Die Temperaturabhängigkeit des lichtelektrischen Primärstromes im Diamanten

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941 2. Die ~ernperaturab~~ngigke.2.t des ICchfeTektrdschen Prdmlirstrornes Cm DQamanten; von Eerbert Lenx Einer Einladung von Hrn. Prof. Pohl folgend, zog ich in den Osterferien nach Gottingen, um eine Liicke in meinen Arbeiten iiber den lichtelektrischen Strom im Diamanten auszufiillen. Ich verweise auf meine Arbeiten l), gebe aber zum direkten Verstandnis den Stand der Untersuchungen kurz an. Im Innern von isolierenden Kristallen wie Zinkblende und Diamant konnen sowohl durch Bestrahlung mit Licht bestimmter Spektralbereiche wie durch BeschieBung mit Kathodenstrahlen in Richtung des elektrischen Feldes Elek- tronenstrome erzeugt werden. Das Auftreten dea Halleffektes beweist, daB beide Elek- tronenstrome sind. Zwei Tatsachen konnten lange Zeit nicht miteinander in Zusammenhang gebracht werden: Der stationare, durch Lichtbestrahlung hervorgerufene Elektronenstrom war stark temperaturabhangig. Beim Dia- manten sank er von 380° absolut linear ab, bis er bei ungefahr 125 O absolut den sechsten Teil seines Wertes bei Zimmer- temperatur, den neunten Ted seines Wertes bei 380° erreicht hatte. Von 125O bis 20° absolut blieb er annahernd temperatur- unabhsngig. Bei Zinkblende verschwand der Strom vollig. Der Einfachheit halber sei die alte Figur bier nochmals her- gesetzt. (Vgl. Fig. 1). Der durch BeschieBung mit Kathodenstrahlen an Zink- blende erhaltene Strom war jedoch uber den weiten Bereich von 20 0 bis 293 O absolut temperaturunabhangig. 1) H. Lenz, Phys. Ztechr. S. 435) 1924; S. 365. 642. 1925; Ann. d. Phys. 77. S. 449. 1925; 82. S. 115. 1927; Gudden undPohl, Phys. Ztschr. S. 481. 1925.

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2. Die ~ernperaturab~~ngigke.2.t des ICchfeTektrdschen Prdmlirstrornes Cm DQamanten;

von E e r b e r t L e n x

Einer Einladung von Hrn. Prof. Poh l folgend, zog ich in den Osterferien nach Gottingen, um eine Liicke in meinen Arbeiten iiber den lichtelektrischen Strom im Diamanten auszufiillen. Ich verweise auf meine Arbeiten l), gebe aber zum direkten Verstandnis den Stand der Untersuchungen kurz an.

Im Innern von isolierenden Kristallen wie Zinkblende und Diamant konnen sowohl durch Bestrahlung mit Licht bestimmter Spektralbereiche wie durch BeschieBung mit Kathodenstrahlen in Richtung des elektrischen Feldes Elek- tronenstrome erzeugt werden.

Das Auftreten dea Halleffektes beweist, daB beide Elek- tronenstrome sind.

Zwei Tatsachen konnten lange Zeit nicht miteinander in Zusammenhang gebracht werden:

Der stationare, durch Lichtbestrahlung hervorgerufene Elektronenstrom war stark temperaturabhangig. Beim Dia- manten sank er von 380° absolut linear ab, bis er bei ungefahr 125 O absolut den sechsten Teil seines Wertes bei Zimmer- temperatur, den neunten Ted seines Wertes bei 380° erreicht hatte. Von 125O bis 20° absolut blieb er annahernd temperatur- unabhsngig. Bei Zinkblende verschwand der Strom vollig. Der Einfachheit halber sei die alte Figur bier nochmals her- gesetzt. (Vgl. Fig. 1).

Der durch BeschieBung mit Kathodenstrahlen an Zink- blende erhaltene Strom war jedoch uber den weiten Bereich von 20 0 bis 293 O absolut temperaturunabhangig.

1) H. Lenz, Phys. Ztechr. S. 435) 1924; S. 365. 642. 1925; Ann. d. Phys. 77. S. 449. 1925; 82. S. 115. 1927; Gudden undPohl, Phys. Ztschr. S. 481. 1925.

