahrtausenden aus abgestorbenen pflanzlichen und tieri-schen Organismen gebildet.Nachwachsende Rohstoffe sind land- und forstwirtschaftlich erzeugte Produkte, die einer Verwendung imNichtnahrungsbereich zugeführt werden. Sie können stofflich oder energetisch genutzt werden.

Schülerheft 14.08.2000 13:39 Uhr Seite 2

6 CO2 + 6 H2O

Sonnen-licht

C6H12O6 + 6 O2

5

Die Potentiale Nachwachsender Rohstoffe sind beiweitem noch nicht ausgeschöpft. Um aber eineumfangreiche Nutzung Nachwachsender Rohstoffezu ermöglichen, sind weitere Anstrengungen in For-schung und Entwicklung nötig. Ziel ist es, den AnteilNachwachsender Rohstoffe bei der Herstellung vie-ler Produkte zu erhöhen und dort, wo heute aus-schließlich Stoffe auf der Basis von Erdöl eingesetztwerden, Alternativen auf pflanzlicher und tierischerBasis zu finden. Dabei ist die Zusammenarbeit unter-schiedlicher Wissenschaftsgebiete notwendig. Pflan-zenzüchter müssen Pflanzen bereitstellen, die diegewünschten Inhaltsstoffe in hohen Ausbeuten lie-fern. Ingenieure haben die Aufgabe, neue Ernte-geräte und Verarbeitungsmaschinen zu konstruieren.Chemiker suchen nach Möglichkeiten, Pflanzenin-haltsstoffe einfach abzutrennen und sie in hochwer-tige verkaufsfähige Produkte umzuwandeln. Dabeiarbeiten sie wieder mit Ingenieuren zusammen, diedie Materialeigenschaften und Verarbeitungswegeneuer Werkstoffe erproben und optimieren. DieWirtschaftlichkeit der neuen Produkte wird schließ-lich von Wirtschaftswissenschaftlern überprüft.

Trotz aller Bemühungen kann es aber nicht darumgehen, Erdöl und Erdgas vollständig zu ersetzen.

Dazu reicht einerseits die vorhandenelandwirtschaftliche Fläche nicht aus,andererseits gibt es Produkte, die sichauch in Zukunft konkurrenzlos billigund in hoher Qualität nur aus Erdölund Erdgas herstellen lassen werden.Ein Beispiel ist der Kunststoff Poly-ethylen, der heute in riesigen Mengenerzeugt und verbraucht wird.

In den nächsten Kapiteln werden wiretwas genauer auf einige ausgewählteNachwachsende Rohstoffe eingehen.Der Schwerpunkt liegt dabei auf Stof-fen und Produkten, die man aus beiuns kultivierten oder kultivierbarenPflanzen erhalten kann.

* Derzeit werden in Deutschland nicht alle land-wirtschaftlichen Flächen für die Nahrungsmittel-produktion benötigt. Äcker können brachliegen –oder es werden Nutzpflanzen für industrielle undchemische Zwecke angebaut. Dabei könnenneue Züchtungen die Wirtschaftlichkeit vonPflanzen noch steigern. Auch kann durch denAnbau unterschiedlicher Pflanzen einer Artenver-armung entgegengewirkt werden.

* Viele Nachwachsende Rohstoffe ermöglichen es,Produkte zu gewinnen, die umweltverträglichund leicht abbaubar sind. Dies gilt schon heutezum Beispiel für viele Waschmittel auf der Basisvon Pflanzenölen.

Auch in Zukunft sind Erd-öl und Erdgas unverzicht-bar. Da beide Rohstoffeaber nur in begrenztenMengen vorkommen, sichnicht selbst erneuern undimmer knapper werden,versucht man, sie in be-stimmten Teilbereichen zuersetzen. Hier bietet sichder Einsatz pflanzlicherund auch tierischer Roh-stoffe an. Die Vorteilesind deutlich:

* Pflanzen benötigenzum Wachsen Sonnen-energie, Wasser, Koh-lenstoffdioxid undNährstoffe. Gleichzeitiggeben sie Sauerstoff ab.Werden pflanzliche Pro-dukte verbrannt, wird nur so viel Kohlenstoffdio-xid freigesetzt, wie vorher aus der Luft gebundenwurde. Die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe führtalso beim Verbrennen nicht zu einer zusätzlichenFreisetzung des Treibhausgases Kohlenstoff-dioxid.

* Pflanzliche und tierische Rohstoffe enthalten che-mische Grundstoffe, die aus Erdöl nur mit einemvergleichbar größeren Aufwand hergestellt wer-den könnten.

Die Natur als chemische Fabrik

4

fifl

(VE

Photosynthesekreislauf

Sauerstoff

Wasser

Zucker

Kohlenstoffdioxid

Fossile Rohstoffe – viele Vorteile, aber auch Nachteile.

Erdöl und Erdgas sind heute die wichtigstenfossilen Rohstoffe. Aus ihnen werden vieleDinge unseres täglichen Lebens hergestellt. DiePalette reicht von Kunststoffen über Lacke undFarben, synthetische Textilien bis hin zu Arz-neimitteln. Herkömmliche Treibstoffe wie Ben-zin, Dieselkraftstoff oder Kerosin für Flugzeug-motoren werden aus Erdöl hergestellt. Erdgasdient in vielen Haushalten zur Beheizung undWarmwasserbereitung. Neben den vielen Vorteilen sind aber auch dieNachteile zu nennen:

* Beide Rohstoffe sind auf der Welt nicht inunendlichen Mengen vorhanden. Auchwenn in den letzten Jahrzehnten neue Erd-gas- und Erdölfelder entdeckt wurden, wer-den diese Quellen irgendwann versiegen.

* Erdöl und Erdgas sind nicht gleichmäßig aufder Welt verteilt. Dadurch sind oft langeTransportwege notwendig. Dies kostet zumeinen Energie, zum anderen ist der Trans-port – wie auch die Förderung selbst – nichtimmer ohne Risiken.

* Voraussetzung für eine gesicherte Versor-gung der Industriestaaten ist, dass Förder-und Verbraucherländer zusammen undnicht gegeneinander arbeiten.

* Werden Erdöl und Erdgas verbrannt, bildetsich Kohlenstoffdioxid. Dieses an sich un-schädliche Gas entsteht immer bei der Ver-brennung organischer Stoffe. Kohlenstoff-dioxid trägt zur Aufheizung der Erdatmo-sphäre bei. Deshalb wird es auch Treibhaus-gas genannt. Eine Erwärmung der Erdat-mosphäre könnte zum Abschmelzen derPolkappen, damit zum Anstieg der Meeres-spiegel und zu katastrophalen Über-schwemmungen und Klimaveränderungenführen.

Aktuelle Schätzungen der Mine-ralöl-Industrie besagen, dass dieweltweiten Erdölvorräte bei weiter-hin steigendem Verbrauch bis zumJahr 2040 erschöpft sein werden.Somit hätte es der Mensch ge-schafft, innerhalb von gut 150 Jah-ren die über viele Jahrmillionenentstandenen Ressourcen des„Schwarzen Goldes“ komplett aufzubrauchen.

Übrigens:

Schülerheft 26.10.2000 15:37 Uhr Seite 4

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Sonnen-licht

C6H12O6 + 6 O2

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Die Potentiale Nachwachsender Rohstoffe sind beiweitem noch nicht ausgeschöpft. Um aber eineumfangreiche Nutzung Nachwachsender Rohstoffezu ermöglichen, sind weitere Anstrengungen in For-schung und Entwicklung nötig. Ziel ist es, den AnteilNachwachsender Rohstoffe bei der Herstellung vie-ler Produkte zu erhöhen und dort, wo heute aus-schließlich Stoffe auf der Basis von Erdöl eingesetztwerden, Alternativen auf pflanzlicher und tierischerBasis zu finden. Dabei ist die Zusammenarbeit unter-schiedlicher Wissenschaftsgebiete notwendig. Pflan-zenzüchter müssen Pflanzen bereitstellen, die diegewünschten Inhaltsstoffe in hohen Ausbeuten lie-fern. Ingenieure haben die Aufgabe, neue Ernte-geräte und Verarbeitungsmaschinen zu konstruieren.Chemiker suchen nach Möglichkeiten, Pflanzenin-haltsstoffe einfach abzutrennen und sie in hochwer-tige verkaufsfähige Produkte umzuwandeln. Dabeiarbeiten sie wieder mit Ingenieuren zusammen, diedie Materialeigenschaften und Verarbeitungswegeneuer Werkstoffe erproben und optimieren. DieWirtschaftlichkeit der neuen Produkte wird schließ-lich von Wirtschaftswissenschaftlern überprüft.

Trotz aller Bemühungen kann es aber nicht darumgehen, Erdöl und Erdgas vollständig zu ersetzen.

Dazu reicht einerseits die vorhandenelandwirtschaftliche Fläche nicht aus,andererseits gibt es Produkte, die sichauch in Zukunft konkurrenzlos billigund in hoher Qualität nur aus Erdölund Erdgas herstellen lassen werden.Ein Beispiel ist der Kunststoff Poly-ethylen, der heute in riesigen Mengenerzeugt und verbraucht wird.

In den nächsten Kapiteln werden wiretwas genauer auf einige ausgewählteNachwachsende Rohstoffe eingehen.Der Schwerpunkt liegt dabei auf Stof-fen und Produkten, die man aus beiuns kultivierten oder kultivierbarenPflanzen erhalten kann.

* Derzeit werden in Deutschland nicht alle land-wirtschaftlichen Flächen für die Nahrungsmittel-produktion benötigt. Äcker können brachliegen –oder es werden Nutzpflanzen für industrielle undchemische Zwecke angebaut. Dabei könnenneue Züchtungen die Wirtschaftlichkeit vonPflanzen noch steigern. Auch kann durch denAnbau unterschiedlicher Pflanzen einer Artenver-armung entgegengewirkt werden.

* Viele Nachwachsende Rohstoffe ermöglichen es,Produkte zu gewinnen, die umweltverträglichund leicht abbaubar sind. Dies gilt schon heutezum Beispiel für viele Waschmittel auf der Basisvon Pflanzenölen.

Auch in Zukunft sind Erd-öl und Erdgas unverzicht-bar. Da beide Rohstoffeaber nur in begrenztenMengen vorkommen, sichnicht selbst erneuern undimmer knapper werden,versucht man, sie in be-stimmten Teilbereichen zuersetzen. Hier bietet sichder Einsatz pflanzlicherund auch tierischer Roh-stoffe an. Die Vorteilesind deutlich:

* Pflanzen benötigenzum Wachsen Sonnen-energie, Wasser, Koh-lenstoffdioxid undNährstoffe. Gleichzeitiggeben sie Sauerstoff ab.Werden pflanzliche Pro-dukte verbrannt, wird nur so viel Kohlenstoffdio-xid freigesetzt, wie vorher aus der Luft gebundenwurde. Die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe führtalso beim Verbrennen nicht zu einer zusätzlichenFreisetzung des Treibhausgases Kohlenstoff-dioxid.

* Pflanzliche und tierische Rohstoffe enthalten che-mische Grundstoffe, die aus Erdöl nur mit einemvergleichbar größeren Aufwand hergestellt wer-den könnten.

Die Natur als chemische Fabrik

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(VE

Photosynthesekreislauf

Sauerstoff

Wasser

Zucker

Kohlenstoffdioxid

Fossile Rohstoffe – viele Vorteile, aber auch Nachteile.

Erdöl und Erdgas sind heute die wichtigstenfossilen Rohstoffe. Aus ihnen werden vieleDinge unseres täglichen Lebens hergestellt. DiePalette reicht von Kunststoffen über Lacke undFarben, synthetische Textilien bis hin zu Arz-neimitteln. Herkömmliche Treibstoffe wie Ben-zin, Dieselkraftstoff oder Kerosin für Flugzeug-motoren werden aus Erdöl hergestellt. Erdgasdient in vielen Haushalten zur Beheizung undWarmwasserbereitung. Neben den vielen Vorteilen sind aber auch dieNachteile zu nennen:

* Beide Rohstoffe sind auf der Welt nicht inunendlichen Mengen vorhanden. Auchwenn in den letzten Jahrzehnten neue Erd-gas- und Erdölfelder entdeckt wurden, wer-den diese Quellen irgendwann versiegen.

* Erdöl und Erdgas sind nicht gleichmäßig aufder Welt verteilt. Dadurch sind oft langeTransportwege notwendig. Dies kostet zumeinen Energie, zum anderen ist der Trans-port – wie auch die Förderung selbst – nichtimmer ohne Risiken.

* Voraussetzung für eine gesicherte Versor-gung der Industriestaaten ist, dass Förder-und Verbraucherländer zusammen undnicht gegeneinander arbeiten.

* Werden Erdöl und Erdgas verbrannt, bildetsich Kohlenstoffdioxid. Dieses an sich un-schädliche Gas entsteht immer bei der Ver-brennung organischer Stoffe. Kohlenstoff-dioxid trägt zur Aufheizung der Erdatmo-sphäre bei. Deshalb wird es auch Treibhaus-gas genannt. Eine Erwärmung der Erdat-mosphäre könnte zum Abschmelzen derPolkappen, damit zum Anstieg der Meeres-spiegel und zu katastrophalen Über-schwemmungen und Klimaveränderungenführen.

Aktuelle Schätzungen der Mine-ralöl-Industrie besagen, dass dieweltweiten Erdölvorräte bei weiter-hin steigendem Verbrauch bis zumJahr 2040 erschöpft sein werden.Somit hätte es der Mensch ge-schafft, innerhalb von gut 150 Jah-ren die über viele Jahrmillionenentstandenen Ressourcen des„Schwarzen Goldes“ komplett aufzubrauchen.

