Die Spielregeln der PR- und Öffentlichkeitsarbeit€¦ · In einem Fall hatte ... mit dem Namen...

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Informationen für Mitglieder und Partner der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen Oktober 2014 Regeln, Regeln, Regeln. Deutschland ist nicht nur Fußball-Weltmeister, sondern auch Weltspitze im Regulieren, Gesetze erlassen oder Verbieten. Und weil das so ist, gibt es auch beim Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Spielregeln zu beachten. Welche, erklärte Medienrechtler und Rechtsanwalt Dr. Lutz Lehmler im Seminar „PR und Recht“. Die Spielregeln der PR- und Öffentlichkeitsarbeit Zu Beginn des Seminars ließ sich eine kurze juris- tische Abhandlung nicht vermeiden. Dr. Lutz Lehmler ging auf die Einzelheiten gesetzlicher Eckpfeiler wie Artikel 5 des Grundgesetzes ein. Darin sind neben dem Grundrecht der Meinungsfreiheit („Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern …“) die weiteren „Kommunikationsgrund- rechte“ wie Informations-, Presse-, Rundfunk- und Kunstfreiheit sowie das Zensurverbot festgehalten. Als „kontrollierende Instanz“ ist die Pressefreiheit als eigenständiges Grundrecht ausgestaltet. Es gewähr- leistet die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Informationsbeschaffung bis zur Verbreitung der Nachricht. Journalisten und Redakteure genießen also auf der einen Seite vom Grundge- setz garantierte Freiheiten. Behörden, Einrichtungen der öffentlichen Hand und Kommunen haben dagegen Mit- teilungspflichten. Sie sind gegen- über Pressevertretern oft zu einer Auskunft verpflich- tet. Das gilt für private Unternehmen nicht in gleichem Maße. Sie können grundsätzlich selbst entscheiden, welche Sachver- halte der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Bei Pressekonferenzen oder ähnlichem genießen Unter- nehmen zudem Hausrecht und können einzelnen Akteuren den Zugang auch verwehren. „Sie müssen grundsätzlich niemanden reinlassen. Bei Pressekon- ferenzen wäre das aber ratsam, Sie haben ja etwas mitzuteilen“, so Dr. Lutz Lehmler. Internet und Social Media Spannend wurde es – vor allem weil es für Viele eben doch Neuland ist – beim Thema Internet und Social Media, zum Beispiel im Hinblick auf die Impressums- pflicht. „Die Notwendigkeit eines Impressums be- steht für alle kommerziellen Onlineauftritte“, so Dr. Lehmler. „Und zwar auch auf Social-Media-Platt- formen wie Facebook, Youtube oder Twitter.“ Dies ist in § 5 des Telemediengesetzes und in § 55 des Rundfunkstaatsvertrags festgelegt. Darin aufgeführt sind auch die Kriterien für das Impressum. Eine ladungsfähige Anschrift zählt ebenso dazu wie eine Telefonnummer und eine Mailadresse. „Das Impres- sum muss außerdem leicht auffindbar sein“, so Dr. Lutz Lehmler, fügte beim Thema Datenschutz aber hinzu: „Vieles ist noch unsicher. Allein die Frage, ob das deutsche Datenschutzrecht anwendbar ist. Denn Facebook sagt ,wir sitzen in Irland und haben damit nichts zu tun‘“. Generell aber wurde klar: Bei den Themen Social Media, Datenschutz und Impressumspflicht ist vieles in der Schwebe und im Fluss. „Da verändert sich beinahe täglich etwas“, so Dr. Lehmler. Sein Tipp: „Eine Datenschutzer- klärung und ein vollständiges Impres- sum: Damit sind Sie erst einmal auf der sicheren Seite.“ Fortsetzung auf Seite 2 „Die Notwendigkeit eines Impressums besteht für alle kommerziellen Onlineauftritte, und zwar auch auf Social-Media- Plattformen wie Facebook, Youtube oder Twitter.“ Dr. Lutz Lehmler Aufmerksam verfolgten (v. l. n. r.) Detlef Bremkens, Wiebke Neumann und Nina Höing das Seminar.

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Informationen für Mitglieder und Partner der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen Oktober 2014

Regeln, Regeln, Regeln. Deutschland ist nicht nur Fußball-Weltmeister, sondern auch Weltspitze im Regulieren, Gesetze erlassen oder Verbieten. Und weil das so ist, gibt es auch beim Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Spielregeln zu beachten. Welche, erklärte Medienrechtler und Rechtsanwalt Dr. Lutz Lehmler im Seminar „PR und Recht“.