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942 H . Lea2

Dieses Ergebnis erschien merkwurdig, weil doch an- genommen werden konnte, daB es sich um zwei Elektronen- strome mit gleichem Mechanismus handelt, um so mehr, a19 beide auch noch den gleichen Halleffekt zeigten.

Es wurde nun vor allem der lichtelektrische Strom am Diamanten untersucht. Die Messung des Halleffekts bei der Temperatur der flussigen Luft zeigte, daB derselbe temperatur-

Fig. 1

unabhangig ist, daB also die freie WeglBnge, bzw. die Ge- schwindigbeit der Elektronen als konstant angenommen werden darf.

Nun hatte aber die Anzahl der lichtelektrisch frei ge- machten Elektroaen temperaturabhangig sein bonnen. Gudden und P o h l hatten am Steinsalz gefunden, daB beim Ubergang von der Zimmertemperatur zur Temperatur der flussigen Luft die Kurve der spektralen Erregung ein wenig nach biirzeren Wellen verschoben wird. Ein ahnlicher Effekt durfte auch beim Diamanten angenommen werden. Aber nur, wenn die Verschiebung sehr vie1 groBer ware als beim

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Temperaturabhangigkeit des lichtelektr. Primarstromes usw. 943

Steinsalz, wenn also der wirksame Spektralbereich weit nach dem kurzwelligen ruckt, wo in dem Quarzquecksilberlicht keine Lhien mehr sind, konnte sie zur Erklarung des starken Strom- abfalls herangezogen werden. Trotzdem wir das von vorn- herein als unmoglich angesehen hatten, sollte die Verschie- bung der spektralen Stromverteilungskurve best,immt werden.

Verauchaanordnung

Der optische Teil bestand aus einer der ausgezeichneten doppelten Zerlegungen des P o hlschen Institutes. Licht-

L

5

quelle, Linsen, Spalte und Prismen sal3eri auf drei drehbar miteinander verbundenen Zeissschienen. Der Endspalt stand fest, er wurde stets scharf auf eine Thermosaule zur Energied messung oder auf einen Diamanten abgebildet. Thermo- saule und Diamanthalter waren zwischen Anschlagen auf eiaer kleinen Zeissschiene, die senkrecht auf der groBen saB, verschiebbar. Durch Schwenken der beiden letzten Arme und Verschiebung der mittleren Linsen konnte die jeweils gewunschte Linie scharf in den Endspalt gebracht werden. Von 405pp bis 240,up wurden Steinsalzprismen, von 240,up ab Quarzprismen benutzt. Das letztere war notig, weil die Dispersion des Steinsalzes im Ultraviolett zu grol3 wird, so

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da8 die Linien zu breit werden. Als Lichtquelle wurden be- nutzt: Die Hg-Lampe von 405pp bis 240pp mit 15 Linien, der Cadmiumfunken rnit den Linien 275, 257, 232, 226, 219 und 214, der Zinkfunken mit den Linien 210, 206 und 203. Die beiden Funken wurden rnit Resonanzinduktor betrieben. Die starken Hg-Linien wurden der bequemeren lichtelektrischen Strommessung wegen mit Siebblenden geschwacht und zwar 405, 365, 313 auf ungefahr I/*, 334, 265, 254 auf l/*, 302 auf

und 296 und 280 auf lI2. Die Zeisssche Thermosaule war

flechs/g$cheer fipf Fig. 3

luftdicht eingekapselt und saB noch in einem Wasserkasten. Ihre Zuleitungen und das Galvanometer waren in geerdeten Metallschutz eingeschlossen.

Der elektrische Teil der Anordnung bestand aus einem Topf, ahnlich dem, wie ihn Hr. Dr. Flechsig erstmalig angewandt und beschrieben hat.1) Dieser Topf ist eine Art Dewargefa8 aus Metsll, nur mit dem Unterschied, daS die abzukuhlenden Dinge nicht in das Innere des Innen- mantels, wo die flussige Luft ist, sondern in dem Zwischen-

1) Flechsig , Zur Lichtabsorption m verfitrbten Alkalihalogeniden. Ztschr. f . Phys. 36. S. 607. 1926.