Übrigens:

Schülerheft 26.10.2000 15:37 Uhr Seite 4

Allerdings ist der zugrunde liegende Alkohol im Fallder Fette und Öle ein dreiwertiger Alkohol, der alsodrei OH-Gruppen trägt. Dieser wird Glycerin (Prop-antriol) genannt. Er ist an allen drei alkoholischenGruppen mit einer Carbonsäure verestert. Die Car-bonsäuren haben sehr lange Ketten, die meist aus14 bis 18 Kohlenstoffatomen bestehen. Die einzelnen Pflanzenöle und Fette unterscheidensich nur durch die unterschiedlichen Carbonsäuren.Enthalten diese nur Einfachbindungen zwischen denKohlenstoffatomen, heißen sie „gesättigt”. AndereCarbonsäuren mit einer oder mehreren Doppel-bindungen in der Kohlenstoffkette werden „unge-sättigt” genannt. Einige Carbonsäuren tragen außer-dem noch eine oder mehrere Alkoholgruppen inihrer Kette. Ein Beispiel ist die im Rizinusöl enthalte-ne Ricinolsäure.In den Ölen können nun die mit dem Glycerin ver-esterten Säuren identisch sein, aber auch voneinan-der verschieden. Jede Pflanze hat allerdings eine fürsie charakteristische Zusammensetzung der Fettsäu-ren, das Fettsäuremuster.

Die chemische Industrie benötigt je nach Einsatz-zweck Öle mit einem bestimmten Fettsäuremuster.Man versucht deshalb, Pflanzen so zu züchten, dasssie einen möglichst hohen Anteil einer einzigenFettsäure als Ester enthalten.

Typische Fettsäuren pflanzlicher und tierischer Fette. In der rechten Spalte ist dieZahl der Kohlenstoffatome (m) und die der Doppelbindungen (n) genannt.

Name Strukturformel m : n

Caprinsäure 10 : 0C10H20O2

Laurinsäure 12 : 0C12H24O2

Myristinsäure 14 : 0C14H28O2

Palmitinsäure 16 : 0C16H32O2

Stearinsäure 18 : 0C18H36O2

Ölsäure 18 : 1C18H34O2

Linolsäure 18 : 2C18H32O2

Linolensäure 18 : 3C18H30O2

Arachinsäure 20 : 0C20H40O2

Erucasäure 22 : 1C22H42O2

Formelschema Fette

Fette aus tierischem Material werden durch Aus-schmelzen gewonnen. So wird zum Beispiel Specksehr stark erwärmt, so dass die Fette aus demGewebe ausgeschmolzen und dann abgegossenwerden können.

Was kann man von einer Ölpflanze allesverwenden?Von einer Ölpflanze wie Raps ist nicht nur das Ölinteressant. Der Presskuchen enthält viel Eiweiß undist ein ausgezeichnetes Viehfutter. Das war nicht immer so. Herkömmlicher Raps hattelange Zeit zwei Nachteile: Das Öl enthielt Erucasäu-re, die Samenkörner außerdem eine bestimmteZuckerverbindung. Erucasäure ist giftig für das Herz,weshalb das Öl nicht für den menschlichen Genussgeeignet ist. Die Zuckerverbindung hat einen bitte-ren Geschmack, so dass Tiere die Samen oder derenPressrückstände nicht fressen. Der alte Raps wardaher nur zur Gewinnung von Ölen für die chemi-sche Industrie geeignet. Durch geschickte Züchtunggelang es, einen Raps zu gewinnen, der frei vonErucasäure war (sogenannter Null-Raps). Doppel-Null-Raps, der auch frei von der Zuckerverbindungist, wurde vor allem gezüchtet, um Öle für dieLebensmittelindustrie zur Verfügung zu haben.

Manche Chemiker interessiert für bestimmte Anwen-dungsgebiete aber gerade die Erucasäure. Diese Car-bonsäure ist mit 22 Kohlenstoffatomen in der Ketteviel länger als andere üblicherweise aus Pflanzen ge-winnbare Säuren. Deshalb wurde auch Raps gezüch-tet, der sehr hohe Anteile an Erucasäure besitzt. Die-ser muss allerdings räumlich entfernt von anderemRaps angebaut werden, da ansonsten durch Fremd-bestäubung Samen entstehen können, die nicht diegewünschte Fettsäurezusammensetzung haben.

Wie sind Öle und Fette aufgebaut?

Wie die folgende Darstellung zeigt, sind Fette und Öle Carbonsäureester.

7

6

Stoffe der 1.000 Möglichkeiten

sten Ölen. Erhöhte Presstemperaturen vergrößernzwar die Ölausbeute, lösen aber zusätzlich andereInhaltsstoffe aus den ölhaltigen Pflanzenbestandtei-len, die das Aroma und die Qualität des Öles starkvermindern und deshalb abgetrennt werden müs-sen.

Als Rückstand des Pressvorganges erhält man diesogenannten Presskuchen, in denen selbst bei Ver-wendung starker Pressen immer Ölreste zurückblei-ben. Um das Öl vollständig zu gewinnen, werdendie zerkleinerten Pflanzensamen bzw. die Pressku-chen mit einem Lösemittel – zum Beispiel eignet sichsehr sauberes Benzin – vermischt. Dann wird filtriert,so dass eine Lösung des Fettes oder Öles in Benzinerhalten wird. Bei anschließender Destillation desBenzin-Öl-Gemisches verdampft das Benzin. Zurückbleibt das saubere Pflanzenöl oder das Pflanzenfett.Dieser Prozess heißt Extraktion.

Sieht man einen einfachen Fettfleck, kann man sichkaum vorstellen, dass aus einem solchen Fett Seifeund andere Waschmittel, aber auch Klebstoffe,Kunststoffe und Lacke hergestellt werden. Vom Fettbis zum nützlichen Produkt ist es ein weiter Weg.Wie sehen die einzelnen Etappen aus?

Pflanzensamen wie Sonnenblumenkerne, Rapssa-men, Leinsamen oder Nüsse enthalten Pflanzenöleund -fette.

Wie werden Fette und Öle gewonnen?

Die reifen Pflanzen werden geerntet, und die ölhalti-gen Samen – die Ölsaat – wird abgetrennt. Die wei-tere Verarbeitung findet in sogenannten Ölmühlen

statt. Eine gängige Methode, aus der

Ölsaat die Öle zu gewinnen,ist das Auspressen. Dieseskann bei unterschiedli-chen Temperaturendurchgeführt werden.Die bei Raumtemperaturgewonnenen Pflan-zenöle heißen kaltgepres-

ste Öle, die bei erhöhtenTemperaturen gewonnenen

Pflanzenöle entsprechendheißgepresste Öle. Kaltgepresste

Pflanzenöle zählen zu den wertvollsten und teuer-

Als Fette bezeichnet man tierische und pflanzliche Stoffe, die flüssig, halbfest oder fest seinkönnen. Chemisch sind sie Ester aus Glycerin und Fettsäuren. Fette, die bei Raumtemperatur flüssig sind,nennt man Öle. Streng genommen müsste man sogar „fette Öle“ sagen. Welche chemische Verbindung sichhinter dem Begriff „Öl“ versteckt, lässt sich immer nur aus dem Zusammenhang erkennen. So sind Erdöl undRapsöl chemisch sehr unterschiedlich.

fl Reibe einen aufgeschnittenen Sonnenblumen-

kern oder eine halbierte Nuss stark auf einem

Blatt Papier, und du siehst sofort einen Fettfleck.

Versuch’s

mal!

Extraktion

Ausschmelzen

Auspressen

fifl

Riz

inus

stau

de

fiflEssigsäure Ethanol

Essigsäureethylester

C

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

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C

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CCCCCCCCCCCCCCCCC O

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Ein Carbonsäureester ent-steht durch Reaktioneiner Carbonsäure miteinem Alkohol unterAbspaltung von Was-ser. So entsteht ausEssigsäure (Ethansäu-re) und Ethanol derEssigsäureethylester.

fifl

PFLANZENÖLE UNDPFLANZENFETTE

Wie sind Öle und Fette aufgebaut? fifl

Schülerheft 14.08.2000 13:40 Uhr Seite 6

Allerdings ist der zugrunde liegende Alkohol im Fallder Fette und Öle ein dreiwertiger Alkohol, der alsodrei OH-Gruppen trägt. Dieser wird Glycerin (Prop-antriol) genannt. Er ist an allen drei alkoholischenGruppen mit einer Carbonsäure verestert. Die Car-bonsäuren haben sehr lange Ketten, die meist aus14 bis 18 Kohlenstoffatomen bestehen. Die einzelnen Pflanzenöle und Fette unterscheidensich nur durch die unterschiedlichen Carbonsäuren.Enthalten diese nur Einfachbindungen zwischen denKohlenstoffatomen, heißen sie „gesättigt”. AndereCarbonsäuren mit einer oder mehreren Doppel-bindungen in der Kohlenstoffkette werden „unge-sättigt” genannt. Einige Carbonsäuren tragen außer-dem noch eine oder mehrere Alkoholgruppen inihrer Kette. Ein Beispiel ist die im Rizinusöl enthalte-ne Ricinolsäure.In den Ölen können nun die mit dem Glycerin ver-esterten Säuren identisch sein, aber auch voneinan-der verschieden. Jede Pflanze hat allerdings eine fürsie charakteristische Zusammensetzung der Fettsäu-ren, das Fettsäuremuster.

Die chemische Industrie benötigt je nach Einsatz-zweck Öle mit einem bestimmten Fettsäuremuster.Man versucht deshalb, Pflanzen so zu züchten, dasssie einen möglichst hohen Anteil einer einzigenFettsäure als Ester enthalten.

Typische Fettsäuren pflanzlicher und tierischer Fette. In der rechten Spalte ist dieZahl der Kohlenstoffatome (m) und die der Doppelbindungen (n) genannt.

Name Strukturformel m : n

Caprinsäure 10 : 0C10H20O2

Laurinsäure 12 : 0C12H24O2

Myristinsäure 14 : 0C14H28O2

Palmitinsäure 16 : 0C16H32O2

Stearinsäure 18 : 0C18H36O2

Ölsäure 18 : 1C18H34O2

Linolsäure 18 : 2C18H32O2

Linolensäure 18 : 3C18H30O2

Arachinsäure 20 : 0C20H40O2

Erucasäure 22 : 1C22H42O2

Formelschema Fette

Fette aus tierischem Material werden durch Aus-schmelzen gewonnen. So wird zum Beispiel Specksehr stark erwärmt, so dass die Fette aus demGewebe ausgeschmolzen und dann abgegossenwerden können.

Was kann man von einer Ölpflanze allesverwenden?Von einer Ölpflanze wie Raps ist nicht nur das Ölinteressant. Der Presskuchen enthält viel Eiweiß undist ein ausgezeichnetes Viehfutter. Das war nicht immer so. Herkömmlicher Raps hattelange Zeit zwei Nachteile: Das Öl enthielt Erucasäu-re, die Samenkörner außerdem eine bestimmteZuckerverbindung. Erucasäure ist giftig für das Herz,weshalb das Öl nicht für den menschlichen Genussgeeignet ist. Die Zuckerverbindung hat einen bitte-ren Geschmack, so dass Tiere die Samen oder derenPressrückstände nicht fressen. Der alte Raps wardaher nur zur Gewinnung von Ölen für die chemi-sche Industrie geeignet. Durch geschickte Züchtunggelang es, einen Raps zu gewinnen, der frei vonErucasäure war (sogenannter Null-Raps). Doppel-Null-Raps, der auch frei von der Zuckerverbindungist, wurde vor allem gezüchtet, um Öle für dieLebensmittelindustrie zur Verfügung zu haben.

Manche Chemiker interessiert für bestimmte Anwen-dungsgebiete aber gerade die Erucasäure. Diese Car-bonsäure ist mit 22 Kohlenstoffatomen in der Ketteviel länger als andere üblicherweise aus Pflanzen ge-winnbare Säuren. Deshalb wurde auch Raps gezüch-tet, der sehr hohe Anteile an Erucasäure besitzt. Die-ser muss allerdings räumlich entfernt von anderemRaps angebaut werden, da ansonsten durch Fremd-bestäubung Samen entstehen können, die nicht diegewünschte Fettsäurezusammensetzung haben.

Wie sind Öle und Fette aufgebaut?

Wie die folgende Darstellung zeigt, sind Fette und Öle Carbonsäureester.

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Stoffe der 1.000 Möglichkeiten

sten Ölen. Erhöhte Presstemperaturen vergrößernzwar die Ölausbeute, lösen aber zusätzlich andereInhaltsstoffe aus den ölhaltigen Pflanzenbestandtei-len, die das Aroma und die Qualität des Öles starkvermindern und deshalb abgetrennt werden müs-sen.

Als Rückstand des Pressvorganges erhält man diesogenannten Presskuchen, in denen selbst bei Ver-wendung starker Pressen immer Ölreste zurückblei-ben. Um das Öl vollständig zu gewinnen, werdendie zerkleinerten Pflanzensamen bzw. die Pressku-chen mit einem Lösemittel – zum Beispiel eignet sichsehr sauberes Benzin – vermischt. Dann wird filtriert,so dass eine Lösung des Fettes oder Öles in Benzinerhalten wird. Bei anschließender Destillation desBenzin-Öl-Gemisches verdampft das Benzin. Zurückbleibt das saubere Pflanzenöl oder das Pflanzenfett.Dieser Prozess heißt Extraktion.

Sieht man einen einfachen Fettfleck, kann man sichkaum vorstellen, dass aus einem solchen Fett Seifeund andere Waschmittel, aber auch Klebstoffe,Kunststoffe und Lacke hergestellt werden. Vom Fettbis zum nützlichen Produkt ist es ein weiter Weg.Wie sehen die einzelnen Etappen aus?

Pflanzensamen wie Sonnenblumenkerne, Rapssa-men, Leinsamen oder Nüsse enthalten Pflanzenöleund -fette.

Wie werden Fette und Öle gewonnen?

Die reifen Pflanzen werden geerntet, und die ölhalti-gen Samen – die Ölsaat – wird abgetrennt. Die wei-tere Verarbeitung findet in sogenannten Ölmühlen

statt. Eine gängige Methode, aus der

Ölsaat die Öle zu gewinnen,ist das Auspressen. Dieseskann bei unterschiedli-chen Temperaturendurchgeführt werden.Die bei Raumtemperaturgewonnenen Pflan-zenöle heißen kaltgepres-

ste Öle, die bei erhöhtenTemperaturen gewonnenen

Pflanzenöle entsprechendheißgepresste Öle. Kaltgepresste

Pflanzenöle zählen zu den wertvollsten und teuer-

Als Fette bezeichnet man tierische und pflanzliche Stoffe, die flüssig, halbfest oder fest seinkönnen. Chemisch sind sie Ester aus Glycerin und Fettsäuren. Fette, die bei Raumtemperatur flüssig sind,nennt man Öle. Streng genommen müsste man sogar „fette Öle“ sagen. Welche chemische Verbindung sichhinter dem Begriff „Öl“ versteckt, lässt sich immer nur aus dem Zusammenhang erkennen. So sind Erdöl undRapsöl chemisch sehr unterschiedlich.

fl Reibe einen aufgeschnittenen Sonnenblumen-

kern oder eine halbierte Nuss stark auf einem

Blatt Papier, und du siehst sofort einen Fettfleck.

