Die Übungsfirma (liegt) im Auge des Betrachters · — Implementations- und Entwicklungsprozess:...

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menschen.lernen.wirtschaft – wirtschaftspädagogik linz MMag. Judith Frei Mag. Paul Maderthaner Die Übungsfirma (liegt) im Auge des Betrachters Ergebnisse einer Interviewstudie

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menschen.lernen.wirtschaft – wirtschaftspädagogik linz

MMag. Judith FreiMag. Paul Maderthaner

Die Übungsfirma (liegt) im Auge des Betrachters

Ergebnisse einer Interviewstudie

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Gang der Darstellung

� Theoriebasierte Konzepte der Übungsfirmenarbeit

� bm:ukk-Projekt „Entwicklungsperspektiven der Übungsfirma“

� Ergebnisse: Funktionsbilder zentraler Akteur/inn/e/n

� Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung des Übungsfirmenkonzepts

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1. Übungsfirma als Praxistraining

2. Konzept der Konzentration und übenden Anwendung (Theorie vor Praxis, Übungsfirma)

3. Konzept des Lernortes eigener Prägung(Theorie durch Praxis, Lernfirma)

Üfa als Lernort zweiter Wahl, Ersatzlösung für den Lernort Betrieb

Üfa als curriculares Zentrum

Theoriebasierte Konzepte der Übungsfirmenarbeit

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1. Übungsfirma als Praxistraining

� Kompensationsfunktion: Üfa als Ersatz betrieblicher Lernorte

� Zielsetzung: Aufbau und Festigung spezifischer beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten � Lernen als „training on the job“

� Modellkonstruktion: Maßstabsgetreue Nachbildung der betrieblichen Arbeitssituation

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2. Konzentration und übende Anwendung

� Zielsetzungen:- Zusammenführung des in den einzelnen Fächern erworbenen Wissens

zur Einheit des kaufmännischen Betriebes- Anwendung und Übung

� Üfa als Ergänzung des theoretischen Unterrichts

� Trennung von begrifflich-theoretischem Lernen und praktischem Anwenden

� Verortung der Übungsfirma am Ende der kaufmännischen Ausbildung (umfangreiches Vorwissen wird vorausgesetzt)

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3. Üfa als Lernort eigener Prägung

ökonomischeSinnausrichtung

vollständigesHandeln

fachlich-theoretisches

Lernen

Die Üfaals Lernort

eigener Prägung

(NEUWEG 2001)

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Projekt: Entwicklungsperspektiven der Übungsfirma im kaufmännischen Schulwesen

� Auftraggeber: bm:ukk, Abt. II/3

� Studie 1 (Juli bis November 2007): Erhebung des Status quo der Üfa-Forschung im deutschen Sprachraum

� Studie 2 (seit Oktober 2007): Die Üfa aus der Sicht zentraler Akteur/inn/e/n

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Studie 2: Die Üfa aus Sicht zentraler Akteur/inn/e/n

� Methodik: teilstrukturierte Leitfadeninterviews

— 17 ein- bis zweistündige Interviews mit Protagonist/inn/en auf Systemebene: Bildungsforschung, Übungsfirmenentwicklung, Schulverwaltung, Stakeholder

— Datenmaterial: ca. 280 Seiten Interviewtranskripte

� Fragenspektrum:

— „Funktionsbilder“ der Übungsfirma: Konzeptbeschreibungen, Zielvorstellungen, schulinterne Verankerung, Merkmale anspruchsvollen Üfa-Unterrichts …

— Implementations- und Entwicklungsprozess: Einführung, Lehrplanreform 2003/04, Qualitätsmarke, Ist-Stand

— Stärken/Schwächen des Konzepts, Entwicklungspotenziale

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Kontext: Zielvielfalt im österreichischen Üfa-Konzept

� Didaktische Überlegungen zur Ausgestaltung des Üfa-Konzeptes wurden nur in geringem Ausmaß öffentlich gemacht.

� Wenige Hinweise darauf, welche konkreten Zielsetzungen durch welche konkretendidaktischen Impulse während der Üfa-Arbeit zu verfolgen sind

� Sammelbecken unterschiedlichster Ansprüche: Erkennen wirtschaftlicher Zusammenhänge, Fremdsprachentraining, IT-Einsatz, Förderung von Schlüsselqualifikationen …

� Entscheidung über die Lernerfahrungen, die den Schüler/inne/n eröffnet werden, wird der einzelnen Lehrkraft vor Ort überantwortet � große didaktische Spielräume

� Das österreichische Übungsfirmenkonzept befindet sich primär in den Köpfen seiner Entwickler/innen

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Funktionsbilder: Fragenkomplexe

Funktionsbilder der Üfa

Konzeptbeschreibungen

Zielvorstellungen

Verzahnung Fachunterricht – Üfa

Gütekriterien/Horrorvisionen

Üfa vs. andere Lehr-Lern-Arrangements

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Funktionsbilder der Akteur/inn/e/n