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Temperaturabhang;gkeit des lichtebktr. Prinzarstromes usw. 945

raum zwischen beiden Manteln, im Vakuum, auf einer Kupfer- platte sitzen, die direkt an dem inneren Mantel angelotet ist, und die durch Leitung von demselben her in kurzer Zeit ab- gekuhlt wird, wie ein Thermoelement anzeigt. Der Innen- mantel war oben sehr verengt und hing zur Vermeidung von Kalteverlusten an einem Neusilberrohr, durch das zugleich die flussige Luft eingeblasen wurde. Der AuBenmantel wurde mit einer Kupferschlange, durch die Wasser floB, warm ge- halten. Er konnte, um zu Montagezwecken in das Innere des Topfes zu gelangen, in seiner oberen Halfte abgenommen

Tabelle 1 Diamant I

Spektrale Verteilune: des lichtelektrischen F’rimiirstromes (Einsatzstrom).

405 ’ 365 334 313 302

296

289 280 275 270 265 254 248 244

240

’ Hg

Y

80 Volt an 2 mm. Zimmertem]

1. MeSreihe a w ’4 j @

d:” 13,3 33,O 16,O 11,3 36,8

22,8

21,o 11,o 990 12,5 15,5 10,5 16,O - - - - - - - - - - -

Annalen der Physik. I

$ .2 4 d 8 .$

w w 0,38 0,38 0,58 0,67 0,49

0,60

0,57 0,68 0,69 0,68 0,59 0,90 0,59

__ __

-

- - - - - - - - Un-

iichor

2. MeBreihe __ a a 52 8 8 BEI a 8

98 35,5 11,o 11,3 41,s 56,3 28,5 42,O 20,5 16,O 10,5 17,O 19,8 16,O 18,O

6,O

21,5 12,5 29,O 23,O 14,O 15,5 18,O 3,O 190

__

7,o

2,5

Folge. 83.

__

f!! gu3

395 L3,5 68

17,5 23,5 14,O 22,o 12,o 10,o 798 11,o 12,5 12,o ll,o 890 68 64 15,O 990 60,O 30,O 10,5

795 3,6 0,5 092

__ __

73

__ -& 8

,w Y n 0,39 0,38 0,55 0,64 0,42 0,42 0,49 0,52 0,58 0,63 0,74 0,65 0,63 0,75 0,61 0,88 0,88

0,69 0,72 291 193 0,75 0,48 032 0,17 092

U

2,4

ratur. - 3. MeBreihe -

*&

z 8 3 __ __ 10,8 33,O 17,3 15,5 75,O

51,l

34,O 27,5 17,O 22,o 26,3 18,2E 25,5 l>,3

5,o 15,O 12,o 39,O 31,5 10,5 884 594

1 8 4,o

__

Ei

R

__ __ 5,o L6,O L2,O L0,5 t4,O

27,O

19,5 17,O 13,5 16,5 20,5 17,5 25,O 14,5

7-0 14,O 14,O 21,5 26,O 12,o 830 6,5 0,2 03 62

_.

-8 A # Y v3 0,46 0,48 0,70 0,6E 0,5E

0,52

0,57 0,62 0,8C 0,75 0,77 0,9E 0,9E 1,OE

1,OE 0,8f 1,5E 132 0,s: 1,OE 0,s: 0,Of 092

1,4

- __

mOr)

z3 i!: 3 ; __ __ 0,41 0,41 0,61 0,66 0,50

0,55

0,57 0264 0,74 0,69 0,66 0,87 0,73 0,95

1 3 0,89 0,79 1,82 1,25 0,81 0,76 0,51 0,11 092

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946 H. Lenx

270 265 254 248 244 240, 275 257 232

Tabel le 2 DiamaPtt I

80 Volt an 2 mm. Tempera tur der fliissigen Luft.

Spektrde Verteilung des lichtelektrischen Prim&mtromes. (Eimtzstrom).