Versuch’s

mal!

Extraktion

Ausschmelzen

Auspressen

fifl

Riz

inus

stau

de

fiflEssigsäure Ethanol

Essigsäureethylester

C

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

C

C

C

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC O

O

O

Ein Carbonsäureester ent-steht durch Reaktioneiner Carbonsäure miteinem Alkohol unterAbspaltung von Was-ser. So entsteht ausEssigsäure (Ethansäu-re) und Ethanol derEssigsäureethylester.

fifl

PFLANZENÖLE UNDPFLANZENFETTE

Wie sind Öle und Fette aufgebaut? fifl

Schülerheft 14.08.2000 13:40 Uhr Seite 6

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Methylester umgewandelt, wobei der Alkohol Gly-cerin als zweites Reaktionsprodukt entsteht. DieMethylester werden mit Wasserstoffgas bei hohemDruck behandelt. Gleichzeitig wird ein Katalysatorzugegeben. Es entstehen bei dieser Reaktion nunnicht, wie im letzten Beispiel, die Carbonsäuren,sondern die sogenannten Fettalkohole und Metha-nol. Auch hier werden also die Esterbindungengespalten. Die Fettalkohole werden nun in einerweiteren Reaktion mit Schwefelsäure umgesetzt.Dabei bildet sich unter Wasserabspaltung aus demAlkohol und der anorganischen Schwefelsäure einEster. Durch Neutralisation mit Natronlauge erhältman sogenannte Natriumalkylsulfonate. Dies sindTenside, die wir in sehr vielen Spül- und Reinigungs-mitteln finden.

Tenside bieten gegenüber Seife den großen Vorteil,dass sie mit den in hartem Wasser enthaltenen Cal-cium- und Magnesiumionen keine schwer löslichenSalze bilden. Dadurch ist die benötigte Menge anTensid unabhängig von der Wasserqualität.Pflanzenöle und -fette werden heute zur Herstellungeiner riesigen Palette unterschiedlicher Tenside ver-wendet.

Im Zusammenhang mit den Waschmitteln wurdeneben als Zwischenprodukte die Methylester derFettsäuren vorgestellt. Bei der Herstellung entstehenaus jedem einzelnen Fettmolekül drei MoleküleFettsäuremethylester. Fettsäuremethylester ist abernicht nur für die Waschmittelindustrie von Bedeu-tung. Da es in etwa dieselben Eigenschaften wieDieselkraftstoff besitzt, kann es diesen ersetzen. Beiuns werden diese Fettsäuremethylester – da sie ausRapsöl gewonnen werden – vereinfacht Rapsölme-thylester (RME) oder auch Biodiesel genannt.

Weitere Informationen hierzu findensich im Kapitel über Treibstoffevom Acker.

Wie das Formelschema auf dernächsten Seite zeigt, kann mandie Reaktion der Bildung vonEstern sehr gut dazu einsetzen, umKunststoffe herzustellen. Zumeinen verwendet man eine Verbin-dung, die zwei Carbonsäuregruppenträgt. Zum anderen setzt maneinen Alkohol mit zwei oder mehrOH-Gruppen ein. Reagierendiese beiden Stoffe unter Ester-bildung miteinander, so entstehtein sehr großes Molekül. Dieentstehende Verbindung nennenwir einen Polyester.

9

Pflanzliche Öle und Fette werden schon seit langemzur Herstellung von Seifen verwendet. Dabei wird durch Einwirkung von Natronlauge derEster, also das Fett bzw. Öl, gespalten. Man erhält

Glycerin. Gleichzeitig bilden sich die Natriumsalzeder Carbonsäuren, die sogenannten Kernsei-

fen. Sie sind hart und lassen sich gut zuStücken verarbeiten.Wird die Spaltung der Ester mit Kali-lauge durchgeführt, entstehen dieKaliumsalze. Diese sind weich wie eine

Paste und werden Schmierseife genannt.

Die klassischen Seifen sind gute Waschmittel, habenaber einen Nachteil: Verwendet man hartes Wasser,so bilden sich schwer lösliche Calcium- und Magne-siumsalze. Daher benötigt man große Mengen anSeife: Zunächst muss so viel Seife im Wasser gelöstwerden, wie zur Ausfällung der Calcium- undMagnesiumsalze notwendig ist. Erst die dannzusätzlich gelöste Seife ist „waschaktiv“ und kanneine Reinigungswirkung entfalten. Außerdem lagernsich die schwer löslichen Salze auf den Textilien ab,wodurch diese grau werden.Schon seit langem wurden deshalb andere Tenside(allgemeiner Ausdruck für waschaktive Verbindun-gen) entwickelt. Ein Beispiel auf der Basis von Pflan-zenölen wird im Folgenden erklärt. In einem erstenSchritt werden die Pflanzenöle mit Methanol in

Nicht nur für Pommes frites und Mayonnaise –Pflanzenfette und Öle haben ein breites Verwen-dungsspektrum in Chemie, Industrie und Technik.

In den letzten Jahren fand manheraus, dass Pflanzenöle ohnegrößere Vorbehandlung auch fürden technischen Bereich nützlichsind. Beispielsweise können Rapsöl oder ähnliche Öle alsHydraulikflüssigkeiten undSchmierstoffe für Bagger, Raupenund andere Arbeitsgeräte ein-gesetzt werden.Sie sind

biologisch abbaubar, d. h., wenn sie ins Erdreichoder Wasser gelangen, stellen sie keine Umweltbela-stung dar. Bei den gebräuchlichen Hydraulikflüssig-keiten und Schmierstoffen,die aus Erdöl hergestelltwerden, ist das anders. Siesind für Boden und Wasserwesentlich gefährlicher.Eine einfache Faustregellautet: EinTropfen Erdölverseucht1.000 LiterTrinkwasser.

Stoffe der 1.000 Möglichkeiten

Formelschema Tensidherstellung

Geschirrspülm

ittel

Formelschemata für Biodieselherstellung

+3 NaOHC

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

C

C

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CCCCCCCCCCCCCCCCC

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CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

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CCCCCCCCCCCCCCCCC

O

O

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HO C

C

C

HO

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Fett

Seife

Fettalkohol

Anionisches Tensid (Alkylsulfonat)

Glycerin

Formel zur

Seifenherstellung

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

C

C

C

C

CHO

HO C

C

C

HO

HO

Rapsöl

Reaktion mit Methanol

Rapsölmethylester

Glycerin

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

CCCCCCCCCCCCCCCCCC 3

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

2. Neutrali-sation (NaOH)

1. H2SO4

Pflanzenöle: auch zum Schmieren von Ketten für Motorsägen

Ker

nsei

fe

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Methylester umgewandelt, wobei der Alkohol Gly-cerin als zweites Reaktionsprodukt entsteht. DieMethylester werden mit Wasserstoffgas bei hohemDruck behandelt. Gleichzeitig wird ein Katalysatorzugegeben. Es entstehen bei dieser Reaktion nunnicht, wie im letzten Beispiel, die Carbonsäuren,sondern die sogenannten Fettalkohole und Metha-nol. Auch hier werden also die Esterbindungengespalten. Die Fettalkohole werden nun in einerweiteren Reaktion mit Schwefelsäure umgesetzt.Dabei bildet sich unter Wasserabspaltung aus demAlkohol und der anorganischen Schwefelsäure einEster. Durch Neutralisation mit Natronlauge erhältman sogenannte Natriumalkylsulfonate. Dies sindTenside, die wir in sehr vielen Spül- und Reinigungs-mitteln finden.

Tenside bieten gegenüber Seife den großen Vorteil,dass sie mit den in hartem Wasser enthaltenen Cal-cium- und Magnesiumionen keine schwer löslichenSalze bilden. Dadurch ist die benötigte Menge anTensid unabhängig von der Wasserqualität.Pflanzenöle und -fette werden heute zur Herstellungeiner riesigen Palette unterschiedlicher Tenside ver-wendet.

Im Zusammenhang mit den Waschmitteln wurdeneben als Zwischenprodukte die Methylester derFettsäuren vorgestellt. Bei der Herstellung entstehenaus jedem einzelnen Fettmolekül drei MoleküleFettsäuremethylester. Fettsäuremethylester ist abernicht nur für die Waschmittelindustrie von Bedeu-tung. Da es in etwa dieselben Eigenschaften wieDieselkraftstoff besitzt, kann es diesen ersetzen. Beiuns werden diese Fettsäuremethylester – da sie ausRapsöl gewonnen werden – vereinfacht Rapsölme-thylester (RME) oder auch Biodiesel genannt.

Weitere Informationen hierzu findensich im Kapitel über Treibstoffevom Acker.

Wie das Formelschema auf dernächsten Seite zeigt, kann mandie Reaktion der Bildung vonEstern sehr gut dazu einsetzen, umKunststoffe herzustellen. Zumeinen verwendet man eine Verbin-dung, die zwei Carbonsäuregruppenträgt. Zum anderen setzt maneinen Alkohol mit zwei oder mehrOH-Gruppen ein. Reagierendiese beiden Stoffe unter Ester-bildung miteinander, so entstehtein sehr großes Molekül. Dieentstehende Verbindung nennenwir einen Polyester.

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Pflanzliche Öle und Fette werden schon seit langemzur Herstellung von Seifen verwendet. Dabei wird durch Einwirkung von Natronlauge derEster, also das Fett bzw. Öl, gespalten. Man erhält

Glycerin. Gleichzeitig bilden sich die Natriumsalzeder Carbonsäuren, die sogenannten Kernsei-

fen. Sie sind hart und lassen sich gut zuStücken verarbeiten.Wird die Spaltung der Ester mit Kali-lauge durchgeführt, entstehen dieKaliumsalze. Diese sind weich wie eine

Paste und werden Schmierseife genannt.

Die klassischen Seifen sind gute Waschmittel, habenaber einen Nachteil: Verwendet man hartes Wasser,so bilden sich schwer lösliche Calcium- und Magne-siumsalze. Daher benötigt man große Mengen anSeife: Zunächst muss so viel Seife im Wasser gelöstwerden, wie zur Ausfällung der Calcium- undMagnesiumsalze notwendig ist. Erst die dannzusätzlich gelöste Seife ist „waschaktiv“ und kanneine Reinigungswirkung entfalten. Außerdem lagernsich die schwer löslichen Salze auf den Textilien ab,wodurch diese grau werden.Schon seit langem wurden deshalb andere Tenside(allgemeiner Ausdruck für waschaktive Verbindun-gen) entwickelt. Ein Beispiel auf der Basis von Pflan-zenölen wird im Folgenden erklärt. In einem erstenSchritt werden die Pflanzenöle mit Methanol in

Nicht nur für Pommes frites und Mayonnaise –Pflanzenfette und Öle haben ein breites Verwen-dungsspektrum in Chemie, Industrie und Technik.

In den letzten Jahren fand manheraus, dass Pflanzenöle ohnegrößere Vorbehandlung auch fürden technischen Bereich nützlichsind. Beispielsweise können Rapsöl oder ähnliche Öle alsHydraulikflüssigkeiten undSchmierstoffe für Bagger, Raupenund andere Arbeitsgeräte ein-gesetzt werden.Sie sind

biologisch abbaubar, d. h., wenn sie ins Erdreichoder Wasser gelangen, stellen sie keine Umweltbela-stung dar. Bei den gebräuchlichen Hydraulikflüssig-keiten und Schmierstoffen,die aus Erdöl hergestelltwerden, ist das anders. Siesind für Boden und Wasserwesentlich gefährlicher.Eine einfache Faustregellautet: EinTropfen Erdölverseucht1.000 LiterTrinkwasser.

Stoffe der 1.000 Möglichkeiten

Formelschema Tensidherstellung

Geschirrspülm

ittel

Formelschemata für Biodieselherstellung

+3 NaOHC

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

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CCCCCCCCCCCCCCCCC

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Fett

Seife

Fettalkohol

Anionisches Tensid (Alkylsulfonat)

Glycerin

Formel zur

Seifenherstellung

C O

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Rapsöl

Reaktion mit Methanol

Rapsölmethylester

Glycerin

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCC

CCCCCCCCCCCCCCCCCC 3

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

2. Neutrali-sation (NaOH)

1. H2SO4

Pflanzenöle: auch zum Schmieren von Ketten für Motorsägen

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Wir verwenden jetzt als Alkohol Rizinusöl, das ausdem Samen der Rizinusstaude gewonnen wird. Des-sen Moleküle besitzen jeweils drei Alkoholgruppen.Rizinusöl wird nun zusammen mit Zitronensäure, diedrei Carbonsäuregruppen trägt, umgesetzt. Es ent-steht ebenfalls ein Polyester. Das Ergebnis der Reak-tion ist hier schematisch dargestellt. Vom Rizinusölsind nur die Alkoholgruppen gezeigt, von der Säurenur die Säuregruppen.

Es gibt pflanzliche Öle, die unter der Einwirkung vonLuftsauerstoff feste Kunststoffe bilden. Solche ander Luft fest werdenden Öle nennt man trocknendeÖle. Ein Beispiel ist das schon lange genutzte Leinöl,das aus den Samen der Leinpflanze, den Leinsamen,

gewonnen wird. Leinöl besteht aus Triglyceriden mitFettsäureresten, die mehrere C=C-Doppelbindungenenthalten. Unter Einwirkung des Luftsauerstoffswerden die einzelnen Moleküle des Leinöls durchReaktion der Doppelbindungen miteinander verbun-den, so dass riesige Moleküle entstehen.Leinöl ist als Leinölfirnis in Baumärkten erhältlichund wird zum Anstreichen von Holz verwendet.Nach dem Trocknen bildet es lackartige Schichten,die das Holz lange Zeit vor Nässe und Schmutzschützen. Auch für die Herstellung von Naturfarbenist Leinöl ein guter Ausgangsstoff. Dieses Heftwurde übrigens mit solchen Farben gedruckt.

