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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 0

© Rebecca Geörg 2003

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1 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

INHALTSVERZEICHNIS

(Kurzfassung)

1. Einführung 6

2. Das schottische Schulsystem 8

2.1. Die gesellschaftspolitische Situation in Schottland 8

2.2. Die Entwicklung des schottischen Schulsystems 11

2.3. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungssystems 19

2.4. Die Struktur des Schulwesens in Schottland 23

2.5. Die Primarstufe im schottischen Schulwesen 26

2.6. Die Sekundarstufe im schottischen Schulwesen 30

2.7. Die Rolle des Gälischen in den Schulen 37

2.8. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im schottischen

Schulsystem 38

2.9. Autonomie im schottischen Schulwesen 43

3. Das baden-württembergische Schulsystem 49

3.1. Die gesellschaftspolitische Situation in Baden-Württemberg 49

3.2. Die Entwicklung des baden-württembergischen Schulsystems 51

3.3. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungswesens in

Baden-Württemberg 54

3.4. Die Struktur des Schulwesens in Baden-Württemberg 57

3.5. Die Schulen des Sekundarbereichs im Detail 60

3.6. Der Bildungsplan 2004 64

3.7. Die aktuellen Innovationsfelder 67

4. Schlussbetrachtung 81

4.1. Welches System ist besser? 81

4.2. Was können die Bildungssysteme voneinander lernen? 82

5. Bibliographie 87

6. Anhang zur Wissenschaftlichen Hausarbeit 98

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 2

INHALTSVERZEICHNIS

(detailliert)

1. Einführung 6

2. Das schottische Schulsystem 8

2.1. Die gesellschaftspolitische Situation in Schottland 8 2.1.1. Der politische Hintergrund 8 2.1.2. Geografische und demografische Faktoren 9

2.2. Die Entwicklung des schottischen Schulsystems 11 2.2.1. Die ersten Schritte 11 2.2.2. Der Einfluss der industriellen Revolution auf das Bildungswesen 12 2.2.3. Education (Scotland) Act 1872 13 2.2.4. Die Entwicklung der Sekundarschulen 14 2.2.5. Die aktuellsten Reformen 16

2.2.5.1. Der Sekundarbereich 16 2.2.5.2. Der Primarbereich 17 2.2.5.3. Die Oberstufe 18

2.2.6. Die Bedeutung der Chancengleichheit 19

2.3. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungs-wesens in Schottland 19

2.3.1. Gesetzgebung 20 2.3.2. Zuständigkeiten und Verwaltung 20

2.3.2.1. Die Verwaltung auf nationaler Ebene 20 2.3.2.2. Die Verwaltung auf lokaler Ebene 21 2.3.2.3. Die Verwaltung auf schulischer Ebene 21 2.3.2.4. Zeugnisse und Abschlussprüfungen 22 2.3.2.5. Curriculare Richtlinien 22

2.4. Die Struktur des Schulwesens in Schottland 23 2.5. Die Primarstufe im schottischen Schulwesen 26

2.5.1. Der „Lehrplan“ für die Altersstufen 5-14 27 2.5.1.1. Die Ursachen 27 2.5.1.2. Die Schwerpunktsetzung bei der Entwicklung von 5-14 27 2.5.1.3. Die Struktur des neuen „Lehrplans“ 28 2.5.1.4. Die Ziele des ’5-14 curriculum’ 28

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3 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

2.5.2. Leistungsbeurteilung in der Grundschule 29 2.5.2.1. Die Festlegung der Standards 29 2.5.2.2. Die Bewertung der Schülerleistung 29

2.6. Die Sekundarstufe im schottischen Schulwesen 30 2.6.1. Die Sekundarstufe I 31

2.6.1.1. Das 5-14 Programm an den Sekundarschulen (S1/2) 31 2.6.1.2. Standard Grade (S3/4) 32

2.6.2. Die Sekundarstufe II 33 2.6.2.1. Higher Still (S5/6) 34

2.6.3. Die Leistungsbeurteilung in der Sekundarstufe 36 2.6.3.1. Die Kriterien bei der Leistungsbeurteilung 36 2.6.3.2. Das Verhältnis von interner und externer Evaluation 36

2.7. Die Rolle des Gälischen in den Schulen 37 2.8. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im schottischen Schulsystem 38

2.8.1. Historische Entwicklung 39 2.8.2. Evaluation auf nationaler Ebene 39

2.8.2.1. Das schottische Schulinspektorat (HM Inspectorate of Education (HMIE)) 39 2.8.2.2. Die Zuständigkeitsbereiche des HM Inspectorate of Education 40 2.8.2.3. Die Vorgehensweise der Inspektoren bei der Evaluation einer Schule 40 2.8.2.4. Neuerungen im Bildungswesen 41

2.8.3. Evaluation auf lokaler Ebene 42 2.8.3.1. Schulische Selbstevaluation 42 2.8.3.2. Schulevaluation auf der Ebene der Bildungsbehörden 42 2.8.3.3. Bedeutung der Systeme zur Qualitätssicherung 43

2.9. Autonomie im schottischen Schulwesen 43 2.9.1. Devolved School Management (DSM) 44

2.9.1.1. Die Rechte der Eltern 44 2.9.1.2. Die Rechte der Schule 45

2.9.2. Die Bereiche schulischer Autonomie 46 2.9.2.1. Personelle Eigenverantwortung 46 2.9.2.2. Pädagogische Eigenverantwortung 47

3. Das baden-württembergische Schulsystem 49 3.1. Die gesellschaftspolitische Situation in Baden-Württemberg 49

3.1.1. Der politische Hintergrund 49 3.1.2. Geographische und demographische Faktoren 50

3.2. Die Entwicklung des baden-württembergischen Schulsystems 51 3.2.1. Die Entwicklungen bis 19 45 51 3.2.2. Die Entwicklungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 52 3.2.3. Die aktuelle Debatte 54

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 4

3.3. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungswesens in Baden-

Württemberg 54 3.3.1. Zuständigkeiten und Verwaltung 54

3.3.1.1. Zuständigkeiten des Bundes 54 3.3.1.2. Zuständigkeiten der Länder 55 3.3.1.3. Zuständigkeiten der Gemeinden 56 3.3.1.4. Die Verwaltung auf schulischer Ebene 56

3.4. Die Struktur des Schulwesens in Baden-Württemberg 57 3.5. Die Schulen des Sekundarbereichs im Detail 60

3.5.1. Die Hauptschule 60 3.5.2. Die Realschule 62 3.5.3. Das Gymnasium 63

3.6. Der Bildungsplan 2004 64 3.6.1. Die Ansprüche 64 3.6.2. Die Verwirklichung 65

3.6.2.1. Kontingentstundentafeln 65 3.6.2.2. Fächerverbünde 65 3.6.2.3. Bildungsstandards 66

3.7. Die aktuellen Innovationsfelder 67 3.7.1. Der naturwissenschaftliche Unterricht in der Realschule 67

3.7.1.1. Naturwissenschaftliches Arbeiten (NWA) 68 3.7.2. Der Fremdsprachenunterricht 68

3.7.2.1. Fremdsprachenunterricht in der Grundschule 69 3.7.2.2. Fachunterricht in einer Fremdsprache an den weiterführenden Schulen 70 3.7.2.3. Weiterentwicklung der Realschulabschlussprüfung Englisch 70

3.7.3. Projektorientiertes Arbeiten 71 3.7.3.1. Die Projektprüfung an Hauptschulen 71 3.7.3.2. Wirtschaften – Verwalten – Recht: Ein themenorientiertes Projekt in der Realschule 72

3.7.4. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im baden-württembergischen

Schulwesen 73 3.7.4.1. Warum ‚Schulautonomie‘? 73 3.7.4.2. Was ist ‚Schulautonomie‘? 74 3.7.4.3. Grenzen des Autonomie-Konzepts in Baden-Württemberg 74 3.7.4.4. Aktuelle Entwicklungen von ‚Schulautonomie‘ in Baden-Württemberg 75

3.7.4.4.1. Personelle Selbstständigkeit 75 3.7.4.4.2. Organisatorische und curriculare Selbstständigkeit 76 3.7.4.4.3. Finanzielle Selbstständigkeit 76

3.7.4.5. Formen der Qualitätssicherung in Baden-Württemberg 77 3.7.4.5.1. Bestehendes System der Qualitätssicherung 77 3.7.4.5.2. Neue Formen der Qualitätssicherung 78 3.7.4.5.3. LEU – neue Aufgaben 79

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5 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

4. Schlussbetrachtung 81

4.1. Welches System ist besser? 81 4.2. Was können die Bildungssysteme voneinander lernen? 82

4.2.1. Gesamtschule 83 4.2.2. Evaluation im Schulwesen 83 4.2.3. Lehr- und Lernmethoden 84 4.2.4. Ganztagsschule 85

5. Bibliographie 87

Printmedien 87 Internetadressen 96 Lexika 97

5. Anhang zur Wissenschaftlichen Hausarbeit 98

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 6

11.. EEiinnffüühhrruunngg

Im Rahmen dieser Zulassungsarbeit möchte ich das schottische Schulsystem dem baden-

württembergischen gegenüberstellen. Bei der Auswahl dieser beiden Länder bzw. Regionen

war natürlich zunächst meine persönliche Interessenlage ausschlaggebend.

Meine Wahl fiel auf Schottland, da mir während meines Auslandssemesteraufenthalts in

Glasgow Einblicke in den dortigen Schulalltag gewährt wurden. Nach einem Auslands-

semester an einem Lehrerbildungsinstitut mit begleitendem Schulpraktikum erschien es mir

lohnenswert, mich näher mit dem schottischen Schulsystem auseinander zu setzen.

Außerdem wählte ich Baden-Württemberg, da dessen Schulsystem für mich die größte

Relevanz besitzt. Einerseits habe ich in Baden-Württemberg meine gesamte Schulzeit

absolviert, andererseits werde ich hier in Zukunft als Realschullehrerin tätig sein. Aus diesem

Grund war es mir wichtig, mich intensiver mit dem baden-württembergischen Schulsystem

zu beschäftigen.

In mancher Hinsicht befinden sich Schottland und Baden-Württemberg in einer ähnlichen

Situation. Sowohl Schottland als auch Baden-Württemberg sind Teil eines größeren

Staatsgebildes. Sie besitzen eine eigene Regierung mit eingeschränkten Befugnissen, in

deren Kompetenzbereich jedoch in beiden Ländern das Bildungswesen fällt. Meiner Meinung

nach lassen sich zwischen den beiden Ländern hinreichend Parallelen finden, so dass die

Betrachtung des schottischen und des baden-württembergischen Schulsystem unter ver-

gleichendem Aspekt sinnvoll erscheint. Nichtsdestotrotz bestehen offensichtlich bemerkens-

werte Unterschiede. Im Gegensatz zum gegliederten Schulwesen Baden-Württembergs ist

beispielsweise die vorherrschende Schulform in Schottland die Gesamtschule. Ich werde in

dieser Arbeit aufzeigen, inwieweit sich dieser organisatorische Unterschied auf historische

Entwicklungen in beiden Ländern zurückführen lässt.

Bei näherer Betrachtung der beiden Schulsysteme wird sich zeigen, dass viele Entwick-

lungen, die in Baden-Württemberg momentan zur Diskussion stehen – wie z.B. eine größere

Autonomie der Einzelschule oder die Evaluation im Bildungswesen – in Schottland bereits

eine lange Tradition haben. Aus diesem Grund möchte ich ausführlich auf die Entwicklung

des schottischen Schulsystems eingehen. Die Entwicklung in Baden-Württemberg werde ich

im Gegensatz dazu nur kurz skizzieren, da sie mir hinreichend bekannt erscheint. Deshalb

wird beim baden-württembergischen Schulsystem das Hauptaugenmerk auf aktuellen

Entwicklungstendenzen liegen.

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7 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

Innerhalb meiner Zulassungsarbeit werde ich dem schottischen Schulsystem eindeutig mehr

Platz einräumen. Mir ist es wichtig, das dortige Bildungswesen genau zu schildern, um

adäquate Grundlagen für dessen Beurteilung zu liefern. Letztendlich sind wir mit der

Situation in unserem eigenen Bundesland weitaus besser vertraut. Aus dem selben Grund

möchte ich mich generell auf das allgemeinbildende Schulsystem beschränken, die

beruflichen Bildungsgänge bleiben unberücksichtigt. Die Einbeziehung der beruflichen

Schulen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Im Folgenden soll nun über die allgemeinbildenden Schulen des schottischen und baden-

württembergischen Schulsystems informiert werden. Es werden dabei sowohl historisch-

politische Hintergründe als auch neueste Entwicklungstendenzen aufgezeigt.

Obwohl ich es prinzipiell für angebracht halte, beide Geschlechter zu nennen, möchte ich –

um die Lektüre des Textes zu erleichtern - auf die Erwähnung des weiblichen Geschlechts

verzichten. Selbstverständlich gelten die Aussagen immer sowohl für das männliche als auch

für das weibliche Geschlecht.

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Das Schulsystem in Schottland 8

22.. DDaass sscchhoottttiisscchhee SScchhuullssyysstteemm

“The primary and most elementary fact to establish about the Scottish system is that it is just that: it is Scottish, not English. This may seem too obvious. Nevertheless, it is often, abroad, either not appreciated or it is vaguely know but overlooked.“ (Griffith 1989, S.71)

Ich möchte dieses Zitat an den Anfang meiner Ausführungen zum Bildungswesen in

Schottland stellen, da es meine eigenen Empfindungen wiederspiegelt.

Während meines Aufenthaltes in Schottland wurde mir bewusst, dass sich die Schotten und

die Engländer in vielerlei Hinsicht stark ähneln. Trotzdem lassen sich die beiden Nationen auf

keinen Fall über einen Kamm scheren. Dazu sind die kulturellen und historischen

Unterschiede viel zu gravierend.

Die meisten Menschen sprechen vom ‘britischen Schulsystem’ wenn sie Aussagen zur

Situation des Schulwesens in England machen wollen; eine Bezeichnung, die schlichtweg

falsch ist. Es existiert kein ‚britisches Schulsystem’. Die Schulsysteme von England, Wales,

Schottland und Nordirland unterschieden sich hinsichtlich gewisser Aspekte stark

voneinander.

Das schottische Schulwesen ist unabhängig von den Entwicklungen in England entstanden.

Wenn man die heutige Struktur des dortige Bildungswesens verstehen will, sind gewisse

Informationen über Land und Leute notwendig. Aus diesem Grund möchte ich zunächst

grundlegende gesellschaftspolitische Faktoren und einige wichtige geografische Aspekte

aufzeigen, bevor ich näher auf die Entstehung und Weiterentwicklung des schottischen

Schulsystems eingehe.

2.1. DIE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE SITUATION IN SCHOTTLAND

2.1.1. Der politische Hintergrund

Die Jahre 1707 und 1999 sind sowohl politisch als auch gesellschaftlich für Schottland von

größter Bedeutung. Von 1707 an war Schottland kein eigenständiger Staat mehr, sondern

Teil des Vereinigten Königreiches von Großbritannien. Das schottische Parlament in

Edinburgh hatte sich auf eigenen Beschluss aufgelöst. Die schottischen Abgeordneten waren

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9 Das Schulsystem in Schottland

nun im britischen Parlament in London vertreten. Schottland bekam allerdings sowohl eine

unabhängige Kirchenpolitik als auch ein eigenes Rechtswesen zugesichert (vgl. Microsoft

Encarta: Schottland 7.10.). Das Bildungswesen wurde im Vertrag von 1707 nicht

ausdrücklich erwähnt. Allerdings hatte die schottische Kirche durch ein Gesetz des

schottischen Parlaments im Jahr 1706 die absolute Kontrolle über die Schulen erhalten, so

dass die Aufrechterhaltung des eigenständigen schottischen Schulsystems mit der kirchlichen

Eigenständigkeit Hand in Hand ging (vgl. Paterson 2000, S. 27).

Als Antwort auf die wachsende Komplexität der Regierungsarbeit wurde 1885 der Posten des

Ministers für Schottland (Secretary for Scotland) geschaffen, der nun auch für das

schottische Kultusministerium (damals: Scotch Education Department) verantwortlich war

(vgl. Eurydice: Schottland 1.1.).

Durch den Niedergang des Britischen Imperiums lebte das Nationalbewusstsein der Schotten

Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder auf. Rufe nach Unabhängigkeit wurden

laut. 1997 zeigte sich in einer Volksabstimmung, dass die Mehrheit der Schotten regionale

Selbstbestimmung befürworteten. Der vom britischen Parlament verabschiedete Scotland Act

ermöglichte die ersten Parlamentswahlen in Schottland seit fast 300 Jahren im Mai 1999.

Dem schottischen Regionalparlament wurden unter anderem die Kompetenzen im Bereich

des Bildungswesens übertragen (vgl. Microsoft Encarta: Schottland 7.10.).

Die schottische Regierung gliedert sich in sieben Ministerien, von denen eines das

Kultusministerium (Scottish Executive Education Department) ist. (vgl. Eurydice: Schottland

1.2.6.) Hauptstadt und Regierungssitz ist Edinburgh, welches an der schottischen Ostküste

and der Mündung des Flusses Forth in Lothian liegt.

Auf lokaler Ebene werden die Regierungstätigkeiten von 32 Regionalbehörden (Local

Authorities) ausgeübt, die per Gesetz (Local Government etc (Scotland) Act) 1994

geschaffen wurden. Den bevölkerungsmäßig größten Bezirk bildet die Stadt Glasgow mit

mehr als 600 000 Einwohnern. Am kleinsten ist die Behörde auf den Orkney Islands, die nur

für knapp 20 000 Einwohner zuständig ist. Unter anderem fällt das Schulwesen in den

Aufgabenbereich der Regionalbehörden (vgl. Eurydice: Schottland 1.2.8.).

2.1.2. Geografische und demografische Faktoren

Schottland nimmt mit knapp 80 000 qkm etwa ein Drittel der Fläche Großbritanniens ein,

doch es leben nur 9% der Einwohner des Vereinigten Königreiches dort. Schottland lässt sich

als ein Land voller Gegensätze beschreiben; die auffälligsten davon sind die Diskrepanz

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Das Schulsystem in Schottland 10

zwischen dem dichtbevölkerten Tiefland und den fast menschenleeren Hochebenen und der

vermeintliche Kontrast zwischen Ost und West, zwischen Edinburgh und Glasgow (vgl.

Zenzinger 1989, S.8).

Schottland lässt sich in drei geographische Regionen einteilen: Die Hochland- und

Inselregion im Norden und Nordwesten (Highlands and Islands), die mittelschottische Tief-

ebene (Central Lowlands) und das südschottische Bergland (Southern Uplands). Schottland

besitzt zudem 790 Inseln, von denen aber nur 130 bewohnt sind. Zu den Hauptinselgruppen

zählen die Orkney- und Shetlandinseln im Norden und die Hebriden im Westen (vgl. Eckert

1997, S.60).

1999 wurde Schottlands Bevölkerung auf 5,1 Millionen geschätzt; 11 000 weniger als 1971.

Dieser signifikante Bevölkerungsverlust lässt sich nicht allein mit dem Rückgang der

Geburtenzahlen erklären. Schottland hat schwer damit zu kämpfen, dass viele junge

Schotten nach England und nach Übersee auswandern. Im 20. Jahrhundert wanderten fast 2

Millionen Schotten aus.1

80% der Bevölkerung lebt in der mittelschottischen Tiefebene in und um die Städte Glasgow

und Edinburgh. Glasgow wird als Industrieballungszentrum immer noch mit schlechten

Wohnverhältnissen, Arbeitslosigkeit und Kriminalität assoziiert, obwohl sich die Situation in

den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert hat. 1990 wurde Glasgow zu Europas

Kulturhauptstadt gewählt. Ganz im Gegensatz dazu steht Edinburgh, Schottlands Hauptstadt.

Auf Grund des beeindruckenden Schlosses eilt ihr der Ruf voraus, das Athen des Nordens

(Athens of the North) zu sein. 2

Heutzutage ist Englisch Amtssprache in Schottland. Dies lässt viele vergessen, dass

Schottland seine eigenen Sprachen hat. Die Schotten, die in der mittelschottischen Tiefebene

leben, sprechen seit Jahrhunderten Scots, eine Sprache die sich aus Old English entwickelt

hat und vom Norwegischen und Dänischen beeinflusst wurde. Scots entwickelte sich parallel

zum heutigen Englisch und ist nicht – wie viele meinen – ein Dialekt des Englischen oder gar

‚schlechtes Englisch‘ (vgl. Matheson 2000, S.65/66).

Im Gegensatz dazu hat Gälisch schon immer den Status einer Sprache innegehabt. Im

schottischen Hochland trifft man hin und wieder noch auf Gälisch, eine keltische Sprache, die

zur Zeit des römischen Weltreiches von Irland nach Schottland gelangte. Heute sprechen nur

noch 1,5% der Bevölkerung Gälisch als Muttersprache. Die meisten der gälisch sprechenden

1 Diese Informationen erhielt ich während meines Aufenthaltes in Glasgow in der Vorlesung Contemporary Scottish Society an der University of Strathclyde, die von Isobel Lindsay gehalten wurde. 2 Ebd.

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11 Das Schulsystem in Schottland

Schotten leben im Hochland und auf den Hebriden, aber auch Glasgow findet sich eine

erstaunlich große gälische Minderheit (vgl. Eurydice: Schottland 1.4.).

Ob die neue schottische Regierung in ihren Bemühungen, Gälisch wieder aufleben zu lassen,

erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

2.2. DIE ENTWICKLUNG DES SCHOTTISCHEN SCHULSYSTEMS

“Education in Scotland is not just an important topic of social policy. It is not just a means of training people, not just the way in which young people are socialised into adult life. It is all these things, of course, but it is more than that. It is a core cultural symbol of the nation, and has been for at least a century and a half.” (Paterson 2000, S.25)

Dieses Zitat des Professors für Bildungspolitik Lindsay Paterson macht deutlich, welchen

Stellenwert das Schulsystem in Schottland hat. Es dient neben der Ausbildung und

Sozialisation junger Menschen auch der Stärkung der nationalen Identität. Diese

charakteristische Bedeutung der Bildungsinstitutionen lässt sich aus der Geschichte heraus

erklären.

Das Bildungssystem spielt in Schottland schon seit langem eine besondere Rolle. Seine

spezifischen Züge wurden nach der Vereinigung des schottischen mit dem englischen

Parlament zum Symbol für Schottlands nationale Identität. Die Schotten betrachten ihr

Bildungssystem als dem englischen überlegen. Gründe dafür sind sowohl die demokratische

Tradition des Bildungswesen als auch dessen frühzeitige Entwicklung (vgl. Anderson 1999,

S.215).

2.2.1. Die ersten Schritte

Die frühesten pädagogischen Einrichtungen in Schottland lassen sich bis ins 15. Jahrhundert

zurückverfolgen. Damals entstanden sogenannte ‚Gemeindeschulen‘ (parochial schools), die

von der Kirche betrieben wurden. Für die Herausbildung eines flächendeckenden

schottischen Schulsystems war die Reformation im 16. Jahrhundert ausschlaggebend. Im

Jahre 1560 drängte der protestantische Reformator John Knox zum Aufbau von

Grundschulen in jedem Pfarrbezirk, um es Kindern aus jeder Bevölkerungsschicht zu

ermöglichen, Unterricht zu erhalten. Seine pädagogischen Vorstellungen wurden durch sein

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Das Schulsystem in Schottland 12

“First Book of Discipline“ publik (vgl. Eckert 1997, S.60, Eurydice: Schottland: 2.1., Anderson

1999, S.215).

Ende des 17. Jahrhunderts waren die Forderungen der Reformatoren endlich erfüllt; jede

Gemeinde hatte eine Schule errichtet - zumindest im Flachland. Zum ersten Mal hatte eine

Regierung die Verantwortung für das Bildungswesen übernommen: 1696 wurde das wohl

weltweit erste Schulgesetz vom schottischen Parlament verabschiedet. Von nun an waren

alle Großgrundbesitzer dazu verpflichtet, nicht nur ein Schulgebäude zur Verfügung zu

stellen, sondern auch einen Lehrer einzustellen und zu bezahlen. Fast 200 Jahre lang bildete

das Schulgesetz von 1696 die rechtliche Basis der Gemeindeschulen, bis 1872 ein neues

Bildungsgesetz verabschiedet wurde (vgl. UNESCO 1958, S.1046, Eurydice: Schottland: 2.1.,

Anderson 1999, S.215).

Man darf allerdings nicht außer Acht lassen, dass das Schulgesetz von 1696 weder die Städte

(burghs) noch die Hochlandregionen einschloss.

In den Highlands wurde der Aufbau von Schulen durch ungünstige wirtschaftliche und

geografische Bedingungen erschwert. Der Widerstand, den die gälische Bevölkerung gegen

die Christianisierung und die Ausbreitung des Kirchenwesens leistete, tat sein Übriges. Die

Errichtung von englischsprachigen Schulen wurde fast unmöglich (vgl. Anderson 1999,

S.215).

Im Gegensatz zu den Großgrundbesitzern waren die königlichen Städte nicht dazu

verpflichtet, Bildungsmöglichkeiten für das Gros der Bevölkerung anzubieten. Wer es sich

leisten konnte, bezahlte einen Privatlehrer oder schickte seine Sprösslinge auf kosten-

pflichtige Gymnasien (grammar schools). Der Schwerpunkt der Ausbildung lag auf der

Beherrschung der lateinischen Sprache, wodurch Studien an den Universitäten ermöglicht

wurden. Im Gegensatz zu England wurden die Privatschulen, die während dieser Zeit

entstanden, im 19. Jahrhundert wieder aus dem Bildungssystem verdrängt. Da sie keinen

bleibenden Einfluss hinterließen, werden sie in der Literatur kaum erwähnt. Bis zum heutigen

Tag ist die Rolle der Privatschulen im schottischen Schulsystem so gering, dass ich nicht

näher auf sie eingehen möchte (vgl. Anderson 1999, S.217).

2.2.2. Der Einfluss der industriellen Revolution auf das Bildungswesen

Die Vereinigung des schottischen mit dem englischen Parlament 1707 hatte glücklicherweise

das Funktionieren des schottischen Bildungswesens nicht beeinträchtigt; der spezifische

Charakter des Bildungssystems war erhalten geblieben. Ende des 18. Jahrhunderts waren

sich die Schotten der Vorzüge ihres Schulsystems sicher und betrachteten sich in dieser

Hinsicht als den Engländern überlegen (vgl. Anderson 1999, S.217).

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13 Das Schulsystem in Schottland

Trotzdem wurden im Zuge der industriellen Revolution tiefgreifende Veränderungen unum-

gänglich. Die Entstehung der neuen Arbeiterklasse in den Städten überforderte die Kirchen,

die bis dahin auf lokaler Ebene allein für die Errichtung von Schulen zuständig gewesen

waren. In den Städten entwickelte sich daraufhin ein breites Spektrum unterschiedlichster

Schulen: es entstanden Konfessionsschulen und auch staatlich unterstützte freiwillige

Schulen. Auf dem Land hatten die Gemeindeschulen weiterhin Bestand. Die industrielle

Revolution hatte die Entwicklung dieses zweigeteilten Schulsystems begünstigt.

Alle Versuche, diese zwei Systeme zu vereinigen, um eine sinnvollere Nutzung der

Ressourcen zu gewährleisten, scheiterten wieder und wieder an den Diskrepanzen zwischen

staatlichen und kirchlichen Institutionen (vgl. Anderson 1999, S.218).

Obwohl das Bildungssystem zu dieser Zeit wenig einheitlich war, erzielte es doch beachtliche

Erfolge. Bereits Mitte des 19.Jahrhunderts konnte ein Großteil der Bevölkerung Lesen und

Schreiben.

Zu dieser Zeit begann auch die Regierung in Westminster sich für das Schulsystem

Schottlands zu interessieren. Im Jahre 1864 wurde eine Kommission ins Leben gerufen, die

die Strukturen des schottischen Systems prüfen sollte. Das daraus resultierende Bildungs-

gesetz kann ohne Übertreibung als bedeutendste Entwicklung im schottischen Bildungs-

wesen seit dem Schulgesetz von 1696 bezeichnet werden (vgl. Eurydice: Schottland. 2.1.).

2.2.3. Education (Scotland) Act 1872

Durch das Schulgesetz von 1872 wurden elementare Bereiche des Schulwesens neu

geordnet; es wurde ein Schulsystem geschaffen, dessen Verwaltung nun nicht mehr in

kirchlicher, sondern in staatlicher Hand lag. Die Kontrolle der Schulen auf lokaler Ebene ging

von den Kirchen auf Schulaufsichtsräte über (school boards) über, die in jeder Stadt und

jeder Gemeinde gewählt wurden (vgl. UNESCO 1958, S.1046, Anderson 1999, S.218/219).

Überdies wurde die Schulpflicht für alle Kinder zwischen 5 und 13 Jahren eingeführt. Vor

1872 war der Besuch einer Schule zum Teil vom Druck, den die Großgrundbesitzer ausübten,

abhängig - hauptsächlich aber davon, dass viele sich der Vorteile einer Schulbildung bewusst

waren (vgl. UNESCO 1966, S.1184, Anderson 1999, S.216).