Cd

1. Meareihe o w ga 13 G O S t i

- ~

11,75 26,O 35,5 13,5 34,4 23,5 15,8 15,8 995

14,5 14,3 11,8 20,3

8,O

10,o

15,O 13,O 6,O

2,o 1,5 190

2,3

5,o

5,o

i ; G$j d a 9 8 am

5 8 990 920 990

22,o 15,O ll ,o 10,o 7 8

11,5 12,o 997

21,o 10,o

495 3 8

24,O l0,O 495 3,O

1,o 0,5

- ~

4,o

1,3

___ ) .B L.s g Q __ - 0,43 0,35 0,25 0,67 0964 0,64 0,70 0,64 0,74 0,80 0,84 0,82 1,04 1,25 1,78 0,45 0,76 1.6 0,77 0,85 0,60 0,65

0,5 0,7

2. M&reihe.

3 re 8 $= 5 8

22,3 11,8 995 29,3 21,8 16,8 14,O 995

13,5 14,3 10,5 19,o 795 3.5

11,5 6,5

17,O 14,O 5 8 5 8 270 190 190

~ aJ ac .- 2 .w a E

& 0,35 0,25 0,54 0,63 0260 0,41 0,50 0,57 0,53 0,55 0,60 0,57 0,74 1,13 1,23 0,44 0,62 2,45 0,73 0,72 0,64 0,65 1 ,oo 0,3

4 2

3. MeJ3reihe 0 3 8 5

L0,O 25,4 L0,O 7 8

t4,O 30,O 23,5 L7,5 L1,O 15,5 17,2E L1,O 22,5 8 3 3,3

-c El _- __

- - - - - -

unsicher I

- ~

2 m

.* 6 z1-7

d a 4 G 29

- - 0,34 428 0,38 0,61 0,56 0,47 0,55 0,59 0,60 0,70 0,68 0,67 0,78 1,04 1,31 0,45 0,69 2,03 0,75 0,78 0,62 0,65 0,85 0,4

Die Vakuumdichtung geschah mittels eines Weck- ringes. Evakuiert’ wurde mi t Gade- und Vorpumpe. Zwei Rohrstutzen mit aufgekitteten Quarzfenstern erlaubten es, die Kristalle zu bestrahlen. Die Zuleitungen fuhrten mittels eingekitteter Bernsteinstucke durch den auBeren Mantel in das Vakuum zum Diamanten, der zur besseren Warmeleitung zwischen Steinsalzelektroden saB. Der Strom wurde mit einem Einfadenelektrometer von Volt/Skt. Empfindlich- keit gemessen, dem nach Bedarf ein Kondensator zugeschaltet wurde.

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Temperaturabhangzgigkezgit des lichtelektr. Primarirstromes usw. 947

Die Messung sowohl bei Zimmertemperatur als bei der Temperatur der fliissigen Luft geschah folgendermal3en :

Der Diamant wurde eine Minute lang mit rotem Licht zur Ausleuchtung bestrahlt, die gewiinschte Linie eingestellt, die Ruhelage der Thermoskule abgelesen, nach 50 Sekunden der Aussohlag, nach weiteren 50 Sekunden abermals die Ruhe- lage. Dann kam der Topf mit dem Diamanten vor die Linie und der lichtelektrische Einsatzstrom der ersten 10 Sekunden wurde gemessen.

Die Ergebnisse sind in Tab. 1 und 2 und in Fig. 4 ver- zeichnet.

5 I S

Je drei MeBreihen fur Zimmertemperatur und fiir fliissige Lufttemperatur sind angegeben, und zwar die Energie der Linie als Ausschlage des Galvanometers der ThermosBule sowohl, wie der Strom in Skalenteilen. Der Strom auf eine willkiir- liche Einheit der Energie bezogen, befindet sich jeweils in der dritten Reihe, das Mittel aus den drei Mefireihen in der letzten. Diese Werte sind als Funktionen der Wellenlange in der Kurve dargestellt.

Das Ergebnis war iiberraschend. Die Kurve bei der Tem- peratur der fliissigen Luft liegt wenig tiefer als bei Zimmer- temperatur. Das Maximum scheint ein wenig schmaler zu werden und einige ,up nach kurzeren Wellen zu gehen. Die letzten drei Linien, die Zinklinien, waren schwer zu messen. Iihnliche Kurven ergaben zwei andere Diamanten. Nur daB die Ausbeute nach dem Hauptmaximum nicht zu-, sondern

62 *

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abnahm, bzw. in gleicher Hohe blieb, was auf die grorjere Verunreinigung dieser Diamanten zuruckgefuhrt werden kann, wie weiter unten gezeigt wird.