Der Trick mit der Wiederverwendung

Pflanzenöle sind wertvolle Rohstoffe, mit denenman sparsam umgehen sollte. Deshalb ist eineMehrfachverwendung sinnvoll. Aus altem Fritteu-senfett können beispielsweise Seifen, Tenside oderTierfutter hergestellt werden.Dieses System ist erweiterungsfähig: Gebrauchte Frittierfette könnten gereinigt auch als Hydrauliköledienen. Diese ließen sich, nachdem sie unbrauchbargeworden sind, zur Herstellung von Biodiesel oderTensiden einsetzen.

Auch andere Kosmetika und Hygieneartikel wieShampoos, Schaumbäder, Duschbäder oder Puderenthalten Produkte aus pflanzlichen Ölen und Fetten. Und auch in der Pharmazie sind FetteGrundlage für Cremes und Salben. Salben enthaltenmeist kein Wasser, sondern basieren stattdessen inder Regel auf Wachsen, oft Bienenwachs oder Woll-wachs von Schafen. Aber auch tierische Fette wieSchweineschmalz oder Rindertalg kommen zum Einsatz. Letztere werden jedoch zunehmend durchdie pflanzlichen Fette Palm- oder Rapsöl ersetzt.

Zucker für Waschmittel

Waschmittel sollen eine sehr gute Waschwirkung ha-ben, nicht gegen Wasserhärte empfindlich und gutim Abwasser abbaubar sein. Um diesen Anforderun-gen zu genügen, sucht man nach immer besserenwaschaktiven Verbindungen. Als sehr geeignet habensich in den letzten Jahren Produkte auf der Basis vonZuckern erwiesen. Diese Verbindungen werden „Al-kylpolyglycoside” oder kurz „APGs” genannt. Siewerden vor allem für Geschirrspülmittel eingesetzt.

Zucker als Bakterienfutter

Mit Zucker werden auch Bakterien gefüttert. Warumund wozu? Einige Bakterienstämme nutzen Zuckerfür ihren Stoffwechsel. Dabei scheiden sie Stoffeaus, die für den Menschen nützlich sind. Solche Ver-fahren, bei denen biologische Prozesse für die Pro-duktion von Stoffen genutzt werden, heißen bio-technologische Verfahren. Arzneimittel wie Penicilline und andere Antibiotika,aber auch Vitamine lassen sich so aus Zucker vonden Bakterien herstellen. Neben ihren Stoffwechsel-produkten werden auch die Bakterien selbst zurGewinnung von Medikamenten genutzt. Es gibtzum Beispiel Bakterien, die das Hormon Insulin alszelleigenes Eiweiß produzieren. Insulin, das norma-lerweise in der Bauchspeicheldrüse hergestellt wird,reguliert den Blutzuckergehalt des Körpers. Bei manchen Menschen, den Diabetikern, ist diekörpereigene Insulinproduktion gestört, sie müssenihrem Körper Insulin zuführen. Früher wurde dieses lebenswichtige Hormon aus derBauchspeicheldrüse von Rindern und Schweinen ge-wonnen. Die Insulinausbeute pro Tier war aber sogering, dass man unzählige Organe benötigte, umalle Diabetiker zu versorgen.

Was sind Zucker und Kohlenhydrate?

Ganz egal, ob wir einen Löffel Zucker in den Teerühren, die Nase mit einem Papiertaschentuch put-zen oder einen Baumwollpullover anziehen, alleStoffe gehören der gleichen Gruppe chemischerSubstanzen an: Sie werden Kohlenhydrate, Zuckeroder auch Saccharide genannt. Der Chemikerbezeichnet mit dem Begriff „Zucker“ also nicht nurRohrzucker, Fruchtzucker und Traubenzucker. Auchwir werden die Begriffe „Kohlenhydrate“ und„Zucker“ als gleichwertig nebeneinander verwen-den.Die Natur nutzt die Zucker wie einen Baukasten.Aus verhältnismäßig wenigen Grundbausteinen las-sen sich Substanzen mit unvorstellbarer Vielfalt auf-bauen. Dabei dienen Kohlenhydrate im tierischenund pflanzlichen Organismus als wichtiger Energie-speicher. Pflanzen nutzen Kohlenhydrate aber auchals Bausubstanz.

Die Übersicht verdeutlicht, dass auch die sehrgroßen Moleküle von Stärke und Cellulose aus ein-zelnen Zuckerbausteinen aufgebaut sind.

Ein Baukasten der Natur

11

C

O

HO

C

O

C

HO C

C

C

O

HO

HO

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

OH

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

OH

C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

OH

Rizinusöl

Zitronensäure

– H2OCHO OH HO

O

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O

O O C

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O

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O

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O

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O

n HO

HOHO

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O

O

O

O

O CO

O CO

O

n

– 3n H2O+

O

O O

O

Schematische Darstellung:

Zucker

Stärke

Cellulose

Zucker sind energiereiche Kohlenstoffverbindungender Summenformel CnH2nOn. Kohlenhydrate wer-den auch Saccharide genannt. Sie werden in Ab-hängigkeit von der Anzahl der Bausteine im Mole-kül als Mono-, Di- und Polysaccharide bezeichnet.

fifl

ZUCKER UNDKOHLENHYDRATEPolyester entstehen durch Reaktion mehrwertiger Alkohole mit mehrwertigen Carbonsäuren unter Wasserabspaltung.

Aus Rizinusöl und Zitronen-

säure lässt sich ein Polyester

herstellen.

Herstellung eines Polyesters

Cremt man sich die Hände ein, verwendetman stets Produkte aus NachwachsendenRohstoffen. Cremes sind Mischungen ausWasser und Pflanzenölen, denen verschie-dene andere Stoffe, wie zum Beispiel Par-füm und hautpflegende Substanzen, zuge-setzt sind. Da sich Wasser und Öl bekann-terweise nicht mischen – das Öl scheidetsich auf der Oberfläche des Wassers ab –,werden bei der Herstellung von Cremessogenannte Emulgatoren benötigt.

Übrigens:

Schülerheft 14.08.2000 13:40 Uhr Seite 10

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Wir verwenden jetzt als Alkohol Rizinusöl, das ausdem Samen der Rizinusstaude gewonnen wird. Des-sen Moleküle besitzen jeweils drei Alkoholgruppen.Rizinusöl wird nun zusammen mit Zitronensäure, diedrei Carbonsäuregruppen trägt, umgesetzt. Es ent-steht ebenfalls ein Polyester. Das Ergebnis der Reak-tion ist hier schematisch dargestellt. Vom Rizinusölsind nur die Alkoholgruppen gezeigt, von der Säurenur die Säuregruppen.

Es gibt pflanzliche Öle, die unter der Einwirkung vonLuftsauerstoff feste Kunststoffe bilden. Solche ander Luft fest werdenden Öle nennt man trocknendeÖle. Ein Beispiel ist das schon lange genutzte Leinöl,das aus den Samen der Leinpflanze, den Leinsamen,

gewonnen wird. Leinöl besteht aus Triglyceriden mitFettsäureresten, die mehrere C=C-Doppelbindungenenthalten. Unter Einwirkung des Luftsauerstoffswerden die einzelnen Moleküle des Leinöls durchReaktion der Doppelbindungen miteinander verbun-den, so dass riesige Moleküle entstehen.Leinöl ist als Leinölfirnis in Baumärkten erhältlichund wird zum Anstreichen von Holz verwendet.Nach dem Trocknen bildet es lackartige Schichten,die das Holz lange Zeit vor Nässe und Schmutzschützen. Auch für die Herstellung von Naturfarbenist Leinöl ein guter Ausgangsstoff. Dieses Heftwurde übrigens mit solchen Farben gedruckt.

Der Trick mit der Wiederverwendung

Pflanzenöle sind wertvolle Rohstoffe, mit denenman sparsam umgehen sollte. Deshalb ist eineMehrfachverwendung sinnvoll. Aus altem Fritteu-senfett können beispielsweise Seifen, Tenside oderTierfutter hergestellt werden.Dieses System ist erweiterungsfähig: Gebrauchte Frittierfette könnten gereinigt auch als Hydrauliköledienen. Diese ließen sich, nachdem sie unbrauchbargeworden sind, zur Herstellung von Biodiesel oderTensiden einsetzen.

Auch andere Kosmetika und Hygieneartikel wieShampoos, Schaumbäder, Duschbäder oder Puderenthalten Produkte aus pflanzlichen Ölen und Fetten. Und auch in der Pharmazie sind FetteGrundlage für Cremes und Salben. Salben enthaltenmeist kein Wasser, sondern basieren stattdessen inder Regel auf Wachsen, oft Bienenwachs oder Woll-wachs von Schafen. Aber auch tierische Fette wieSchweineschmalz oder Rindertalg kommen zum Einsatz. Letztere werden jedoch zunehmend durchdie pflanzlichen Fette Palm- oder Rapsöl ersetzt.

Zucker für Waschmittel

Waschmittel sollen eine sehr gute Waschwirkung ha-ben, nicht gegen Wasserhärte empfindlich und gutim Abwasser abbaubar sein. Um diesen Anforderun-gen zu genügen, sucht man nach immer besserenwaschaktiven Verbindungen. Als sehr geeignet habensich in den letzten Jahren Produkte auf der Basis vonZuckern erwiesen. Diese Verbindungen werden „Al-kylpolyglycoside” oder kurz „APGs” genannt. Siewerden vor allem für Geschirrspülmittel eingesetzt.

Zucker als Bakterienfutter

Mit Zucker werden auch Bakterien gefüttert. Warumund wozu? Einige Bakterienstämme nutzen Zuckerfür ihren Stoffwechsel. Dabei scheiden sie Stoffeaus, die für den Menschen nützlich sind. Solche Ver-fahren, bei denen biologische Prozesse für die Pro-duktion von Stoffen genutzt werden, heißen bio-technologische Verfahren. Arzneimittel wie Penicilline und andere Antibiotika,aber auch Vitamine lassen sich so aus Zucker vonden Bakterien herstellen. Neben ihren Stoffwechsel-produkten werden auch die Bakterien selbst zurGewinnung von Medikamenten genutzt. Es gibtzum Beispiel Bakterien, die das Hormon Insulin alszelleigenes Eiweiß produzieren. Insulin, das norma-lerweise in der Bauchspeicheldrüse hergestellt wird,reguliert den Blutzuckergehalt des Körpers. Bei manchen Menschen, den Diabetikern, ist diekörpereigene Insulinproduktion gestört, sie müssenihrem Körper Insulin zuführen. Früher wurde dieses lebenswichtige Hormon aus derBauchspeicheldrüse von Rindern und Schweinen ge-wonnen. Die Insulinausbeute pro Tier war aber sogering, dass man unzählige Organe benötigte, umalle Diabetiker zu versorgen.

Was sind Zucker und Kohlenhydrate?

Ganz egal, ob wir einen Löffel Zucker in den Teerühren, die Nase mit einem Papiertaschentuch put-zen oder einen Baumwollpullover anziehen, alleStoffe gehören der gleichen Gruppe chemischerSubstanzen an: Sie werden Kohlenhydrate, Zuckeroder auch Saccharide genannt. Der Chemikerbezeichnet mit dem Begriff „Zucker“ also nicht nurRohrzucker, Fruchtzucker und Traubenzucker. Auchwir werden die Begriffe „Kohlenhydrate“ und„Zucker“ als gleichwertig nebeneinander verwen-den.Die Natur nutzt die Zucker wie einen Baukasten.Aus verhältnismäßig wenigen Grundbausteinen las-sen sich Substanzen mit unvorstellbarer Vielfalt auf-bauen. Dabei dienen Kohlenhydrate im tierischenund pflanzlichen Organismus als wichtiger Energie-speicher. Pflanzen nutzen Kohlenhydrate aber auchals Bausubstanz.

Die Übersicht verdeutlicht, dass auch die sehrgroßen Moleküle von Stärke und Cellulose aus ein-zelnen Zuckerbausteinen aufgebaut sind.

Ein Baukasten der Natur

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C

O

HO

C

O

C

HO C

C

C

O

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C O

O

CCCCCCCCCCCCCCCCCC

OH

C O

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Rizinusöl

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– 3n H2O+

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O O

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Schematische Darstellung:

Zucker

Stärke

Cellulose

Zucker sind energiereiche Kohlenstoffverbindungender Summenformel CnH2nOn. Kohlenhydrate wer-den auch Saccharide genannt. Sie werden in Ab-hängigkeit von der Anzahl der Bausteine im Mole-kül als Mono-, Di- und Polysaccharide bezeichnet.

fifl

ZUCKER UNDKOHLENHYDRATEPolyester entstehen durch Reaktion mehrwertiger Alkohole mit mehrwertigen Carbonsäuren unter Wasserabspaltung.

Aus Rizinusöl und Zitronen-

säure lässt sich ein Polyester

herstellen.

Herstellung eines Polyesters

Cremt man sich die Hände ein, verwendetman stets Produkte aus NachwachsendenRohstoffen. Cremes sind Mischungen ausWasser und Pflanzenölen, denen verschie-dene andere Stoffe, wie zum Beispiel Par-füm und hautpflegende Substanzen, zuge-setzt sind. Da sich Wasser und Öl bekann-terweise nicht mischen – das Öl scheidetsich auf der Oberfläche des Wassers ab –,werden bei der Herstellung von Cremessogenannte Emulgatoren benötigt.

Übrigens:

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Pflanzliche und tierische Fasern werden schonimmer vom Menschen genutzt. Das chemische Bau-prinzip aller Pflanzenfasern ist gleich. Sie bestehenaus Cellulose, also langkettigen Kohlenhydraten ausvielen Glucosemolekülen.Pflanzenfasern – wie übrigens auch tierische Fasern(Wolle, Seide etc.) – haben ihre Bedeutung in derTextilherstellung nie verloren: T-Shirts aus Baumwol-le und Hosen aus Leinenstoff sind überall zu kaufen.In Deutschland wachsen zwar keine Baumwollpflan-zen, aber Flachs, der die Fasern für Leinen liefert. Inden vergangenen Jahrzehnten wurde diese Nutz-pflanze bei uns jedoch kaum noch angebaut, daImporte und andere Fasern billiger waren. Erst in

den letzten Jahren hat man sich auch bei uns wiederverstärkt dem Flachs zugewandt. Der Weg von der Flachspflanze bis zum gewebten

Leinen ist aufwendig: Von den Stängeln müssendie verholzten Bestandteile abgelöst werden, da

man erst dann weiche und saubere Fasernerhält, die versponnen werden können.Allerdings müssen Wege gefunden werden,die Verarbeitungsschritte maschinell durchzu-führen, um eine rentable Verarbeitung sicher-zustellen.