Fast zur gleichen Zeit wurde auch das schottische Bildungsministerium geschaffen, welches

das neue System überwachen sollte.

Die Einführung des staatlichen Bildungssystems kann als wichtigste Neuerung bezeichnet

werden. Man darf die Entwicklung aber keinesfalls missverstehen. Man könnte meinen, die

verstärkte staatliche Einmischung in die schulischen Belange hätte die Unterminierung der

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Das Schulsystem in Schottland 14

kirchlichen Stellung zum Ziel gehabt. Doch die Entwicklung vom kirchlichen hin zum

staatlichen Schulwesen war eher von einer europaweiten Demokratisierungswelle ausgelöst

worden und dadurch nicht auf Schottland beschränkt. Gleichzeitig wuchs auch die Bedeutung

der Nationalstaaten; Konflikte häuften sich. Durch die neue Gesetzgebung wurde deutlich,

wie wichtig es für die Staaten geworden war die Institutionen, die zur Ausbildung von

nationaler Identität beitrugen, unter staatlicher Kontrolle zu haben (vgl. Anderson 1999,

S.219).

Das neue Bildungssystem schuf nicht nur einheitliche Standards im Bildungswesen, sondern

konnte endlich Schulbildung für alle realisieren. Jungen und Mädchen, Katholiken und

Protestanten, ‚Highlandern’ und ‚Lowlandern’ standen nun die gleichen Bildungsmöglich-

keiten offen – jedenfalls bezüglich der Primarschulbildung.

Offiziell war 1872 die Schulpflicht für alle Kinder zwischen 5 und 13 eingeführt worden. In

der Realität sah dies oft anders aus, da die Kinder die Schule verlassen konnten, sobald sie

die drei Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen gemeistert hatten (vgl. Anderson

1999, S. 219/220).

Erst mit Inkrafttreten des Schulgesetzes von 1901 war es den Schülern nicht mehr gestattet,

die Schule frühzeitig zu verlassen. Der Lehrplan beschränkte sich nun nicht mehr auf Lesen,

Schreiben und Rechnen, sondern beinhaltete auch Geschichte, Geografie, Naturwissen-

schaften, Sport und einige handwerkliche Tätigkeiten.

2.2.4. Die Entwicklung der Sekundarschulen

Unabhängig von den Primarschulen hatte sich das Sekundarschulwesen herausgebildet.

Seine heutige Form verdankt es den Veränderungen, die durch die industrielle Revolution

ausgelöst worden waren. Die Organisation der Sekundarschulen in Form von Fach-

abteilungen existiert schon seit 1746. Die erste Schule dieser Art wurde in Ayr mit dem Ziel

gegründet, eine Alternative zum Studium an Universitäten zu bieten. Die Universitätsstudien

entsprachen in keiner Weise den Bedürfnissen der neuen Industriegesellschaft, wohingegen

die neuen Sekundarschulen praktische berufsorientierte Kurse anboten (vgl. Eurydice:

Schottland 5.1.). Doch auch das Gesicht der Universitäten wandelte sich rapide. Die

wachsende Mittelschicht war auf allgemein anerkannte Qualifikationen und Abschluss-

zeugnisse angewiesen. Eingangsprüfungen wurden an den Universitäten zur Norm,

Studiengänge und Abschlüsse wurden standardisiert (vgl. Anderson 1999, S.220).

Trotz der Entwicklung von neuartigen Sekundarschulen war das ‚Sekundarschulsystem‘ im

Schottland des 19. Jahrhunderts alles andere als einheitlich. Es existierte eine Vielzahl

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15 Das Schulsystem in Schottland

unterschiedlichster weiterführender Schulen, die ihre Schüler auf die Wirtschaft oder auf ein

Universitätsstudium vorbereiteten. Anfang der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts wurden

erstmalig staatliche Zuschüsse für Sekundarschulen gewährt. Dadurch wurde das System

zwar nicht vereinheitlicht, doch war es möglich, überall im Land weiterführende Schulen

aufzubauen. Es dauerte allerdings noch über 100 Jahre, bis die Schulbehörden per Gesetz

veranlasst wurden, Sekundarbildung für alle zu ermöglichen (vgl. Anderson 1999, S. 221).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Schulbehörden gezwungen, sich mit der Stellung

der Sekundarschulen im Bildungssystem auseinander zu setzen. Die vorherrschende Meinung

war zwar immer noch die, dass Bildung über das Primarschulalter hinaus nur für eine

begabte Minderheit von Nöten wäre. Die Realität sah allerdings anders aus. Der Großteil der

Schüler verließ die Schule nicht mit dem Ende der Schulpflicht, sondern besuchte ergänzende

Kurse, die allerdings nicht als Sekundarbildung galten, sondern als weiterführende

Primarbildung bezeichnet wurden (vgl. Anderson 1999, S.221).

Dieser Dualismus wurde auch durch das Schulgesetz von 1918 nicht aufgehoben. Doch in

der Zwischenkriegszeit verschwamm die Trennung zwischen den beiden Kurssystemen

immer mehr, besonders da die meisten Kinder in sogenannten ‚Omnibusschulen‘ unterrichtet

wurden, die alle Schüler über 12 aufnahmen. 1936 wurde erneut ein Schulgesetz

verabschiedet, welches die Primarstufe auf die Altersstufen 5 bis 12 beschränkte und so per

Definition klar von der Sekundarstufe trennte (vgl. Anderson 1999, S.222).

Trotzdem blieben die unterschiedlichen Systeme erhalten. Man unterschied jetzt zwischen

‚junior secondaries‘, den dreijährigen weiterführenden Schulen, und den ‚senior secondaries‘,

die fünf Jahre dauerten. Eine Prüfung am Ende der Grundschulzeit entschied über die

Eignung der Schüler für die jeweilige Schulart. Auf diese Weise entstand ein zweigliedriges

System der weiterführenden Schulen, in dem allerdings nur die ‚senior secondaries‘ von der

Bevölkerung als ‚richtige’ Sekundarschulen anerkannt wurden (vgl. Paterson 2000, S.36).

Indes unterminierte der Zusammenbruch der bisherigen Wirtschaftsstruktur nach Ende des

Zweiten Weltkrieges die Annahme, man könne die Eliteausbildung für einen kleinen

Prozentsatz der Bevölkerung reservieren. Die Industriegesellschaft mit ihrer großen

Arbeiterklasse und einer kleinen gehobenen Schicht existierte nicht mehr. Auch die Stellung

der Frau in der Gesellschaft hatte sich verändert. Zu Beginn der 60er Jahre des 20.

Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach schulischen Qualifikationen, die die ‚junior

secondaries‘ nicht bieten konnten, rapide an. Diese Entwicklungen zogen eine Reihe von

Veränderungen nach sich (vgl. Anderson 1999, S.222).

Bereits im Jahre 1945 war ein Schulgesetz verabschiedet worden, welches von den

Schulbehörden verlangte, angemessene Bildungsmöglichkeiten für alle innerhalb ihres

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Das Schulsystem in Schottland 16

Verantwortungsbereiches zu schaffen (vgl. UNESCO 1966, S.1184). Als weitere Reaktion

folgte 1962 die Einführung eines Schulabschlusszeugnisses, des Scottish Certificate of

Education, welches das ausschließlich akademische Scottish Leaving Certificate ersetzte (vgl.

Anderson 1999, S.222). Für diese externen Abschlussprüfungen war ab 1965 ein neuge-

gründeter Aufsichtsrat, der Scottish Examination Board (SEB) zuständig (vgl. Eurydice:

Schottland 5.1).

Diese Veränderungen ebneten 1965 den Weg für die Abschaffung des selektiven Schul-

systems. In einem Zeitraum von etwa zehn Jahren wurden die bisherigen Sekundarschulen

fast gänzlich abgeschafft. Sie wichen 6-jährigen Gesamtschulen, die heute nicht mehr aus

dem schottischen Schulsystem wegzudenken sind (vgl. Anderson 1999, S.222, Munn 1997

[2], S.174). Seit 1973 endet die Schulpflicht mit 16.

2.2.5. Die aktuellsten Reformen

2.2.5.1. Der Sekundarbereich Obwohl in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts alle Jugendlichen die Möglichkeit

hatten, eine weiterführende Schule zu besuchen, war das Ziel, für alle Schüler eine

‚angemessene Schulbildung‘ bereitzustellen, noch nicht erreicht. Dies wurde besonders durch

zwei Bestandsaufnahmen deutlich, die 1977 veröffentlicht wurden: „The Curriculum in the

Third and Fourth Year of the Scottish Secondary School“, der als sog. Munn-Bericht bekannt

wurde, und der von Joseph Dunning verfasste Bericht mit dem Titel „Assessment for all“.

Beide Autoren prangerten das bestehende Kurssystem für die Sekundarstufe 3 und 4 – die

Ordinary Grades - an, dessen Inhalte den Großteil der Schüler überforderten (vgl. Eurydice:

Schottland 5.1, Pickard 1999, S.225, Griffith 1989, S.76).

Die Vorschläge von Munn und Dunning wurden 1982 verwirklicht. Standard Grade ersetzte

die O-Grade. Der Kurs war für eine Dauer von zwei Jahren für die 3. und 4. Klasse der

Sekundarstufe konzipiert. Der Lehrplan für die Standard Grade gliedert sich in acht Bereiche,

die wiederum in drei Schwierigkeitsstufen untergliedert sind. Sie lauten von der Einfachsten

ausgehend: Foundation, General und Credit. Diese modifizierte Abschlussprüfung machte es

zum ersten Mal auch den weniger begabten Schülern möglich, ein Abschlusszeugnis zu

erlangen (vgl. Pickard 1999, S.225, Boyd 1997, S. 59, Griffith 1989, S.77).

Natürlich hatte die Reform der 3. und 4. Klasse Auswirkungen auf die folgenden beiden

Schuljahre. Besonders für die Jugendlichen, die zwar weiter zur Schule, aber nicht an eine

Universität gehen wollten oder konnten, musste ein passender Lehrplan entwickelt werden.

Zu diesem Zweck wurde der Scottish Vocational Educational Council (SCOTVEC) geschaffen,

der von nun an die Verantwortung für die berufliche Bildung in Schottland übernehmen

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17 Das Schulsystem in Schottland

sollte. Es sollten Kurse geschaffen werden, die die Schüler auf ihr späteres Berufsleben

vorbereiten. Zur Ergänzung der Highers, die die schottische Oberstufe bilden, wurden

neuartige Kurseinheiten eingeführt. Diese sog. National Certificate modules waren

hauptsächlich für den Einsatz in berufsbildenden Colleges konzipiert, erfreuten sich aber

besonders in den Sekundarschulen größter Beliebtheit (vgl. Raffe 1997, S.70, Pickard 1999,

S.227, Griffith 1989, S.80).

2.2.5.2. Der Primarbereich Nachdem sich in der Mittel- und Oberstufe der Sekundarschulen so viel verändert hatte, kam

eine Reform der Grundschule und der ersten beiden Sekundarschuljahre ins Gespräch. Als

Ziel hatte man sich gesetzt, den Übergang von der Grundschule, in der das Klassen-

lehrerprinzip gilt, in die Sekundarschule mit ihrem enormen Fächer- und somit auch Lehrer-

spektrum zu erleichtern. Es sollte ein gewisses Maß an Kontinuität geschaffen werden. 1986

wurde ein Bericht mit dem Titel „Education 10-14 in Scotland“ veröffentlicht, der auf diese

Problematik einging. Folgende Vorgehensweise wurde vorgeschlagen: Jede Sekundarschule

sollte gemeinsam mit den Primarschulen ihres Einzugsgebietes einen Lehrplan für diese

Altersstufe entwerfen. Der Vorschlag wurde sowohl aus finanziellen als auch aus politischen

Gründen abgelehnt; man wollte den Lehrern kein so großes Mitspracherecht einräumen (vgl.

Pickard 1999, S.227/228).

Trotzdem blieb „Education 10-14 in Scotland“ nicht ohne Auswirkungen. Das Interesse der

Regierung für die besagte Altersgruppe war geweckt. Um den Mangel an Beständigkeit zu

beheben, wurden Leitlinien entwickelt; zunächst nur für die Fächer Mathematik und Englisch,

später auch für Religion (religious and moral education), Sport und die Künste (expressive

arts), naturwissenschaftliches Arbeiten und gesellschaftliche Studien (environmental studies).

Diese Leitlinien waren einerseits zur Unterstützung der Lehrer gedacht, die bis dahin wenig

Hilfe bei der Themenauswahl gehabt hatten, andererseits sollten sie für die Schüler

Kontinuität beim Übergang in die weiterführende Schule garantieren (vgl. Pickard 1999,

S.231).

Die Richtlinien, die in dem Zeitraum von 1989 bis 1993 ausgearbeitet wurden, sind heute als

’5-14 programme’ in aller Munde. Sie wurden ab 1991 Schritt für Schritt eingeführt und

bilden heute die Grundlage des Unterrichts für die Grundschulen und auch für die ersten

beiden Jahre der Sekundarstufe (vgl. Bryce/Humes 1999 [2], S. 44/45).

Die Philosophie, die hinter diesen Neuerungen steckte, und auch die Inhalte trafen auf breite

Zustimmung, wohingegen die Vorschläge zur Leistungsmessung sowohl von Lehrern als auch

von Eltern vehement zurückgewiesen wurden. Innerhalb der 5-14 Richtlinien waren nationale

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Das Schulsystem in Schottland 18

Tests im vierten und siebten Grundschuljahr vorgesehen. Diese Entwicklung wäre dem

gerade in England eingeführten National Curriculum mit den dazugehörigen landesweiten

Leistungsvergleichen sehr nahe gekommen, eine Tatsache, die es zu verhindern galt. Zum

Erstaunen aller war der Widerstand, den Lehrer und Eltern in Zusammenarbeit mit den

regionalen Erziehungsbehörden leisteten, erfolgreich. Die Lehrer sollten von nun an die

Möglichkeit haben, die Prüfungen zu einem von ihnen selbst bestimmten Zeitpunkt einzu-

setzen, um ihre eigene Einschätzung der Schüler zu kontrollieren (vgl. Pickard 1999,

S.231/232).

2.2.5.3. Die Oberstufe Im Jahre 1988 wurde in Schottland das hundertjährige Bestehen der Highers gefeiert, Doch

es war offensichtlich, dass diese Art der Schulabschlussprüfung nicht lange weiterbestehen

würde. Es waren zwar noch keine fünf Jahre seit der Einführung der National Certificate

modules vergangen, doch wieder waren Veränderungen innerhalb der Abschlussklassen von

Nöten. Für einen Großteil der Schüler waren die Highers schlichtweg zu schwierig, die

alternativ angebotenen National Certificate modules waren hingegen wenig kohärent und es

mangelte ihnen an Anerkennung. Dazu kam noch, dass die Zeitspanne zwischen den

Standard Grade Prüfungen und den Highers extrem kurz war (vgl. Pickard 1999, S.232, Raffe

1997, S.71).

Weil das System nicht mehr den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft entsprach, wurde

Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts immer mehr Kritik daran laut. Zur Reform des

Kurssystems wurde 1990 von der Regierung ein Komitee unter der Leitung von John Howie

einberufen. Das Komitee bestätigte die angeprangerten Mängel und schlug deshalb die

Einführung einer zweigleisigen Oberstufe mit einem akademischen und einem beruflichen

Abschluss vor. Dieses Ansinnen stieß auf enormen Widerstand, da das Grundprinzip der

Chancengleichheit dadurch verletzt schien (vgl. Pickard 1999, S.232, Raffe 1997, S.72/73).

Im Jahre 1994 veröffentlichte der Minister für Schottland Michale Forsyth ein alternatives

Modell. Unter dem Motto “Higher Still: Opportunity for all“ sollten Kurse auf fünf Leistungs-

ebenen unterrichtet werden. Die bestehenden Highers sollten dabei erhalten bleiben und

durch Advanced Highers für besonders begabte Schüler ergänzt werden. Um auch den

schwächeren Schülern gerecht zu werden, sollten auch leichtere Abschlussprüfungen ge-

schaffen werden - Access und Intermediate 1&2, die die bisherigen berufs- und praxis-

orientierten Qualifikationen ersetzen (vgl. Pickard 1999, S.232, Raffe 1997, S.73/74, Scottish

Office 1994).

Unglücklicherweise wurde auch Higher Still - wie so viele andere Bildungsprogramme – nicht

ausreichend vorbereitet, bevor es 1999 eingeführt wurde. Die Strafe folgte auf dem Fuß. Die

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19 Das Schulsystem in Schottland

Durchführung der ersten Higher Still Prüfungen im Sommer 2000 endete in einem Desaster.

Die für die Bewertung zuständige Behörde – die Scottish Qualifications Authority – hatte die

Datenmenge unterschätzt, wodurch die neue Abschlussprüfung unter ihrer eigenen Datenlast

zusammenbrach. Die Prüfungsergebnisse waren entweder falsch, kamen zu spät oder

teilweise überhaupt nicht (vgl. Paterson 2000 S.9-23). Momentan ist man in Schottland

damit beschäftigt, die Funktionsweise der Abschlussprüfungen zu verbessern.

2.2.6. Die Bedeutung der Chancengleichheit

Die Einführung des neuen Prüfungssystems mag voreilig und wenig reflektiert geschehen

sein, doch die Philosophie, die dahinter steckt, ist wohldurchdacht; Chancengleichheit und

Gleichberechtigung sind oberste Priorität. Ich sehe das Prinzip der gleichen Möglichkeiten für

alle sogar als Motor, der die Entwicklung des schottischen Schulsystems erst ermöglicht hat.

Der Reformator John Knox brachte den Stein 1560 ins Rollen, als er Bildungsmöglichkeiten

für alle forderte. Durch das Bildungsgesetz von 1872 bekamen alle Schotten dieses Recht

zuerkannt. Von größter Bedeutung für ein Mehr an Gleichberechtigung war auch das Jahr

1965 durch die Abschaffung der Selektion am Ende der Grundschulzeit und die Einführung

der Gesamtschulen. Um die Chancengleichheit innerhalb der Sekundarschulen zu

ermöglichen, wurden zunächst die Standard Grade Prüfungen für das vierte Schuljahr

eingeführt. Damit den Schülern auch in den beiden letzten Jahren ihrer Schullaufbahn alle

Möglichkeiten offen stehen, war die Entwicklung eines integrativen Programms wie Higher

Still unumgänglich. Es wird sich zeigen, ob dieses neue Prüfungssystem allen Schülern

optimale Lernchancen bietet.

2.3. RECHTLICHE GRUNDLAGEN UND VERWALTUNG DES BILDUNGS-

WESENS IN SCHOTTLAND

Wie bereits erwähnt, existiert im Vereinigten Königreich kein einheitliches Bildungssystem.

Auch nach der Zusammenlegung des schottischen mit dem englischen Parlament 1707

konnte Schottland sein eigenständiges Schulsystem aufrecht erhalten (vgl. Bryce/Humes

1999 [1], S.3). Insbesondere hinsichtlich Organisation, Verwaltung und Kontrolle unter-

scheidet sich das schottische Bildungswesen von dem in England (vgl. Kommission der

Europäischen Gemeinschaften 1987, S.161).

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Das Schulsystem in Schottland 20

2.3.1. Gesetzgebung

Ganz allgemein unterscheidet sich das Schulwesen in Schottland schon durch das differente

Rechtssystem innerhalb des Vereinigten Königreiches stark von der Situation in Kontinental-

europa. Großbritannien verfügt über keine geschriebene Verfassung, sondern die vom

Parlament verabschiedeten Gesetze stellen den gesatzten Teil des Rechtes dar (vgl. Döbrich

1997, S.339).

Die Gesetzgebung für das Bildungswesen in Schottland besteht zum Großteil noch aus

Gesetzen, die in Westminster verabschiedet wurden. Jedoch sind diese Gesetze mit der

Bezeichnung Education (Scotland) Act speziell für Schottland beschlossen worden und gelten

nur hier. Inzwischen macht Schottland wieder seine eigenen Bildungsgesetze. Im Jahr 2000

gingen die Kompetenzen bezüglich des Bildungswesens auf das wiedergeschaffene

schottische Parlament über. Gegenwärtig gilt das Schulgesetz von 1980, welches jedoch

schon mehrfach erweitert wurde (vgl. Humes/Bryce 1999 [1], S.3, Green 1999, S.156).

Die Bildungsgesetze werden durch Vorschriften (regulations) ergänzt, die Rechtskraft

besitzen. Sofern nichts Gegenteiliges beinhaltet ist, gelten neue Regelungen und Gesetze

neben den bereits vorhandenen Vorschriften. Aus diesem Grund ist die Rechtslage sehr

komplex und manches Mal auch verwirrend. Sowohl Gesetze als auch Vorschriften zielen

hauptsächlich darauf ab, die Kompetenzverteilung im Bildungssystem zu regeln (vgl.

Eurydice: Schottland 2.2.2.).

2.3.2. Zuständigkeiten und Verwaltung

‚Dezentralistisch’ ist jenes Stichwort, welches das Schulsystem in Schottland bezüglich seiner

Verwaltungsstrukturen am eindeutigsten beschreibt. Wichtige Entscheidungen werden auf

allen Ebenen des Systems getroffen; die Zuständigkeiten verteilen sich von der

Zentralregierung über Erziehungsbehörden (local education authorities - LEAs) bis hin zu den

zuständigen Gremien der Bildungseinrichtungen.

2.3.2.1. Die Verwaltung auf nationaler Ebene Auf nationaler Ebene ist das schottische Kultusministerium (Scottish Executive Education

Department (SEED)) für die Verwaltung des Bildungswesens zuständig. Zu den Hauptauf-

gaben des SEED gehört die Festlegung nationaler Ziele in der Bildungspolitik; allerdings

handelt es sich hierbei nur um Mindestnormen. Schulträger sind in Schottland nicht die

zentralen Behörden, sondern die 32 lokalen Erziehungsbehörden. Diese Verpflichtung ist im

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21 Das Schulsystem in Schottland

Schulgesetz von 1980 festgehalten (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften

1987, S.161-2).

2.3.2.2. Die Verwaltung auf lokaler Ebene Die lokalen Schulbehörden, die erst 1996 reorganisiert wurden, sind für Errichtung und

Unterhaltung von Schulen in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich. Es steht ihnen frei,

außerdem vorschulische Einrichtungen zu schaffen. In den Zuständigkeitsbereich der LEAs

fällt auch die Einstellung von Lehrkräften und anderem Schulpersonal und die Bereitstellung

der finanziellen Mittel für die ihnen unterstellten Schulen. Diese sogenannten public schools

werden teilweise von der Zentralregierung und teilweise von lokalen Steuern finanziert.

Laut Gesetz ist für jede Schule ein Schulrat (school board) einzusetzen, der allerdings nur

beratende Funktion hat. Dieses Gremium, dem hauptsächlich Eltern, aber auch Lehrer und

Vertreter der Kommune angehören, soll als Bindeglied zwischen den Schulen und der

Bildungsbehörde fungieren (vgl. Green 1999, S.153, Döbrich 1997, S.342, Kommission der

Europäischen Gemeinschaften 1987, S.164).

2.3.2.3. Die Verwaltung auf schulischer Ebene Für die alltägliche Verwaltung ist an jeder public school die Schulleitung verantwortlich, die

sich aus Headteacher (Schulleiter), einem Depute Headteacher (stellvertretender Schulleiter)

und mehreren Assistant Head Teachers (Assistenzschulleitern) zusammensetzt. Ihre

Kompetenzen erstrecken sich von der Wahl der Lehrbücher über die Gestaltung der

Stundenpläne bis hin zu den Lehrplänen und zur Organisation des Schulalltags. In ihren

Entscheidungen sind sie relativ ungebunden, doch müssen sie sich vor den lokalen Behörden

verantworten (vgl. UNESCO 1961; S.1174).

Innerhalb einer Schule gibt es klar zugeordnete Funktionen. Der Schulleitung unterstehen

Fachleiter (Principal Teacher), die stellvertretenden Fachleiter (Assistant Principal Teacher)

und die ’normalen’ Lehrer (Subject Teacher). Die Verantwortungsstrukturen innerhalb der

Schule sind somit klar festgelegt (vgl. Döbrich 1997, S.355). Diese streng hierarchischen

Strukturen stammen aus den späten sechziger Jahren des 20.n Jahrhunderts. Man wollte auf

diese Weise eine mögliche Frustration der Lehrer auf Grund mangelnder Aufstiegschancen

verhindern (vgl. Crawford 1999, S.63).

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Das Schulsystem in Schottland 22

2.3.2.4. Zeugnisse und Abschlussprüfungen Die Erstellung von Abschlussprüfungen und die Vergabe von Zeugnissen fallen in Schottland

nicht in den Zuständigkeitsbereich der Schulen; Zeugnisse werden von einer eigens dafür

geschaffenen Behörde vergeben.

Bereits im Jahre 1888 war die Gründung eines für Abschlussprüfungen zuständigen Amtes im

Gespräch, aber erst 1963 wurde die Idee im Zuge der Einführung der Ordinary Grades an

den Sekundarschulen in die Realität umgesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das

Kultusministerium in Zusammenarbeit mit dem Schulinspektorat die Verantwortung für die

Schulabschlussprüfungen getragen. Auf Grund des steigenden Arbeitsaufwands bei der

Durchführung der Prüfungen wurde nun eine eigenständige Prüfungsbehörde ins Leben

gerufen; das Scottish Examination Board (SEB) (vgl. Long 1999, S.677). Da das SEB nur für

die allgemeinbildenden Schulabschlüsse zuständig ist, wurde im Jahre 1985 zusätzlich der

Scottish Vocational Education Council (SCOTVEC) mit Verantwortung für berufliche Bildung

geschaffen (vgl. McCool 1999, S.688).

Wie bereits erwähnt, führte das duale System mit Highers auf der einen, National Certificate

Modulen auf der anderen Seite an den Schulen zu Problemen. Beide Prüfungsbehörden

waren für einen Teil der Kurse zuständig. Mit der Einführung von Higher Still wurde das

Kurssystem an den Schulen vereinheitlicht. Gleichzeitig bedeutete dies, dass auch

Veränderungen im Prüfungssystem unumgänglich waren. Aus diesem Grund wurde im Jahre

1996 die Scottish Qualifcations Authority (SQA) gegründet, die zum 1. April des darauffol-

genden Jahres alle Funktionen sowohl des Scottish Examination Board als auch des Scottish

Vocational Education Council übernahm (vgl. Tuck 1999, S.699).

Die Hauptaufgabe der SQA besteht in der Ausarbeitung, Durchführung und Korrektur der

Schulabschlussprüfungen im Zuge von Standard Grade und Higher Still. Sie entwickelt

außerdem die Prüfungen innerhalb des 5-14 Programms. Alle in Schottland vergebenen

Abschlusszeugnisse – mit Ausnahme der Universitätsabschlüsse – werden von der Scottish

Qualifications Authority vergeben (vgl. www.sqa.org: Role and Functions).

2.3.2.5. Curriculare Richtlinien Die Tatsache, dass in Schottland kein gesetzlich vorgeschriebener Lehrplan existiert,

bedeutet nicht, dass die Lehrer inhaltliche Entscheidungen nach eigenem Belieben treffen. Es

bestehen curriculare Richtlinien, an denen sich die meisten Schulen orientieren.

Für die Erstellung dieser Richtlinien war bis vor wenigen Jahren der Scottish Consultative

Council on the Curriculum (SCCC) zuständig. Am 1.Juli 2000 wurde dieser Rat von einem

neuen nationalen Gremium abgelöst. Learning and Teaching Scotland (LTS), wie die neue

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23 Das Schulsystem in Schottland

Körperschaft bezeichnet wird, entstand ähnlich der Scottish Qualifactions Authority durch

den Zusammenschluss zweier existierender Organisationen. LT Scotland übernahm nicht nur

die Aufgaben des SCCC, sondern auch des Scottish Council for Educational Technology

(SCET), der unter anderem für die Verwendung von Medien im Klassenzimmer verantwortlich

ist (vgl. http://www.ltscotland.com/about/introduction.asp, Cameron/Casteel 1999, S.177,

Paine 1999, S.191).

Learning and Teaching Scotland beschäftigt sich primär mit der Ausarbeitung von Lehrplänen

für die Grund- und Sekundarschulen. Gleichzeitig fungiert LT Scotland als Berater für des

schottische Kultusministerium hinsichtlich curricularer Belange

(vgl. http://www.scotland.gov.uk/whatwedo.asp?topic=education).

Sowohl Learning and Teaching Scotland als auch die Scottish Qualifications Authority

arbeiten eng mit dem Kultusministerium zusammen. Der Einfluss dieser beiden Institutionen

auf Veränderungen im schottischen Schulsystem und somit auch auf die Gesetzgebung ist

deshalb nicht zu unterschätzen.