Es stehen sich also die folgenden Tatsachen gegenuber: Starke Temperaturabhangigkeit des stationaren Stromes und nahezu Temperaturunabhhgigkeit des Einsatzstromes. Da- mit ist vorerst erwiesen, daB eine Verschiebung des spek- tralen Empfindlichkeitsbereiches fur die Abnahme des statio- naren Stromes mit fallender Temperatur gar nicht verant- wortlich gemacht werden kann. Es liegt uberhaupt kein optisches, sondern ein elektrisches Problem vor. Es ist daher fur die Untersuchung der Elektronenbewegung vollig gleich, ob mit spektral zerlegtem oder weirjem Licht gearbeitet wird. Das war ja eigentlich auch nicht anders zu erwarten.

Bevor wir die Erklarung der Verschiedenheit der beiden Strome, Einsatzstrom und stationarer Strom, mitteilen, sei auf einige interessante Punkte obiger Kurven hingewiesen. Kurve a zeigt Maxima bei 320, 275 und 254 ,up. Diese Maxima traten immer wieder auf, lagen auch bei zwei anderen Dia- manten an den gleichen Stellen, so da13 sie nicht mehr als Streuungen angesehen werden konnen. Bei fliissiger Luft scheinen diese Maxima nach kurzeren Wellen zu gehen: Das eine nach 310, das zweite nach 270, das dritte tritt noch als Verdickung bei 244 auf. Das Hauptmaximum liegt lang- welliger (bei ungefahr 237) als das von Gudden und Pohl an ihrem Diamanten gefundene (ungefahr 225) und ist auch kleiner. Eine Stiitze fur diese Befunde war der Gang der op- tischen Absorption bei Zimmertemperatur, der mit der Photo- zelle als log (I&) aus dem direkten und dem geschwachten Licht bestimmt wurde.

Diamant I, den ich fruher oft benutzte, zeigt auBer einem langwelligen Maximum eins bei 275 und eins bei 252. Die Hauptabsorption setzt schon bei 240 ein. (Die von Gudden und Pohl gefundene erst bei etwa 230.)

Die Diamanten 11, I11 und IV, an denen man bei Ver- gleich mit dem Diamanten I schon mit bloBem Auge einen grauen Schimmer von Verunreinigungen entdecken kann, zeigen noch wesentlich mehr Beimengungen. Die Absorption ist bei 302 bereits so stark, dalj die Maxima an dem Gang der Absorption nicht mehr erkenntlich sind. Wenn man von der

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Te.mperaturabhangigkeit des lichtelektr. Primarstrornes usw. 949

noch kurzer liegenden Eigenabsorption der Gottinger Dia- manten niohts wuBte, man wurde wohl die einsetzende Ab- sorption der Diamanten 11, 111, IV bei 313 oder die des Dia- manten I bei 240 als die Eigenabsorption des Diamanten an- sehen. Die Herren Gudden und Pohl haben mit ihrem Brasilianer Diamanten einen guten Griff getan. Aber auoh dieser scheint nicht ganz ideal au sein. Gudden und auch Pe ter haben in dem Bereich zwischen 225 und 405pp mit 5 Linien gearbeitet. Ich habe die Leitfghigkeit dieses Dia- manten in demselben Bereich nochmals mit 18 Linien ge-

Gang der optischen Absorption bei den Diamanten I, 11, III, IV.

224 234 24 250 264 270 280 230 3&’ 370 320 330 3W 350 360 370 80 3 0 4UO 470 /I? PP

Fig. 5

messen. Wenn man das Ergebnis in groBem MaBstab auf- tragt, so sieht man selbst an diesem sehr reinem Diamanten an den gleichen Stellen angedeutete Abweichungen von der Geraden. Es sei dahingestellt, ob es nicht noch reinere Dia- manten gibt, deren Eigenabsorption noch kurzwelliger liegt. Die an meinen 4 Diamanten gefundenen Maxima (sie weichen bis zu 40 Proz. von der Geraden ab) legten die Vermutung nahe, daki sich es hier rim Lenardsche &Maxima handelt. Mit einem Aluminiumfunken bestrahlt, phosphoreszierte Diamant IV reoht kraftig, I1 und I11 schwach. Beim Aus- hsizen lieferten sie eine stattliche Lichtsumme. Merbwurdiger- weise phosphoreszierte Diamant I gar nicht, obwohl bei ihm