Eine weitere Pflanze, die bei uns kultiviert werdenkann – und früher auch kultiviert wurde –, ist derHanf. Wegen seines Rauschgiftgehaltes und derGefahr des Missbrauches war der Anbau lange Zeitverboten. Mittlerweile werden Sorten gezüchtet, diefast kein Rauschgift mehr enthalten. Unter bestimm-

ten Bedingungen darf Hanf nun inDeutschland wieder von Landwirtenangebaut werden. Hanffasernsind etwas härter als Flachsfa-sern, aber auch dauerhafter. Invergangenen Jahrhundertenwurden Seile, Taue, Segel undKleider aus dieser Faser herge-stellt. Jeans – heute aus Baum-wollstoff – waren ursprünglich ausCanvas, eben Hanf.

Es ist zu erwarten, dass Pflanzenfasern in Zukunftauch im technischen Bereich eine größere Bedeu-tung erlangen.

Pflanzenfasern ersetzen Glasfasern und Asbest

Zur Herstellung von Bootsrümpfen, Autoteilen, Flug-zeugteilen und vielen anderen Gegenständen hatman ein universelles Verfahren entwickelt: Gewebeaus dünnen Glasfasern werden in einer Form miteiner flüssigen Kunststoffmischung getränkt. DieseMischung wird nach einigen Stunden hart, und mankann der Form das fertige GFK-Teil, ein Teil ausglasfaserverstärktem Kunststoff, entnehmen. Mitt-lerweile werden nicht nur Glasfasern, sondern auchnoch belastbarere Gewebe verwendet. Diese erge-ben sehr stabile und leichte Teile.Der Gedanke liegt nahe, bei den benötigten Gewe-ben auf Naturfasern zurückzugreifen. Im modernenAutobau plant man, Innenverkleidungen für Pkwdaraus zu fertigen. Dies bringt handfeste Vorteile:Die Geräuschdämmung ist besser, und auch diemechanische Belastbarkeit soll höher sein als bei denbisher verwendeten Werkstoffen. Und nicht zuletztkann man solche Verkleidungen als Altmaterial rück-standslos verbrennen.Zur Herstellung werden das Gewebe aus Pflanzenfa-sern und der Kunststoff unter Wärmeeinwirkung ineiner Form gepresst. Das fertige Teil kann nach sehrkurzer Zeit entnommen werden. Der geringe Zeit-faktor gilt als wesentliches Plus angesichts der imAutobau benötigten hohen Stückzahlen.

Starke Anwendungen für Stärke

Stärke ist ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung:Nudeln, Reis, Kartoffeln und Mehl sind stärkehaltig.Grundbaustein der verschiedenen Stärkearten ist derZucker Glucose.Stärke dient aber nicht nur als Nahrungsmittel. Mitheißem Wasser entsteht ein dickflüssiger Brei, derStärkekleister. Man kann damit Tapeten an dieWand kleben oder Papier und Pappen miteinanderverkleben. Große Mengen Stärke benötigt man auch bei derPapierherstellung. Stärkezusätze machen das Papierfester und besser beschreibbar, das Papier wird„geleimt“.

Ganz neue Anwendungen von Stärke habensich in den letzten Jahren ergeben, bei der

Suche nach leicht verrottbaren Ver-packungen. Einweggeschirr wurde

nämlich vorwiegend aus Kunststoffenhergestellt, was große Mengen anbiologisch nicht abbaubarem Müllverursachte. Geschirr aus Stärkebietet da Vorteile: Es kann als Vieh-futter dienen oder sogar gegessenwerden. Die Reste werden kom-postiert. Ursprünglich bestand das

Problem, dass das Geschirr durchflüssige Speisen aufgeweicht

wurde. Mittlerweile ist dasProblem gelöst. Das

„Wie” bleibt natür-lich Geheimnis der

Hersteller.

Auch hier hat die Medizin große Fortschrittegemacht: Heute kann Insulin mit Hilfe von Bakteri-en, die mit dem NachwachsendenRohstoff Zucker gefüttert wer-den, in ausreichenden Mengen hergestellt wer-den.

Andere Bakterienscheiden, wenn sie mit Traubenzucker„gefüttert” werden,den Kunststoff Poly-hydroxybuttersäureaus, einen Polyester,der biologisch abbau-bar ist. Daraus herge-stellte Verpackungen kön-nen kompostiert werden.

Polyhydroxybuttersäure wirdunter dem Markennamen Biopol ver-trieben. Der Kunststoff ist thermoplastisch, also beihöherer Temperatur verformbar. Derzeit ist Biopolfür eine breite Verwendung noch zu teuer.Noch viele andere Möglichkeiten werden derzeituntersucht, Zucker in der Chemie zu verwenden. Sokann man etwa aus Zuckern eine Substanz herstel-len, die als Ersatz von Formaldehyd bei der Herstel-lung bestimmter Kunststoffe dienen kann.

13

Biologisch abbaubare Kunststoffflaschen

Flachs, Hanf, B

aumw

olle

Alte und neue Anwendungen

Verarbeitung von Flachs

Kartoffelpflanze

Kompostierb

are Pfla

nztöpfe

FASERIGES AUSPFLANZEN

Schülerheft 14.08.2000 13:41 Uhr Seite 12

12

Pflanzliche und tierische Fasern werden schonimmer vom Menschen genutzt. Das chemische Bau-prinzip aller Pflanzenfasern ist gleich. Sie bestehenaus Cellulose, also langkettigen Kohlenhydraten ausvielen Glucosemolekülen.Pflanzenfasern – wie übrigens auch tierische Fasern(Wolle, Seide etc.) – haben ihre Bedeutung in derTextilherstellung nie verloren: T-Shirts aus Baumwol-le und Hosen aus Leinenstoff sind überall zu kaufen.In Deutschland wachsen zwar keine Baumwollpflan-zen, aber Flachs, der die Fasern für Leinen liefert. Inden vergangenen Jahrzehnten wurde diese Nutz-pflanze bei uns jedoch kaum noch angebaut, daImporte und andere Fasern billiger waren. Erst in

den letzten Jahren hat man sich auch bei uns wiederverstärkt dem Flachs zugewandt. Der Weg von der Flachspflanze bis zum gewebten

Leinen ist aufwendig: Von den Stängeln müssendie verholzten Bestandteile abgelöst werden, da

man erst dann weiche und saubere Fasernerhält, die versponnen werden können.Allerdings müssen Wege gefunden werden,die Verarbeitungsschritte maschinell durchzu-führen, um eine rentable Verarbeitung sicher-zustellen.

Eine weitere Pflanze, die bei uns kultiviert werdenkann – und früher auch kultiviert wurde –, ist derHanf. Wegen seines Rauschgiftgehaltes und derGefahr des Missbrauches war der Anbau lange Zeitverboten. Mittlerweile werden Sorten gezüchtet, diefast kein Rauschgift mehr enthalten. Unter bestimm-

ten Bedingungen darf Hanf nun inDeutschland wieder von Landwirtenangebaut werden. Hanffasernsind etwas härter als Flachsfa-sern, aber auch dauerhafter. Invergangenen Jahrhundertenwurden Seile, Taue, Segel undKleider aus dieser Faser herge-stellt. Jeans – heute aus Baum-wollstoff – waren ursprünglich ausCanvas, eben Hanf.

Es ist zu erwarten, dass Pflanzenfasern in Zukunftauch im technischen Bereich eine größere Bedeu-tung erlangen.

Pflanzenfasern ersetzen Glasfasern und Asbest

Zur Herstellung von Bootsrümpfen, Autoteilen, Flug-zeugteilen und vielen anderen Gegenständen hatman ein universelles Verfahren entwickelt: Gewebeaus dünnen Glasfasern werden in einer Form miteiner flüssigen Kunststoffmischung getränkt. DieseMischung wird nach einigen Stunden hart, und mankann der Form das fertige GFK-Teil, ein Teil ausglasfaserverstärktem Kunststoff, entnehmen. Mitt-lerweile werden nicht nur Glasfasern, sondern auchnoch belastbarere Gewebe verwendet. Diese erge-ben sehr stabile und leichte Teile.Der Gedanke liegt nahe, bei den benötigten Gewe-ben auf Naturfasern zurückzugreifen. Im modernenAutobau plant man, Innenverkleidungen für Pkwdaraus zu fertigen. Dies bringt handfeste Vorteile:Die Geräuschdämmung ist besser, und auch diemechanische Belastbarkeit soll höher sein als bei denbisher verwendeten Werkstoffen. Und nicht zuletztkann man solche Verkleidungen als Altmaterial rück-standslos verbrennen.Zur Herstellung werden das Gewebe aus Pflanzenfa-sern und der Kunststoff unter Wärmeeinwirkung ineiner Form gepresst. Das fertige Teil kann nach sehrkurzer Zeit entnommen werden. Der geringe Zeit-faktor gilt als wesentliches Plus angesichts der imAutobau benötigten hohen Stückzahlen.

Starke Anwendungen für Stärke

Stärke ist ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung:Nudeln, Reis, Kartoffeln und Mehl sind stärkehaltig.Grundbaustein der verschiedenen Stärkearten ist derZucker Glucose.Stärke dient aber nicht nur als Nahrungsmittel. Mitheißem Wasser entsteht ein dickflüssiger Brei, derStärkekleister. Man kann damit Tapeten an dieWand kleben oder Papier und Pappen miteinanderverkleben. Große Mengen Stärke benötigt man auch bei derPapierherstellung. Stärkezusätze machen das Papierfester und besser beschreibbar, das Papier wird„geleimt“.

Ganz neue Anwendungen von Stärke habensich in den letzten Jahren ergeben, bei der

Suche nach leicht verrottbaren Ver-packungen. Einweggeschirr wurde

nämlich vorwiegend aus Kunststoffenhergestellt, was große Mengen anbiologisch nicht abbaubarem Müllverursachte. Geschirr aus Stärkebietet da Vorteile: Es kann als Vieh-futter dienen oder sogar gegessenwerden. Die Reste werden kom-postiert. Ursprünglich bestand das

Problem, dass das Geschirr durchflüssige Speisen aufgeweicht

wurde. Mittlerweile ist dasProblem gelöst. Das

„Wie” bleibt natür-lich Geheimnis der

Hersteller.

Auch hier hat die Medizin große Fortschrittegemacht: Heute kann Insulin mit Hilfe von Bakteri-en, die mit dem NachwachsendenRohstoff Zucker gefüttert wer-den, in ausreichenden Mengen hergestellt wer-den.

Andere Bakterienscheiden, wenn sie mit Traubenzucker„gefüttert” werden,den Kunststoff Poly-hydroxybuttersäureaus, einen Polyester,der biologisch abbau-bar ist. Daraus herge-stellte Verpackungen kön-nen kompostiert werden.

Polyhydroxybuttersäure wirdunter dem Markennamen Biopol ver-trieben. Der Kunststoff ist thermoplastisch, also beihöherer Temperatur verformbar. Derzeit ist Biopolfür eine breite Verwendung noch zu teuer.Noch viele andere Möglichkeiten werden derzeituntersucht, Zucker in der Chemie zu verwenden. Sokann man etwa aus Zuckern eine Substanz herstel-len, die als Ersatz von Formaldehyd bei der Herstel-lung bestimmter Kunststoffe dienen kann.

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Biologisch abbaubare Kunststoffflaschen

Flachs, Hanf, B

aumw

olle

Alte und neue Anwendungen

Verarbeitung von Flachs

Kartoffelpflanze

Kompostierb

are Pfla

nztöpfe

FASERIGES AUSPFLANZEN

Schülerheft 14.08.2000 13:41 Uhr Seite 12

Papier und Pappen

Der Weg von der Cellulose zum Papier ist eigentlichganz einfach: Man zerteilt Cellulose in Wasser soweit, dass ein faseriger Brei entsteht. Mit auf Rahmen gespannten Sieben schöpft man nun gleichmäßige dünne Schichten des Breis ab. Nachdem Abtropfen des Wassers werden die dünnenBlätter getrocknet. Da die Fasern des Zellstoffs mit-einander verfilzt sind, ist so ein reißfähiges Papierentstanden. Dieses Verfahren ist sehr leicht nachzu-machen und ergibt schönes individuelles Papier. Beider industriellen Produktion werden natürlichMaschinen eingesetzt, die aber nach dem gleichen

Fast 30 Prozent der Fläche Deutschlands sind mitWald bedeckt. Die Wälder der Welt sind unersetz-liche Biotope, aber auch unersetzliche Rohstoff-quellen für Holz. In der Vergangenheit betrieb der Mensch Raubbaumit den natürlichen Ressourcen. In der Antike warenselbst die Mittelmeerländer stark bewaldet. Durchdie Abholzung für den Schiffsbau veränderte sichdie Agrarstruktur. Wie auch heute bei Regenwaldoder Alpenregionen löste sich der Erdboden, undder Landstrich verödete. Resultat dieser Art vonRaubbau ist immer eine Klimaveränderung.

Bewusstseinsverände-rungen der Menschheit treten leider sehr viellangsamer ein. Man nutzt den Wald so wie einenfossilen Rohstoff, nicht aber wie eine Quelle füreinen Nachwachsenden Rohstoff. Dabei geht es auch anders: Bei uns wird der Waldnach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit bewirtschaf-

Ein universeller Werkstoff- und Energielieferant

15

tet, d. h., es darf nur so viel Holz genutzt werden,wie nachwächst. Das Bild des Baumes mit seinen vielen Ästen zeigt,was man aus Holz alles machen kann. Wir wollenuns hier speziell mit der Cellulose und der Herstel-lung von Papier und Fasern aus Cellulose beschäfti-gen.

Cellulose – das wichtigste Holzprodukt

Holz besteht nur knapp zur Hälfte aus Cellulose.Weitere Bestandteile sind Lignin (20 bis

30 %) und Hemicellulosen (10 bis 30 %).Es geht darum, Cellulose möglichst sauberund einfach von den anderen Begleitstof-

fen abzutrennen. Das Grundprinzip der Zell-stoffherstellung zeigt dasnebenstehende Schema.