2.4. DIE STRUKTUR DES SCHULWESENS IN SCHOTTLAND

Das aktuelle schottische Bildungssystem lässt sich in vier große Sektoren untergliedern:

Primarschulen (primary schooling),

Sekundarschulen (secondary schooling),

Weiterbildungseinrichtungen (further education colleges) und

Universitäten (higher education institutions) (Scottish Education S.17).

Dazu kommen noch vorschulische Einrichtungen, deren Besuch freiwillig ist (vgl. Kommission

der Europäischen Gemeinschaften 1987, S.166).

Die Vorschulen sind für die Betreuung der Kinder vom zweiten Lebensjahr bis zum Beginn

der Schulpflicht (5. Lebensjahr) zuständig. Nur etwa ein Drittel eines Altersjahrgangs hat vor

der Einschulung im Alter von 5 Jahren vorschulische Einrichtungen besucht (vgl. Döbrich

1997, S.341). Dies hängt damit zusammen, dass Schottland hinsichtlich der Anzahl der

Kindergärten eines der am schlechtesten versorgten Länder der Europäischen Union ist. Der

Besuch eines Kindergartens ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, so dass in Zeiten mangelnder

Gelder hauptsächlich auf diesem Gebiet gespart wird (vgl. Clark 1997 [1], S.7/8).

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Das Schulsystem in Schottland 24

In Schottland sind laut Gesetz3 die Erziehungsberechtigten dafür verantwortlich, dass ihre

Kinder zwischen 5 und 16 Jahren eine adäquate Schulbildung erhalten. Dieser Verpflichtung

kommen die meisten nach, indem sie ihre Kinder auf die örtliche Schule schicken. Allerdings

ist es auch möglich, einen Privatlehrer zu engagieren oder die Ausbildung an einer

Privatschule zu bezahlen (vgl. Eurydice: Schottland 2.3.).

Seit der Gesetzesänderung 1980 können Eltern selbst entscheiden, auf welche Schule sie ihr

Kind schicken möchten – allerdings nur wenn in der gewünschten Schule noch Plätze frei

sind (vgl. Eurydice: Schottland 2.12).

Nach sieben Jahren in der Grundschule wechseln die Kinder für mindestens vier weitere

Schuljahre in die Sekundarschulen. Die ersten beiden Sekundarschuljahre werden als

Orientierungsperiode betrachtet. Während dieser Zeit findet der Unterricht im Allgemeinen in

leistungsheterogenen Klassen statt. Zum Ende des zweiten Schuljahres sind Entscheidungen

hinsichtlich der Fächerwahl und des passenden Niveaus in jedem Fach zu treffen.

Kombinationen unterschiedlicher Niveaus in unterschiedlichen Fächern sind möglich, da die

Schüler in den beiden Mittelstufenjahren soweit als möglich in leistungshomogenen Klassen

unterrichtet werden (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1987, S. 176).

Die Schüler können die Schule mit 16 Jahren verlassen. Zu diesem Zeitpunkt haben alle eine

externe Prüfung abgelegt, die als ‘Standard Grade of the Scottish Certificate of Education’

bezeichnet wird. Diese Prüfungen werden landesweit von der Scottish Qualifications

Authority kurz SQA abgenommen und sind für ganz Schottland einheitlich (vgl. Eckert 1997,

S.64).

Viele Jugendliche bleiben aber auch nach Vollendung des 16. Lebensjahres für weitere ein

bis zwei Jahre in der Sekundarschule, bevor sie eine Ausbildung beginnen oder in

Bildungsgänge an Colleges oder Universitäten wechseln (vgl. Döbrich 1997, S.342). Im

Schuljahr 2000/2001 entschieden sich 70% der Schüler im Alter von 16 dafür, weiter die

Schule zu besuchen (vgl. Eurydice: Schottland 2.3).

Die beiden darauffolgenden Jahre dienen der Vorbereitung auf weitere externe

Qualifikationen – Higher Still. Um an einer Universität oder Hochschule studieren zu können,

müssen die Schüler mindestens drei Prüfungen auf dem Higher Niveau bestanden haben.

Meist sind bestimmte Fächerkombinationen vorgeschrieben. Die Abschlussexamen können

am Ende des fünften oder des sechsten Schuljahres abgelegt werden (vgl. Eckert 1997,

S.64/65). Bereits mit 17 Jahren können die Jugendlichen in Schottland ein Universitäts-

studium beginnen.

3 Education (Scotland) Act 1980

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25 Das Schulsystem in Schottland

Sofern dies irgend möglich ist, werden Schüler mit geistigen oder körperlichen

Behinderungen in den normalen Schulen unterrichtet und dort gezielt betreut. Hauptsächlich

für Blinde, Taube oder verhaltensauffällige Kinder existieren auch sonderpädagogische

Einrichtungen, die aber ausschließlich in der mittelschottischen Tiefebene liegen. Auch im

sonderpädagogischen Bereich wird versucht, die Chancengleichheit zu wahren4; die Schüler

werden deshalb soweit als möglich in den regulären Schulbetrieb integriert (vgl. Closs 1997,

S.81/82).

Die Struktur des Bildungswesens in Schottland lässt sich grafisch folgendermaßen darstellen:

4 Offiziell begründet man die Integration von Kindern mit Behinderungen auf diese Weise. Die meisten Lehrer mit denen ich während meines Schottlandaufenthaltes gesprochen habe, waren sich sicher, dass hauptsächlich finanzielle Sparmaßnahmen hinter der betriebenen Integrationspolitik stecken.

BILDUNGSWEGE IN SCHOTTLAND

special needs

schools

nursery schools

primary schools 7 years

(P1-P7)

secondary schools 4-6 years

(S1-S4/S5/S6)

Standard Grade

Higher Still 17/18

16

12

5

2

(vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1987, S.159)

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Das Schulsystem in Schottland 26

Die Bezeichnungen der Klassenstufen ergeben sich aus der Schulart und dem Schuljahr; ein

Schüler in P6 ist in der 6. Klasse der Grundschule, ein Schüler in S2 befindet sich in der 2.

Klasse der Sekundarschule.

Aus der Grafik geht deutlich hervor, dass in Schottland sowohl im Primarbereich als auch im

Sekundarbereich ausschließlich Gesamtschulen existieren. Im Bereich des öffentlichen

Schulwesens gibt es in Schottland im Gegensatz zu England heute keine Gymnasien

(grammar schools) mehr, obwohl sich die Bezeichnung ‘academy‘ oder ‘grammar‘ noch

häufig in den Schulnamen wiederfindet. Man vergisst leicht, dass die Gesamtschule im

Sekundarbereich in Schottland keine lange Tradition hat, sondern ein relativ neues

Phänomen ist. Erst seit 1974 besucht der größte Teil der schottischen Schüler 6-jährige

Gesamtschulen (vgl. Munn 1997 [2], S.173).

Ein Schuljahr in Schottland umfasst mindestens 38 Wochen und ist normalerweise in

Trimester unterteilt. Es beginnt Mitte August und endet Ende Juli. Die Schulbehörden haben

große Freiheit bei der Einteilung der Ferien (vgl. Eurydice: Schottland 2.10.1.). Die Zahl der

Unterrichtsstunden pro Woche ist nicht gesetzlich geregelt. An Primarschulen sind 25

Wochenstunden die Regel, an Sekundarschulen werden die Schüler 27,5 Stunden pro Woche

unterrichtet (vgl. Eurydice: Scotland 2.10.2.). Die Schultage dauern in der Regel von 9 Uhr

früh bis ca. 3 Uhr nachmittags und sind in zwei Unterrichtsblöcke unterteilt. Auch über die

Länge der einzelnen Unterrichtsstunden entscheiden die lokalen Behörden; sie variiert

zwischen 40 Minuten und einer Stunde (vgl. Eurydice: Scotland 2.10.2.2. und 2.10.2.3.).

2.5. DIE PRIMARSTUFE IM SCHOTTISCHEN SCHULWESEN

Kommt man auf die Grundschulen in Schottland zu sprechen, so fällt auf jeden Fall das

Stichwort 5-14. Diese Abkürzung steht für eine fundamentale Neuerung im schottischen

Schulsystem - das ’Curriculum and Assessment 5-14 Programme’. Da mit der Einführung

dieses Konzepts in der Grundschule tiefgreifende Veränderungen im schottischen Bildungs-

wesen eingetreten sind, möchte ich im Folgenden ausführlich darauf eingehen.

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27 Das Schulsystem in Schottland

2.5.1. Der „Lehrplan“ für die Altersstufen 5-14

2.5.1.1. Die Ursachen In einem Land, in dem bis dato nie ein verpflichtender Bildungsplan existiert hatte, wurde

Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts das ’Curriculum and Assessment 5-14

Programme’ in die Wege geleitet. Zu den treibenden Kräften bei der Schaffung dieser Richt-

linien gehörte natürlich die Regierung, die zentrale Kontrolle über die gelehrten Inhalte

anstrebte, um ein weiteres Absinken der Standards zu verhindern (vgl. Adams 1999, S.350).

Vor der Einführung der 5-14 Leitlinien hatten die Lehrer an den Grundschulen keinerlei

Vorgaben über Lerninhalte. Daraus ergaben sich gravierende Probleme. Zum Einen war ein

Vergleich der Leistungen an verschiedenen Grundschulen kaum möglich, da kein

einheitliches Programm vorhanden war, welches die Inspektoren als Vergleichsbasis hätten

benutzen können. Zum Anderen war der Übergang der Grundschüler in die Sekundarschule

sowohl für Schüler als auch für Lehrer äußerst problematisch. Die Lehrer konnten nicht von

einem gemeinsamen Wissensstand der Schüler ausgehen, da diese von mehreren Grund-

schulen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung kamen. Für die Schüler bedeutete dies,

dass die Auswahl des Stoffes meist in keinem Zusammenhang mit ihrem Vorwissen stand

(vgl. Pickard 1999, S.231). Durch die Einführung des ’Curriculum and Assessment 5-14

Programme’ sollten diese Mängel behoben werden. Die Kontinuität beim Übergang von der

Grundschule in die Sekundarstufe wollte man dadurch garantieren, dass das Programm nicht

nur für die Grundschule sondern auch die ersten beiden Klassenstufen der Sekundarschulen

(P1 – S2) entworfen wurde (vgl. Adams 1999, S.352).

2.5.1.2. Die Schwerpunktsetzung bei der Entwicklung von 5-14 Die Ansprüche an die neuen Leitlinien waren enorm. Neben der Sicherstellung der

Kontinuität und Progression sollte ein breitgefächerter und gleichzeitig ausgewogener

Lehrplan entstehen. Die fünf Prinzipien, auf denen das Curriculum aufbaut, sind so

formuliert:

“Breadth ensures the coverage of a sufficiently comprehensive range of areas of learning. Balance ensures that appropriate time is allocated to each area of curricular activity and that provision is made for a variety of learning experiences. Coherence emphasises links across the curriculum so that pupils make connections between one area of knowledge and skills and another. Continuity ensures that learning builds on pupils’ previous experience and attainment and prepares them for further learning. Progression provides pupils with a series of challenging but attainable goals.” (SOED 2000, S.9)

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Das Schulsystem in Schottland 28

Damit schien der Weg für ein verpflichtendes nationales Curriculum ähnlich dem englischen

Vorbild geebnet. Die Entwicklung in Schottland nahm jedoch eine andere Richtung. Die

Leitlinien, die für die Grundschule einschließlich der ersten beiden Sekundarschuljahre konzi-

piert wurden, waren richtungsweisend aber nicht präskriptiv. “There was no attempt to base

the 5-14 programme [...] on statute or to prescribe, for example, texts suitable for seven

year olds or episodes of glorious history to be studied, as Thatcher insisted in England and

Wales” (vgl. Pickard 1999, S.231).

2.5.1.3. Die Struktur des neuen „Lehrplans“ Um die Einhaltung der grundlegenden Prinzipien zu sichern, sind die Lerninhalte nicht in

einzelne Fächer, sondern in fünf große Bereiche untergliedert: “language, mathematics,

environmental studies, expressive arts, religious and moral education“ (Eurydice: Schottland

4.7). Spätestens ab der 6. Klasse wird Englisch im sprachlichen Bereich durch eine moderne

Fremdsprache – meist Französisch – ergänzt. Zum Gebiet der expressive arts gehören nicht

nur der Kunst- und Handarbeitsunterricht, sondern auch Musik und Sport. Als environmental

studies werden sowohl die naturwissenschaftlichen als auch die gesellschaftswissen-

schaftlichen Fächer bezeichnet. Andere Aspekte, wie zum Beispiel der Umgang mit

Computern oder die Entwicklung sozialer Kompetenzen, sollen in allen Bereichen gefördert

werden (vgl. Eurydice: Schottland 4.7). Wie viel Zeit für jeden dieser Bereiche verwendet

wird, kann jede Schule selbst entscheiden. Als Hilfestellung kann man sich an den

Empfehlungen der 5-14 Richtlinien orientieren. Diese überlassen den Schulen ein Fünftel der

Zeit zur freien Verfügung (vgl. SOED 2000, S.14). Für jeden der fünf Lehrplanbereiche

existieren ’5-14 National Guidelines’, die sich mit dem Lehren und Lernen und der Leistungs-

messung im jeweiligen Bereich befassen (vgl. Darling 1999, S..27).

2.5.1.4. Die Ziele des ’5-14 curriculum’

“The 5-14 curiculum provides a structured continuum of learning for all pupils in which they progressively learn about the world and learn from their experience of it.” (SOED 2000, S.4)

Der Lehrplan bietet den Schülern nicht nur die Möglichkeit Kenntnisse zu erwerben, sondern

zielt auch auf die Entwicklung von Einstellungen und Verhaltensweisen und die

Herausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. Zu den Fertigkeiten, die als Schlüssel-

qualifikationen angesehen werden, gehören neben den sozialen Kompetenzen unter

anderem auch Problemlösefähigkeit und die Fähigkeit selbstständig zu lernen (vgl. SOED

2000, S.5).

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29 Das Schulsystem in Schottland

2.5.2. Leistungsbeurteilung in der Grundschule

Um der Regierung die Kontrolle über die Qualität des Unterrichts an den Schulen zu

ermöglichen, reicht die Formulierung von curricularen Leitlinien nicht aus. Es muss außerdem

überprüft werden, ob die angestrebten Standards von den Schülern erreicht werden.

2.5.2.1. Die Festlegung der Standards In jedem Bereich des Curriculums für die Jahrgänge 5-14 werden unterschiedliche

Fertigkeiten (attainment outcome) formuliert. Hinsichtlich dieser Fertigkeiten sind Schwer-

punkte (strands) gesetzt, die in fünf Schwierigkeitsstufen (levels of progression) unterteilt

sind und mit den Buchstaben A-E bezeichnet werden. Im Altern von 14 sollten die Schüler

das höchste Niveau erreicht haben (vgl. Pickard 1999, S.231).

2.5.2.2. Die Bewertung der Schülerleistung Im Laufe der letzten zehn Jahre haben sich in Schottland zwei unterschiedliche Formen der

Leistungsmessung entwickelt. Es wurden Empfehlungen zur internen Evaluation entwickelt

und in das ’Curriculum and Assessment 5-14 Programme’ integriert. Auch im Bereich der

Leistungsbewertung wurden Richtlinien erstellt und den Lehrern zur Unterstützung an die

Hand gegeben. Im Zuge der Entwicklung des 5-14 Programms wurden außerdem nationale

Prüfungen (National Tests) für die Fächer Mathematik und Englisch konzipiert (vgl. Bryce/

Humes 1999 [2], S. 41/42).

Wie bereits erwähnt, ist man von der ursprünglichen Idee, diese Prüfungen in der vierten

und in der siebten Klasse der Grundschule landesweit durchzuführen zu lassen, wieder abge-

kommen. Es sollte vermieden werden, dass sich der Unterricht darauf beschränkt, die

Schüler auf diese Arbeiten vorzubereiten. Aus diesem Grund wurden die National Tests zwar

ausgearbeitet, werden aber nicht verbindlich für alle an einem bestimmten Tag durchgeführt.

Es steht dem Lehrer frei wie und wann er sie einsetzt.

“When a teacher judges that a pupil is ready to move from one level to the next, the pupil should take a National Test to confirm this judgement. Pupils are not tested at a specific age or stage, but are ‘tested when ready’. Pupils may be tested any time in the school year and may be tested in Reading, Writing and Mathematics at different times.” (vgl. www.sqa.org.uk: 5-14 Testing)

Die Prüfungsergebnisse werden nicht veröffentlicht, sondern nur den Schülern selbst und

deren Eltern mitgeteilt. Für die Lehrer stellen diese offiziellen Tests ein Instrument dar, mit

Hilfe dessen sie ihren eigenen Eindruck von den Fortschritten der Schüler bestätigen können.

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Das Schulsystem in Schottland 30

Das ’Curriculum and Assessment 5-14 Programme’ bestimmt seit seiner Einführung einerseits

die Lerninhalte und andererseits die Art der Leistungsbeurteilung an den Grundschulen in

Schottland. In beiden Bereichen werden die Lehrer mit einer Orientierungshilfe ausgerüstet,

die es ihnen erleichtert, den Schülern eine angemessene Ausbildung zukommen zu lassen.

2.6. DIE SEKUNDARSTUFE IM SCHOTTISCHEN SCHULWESEN

Heute ist die Gesamtschule aus der Schullandschaft Schottlands heute nicht mehr weg-

zudenken. Doch darf man nicht vergessen, dass ihr Siegeszug erst vor knapp 40 Jahren

begann. Im Jahre 1965 fiel die Entscheidung, alle Sekundarschulen zu Gesamtschulen

umzugestalten um die Chancengleichheit im Schulsystem zu garantieren. In den folgenden

Jahren wurden alle junior und senior secondary schools von Gesamtschulen abgelöst (vgl.

Bryce/Humes 1999 [2], S.37).

Die neuen secondary schools sind für Schüler zwischen 12 und 18 Jahren eingerichtet. Bis

zum 16. Lebensjahr ist der Schulbesuch verpflichtend, danach steht es den Schülern frei die

Schule zu verlassen. Man spricht von den ersten vier Sekundarschuljahren bis zum Ende der

Schulpflicht als Sekundarstufe I (Lower Secondary Education), die beiden letzten Jahre

werden als Sekundarstufe II (Upper Secondary Education) bezeichnet. (vgl. Eurydice:

Scotland 3.5.) Nach jedem Schuljahr werden die Schüler unabhängig von der erbrachten

Leistung automatisch in die nächsthöhere Klassenstufe versetzt. Im Unterschied zu

Deutschland kann also niemand ‚sitzenbleiben’ (vgl. Eurydice: Scotland 5.3.1.9.).

Auch für die weiterführenden Schulen existiert in Schottland kein gesetzlich bindender

Lehrplan. Das Dokument „Curriculum Design for the Secondary Stages“, welches im Jahre

1999 in einer überarbeiteten Fassung von LT Scotland herausgegeben wurde, finden die

Schulen Unterstützung hinsichtlich curricularer Entscheidungen (vgl. Eurydice: Scotland

3.4.1.6.).

Im vorhergehenden Kapitel wurde deutlich welche große Bedeutung der Kontinuität in der

Schullaufbahn der Schüler sowohl in der Grundschule als auch beim Übergang in die

Sekundarschule beigemessen wird. Man sollte also für die weiterführenden Schulen einen

darauf aufbauenden, einheitlichen Kurs erwarten. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die

Struktur ergibt sich aus der Art des Prüfungssystems. Die ersten beiden Jahre der Sekundar-

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31 Das Schulsystem in Schottland

stufe 1 sind Teil des 5-14 Programms, gefolgt von Standard Grade. Das Kurssystem für die

Sekundarstufe 2 wird als Higher Still bezeichnet.

2.6.1. Die Sekundarstufe I

2.6.1.1. Das 5-14 Programm an den Sekundarschulen (S1/2) Nach sieben Jahren in der Grundschule wechseln die Schüler im Alter von 12 Jahren in die

Sekundarschule. Die Schüler müssen sich zunächst völlig neu orientieren.

“Pupils entering the S1 stage of a typical Scottish secondary schools are faced with an exciting but sometimes bewildering diet of different subjects, teachers and learning experiences.” (Gavin 1999, S.438)

Die bisherigen fünf Themenfelder werden von ungefähr 15 Fächern abgelöst; jedes Fach

wird von einem anderen Lehrer unterrichtet. Der Stundenplan legt fest, wann welches Fach

in welchem Raum von welchem Lehrer unterrichtet wird. Die Lerninhalte werden nicht mehr

fächerübergreifend unterrichtet, sondern sind bestimmten Fächern zugeordnet. Dies alles ist

für die Schüler sehr ungewohnt. Während sie in ihrer Grundschulzeit fast ausschließlich von

ihrem Klassenlehrer unterrichtet worden sind, gilt in den Sekundarschulen nun das Fach-

lehrerprinzip (vgl. Boyd 1997, S.55).

Diese extreme Umstellung hätte eigentlich durch die Einführung des ’Curriculum and

Assessment 5-14 Programme’ abgeschwächt werden sollen. Theoretisch gesehen müssten

gar keine Fächer eingeführt werden, da sich die fünf Themenbereiche des 5-14 Programms

hervorragend mit den acht Schwerpunkten, die in S3 und S4 gesetzt werden5, verknüpfen

lassen. Kontinuität und Progression scheinen für die Schüler gesichert. Doch wie so oft, sieht

die Realität völlig anders aus. Bisher ist das Programm in kaum einer Schule erfolgreich

eingeführt. Die Schulen beharren auf ihrem Fächerkanon (vgl. Boyd 1997, S.55). Man kann

also kaum davon sprechen, dass sich die Sekundarstufe nahtlos an die Primarstufe

anschließt.

Die ersten beiden Sekundarschuljahre werden in der Regel als Orientierungsperiode aufge-

fasst werden. Für die Schüler besteht die Möglichkeit, in dem umfassenden Fächerspektrum

ihre besonderen Neigungen zu finden. Der Unterricht findet in leistungsheterogenen Klassen

statt, auch wenn die Größe der Schule die Trennung der Schüler nach Leistungsniveau

erlauben würde (vgl. Kirkwood 1999, S.433).

5 Auf diese acht Bereiche wird im nächsten Unterkapitel genauer eingegangen.

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Das Schulsystem in Schottland 32

Auf Grund der extremen Leistungsunterschiede ist ein gewisser Grad an Differenzierung –

meist durch die Erstellung unterschiedlicher Arbeitsblätter - unumgänglich. Diese Vorgehens-

weise hat dazu geführt, dass der Unterricht an den weiterführenden Schulen vielerorts als

„death by a thousand worksheets“ bezeichnet wird. Die meisten Schüler empfinden den

Unterricht in S1 und S2 als unbefriedigend (vgl. Boyd 1997, S.58/59).

Aus diesem Grund gehen viele Schulen dazu über, die Schüler in Fächern wie zum Beispiel

Mathematik schon im zweiten Jahr in leistungshomogenen Klassen zu unterrichten. Das

Kultusministerium nimmt folgendermaßen dazu Stellung:

“In secondary schools, setting6 offers teachers the opportunity to reduce significantly the time spent on organising and managing learning for a wider range of attainment within one class. […] The efficiency gains can be spent on direct teaching and on ensuring that pupils work effectively on tasks which challenge them appropriately.” (SOEID 1996 S.22)

2.6.1.2. Standard Grade (S3/4) Die heutige Struktur des Curriculums für S3 und S4 geht auf zwei Publikationen aus dem

Jahre 1977 zurück: die Munn- und Dunning-Berichte7. Auf der Grundlage der Empfehlungen

von Munn und Dunning wurde Standard Grade eingeführt – ein neuartiges Kurs- und

Prüfungssystem, welches es allen Schülern ermöglicht ein Abschlusszeugnis zu erlangen (vgl.

Boyd 1997, S.60).

Normalerweise belegen die Schüler in S3 und S4 sieben oder acht Fächer, die sie zum Ende

des zweiten Jahres zumindest teilweise nach Interessen oder Begabungen wählen können.

Um für alle Schüler eine ausgewogene Fächerwahl zu sichern, sind die Fächer in acht

Schwerpunktbereiche (modes of learning) eingeteilt:

language and communication,

mathematical studies,

scientific studies,

social and environmental studies,

technological activities,

creative and aesthetic activities,

physical education und

religious and moral education.

6 Die Einteilung der Schüler in unterschiedliche Klassen je nach Leistung wird als setting bezeichnet. 7 Da ich im Kapitel zur Entwicklung des Schulsystems bereits ausführlich auf diese beiden Publikationen eingegangen bin, verzichte ich an dieser Stelle darauf.

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33 Das Schulsystem in Schottland

In jedem Bereich sollte mindestens ein Fach belegt werden (vgl. Gavin 1997, S.439). Im

Dokument „Curriculum Design for the Secondary Stages“ ist genau festgelegt, welche

Fächer zu welchem Schwerpunktbereich gehören.

Während einige der Fächer sehr beliebt sind, müssen andere regelrecht um Schüler kämpfen

(vgl. Boyd 1997, S.60). Während meines Praktikums an einer schottischen Gesamtschule in

North Lanarkshire hat sich dies bestätigt. Im Bereich der Gesellschaftswissenschaften gehört

Geografie zu den beliebten, Modern studies (Gemeinschaftskunde) eher zu den weniger

begehrten Fächern. Die betroffenen Lehrer waren sehr unglücklich über diese Situation, da

ihre Stellung an der Schule dadurch erheblich geschwächt war.

Je nachdem, welchen Stand die Schüler in jedem der von ihnen gewählten Fächer Ende des

zweiten Jahres erreicht haben, werden sie einer der drei Stufen Foundation (niedrigstes

Leistungsniveau), General (mittleres Leistungsniveau) oder Credit (höchstes Leistungsniveau)

zugeteilt. Auf diese Weise kann jeder Schüler in jedem Fach optimal gefördert werden (vgl.

Boyd 1997, S.61). Allerdings ist der Unterricht in leistungshomogenen Klassen auch nur

möglich, wenn genügend Schüler das betreffende Fach wählen. Ich habe die Erfahrung

gemacht, dass besonders der Deutschunterricht oftmals in „gemischten“ Klassen stattfindet.

Zur Unterstützung der Schüler bezüglich der Fächerwahl gibt es an jeder Sekundarschule ein

Team von Beratungslehrern. Die Beratungslehrer unterstützen die Schüler nicht nur in

curricularen, sondern auch in persönlichen Belangen. Besonders wichtig ist ihre Hilfestellung

der Planung für Beruf oder Studium. Damit die Schüler einen persönlichen Bezug zu ihren

Beratungslehrern aufbauen können, sind sie meist für mehrere Jahre dem gleichen Lehrer

zugeteilt (vgl. Eurydice: Schottland 5.3.1.12.).

Nach vier Jahren auf der weiterführenden Schule legen die Schüler die Abschlussprüfung ab

und erhalten ihr Abschlusszeugnis, das Scottish Qualifcations Certificate (Standard Grade)

von der Scottish Qualifications Authority (SQA) (vgl. Eurydice: Schottland 5.3.1.10.).

Die Schüler haben nun die Möglichkeit, die Sekundarschule zu verlassen und eine

Berufsausbildung zu beginnen, oder ihre Studien an anderen Bildungseinrichtungen (further

education colleges) fortzusetzen. Allerdings berechtigt das Scottish Qualifications Certificate

die Schüler nicht zu einem Studium an Universitäten. Um die Hochschulzugangsberechtigung

zu erlangen, müssen weitere Prüfungen abgelegt werden.

2.6.2. Die Sekundarstufe II

Mit dem Abschluss der Standard Grade endet für die Schüler auch die Schulpflicht. Die

Sekundarstufe 2 ist zwar Teil des allgemeinbildenden Schulwesens, muss aber nicht ver-

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Das Schulsystem in Schottland 34

pflichtend absolviert werden. Sie erstreckt sich lediglich über zwei Schuljahre: S5 und S6

(vgl. Gavin 1999, S.441).

Vor nicht allzu langer Zeit war dieser Teil der schulischen Ausbildung nur für einen kleinen

Teil der Schüler relevant - für die, die eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben wollten.

Als Vorraussetzung für ein Universitätsstudium gilt in Schottland das Bestehen der Highers

(Abiturprüfungen) in mindestens zwei Fächern.

Auch heute noch ist der Erwerb eines solchen Zeugnisses der Hauptanreiz für den Schul-

besuch nach Ende der Schulpflicht. Das große Angebot an Studienplätzen und die steigenden

Leistungen der Schüler bei den Standard Grade Prüfungen haben in den letzten Jahren zu

einem rapiden Anstieg der Schülerzahlen in der Sekundarstufe II geführt. 1995/6

entschlossen sich gar 70% der Sechzehnjährigen für weiteren Schulbesuch, obwohl die

Sekundarstufe 2 für die meisten keine adäquaten Lehrangebote bereithielt (vgl. Raffe 1997,

S.68/69).

Um dieses Missverhältnis zu beseitigen, wurde ein neues, einheitliches Konzept für S5 und

S6 entworfen: Higher Still.