Übungsfirma als

� Sozialkompetenz-Trainingszentrum

� Praxistraining

� Konzentration und übende Anwendung

� Lernort eigener Prägung

induktiv aus Datenmaterial generiert

deduktiv aus Theoriebestand abgeleitet

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1. Sozialkompetenz-Trainingszentrum

� Ansätze der Persönlichkeitsbildung: „Teamfähigkeit“

� Kompetenzaufbau im sozial-kommunikativen Bereich, Vermittlung von Arbeitseinstellungen

� Vielfältige Erwartungen an die Üfa: Handlungskoordination, kooperative Problemlösung, Bewältigung interpersonaler Konflikte, Einsatz von Fremdsprachen, Arbeitstugenden

� Uneinheitliche Bewertung: Kernziel vs. Nebenprodukt

„… ein ganz zentraler Bereich, an dem kommt man gar nicht vorbei.“

„Es gehen inzwischen auch Lehrkräfte anderer Unterrichtgegenstände in das BWZ, weil sie es dann

eben nicht nur als kaufmännisches Zentrum, sondern als Schlüsselqualifikationszentrum,

Entwicklungs-, Unterstützungs-, Modulbereich sehen.“

„Ist eher etwas Unterschwelliges, das eben da stattfindet.“

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2. Praxistraining

� Hauptkriterium: praxisgerechte Berufsausbildung

� Üfa als möglichst naturalistisches Abbild der Realsituation in Unternehmen

� Akzente: realitätsnahe Arbeitsabläufe, Nachbildung betrieblicher Kooperationsstrukturen

„Die Übungsfirma ist ein Lernort, in dem die Schüler praxisrelevante Abläufe kennenlernen.

Sie arbeiten in einem Büro, so wie in der Realwirtschaft. Sie arbeiten entsprechend den Prozessen, die auch in der Praxis üblich sind.“

„Was in der HTL die Werkstatt und in der HLW die Küche ist, ist im kaufmännischen Schulwesen die

Übungsfirma.“„In der Üfa sind es andere Lernprozesse und Strukturen als in

Unternehmen.“

„Man läuft Gefahr, eine Karikatur von Realität aufzubauen in dem Glauben, so läuft es in Wirklichkeit ab.“

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3. Konzentration und übende Anwendung

� Anwendung, festigende Übung und Konzentration— des in anderen Gegenständen erworbenen (kaufmännischen) Wissens

— von „Bürotechniken“

� Beispiele: Unregelmäßigkeiten im Kaufvertrag, Produktkalkulation, Zahlungsverkehr, Logistik

� Zumeist hohe Bewertung entsprechend der curricularen Stellung der Üfa

„Ganz egal, welche betriebswirtschaftliche Funktion das auch immer ist, das kann man ja

immer sofort 1 : 1 übertragen auf die Üfa.“Üfa als „größerer Saal, in dem die Schüler das, was

sie in anderen Gegenständen gelernt haben, kognitiv-praktisch anwenden.“

„Es sollte weniger die Konzeption sein, dass man Dinge, die man vorher behandelt hat, jetzt übend anwendet, sondern es sollte darum gehen, dass man in der Üfa

betriebswirtschaftliches Wissen aus Prozessen heraus erarbeitet.“

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4. Lernort eigener Prägung

� Anliegen der meisten Befragten: Erkennen betrieblicher Zusammenhänge

� In Einzelfällen: Hinweise auf Formalzielorientierung (Businessplan, Umsatzziele)

� Selten: Thematisierung von induktivem Lernen im Handlungs- und Prozesskontext

„Die Üfa ist ein Kleinstunternehmen mit all den Möglichkeiten.“

„Die Übungsfirma ist die Trainingsstätte für unternehmerisches Handeln und Denken.“

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Fazit

� Kein konsistentes Soll-Bild auf Systemebene

� Zielvielfalt: höchst unterschiedliche Erwartungen, Hoffnungen und Zielzuschreibungen

— sowohl intrapersonal (innerhalb einzelner Interviews)

— als auch interpersonal (zwischen den Akteur/inn/e/n)

� Keine gemeinsam geteilte Definition qualitätsvoller Übungsfirmenarbeit

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Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung

� Breitflächige Diskussion über Zielvorstellungen

� Klärung der schultypenspezifischen Funktion von Üfa: HAK vs. HAS

� Schärfung und Kommunikation des didaktischen Profils der Üfa (z.B. Kompetenzkataloge, Anreicherung der Qualitätsmarke um didaktische Kriterien)

� Unterschiedliche Entwicklungsaufgaben je nach gewähltem Leitbild, z.B.:

— Anwendungskonzept: Welche konkreten Inhalte/Methoden/Theorien sind anzuwenden?

— Lernort eigener Prägung: Datenmodellierung, valider Üfa-Markt etc.