Die Spielregeln der PR- und Öffentlichkeitsarbeit

Zu Beginn des Seminars ließ sich eine kurze juris-tische Abhandlung nicht vermeiden. Dr. Lutz Lehmler ging auf die Einzelheiten gesetzlicher Eckpfeiler wie Artikel 5 des Grundgesetzes ein. Darin sind neben dem Grundrecht der Meinungsfreiheit („Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern …“) die weiteren „Kommunikationsgrund-rechte“ wie Informations-, Presse-, Rundfunk- und Kunstfreiheit sowie das Zensurverbot festgehalten. Als „kontrollierende Instanz“ ist die Pressefreiheit als eigenständiges Grundrecht ausgestaltet. Es gewähr-leistet die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Informationsbeschaffung bis zur Verbreitung der Nachricht.

Journalisten und Redakteure genießen also auf der einen Seite vom Grundge-setz garantierte Freiheiten. Behörden, Einrichtungen der öffentlichen Hand und Kommunen haben dagegen Mit-teilungspfl ichten. Sie sind gegen-über Pressevertretern oft zu einer Auskunft verpfl ich-tet. Das gilt für private

Unternehmen nicht in gleichem Maße. Sie können grundsätzlich selbst entscheiden, welche Sachver-halte der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Bei Pressekonferenzen oder ähnlichem genießen Unter-nehmen zudem Hausrecht und können einzelnen Akteuren den Zugang auch verwehren. „Sie müssen grundsätzlich niemanden reinlassen. Bei Pressekon-ferenzen wäre das aber ratsam, Sie haben ja etwas mitzuteilen“, so Dr. Lutz Lehmler.

Internet und Social MediaSpannend wurde es – vor allem weil es für Viele eben doch Neuland ist – beim Thema Internet und Social Media, zum Beispiel im Hinblick auf die Impressums-pfl icht. „Die Notwendigkeit eines Impressums be -steht für alle kommerziellen Onlineauftritte“, so Dr. Lehmler. „Und zwar auch auf Social-Media-Platt-formen wie Facebook, Youtube oder Twitter.“ Dies ist in § 5 des Telemediengesetzes und in § 55 des Rundfunkstaatsvertrags festgelegt. Darin aufgeführt sind auch die Kriterien für das Impressum. Eine ladungsfähige Anschrift zählt ebenso dazu wie eine Telefonnummer und eine Mailadresse. „Das Impres-sum muss außerdem leicht auffi ndbar sein“, so Dr. Lutz Lehmler, fügte beim Thema Datenschutz aber

hinzu: „Vieles ist noch unsicher. Allein die Frage, ob das deutsche Datenschutzrecht anwendbar ist. Denn Facebook sagt ,wir sitzen in Irland und haben damit nichts zu tun‘“. Generell aber wurde klar: Bei den Themen Social Media, Daten schutz und Impressumspfl icht ist vieles in der Schwebe und im Fluss. „Da

verändert sich beinahe täglich etwas“, so Dr. Lehmler. Sein Tipp: „Eine Datenschutzer-

klärung und ein vollständiges Impres-sum: Damit sind Sie erst einmal auf der sicheren Seite.“

Fortsetzung auf Seite 2

„Die Notwendigkeit eines

Impressums besteht für alle

kommerziellen Onlineauftritte,

und zwar auch auf Social-Media-

Plattformen wie Facebook,

Youtube oder Twitter.“

Dr. Lutz Lehmler

Aufmerksam verfolgten

(v. l. n. r.) Detlef Bremkens,

Wiebke Neumann und Nina

Höing das Seminar.

leistet die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Informationsbeschaffung bis zur

Journalisten und Redakteure genießen also auf der einen Seite vom Grundge-setz garantierte Freiheiten. Behörden, Einrichtungen der öffentlichen Hand und Kommunen haben dagegen Mit-teilungspfl ichten. Sie sind gegen-über Pressevertretern oft zu einer Auskunft verpfl ich-

hinzu: „Vieles ist noch unsicher. Allein die Frage, ob das deutsche Datenschutzrecht anwendbar ist. Denn Facebook sagt ,wir sitzen in Irland und haben damit nichts zu tun‘“. Generell aber wurde klar: Bei den Themen Social Media, Daten schutz und Impressumspfl icht ist vieles in der Schwebe und im Fluss. „Da

verändert sich beinahe täglich etwas“, so Dr. Lehmler. Sein Tipp: „Eine Datenschutzer-

klärung und ein vollständiges Impres-sum: Damit sind Sie erst einmal auf der sicheren Seite.“

NACHGELESEN Oktober 2014

Eindeutiger, wenngleich immer vom Einzelfall ab-hängig, ist der Urheberrechtsschutz in Deutschland. „Auch ihre eigenen Texte sind geschützt, wenn sie eine hinreichende Schöpfungshöhe aufweisen“, erklärte Dr. Lehmler. Der Satz von Karl Valentin, „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“, ist so ein Beispiel. Dieser darf nicht beliebig weiter verwendet werden. Anders sieht es bei Klaus Lages Liedzeile „1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nichts passiert“ aus. „Da ist die hinreichende Schöpfungshöhe nicht erreicht“, so Dr. Lutz Lehmler. Vieles hängt auch hier vom Einzelfall ab. „Vor allem auch von den Künstlern selbst oder deren Erben, die gegen die Verwendung der eigenen Arbeit immer wieder gerichtlich vorgehen“, so Dr. Lehmler. „Im Zweifel nehmen Sie lieber ein Zitat von Plato. Der ist schon etwas länger tot und seine Erben werden Sie sicher auch nicht behelligen. Beachten Sie aber, dass auch eine Übersetzung ein eigenständig geschütztes Werk ist. Also: entweder mit eigenen altsprachlichen Kenntnissen glänzen, oder eine ältere Übersetzung verwenden, die keinen Schutz mehr genießt, also gemeinfrei ist, wie die Juristen sagen.“