2.6.2.1. Higher Still (S5/6) Unter dem Begriff Higher Still versteht man ein „unified curriculum and assessment system“

(vgl. Raffe 1997, S.73). Durch die Einführung von dieses Programms Ende der neunziger

Jahre des vergangenen Jahrhunderts sollte die Fragmentierung der Sekundarstufe 2 beseitigt

werden. Es galt die berufsbezogenen National Certificate Module und die akademischen

Highers in einem neuen Kurssystem – den sog. National Qualifications - zu vereinen. Auf

diese Weise wurden die berufsorientierten Kurse den akademischen gleichgestellt (vgl.

Eurydice: Schottland 5.3.2.4.).

Das neue Kurssystem besteht aus einzelnen Modulen, die jeweils ein Dauer von 160 Stunden

haben und in 40-stündige Einheiten unterteilt sind. Jedes Modul wird in fünf Schwierigkeits-

stufen angeboten:

Access,

Intermediate 1,

Intermediate 2,

Higher und

Advanced Higher.

Die für die Zulassung zum Studium relevanten Highers bleiben erhalten, werden aber durch

weniger anspruchsvolle Kurse ergänzt, so dass alle Schüler nach dem Abschluss der

Standard Grade die Möglichkeit haben ihre Ausbildung zu vervollständigen.

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35 Das Schulsystem in Schottland

“The key to the Higher Still strategy is the single ladder of progression and attainment. […] It reorganises existing provision to form a single ladder, but allows students to start climbing at the rung on the ladder which corresponds to their prior level of attainment, and to climb at the speed which suits them.” (Raffe 1997, S.74)

Auf diese Weise wird jeder Schüler optimal gefordert und gefördert. Ein mittelmäßiger

Schüler, für den die Highers im Anschluss an Standard Grade zu anspruchsvoll sind, kann

zum Beispiel in S5 zunächst auf der Stufe Intermediate 2 die Kenntnisse erwerben, die ihm

fehlen um dann im nächsten Jahr die Prüfungen auf dem Higher-Niveau abzulegen (vgl.

Raffe 1997, S.74).

Genau wie bei den Kursen in S3 und S4 können die Schüler in jedem Fach die angemessene

Leistungsstufe wählen. Im Vergleich zu den beiden Jahren der Standard Grade reduziert sich

die Zahl der belegten Fächer auf fünf oder sechs, da der Arbeitsaufwand pro Fach in der

Sekundarstufe II erheblich größer ist. Die Freiheit bei der Fächerwahl ist in der Regel größer

als in den vorherigen Schuljahren (vgl. Eurydice: Scotland 5.3.2.6.).

Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt in diesen beiden Abschlussjahren eindeutig auf dem

Erwerb von Schlüsselqualifikationen, da sie sowohl von den Universitäten als auch von den

Unternehmen gefordert werden. Von größter Bedeutung sind

Teamfähigkeit (working with others),

Problemlösestrategien (problem-solving),

Kommunikationsfähigkeit (communication),

Computerkenntnisse (information technology) und

mathematische Kenntnisse (numeracy) (vgl. Eurydice: Scotland 5.3.2.6.).

Mit der Einführung von Higher Still wurde in Schottland ein großer Schritt in Richtung

Chancengleichheit getan. Das neue Kurs- und Prüfungssystem ermöglicht den Schülern die

schrittweise Verbesserung ihrer Leistungen, indem es Kurse und Qualifikationen auf unter-

schiedlichen Leistungsniveaus anbietet, die aufeinander aufbauen und nacheinander

durchlaufen werden können. Im Gegensatz zu früher besteht nun für alle Schüler die

Möglichkeit, eine Abschlussprüfung abzulegen (vgl. http://www.scotland.gov.uk/3-

14assessment/). Die Abschlussprüfungen im Zuge von Higher Still wurden im Sommer des

Jahres 2000 zum ersten Mal durchgeführt (vgl. http://www.scotland.gov.uk/3-

14assessment/).

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Das Schulsystem in Schottland 36

2.6.3. Die Leistungsbeurteilung in der Sekundarstufe

Die Leistungsbeurteilung in Schottland steht unter dem Motto ’Assessment for all’. Alle

Schüler sollen die Schule mit einem Abschlusszeugnis verlassen, das ihre Leistungen

dokumentiert. Die im Zeugnis festgehaltene Note setzt sich sowohl aus den kontinuierlichen

Leistungen der Schüler im Unterricht als auch aus den Resultaten landesweiter Prüfungen

zusammen. Während die Schülerleistung in der Grundschule nur schulintern beurteilt wird,

trifft man in der Sekundarstufe8 auf eine Mischung von interner und externer Beurteilung in

Form der Standard Grade und Higher Prüfungen (vgl. Boyd 1997, S.61).

2.6.3.1. Die Kriterien bei der Leistungsbeurteilung In den letzten 30 Jahren hat sich die Art der Bewertung von Schülerleistungen in Schottland

gravierend verändert. Auf Vorschlag von Joseph Dunning wurde in den frühen achtziger

Jahren des letzten Jahrhunderts ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab für die Sekundarstufe

entwickelt, in dem die Festlegung von Standards die Hauptrolle spielt. Den Lehrern sollten

von nun an explizit formulierte Kriterien an die Hand gegeben werden, mit Hilfe derer sie die

Schülerleistungen bewerten konnten. Das hat zur Einteilung der Standard Grade in die drei

Schwierigkeitsstufen Foundation, General und Credit geführt. Es wurden Beschreibungen

ausgearbeitet, die aufzählen was die Schüler auf einem bestimmten Niveau können und

wissen müssen (vgl. Bryce 1999, S.661/662). Gleiches gilt für die Kurse in der Sekundar-

stufe II.

Meiner Meinung nach wirkt sich diese Einführung von Kriterien besonders vorteilhaft für die

Schüler aus. Zum einen werden sowohl die Anforderungen als auch der Bewertungsmaßstab

transparent. Zum anderen müssen die Schüler nun nicht mehr befürchten, dass ihre Leistung

im Vergleich mit den Klassenkameraden gemessen wird – eine Tatsache, die vor allem in

leistungsstarken Klassen von großer Bedeutung ist.

2.6.3.2. Das Verhältnis von interner und externer Evaluation Die Beurteilung der Schüler durch ihren Lehrer ist unabdingbar für den Lernfortschritt. Die

Rückmeldung, die die Schüler nach der Erstellung einer Arbeit erhalten, ermöglicht ihnen

dann eine realistische Selbsteinschätzung. Auch kleine Fortschritte werden sofort deutlich

(vgl. http://www.scotland.gov.uk/3-14assessment/).

Sowohl Standard Grade als auch das Higher Still Programm vereinen interne und externe

Evaluation der Schüler. Zunächst ist der Lehrer für die Notengebung verantwortlich. Ob die

8 Ich beziehe mich in meinen Ausführungen an dieser Stelle ausschließlich auf die Schuljahre S3-S6., da die Leistungsbeurteilung im 5-14 Programm bereits im vorhergehenden Kapitel geschildert wurde.

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37 Das Schulsystem in Schottland

Schüler innerhalb der Kurse angemessen bewertet wurden, zeigen die Abschlussprüfungen,

welche von SQA konzipiert wurden und somit national einheitlich sind (vgl. Eurydice:

Schottland 5.3.1.8. und 5.3.2.8.).

Spricht man vom ‚Verhältnis’ zwischen interner und externer Evaluation, so darf man sich

nicht zu der Annahme verleiten lassen, beide Formen der Leistungsbewertung stünden

gleichberechtigt nebeneinander. Die Bewertung durch die Scottish Qualifcations Authority

fällt weit mehr ins Gewicht als die Note, die der Lehrer vorschlägt (vgl. Boyd 1997, S.61).

Viele werden sich fragen, warum die externen Formen der Leistungsbeurteilung in Schottland

einen so hohen Stellenwert einnehmen. Ich denke, dass man in Schottland durch die

Schwerpunktsetzung auf externer Evaluation die Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse und

somit die Chancengleichheit für die Schüler im späteren Leben garantieren möchte.

2.7. DIE ROLLE DES GÄLISCHEN IN DEN SCHULEN

Bisher habe ich meine Ausführungen ausschließlich auf die Schulen beschränkt, deren

Unterrichtssprache Englisch ist. Doch dies gilt nicht für alle Schulen Schottlands.

Gälisch – also Schottlands älteste Sprache – spielt nicht nur in Geschichte und Kultur eine

Rolle, sondern auch an einigen Schulen. Dies war nicht immer so. Die gälische Sprache hat

durch die Ausbreitung des Englischen über die Jahrhunderte hinweg immer mehr an

Bedeutung verloren. Erst in den letzten paar Jahrzehnten erlebten die gälische Kultur und

Sprache eine Renaissance. Dieses neuerwachte Interesse an Gälisch hat sich auch auf des

Schulsystem ausgewirkt. Im Jahre 1975 wurde ein erstes bilinguales Projekt auf den äußeren

Hebriden ins Leben gerufen. Da das Projekt, das Gälisch als Unterrichtssprache an einige

Grundschulen brachte, relativ erfolgreich verlief, wurden die Versuche ausgeweitet. An

Grundschulen auf den westlichen Inseln aber auch in Glasgow wurden gälischsprachige

Abteilungen eingerichtet (vgl. Clark 1997 [2], S.47, Robertson 1999, S.244).

Die Teilnahme am Unterricht ist hierbei nicht auf Kinder beschränkt, die bereits Gälisch

sprechen. Die Klassen setzen sich aus Muttersprachlern und Fremdsprachlern zusammen. Die

Gründe, aus denen heraus die Eltern ihre Kinder auf solche Schulen schicken, sind

unterschiedlich. Die einen hoffen, dass die Muttersprache auf diese Weise weiterentwickelt

werden kann, die anderen erwarten für ihre Kinder Vorteile durch die Beherrschung einer

zweiten Sprache (vgl. Robertson 1999, S. 245/246).

In den ersten beiden Schuljahren wird der Unterricht in den gälischen Abteilungen

ausschließlich auf Gälisch abgehalten. Erst im dritten Jahr wird Englisch langsam eingeführt.

Page 41: Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im ......Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 2 INHALTSVERZEICHNIS (detailliert) 1. Einführung 6

Das Schulsystem in Schottland 38

Als Ziel wird angestrebt, dass die Kinder am Ende ihrer Grundschulzeit fließend beide

Sprachen sprechen können. Die Inhalte unterscheiden sich kaum von denen, die an

‚normalen’ Grundschulen gelehrt werden. Allerdings werden gewisse sprachliche Fähigkeiten

erst später erwartet, um den Nicht-Muttersprachlern die Möglichkeit zu geben, sich die neue

Sprache anzueignen. Dies geschieht größtenteils durch Immersion9 (vgl. Robertson 1999, S.

246).

Neben den Grundschulen, die eine gälischsprachige Abteilung eingerichtet haben, existieren

andere, die bilinguale Modelle anbieten. Gälisch wird dort als Fremdsprache gelehrt. Auf

diese Weise ist zwar der Kontakt mit der gälischen Sprache gewährleistet, doch fließend

sprechen lernen die Kinder nicht (vgl. Robertson 1999, S. 246/247).

In der Sekundarstufe hat sich Gälisch als Unterrichtssprache bisher nicht durchsetzen

können. An manchen Schulen werden einzelne Fächer auf Gälisch unterrichtet; meist

Geschichte, Erdkunde oder andere gesellschaftswissenschaftliche Kurse. Da das bestehende

Kurssystem in S3/4 und S5/6 den Schülern eine so große Wahlfreiheit lässt, ist es nicht

möglich, den gesamten Unterricht auf allen Schwierigkeitsstufen in beiden Sprachen anzu-

bieten. Für Schüler, die die gälische Sprache fließend beherrschen, besteht dennoch die

Möglichkeit, die Abschlussprüfungen statt in Englisch in Gälisch abzulegen (vgl. Robertson

1999, S. 247/248). Doch trotz der Ausbreitung von gälischsprachigem Unterricht in den

letzten 15 Jahren offerieren bisher nur zehn Prozent der Schulen im Land solchen Unterricht

(vgl. Robertson 1999, S. 255).

Meiner Meinung nach ist die gälische Sprache ein wichtiger Teil der schottischen Kultur.

Durch die stetige Abwanderung aus den Hochland- und Inselregionen ist ihr Weiterbestehen

extrem gefährdet. Die Schule ist die einzige Institution, die dieser Entwicklung entgegen-

wirken kann. Obwohl und gerade weil das Gälische nie wieder seine frühere Bedeutung

erlangen kann, sollte es soweit als möglich gefördert werden.

2.8. QUALITÄTSSICHERUNG UND QUALITÄTSENTWICKLUNG IM

SCHOTTISCHEN SCHULSYSTEM

„Das grundlegende Konzept hinter der Qualitätssicherung ist das einer „Qualitätskultur, womit jede Person auf jeder Ebene des Bildungssystems Verantwortung für die von ihr angebotene Bildung übernehmen [...] soll.“ (Hopes 1998, S.51)

9 Die gebräuchlichste deutsche Übersetzung lautet ‚Sprachbad’.

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39 Das Schulsystem in Schottland

2.8.1. Historische Entwicklung

Qualitätssicherung an Schulen ist in Schottland nichts Neues. Das System kann auf eine

lange Geschichte der externen Evaluation zurückblicken.

Schon 1696 erließ das schottische Parlament ein Gesetz, welches die Gemeinden dazu

verpflichtete, die von ihnen geschaffenen Schulen zu inspizieren. Im Jahre 1840 wurde

erstmalig ein Schulinspektor (Her Majesty’s Inspector of Education) von der Regierung

berufen. Die Zahl der Inspektoren hat sich seither vervielfacht und ihre Zuständigkeits-

bereiche wurden immer wieder an neue Entwicklungen angepasst.

Bis vor Kurzem existierten allerdings keine einheitlichen Regelungen für die schulinterne

Evaluation. Doch die Schulinspektoren befürworteten neben der Qualitätssicherung auf

nationaler Ebene auch die ständige Qualitätskontrolle auf lokaler Ebene, sodass sie bei der

Formalisierung der neuen Maßnahmen eine tragende Rolle spielten (vgl. Eurydice: Schottland

9.1.).

2.8.2. Evaluation auf nationaler Ebene

2.8.2.1. Das schottische Schulinspektorat (HM Inspectorate of Education (HMIE)) Seit seiner Schaffung vor ungefähr 150 Jahren haben sich Zuständigkeitsbereiche und

Vorgehensweisen des Schulinspektorats zwar laufend geändert, doch das Ziel, die Qualität

des Bildungswesens zu überprüfen und zu verbessern, wurde nie aus den Augen verloren

(vgl. Gallacher 1999, S.136).

Als das schottische Parlament fast 300 Jahre nach seiner Auflösung wieder einberufen

worden war und eine eigene schottische Regierung gewählt hatte, wurde dieser auch die

Verantwortung für die Schulinspektoren übertragen; das Inspektorat wurde zu einer

Regierungsbehörde. Obwohl die Inspektoren den schottischen Ministern verantwortlich sind,

sind sie in ihrer Arbeitsweise nicht parteiabhängig. Ihre Unabhängigkeit wird dadurch

deutlich, dass sie direkt von der britischen Königin ernannt werden.

Durch das Schulgesetz (Education (Scotland) Act) von 1980 haben die Inspektoren die

Befugnis jede Schule in Schottland zu betreten, um sie auf qualitative Mängel hin zu

überprüfen (vgl. Eurydice: Schottland 2.13.1.).

Zur Zeit sind etwa 80 Inspektoren in Schottland tätig, unter der Leitung eines Haupt-

inspektors (HM Senior Chief Inspektor of Schools (HMSCI)), welcher gleichzeitig der

wichtigste Berater des schottischen Bildungsministeriums ist (vgl. Gallacher 1999, S.136).

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Das Schulsystem in Schottland 40

2.8.2.2. Die Zuständigkeitsbereiche des HM Inspectorate of Education Die derzeitigen Arbeitsbereiche der HMIE wurden 1992 vom damaligen Minister für

Schottland festgelegt. Die Zuständigkeiten der Inspektoren lassen sich in drei Teilbereiche

untergliedern.

Wie bereits erwähnt, muss das Schulinspektorat dem schottischen Bildungsminister beratend

zur Seite stehen. Dazu ist es von Nöten, dass die Inspektoren über neue Trends im Bildungs-

wesen informiert sind. Es gehört außerdem zu ihren Aufgaben, neue Entwicklungen zu

identifizieren und voranzutreiben. Die Hauptaufgaben der HMIE liegen aber immer noch in

der Qualitätssicherung. Es gilt, die Institutionen des Bildungswesens, die sich von Vorschulen

über allgemeinbildende Schulen bis zu Einrichtungen der Weiterbildung und der Lehrer-

ausbildung erstrecken, zu überprüfen und zu bewerten. Die Berichte werden sodann

veröffentlicht; denn sie lassen nicht nur Aussagen über einzelne Schulen, sondern über das

gesamte Bildungssystem zu (vgl. Gallacher 1999, S.137/138, Eurydice: Schottland 2.13.1.).

2.8.2.3. Die Vorgehensweise der Inspektoren bei der Evaluation einer Schule Ziel des HMIE ist es, alle paar Jahre einen Bericht zu veröffentlichen, der Aussagen über

Qualität und Mängel des Bildungssystems als Ganzes zulässt. Zu diesem Zweck wird über

einen Zeitraum von 2-3 Jahren eine Auswahl von Bildungseinrichtungen aller Bereiche

evaluiert (vgl. Gallacher 1999, S.138).

Um die Objektivität der Berichte zu garantieren, werden die Kontrollen von Inspektoren-

teams durchgeführt. Zur Erstellung der Beurteilung werden unterschiedlichste Quellen

genutzt; Dokumente von Schulentwicklungsplänen bis hin zu Schülerarbeiten, Unterrichts-

beobachtungen und das Schülerverhalten beeinflussen die Bewertung. Die Inspektionen

beziehen sich auf folgende Bereiche:

Curriculum,

Standards der Erreichung von Lernzielen (Standards of Attainment),

Qualität von Lernen und Lehre,

Unterstützung für Schüler,

Schulethos,

Ressourcen,

Management und

Qualitätssicherung.

Alle wichtigen Aspekte des Schullebens werden auf diese Weise abgedeckt. Alle Inspektions-

berichte beziehen auch die Ansichten von Lehrern, Eltern und Schülern über die Schule mit

ein (vgl. Gallacher 1999, S.139/140, Eurydice: Schottland 9.4.1., Döbrich 1997, S.345).

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41 Das Schulsystem in Schottland

Die Inspektionsberichte des HMIE gehen vorwiegend auf Stärken und Schwächen der

Schulen ein. Sie weisen darauf hin, an welchen Stellen die jeweilige Schule Verbesserungen

vorzunehmen hat. Spätestens nach zwei Jahren findet dann eine Nachfolgeinspektion statt,

die klären soll, ob die Empfehlungen umgesetzt worden sind (vgl. Eurydice: Schottland

9.4.1., Hopes 1998, S52).

Obwohl die Aussicht auf eine baldige Inspektion natürlich ein gewisses Unbehagen bei

Schulleitern und Lehrern auslöst, wird sie im Nachhinein von den meisten als positive und

hilfreiche Erfahrung beschrieben, da gute Arbeitsweisen anerkannt und realistische

Verbesserungsvorschläge gemacht werden (vgl. Gallacher 1999, S.140).

2.8.2.4. Neuerungen im Bildungswesen Wie bereits erwähnt haben die Inspektionen nicht nur die Verbesserung einzelner Schulen

zum Ziel, sondern auch die Qualitätssicherung im gesamten Bildungswesen. Aus diesem

Grund wurde im Jahre 1992 eine neue Auditabteilung (Audit unit) des Inspektorats

eingerichtet, die sich auf das Analysieren der von Schulen und Bildungsbehörden geleisteten

Arbeit spezialisiert hat. Ausgehend von den Resultaten bei der Evaluation der Schulen

erscheinen jedes Jahr mehrere Veröffentlichungen der Audit unit, zum Beispiel zu Themen

wie „Standards und Qualität in schottischen Schulen“ oder „Mathematik in der Grundschule“,

die einen empirisch fundierten Eindruck über das gesamte Schulsystem beinhalten. Diese

Publikationen tragen maßgeblich zu nationalen Entwicklungen im Bildungssystem bei.

Allerdings war die HMIE in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts der Meinung, dass die

von ihnen durchgeführten Inspektionen nicht ausreichten, um hohe Standards und Qualität

an Schulen zu sichern. Aus diesem Grund sollte nun interne Evaluation für Schulen und

Bildungsbehörden eingeführt werden, um die externen Gutachten durch die Schulinspektion

zu ergänzen. Die Bemühungen der HMIE waren vom Erfolg gekrönt; heute ist die Selbst-

beurteilung der Bildungseinrichtungen ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätskontrolle im

schottischen Schulwesen (vgl. Gallacher 1999, S.141, Hopes 1998 S.9/10).

Bei vielen weiteren Neuerungen spielt das Schulinspektorat eine Schlüsselrolle. In den

1990ern hat es zur Entwicklung der 5-14 Empfehlungen, der Einführung von Fremdsprachen

in der Grundschule und auch zum Aufbau des Higher Still Programms beigetragen (vgl.

Gallacher 1999, 142).

Das HM Inspectorate of Education ist, wie man sieht, bei der Einführung von Neuerungen im

Schulsystem die treibende Kraft. Durch seine unabhängige Arbeitsweise und gründliche

Recherche stößt es auf Mängel im System, die es zu beseitigen gilt. Verbesserungsvorschläge

werden der Regierung angetragen und in der Regel verwirklicht.

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Das Schulsystem in Schottland 42

2.8.3. Evaluation auf lokaler Ebene

Die Hinwendung zu mehr Selbstevaluation an Schulen kommt nicht von ungefähr. Sie basiert

auf dem Glauben, dass man die Qualität von Schule und Unterricht am effektivsten

verbessern kann, wenn man den Schulen selbst mehr Verantwortung für ihre eigene

Leistung überträgt. Schließlich ist die Qualität der Schulbildung in höchstem Maße von der

Arbeitsweise der Schule und der regionalen Bildungsbehörde abhängig.

2.8.3.1. Schulische Selbstevaluation Innerhalb des Systems der Qualitätssicherung wird der einzelnen Schule ein hohes Maß an

Verantwortung übertragen. Denn auf institutioneller Ebene sind die Schulen selbst

verantwortlich für die Kontrolle und Bewertung ihrer Arbeitsweise. Aufbauend auf dem

momentanen Leitungsstand müssen sie einen Schulentwicklungsplan erarbeiten, in dem ihre

Pläne und Ziele für die unmittelbare Zukunft festgehalten sind. Man möchte erreichen, dass

sich die Lehrer über die Richtung der schulischen Arbeit verständigen (vgl. Eurydice:

Schottland 9.2).

Um die Schulen in ihren Bemühungen zu unterstützen, hat das schottische Bildungs-

ministerium in Zusammenarbeit mit dem Schulinspektorat eine Reihe von Evaluations-

instrumenten entwickelt. Zu diesen Hilfsmitteln gehört neben der Definition der Bildungs-

standards auch eine Reihe von Leistungsindikatoren.

Diese Leistungsindikatoren, die in dem Dokument ’How good is our school?’

zusammengefasst wurden, gelten als Instrument zur Stärkung der Eigenverantwortung, da

sich die Schulen an Hand der Richtlinien selbst überprüfen können. Dadurch, dass sie einen

Eindruck über den Zustand der Bildungseinrichtung vermitteln, motivieren die Leistungsin-

dikatoren das Lehrpersonal zur Verbesserung ihrer eigenen Arbeit (vgl. Hopes 1998, S.66,

Döbrich 1997, S.347).

2.8.3.2. Schulevaluation auf der Ebene der Bildungsbehörden Die landesweite Selbstevaluation der Bildungsbehörden steckt in Schottland allerdings noch

in den Kinderschuhen. Die Education authorities hatten zwar mit der Entwicklung von

Methoden zur Selbstevaluation begonnen, doch wiesen diese Systeme kaum einheitliche

Strukturen auf. Aus diesem Grund wurden die Pflichten der Schulbehörden im Standards in

Scotland’s Schools etc Act 2000 ausdrücklich formuliert:

“Local authorities are required to endeavour to secure improvement in the quality of education in Scotland’s schools.” (http://www.scotland.gov.uk/education/nationalpriorities/default.asp)

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43 Das Schulsystem in Schottland

Die Schulbehörden sind demnach dazu verpflichtet, zum Fortschritt der von ihnen

verwalteten Schulen beizutragen. Um diesen Verbesserungen eine landesweit ähnliche

Richtung zu geben, veröffentlicht das schottische Kultusministerium alle paar Jahre einen

Katalog nationaler Prioritäten (national priorities). Mit Blick auf diese Schwerpunktsetzung

müssen die lokalen Behörden Entwicklungspläne ausarbeiten:

“Local authorities will publish annual statements of local improvement objectives which show how these national priorities will be implemented locally and will also be required to report each year on progress against the plan.” (http://www.scotland.gov.uk/education/nationalpriorities/default.asp)

Da auch die lokalen Bildungsbehörden vom HM Inspectorate of Education inspiziert werden,

sollten die gesteckten Ziele so schnell wie möglich erreicht werden. Allerdings wurden

inzwischen auch Leistungsindikatoren für die Evaluation der Schulbehörden entwickelt, die

diese bei ihrer Eigenbeurteilung unterstützen. Sie sind in dem Dokument Quality

Management in Education des Inspektorats festgehalten (vgl. Eurydice: Schottland 9.3).

2.8.3.3. Bedeutung der Systeme zur Qualitätssicherung „Insgesamt wird durch diese Qualitätssicherung eine spiralförmige Entwicklung ausgelöst, die immer wieder über Analysen zur Vereinbarung von Maß nahmen und zur Kontrolle der Ergebnisse führt; es handelt sich um eine nachhaltige Entwicklung zur Qualitätsverbesserung.“ (Döbrich 1997, S.348)

Seit der Einsetzung des ersten Schulinspektors in Schottland im Jahre 1840 hat das HM

Inspectorate of Education für die Qualitätsentwicklung im Bildungswesen gesorgt. Das

Inspektorat hat außerdem bewirkt, dass die Mittel und Methoden der Qualitätssicherung

immer weiter ausgebaut wurden. Ich möchte behaupten, dass es ihm gelungen ist, eine

Qualitätskultur zu schaffen, innerhalb derer jede am Schulleben beteiligte Person in die

Evaluation der schulischen Arbeit und somit in die Qualitätssicherung einbezogen wurde.

2.9. AUTONOMIE IM SCHOTTISCHEN SCHULWESEN

Nach dem Stichwort ’autonomy’ sucht man in der englischsprachigen Literatur bezüglich des

Bildungswesens in Schottland vergebens. Schulautonomie als Schlüsselbegriff existiert nicht.

Dies muss allerdings nicht bedeuten, dass das Phänomen ‚Eigenverantwortung’ als solches

überhaupt nicht existiert; es wird lediglich anders bezeichnet. Schlagwörter, die die aktuelle

Situation in Schottland charakterisieren sind ’quality assurance’ (Qualitätssicherung),

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Das Schulsystem in Schottland 44

’performance indicators’ (Leistungsindikatoren), und ’Devolved School Management’ (vgl.

Döbrich 1997, S.337).

Auf den ersten Blick lässt sich nur schwer ein Zusammenhang dieser Begriffe mit dem bei

uns gebräuchlichen Grundgedanken der Eigenverantwortung feststellen. Sieht man jedoch

genauer hin, so erkennt man, dass Eigenverantwortung und Qualitätssicherung Hand in

Hand gehen.

2.9.1. Devolved School Management (DSM)

Die wachsende Autonomie der einzelnen Schulen in Schottland steht in engem Zusammen-

hang mit den Methoden der Qualitätssicherung10. Ich möchte sogar behaupten, dass die

bestehenden Praktiken zur Evaluation dieses Mehr an Autonomie erst möglich gemacht

haben.

Momentan werden schrittweise immer mehr Entscheidungsrechte an die einzelnen Schulen

abgegeben. Man spricht hierbei von Devolved School Management (DSM). Das Ziel dieser

Politik ist es, die Entscheidungskompetenz an diejenigen Stellen zu verlagern, die direkt von

den Entscheidungen betroffen sind. Auf diese Weise muss jede Schule ihre eigenen Entschei-

dungen vor den betroffenen Eltern verantworten (vgl. Döbrich 1997, S.343, Munn 1997 [1],

S.125).

2.9.1.1. Die Rechte der Eltern In Schottland gehen die Stärkung der schulischen Selbstverwaltung und die Stärkung der

elterlichen Einflussmöglichkeiten Hand in Hand. Man hat es sich zum Ziel gesetzt, eine größt-

mögliche ‚Kundenzufriedenheit’ zu erreichen. Aus diesem Grund wurden in den letzten

zwanzig Jahren die Beteiligungsrechte der Eltern bezüglich schulischer Belange immer mehr

gestärkt.

Durch den Education (Scotland) Act 1981 wurde anerkannt, dass die Kinder ’in accordance to

the wishes of their parents’ erzogen werden sollten. In der Praxis bedeutet dies, dass die

Eltern das Recht haben, die Schule auf die sie ihre Kinder schicken, nach eigenem

Gutdünken auszuwählen. Sofern ihnen die örtliche Schule nicht zusagt, können sie an der

gewünschten Schule einen Aufnahmeantrag stellen, der in der Regel auch gewährt wird (vgl.