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die Maxima in der Leitfahigkeit und in der Absorption auf- traten. Leider konnte wegen der beschrankten Zeit die Ab- sorption und ihre Verschiebung mit der Temperatur nicht genau bestimmt werden. Es wlire die Reflexion eines jeden Diamanten in Abhangigkeit von der Wellenlange und der Temperatur oder an deren Stelle der Brechungsindex zu be- stimmen gewesen. Zur Berechnung der wirklichen Absorption habe ich versucht, die von Peter1) an dem Gottinger Dia- manten Werte des Reflexionsvermogens zu benutzen, die awischen 405pp und 226 ,up von 17,8 Proz. auf 21,s Proz. kontinuierlich ansteigen. Das ergab unmogliche Werte, die der Vermutung recht gaben, daB auch der kontinuierliche Gang der Reflexion durch Verunreinigungen beeintrachtigt wird.

Mit diesen Ausfiihrungen sol1 gezeigt werden, wie wichtig die Reinheit des Diamanten fur optische Untersuchungen ist. Bei der Leitftihigkeit der Diamanten scheinen die Ver- unreinigungen, wenn sie nicht groBer als Spuren sind, jedoch eine so groBe Rolle nicht zu spielen. Wenn man nun beruck- sichtigt, daB meine Diamanten 11, I11 und IV (die Herkunft von I ist nicht bekannt) aus einer Reihe von 20 siidafrika- nischen Rohdiamanten ausgesucht worden sind, die alle klar aussahen, von denen aber die meisten aus unbekannten Grunden nicht einmal im Dunkeln isolieren, so mochte man fast sagen, daB der Diamant ein ungeeignetes Material fur optische Untersuchungen ist. Schoner sind in dieser Beziehung z. B. die Kristalle der Alkalihalogenide, die zwar in der Natur nicht rein vorkommen, die man aber auflosen, beliebig oft reinigen und neu ziichten kann.

Kehren wir nunmehr zur Untersuchung der Verschieden- heit des Einsatzstromes und des stationaren Stromes zuriick.

Ausgegangen wurde von folgender Uberlegung : Beim stationaren Strom entsteht durch Abwanderung der licht- elektrisch im Innern des Kristalls ausgelosten Elektronen eine positive Raumladung, da die Elektronen von der Kathode her nur zogernd nachgeliefert werden. Das zeigten die fruheren Messungen uber die Spannungsverhaltnisse langs des Kri- stalls. Diese Raumladung, eine Art Polarisation, erzeugt eine Gegenspannung im Kristall, welche die angelegte Spannung vermindert. Die verbleibende Spannung erzeugt einen Strom ,

1) Peter, Ztschr. f . Phys. 15. S. 358. 1923.

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Temperaturabhangigkeit des lichtelektr. Primarstromes usw. 951

der kleiner ist, als er ware, wenn die angelegte Spannung voll zur Geltung k8me. Es muate also untersucht werden, ob sich die Raumladung mit der Temperatur iindert. Man kann den Strom, der durch ein kleines Vergleichslicht hervor- gerufen wird, als MaB der Spannung ansehen. Der Strom mu13 nur so klein sein, da13 die Polarisation whhrend der Zeit seines FlieBens nicht allzu stark abnimmt. Es m d e n aber nicht die Strome direkt verglichen, die durch die Polari- sationsapannung bei Zimmertemperatur und bei der Tem- peratur der flussigen Luft entstehen, sondern bei jeder Tem- peratur wurde der Polarisationsstrom mit dem ausgeleuchteten

finf&neL?ktrometer

Fig. 6 Schaltungsekizze

Kristall entstehenden normalen Einsatzstrom vergliohen. (Alles bei Bestrahlung rnit demselben kleinen Vergleichslicht). Dann kann man direkt sagen: Bei Zimmertemperatur betragt die Polarisation diesen, bei der Temperatur der flussigen Luft jenen Bruchteil der angelegten Spannung.