Vorsicht bei StockmaterialIm weiteren Verlauf des Seminars ging er auf Bild-rechte ein. „Auch da wird es schnell kompliziert“, sagte Dr. Lehmler. Selbst Bilder unter Creative-Com-mons-Lizenz – also Fotos, die in einem vom Recht-einhaber vorgegebenen Umfang zur kostenfreien Verwendung freigegeben wurden – können gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen. In einem Fall hatte eine Fluggesellschaft Werbung mit dem Konterfei einer jungen Frau gemacht, die davon jedoch nichts wusste und auf Unterlassung klagte, als sie davon erfuhr. „Schauen Sie auch bei Fotomaterial aus Stock-archiven ganz genau hin“, riet deshalb Dr. Lehmler. Etwas anderes sei es hingegen, wenn man Perso-nen aufnimmt, die auf dem Foto nur „als Beiwerk“ fungieren. So zum Beispiel bei der Aufnahme einer Einkaufsstraße mit mehreren zufällig durch das Bild laufenden Personen.

Ähnliches gilt für die Werbung. Zumindest wenn das beliebte Stilmittel der Satire genutzt wird. Dagegen können betroffene Personen, in der Regel Politiker oder Personen der Öffentlichkeit, wenig machen. „Wenn denn der Bezug zu einem aktuell in der Öffent lichkeit diskutierten Thema aufgegriffen wird“, erklärte Dr. Lutz Lehmler. Als Beispiele dafür nann-te er die Werbung eines bekannten Autovermieters,

der das Konterfei des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff mit dem Slogan „Spaß kann man auch ohne reiche Freunde haben – mit einem Mietwagen von S.“ versah.

Interessante Einblicke vermittelte Dr. Lutz Lehmler auch in das Markenrecht und das Wettbewerbsrecht. Ein kreativer Geschäftsmann brachte einen Eierbecher mit dem Namen „eiPOTT“ auf den Markt. „Er musste diesen aber wegen zu großer Nähe zum „iPod“ umbe-nennen“, sagte Dr. Lehmler. Eine Wirtschaftszeitung durfte dagegen mit einem Foto eines Lottoscheins und dem Hinweis „Um Geld zu vermehren, empfeh-len wir ein anderes Papier“ werben, da hinreichend bekannt sei, dass eine Gewinnchance im Lotto ver-schwindend gering ist.

Wie in vielen Bereichen gibt es also auch in der Presse- und Öffentlichkeit Regeln zu beachten. „Jedes einzelne angesprochene Thema könnte tage-lang und in aller Ausführlichkeit beleuchtet werden“, sagte Dr. Lutz Lehmler am Ende des Seminars. Ent-mutigen lassen sollte man sich aber nicht. „Vor allem beim Thema Social Media und Internet gibt es viele Möglichkeiten, aber eben auch viele Unsicherheiten. Das heißt aber nicht, dass man deswegen die Finger ganz weglassen sollte“, so Dr. Lutz Lehmlers Rat-schlag an die Teilnehmer.

Impressum: Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen, Königsallee 67, 44789 Bochum, Verantwortlich für den Inhalt: Dipl.-Soz.-Wiss. Alexander Füten, Fon: 0234 / 5 88 77-79, Fax: 0234 / 5 88 77-70, Mail: [email protected], www.agv-bochum.de

„Vor allem beim Thema Social

Media und Internet gibt es viele

Möglichkeiten, aber eben auch

viele Unsicherheiten. Das heißt

aber nicht, dass man deswegen

die Finger ganz weglassen

sollte.“ Dr. Lutz Lehmler

Erfahrungskreis Öffentlichkeitsarbeit

Die Arbeitgeberverbände Ruhr / Westfalen haben im vergangenen Jahr den Erfahrungskreis Öffentlichkeitsarbeit ins Leben gerufen. PR- und Öffentlichkeitsarbeitern soll dieser Kreis Anre-gungen zu verschiedenen Themen wie „Krisen-kommunikation“, „Interne Kommunikation“, „Social Media“ etc. bieten. Der Erfahrungsaus-tausch untereinander steht dabei im Mittelpunkt. Interessierte können sich jederzeit anmelden. Entweder per Mail an [email protected] oder telefonisch: 0234 / 5 88 77-79.