Bloomer 1999, S.161/162, Munn 1997 [1], S.126/127).

10 Auf eine erneute Beschreibung der Systeme zur Qualitätssicherung möchte ich verzichten, da sie im vorhergehenden Kapitel ausführlich dargelegt worden sind.

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45 Das Schulsystem in Schottland

Doch damit nicht genug. Die Eltern sollen nicht nur die Möglichkeit haben, durch die

Schulwahl ihr Ge- oder Missfallen an den Praktiken einer bestimmten Schule auszudrücken,

sondern sie sollen deren Arbeitsweisen auch beeinflussen können. Ausgehend von dem

“School Boards (Scotland) Act” aus dem Jahre 1988 erhielten die Eltern als “Kunden” ein

stärkeres Mitspracherecht in der einzelnen Schule. Ursprünglich sollten die neugeschaffenen

Schulbeiräte, denen mehrheitlich Eltern angehören, als Verwaltungsinstanzen für die ihnen

unterstehenden Schulen fungieren, doch traf dies auf vehementen Widerstand in der Öffent-

lichkeit. Die Eltern waren nicht im Geringsten daran interessiert, die Schulen ihrer Kinder

selbst zu verwalten. Hingegen wurde die Schaffung von Schulbeiräten mit beratender

Funktion sowohl von Eltern als auch von den Bildungsbehörden begrüßt. Die Einflussbereiche

der school boards beschränken sich indes nur auf Fragen bezüglich der Besetzung

gehobener Positionen (senior staff) an der Schule und Budgetangelegenheiten. Die

curricularen Belange liegen gänzlich in den Händen der Schulen (vgl. Green 1999, S.153,

Munn 1997 [1], S.127/128).

Zuletzt haben die Elternrechte durch die ’Parent’s Charter in Scotland’ im Jahre 1994 eine

sichtliche Stärkung erfahren, die den Eltern ein Anrecht auf Information über die Leistungen

der Schule zuerkennt. Den Großteil dieser Informationen können die Eltern den Berichten

des Schulinspektorats entnehmen (vgl. Döbrich 1997, S.343/344).

2.9.1.2. Die Rechte der Schule Das Jahr 1988 war nicht nur ein wichtiges Jahr hinsichtlich der Beteiligung der Eltern am

Schulgeschehen, sondern auch für die Autonomie der Schulen. Das Gesetz zur Bildungs-

reform, welches vom Parlament in Westminster verabschiedet wurde, gestand den einzelnen

Schulen die Verfügungsgewalt über ihren Jahresetats zu. So erweiterten sich die Befugnisse

der Schulen auf Kosten der regionalen Schulbehörden um eine wichtige Komponente (vgl.

Microsoft Encarta: Schottland 4.1.).

Obwohl die Neuerungen bereits 1988 verabschiedet waren, wurden sie in Schottland erst im

Jahre 1993 eingeführt. Im Rahmen von Devolved School Management wurde den einzelnen

Schulen etwa 80% der Mittel für ihre laufenden Ausgaben zur Selbstverwaltung übergeben.

Mit diesen Geldern müssen unter anderem Gehälter und Unterrichtsmaterial bezahlt werden.

Im Gegensatz zu England obliegt die Entscheidung über deren Verwendungszweck nicht den

Schulbeiräten, sondern direkt dem Schulleiter (vgl Bloomer 1999, S.164/165, Munn 1997 [1],

S.128/129).

Die Höhe dieser finanziellen Mittel hängt hautsächlich, aber nicht ausschließlich von den

Schülerzahlen ab. Diese Tatsache hat dazu geführt, dass sich die Schulleiter der Bedeutung

der Eltern bewusster wurden. Da das Budget einer Schule von deren Schülerzahlen

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Das Schulsystem in Schottland 46

beeinflusst wird, sind die Direktoren dazu gezwungen, ihre Schulen für Schüler und Eltern

attraktiver zu machen (Munn 1997 [1], S.135).

Trotz des verstärkten Drucks, der auf den Führungskräften der Schulen lastet, wurde das

neue Konzept sowohl von den Lehrern als auch von den Direktorenteams selbst begrüßt,

denn dieses Mehr an Verantwortung bedeutet gleichzeitig auch ein Mehr an Freiraum. Jede

Schule kann eigene Prioritäten setzen und die Gelder in den Bereichen verwenden, die dort

als wichtig erachtet werden. Die Flexibilität wird erhöht und Entscheidungen rascher gefällt,

wodurch Neuerungen effizienter realisiert werden können (vgl. Munn 1997 [1], S.135).

Zusammenfassend lässt sich die politische Absicht, die hinter DSM steckt, folgendermaßen

beschreiben: Durch Mechanismen wie freie Schulwahl, die Einführung von Schulbeiräten

(school boards) und die Übertragung von finanzieller Entscheidungsgewalt von den

Bildungsbehörden auf die einzelnen Schulen sollen sowohl Arbeits- als auch Denkweisen an

den Schulen verändert werden (vgl. Munn 1997 [1], S.134).

2.9.2. Die Bereiche schulischer Autonomie

Die Neueinführung von DSM hat in Schottland eine Diskussion über die schulische Eigen-

verantwortung entflammt. Als Außenstehender sollte man sich aber durch die momentane

Brisanz dieses Themas nicht zu der Annahme verleiten lassen, die Autonomie der

schottischen Schulen habe sich erst in den letzten Jahren herausgebildet.

Die schottischen Schulen sind von jeher autonomer als die deutschen. Vielleicht kam das

Thema Autonomie deshalb jahrelang nicht zur Sprache. Denn neben dem bereits

beschriebenen finanziellen Aspekt hat die Eigenverantwortung der Schulen auch einen

personellen und einen pädagogischen Aspekt.

2.9.2.1. Personelle Eigenverantwortung Obwohl die Einstellung der Lehrer in den Zuständigkeitsbereich der lokalen Bildungs-

behörden und nicht der Schulen selbst fällt, sind die Schulleiter an den Einstellungsverfahren

beteiligt. Sie haben nicht nur Einfluss auf den Text, mit dem die Stellen ausgeschrieben

werden, sondern sie nehmen auch an den Interviews mit den Bewerbern teil. Größer ist die

Eigenverantwortung der Schulen hinsichtlich der Leistungsbeurteilung der Lehrer. Die schul-

interne Evaluation bietet dem Schulleiter einen Überblick über die individuellen Leistungen

der Lehrkräfte. Bei festgestellten Mängeln muss der Schulleiter Verfahren zur Verbesserung

dieser Leistung einleiten. Die Einführung des Systems von Leistungsindikatoren hat der

Schulleitung ein Instrument an die Hand gegeben, mit Hilfe dessen die personellen Entschei-

dungen transparent und begründbar werden (vgl. Döbrich 1997, S.353/354).

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47 Das Schulsystem in Schottland

2.9.2.2. Pädagogische Eigenverantwortung Ein hohes Maß an Autonomie im finanziellen und personellen Bereich ist im Vereinigten

Königreich nichts Besonderes. Die Freiheiten, die schottische Schulen hinsichtlich curricularer

Entscheidungen haben, sind hingegen eher ungewöhnlich. Schottland verfügt über kein

bindendes nationales Curriculum, wie es im übrigen Vereinigten Königreich Ende der

achtziger Jahre eingeführt wurde. Theoretisch gesehen haben die Bildungsbehörden freie

Hand. Solange die von ihnen angebotene Bildung adäquat und effizient ist, können die

Behörden ihre eigenen Lehrpläne erstellen. Doch die Realität sieht anders aus:

“In practice, however, the existence of a single national examination board, the Scottish Qualifications Authority, and of an extensive series of national curricular guidelines have created a de facto national curriculum. In practice, if not in law, education authorities and individual schools are obliged to conform.” (Bloomer 1999, S.158)

Nichtsdestotrotz haben die schottischen Schulen viel Entscheidungsfreiheit. Die curricularen

Richtlinien lassen den Schulen Spielraum um die Lerninhalte an die besonderen Gegeben-

heiten der lokalen Umgebung anzupassen (vgl. Döbrich 1997, S.349).

Damit die Entscheidungen der Schulleitung für Bildungsbehörden, Lehrer, Schüler, Eltern und

auch für die Schulinspektoren nachvollziehbar sind, müssen sie im Schulentwicklungs-

programm dargelegt werden. Nicht nur die Ziele sind hierbei von Bedeutung, sondern auch

die gegenwärtige Situation und die Wege, auf denen die gesteckten Ziele erreicht werden

können. Die Kontrolle durch das Schulinspektorat spielt die zentrale Rolle bei der Weiter-

entwicklung dieser Schule. Die Inspektoren benennen Schwachpunkte und geben Ratschläge

zur Verbesserung (vgl. Döbrich 1997, S.350/351).

An dieser Stelle wird die enge Verzahnung von Eigenverantwortung und Qualitätssicherung

besonders deutlich. Ohne die Systeme der externen und internen Evaluation der Schulen

wäre ein so hohes Maß an Autonomie keinesfalls möglich. Als Befürworter schulischer

Eigenverantwortung darf man jedoch nicht vergessen, dass durch die Übertragung der

Entscheidungsrechte an die Schulen fast die gesamte Entscheidungsgewalt bei den

Schulleitern liegt. Schulleiter haben demnach eine Schlüsselfunktion in den Entscheidungen

über Personal und Finanzen, die Planung des Curriculums und die Entwicklung der gesamten

Schule. Auf Grund der hierarchischen, wenig demokratischen Strukturen an den schottischen

Schulen und dem Vertrauen, das die Schulbeiräte in die Expertise der Schulleiter setzen, wird

die Macht der Schulleiter in Zukunft voraussichtlich noch anwachsen.

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Das Schulsystem in Schottland 48

Hiermit möchte ich meine Ausführungen zum schottischen Schulsystem abschließen. Bei der

nun folgenden Betrachtung des Schulsystems in Baden-Württemberg wird sich zeigen,

inwieweit die beiden Systeme Gemeinsamkeiten aufweisen und wo die Differenzen liegen.

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49 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

33.. DDaass bbaaddeenn--wwüürrtttteemmbbeerrggiisscchhee SScchhuullssyysstteemm

Im Unterschied zum schottischen Schulwesen, in das ich während meines sechsmonatigen

Aufenthalts nur begrenzt Einblicke erhielt, besuche ich seit ca. 20 Jahren Einrichtungen des

baden-württembergischen Bildungswesens. Man müsste also meinen, ich sei bestens damit

vertraut. Dem ist aber nicht so. Bisher hat sich mein Auseinandersetzung mit dem hiesigen

Bildungswesen auf die Gegebenheiten beschränkt, die mich selbst betreffen. Da ich aber

bald selbst als Lehrerin hier tätig sein werde, erscheint es mir angebracht, mich intensiver

mit dem Schulsystem zu beschäftigen. Wenn sich schon die Lehrer nicht auskennen, wer

dann?

Da ich selbst den Studiengang Europalehramt für Realschulen gewählt habe, ist mir die

Situation der Realschulen im baden-württembergischen Schulsystem natürlich besonders

wichtig. Aus diesem Grund werde ich dieser Schulart bei der Darstellung des Schulsystems

den größten Platz einräumen.

3.1. DIE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE SITUATION IN BADEN-

WÜRTTEMBERG

3.1.1. Der politische Hintergrund

Baden-Württemberg ist eines der 16 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland. Es

entstand 1952 durch die Zusammenlegung der beiden französisch besetzten Gebiete (Süd-)

Baden und Württemberg-Hohenzollern und dem von den Amerikanern besetzen Württem-

berg-Baden. (vgl. Microsoft Encarta 2002: Baden-Württemberg: 7.) Die staatliche Grund-

ordnung Deutschlands wird durch das Grundgesetz festgelegt, das 1949 in Kraft trat (vgl.

Eurydice: Deutschland 1.2.1.).

Eines der bedeutsamen Strukturmerkmale der Bundesrepublik Deutschland ist neben den

Prinzipien des Rechtsstaats, des Sozialstaats und der Demokratie, der bundesstaatliche

Föderalismus (vgl. Zacharias 1991, S.10). Die föderalistische Staatsstruktur ist im

Grundgesetz festgeschrieben: Artikel 20 des Grundgesetzes definiert die Bundesrepublik

Deutschland als ‚Bundesstaat’. Diese föderalistische Ordnung steht in Jahrhunderte langer

Tradition. Mit Ausnahme der Herrschaftszeit der Nationalsozialisten von 1933 bis 1945 war

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 50

die Bundesrepublik nie in Form eines Zentralstaats organisiert (vgl. Eurydice: Deutschland

1.2.7.).

Jedes Bundesland besitzt Staatsqualität. Es ist durch das Grundgesetz dazu verpflichtet, sich

eine eigene Landesverfassung zu geben, die jedoch mit den durch das Grundgesetz fest-

gelegten Regelungen im Einklang sein muss. In allgemeinen Wahlen werden in den Ländern

Länderparlamente gewählt, die jeweils einen Ministerpräsidenten als Vorsitzenden der

Landesregierung bestimmen (vgl. Art. 28 Abs. 1 GG).

Sofern das Grundgesetz keine andere Regelung trifft, ist „die Ausübung der staatlichen

Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben [...] Sache der Länder“ (Art. 30 GG).

Die Zuständigkeiten sind zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Die meisten Kompetenzen

liegen heute beim Bund. Einer der wichtigsten Zuständigkeitsbereiche der Länder ist

allerdings ihre sog. ‚Kulturhoheit’. Dies bedeutet, dass die Gesetzgebungskompetenzen im

Bereich der Bildungs- und Kulturpolitik bei den Ländern liegen (vgl. Arbeitsgruppe Bildungs-

bericht 1994, S. 79, Eurydice: Deutschland 2.2.).

Hierin liegt der Grund für die Vielfalt im deutschen Bildungswesen. Die Bildungssysteme der

einzelnen Länder weisen zwar viel Parallelen auf, doch kann man die Unterschiede nicht

vernachlässigen.

3.1.2. Geographische und demographische Faktoren

Mit ca.10 Millionen Einwohnern und einer Fläche, die 14,4% des Staatsgebiets umfasst, ist

Baden-Württemberg das drittgrößte Land der Bundesrepublik und mit einer Bevölkerungs-

dichte von 286 Einwohner pro Quadratkilometer außerdem eines der am dichtesten

besiedelten (vgl. Rebel/Schark 1996, S.213, Microsoft Encarta: Baden-Württemberg: 3.).

Obwohl oder gerade weil Baden-Württemberg kaum eigene Rohstoffe besitzt, weist das Land

den höchsten Industrialisierungsgrad aller deutschen Bundesländer auf. Der Dienstleistungs-

sektor spielt eine tragende Rolle; etwa 30 Prozent der Beschäftigten sind in diesem Bereich

tätig (vgl. Rebel/Schark 1996, S.213, Microsoft Encarta: Baden-Württemberg: 6.). Auf Grund

des weitgehenden Fehlens von Bodenschätzen und Rohstoffen hat schulische Bildung in

Baden-Württemberg schon immer eine bedeutende Rolle gespielt (vgl. Rebel/Schark 1996,

S.215).

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51 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

3.2. DIE ENTWICKLUNG DES BADEN-WÜRTTEMBERGISCHEN

SCHULSYSTEMS

Die Geschichte des baden-württembergischen Schulsystems beschränkt sich auf gerade 50

Jahre, denn der ‚Südweststaat’ – wie Baden-Württemberg auch betitelt wird - existiert erst

seit 1952. Aus diesem Grund muss ein Großteil der baden-württembergischen Schul-

geschichte gesamtdeutsch gesehen werden.

3.2.1. Die Entwicklungen bis 19 45

Die heutigen Strukturen des Bildungswesens haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten

schrittweise herausgebildet. Im 18. und 19. Jahrhundert orientierten sich die deutschen

Staaten am Vorbild Preußens. Es ist also nicht verwunderlich, dass auch bildungspolitische

Entwicklungen dort ihren Ausgangspunkt nahmen. Im 19. Jahrhundert wurde in Preußen

durch die Abschaffung des Bildungsmonopols der Kirche der Grundstein für ein staatliches

Schulwesen gelegt (vgl. Anweiler 1996, S.36, Gauggel 1997, S.13/14).

Ein weiterer wichtiger Schritt wurde während der Zeit der Weimarer Republik vollzogen.

1920 wurde in allen deutschen Staaten durch das ‚Reichsgrundschulgesetz’ die allgemeine

vierjährige Grundschule als Einheitsschule eingeführt (vgl. Anweiler 1996, S.31). Neben der

Volksschule durften ab 1920 keine weiteren schulischen Einrichtungen zur Vorbereitung auf

höhere Schulen mehr bestehen. „Damit wurde die bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend

übliche völlige Trennung der Schullaufbahnen nach sozialer Schicht aufgehoben und alle

Kinder wurden in den ersten Schuljahren gemeinsam unterrichtet“ (vgl. Eurydice:

Deutschland 4.1.). Diese besondere Stellung der Grundschule als eine für alle Kinder gemein-

same Schule besteht bis zum heutigen Tag.

An die gemeinsame Grundschule schließt sich ein ‚dreigliedriges Schulsystem’ an. Es ist in

Hauptschule (früher: Volksschule), Realschule und Gymnasium unterteilt. In diesem System

dienten die Volksschulen im Anschluss an die Grundschulen zur Erfüllung der Schulpflicht im

Allgemeinen. Gymnasien wurden nur besucht, um die Zugangsberechtigung für ein Uni-

versitätsstudium zu erwerben. Beide Schularten stehen in langer Tradition. Die Realschule

gilt als jüngste Schulart. Obwohl bereits vor rund 250 Jahren im badischen Landesteil im

Zuge der Industrialisierung die ersten Realschulen gegründet wurden, begann ihre

Erfolgsgeschichte „als ‚Mittelschule’ [...], die sich in ganz besonderer Weise den Realien, also

der Lebenswirklichkeit verpflichtet weiß“ (MKJS Mai 2001, S.28) erst nach dem Zweiten

Weltkrieg.

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 52

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden sowohl die Grundschulen als auch

die anderen Schularten in den Dienst der Ideologie gestellt (vgl. Eurydice: Deutschland 4.1.).

Auch danach gab es keine umfassenden Änderungen der dreigliedrigen Schulstruktur (vgl.

Döbert 1997, S.117). Bis in die Gegenwart wirksam geblieben ist aus dieser Zeit nur die 1938

eingeführte Berufsschulpflicht (vgl. Anweiler 1996, S.31).

3.2.2. Die Entwicklungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes wurde Deutschland 1945 in vier Besatzungs-

zonen aufgeteilt und den alliierten Siegermächten unterstellt, die auch die Kontrolle über das

Bildungswesen übernahmen. Im den drei Westzonen knüpfte man staatsrechtlich an die

Strukturen an, die vor 1933 in Deutschland bestanden. Die föderalistische Ordnung wurde

wieder hergestellt (vgl. Anweiler 1996, S.31/32). Die Verantwortung für das Schulwesen

wurde nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 in die Hände der Länder

gelegt (vgl. Döbert 1997, S.119).

Entscheidend für eine vergleichbare Entwicklung des Bildungswesens in den Ländern nach

1945 war vor allem die sog. ‚Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundes-

republik Deutschland’ (KMK). Sie ging aus einer Konferenz der Erziehungsminister der vier

Besatzungszonen hervor und war von 1949 ab das wichtigste Gremium zur Koordinierung

der Schulpolitik. Die Kultusministerkonferenz leistete entscheidende Vorarbeit für wichtige

Abkommen der Länder bezüglich der Entwicklungen im Schulbereich; im ‚Düsseldorfer

Abkommen’ von 1955 wurde beispielsweise die gegenseitige Anerkennung von Schulab-

schlüssen festgelegt (vgl. Döbert 1997, S.119).

In Anknüpfung an die Zeit vor 1933 wurden in Baden-Württemberg nach Ende des Zweiten

Weltkrieges vielerorts neben ‚Gemeinschaftsschulen’ zunächst auch ‚Konfessionsschulen’

eingerichtet, die nur von Schülern besucht werden konnten, die der entsprechenden Kon-

fession angehörten. Nachdem sich die wirtschaftliche und politische Lage im neugegründeten

Baden-Württemberg stabilisiert hatte, wurden diese ‚Konfessionsschulen’ 1966 per Gesetz

endgültig abgeschafft (vgl. Grießhaber 1998, S. 91).

Unter dem Leitgedanken der Verbesserung der sozialen Chancengleichheit wurden Mitte der

sechziger Jahre in ganz Deutschland Reformpläne geschmiedet. Der zwischen 1965 und

1975 bestehende ‚Deutsche Bildungsrat’ veröffentlichte 1970 einen ‚Strukturplan für das

Bildungswesen’, in dem die Notwendigkeit der Anhebung der schulischen Ausbildungs-

standards verdeutlicht und der Einheitsschulgedanke als Lösung propagiert wurde (vgl. Hinz

2002, S.36-38). Aus diesem Grund wurden vorwiegend in den sozialdemokratisch regierten

Ländern Gesamtschulen eingeführt (vgl. Anweiler 1996, S.32). Auch Baden-Württemberg

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53 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

folgte diesem Trend und richtete in den 70er Jahren elf Gesamtschulen als ‚Schulversuche’

ein. Heute existieren nur noch drei dieser sog. ‚integrierten’ Gesamtschulen, die die Schüler –

ähnlich dem schottischen Modell – nach dem Fachleistungsprinzip auf unterschiedlich

anspruchsvolle Kurse verteilen. Eine dieser Schulen befindet sich in Freiburg-Haslach (vgl.

Rebel/Schwark 1996 S.257/258).

Obwohl sich das Gesamtschulmodell in Baden- Württemberg nicht durchsetzen konnte, ist

die Durchlässigkeit im Bildungswesen gestiegen. In den siebziger Jahren eingeleitete

Reformen haben die strenge Unterscheidung zwischen den drei Schultypen gelockert, so

dass einige Schüler während der Schulzeit von einem Schultyp zum anderen wechseln

können (vgl. Gudjons 1999, S.280). Damit falsch getroffene Schullaufbahnentscheidungen

nachträglich korrigiert werden können, wurde außerdem die Orientierungsstufe eingeführt,

die die Klassen 5 und 6 umfasst. In Baden-Württemberg ist die Orientierungsstufe keine

eigenständige Schulform. Die Durchlässigkeit wird in der ‚Multilateralen Versetzungsordnung’

(vgl. MKJS 1985, S.360) geregelt und dadurch ermöglicht, dass die Lehrpläne der Klassen 5

und 6 für Hauptschule, Realschule und Gymnasium inhaltlich aufeinander abgestimmt sind,

so dass ein Wechsel der Schulform während dieser zwei Jahre für die Schüler relativ wenig

Probleme bereitet (vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften 1987, S.33, Arbeits-

gruppe Bildungsbericht 1994, S.409-418).

In meinen Ausführungen zur Entwicklung des Bildungssystems in Baden-Württemberg bin ich

bisher nur auf die politischen Faktoren eingegangen, die auf das Schulsystem einwirkten. Zu

den relevanten Einflüssen zählt aber neben politischen Beschlüssen auch die Einstellung der

Bevölkerung zu Schule und Bildung. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich

das Bildungsverhalten der Bevölkerung radikal verändert; es kam zu einer Bildungs-

expansion. Sowohl Realschulen als auch Gymnasien hatten einen rapiden Anstieg an Schüler-

zahlen zu verzeichnen (vgl. Döbert 1997, S.124, Anweiler 1996, S.33). Als Gründe für diese

Entwicklung lassen sich der „immer höher werdende Bildungsabschluss der Eltern und die

Erkenntnis, dass [..] eine höhere schulische und berufliche Qualifikation besser vor Arbeits-

losigkeit schützt“ (Grießhaber 1998, S.93) anführen. Der Trend hat bis heute angehalten.

Hohe Abschlüsse werden sowohl von der Bevölkerung angestrebt als auch von der Wirtschaft

verlangt. Beispielsweise bevorzugen Banken bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen für

Bankkauffrau/ Bankkaufmann Abiturienten, obwohl in den Vorgaben für diesen Ausbildungs-

beruf nur ein mittlerer Bildungsabschluss gefordert wird. Wohin eine solche Entwicklung

führen wird, ist ungewiss.

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 54

3.2.3. Die aktuelle Debatte

Seit Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist die Diskussion um die Qualität des

Schulwesens neu entflammt. Die Beteiligung an internationalen Vergleichsstudien wie TIMSS

und PISA hat gezeigt, dass das Bildungssystem in Baden-Württemberg lange nicht so

hervorragend ist wie gemeinhin angenommen. Allerdings stehen weder die Einführung von

neuen Gesamtschulen noch die vollständige Umstellung auf Ganztagsschulen momentan zur

Diskussion. Die Qualität des Schulsystems soll durch eine Veränderung der Bildungspläne

und eine Verlagerung der Entscheidungskompetenzen erreicht werden. Auf diese beiden

Aspekte möchte ich deshalb in den folgenden Kapiteln explizit eingehen.

3.3. RECHTLICHE GRUNDLAGEN UND VERWALTUNG DES BILDUNGS-

WESENS IN BADEN-WÜRTTEMBERG

„Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“, so heißt es in Art. 7 Abs. 1

des Grundgesetzes. Damit ist in Deutschland jedoch nicht der Bund gemeint, sondern die

einzelnen Bundesländer. Alle wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen werden in den

Länderparlamenten getroffen und in Form von Gesetzen verabschiedet.

3.3.1. Zuständigkeiten und Verwaltung

3.3.1.1. Zuständigkeiten des Bundes Die Einflussnahme des Bundes auf das Bildungswesen ist sehr begrenzt, da durch die

‚Kulturhoheit’ der Länder der größte Teil der Verantwortung in deren Zuständigkeitsbereich

fällt.

Bis zum Jahre 1969 waren die Länder allein für das Bildungswesen verantwortlich. Durch

Änderungen des Grundgesetzes erhielt der Bund 1969 begrenzte Befugnisse in der beruf-

lichen Bildung (vgl. Art. 74 Nr. 13 GG), im Hochschulbereich (vgl. Art. 75 Nr. 1a GG) und in

der Bildungsforschung (vgl. Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG). Innerhalb der Bundesregierung liegt

die Zuständigkeit für diese Aufgabenbereiche vor allem beim Bundesministerium für Bildung

und Forschung (BMBF) (vgl. Anweiler 1996, S.34/35).

1969 wurde das Grundgesetz außerdem um Artikel 91b ergänzt, der die Zusammenarbeit

von Bund und Ländern bei der Bildungsplanung ermöglicht. Zu diesem Zweck wurde durch

ein Verwaltungsabkommens 1970 zwischen Bund und Ländern die ‚Bund-Länder-Kommission

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55 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

für Bildungsplanung und Forschungsförderung’ (BLK) geschaffen. Dieses Gremium, welches

sich aus Vertretern des Bundes und der Landesregierungen zusammensetzt, arbeitet

Empfehlungen aus, die den Regierungschefs in Bund und Ländern zur Beratung und

Beschlussfassung vorgelegt werden (vgl. Führ 1997, S.44/45).

3.3.1.2. Zuständigkeiten der Länder Als oberste Landesbehörde trägt in Baden-Württemberg das Ministerium für Kultus, Jugend

und Sport die Verantwortung für alle bildungspolitischen Belange. Dem Kultusministerium

obliegt die organisatorische Vorstrukturierung von Schule und Unterricht. Durch den Erlass

von Rechts- und Verwaltungsvorschriften hinsichtlich der Unterrichtsinhalte, Unterrichts-

organisation und Leistungsbeurteilung werden u.a. Stundentafeln festgelegt, Entscheidungen

über Lehrerstundenzahlen und Klassengrößen getroffen und Prüfungs- oder Versetzungs-

regelungen bestimmt (vgl. Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1994, S. 98/102, Döbert 1997,

S.140/141). Auch für die Bildungspläne der verschiedenen Schularten in Baden-Württemberg

ist das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zuständig. Ihre Erarbeitung erfolgt in der

Regel in besonderen Kommissionen unter Beteiligung von Lehrern und Fachleuten (vgl.

Kommission der europäischen Gemeinschaften 1987, S.35). Die derzeit gültigen Lehrpläne

der allgemeinbildenden Schulen wurden 1994 in Kraft gesetzt. Zu Beginn des Schuljahres

2004/05 sollen neue Bildungspläne in Kraft treten, die sich momentan in der Erarbeitungs-

phase befinden. Zum ersten Mal können alle Lehrkräfte zu den im Internet veröffentlichten

Entwürfen Stellung nehmen.