Das Holz – besonders eignensich sogenanntes „Durchfors-tungsholz” und Industrierestholz(je zu 50 %) – wird zunächstzerkleinert.In großen Reaktionsgefäßen

werden die zerkleinerten Holz-stücke mit einer sogenannten

„Kochlauge” versetzt und einige Stundenunter Druck erhitzt. Dabei lösen sich – teil-

weise unter chemischer Reaktion – Lignineund Hemicellulosen. Danach wird die Cellulo-se abgepresst, gewaschen und gebleicht. ZurBleiche verwendet man heute Sauerstoffver-

bindungen wie Wasserstoffperoxid. Der ent-standene Zellstoff wird in Form dicker Pappen

auf Rollen verkauft.Neben Zellstoff können – je nach Verfahren – auchverkäufliche Nebenprodukte gewonnen werden.Eines davon ist die aus Lignin entstehende Ligninsul-fonsäure. Mischt man Ligninsulfonsäure mit Beton,so fließt dieser besser und schneller. Besonders nütz-lich ist dies, wenn man einen vollständig geradenFußboden aus Beton gießen möchte.Ein wichtiger Einsatzbereich für Zellstoff ist die Her-stellung von Papier – vom Schreib- oder Geschenk-papier über Papiertaschentücher bis hin zum Toilet-tenpapier – und Pappen. Cellulose wird auch che-misch weiter umgesetzt, wodurch sogenanntehalbsynthetische Kunststoffe entstehen.

fiflNicht nur für Möbel

fifl

14

Durchforstungsholz fällt an, wenn der Wald ausge-lichtet wird. Im so kultivierten Wald erhält man guteund gerade gewachsene Holzstämme, die für großeHolzteile wie Balken und Bretter benötigt werden.

Faserplatten,Holzschliff

Harze, Gerbstoffe,

Fette, Wachse

Bauholz,Bretter,Furniere

Spanplatten

Textilfasern,Folien,

Glucose,Ethanol

Direkte Verbrennung,

Holzkohle,Holzgas,

Methanol

Chem. Abbauund Umwandlung

Nutzung zur Energieerzeugung

Zellstoff,Papier

Gewinnungvon Cellulose

Holz, Stroh Rohcellulose Cellulose

1. Zerkleinern

2. Aufschließen

1. Waschen

2. Bleichen

AbwasserLigninsulfonsäure

Fließverbesserer für Zement

Papier, Pappe

Nitrocellulose (Celluloid)

Celluloseacetat

Regeneratcellulose:

Viskose, Zellwolle

Vulkanfiber

Cellulosehydrat

Zellglas

Kupferseide

Abwasser

*

*

*****

fiflCellulose ist das wichtigste Polymer in der Natur und kommt in allen Pflanzen vor. Sie besteht aus vielen Glucoseeinheiten. Lignin ist eine kompliziert gebaute Verbindung, die für die Verholzung von Pflanzenverantwortlich ist. Hemicellulosen sind wie die Cellulose Vielfachzucker. Anders als die Cellulose bestehensie jedoch aus unterschiedlichen Einfachzuckern und besitzen zusätzlich ein stark verzweigtes Molekülgerüst.

Herstellung und Anwendung von Cellulose

Tischtennisbälle,Kämme, Bürsten, Haarschmuck,Zeichen- und Messgeräte, Brillengestelle

Textilien, Filme, Zigarettenfilter,Kfz-Industrie (Schaltknöpfe, Leuchten, Zierleisten),Möbelindustrie (Beschläge, Sitzflächen, Tischgestelle, Lampenschirme), Brillengestelle, Kugelschreiber,Telefone, Spielzeug, Verpackungsfolien, Rohre

Textilien, Watte, Verbandsstoffe

Lederersatz, Koffer, Zahnräder,Bremsklötze, Dichtungsscheiben,Isoliermaterialien

Folien (Cellophan)

Folien, Lebensmittelumhüllungen(Wurstpellen), Klebestreifen

Textilien

ROHSTOFFHOLZ

Gewinnung von Extrakten

Feinzer-kleinerung

Sägespäne, kleine Holzpartikel

Gewachsene Baumteile

Prinzip arbeiten. Die nachdem einfachen Verfahrenhergestellten Papiere undPappen sind nicht gleich-mäßig, nicht sehr reißfestund für viele Zwecke zusaugfähig. Deshalb versetztman den Faserbrei je nachgewünschtem Produkt mitverschiedenen Hilfsstoffen.Ein wichtiger Zusatz ist dieStärke, die das Papier reiß-fester und weniger saug-fähig macht. Hier ergänzensich also gleich zwei Nach-wachsende Rohstoffe!

fifl

Schülerheft2.qex 26.10.2000 15:49 Uhr Seite 14

Papier und Pappen

Der Weg von der Cellulose zum Papier ist eigentlichganz einfach: Man zerteilt Cellulose in Wasser soweit, dass ein faseriger Brei entsteht. Mit auf Rahmen gespannten Sieben schöpft man nun gleichmäßige dünne Schichten des Breis ab. Nachdem Abtropfen des Wassers werden die dünnenBlätter getrocknet. Da die Fasern des Zellstoffs mit-einander verfilzt sind, ist so ein reißfähiges Papierentstanden. Dieses Verfahren ist sehr leicht nachzu-machen und ergibt schönes individuelles Papier. Beider industriellen Produktion werden natürlichMaschinen eingesetzt, die aber nach dem gleichen

Fast 30 Prozent der Fläche Deutschlands sind mitWald bedeckt. Die Wälder der Welt sind unersetz-liche Biotope, aber auch unersetzliche Rohstoff-quellen für Holz. In der Vergangenheit betrieb der Mensch Raubbaumit den natürlichen Ressourcen. In der Antike warenselbst die Mittelmeerländer stark bewaldet. Durchdie Abholzung für den Schiffsbau veränderte sichdie Agrarstruktur. Wie auch heute bei Regenwaldoder Alpenregionen löste sich der Erdboden, undder Landstrich verödete. Resultat dieser Art vonRaubbau ist immer eine Klimaveränderung.

Bewusstseinsverände-rungen der Menschheit treten leider sehr viellangsamer ein. Man nutzt den Wald so wie einenfossilen Rohstoff, nicht aber wie eine Quelle füreinen Nachwachsenden Rohstoff. Dabei geht es auch anders: Bei uns wird der Waldnach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit bewirtschaf-

Ein universeller Werkstoff- und Energielieferant

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tet, d. h., es darf nur so viel Holz genutzt werden,wie nachwächst. Das Bild des Baumes mit seinen vielen Ästen zeigt,was man aus Holz alles machen kann. Wir wollenuns hier speziell mit der Cellulose und der Herstel-lung von Papier und Fasern aus Cellulose beschäfti-gen.

Cellulose – das wichtigste Holzprodukt

Holz besteht nur knapp zur Hälfte aus Cellulose.Weitere Bestandteile sind Lignin (20 bis

30 %) und Hemicellulosen (10 bis 30 %).Es geht darum, Cellulose möglichst sauberund einfach von den anderen Begleitstof-

fen abzutrennen. Das Grundprinzip der Zell-stoffherstellung zeigt dasnebenstehende Schema.

Das Holz – besonders eignensich sogenanntes „Durchfors-tungsholz” und Industrierestholz(je zu 50 %) – wird zunächstzerkleinert.In großen Reaktionsgefäßen

werden die zerkleinerten Holz-stücke mit einer sogenannten

„Kochlauge” versetzt und einige Stundenunter Druck erhitzt. Dabei lösen sich – teil-

weise unter chemischer Reaktion – Lignineund Hemicellulosen. Danach wird die Cellulo-se abgepresst, gewaschen und gebleicht. ZurBleiche verwendet man heute Sauerstoffver-

bindungen wie Wasserstoffperoxid. Der ent-standene Zellstoff wird in Form dicker Pappen

auf Rollen verkauft.Neben Zellstoff können – je nach Verfahren – auchverkäufliche Nebenprodukte gewonnen werden.Eines davon ist die aus Lignin entstehende Ligninsul-fonsäure. Mischt man Ligninsulfonsäure mit Beton,so fließt dieser besser und schneller. Besonders nütz-lich ist dies, wenn man einen vollständig geradenFußboden aus Beton gießen möchte.Ein wichtiger Einsatzbereich für Zellstoff ist die Her-stellung von Papier – vom Schreib- oder Geschenk-papier über Papiertaschentücher bis hin zum Toilet-tenpapier – und Pappen. Cellulose wird auch che-misch weiter umgesetzt, wodurch sogenanntehalbsynthetische Kunststoffe entstehen.

fiflNicht nur für Möbel

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Durchforstungsholz fällt an, wenn der Wald ausge-lichtet wird. Im so kultivierten Wald erhält man guteund gerade gewachsene Holzstämme, die für großeHolzteile wie Balken und Bretter benötigt werden.

Faserplatten,Holzschliff

Harze, Gerbstoffe,

Fette, Wachse

Bauholz,Bretter,Furniere

Spanplatten

Textilfasern,Folien,

Glucose,Ethanol

Direkte Verbrennung,

Holzkohle,Holzgas,

Methanol

Chem. Abbauund Umwandlung

Nutzung zur Energieerzeugung

Zellstoff,Papier

Gewinnungvon Cellulose

Holz, Stroh Rohcellulose Cellulose

1. Zerkleinern

2. Aufschließen

1. Waschen

2. Bleichen

AbwasserLigninsulfonsäure

Fließverbesserer für Zement

Papier, Pappe

Nitrocellulose (Celluloid)

Celluloseacetat

Regeneratcellulose:

Viskose, Zellwolle

Vulkanfiber

Cellulosehydrat

Zellglas

Kupferseide

Abwasser

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fiflCellulose ist das wichtigste Polymer in der Natur und kommt in allen Pflanzen vor. Sie besteht aus vielen Glucoseeinheiten. Lignin ist eine kompliziert gebaute Verbindung, die für die Verholzung von Pflanzenverantwortlich ist. Hemicellulosen sind wie die Cellulose Vielfachzucker. Anders als die Cellulose bestehensie jedoch aus unterschiedlichen Einfachzuckern und besitzen zusätzlich ein stark verzweigtes Molekülgerüst.

Herstellung und Anwendung von Cellulose

Tischtennisbälle,Kämme, Bürsten, Haarschmuck,Zeichen- und Messgeräte, Brillengestelle

Textilien, Filme, Zigarettenfilter,Kfz-Industrie (Schaltknöpfe, Leuchten, Zierleisten),Möbelindustrie (Beschläge, Sitzflächen, Tischgestelle, Lampenschirme), Brillengestelle, Kugelschreiber,Telefone, Spielzeug, Verpackungsfolien, Rohre

Textilien, Watte, Verbandsstoffe

Lederersatz, Koffer, Zahnräder,Bremsklötze, Dichtungsscheiben,Isoliermaterialien

Folien (Cellophan)

Folien, Lebensmittelumhüllungen(Wurstpellen), Klebestreifen

Textilien

ROHSTOFFHOLZ

Gewinnung von Extrakten

Feinzer-kleinerung

Sägespäne, kleine Holzpartikel

Gewachsene Baumteile

Prinzip arbeiten. Die nachdem einfachen Verfahrenhergestellten Papiere undPappen sind nicht gleich-mäßig, nicht sehr reißfestund für viele Zwecke zusaugfähig. Deshalb versetztman den Faserbrei je nachgewünschtem Produkt mitverschiedenen Hilfsstoffen.Ein wichtiger Zusatz ist dieStärke, die das Papier reiß-fester und weniger saug-fähig macht. Hier ergänzensich also gleich zwei Nach-wachsende Rohstoffe!

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Cellulose wäre eigentlich ein gutes Material für Tex-tilfasern. Bei der Gewinnung aus Holz fallen abernur kurze Fasern an, die sich nicht zu Fäden verar-beiten lassen. Man fand aber Chemikalien, in denenman Cellulose lösen kann. Die Lösungen werdendurch Düsen in eine andere Flüssigkeit gespritzt, inder die Cellulose nicht löslich ist. Bei geschickterAnwendung erhält man Fäden, die für die Herstel-lung von Textilien verwendet werden. Da man dieCellulose wieder hergestellt – „regeneriert“ – hat,spricht man von Regeneratcellulose oder Viskose.

Papiere mit Holzschliff

Papiere aus reinem Zellstoff – sogenannte „holz-freie“ Papiere – sind von hoher Qualität und damitteuer. Es geht aber auch billiger: Holz wird staubfeingeschliffen und direkt – oder unter Zusatz von Zell-stoff – zu Papier für Zeitungen verarbeitet. Bei sehrgroben Papieren lassen sich meist noch feine Holz-partikel erkennen. Sie vergilben sehr leicht, wenn sieLicht ausgesetzt sind. Ursache hierfür ist ihr hoherLigningehalt.

„Natürliche“ Kunststoffe aus Cellulose –die ältesten Kunststoffe

Im letzten Jahrhundert wurde ein Ersatzstoff für dieteuren Billardkugeln aus Elfenbein gesucht. DieLösung hieß: Cellulose. Cellulose reagiert mit Salpe-tersäure zu „Nitrocellulose”. Diese löst sich in Alko-holen oder kann mit einem Weichmacher verknetetund dann verformt werden. Der erste „natürliche”Kunststoff, das Celluloid, war erfunden. Es war nichtnur das geeignete Material für Billardkugeln undTischtennisbälle, sondern auch für Filme. Leider brennt Celluloid sehr leicht. Und so mussteder Filmvorführer früher ungemein aufpas-sen, dass sich der Film nicht am heißenProjektor entzündete.

Bei anderen halbsynthetischenKunststoffen aus Cellulose istdas anders: Cellulose kann mitEssigsäure umgesetzt werden.Dabei erhält man einen Kunst-stoff, der ebenfalls zu Filmenoder Textilfasern verarbeitetwerden kann. Dieses Filmma-terial brennt nur schwer undwird als „Sicherheitsfilm“bezeichnet.

Herstellung von Regeneratfasern

Cellulose(Zellstoff)

Cellulose-Xanthogenat

Cellulose(regeneriert)

99

Dosierungen. Trotzdem gerieten im letzten Jahrhun-dert diese Medikamente in Verruf. Oft wurde zu vielverordnet, was zu Vergiftungen oder sogar zum Todführte. Heute gehören Digitalispräparate zur norma-len Herztherapie. Es wäre sehr aufwendig, Digitaliskünstlich herzustellen. Viel wirtschaftlicher ist es,Fingerhut anzubauen und die Inhaltsstoffe aus derPflanze zu isolieren.