Die benutzte Versuchsanordnung (Fig. 6) war folgende : Der im Flechsigschen Topf befindliche Diamant konnte

von der einen Seite rnit dem konzentrierten unzerlegten Licht der Quarzlampe, oder mittels eines KlappspiegeIs mit dem rotgefilterten Licht eines Kohlebogens, von der anderen Seite mit einem kleinen 4-Volt-Lampchen bestrahlt werden. Die eine Seite des Diamanten konnte mit einem Einfaden- elektrometer, dem ein Kondensator parallel lag, die andere mit einem isoliert stehenden Galvanometer, hinter dem 120 Volt

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(Von den Zahlen in Reihe I, IV und VII bedeutet die

Spannung lagen, verbunden werden. Beide Seiten konnten gleichzeitig oder einzeln geerdet werden.

Jede einzelne Messung wurde sowohl bei Zimmertempe- ratur, wie bei der Temperatur der flussigen Luft so durch- gefuhrt, wie in nachfolgender Tab. 3 angegeben ist.

Zuerst erfolgte eine 5 Minuten lange Bestrahlung des kurxgeschlossenen Kristalls mit rotem Lieht, bis kein Strom

erste den Strom in

Tabelle 3 Temperaturabhtingigkeit der rtiumlichen Polarisation im Diamanten.

ficht-

Ehsatz-

4-VOlt-

elektr.

strom

Lampe Elektro- meter Skt.

I--- statio - ntirer

a- Strom

Lampe Galva- nom. Skt.

1 5 z

0) bn .- 0; . . . E :B 3 1

Elektro- meter Skt.

9; 4,5;

2; l,b 3,5; 2,5;

11. I 111.

10 1 31

I

lo ~ 33

13 I 35

9 I E

I

8 1 I 6

I

9 1 7

IV.

Dunkel- ;Tom der Polari - sations - Pammg 1 je lOsec Elektro - meter

Skt.

__- __- 4; 1,5; 1

__- 3; 1; 097

4; 2;

1 1,5;

1; 0,5; 093; 092

2; 1; 1; 0,s;

077

2; 1; 096

___.

V.

Licht- elektr.

strom ler Polari

sation

Lampe Elektro -

meter Skt.

Einsatz-

4-VoIt-

2

2

275

795

7,5

7 78 0 1 ~

VII.

Polari- sations - strom

mit dem Kohle- bogen

n jelOsec Elektro-

meter Skt.

32; 11; 8; 6; 4,5

____

34; 12; 8 ; 6 ;

36;

6 12; 8 ;

100; 34; 19; 11

100; 45; 45; 32

110; 50; 45; 32

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mehr flieBt. Dann wird die Spannung angelegt. Der ab- klingende Dunkelstrom, der die beweglichen Ladungen w e e fuhrt, wird fur je 10 Sekunden 60-70 Sekunden hindurch gemessen, bis er normal klein ist. (Reihe 1.) Der Einsatz- strom der ersten 10 Sekunden bei Bestrahlung mit dem 4-Volt-Lampchen wird gemessen. (Reihe 2.) Das volle Licht der Quarsquecksilberlampe wird 2 Minuten auf den Kristall geworfen, der Strom nunmehr im Galvanometer gemessen, bis er stationar geworden ist. (Reihe 3.) Dann nimmt man erst das Licht, dann die Spannung weg, so daB der Kristall an beiden Seiten an Erde liegt, die Polarisation sitzt nun im Kristall und halt sich lange. Es tritt auch jetzt ein kleiner Dunkelrucklauf ein, der dem Dunkelstrom in Reihe 2 entspricht und der fur je 10 Sekunden 30-60 Sekunden lang beobachtet wird, bis er klein geworden ist. (Reihe 4.) Nunmehr ent- erdet man wieder das Elektrometer, lafit das Licht des 4-Volt- Lampchens auf den Kristall fallen und miBt den durch die Polarisationsspannung hervorgerufenen Einsatzstrom der ersten 10 Sekunden (Reihe 5.) Das Verhaltnis zwischen diesem Stroni und dem regularen Einsatsstrom steht in Reihe 6. Um nun eine Vorstellung su haben, wieviel Elektrizitat im Kristall aufgespeichert war, miBt man den Strom langere Zeit fur je 10 Sekunden, der durch Bestrahlung des Diamanten mit dem Kohlebogenlicht entsteht. (Reihe 7.)