Dem Kultusministerium sind zwei weitere Instanzen zur Steuerung von Schule

untergeordnet. Als Mittelinstanzen fungieren vier Oberschulämter in Stuttgart, Karlsruhe,

Freiburg und Tübingen. Diese Struktur der Schulverwaltung spiegelt die Entstehung Baden-

Württembergs aus den ehemaligen selbständigen Staaten Nord-Württemberg, Südwürttem-

berg-Hohenzollern, Nordbaden und Südbaden vor 1952 wieder. Die Oberschulämter selbst

sind direkt sowohl für Gymnasien als auch für Einrichtungen des beruflichen Schulwesens

zuständig. Den Oberschulämtern sind 30 Staatlichen Schulämter unterstellt, die die untere

Ebene der Schulverwaltung darstellen und für Grund-/Haupt-, Real- und Sonderschulen

zuständig sind (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.218/219). Eine Neuorganisation der Schulver-

waltung ist zur Zeit in der Diskussion.

Die ständige Konferenz der Kultusminister der Länder als wichtigstes Instrument zur

Koordinierung von Regelungen im Schulwesen zwischen den Ländern fand bereits im letzten

Kapitel Erwähnung. Trotz ihrer großen Bedeutung für das deutsche Bildungswesen besitzt

die KMK keine legislativen Kompetenzen. Ihre Beschlüsse haben, obwohl sie einstimmig

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 56

gefasst werden müssen, nur den Charakter von Empfehlungen (vgl. Anweiler 1996, S.35).

Allerdings orientieren sich die meisten Bundesländer an diesen Empfehlungen und verab-

schieden entsprechende Gesetze (vgl. Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1997, S.82). Die in

jüngster Zeit ergangenen Beschlüsse beziehen sich vorwiegend auf Qualitätssicherung und

Evaluation in der Schule. Ein Schwerpunkt zur Zeit ist die Beteiligung der Länder am OECD-

Projekt PISA (vgl. Eurydice: Deutschland 2.5.2.2.). Außerdem werden im Rahmen der

Qualitätssicherung auch nationale Bildungsstandards erarbeitet.

3.3.1.3. Zuständigkeiten der Gemeinden Die öffentlichen Schulen sind in der Mehrzahl staatlich-kommunale Schulen, die vom Land

und einer Gemeinde getragen werden.11 Es hat sich das Prinzip durchgesetzt, dass das Land

die Personalkosten und die Gemeinde die Sachkosten und Verwaltungspersonalkosten

übernimmt. Die Aufsicht wird - das gilt auch für private Ersatzschulen – vom Staat geführt.

Die Kommunen, die für den Bau und die Unterhaltung der Schulen verantwortlich sind und

finanzielle Leistungen für sie erbringen, werden als Schulträger bezeichnet (vgl. Eurydice:

Deutschland 2.5.4.2., Gudjons 1999, S.285). Der Schulträger stellt den Schulen einen

Schuletat zur Verfügung, mit dem u.a. die Lehr- und Lernmittel finanziert werden.

3.3.1.4. Die Verwaltung auf schulischer Ebene Jeder Schule steht ein Schulleiter vor, der an Grund-/Haupt- und Realschulen als Rektor, an

Gymnasien als Direktor bezeichnet wird. Er ist verantwortlich für die Erziehungs- und

Bildungsarbeit in der Schule und zugleich Lehrer an der Schule (vgl. Hochstetter/Muser

S.103). Seine Aufgaben sind in Paragraph 42 des baden-württembergischen Schulgesetzes

genau festgeschrieben. Der Schulleiter ist gegenüber den Lehrern seiner Schule weisungs-

berechtigt und dazu ermächtigt, Unterrichtsbesuche vorzunehmen und Beurteilungen über

die Lehrer für die Schulaufsichtsbehörde abzugeben (vgl. Hochstetter/Muser 1996, S.107).

Bei Verhinderung des Schulleiters gehen alle Pflichten auf den stellvertretenden Schulleiter

als seinen ständigen Vertreter über (vgl. Hochstetter/Muser 1996, S.108/109).

Zur Unterstützung der Schulleitung können einzelne Lehrer mit Organisations- oder Verwal-

tungsaufgaben betraut werden (vgl. Eurydice: Deutschland 2.5.5.2.).

Es ist anzunehmen, dass der Kompetenzbereich der Schulleitung in Zukunft im Zusammen-

hang mit einer verstärkten Selbstständigkeit der Einzelschule erweitert wird.

11 In allen Bereichen des Bildungswesens gibt es, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, Einrichtungen in freier Trägerschaft. Da viele dieser Schulen Reformschulen sind und sich daher teilweise stark von den staatlich- kommunalen Schulen unterscheiden, würde ihre eingehende Erläuterung den Rahmen dieser Zulassungsarbeit sprengen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ich mich auf die ‚regulären’ Schulen des baden-württembergischen Schulsystems beschränken werde. (vgl. Eurydice: Deutschland 2.6.)

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57 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

3.4. DIE STRUKTUR DES SCHULWESENS IN BADEN-WÜRTTEMBERG

Das Bildungswesen in Baden-Württemberg lässt sich in fünf Bereiche einteilen:

in den Elementarbereich,

in den Primarbereich,

in den Sekundarbereich,

in den Hochschulbereich

und in den Bereich der Weiterbildung (vgl. Eurydice: Deutschland 2.4.).

Berücksichtigt man in Schottland auch die vorschulischen Einrichtungen, so stimmt diese

Einteilung exakt mit den Stufen des Bildungssystem in Schottland überein.

Das allgemeinbildende baden-württembergische Schulsystem umfasst lediglich die Primar-

stufe und die Sekundarstufen I und II. Mit der Vollendung des sechsten Lebensjahres

beginnt für die Kinder die Schulpflicht. Es besteht keine Vorschulpflicht (vgl. Führ 1997,

S.85). Nichtsdestotrotz haben Kinder ab drei Jahren die Möglichkeit, einen Kindergarten zu

besuchen. Seit dem 1.1.1996 besteht für jedes Kind zwischen drei und sechs Jahren ein

Rechtsanspruch auf einen solcher Kindergartenplatz. Leider bleibt die Realität hinter dem

Anspruch zurück. Für Kinder, die zwar das sechste Lebensjahr überschritten haben, aber

nicht für schulfähig gehalten werden, existieren weitere Einrichtungen. In Baden-

Württemberg sind dies sog. Grundschulförderklassen, die die Kinder auf den Schuleintritt

vorbereiten sollen (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.227/228, Eurydice: Deutschland 2.4.1.,

Hochstetter/Muser 1996, S.24).

Im Alter von sechs Jahren werden die Kinder eingeschult. Sie besuchen von diesem

Zeitpunkt an in der Regel vier Jahre eine Grundschule. Die Grundschule ist die einzige, für

alle obligatorische Schulstufe (vgl. Führ 1997, S.85, Rebel/Schwark 1996, S.229/230). Laut

Schulgesetz besteht der Auftrag der Grundschule in der „allmählichen Hinführung der Schüler

von den spielerischen Formen zu den schulischen Formen des Lernens und Arbeitens. Dazu

gehören die Entfaltung der verschiedenen Begabungen der Schüler [...], die Einübung von

Verhaltensweisen für das Zusammenleben sowie die Förderung der Kräfte des eigenen

Gestaltens und des schöpferischen Ausdrucks“ (Hochstetter/Muser 1996, S.23).

Am Ende der Grundschulzeit stellt sich für die Eltern dann die Frage: Auf welche weiter-

führende Schule schicke ich mein Kind? Es muss eine Schullaufbahnentscheidung getroffen

werden. Die Eltern sind allerdings nicht frei in ihrer Entscheidung. Sie müssen sich an der

von der Klassenkonferenz ausgesprochenen sog. Grundschulempfehlung orientieren. Sind sie

mit dieser Empfehlung nicht einverstanden, ist entweder die Teilnahme an einem

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 58

Beratungsverfahren oder an einer Aufnahmeprüfung für die gewünschte Schulart möglich

(vgl. MKJS 1999, S.4/5). Zur ‚Auswahl’ stehen in der Regel Hauptschule, Realschule und

Gymnasium, deshalb wird auch das Schulsystem in Baden-Württemberg als ‚dreigliedriges

Schulsystem’ bezeichnet. Sowohl Sonderschulen als auch Gesamtschulen bleiben bei dieser

Begrifflichkeit außen vor.

Da die Gesamtschulen in Baden-Württemberg kaum eine Rolle spielen – es existieren

momentan nur noch drei integrierte Gesamtschulen (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.257/258),

werden sie in der folgenden Strukturskizze nicht aufgeführt. Deshalb habe ich mich auch

entschieden, die Gesamtschulen bei meiner weiteren Erläuterung des allgemeinbildenden

Schulsystems in Baden-Württemberg auszusparen.

19

16

15

10

6

(vgl. MKJS 1999, S.6)

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59 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

Die obige Grafik verdeutlicht die Bildungswege, die den Schülern nach Verlassen der

Grundschule zur Verfügung stehen. Violett unterlegte Felder bezeichnen Einrichtungen des

beruflichen Schulwesens. Obwohl ich im Rahmen dieser Zulassungsarbeit ausschließlich auf

die allgemeinbildenden Schulen eingehen werde, möchte ich die Einrichtungen des berufli-

chen Schulwesens an dieser Stelle nicht außer Acht lassen.

Durch die Einbeziehung des beruflichen Bildungswesen wird die Vielfalt und Durchlässigkeit

des Systems offensichtlich. Die Hochschulreife ist auf mehreren Wegen zu erreichen. Dies

bedeutet, dass die Schullaufbahnentscheidung nach der vierten Klasse nicht endgültig ist.

Auch wenn Eltern ihr Kind beispielsweise ‚nur’ auf die Realschule schicken, ist das Erlangen

der allgemeinen Hochschulreife an einem beruflichen Gymnasium in drei Jahren nach der

‚Mittleren Reife’ leicht möglich.

Nach Beendigung der vierten Klasse wechseln die Schüler in die Schulen des Sekundar-

bereichs. Dieser gliedert sich in den Sekundarbereich I, der die schulischen Bildungsgänge

von der fünften bis zur zehnten Jahrgangsstufe umfasst, und in den Sekundarbereich II, zu

dem alle Bildungsgänge gehören, die auf dem Sekundarbereich I aufbauen. Während alle

Schulen des Sekundarbereich I allgemeinbildende Schulen sind, umfasst der Sekundar-

bereich II zusätzlich noch berufsbildende und berufliche Bildungsgänge (vgl. Anweiler 1996,

S.38, Eurydice: Deutschland 5.3.). Alle Schüler unterliegen bis zur Vollendung des 18.

Lebensjahres der Schulpflicht. Mit dem Ende des Sekundarbereiches I endet auch die

Vollzeitschulpflicht. Danach sind die Jugendlichen zum Besuch einer Teilzeitschule für die

Dauer von 3 Jahren verpflichtet, wenn sie keine Vollzeitschule besuchen (vgl. Eurydice:

Deutschland 5.3.).

Ähnlich wie in Schottland werden die ersten beiden Jahre der Sekundarstufe als

Orientierungsstufe betrachtet. Diese wurde 1974 eingeführt, um die Durchlässigkeit des drei-

gliedrigen Schulsystems zu erhöhen (vgl. Anweiler 1996, S.39). In Baden-Württemberg ist

die Orientierungsstufe schulformabhängig, d.h. die Schüler werden am Ende der Grundschul-

zeit den weiterführenden Schulformen zugeteilt. Im Laufe der Orientierungsstufe werden die

Schüler genau beobachtet, so dass die Schullaufbahnentscheidung korrigiert werden kann,

sollte sich die Grundschulempfehlung als unpassend herausstellen. Den Schülern wird – wie

bereits erwähnt - während der Klassenstufen 5 und 6 ein Schulwechsel dadurch erleichtert,

dass die Lehrpläne der drei Schulformen aufeinander abgestimmt sind (vgl. Kommission der

europäischen Gemeinschaften 1987, S.33, Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1994, S.409-418).

Sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich existieren in Baden-Württemberg Sonder-

schulen für Schüler mit besonderem Förderbedarf. Das Sonderschulwesen ist äußerst

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 60

differenziert. Neben Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit geistigen oder körperlichen

Behinderungen gibt es auch Sonderschulen für lernschwache oder verhaltensauffällige

Schüler (vgl. MKJS 1999, S.19-21).

Seit der Verabschiedung des Hamburger Abkommens 1964 beginnt das Schuljahr in Baden-

Württemberg am 1. August und endet am 31. Juli des folgenden Jahres. Der tatsächliche

Beginn und das Ende des Schuljahres hängen von den Ferienterminen für die Sommerferien

ab, die langfristig durch Beschlüsse der Kultusministerkonferenz für die einzelnen Länder

festgelegt sind. Neben den Sommerferien gibt es kürzere Ferienabschnitte im Herbst, zu

Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Die Gesamtdauer der Schulferien beträgt 75 Werktage

(vgl. Führ 1997, S.90, Eurydice: Deutschland 2.10.1.1.). Die Zahl der Unterrichtsstunden pro

Woche hängt vom Alter der Schüler und der gewählten Schulform ab. Eine Unterrichtsstunde

dauert 45 Minuten. Die Schulanfänger beginnen mit ca. 20 Wochenstunden. In der

Sekundarstufe I werden pro Woche 30 Unterrichtsstunden erteilt, in der Oberstufe des

Gymnasiums können die Schüler mit mehr als 30 Unterrichtsstunden in der Woche rechnen

(vgl. Gauggel 1997, S.17, Führ 1997, S.93-5). In Baden-Württemberg ist die Halbtagsschule

die traditionelle Unterrichtsform. Ganztagsschulen sind gegenwärtig die Ausnahme. Trotzdem

müssen die Schüler ab der Sekundarstufe I zusätzlich an einem oder mehreren Nachmittagen

zum Unterricht erscheinen (vgl. Eurydice: Deutschland 2.10.2.2.).

Der Unterricht findet in der Regel in Jahrgangsklassen statt. Um am Ende eines Schuljahres

in die nächsthöhere Klasse versetzt zu werden, muss ab der zweiten Jahrgangsstufe ein

bestimmter Notendurchschnitt erreicht sein. Ist dies nicht der Fall, so ist der Schüler

gezwungen, die Klasse zu wiederholen (vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften

1987, S.34).

3.5. DIE SCHULEN DES SEKUNDARBEREICHS IM DETAIL

3.5.1. Die Hauptschule

Die Hauptschule in ihrer heutigen Form besteht erst seit dem Jahre 1964, als im Hamburger

Abkommen die Teilung der Volksschule in Grundschule und Hauptschule beschlossen wurde.

Seither besteht sie als gleichberechtigte Schulform im gegliederten Sekundarschulwesen

neben der Realschule und dem Gymnasium (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.233). Allerdings

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61 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

sind die Hauptschulen meistens mit den Grundschulen an einem Standort zusammengefasst

und werden in der Regel von einem Schulleiter geleitet (vgl. Hochstetter/Muser 1996, S.25).

Bis Mitte der siebziger Jahre war die Hauptschule die meistbesuchte allgemeinbildende

Schule, wurde aber dann zur „Leidtragende[n] der Bildungsexpansion“. Inzwischen hat sie

sich vielerorts zu einer ‚Restschule’ entwickelt. Da jeder Schüler 5 Jahre eine auf die

Grundschule aufbauende weiterführende Schule besuchen muss, hat die Hauptschule mit

„Problemkindern“ und wenig lernmotivierten Jugendlichen zu kämpfen (vgl. Anstetter 1996,

S.40). Wegen den besonderen erzieherischen Anforderungen gilt an der Hauptschule - als

einziger Schulform des allgemeinbildenden Sekundarschulwesens - das Klassenlehrerprinzip

(vgl. Rebel/Schwark 1996, S.239).

Mit ihrer Dauer von lediglich fünf Jahren hat die Hauptschule die kürzeste Schulzeit bis zum

Abschluss. In dieser Zeit vermittelt sie den Schülern „eine grundlegende allgemeine Bildung,

die sich an lebensnahen Sachverhalten und Aufgabenstellungen orientiert. Sie fördert in

besonderem Maße praktische Begabungen, Neigungen und Leistungen“ (Hochstetter/Muser

1996, S.24). Für Schüler, deren Begabungen eher im anschaulich-konkreten Denken und im

praktischen Tun haben liegen, ist die Hauptschule die geeignete weiterführende Schule (vgl.

MKJS 1999, S.7). Vorberufliche Bildung und Berufsorientierung sind im Unterricht der

Hauptschule von großer Bedeutung, wobei der Schwerpunkt auf dem Profilbereich ‚Arbeit,

Wirtschaft und Technik’ (AWT) liegt (vgl. MKJS 1999, S.8).

Am Ende der Hauptschulzeit findet eine Abschlussprüfung, bestehend aus einem schriftlichen

und einem mündlichen Teil, statt. Die mündliche Prüfung wurde seit dem Schuljahr 2001/ 02

verpflichtend für alle durch eine Projektprüfung ergänzt.

Der Hauptschulabschluss ermöglicht den Schülern, eine Ausbildungsstelle im gewerblichen,

kaufmännischen, sozialen, handwerklichen oder landwirtschaftlichen Bereich anzutreten.

(vgl. Zacharias 1991, S.36)

Die Mehrzahl der Eltern wünscht allerdings für ihre Kinder zumindest einen mittleren

Bildungsabschluss, da dieser in der heutigen Zeit Mindestvoraussetzung für viele Berufe ist

(vgl. Gudjons 1995, S.282). Bereits an vielen Hauptschulen besteht die Möglichkeit, diesen

zu erwerben. Die Schüler können nach dem Besuch von Zusatzunterricht ab Klasse 7 und

einem freiwilligen zehnten Schuljahr den mittleren Abschluss erlangen. Dieses 7+3-Modell

und auch das 9+1-Modell werden als ‚Werkrealschule’ bezeichnet. Das Abschlusszeugnis ist

nominell gleichwertig mit einem Realschulabschluss, in der Realität allerdings nicht (vgl.

Grießhaber 1998, S.118, MKJS 199, S.10). Auch über das berufliche Schulwesen steht den

Hauptschulabsolventen der Weg zu einem ‚Mittleren Bildungsabschluss’ offen. Nach dem

Besuch einer zweijährigen Berufsfachschule können die Schüler einen mittleren Bildungs-

abschluss erwerben (Modell 9+2). Im 9+3-Modell wird den Hauptschülern nach

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 62

abgeschlossener Berufsausbildung mit einem bestimmten Mindestdurchschnitt aus Haupt-

schulabschluss, Berufsschulabschluss und Abschluss der beruflichen Ausbildung ein mittlerer

Bildungsabschluss zuerkannt (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.237, Zacharias 1991, S.36).

3.5.2. Die Realschule

Im 18. Jahrhundert kristallisierte sich die Realschule mit dem Anspruch heraus, eine Aus-

bildungsstätte für die Kinder von Kaufleuten und gewerbetreibenden Bürgern zu sein. Sie

grenzte sich von den allgemeinen Volksschulen und humanistischen Gymnasium dadurch ab,

dass ihre Schwerpunktsetzung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich lag. Sie

etablierte sich als ‚Mittelschule’ und wird seit dem Hamburger Abkommen 1964 als

Realschule bezeichnet (vgl. Hinz 2002, S.44/45). Zur selben Zeit wurden auch Stellung,

Aufgaben und Bildungsauftrag der Realschule festgelegt. Die Frage, „ob sie nun eine Schule

der Realien - d.h. der wirklichkeitsnahen Fächer – ist oder den mittleren Teil unseres

Schulsystems darstellt“ wurde nie geklärt (vgl. Rebel/Schwark 1996, S.242).

Im Schulgesetz Baden-Württembergs heißt es zur Realschule:

„Die Realschule vermittelt eine erweiterte allgemeine Bildung, die sich an lebensnahen Sachverhalten orientiert und zu deren theoretischer Durchdringung und Zusammenschau führt. Sie schafft die Grundlage für eine Berufsausbildung und für weiterführende, insbesondere berufsbezogene schulische Bildungsgänge.“ (Hochstetter/Muser S.26)

In der Realschule werden also sowohl praktische als auch theoretische Sachverhalte

aufgegriffen.

Mit den Klassen 5 bis 10 umfasst die Realschule sechs Schuljahre. Aus dem gefächerten

Unterrichtsangebot der Realschule ergibt sich das Fachlehrerprinzip. Der Fächerkanon der

Realschule setzt sich aus einem allgemeinbildenden Pflicht- und einem Wahlpflichtbereich

zusammen. Ab der siebten Klassen wird den individuellen Neigungen der Schüler Rechnung

getragen, indem sie sich für eines der Fächer aus dem Wahlpflichtbereich entscheiden

können. Die Schüler haben die Wahl zwischen den eher praktisch orientierten Fächern

‚Mensch und Umwelt’ und ‚Natur und Technik’ oder einer zweiten Fremdsprache (in der

Regel Französisch) (vgl. MJKS 1999, S.11/12).

Auf Grund des Erziehungs- und Bildungsauftrags hat eine intensive Vorbereitung auf die

Anforderungen beim Eintritt in Berufs- und Arbeitswelt einen besonderen Stellenwert. Im

Zuge des Programms ‚Berufsorientierung in der Realschule’ (BORS) nehmen die Schüler der

neunten Klassen an einer fünftägigen Betriebs- und Arbeitsplatzerkundung teil (vgl. MJKS

1999, S.13). Damit die Realschule ihre berufsvorbereitende Funktion in Zukunft noch besser

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63 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

erfüllen kann, wird neben BORS an allen Realschulen verpflichtend die Durchführung eines

Projekts im Bereich Wirtschaften – Verwalten – Recht eingeführt.12

Die Realschule führt mit dem Bestehen der zentralen Abschlussprüfung zu einem mittleren

Bildungsabschluss, der sogenannten ‚Mittleren Reife’. Dieser ermöglicht den Zugang zu

anerkannten Ausbildungsberufen. Darüber hinaus ist er Voraussetzung für den Eintritt in

unterschiedliche Einrichtungen des beruflichen Schulwesens, die zum Erwerb der Fachhoch-

schulreife oder der allg. Hochschulreife führen (vgl. Zacharias 1991, S.41).

3.5.3. Das Gymnasium

Bereits seit dem 18. Jahrhundert sind die allgemeinbildenden Gymnasien zur Vergabe von

Hochschulzugangsberechtigungen in Form von Abiturszeugnissen berechtigt. Seither hat sich

das Gymnasium von einer Elitebildungsanstalt zur beliebtesten Schulform in der Sekundar-

stufe entwickelt, wie stetig ansteigende Schülerzahlen indizieren (vgl. Hinz 2002, S.46/47).

„Dies ist sicherlich auf die mit dem Abitur verbundenen Privilegien und die gleichzeitige

tendenzielle Abwertung der anderen Bildungsabschlüsse zurückzuführen“ (Gauggel 1996,

S.21).

Das Gymnasium hat in unserem dreigliedrigen Schulsystem folgende Funktion:

„Das Gymnasium vermittelt Schülern [...] eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit führt. Es fördert insbesondere die Fähigkeiten, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich vortragen und darstellen zu können.“ (Hochstetter/Muser 1996, S.26)

Im Gegensatz zu Haupt- und Realschule liegen die Schwerpunkte im Gymnasium verstärkt

auf abstrakten und theoretischen Zusammenhängen. Fachbezogenes Lernen steht im

Vordergrund (vgl. MKJS 1999, S.15, Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1994, S.485).

In Baden-Württemberg existieren unzählige Gymnasien mit unterschiedlichen Profilen. Zu

den herkömmlichen Formen des Gymnasiums gehören das humanistische, das neusprach-

liche und das mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium. Diese Aufteilung wird durch

Art, Anzahl und Abfolge der Fremdsprachen bestimmt (vgl. Arbeitsgruppe Bildungsbericht

1997, S.491). In der Regel werden innerhalb der sprachlichen Profile drei Fremdsprachen

gelernt, deren Abfolge durch das Hamburger Abkommen 1964 festgelegt wurde (vgl. Führ

1997, S.133). Auch im naturwissenschaftlichen Profil gehören zwei Fremdsprachen zum

12 Auf diese Neuerung werde ich noch ausführlich eingehen.

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 64

Pflichtbereich, vertieft unterrichtet werden die Naturwissenschaften. An einigen Schulen

stehen auch musisch-künstlerische oder sportliche Profile zur Auswahl (vgl. MKJS 1999,

S.17).

Die Oberstufe des Gymnasiums beginnt nach der 10. Klasse. Klasse 11 dient gemeinhin der

Vorbereitung auf die Arbeitsweisen und Anforderungen der Jahrgangsstufen 12 und 13.

Momentan befindet sich die gymnasiale Oberstufe in Baden-Württemberg im Umbruch. Das

bekannte System von Grund- und Leistungskursen gibt es in diesem Schuljahr nur noch in

Klasse 13. Klasse 12 ist bereits nach den neuen Richtlinien organisiert: Deutsch, eine Fremd-

sprache und Mathematik werden zu Kernfächern um eine vertiefte Allgemeinbildung zu

gewährleisten. Zusätzlich wählen die Schüler ein Pflicht- und ein Neigungsfach. Mit diesem

neuen Modell werden die Möglichkeiten zur individuellen Schwerpunktsetzung ausgeweitet.

Die bisherigen Beschränkungen bei der Fächerkombination werden aufgehoben (vgl.

www.kultusministerium.baden-wuerttemberg.de).

Das Gymnasium ist die einzige allgemeinbildende Schulart, die sowohl die Sekundarstufe I

als auch II umfasst (vgl. Anweiler 1996, S.40). Die Gymnasien Baden-Württembergs

schließen zur Zeit noch in der Regel in neun Jahren mit dem Abitur ab. Um die Abiturienten

im zusammenwachsenden Europa wettbewerbsfähiger zu machen, wird momentan das

achtjährige Gymnasium in Form von Schulversuchen an einigen Gymnasien erprobt. Ab dem

Schuljahr 2004/ 05 wird es nur noch das achtjährige Gymnasium in Baden-Württemberg

geben (vgl. Schanz 2003, S.5). Selbstverständlich steht es den Schülern frei, das Gymnasium

nach der 10. Klasse zu verlassen. Mit der Versetzung in Klasse 11 erhalten sie automatisch

einen mit dem Realschulabschluss vergleichbaren Bildungsabschluss (vgl. Zacharias 1991,

S.47).

3.6. DER BILDUNGSPLAN 2004

3.6.1. Die Ansprüche

Mit einer umfassenden Bildungsplanreform soll in Baden-Württemberg die Unterrichtskultur

an den Schulen weiter modernisiert werden. Zu Beginn des Schuljahres 2004/05 sollen neue

Bildungspläne für die allgemeinbildenden Schulen in Kraft treten. Frau Ministerin Dr. Annette

Schavan hat den Schulen des Landes angeboten, sich an einer Evaluation der Bildungspläne

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65 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

von 1994 zu beteiligen. In den Rückmeldungen wird das Bedürfnis nach Kürzungen,

Streichungen, Aktualisierungen und Austauschmöglichkeiten deutlich. In den Bereichen der

methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen werden vielfach weitere Akzente und

Verstärkungen erwartet. Viele Förder-, Haupt- und Realschulen halten es für sinnvoll, Fächer

zu Fächerverbünden zusammenzufassen. Es wird einerseits der Ruf nach größeren

individuellen Gestaltungsfreiräumen, d.h. mehr Eigenverantwortlichkeit in der schulischen

Arbeit laut, andererseits wurde aber auch der Wunsch nach Festschreibung eines

Basiswissens geäußert (vgl. http://www.leu.bw.schule.de/allg/lehrplan/eval.htm).

Hier setzt die Reform an. Durch eine Verschlankung der Bildungspläne und die Einführung

der Kontingentstundentafeln soll mehr Freiraum für die Schulen geschaffen werden (vgl.

www.bildungsstandards-bw.de).

3.6.2. Die Verwirklichung

Die Bildungsplanreform 2004 lässt sich in zwei Teilaspekte untergliedern. Zum Einen werden

durch den neuen Bildungsplan die staatlichen Vorgaben reduziert und die Verantwortung der

Einzelschule erhöht. Zum Anderen soll eine Stärkung von Grundlagenwissen und Allgemein-

bildung erreicht werden (vgl. www.bildungsstandards-bw.de). Folgende Merkmale zeichnen

die zukünftigen Bildungspläne aus:

3.6.2.1. Kontingentstundentafeln Für die einzelnen Fächer und Fächerverbünde werden nur noch die jeweiligen Gesamt-

stundenkontingente ausgewiesen. Das bedeutet, dass das Ministerium eine Gesamtzahl von

Stunden für jedes Fach festlegt. Wie diese Stunden auf die einzelnen Schuljahre verteilt

werden, liegt jedoch ab 2004 in der Verantwortung der einzelnen Schulen. Auf diese Weise

können die Schulen im Rahmen ihrer Schulprogramme Schwerpunkte setzen. Von beson-

derer Bedeutung sind die Kontingentstundentafeln im Zusammenhang mit der Einführung

der neuen Fächerverbünde (vgl. Eppinger 2002, S.10, www.bildungsstandards-bw.de).

3.6.2.2. Fächerverbünde Um fächerübergreifendes Arbeiten an den Schulen zu erleichtern, sollen einige Fächer zu

Fächerverbünden zusammengefasst werden (vgl. Eppinger 2002, S.10). Der Zusammen-

schluss der naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie und Physik zum Fächerverbund

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 66

‚Naturwissenschaftliches Arbeiten’ (NWA) ist bereits beschlossene Sache.13 Außerdem ist der

Fächerverbund EPW (Erdkunde – Politik – Wirtschaft) durch die Zusammenlegung der Fächer

Erdkunde und Gemeinschaftskunde unter Einbeziehung wirtschaftlicher Aspekte geplant.