Pflanzen stellen aber nicht nur hochwirksameInhaltsstoffe zur Verfügung, die nur Ärzte verordnendürfen. Bereits seit Jahrhunderten kennt man pflanz-liche Präparate, die sich als recht ungefährlicheHausmittel gegen die verschiedensten Beschwerdenbewährt haben.

Bakterien als Fabrik

Im Abschnitt über Zucker ging es bereits um dieMöglichkeit, geeignete Bakterienals „Fabrik“ zu verwenden. Auch bei der Herstellung von Vita-min C, Ascorbinsäure, werdenheute Bakterien genutzt. Als Ausgangsstoff wirdTraubenzucker verwen-det. Er ist Grundlage fürein wichtiges Vitamin,das nicht nur für Multivi-tamin-, sondern auch fürGrippetabletten und alsLebensmittelzusatzstoffbenötigt wird.

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler Pflan-zen als Rohstoff für Medikamente wieder entdeckt.Noch sind nicht alle Inhaltsstoffe aller Pflanzenbekannt, und die Natur ist immer wieder für Über-raschungen gut.

Herzmittel aus dem Fingerhut

Trotz gewaltiger Fortschritte im Bereich der Arznei-mittelherstellung ist die Natur auch heute in vielenFällen die billigere chemische Fabrik. Dies gilt beson-ders für kompliziert gebaute Verbindungen, die nurüber sehr viele Arbeitsschritte und Reaktionen imLabor hergestellt werden könnten. Ein Beispiel sinddie im Fingerhut enthaltenen Substanzen.

Fingerhut ist ein auf Waldlichtungen oder Kahlschlä-gen wachsender Rachenblütler mit schönen rosaBlüten. Die wild wachsende Pflanze ist bei uns ge-schützt! Bereits im 18. Jahrhundert entdeckten eng-lische Ärzte im Fingerhut einen Stoff, der wirksamist, wenn die Pumpleistung des Herzens nicht aus-reicht, um den Blutkreislauf zu versorgen. Nach demlateinischen Namen „Digitalis“ für den Fingerhutwurden auch die Herzmittel benannt. Bereits Endedes 18. Jahrhunderts kannte man die notwendigen

Pflanzen mit Heilwirkung

17

Papiermaschine

Finge

rhut

MUTTER NATUR ALS APOTHEKE

Spinnmasse

Quelle: Chemie heute, Sek.II, Schrödel Verlag, 1992.

Spinndüse

Fällbad

Faser

Schülerheft 14.08.2000 13:43 Uhr Seite 16

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Cellulose wäre eigentlich ein gutes Material für Tex-tilfasern. Bei der Gewinnung aus Holz fallen abernur kurze Fasern an, die sich nicht zu Fäden verar-beiten lassen. Man fand aber Chemikalien, in denenman Cellulose lösen kann. Die Lösungen werdendurch Düsen in eine andere Flüssigkeit gespritzt, inder die Cellulose nicht löslich ist. Bei geschickterAnwendung erhält man Fäden, die für die Herstel-lung von Textilien verwendet werden. Da man dieCellulose wieder hergestellt – „regeneriert“ – hat,spricht man von Regeneratcellulose oder Viskose.

Papiere mit Holzschliff

Papiere aus reinem Zellstoff – sogenannte „holz-freie“ Papiere – sind von hoher Qualität und damitteuer. Es geht aber auch billiger: Holz wird staubfeingeschliffen und direkt – oder unter Zusatz von Zell-stoff – zu Papier für Zeitungen verarbeitet. Bei sehrgroben Papieren lassen sich meist noch feine Holz-partikel erkennen. Sie vergilben sehr leicht, wenn sieLicht ausgesetzt sind. Ursache hierfür ist ihr hoherLigningehalt.

„Natürliche“ Kunststoffe aus Cellulose –die ältesten Kunststoffe

Im letzten Jahrhundert wurde ein Ersatzstoff für dieteuren Billardkugeln aus Elfenbein gesucht. DieLösung hieß: Cellulose. Cellulose reagiert mit Salpe-tersäure zu „Nitrocellulose”. Diese löst sich in Alko-holen oder kann mit einem Weichmacher verknetetund dann verformt werden. Der erste „natürliche”Kunststoff, das Celluloid, war erfunden. Es war nichtnur das geeignete Material für Billardkugeln undTischtennisbälle, sondern auch für Filme. Leider brennt Celluloid sehr leicht. Und so mussteder Filmvorführer früher ungemein aufpas-sen, dass sich der Film nicht am heißenProjektor entzündete.

Bei anderen halbsynthetischenKunststoffen aus Cellulose istdas anders: Cellulose kann mitEssigsäure umgesetzt werden.Dabei erhält man einen Kunst-stoff, der ebenfalls zu Filmenoder Textilfasern verarbeitetwerden kann. Dieses Filmma-terial brennt nur schwer undwird als „Sicherheitsfilm“bezeichnet.

Herstellung von Regeneratfasern

Cellulose(Zellstoff)

Cellulose-Xanthogenat

Cellulose(regeneriert)

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Dosierungen. Trotzdem gerieten im letzten Jahrhun-dert diese Medikamente in Verruf. Oft wurde zu vielverordnet, was zu Vergiftungen oder sogar zum Todführte. Heute gehören Digitalispräparate zur norma-len Herztherapie. Es wäre sehr aufwendig, Digitaliskünstlich herzustellen. Viel wirtschaftlicher ist es,Fingerhut anzubauen und die Inhaltsstoffe aus derPflanze zu isolieren.

Pflanzen stellen aber nicht nur hochwirksameInhaltsstoffe zur Verfügung, die nur Ärzte verordnendürfen. Bereits seit Jahrhunderten kennt man pflanz-liche Präparate, die sich als recht ungefährlicheHausmittel gegen die verschiedensten Beschwerdenbewährt haben.

Bakterien als Fabrik

Im Abschnitt über Zucker ging es bereits um dieMöglichkeit, geeignete Bakterienals „Fabrik“ zu verwenden. Auch bei der Herstellung von Vita-min C, Ascorbinsäure, werdenheute Bakterien genutzt. Als Ausgangsstoff wirdTraubenzucker verwen-det. Er ist Grundlage fürein wichtiges Vitamin,das nicht nur für Multivi-tamin-, sondern auch fürGrippetabletten und alsLebensmittelzusatzstoffbenötigt wird.

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler Pflan-zen als Rohstoff für Medikamente wieder entdeckt.Noch sind nicht alle Inhaltsstoffe aller Pflanzenbekannt, und die Natur ist immer wieder für Über-raschungen gut.

Herzmittel aus dem Fingerhut

Trotz gewaltiger Fortschritte im Bereich der Arznei-mittelherstellung ist die Natur auch heute in vielenFällen die billigere chemische Fabrik. Dies gilt beson-ders für kompliziert gebaute Verbindungen, die nurüber sehr viele Arbeitsschritte und Reaktionen imLabor hergestellt werden könnten. Ein Beispiel sinddie im Fingerhut enthaltenen Substanzen.

Fingerhut ist ein auf Waldlichtungen oder Kahlschlä-gen wachsender Rachenblütler mit schönen rosaBlüten. Die wild wachsende Pflanze ist bei uns ge-schützt! Bereits im 18. Jahrhundert entdeckten eng-lische Ärzte im Fingerhut einen Stoff, der wirksamist, wenn die Pumpleistung des Herzens nicht aus-reicht, um den Blutkreislauf zu versorgen. Nach demlateinischen Namen „Digitalis“ für den Fingerhutwurden auch die Herzmittel benannt. Bereits Endedes 18. Jahrhunderts kannte man die notwendigen

Pflanzen mit Heilwirkung

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Papiermaschine

Finge

rhut

MUTTER NATUR ALS APOTHEKE

Spinnmasse

Quelle: Chemie heute, Sek.II, Schrödel Verlag, 1992.

Spinndüse

Fällbad

Faser

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Chinaschilf (Miscanthus). Dieses ist an deutscheStandortverhältnisse jedoch nicht angepasst.Man kann heute noch nicht abschließend sagen, inwelchem Umfang künftig heimische Nachwachsen-de Rohstoffe für diese Zwecke eingesetzt werden.

Biodiesel und Bioethanol

Erdöl wird u. a. für die Herstellung flüssiger Kraft-stoffe für Autos, Flugzeuge und Schiffe eingesetzt.Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Teil dieserTreibstoffe durch pflanzliche Produkte zu ersetzen.Rapsöl oder auch andere Pflanzenöle können direktzum Antrieb von Motoren eingesetzt werden. Aller-dings müssen die Motoren speziell an dieses „Fut-ter“ angepasst werden.Ein anderer Weg besteht darin, die Methylester derFettsäuren des Rapsöls (Rapsölmethylester, RME)oder anderer Pflanzenöle als Dieselkraftstoff einzu-setzen. Größere Änderungen an den Motoren sindbei der Verwendung dieses Biodiesels nicht notwen-dig. Allerdings müssen die eingebauten Kraftstoff-schläuche gegenüber diesem Treibstoff beständigsein.In Deutschland kann man derzeit (1997) an etwa700 Tankstellen Biodiesel tanken. Die Preise sind mitdenen des „normalen“ Diesels vergleichbar, obwohldie Herstellung von Biodiesel eigentlich teurer ist. ImGegensatz zu Dieselkraftstoff aus Erdöl muss auf Biodiesel aber keine Mineralölsteuer bezahlt werden. Wesentlicher Vorteil des Biodiesels ist seine gute biolo-gische Abbaubarkeit. Damit sind auch die auftretenden Gefährdungen der Umwelt bei undichten Kraftstofflei-tungen oder beim Verschüt-ten von Treibstoff erheblich geringer. Deshalb wird bei-spielsweise der Einsatz in umweltsensiblen Bereichen, z. B. im Tiefbau, in Wasser-gewinnungsanlagen und bei Krabbenkuttern, die im Wat-tenmeer fischen, empfohlen. Hier kann Biodiesel eindeu-tig zum Umweltschutz bei-tragen.

Direkte elektrische Energie liefern Solarzellen. Aberauch Windkraftwerke werden letztendlich mit Son-nenenergie betrieben. Denn ohne die Einstrahlungder Sonne gäbe es auf der Erde keine Temperatur-unterschiede und damit keinen Wind. Dasselbe giltfür Wasserkraftwerke. Der Wasserkreislauf wirddurch die von der Sonne gelieferte Energie ange-trieben. Man kann die Sonne aber auch nutzen,indem man auf die in Pflanzen gespeicherte Energiezurückgreift.

Strom und Wärme aus NachwachsendenRohstoffen

Zum Heizen, Kochen und zur Stromerzeugung wer-den Energieträger im großen Umfang benötigt. Invielen Ländern ist – auch heute noch – Holz als

Energielieferant sehr wichtig. Auch bei uns gewinntdie Nutzung von Holz als Brennmaterial wieder anBedeutung. Ein zusätzlicher Ofen im Wohnzimmerspart an kalten Tagen deutlich Heizkosten und ver-breitet gleichzeitig Gemütlichkeit. Es gibt auch Öfenfür Zentralheizungen. Dies bietet sich für Häuser inwaldreichen Gegenden an. Die Transportwege fürdiese Brennmaterialien sind dann entsprechend kurz.Auch in Heizkraftwerken können NachwachsendeRohstoffe verfeuert werden. Das lohnt sich, wennHolzabfälle, Stroh oder andere Pflanzenreste ingroßen Mengen zur Verfügung stehen. So fallen beider Landschaftspflege Grasschnitt, Hölzer undPflanzenreste an. Diese können getrocknet und ver-feuert werden. Es wurde auch bereits darangedacht, spezielle Pflanzen für die Energieerzeugungzu züchten. Erprobt wurde auch der Anbau von

Treibstoffe vom Acker

19

Pflanzen gespeicherte Sonnenenergie. Pflanzenwachsen nach, und es könnten, bei genügendgroßen Ackerflächen, beträchtliche Mengen anEnergieträgern produziert werden.Jedoch benötigt man für den Anbau von Nachwach-senden Rohstoffen auch Energie. Der Landwirtbenutzt zum Bestellen des Feldes einen Traktor, derwiederum Dieselkraftstoff zum Fahren braucht. DiePflanzen auf dem Feld müssen mit Pflanzenschutz-mitteln und Dünger behandelt werden. Nach derErnte müssen sie für eine weitere Nutzung transpor-tiert und aufbereitet werden. Auch die Herstellungvon Dieselkraftstoff sowie die Produktion von Pflan-zenschutzmitteln und Düngern als auch der Trans-port und die Aufbereitung der Pflanzen verbrauchenEnergie. Für eine Beurteilung, ob sich die Energiege-winnung aus Nachwachsenden Rohstoffen lohnt,muss man all diese Gesichtspunkte berücksichtigenund miteinander vergleichen. In der Fachsprachespricht man von einer Energiebilanz.

Tatsächlich zeigen wissenschaftliche Untersu-chungen, dass die aus Nachwachsenden Festbrenn-stoffen gewonnene Energiemenge bis zu 65-malhöher ist als die Energiemenge, die man zur Produk-tion der Pflanzen benötigt. Die Energiebilanz fürNachwachsende Rohstoffe ist also positiv. Diegewinnbare Energiemenge hängt natürlich vom ein-gesetzten Pflanzenbrennstoff (Getreidepflanze,Stroh, Holzhackschnitzel, Schilfgras etc.), von denzur Verfügung stehenden Flächen sowie dem not-wendigen Einsatz an Betriebsmitteln (zum BeispielNutzungstechniken, Dünge- und Pflanzenschutzmit-teln) ab.Die Energieerzeugung aus Nachwachsenden Roh-stoffen ist also sinnvoll, und sie kann helfen, fossileRohstoffe einzusparen.