Aus dieser Tabelle ersehen wir an bereits bekannten Tatsachen:

1. Der bei Zimmertemperatur auf einen kleinen Wert zuruckgehende Dunkelstrom ist bei flussiger Luft nicht mehr vorhanden. (Reihe 1.)

2. Der Einsatzstrom ist bei flussiger Lufttemperatur kaum geringer als bei Zimmerteniperatur. (Reihe 2.)

3. Der stationare Strom sinkt auf ungefahr %. (Reihe 3.) 4. Der Dunkelrucklaufstrom der Polarisationsspannung

ist bei flussiger Luft kleiner nls bei Zimmertemperatur, ist aber vorhanden. (Reihe 4.)

5. S b Maupresultat der Untersuchung folgt nunmehr : Dia Polarisationsspannung betragt bei Zimmertempe-

ratur etwa 20 Proz., bei flussiger Luft aber 85 Proz. der an- gelegten Spannung. (Reihe 6.) Also verhalten sich die effektiv wirksamen Spannungen wie 5,3:1. Damit scheint also die

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Abnahme des lichtelektrischen Stromes, wie ich sie fruher fand, erklirt zu sein.

Zu dem Mechanismus des Vorganges ist folgendes zu sagen : Die Elektronen werden bei beiden Temperaturen in anntihernd gleicher Zahl ausgelost und wandern bei beiden Temperaturen mit derselben Geschwindigkeit davon. Der Ersatz der weggegangenen von der Kathode her geschieht bei tiefer Temperatur langsamer.

Friiher war das ganz andere Verhalten des durch Auf- prall von Kathodenstrahlen in Feldrichtung entstehenden Elektronenstromes, der ja von 20 bis 293 absolut temperatur- unabhangig ist, nicht verstiindlich. Nunmehr paBt auch dieser Effekt sehr schon in das Bild des ganzen. Wenn namlich, wie bei dem durch Kathodenstrahlen hervorgerufenen Strom, die freien Elektronen, die den Strom ausmachen, erst von aufien hineinkommen miissen, so ist ein Grund fur eine Elek- tronenverarmung wie beim lichtelektrischen Effekt nicht gegeben. Also kann auch keine Polarisationsspannung ent- stehen, die den Strom herabsetzt.

Wie leicht zu ersehen ist, gelangt man auf diesem Wege wieder einmal zu der schon einmal aufgeworfenen Frage, ob die ganze Elektronenleitftihigkeit dieser Gruppe von Kristallen nicht eine Frage des Hineinbringens von freien Elektronen in den Kristall ist. Die Elektronen gehen durch den dunklen Kri- stall, wenn man sie von auBen hineinschiefit, sie wandern, wenn sie lichtelektrisch einmal ausgelost sind, durch die dunklen Kristallteile, wobei es gleich ist, ob es die abwandernden oder die zum Ersatz nachriickenden sind. Es scheint ge- radeso, als ware den letzteren bei tiefen Temperaturen der Durchbruch von der Kathode in den Kristall hinein etwas erschwert. Man darf nicht annehmen, daB es sich um Zu- falligkeiten im Elektrodenmaterial handelt, sonst wurden die Elektronen sicher nicht immer mit der gleichen Leichtig- keit abwandern konnen.

Zueammenfassung

Der bei spektral zerlegtem Licht gemessene Einsatz- primtirstrom beim Diamanten erweist sich als nahezu tem- peraturunebhanigg. Der Grund der starken Abnahme des stationaren Primarstromes mit der Temperatur ist nicht in

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einer spektralen Versohiebung der optischen Absorption zu suchen, sondern in einer Polarisationsspannung, die bei Zimmer- temperatur ungefahr 20 Proz., bei flussiger Lufttemperatur ungefahr 85 Proz. der angelegten Spannung betragt. Es ist fi ir Untersuchung der Elektronenbewegung in Kristallen vollig gleich, ob sie mit spektral zerlegtem oder weiBem Licht vorgenommen wird.

Ich danke Hrn. Professor P o h l fur die in groSaugigster Weise gewiihrte Gastfreundschaft.

Hrn. Dr. Flechsig bin ich fur die Uberlassung seiner gesamten Apparatur und fur viele gute Ratschlage bei der Ausfuhrung meiner Arbeiten zu besonderem Dank verpflichtet.

Munchen im Mai 1927.

(Eingegangen 27. Mai 1927)