Allerdings gibt es dabei verfassungsrechtliche Probleme, da die Verfassung die Existenz des

Faches Gemeinschaftskunde (bzw. Politik) verbindlich fordert (vgl. GEW Baden-Württemberg

2000, S.745). Möglicherweise wird der geplante Fächerverbund aus diesem Grund die

Bezeichnung EWG (Erdkunde – Wirtschaftskunde – Gemeinschaftskunde) tragen.

3.6.2.3. Bildungsstandards Die Bildungsstandards „legen verbindlich fest, über welches Wissen und welche

Kompetenzen Schülerinnen und Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügen müssen“

(MKJS Sommer 2002, S.10). Sie beziehen sich sowohl auf inhaltliche, als auch auf soziale

und methodische Kompetenzen. „Bildungsstandards enthalten Leitgedanken zu einem

speziellen Fach oder zu einer Fächergruppe, Zielformulierungen und Inhalte sowie Niveau-

konkretisierungen zur Evaluation von Schülerleistung und Unterrichtsqualität“

(vgl. www.bildungsstandards-bw.de).

Die Bildungsstandards enthalten das Pflichtprogramm (Kerncurriculum). Rund zwei Drittel

der Unterrichtszeit muss zur Erfüllung des Kerncurriculums verwendet werden. Die

verbleibenden Stundenanteile kann jede Schule je nach schulspezifischen Schwerpunkten

einsetzen und auf diese Weise ihr schuleigenes Programm gestalten (vgl. MKJS Sommer

2002, S.10, www.bildungsstandards-bw.de).

Der Bildungsplan 2004 legt das unverzichtbare Grundlagenwissen in Form von überprüfbaren

Bildungsstandards fest. Gleichzeitig werden den Schulen größere Handlungsspielräume ein-

geräumt. Diese ermöglichen den Schulen den Weg zur Erreichung der Standards selbst zu

bestimmen.

13 Im Zusammenhang mit den Neuerungen im naturwissenschaftlichen Bereich werde ich an anderer Stelle genauer auf NWA eingehen.

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67 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

3.7. DIE AKTUELLEN INNOVATIONSFELDER

3.7.1. Der naturwissenschaftliche Unterricht in der Realschule

„Die Natur und das menschliche Tun sind komplex. Naturwissenschaftliche Forschung ist meist gleichzeitiges physikalisches, chemisches und biologisches Tun: da ist die Biochemie, die Biophysik, die Pharmazie, die Medizin, die Physik der chemischen Reaktionen u.a. Eine aktuelle naturwissenschaftliche Grundbildung befähigt deshalb zur Zusammenschau von biologischen, chemischen, physikalischen und anwendungsbezogenen Aspekten einer Problemstellung.“ (Geörg u.a. 2002, S.62)

Diese Tatsache wurde in den bisherigen Lehrplänen fast gänzlich vernachlässigt. Die strikte

Einteilung in einzelne Fachbereiche verhinderte die Ausbildung einer ‚Scientific Literacy’ bei

den Schülern. Darunter versteht man „die Fähigkeit, naturwissenschaftliches Wissen anzu-

wenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu

ziehen, um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, die die natürliche Welt und die

durch menschliches Handeln an ihr vorgenommenen Veränderungen betreffen“ (Deutsches

PISA-Konsortium 2001, S.198). Die Komplexität der Lebenswelt bedingt eine Interdis-

ziplinarität im naturwissenschaftlichen Unterricht, der bisher wenig Bedeutung beigemessen

wurde. Dies soll sich nun ändern.

Ich möchte an dieser stelle auf die besonderen Entwicklungen im Realschulbereich eingehen.

Bereits seit dem Schuljahr 1996/97 wird jedes Jahr der Realschulwettbewerb NANU?! (Neues

aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht) durchgeführt, an dem Klassen teilnehmen, die

sich mit einer naturwissenschaftlichen Fragestellung befasst haben. NANU?! „schafft für

Schülerinnen und Schüler einen Anreiz, selbst forschend tätig zu sein“ (Geörg u.a. 2002,

S.72) Die Schüler können zeigen, inwieweit sie mit naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen

vertraut sind. Dabei steht projektorientiertes Arbeiten im Mittelpunkt (vgl. Godel-Gassner

2002, S.17/18).

Neben der Teilnahme an diesem Wettbewerb hatten einige Realschulen schon seit mehreren

Jahren die Möglichkeit, die Pflicht-Arbeitsgemeinschaft ‚Naturphänomene’ zu erproben. Dabei

werden die Schülerinnen und Schüler durch Beobachtung und Experimentieren mit Phäno-

menen des Alltags in naturwissenschaftliche Arbeitsweisen eingeführt (vgl. Godel-Gassner

2002, S.18).

Diese Weiterentwicklung des naturwissenschaftlichen Unterrichts führt in der Realschule zum

Fächerverbund Naturwissenschaftliches Arbeiten.

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 68

3.7.1.1. Naturwissenschaftliches Arbeiten (NWA) Mit dem neuen Bildungsplan soll ab 2004 an allen Realschulen des Landes der

Fächerverbund ‚Naturwissenschaftliches Arbeiten’ eingeführt werden. Etwa 30 Realschulen

erproben diesen Fächerverbund teilweise bereits im Schuljahr 2002/ 03, weitere Realschulen

wollen im Schuljahr 2003/ 04 mit NWA beginnen.

In den Klassen 5 bis 7 wird im Fächerverbund themenorientiert gearbeitet. Der Schwerpunkt

liegt dabei auf den in der Natur und im Alltag beobachtbaren Phänomenen. Mögliche

Fragestellungen sind beispiels-weise: „Wohin geht das Licht, wenn man die Lampe

ausschaltet? Wie kommt das Bild in den Fotoapparat? Ist Luft nichts?“ Allen diesen Themen

ist gemeinsam, dass sie einerseits bei den Schülern echtes Interesse auslösen und sich

darüber hinaus zur naturwissenschaftlichen Bearbeitung im Unterricht eignen (vgl. Geörg

u.a. 2002, S.67/68). In den Klassen 8 und 9 werden die Grundlagen in den Fachmodulen

Biologie, Chemie und Physik vertieft und erweitert. Die Themenfelder der Klasse 10 eignen

sich besonders für projektorientiertes Arbeiten. Aus zwei der drei Themenfelder ‚Energie und

Prozess’ – ‚Stoff und Stoffkreislauf’ – ‚Information und Kommunikation’ ist je ein Thema zu

erarbeiten (vgl. Godel-Gassner 2002, S.18).

Zur Vorbereitung auf den Fächerverbund NWA an den weiterführenden Schulen wird in der

Grundschule der bisherige Fächerverbund ‚Heimat- und Sachunterricht’ erweitert. Die natur-

wissenschaftlich-technische Ausrichtung des Fächerverbundes wird verstärkt, was auch

durch die neue Bezeichnung ‚Natur und Kultur’ verdeutlicht wird

(vgl. http://www.leu.bw.schule.de/allg/lehrplan/gs1.htm).

Mit der Einführung des Fächerverbundes NWA verschieben sich die Prioritäten in den

naturwissenschaftlichen Fächern von der reinen Anhäufung von Wissen auf die Fähigkeit,

sich dieses anzueignen. Handlungs- und Methodenkompetenz gewinnen an Bedeutung.

3.7.2. Der Fremdsprachenunterricht

Nicht nur der naturwissenschaftliche Unterricht ist im Wandel begriffen. Auch bezüglich des

Fremdsprachenunterrichts sind bedeutende Veränderungen geplant, die sich über alle

Schulformen des allgemeinbildenden Schulwesens erstrecken.

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69 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

3.7.2.1. Fremdsprachenunterricht in der Grundschule

„Frühes Fremdsprachenlernen ist eine Chance für die Kinder und ein Schlüssel für die Zukunft." (MKJS April 2001)

Mit Blick auf ein zusammenwachsendes Europa hat das Erlernen von Fremdsprachen immens

an Bedeutung gewonnen. Das Kultusministerium spricht sogar vom Sprachenlernen als

„Schlüssel für die Ausbildung eines europäischen Bewusstseins“ (MKJS April 2001).

Auf Grund dieser Tatsache hat der Ministerrat im Mai 2000 die Einführung einer Fremd-

sprache an allen baden-württembergischen Grund- und Sonderschulen ab der ersten Klasse

beschlossen (vgl. http://www.kultusministerium.baden-wuerttemberg.de/foren/ fremd

sprache/index.htm).

Baden-Württemberg ist das erste Bundesland, in dem ein verbindlicher Fremdsprachen-

unterricht ab Klasse 1 eingeführt wird. Die Pilotphase begann zum Schuljahr 2001/2002, die

flächendeckende Einführung des Fremdsprachenunterrichts ist für das Schuljahr 2003/2004

geplant. Der Unterricht in einer der beiden Sprachen Englisch oder Französisch umfasst 2

Wochenstunden (vgl. http://www.kultusministerium.baden-wuerttemberg.de/foren/fremd

sprache/downloads/Flyer6.pdf). Als Konsequenz des frühen Fremdsprachenlernens wird an

Gymnasien bereits ab Klasse 5 die zweite Fremdsprache unterrichtet.

Der Fremdsprachenunterricht nach der baden-württembergischen Konzeption ist ein

grundschulgemäßer Unterricht. Er hat den Anspruch handlungsbezogen, erlebnisorientiert,

themen- und situationsorientiert zu sein. Die kommunikative Kompetenz steht dabei –

besonders in den ersten beiden Schuljahren - im Vordergrund. Im 3. und 4. Schuljahr

kommen Lesefertigkeit und Schreiben in geeigneten Situationen hinzu.

Ab dem dritten Schuljahr wird die Leistung der Schüler in allen Fächern – einschließlich des

Fremdsprachenunterrichts – mit Noten bewertet. Allerdings sind die Noten in der Fremd-

sprache nicht versetzungsrelevant (vgl. http://www.kultusministerium.baden-wuerttemberg.

de/ foren/fremdsprache/downloads/Flyer6.pdf).

Besonders in den grenznahen Gebieten entlang des Rheins, in denen Französisch als

Grundschulfremdsprache eingeführt werden soll, hat die Frage welche Fremdsprache an

welcher Schule angeboten werden soll, schon viele hitzige Diskussionen ausgelöst. Die

Mehrzahl der Eltern plädiert für die landesweite Einführung von Englisch als Fremdsprache.

Auch organisatorisch wäre diese Regelung mit weit weniger Schwierigkeiten verbunden als

die Einführung von Französisch in der sogenannten ‚Rheinschiene’. Allerdings liegt es in den

Regionen, in denen seit 1984 das Begegnungsprogramm ‚Lerne die Sprache des Nachbarn’

besteht, nahe, auf den vorhandenen Strukturen aufzubauen (vgl. http://www.kultus-

ministerium.baden-wuerttemberg.de/foren/ fremdsprache/index.htm).

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 70

3.7.2.2. Fachunterricht in einer Fremdsprache an den weiterführenden Schulen Dadurch, dass die Schüler beim Eintritt in die weiterführenden Schulen bereits Fremd-

sprachenkenntnisse mitbringen, kann sich auch dort der Fremdsprachenunterricht weiter-

entwickeln. Die Einführung von bilingualem Sachfachunterricht ist eine Möglichkeit, die

erweiterten fremdsprachlichen Fertigkeiten der Schüler zu nutzen.

Im deutschen Sprachgebrauch bezieht sich die Bezeichnung ‚bilingualer Unterricht’ auf den

‚Fachunterricht in der Fremdsprache’. Dabei steht die Vermittlung von Kenntnissen des

jeweiligen Sachfachs im Vordergrund; sprachliche Korrektheit verliert an Bedeutung (vgl.

Lenz/Renz-Noll 2002, S.47-49). „Ziel des bilingualen Unterrichts ist der Erwerb einer

funktionalen Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit, die es erlaubt, mit fremdsprachigen Partnern auf

der Basis einer interkulturellen Kompetenz über zentrale Fragen von Gesellschaft, Staat und

Kultur zu kommunizieren und dabei eigene Positionen sowohl in der Muttersprache als auch

in der Fremdsprache angemessen auszudrücken“ (Arbeitsgruppe „Bilinguales Lehren und

Lernen“ 2001).

Der bilinguale Unterricht hat sich an den weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg

aus der Praxis heraus entwickelt. Bereits durch den Bildungsplan von 1994 wurde die Mög-

lichkeit eröffnet „in ausgewählten Unterrichtssequenzen die Fremdsprache als Unterrichts-

sprache zu nutzen“ (vgl. MKJS 1994, S.22). Mehr als 20% der Realschulen bieten bislang

bilinguale Unterrichtssequenzen an, die hauptsächlich im Fach Erdkunde durchgeführt

werden – Tendenz steigend (vgl. Godel-Gassner 2002, S.19, Lenz/Renz-Noll 2002, S.47-49).

3.7.2.3. Weiterentwicklung der Realschulabschlussprüfung Englisch Seit dem Schuljahr 2000/2001 wird im Rahmen einer Erprobungsphase die Abschlussprüfung

an Realschulen um eine verbindliche mündliche Überprüfung ergänzt. Die sog. EUROKOM

(Europäische Kommunikationsfähigkeit) wird getrennt von der regulären Abschlussprüfung

im ersten Halbjahr der 10. Klasse durchgeführt. Sie besteht aus einer Präsentation in der

Fremdsprache, dem Lösen einer Hörverstehensaufgabe sowie der Bewältigung einer

kommunikativ-situativen Aufgabe. Dadurch entfällt die Hörverstehensaufgabe in der schrift-

lichen Abschlussprüfung.

Zeitgleich mit der Einführung der EUROKOM wird auch die schriftliche Abschlussprüfung

weiterentwickelt. Das Diktat entfällt. Innerhalb der Prüfung müssen die Schüler nicht nur

zeigen, dass sie zu freiem Schreiben in Form von themengebundener Sprachproduktion fähig

sind, sondern sie müssen auch ihre erworbenen Arbeitstechniken und methodischen Fertig-

keiten unter Beweis stellen.

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71 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

Ab dem Schuljahr 2004/05 ist die neue Form der Abschlussprüfung verbindlich für alle

Realschulen (vgl. Godel-Gassner 2002, S.20/ www.realschule-bw.de: Eurokom).

Betrachtet man die drei vorgestellten Modelle im Vergleich, so erscheinen sie auf den ersten

Blick recht unterschiedlich. Erst bei eingehender Betrachtung wird der gemeinsame Grund-

gedanke der Konzepte offensichtlich: Bei allen dreien ist die erfolgreiche Kommunikation in

der Fremdsprache oberste Priorität. Grammatikalische Korrektheit erscheint in der heutigen

Zeit als Schwerpunktsetzung im Fremdsprachenunterricht nicht mehr angemessen. Viel

wichtiger als eine Sprache in ihren Strukturen völlig zu durchschauen ist es, sich ihrer

bedienen zu können und sie als Mittel zur interkulturellen Kommunikation zu nutzen.

3.7.3. Projektorientiertes Arbeiten

„Eine immer komplexer werdende Leben-, Berufs- und Arbeitswelt verlangt [von den Schulabgängern] - über fundiertes Fachwissen hinaus - solide Fähigkeiten im Bereich methodischer, sozialer und personaler Kompetenzen.“ (www.realschule-bw.de: WVR)

Projektorientiertes Arbeiten ergänzt fachlich-inhaltliches Lernen und fördert sowohl die

Methodenkompetenz als auch die sozial-kommunikativen Fähigkeiten der Schüler. Im

Mittelpunkt steht dabei nicht die Vermittlung von theoretischen Kontexten, sondern schüler-

und handlungsorientiertes Arbeiten in realitätsnahen Zusammenhängen (vgl. Müller/Reik

2002, S.52). Auf Grund des fächerübergreifenden Charakters der meisten Projekte wird

vernetztes Denken gefördert – dass sich die deutschen Schüler in dieser Hinsicht weit im

Rückstand befinden, kann nach PISA niemand mehr bezweifeln.

Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hat seine Konsequenzen gezogen. In Zukunft

wird sich projektorientiertes Arbeiten an den Schulen nicht mehr nur auf die Teilnahme an

Wettbewerben - wie z.B. der naturwissenschaftliche Wettbewerb NANU?! – beschränken,

sondern als verpflichtende Bestandteile der Schullaufbahn in den Bildungsplan aufgenommen

werden. In diesem Zusammenhang möchte ich die Projektprüfung an Hauptschulen und das

‚Themenorientierte Projekt: Wirtschaften – Verwalten – Recht’ in der Realschule vorstellen.

3.7.3.1. Die Projektprüfung an Hauptschulen

„Mit der Projektprüfung wurde ein Weg gefunden, nicht nur fachliches Wissen, sondern auch Sozialverhalten, Arbeitsverhalten und ähnliche Fähigkeiten in die Abschlussnote mit einzubeziehen.“ (http://www.schule-bw.de/schularten/hauptschule/projekt_pruef/)

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 72

Die Projektprüfung fand im Schuljahr 2001/02 zum ersten Mal flächendeckend an allen

Hauptschulen des Landes statt. Sie wird von den Schülerinnen und Schülern der neunten

Klassen als Teil ihrer Hauptschulabschlussprüfung durchgeführt. In der Regel ist diese

fächerübergreifende, projektorientierte Prüfung eine Gruppenprüfung, nur in Ausnahmefällen

kann sie alleine absolviert werden (vgl. http://www.leu.bw.schule.de/allg/lehrplan/hs1.htm).

Die Projektprüfung umfasst drei Teile: Vorbereitung, Durchführung und Präsentation des

Projekts. Es wird also nicht ausschließlich das Ergebnis bewertet, sondern auch der Prozess.

Zu diesem Zweck erstellen die Schüler ein Projektmappe, in der sie ihre Ziele festlegen, die

Planung aufzeigen und Probleme und ihre Lösung dokumentieren. Außerdem werden die

Schülergruppen während dieser Arbeitsphase von den Lehrkräften beobachtet.

Der Projektpräsentation folgt ein Schlussgespräch, in dem die Schüler ihre Fähigkeit zur

Reflexion und Selbsteinschätzung unter Beweis stellen müssen. Bei der Bewertung der

Projektprüfung spielt demzufolge nicht nur fachliches Können eine Rolle. Auch Methoden-

kompetenz und Sozialverhalten fließen in die Note mit ein (vgl. http://www.leu.bw.schule.de/

allg/lehrplan/hs1.htm).

3.7.3.2. Wirtschaften – Verwalten – Recht: Ein themenorientiertes Projekt in der Realschule Das "themenorientierte Projekt 'Wirtschaften, Verwalten, Recht' (TOP WVR) in der Real-

schule" wurde im Schuljahr 2001/2002 an Realschulen des Landes flächendeckend

eingeführt, nachdem sich das Konzept in einer vierjährigen Erprobungsphase bewährt hatte

(vgl. Godel-Gassner 2002, S.16). Die Teilnahme an einem WVR-Projekt ist seither für alle

Schüler innerhalb eines Schuljahres in den Klassen 7, 8, 9 oder 10 verbindlich (vgl. MKJS:

TOP WVR April 2001, S.12). Struktur und Bewertung des themenorientierten Projekts ähneln

der Projektprüfung an Hauptschulen.

Das zentrale Anliegen des TOP WVR ist einerseits die „praxisnahe Vermittlung wirtschaft-

licher und verwaltungstechnischer Zusammenhänge und rechtlicher Fragestellungen“,

andererseits aber auch die „Stärkung der Team-, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, des

Rechtsbewusstseins sowie personaler Eigenschaften wie Verantwortungsbereitschaft,

Selbstständigkeit, Belastbarkeit, Leistungswille und problemlösendes Denken“ (Schuster

2002, S.87).

Durch die Teilnahme an einem TOP WVR erhalten die Schüler auch Einblicke in die Berufs-

und Arbeitswelt. Außerschulische Wirklichkeiten und Erfahrungswelten werden mit dem

Unterrichtsgeschehen verknüpft (vgl. www.realschule-bw.de: WVR).

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73 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

Sowohl die Projektprüfung an Hauptschulen als auch das themenorientierte Projekt WVR an

Realschulen tragen zu einer besseren Vorbereitung der Schüler auf die Anforderungen des

Berufslebens bei. Einerseits bekommen die Schüler einen Vorgeschmack auf die möglichen

Probleme in der Arbeitswelt, andererseits werden sie mit personalen, sozialen und

methodischen Kompetenzen ausgestattet, die ihnen helfen sollen, sich problemlos zu inte-

grieren.

3.7.4. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im baden-württem-

bergischen Schulwesen

Deutschland hat bei den internationalen Vergleichsstudien TIMSS und PISA erschreckend

schlecht abgeschnitten. Und auch Baden-Württemberg kann sich seines mittelmäßigen

Ergebnisses sicherlich nicht rühmen. Es hat sich herausgestellt, dass unser Schulsystem wohl

doch nicht so hervorragend ist wie angenommen. Besonders die Resultate der PISA-Studie

haben die Diskussion um die Qualität von Schule und Unterricht neu entfacht.

Qualitätsentwicklung scheint dringend notwendig. Ein Impuls für die Qualitätsentwicklung

besteht in einer erweiterten Selbstständigkeit der Schulen.

3.7.4.1. Warum ‚Schulautonomie‘? Denn in Europa haben sich jene Schulsysteme als besonders leistungsstark erwiesen, „deren

Struktur in den vergangenen Jahren [...] dezentralisiert wurde und die nun auf weitgehende

Autonomie der Schulen setzen“ (Korinek 2002, S.10). Als Beispiel hierfür lässt sich Großbri-

tannien anführen. In allen drei Testbereichen Lesekompetenz, mathematische und natur-

wissenschaftliche Grundbildung liegt Großbritannien im führenden Viertel (vgl. Deutsches

PISA-Konsortium 2001, S.106, S.173/230).

„Systeme mit stark hierarchischer Struktur wiesen dagegen ein deutlich schwächeres

Leistungspotenzial auf“ (Korinek 2002, S.10). Dieser Zusammenhang erteilt der hierar-

chischen Struktur unserer „Kultusbürokratie“ (Korinek 2002, S.10) eine eindeutige Absage,

denn es ist ihr nicht gelungen, ein effektives und effizientes Schulsystem zu entwickeln. Ein

Mehr an zentralen schulorganisatorischen Regelungen kommt demnach als Lösung für die

Bildungsmisere nicht in Frage. Es hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass „sich die Frage

nach der Qualität von Schule in der Einzelschule entscheidet; ihre jeweilige ‚Schulstruktur‘,

ihr ‚Profil‘ und ihre Vernetzung mit dem Umfeld prägen offenkundig eine Schule – und

machen ihre reale Qualität aus“ (Döbert 1997, S.130).

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 74

Zentrale Regelungen und Vorschriften negieren die Bedeutung des spezifischen Umfelds der

Schulen. Je nach Schulart, Lage, sozialer Herkunft der Schüler u.ä. muss jede Schule ganz

unterschiedliche Herausforderungen bewältigen. Um dabei den Erfolg der Schulen zu garan-

tieren, müssen diese in der Lage sein, auf die besonderen Anforderungen vor Ort zu

reagieren.

Auf Grund der aktuellen Krise des Bildungssystems sind die Entscheidungsträger derzeit

bereit, den einzelnen Schulen größere Gestaltungsfreiräume zu gestatten und Entschei-

dungskompetenzen an die Schulen abzugeben (vgl. Fees 2002, S.27). Entscheidungen sollen

denjenigen überlassen werden, die von diesen unmittelbar betroffen sind. „Die Einzelschule

soll stärker als bisher pädagogische und organisatorische, im Rahmen sinnvoller Möglich-

keiten auch personelle und finanzielle Entscheidungen treffen und verantworten können“

(Döbert 1997, S.127).

3.7.4.2. Was ist ‚Schulautonomie‘? Der Schlüsselbegriff in der aktuellen Diskussion um die Übertragung von erweiterten

Entscheidungskompetenzen an die Einzelschule lautet ‚Schulautonomie‘. Leider ist dieser

Begriff der ‚Autonomie‘ eher schlecht gewählt. Schulen können auch mit größerer Selbst-

verwaltung nicht ‚autonom‘ sein; „weder sind sie selbstständig oder unabhängig von

staatlicher Verwaltung und Aufsicht, noch können sie gar ‚nach eigenen Gesetzen leben‘, wie

der Duden den Terminus ‚Autonomie‘ definiert (vgl. Fuchs 2000, S.66). ‚Autonomie‘ bezieht

sich als Rechtsbegriff auf die „Befugnis einer juristischen Person öffentlichen Rechts, ihre

Angelegenheiten durch Erlass von Rechtsnormen selbst zu regeln“ (Avenarius 1995, S.64).

Schulen sind allerdings nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten; Schulen können in diesem

Sinne nicht autonom sein. Man sollte also eher von der Selbstverwaltung der Schule

sprechen. Da sich der Begriff der ‚Schulautonomie‘ in der Literatur trotz allem durchgesetzt

hat, möchte auch ich ihn verwenden mit dem Hinweis, dass damit die verstärkte Selbst-

ständigkeit der Einzelschule gemeint ist.

3.7.4.3. Grenzen des Autonomie-Konzepts in Baden-Württemberg Da die Kontrolle durch die Schulaufsicht von jeher ohne allzu großen Einfluss war, hatten die

Schulen in Baden-Württemberg schon immer relativ große Freiräume. Diese Selbstständigkeit

wird allerdings durch den öffentlich-rechtlichen Status der Schulen eingeschränkt. Selbst-

verwaltung der Schule darf nicht dazu führen, dass der Staat seine Pflicht, für ein

leistungsfähiges und gerechtes Schulsystem mit gleichen Chancen für alle zu sorgen, nicht

mehr erfüllen kann. Durch das Demokratiegebot und das Rechtsstaatsprinzip des Grundge-

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75 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

setzes (vgl. Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 28 GG) ist der Gesetzgeber verpflichtet, die elemen-

taren Entscheidungen im Bildungswesen selbst zu treffen (vgl. Avenarius 1995, S.65). Die

durch das Grundgesetz geforderte Chancengleichheit (vgl. Art. 3 GG) muss soweit als

möglich gewahrt werden. Dies bedeutet, dass die Schulen ein Mindestmaß an gleicher

Qualität aufweisen müssen.

„Keine Einzelschule vertritt nur sich selbst, sondern repräsentiert etwa als Real- oder Grundschule zugleich einen Typus von Schule mit erwartbaren Standards. Wenn die öffentlich-rechtliche Schule faktisch nicht immer vergleichbare Standards zu gewährleisten vermag, so ist sie deshalb nicht der Pflicht enthoben, sich eben darum zu bemühen. Denn der Grundsatz der öffentlichen Bildungsversorgung besagt, dass jedem Kind eine allgemeine Bildung unter Wahrung vergleichbarer Standards auch zugänglich sein soll.“ (vgl. Fees 2002, S.30)

Die Selbstständigkeit der Einzelschule wird demnach immer durch die Sicherung der Mindest-

standards eingeschränkt sein (vgl. Fuchs 2000, S.71). Die Verantwortung für die Wege, auf

welchen diese staatlichen Rahmenvorgaben erreicht werden, soll in Zukunft allerdings in

größerem Maße der Einzelschule überlassen werden.

3.7.4.4. Aktuelle Entwicklungen von ‚Schulautonomie‘ in Baden-Württemberg Die aktuellen Bemühungen um mehr Selbstständigkeit der Schulen lassen sich in Baden-

Württemberg unter dem Schlagwort ‚Innere Schulentwicklung‘ zusammenfassen. Ähnlich

dem Begriff der ‚Autonomie‘ erscheint auch die Bezeichnung ‚Schulentwicklung‘ nicht ganz

passend. Schulen entwickeln sich ständig – neu ist daran nichts. Auch an dieser Stelle muss

also auf die besondere Bedeutung verwiesen werden, die die Vokabel ‚Schulentwicklung‘ in

den letzten Jahren erfahren hat. Der Begriff bezieht sich nicht mehr nur auf irgendeine

beliebige Veränderung, sondern bezeichnet den Prozess der Profilierung der Einzelschule.

Jede Schule soll auf die spezifischen Anforderungen ihres Umfelds reagieren, indem sie sich

ein individuelles Schulprofil gibt. (vgl. Fees 2002, S.28)

Damit die Schule eine solche Entwicklung vorantreiben kann, müssen ihr einige Kompe-

tenzen übertragen werden. Das Kultusministerium hat den Kompetenzspielraum der Schulen

in Baden-Württemberg in personeller, organisatorischer und curricularer Hinsicht gestärkt.

(vgl. Klein 2002/03, S.12)

3.7.4.4.1. Personelle Selbstständigkeit

Bisher erfolgte die Lehrereinstellung nach den Regeln des bürokratischen Modells. Der

Lehrereinsatz war allein von fachlichen Kriterien abhängig. Wenn nun aber von den Einzel-

schulen lokale Profilbildung erwartet wird, so müssen diese Schulen die Möglichkeit haben

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 76

auf Personalentscheidungen Einfluss zu nehmen (vgl. Fees 2002, S.39/40), weil von allen

Lehrern erwartet wird, dass sie das bestehende Schulprofil unterstützen und vorantreiben.