Neben Pflanzenölen, Rapsölmethylester oder allge-mein Pflanzenölmethylester gibt es noch einenanderen Treibstoff auf pflanzlicher Basis: das Etha-nol.Das Verfahren zur Gewinnung von Ethanol ist uralt.Kohlenhydratreiches Pflanzenmaterial, wie Zuckerrü-ben oder Getreide, wird mit Wasser und Hefe ver-setzt und vergoren. Die Hefepilze ernähren sich vonden Kohlenhydraten und produzieren dabei Kohlen-stoffdioxid und Ethanol. Das Ethanol kann nachBeendigung der Gärung abdestilliert werden. DerProzess ist somit vergleichbar mit der Herstellungvon Schnaps oder Weinbrand. Finanziell lohnend istdas Verfahren unter den derzeitigen Rahmenbedin-gungen jedoch nicht.Die Hauptmenge des Ethanols wird heute auf derBasis von Erdöl gewonnen. Aber auch dieses Ethanolist als Treibstoff bzw. Treibstoffzusatz gegenüberBenzin/Diesel nicht konkurrenzfähig.

Eine dritte Möglichkeit der Nutzung Nach-wachsender Rohstoffe ist nur wenig bekannt. Wirhaben bereits gehört, dass pflanzliche Stoffebestimmten Bakterien als Nahrung dienen können.Eine Gruppe von Bakterien lebt anaerob, „arbeitet”also ohne Sauerstoff. Als Stoffwechselprodukt schei-den sie zum größten Teil den KohlenwasserstoffMethan aus. Die Bakterien sind dabei nicht wähle-risch. Pflanzliche Abfälle, Abfälle aus Gärungspro-zessen, aber auch tierische und menschliche Exkre-mente werden als Nahrung genutzt. Das entstehen-de Gas wird „Biogas“ genannt und kann zurWärme- und Stromerzeugung genutzt werden. Bio-gasanlagen können sich besonders in Verbindungmit landwirtschaftlichen Betrieben lohnen. Auch beivielen Verfahren der Gewinnung NachwachsenderRohstoffe bleiben Reste von Pflanzen übrig. Sie kön-nen als Viehfutter oder zur Erzeugung von Biogaseingesetzt werden.

Lohnt sich die Energieerzeugung ausNachwachsenden Rohstoffen?

Fossile Rohstoffe sind auf unserer Erde begrenzt.Kann nun die energetische Nutzung von Nachwach-senden Rohstoffen helfen, fossile Rohstoffe einzu-sparen? Auf den ersten Blick scheint dies selbstver-ständlich zu sein, denn die in Nachwachsenden Roh-stoffen enthaltene Energie ist nichts anderes als in

SONNENENERGIE AUF UMWEGEN

Rapsfeld

Schülerheft 14.08.2000 13:44 Uhr Seite 18

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Chinaschilf (Miscanthus). Dieses ist an deutscheStandortverhältnisse jedoch nicht angepasst.Man kann heute noch nicht abschließend sagen, inwelchem Umfang künftig heimische Nachwachsen-de Rohstoffe für diese Zwecke eingesetzt werden.

Biodiesel und Bioethanol

Erdöl wird u. a. für die Herstellung flüssiger Kraft-stoffe für Autos, Flugzeuge und Schiffe eingesetzt.Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Teil dieserTreibstoffe durch pflanzliche Produkte zu ersetzen.Rapsöl oder auch andere Pflanzenöle können direktzum Antrieb von Motoren eingesetzt werden. Aller-dings müssen die Motoren speziell an dieses „Fut-ter“ angepasst werden.Ein anderer Weg besteht darin, die Methylester derFettsäuren des Rapsöls (Rapsölmethylester, RME)oder anderer Pflanzenöle als Dieselkraftstoff einzu-setzen. Größere Änderungen an den Motoren sindbei der Verwendung dieses Biodiesels nicht notwen-dig. Allerdings müssen die eingebauten Kraftstoff-schläuche gegenüber diesem Treibstoff beständigsein.In Deutschland kann man derzeit (1997) an etwa700 Tankstellen Biodiesel tanken. Die Preise sind mitdenen des „normalen“ Diesels vergleichbar, obwohldie Herstellung von Biodiesel eigentlich teurer ist. ImGegensatz zu Dieselkraftstoff aus Erdöl muss auf Biodiesel aber keine Mineralölsteuer bezahlt werden. Wesentlicher Vorteil des Biodiesels ist seine gute biolo-gische Abbaubarkeit. Damit sind auch die auftretenden Gefährdungen der Umwelt bei undichten Kraftstofflei-tungen oder beim Verschüt-ten von Treibstoff erheblich geringer. Deshalb wird bei-spielsweise der Einsatz in umweltsensiblen Bereichen, z. B. im Tiefbau, in Wasser-gewinnungsanlagen und bei Krabbenkuttern, die im Wat-tenmeer fischen, empfohlen. Hier kann Biodiesel eindeu-tig zum Umweltschutz bei-tragen.

Direkte elektrische Energie liefern Solarzellen. Aberauch Windkraftwerke werden letztendlich mit Son-nenenergie betrieben. Denn ohne die Einstrahlungder Sonne gäbe es auf der Erde keine Temperatur-unterschiede und damit keinen Wind. Dasselbe giltfür Wasserkraftwerke. Der Wasserkreislauf wirddurch die von der Sonne gelieferte Energie ange-trieben. Man kann die Sonne aber auch nutzen,indem man auf die in Pflanzen gespeicherte Energiezurückgreift.

Strom und Wärme aus NachwachsendenRohstoffen

Zum Heizen, Kochen und zur Stromerzeugung wer-den Energieträger im großen Umfang benötigt. Invielen Ländern ist – auch heute noch – Holz als

Energielieferant sehr wichtig. Auch bei uns gewinntdie Nutzung von Holz als Brennmaterial wieder anBedeutung. Ein zusätzlicher Ofen im Wohnzimmerspart an kalten Tagen deutlich Heizkosten und ver-breitet gleichzeitig Gemütlichkeit. Es gibt auch Öfenfür Zentralheizungen. Dies bietet sich für Häuser inwaldreichen Gegenden an. Die Transportwege fürdiese Brennmaterialien sind dann entsprechend kurz.Auch in Heizkraftwerken können NachwachsendeRohstoffe verfeuert werden. Das lohnt sich, wennHolzabfälle, Stroh oder andere Pflanzenreste ingroßen Mengen zur Verfügung stehen. So fallen beider Landschaftspflege Grasschnitt, Hölzer undPflanzenreste an. Diese können getrocknet und ver-feuert werden. Es wurde auch bereits darangedacht, spezielle Pflanzen für die Energieerzeugungzu züchten. Erprobt wurde auch der Anbau von

Treibstoffe vom Acker

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Pflanzen gespeicherte Sonnenenergie. Pflanzenwachsen nach, und es könnten, bei genügendgroßen Ackerflächen, beträchtliche Mengen anEnergieträgern produziert werden.Jedoch benötigt man für den Anbau von Nachwach-senden Rohstoffen auch Energie. Der Landwirtbenutzt zum Bestellen des Feldes einen Traktor, derwiederum Dieselkraftstoff zum Fahren braucht. DiePflanzen auf dem Feld müssen mit Pflanzenschutz-mitteln und Dünger behandelt werden. Nach derErnte müssen sie für eine weitere Nutzung transpor-tiert und aufbereitet werden. Auch die Herstellungvon Dieselkraftstoff sowie die Produktion von Pflan-zenschutzmitteln und Düngern als auch der Trans-port und die Aufbereitung der Pflanzen verbrauchenEnergie. Für eine Beurteilung, ob sich die Energiege-winnung aus Nachwachsenden Rohstoffen lohnt,muss man all diese Gesichtspunkte berücksichtigenund miteinander vergleichen. In der Fachsprachespricht man von einer Energiebilanz.

Tatsächlich zeigen wissenschaftliche Untersu-chungen, dass die aus Nachwachsenden Festbrenn-stoffen gewonnene Energiemenge bis zu 65-malhöher ist als die Energiemenge, die man zur Produk-tion der Pflanzen benötigt. Die Energiebilanz fürNachwachsende Rohstoffe ist also positiv. Diegewinnbare Energiemenge hängt natürlich vom ein-gesetzten Pflanzenbrennstoff (Getreidepflanze,Stroh, Holzhackschnitzel, Schilfgras etc.), von denzur Verfügung stehenden Flächen sowie dem not-wendigen Einsatz an Betriebsmitteln (zum BeispielNutzungstechniken, Dünge- und Pflanzenschutzmit-teln) ab.Die Energieerzeugung aus Nachwachsenden Roh-stoffen ist also sinnvoll, und sie kann helfen, fossileRohstoffe einzusparen.

Neben Pflanzenölen, Rapsölmethylester oder allge-mein Pflanzenölmethylester gibt es noch einenanderen Treibstoff auf pflanzlicher Basis: das Etha-nol.Das Verfahren zur Gewinnung von Ethanol ist uralt.Kohlenhydratreiches Pflanzenmaterial, wie Zuckerrü-ben oder Getreide, wird mit Wasser und Hefe ver-setzt und vergoren. Die Hefepilze ernähren sich vonden Kohlenhydraten und produzieren dabei Kohlen-stoffdioxid und Ethanol. Das Ethanol kann nachBeendigung der Gärung abdestilliert werden. DerProzess ist somit vergleichbar mit der Herstellungvon Schnaps oder Weinbrand. Finanziell lohnend istdas Verfahren unter den derzeitigen Rahmenbedin-gungen jedoch nicht.Die Hauptmenge des Ethanols wird heute auf derBasis von Erdöl gewonnen. Aber auch dieses Ethanolist als Treibstoff bzw. Treibstoffzusatz gegenüberBenzin/Diesel nicht konkurrenzfähig.

Eine dritte Möglichkeit der Nutzung Nach-wachsender Rohstoffe ist nur wenig bekannt. Wirhaben bereits gehört, dass pflanzliche Stoffebestimmten Bakterien als Nahrung dienen können.Eine Gruppe von Bakterien lebt anaerob, „arbeitet”also ohne Sauerstoff. Als Stoffwechselprodukt schei-den sie zum größten Teil den KohlenwasserstoffMethan aus. Die Bakterien sind dabei nicht wähle-risch. Pflanzliche Abfälle, Abfälle aus Gärungspro-zessen, aber auch tierische und menschliche Exkre-mente werden als Nahrung genutzt. Das entstehen-de Gas wird „Biogas“ genannt und kann zurWärme- und Stromerzeugung genutzt werden. Bio-gasanlagen können sich besonders in Verbindungmit landwirtschaftlichen Betrieben lohnen. Auch beivielen Verfahren der Gewinnung NachwachsenderRohstoffe bleiben Reste von Pflanzen übrig. Sie kön-nen als Viehfutter oder zur Erzeugung von Biogaseingesetzt werden.

Lohnt sich die Energieerzeugung ausNachwachsenden Rohstoffen?

Fossile Rohstoffe sind auf unserer Erde begrenzt.Kann nun die energetische Nutzung von Nachwach-senden Rohstoffen helfen, fossile Rohstoffe einzu-sparen? Auf den ersten Blick scheint dies selbstver-ständlich zu sein, denn die in Nachwachsenden Roh-stoffen enthaltene Energie ist nichts anderes als in

SONNENENERGIE AUF UMWEGEN

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DIE AUTOREN

PROF. DR. HANS JOACHIM BADER

Prof. Dr. Hans Joachim Bader, geb. 1946, Studium der Chemie, Promotion in organischer Chemie, Habilitation inDidaktik der Chemie. Von 1986 bis 1991 Professor für Didaktik der Chemie an der Universität Erlangen/Nürnberg,seit 1991 an der Universität Frankfurt.

PROF. DR. INSA MELLE

Prof. Dr. Insa Melle, geb. 1966, Studium der Chemie undMathematik für das Lehramt an Gymnasien, 1. und 2. Staats-examen, Promotion und Habilitation in Didaktik der Chemie.Von 1995 bis 1998 Wissenschaftliche Assistentin am Institutfür Didaktik der Chemie der Universität Frankfurt/M., dannProfessorin für Didaktik der Chemie an der Universität Jena,seit 1999 Lehrstuhlinhaberin an der Universität Dortmund.

DR. SABINE NICK

Dr. Sabine Nick, geb. 1963, Studium der Chemie an der Uni-versität Frankfurt, Promotion in anorganischer Chemie. Seit1999 Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Anorgani-sche Chemie der Universität Kiel und am Institut für diePädagogik der Naturwissenschaften (IPN) an der UniversitätKiel. Ihre Hauptarbeitsgebiete sind die Entwicklung voncomputergestützten Lehr- und Lernmedien (ChemNet) undihr Einsatz in der Hochschul- und Schulausbildung.

FOTONACHWEIS

Andreas Stihl, WaiblingenBayer AG, LeverkusenBrauerei Beck GmbH & Co, BremenCentrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA), BonnComstock GmbH, BerlinCotton Service Büro, Frankfurt/MainDunlop SP Reifenwerke GmbH, HanauHenkel KGaA, DüsseldorfICI Dulux Lacke Farben GmbH, HildenInstitut für Angewandte Forschung, Fachhochschule Reutlingen, ReutlingenLandesanstalt für Pflanzenbau Forchheim, Dr. Paul Schweiger, RheinstettenLeinen Schwurhand-Zeichenverband e.V., BielefeldOkapia Bildarchiv KG, BerlinPremium Stock Photography GmbH, DüsseldorfSüdzucker AG, MannheimTony Stone, MünchenUnion zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP), BonnVerband Deutscher Papierfabriken e.V., BonnWeleda AG, Schwäbisch GmündWella AG, Darmstadt

IMPRESSUM

HerausgeberFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Hofplatz 1, 18276 GülzowTelefon: (03843) 69 30-0, Fax: (03843) 69 30-102

Gefördert durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Bonn

AutorenProf. Dr. Hans Joachim Bader, Dr. Sabine Nick, Prof. Dr. Insa MelleJohann Wolfgang Goethe-Universität, Fachbereich Chemie, Institut für Didaktik der Chemie, Frankfurt/Main

RedaktionAngela Schulze-Scholpp, Dorland Public Relations. Grey Gruppe, Berlin

GestaltungWiebke Enwaldt & Ines Vorberg, Dorland Public Relations. Grey Gruppe, Berlin

VertriebSchroedel Verlag, Hannover

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Herausgeber Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.,Hofplatz 1, 18276 GülzowTelefon: (0 38 43) 69 30-0Fax: (0 38 43) 69 30-102E-Mail: [email protected]: http://www.fnr.de

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