Die Schulen sollten also die Möglichkeit haben ‚passende‘ Lehrkräfte auszuwählen. Das

Kultusministerium hat dies erkannt: Im vorigen Jahr konnten etwa 1000 Stellen direkt von

Schulen ausgeschrieben werden. Im kommenden Jahr soll deren Anzahl sogar noch steigen.

Es ist geplant, rund ein Drittel der Stellen schulbezogen auszuschreiben. Für Schulen mit

besonderen Profilen (z.B. bilinguale Schulen) bedeutet dieser Einstellungserlass, dass sie

Lehrer auswählen können, die dazu beitragen, ihr Schulprofil zu stärken (vgl. MKJS

28.02.2003).

3.7.4.4.2. Organisatorische und curriculare Selbstständigkeit

Mit der Einführung der neuen Bildungspläne 2004 werden die Kompetenzen der Schule im

organisatorischen und curricularen Bereich entscheidend gestärkt. Wie bereits erwähnt,

eröffnen die reformierten Bildungspläne den Schulen die Chance, in curricularer Hinsicht

eigene Schwerpunkte zu setzen. Das Kerncurriculum wird lediglich zwei Drittel der

Unterrichtszeit in Anspruch nehmen; das restliche Drittel ermöglicht den Schulen die Realisie-

rung eines schuleigenen Curriculums. Um diese Freiheit optimal nutzen zu können, werden

die Schulen auch im organisatorischen Bereich selbstständiger. Durch die Zuweisung der

Unterrichtsstunden in Form von Kontingentstundentafeln können die Schulen die Unterrichts-

stunden in den einzelnen Fächern nach eigenem Ermessen auf die Schuljahre verteilen.14

3.7.4.4.3. Finanzielle Selbstständigkeit

Auch im Bereich der Schulfinanzierung vollzieht sich derzeit ein Wandel. Durch eine

erweiterte finanzielle Autonomie der Schulen soll ein effektiver und effizienter Einsatz von

Mitteln erreicht werden (vgl. Eurydice: Deutschland 2.14.2.). Man spricht dabei von

‚Budgetierung’. Dies bedeutet, dass den Schulen bestimmte Mittel zur Verfügung gestellt

werden, über deren Verwendung sie selbst entscheiden können. Die Zuweisung der Gelder

ist nicht mehr sachgebunden wie bisher. Allerdings besteht jetzt nicht mehr die Möglichkeit,

kostspielige Neuanschaffungen beim Schulträger gesondert zu beantragen. Sie müssen aus

dem Schuletat finanziert werden.15

Die erweiterte Entscheidungskompetenz der Einzelschule bedingt eine Leitung der Schule mit

ebenfalls erweiterter Kompetenz. Die neuen Kompetenzen liegen hauptsächlich in den

14 Im Kapitel ‚Der Bildungsplan 2004’ sind diese Aspekte ausführlich beschrieben. 15 Diese Information erhielt ich im Gespräch mit Schulleitern.

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77 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

Bereichen Profilbildung, Personal und Mittelbewirtschaftung. Allerdings bedeutet dies, dass

auch die Mitwirkungsmöglichkeiten von Lehrern, Schülern sowie Eltern gestärkt werden

müssen (vgl. Rolff 2003, S.2).

Eine erhöhte Selbstständigkeit zieht jedoch umgekehrt eine gesteigerte Qualitätsverant-

wortung der einzelnen Schule nach sich, das heißt, dass die Schule sich und anderen

gegenüber Rechenschaft ablegen muss über die Ergebnisse ihrer pädagogischen Arbeit.

Evaluation im Bildungswesen wird unabdingbar (vgl. Lohmann 2003, S.10).

3.7.4.5. Formen der Qualitätssicherung in Baden-Württemberg Die Diskussion über Evaluation im Bildungswesen hat in Deutschland erst Ende der achtziger

Jahre des 20. Jahrhunderts eingesetzt – um einiges später als in anderen europäischen

Staaten. Sie steht im engen Zusammenhang mit der Forderung nach stärkerer Autonomie

der einzelnen Schulen. Hierbei stellt sich die Frage, wie sich bei einer Dezentralisierung von

Entscheidungskompetenzen die Qualität und Vergleichbarkeit schulischer Arbeit sichern

lassen (vgl. Dichanz/Tulodziecki 1995, S.71).

3.7.4.5.1. Bestehendes System der Qualitätssicherung

Wie bereits erwähnt, steht in Deutschland das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des

Staates (vgl. Art. 7 Abs.1 GG). Aus diesem Artikel des Grundgesetzes leitet sich die

Schulaufsicht der Länder her. Schulaufsicht als Begriff bezieht sich auf die „Gesamtheit der

Rechte und Pflichten des Staates zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des

Schulwesens“ (Zacharias 1991, S.17). Die Schulaufsicht setzt sich in Baden-Württemberg aus

den drei Instanzen Kultusministerium, Oberschulämtern und Staatlichen Schulämtern

zusammen.

Die Schulaufsichtsbehörden erfüllen ihre Kontrollfunktion dadurch, dass Schulräte eingesetzt

werden, die sich um Fachaufsicht, Rechtsaufsicht und Dienstaufsicht kümmern. Als Vorge-

setzter von etwa 350 bis 400 Lehrern ist ein Schulrat für Unterrichtsbesuche im Rahmen von

Prüfungen und auch für die Beurteilung dienstlicher Leistungen zuständig. Er bewertet

pädagogische Eignung sowie fachliche Kompetenz (Fachaufsicht), achtet auf rechtswidrige

Handlungen (Rechtsaufsicht) und beurteilt das dienstliche Verhalten der Lehrer

(Dienstaufsicht) (vgl. Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1994, S.102-104).

Die Verfahrensweisen an den Schulen werden aber nicht nur durch staatliche Organe

kontrolliert. Eine viel wichtigere Kontrolle erfolgt durch den Schulleiter und die Kollegen, aber

auch durch Eltern und Schüler. Zu den Mitwirkungsmöglichkeiten gehören u.a. die

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 78

Mitbestimmung der Lehrer in Konferenzen, die Schülervertretung und die Schulkonferenzen,

in denen sowohl Lehrer als auch Eltern und Schüler vertreten sind (vgl. Döbert 1997, S.141,

Eurydice: Deutschland 2.8.).

3.7.4.5.2. Neue Formen der Qualitätssicherung

Bei der Beschäftigung mit den bestehenden Mitteln zur Qualitätssicherung in Baden-

Württemberg wird deutlich, dass Evaluation im Bildungswesen kaum eingesetzt wird.

Allerdings gehört Baden-Württemberg zu den wenigen Bundesländern, in denen zentrale

Abschlussprüfungen eine lange Tradition haben. Ansonsten befindet sich Deutschland in

dieser Hinsicht bisher im Vergleich zu anderen Europäischen Staaten erheblich im Rückstand

(vgl. Dichanz/Tulodziecki 1995, S.71). Während beispielsweise in Schottland die Evaluation

von Bildungseinrichtungen bereits im 19. Jahrhundert an der Tagesordnung war, wird in

Deutschland erst seit Beginn der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts auf eine Intensi-

vierung von Qualitätssicherung hingearbeitet.

Die Forderung, sich einer öffentlichen Kontrolle zu stellen, erscheint vielen Lehrer beängsti-

gend. Bei einer Erweiterung der schulischen Entscheidungskompetenzen reichen jedoch die

bestehenden Kontrollen nicht aus; transparentere, leicht nachvollziehbare Formen der

Kontrolle zur Sicherung der Qualität schulischer Bildung sind von Nöten (vgl. Dichanz/

Tulodziecki 1995, S.72).

Evaluation sollte an dieser Stelle nicht ausschließlich als externe Kontrolle verstanden

werden. „Sie ist vielmehr und vor allem als Möglichkeit interner Qualitätsentwicklung zu

gestalten, für die die Kriterien in einem internen Prozess der Beteiligten selbst entwickelt

werden müssen“ (Dichanz/Tulodziecki 1995, S.72). Mit Hilfe von Evaluationsmethoden kann

die Schule den Status quo überprüfen, um dann davon ausgehend Pläne zur Weiter-

entwicklung zu machen. Dadurch, dass Fortschritte überprüfbar werden können, wird die

Profilbildung der Schulen unterstützt; das Ansehen der Schulen steigt. Ferner bereitet die

Selbstevaluation nicht nur auf externe Evaluation vor, sondern dient als Ausgangpunkt für

diese. Schließlich darf die spezifische Situation einer Schule auch bei der Evaluation von

außen nicht unberücksichtigt bleiben, sondern muss die Basis für die Beurteilung bilden. Wir

in Baden-Württemberg müssen lernen, „schulische Evaluation als eine bewusste, syste-

matisch und fortlaufend durchgeführte Anwendung verschiedener Verfahren [zu verstehen],

mit denen die Unterrichts- und Erziehungsarbeit beobachtet und verbessert werden soll“

(Dichanz/Tulodziecki 1995, S.73).

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79 Das Schulsystem in Baden-Württemberg

Bereits jetzt wir den Schulen in Form von Jahrgangsarbeiten ein Instrument zur objektiven

Qualitätssicherung an die Hand gegeben. Für die Realschule existieren Tests in den Fächern

Mathematik, Deutsch und Englisch, die im Anschluss an Klasse 6 und Klasse 8 durchgeführt

werden können. „Ziel der Jahrgangsarbeiten ist, den Lehrenden eine verlässliche

Rückmeldung auf den Leistungsstand – besondere Stärken und Schwächen – der Klasse zu

geben, um darauf aufbauend gezielt an der Behebung von Lerndefiziten zu arbeiten“ (MKJS

Mai 2001, S.3). Neben den zentralen Abschlussprüfungen stellen die Jahrgangsarbeiten

momentan das einzige Instrument zur regelmäßigen externen Qualitätssicherung dar (vgl.

Godel-Gassner 2002, S.15/16).

Auch die Beteiligung an internationalen Vergleichsstudien wie z.B. TIMSS oder PISA gibt den

Lehrern die Möglichkeit, die Qualität ihres Unterrichts zur überprüfen. Allerdings werden

diese Studien meist einmalig durchgeführt und können deshalb nicht dauerhaft eingesetzt

werden (vgl. Eurydice Deutschland 9.4).

Es zeigt sich hier, dass die bereits bestehenden Methoden zur Sicherung vergleichbarer

Leistungsstandards relativ begrenzt sind. Die Aufgabe, weitere Wege der Qualitätssicherung

zu erschließen, fällt dem Landesinstitut für Erziehung und Unterricht (LEU) zu.

3.7.4.5.3. LEU – neue Aufgaben

Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wird das Landesinstitut für Erziehung und Unterricht

völlig umgestaltet. Zu den Bereichen, in denen es schwerpunktmäßig tätig werden soll,

gehören u.a. die Qualitätssicherung und die Schulentwicklung.

Für die Schulen ist die beratende und fördernde Funktion, die das Institut übernehmen soll,

von großer Bedeutung. Im Bereich der Schulentwicklung soll das Landesinstitut für Erziehung

und Unterricht Maßnahmen einleiten, mit Hilfe derer neue wissenschaftliche Erkenntnisse

leicht für die Schulen zugänglich gemacht werden können. Bezüglich der Qualitätssicherung

soll das Institut die Schulen auf Selbst- und Fremdevaluation vorbereiten und sie dabei

unterstützen. Zunächst muss sich das LEU allerdings mit der Entwicklung passender

Evaluationsinstrumente befassen (vgl. MKJS 9.7.2002).

Betrachtet man die neuen Kompetenzbereiche, die dem Landesinstitut zugewiesen worden

sind, so werden Parallelen zum schottischen Inspektorat deutlich. Ähnlich dem HM

Inspectorate of Education wird das Landesinstitut für Erziehung und Unterricht nun

zumindest bis zu einem gewissen Grad sowohl für die externe als auch für die interne

Evaluation der Schulen zuständig.

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Das Schulsystem in Baden-Württemberg 80

Wenn man Länder, die bei der PISA-Studie besonders erfolgreich abgeschnitten haben, wie

z.B. Finnland, Kanada aber auch Schottland näher analysiert, so fällt auf, „dass hohe

Eigenständigkeit der Schulen bei gleichzeitiger Formulierung von klaren Bildungsstandards

und ein ausgefeiltes Evaluationssystem wichtige Merkmale der Bildungssysteme sind“ (MKJS

9.7.2002). Baden-Württemberg ist auf einem ähnlichen Weg - mehr Eigenverantwortung für

die Einzelschule gekoppelt mit der Einführung von Bildungsstandards und der Erarbeitung

eines Evaluationssystem. Diese Entwicklungstendenzen lassen auf ein qualitativ

hochwertigeres zukünftiges Schulsystem in Baden-Württemberg hoffen.

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81 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

44.. SScchhlluussssbbeettrraacchhttuunngg

Beim Verfassen dieser Zulassungsarbeit habe ich mich bemüht, die Strukturen des

schottischen und des baden-württembergischen Schulsystems klar darzustellen. Sicherlich ist

keines der beiden Systeme dabei erschöpfend behandelt worden. Wenn man bedenkt, dass

beispielsweise das 1999 erschienene Werk Scottish Education zur Beschreibung des

schottischen Bildungssystems mehr als eintausend Seiten benötigt, dann wird deutlich, dass

achtzig Seiten nicht ausreichen können, um zwei Bildungssysteme ausführlich zu

beschreiben. Durch die Schwerpunktsetzung habe ich jedoch versucht, bedeutsame Einblicke

in die Schulsysteme von Schottland und Baden-Württemberg zu gewähren.

4.1. WELCHES SYSTEM IST BESSER?

Wenn man sich so intensiv mit zwei unterschiedlichen Schulsystemen auseinandergesetzt

hat, stellt sich unweigerlich die Frage, welches System denn nun besser sei. Soll man dem

schottischen Schulwesen den Vorzug vor dem baden-württembergischen geben? Ist die

Ganztagsschule dem gegliederten Sekundarschulwesen vorzuziehen? Ist die Ganztags- oder

die Halbtagsschule sinnvoller?

Man kann mit Sicherheit sagen, dass das Gesamtschulsystem im Gegensatz zum gegliederten

Schulwesen weltweit verbreitet ist. Auch sind die meisten Schulen keine Halbtags-, sondern

Ganztagsschulen. Das gegliederte Schulwesen und die Halbtagsschule werden immer

seltener.

Als Gegenargument lässt sich natürlich an dieser Stelle anführen, dass das gegliederte Schul-

wesen in Baden-Württemberg bereits eine lange Tradition hat. Ob es sich während dieser

langen Zeit auch bewährt hat, bleibt dahingestellt. Nichtsdestotrotz scheint es für uns

unvorstellbar, die Aufteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium aufzulösen und die

drei Schulformen in einer Gesamtschule zu vereinen. Dass eine solche Reform kein Ding der

Unmöglichkeit ist, hat sich jedoch in Schottland gezeigt. Auch dort existierte traditionell ein

gegliedertes Schulwesen. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dann der

Schritt weg vom gegliederten Schulwesen getan. Die flächendeckende Einführung von

Gesamtschulen war ein Erfolg. Heute sind die Gesamtschulen aus der schottischen

Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. An diesem Beispiel wird deutlich, wie schnell

das selektive System abgeschafft werden und in Vergessenheit geraten kann.

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 82

Hinzu kommt noch, dass Schottland bei der PISA-Studie um einiges besser abgeschnitten hat

als Baden-Württemberg. Diese Tatsache könnte als Beweis dafür angeführt werden, dass das

schottische Schulsystem dem baden-württembergischen überlegen ist. Die Frage nach dem

besseren Schulsystem scheint also oberflächlich betrachtet beantwortet.

4.2. WAS KÖNNEN DIE BILDUNGSSYSTEME VONEINANDER LERNEN?

Wenn man bedenkt, wie schnell die Antwort auf die Frage nach dem besseren Schulsystem

gefunden wurde und wie scheinbar einfach die Beantwortung dieser schwierigen Frage war,

scheint meine ausführliche Auseinandersetzung mit den Schulsystemen in Schottland und

Baden-Württemberg eigentlich nicht notwendig. Ich hätte mir die wochenlange Schreibarbeit

ersparen können; ein kurzer Blick in die Ergebnisse der PISA-Studie hätte ausgereicht.

Diese Vorgehensweise finde ich aber viel zu kurzsichtig. Denn die Tatsache, dass Schottland

bei der internationalen Vergleichsstudie besser abgeschnitten hat als Baden-Württemberg,

bedeutet in keinem Fall, dass das schottische Schulsystem perfekt ist. Verbesserungswürdig

sind Schulsysteme immer.

Aus diesem Grund kann ich die Frage nach dem besseren Schulsystem eigentlich gar nicht

eindeutig beantworten. Vielmehr möchte ich die Fragestellung ändern. Um einiges sinnvoller

erscheint mir die Beschäftigung mit der Frage, was die beiden Bildungssysteme voneinander

lernen könnten.

Aus meiner Sicht ist dies die wichtigste Funktion eines Ländervergleiches. Die „Kenntnis der

Besonderheiten des Gegenstandes“ (Hörner 1996, S.14) bildet die Grundlage. Die

Auseinandersetzung mit den Bildungssystemen anderer Länder sollte aber meiner Meinung

nach immer vorangetrieben werden von dem Wunsch, „aus den pädagogischen Erfahrungen

de[s anderen] zu lernen, um sein eigenes Bildungssystem und seine eigene Praxis zu

verbessern“ (Hörner 1996, S.14). Wolfgang Hörner bezeichnet dies als ‚melioristische

Funktion’ des Ländervergleichs (vgl. Hörner 1996, S.14).

Um Vergleiche zwischen den beiden Bildungssystemen zu erleichtern, habe ich auf die

Parallelität des Aufbaus der Länderstudien geachtet. Trotzdem stimmen die Beschreibungen

in ihrer Struktur nicht völlig überein. Durch die Auswahl der Schwerpunktbereiche wollte ich

verdeutlichen, welche Bestandteile der beiden Schulsysteme mir besonders wichtig waren.

Auf einige der Bereiche, in denen sich die Schulsysteme unterscheiden, möchte ich an dieser

Stelle nochmals eingehen.

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83 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

4.2.1. Gesamtschule

Schottland hat im Jahre 1965 erfolgreich den Schritt vom gegliederten zum Gesamt-

schulwesen getan, um gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle zu schaffen. Wahrscheinlich

wollte man sich außerdem durch die flächendeckende Einführung von Gesamtschulen vom

selektiven englischen Sekundarschulwesen mit seinen elitären grammar schools für reiche

Minderheiten abgrenzen.

Im Gegensatz dazu gilt in Baden-Württemberg noch immer das ‚Prinzip der Auslese’. Ab der

fünften Klasse wird nach Schulformen differenziert. Durch diese Art der Selektion sollen die

Schüler zu besseren Leistungen angespornt werden. Der Leistungsgedanke steht dabei im

Vordergrund (vgl. Führ 1997, S.267). Dass die Hauptschule seit der Bildungsexpansion zur

Restschule geworden ist, stellt ein bisher ungelöstes Problem des gegliederten Sekundar-

schulwesens dar.

Obwohl die Unterschiede zwischen den Schulformen immer mehr verwässern, steht die

Auflösung des selektiven Schulsystems zu Gunsten von Gesamtschulen in Baden-Württem-

berg nicht zur Debatte. Sollte dieser Schritt jemals gewagt werden, könnten die positiven

Erfahrungen Schottlands als Beispiel dienen.

4.2.2. Evaluation im Schulwesen

Auch hinsichtlich der Evaluation im Schulwesen kann Baden-Württemberg von Schottland

einiges lernen. Die Tradition der Qualitätskontrolle in Schottland lässt sich bis ins 19.

Jahrhundert zurückverfolgen, als der erste Schulinspektor eingesetzt wurde. Seither sind die

Formen der Kontrolle stetig ausgebaut und erweitert worden.

Da auch in Baden-Württemberg die Selbstbestimmungsrechte der Schulen ausgeweitet

werden sollen, müssen auch erweiterte Evaluationsmöglichkeiten geschaffen werden. Die

Kontrolle durch die Schulaufsicht reicht nicht mehr aus, um die Qualität im Bildungswesen

bei größerer Autonomie der Schulen zu sichern.

Bis zur Entwicklung eines eigenen Systems zur Qualitätssicherung hat Baden-Württemberg

noch einen langen Weg vor sich. Zunächst muss definiert werden, was unter ‚Qualität’ zu

verstehen ist, so dass - auf dieser Definition aufbauend – Indikatoren festgelegt werden

können, an Hand derer Qualität messbar wird (vgl. Spiess S.36/37). Auch in dieser Hinsicht

besteht für Baden-Württemberg die Möglichkeit, sich am schottischen Vorbild zu orientieren.

Die Bertelsmann-Stiftung hat im Rahmen des ‚Internation Netzwerks Innovativer

Schulsysteme’ das System der Qualitätsindikatoren der schottischen Schulinspektion für den

deutschsprachigen Raum übersetzt und zugänglich gemacht (vgl. Spiess 2001, S.52/53).

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 84

Diese Leistungsindikatoren können nicht nur von den Schulaufsichtsbehörden, sondern auch

von den Schulen selbst zur internen Evaluation genutzt werden.

Wie bereits erwähnt, soll in Baden-Württemberg in naher Zukunft das Landesinstitut für

Erziehung und Unterricht Materialien für die Selbst- und Fremdevaluation erstellen. Allerdings

ist fraglich, ob die Stellung des Landesinstituts in kurzer Zeit so gestärkt werden kann, dass

es mit dem schottischen Schulinspektorat vergleichbar wird.

4.2.3. Lehr- und Lernmethoden

Natürlich ist die Qualitätssicherung an Schulen durch Evaluation generell positiv zu bewerten.

Trotzdem sollte man die Kontrollmechanismen nicht unkritisch sehen.

In Schottland wurde durch die Einführung des Leistungsindikatorenkonzepts der Blick auf die

messbaren Aspekte der Arbeit der Lehrer gelenkt (vgl. Boyd 1997, S.63/4). Lehr- und Lern-

prozesse wurden gleichermaßen in den Hintergrund gedrängt.

Dadurch, dass die Schulen durch die Inspektionen leichter vergleichbar geworden sind,

müssen die einzelnen Schulen dem Vergleich mit anderen Schulen der Umgebung auch

standhalten. Damit die Schüler bessere Ergebnisse in den Abschlussprüfungen erzielen und

somit die Schule als qualitativ hochwertiger gilt, werden die Kinder immer früher in leistungs-

homogene Klassen eingeteilt. „In an attempt to raise standards, organisational remedies are

being offered to what are problems of teaching methods, motivation and low aspirations“

(Boyd 1997, S.65). Dieses Zitat macht deutlich, welch hohen Stellenwert die überprüfbaren

Aspekte schulischer Arbeit in Schottland inzwischen einnehmen.

Ein weiteres Indiz dafür, dass Lehr - und Lernprozesse dort momentan nur wenig Beachtung

finden, ist die Tatsache, dass fächerübergreifendes bzw. themenorientiertes Arbeiten an

Schottlands Schulen kaum eine Rolle spielt. Zwar existieren auf dem Papier die five curricular

areas innerhalb des 5-14 Programms und die eight modes of learning für die Standard

Grade, doch trotzdem findet der Unterricht in der Sekundarstufe ausschließlich fachge-

bunden statt.

In dieser Hinsicht hat Baden-Württemberg eindeutig die Nase vorn. Durch die Einführung der

neuen Bildungspläne 2004 wird in der Realschule die Durchführung von Projekten zu einem

unumgänglichen Bestandteil der Schulzeit. Außerdem wird durch die Schaffung von Fächer-

verbünden fächerübergreifendes Arbeiten gestärkt.

Meiner Meinung nach sollte man sich in Schottland zunächst auf die Einführung der five

curricular areas bzw. eight modes of learning statt einzelner Fächer an den Schulen

konzentrieren, um die Schülerleistungen zu verbessern.

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85 Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich

4.2.4. Ganztagsschule

Wenn wir die Situation in Baden-Württemberg betrachten, so wird sehr schnell deutlich, dass

die Unterrichtszeit zur Zeit nicht ausreicht, um innovative Lernmethoden zu intensivieren.

Durch die häufige Beschränkung der Unterrichtszeit auf die Vormittage ist die Schule

ausschließlich ein Ort von Unterricht. Für selbstständiges Lernen oder die gründliche

Auseinandersetzung mit interessanten Fragestellungen bleibt kaum Zeit. Auch außerunter-

richtliche Aktivitäten kommen zu kurz. Und nicht zuletzt sollte man bedenken, dass die

Schule heute auch immer mehr Erziehungsaufgaben übernehmen muss, die früher Sache der

Eltern waren.

Als Lösung dieser Probleme böte sich eine Ausweitung der Unterrichtszeit, d.h. die Ein-

führung von Ganztagsschulen an. Wenn sich die Schule nicht mehr nur ausschließlich auf

den Unterricht beschränkt, könnte sie für die Schüler zum Lebensraum werden.

An dieser Stelle kann ich allerdings nicht die Schulen in Schottland als positives Beispiel

anführen, denn obwohl in Schottland die Ganztagsschule Tradition hat, habe ich persönlich

nicht die Erfahrung gemacht, dass Schule auch Lebensraum sein kann. An der Schule, an der

ich mein Praktikum absolvierte, bestand ein Schultag - wie in Baden-Württemberg – aus

sechs Unterrichtsstunden , vier am Vormittag und zwei am Nachmittag, die nur für regulären

Unterricht genutzt wurden.

Damit möchte ich verdeutlichen, dass die Ganztagsschule nicht in jedem Fall der Halbtags-

schule vorzuziehen ist. Die Zeit, die die Jugendlichen in der Schule verbringen, muss auch

genutzt werden für selbstständiges Arbeiten, Projekte , außerunterrichtliche Aktivitäten, etc.

Im Oberschulamtsbezirk Karlsruhe nimmt der Ausbau der Ganztagsschulen bereits konkrete

Formen an. Bisher haben sieben Schulen die Genehmigung des Kultusministeriums für den

Ganztagsunterricht erhalten. Bei der Umstellung von der Halbtagsschule auf die Ganztags-

schule wird die Zahl der Unterrichtsstunden nicht erhöht, sondern lediglich anders verteilt.

Hinzu kommen außerunterrichtliche Angebote. Der Besuch der Ganztagsschulen erfolgt auf

freiwilliger Basis. In ganz Baden-Württemberg soll an 47 Schulen die Umstellung zur Ganz-

tagsschule erfolgen (vgl. Schweizer 2003, S.20).

Sowohl in Schottland als auch in Baden-Württemberg ist die Schule bisher im Großen und

Ganzen leider nur der Ort, an dem Unterricht stattfindet.

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Die Schulsysteme Schottlands und Baden-Württembergs im Vergleich 86

Bei der intensiven Beschäftigung mit den Schulsystemen in Schottland und Baden-Württem-

berg hat sich gezeigt, dass sich Baden-Württemberg in vielerlei Hinsicht am schottischen

Beispiel orientieren könnte. Es ist jedoch auch deutlich geworden, dass es Bereiche gibt, in

denen das baden-württembergische Schulsystem dem schottischen überlegen ist.

Für beide Länder gilt folgendes: Um die Leistungen der Schüler entscheidend zu verbessern,

sind gravierendere Veränderungen innerhalb der Schulen von Nöten als dies bisher der Fall

war.

“If raising achievement is the aim, then a structure which sticks rigidly to the age-stage divisions, which relies solely on ‘subjects’ as building blocks and which still seeks to categorise pupils by present (cognitive) attainment may need to undergo a […] radical revision […]” (Boyd 1997, S.65).

Die Qualität von Lehren und Lernen kann - laut Boyd - nur verbessert werden, wenn sich die

Schulen nicht mehr auf althergebrachte Strukturen stützen. Es gilt den Unterricht in Jahr-

gangsklassen und die Aufteilung des Stoffes in unterschiedliche Fächer abzuschaffen und

herkömmliche Formen der Leistungsbeurteilung zu überdenken. Schulen müssen in ihren

Strukturen flexibler werden, um optimal auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler

eingehen zu können.

Ich glaube nicht, dass solch radikale Veränderungen in Schottland oder Baden-Württemberg

in den nächsten Jahren durchzusetzen wären, trotzdem sollte man zumindest darüber

nachdenken.

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Anhang zur Wissenschaftlichen Hausarbeit 98

55.. AAnnhhaanngg zzuurr WWiisssseennsscchhaaffttlliicchheenn HHaauussaarrbbeeiitt

„ Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig und nur mit den angegeben Quellen und Hilfsmitteln angefertigt und dass ich alle Stellen der Arbeit, die aus anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen sind, kenntlich gemacht habe.“

„Im Falle der Aufbewahrung meiner Arbeit im Staatsarchiv erkläre ich mein Einverständnis, dass die Arbeit Benutzern zugänglich gemacht wird.“

Datum:

Unterschrift: