Die traditionelle Blues-Kadenz (auf der akustischen...

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Die traditionelle Blues-Kadenz (auf der akustischen Gitarre) Grundwissen zur Entstehung des Blues’: “I’m feeling blue” bedeutet: “Ich bin traurig” (american english). Der Blues war die erste Jazz-Form und spiegelte in sehr direkter Weise das Lebensgefühl der Afro-Amerikaner in den USA ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Er entwickelte sich in verschiedenen sozialen Bereichen der USA: 1.: vor allem in vokaler Form während der Arbeit der schwarzen Sklaven auf den Feldern (also stark auch unter Frauen) 2.: vor allem in instrumentaler Form als Straßen- und Kneipen-Musik der aus der US- Armee entlassenen arbeitslosen schwarzen Militärmusiker (folglich nur unter Männern) 3.: in instrumentaler und vokaler Form über den Umweg von Spiritual und Gospel aus der anglikanischen Kirche als wichtigen Einfluss auf den Blues. Zu Beginn seiner Entstehung wurde er ausschließlich von schwarzen Afro-Amerikanern gemacht. Grundwissen zur Praxis des Blues’: Der Blues ist ursprünglich eine rein improvisierte Musik, auch wenn er heute häufig notiert wird. Die Blues-Kadenz bildet dabei die Grundlage für das freie (Solo-)Spiel. Der traditionelle Blues hat einen zwölftaktigen Ablauf im 4/4-Takt, der beliebig oft wiederholt werden kann. Die letzten beiden Takte nennt man “turn around”. Der traditionelle Blues ist immer langsam und triolisch (ternär, swingig) zu spielen, auch wenn er binär (in Achteln, also nicht in Triolen) notiert wird. Es gibt heute sehr viele Abweichungen von dieser Blues-Kadenz, sowohl rhythmisch, als auch harmonisch und formal. Im Jazz, also auch im Blues, sind die verwendeten Akkorde meist Vierklänge. Dies ergibt sich als Folge aus der Überlagerung der europäischen Harmonik des 19. Jahrhunderts, die sich aus Dreiklängen aufbaut, mit der Pentatonik der schwarz-afrikanischen Melodien. In der traditionellen Blues-Kadenz werden nur Dominantsept-Akkorde gespielt (also Dur-Dreiklänge plus kleiner Septime), und zwar auch an Positionen im Akkord-Ablauf, an denen dies in der europäischen Harmonik unsinnig wäre (z.B. als Tonikasept-Akkord). Die Stimmführung folgt dabei nur teilweise den europäischen Üblichkeiten (häufige Parallelen bis hin zur Rückung, Auflösung in Reizdissonanz- Töne usw.). Die verwendeten Akkorde sind die der europäischen einfachen klassischen Kadenz, also die sogenannten Hauptfunktionen in Dur: Tonika, Subdominante und Dominante (die Akkorde auf der I./IV. und V. Stufe der Tonart), allerdings immer als Dominantsept-Akkorde. 4/4 | T 7 | T 7 | T 7 | T 7 | S 7 | S 7 | T 7 | T 7 | D 7 | S 7 | T 7 | D 7 : || Diese Kadenz endet also auf der Dominante, was für eine Schlußbildung ungünstig ist, dafür aber gut in die Wiederholung überleitet. Ein Schluss kann nun entweder durch akkordische Veränderung aus dem turn around geformt werden oder zusätzlich nach dem 12. Takt angehängt werden.

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Die traditionelle Blues-Kadenz (auf der akustischen Gitarre)

Grundwissen zur Entstehung des Blues’:“I’m feeling blue” bedeutet: “Ich bin traurig” (american english). Der Blues war die erste Jazz-Formund spiegelte in sehr direkter Weise das Lebensgefühl der Afro-Amerikaner in den USA ab der Mittedes 19. Jahrhunderts. Er entwickelte sich in verschiedenen sozialen Bereichen der USA:1.: vor allem in vokaler Form während der Arbeit der schwarzen Sklaven auf den Feldern (also

stark auch unter Frauen)2.: vor allem in instrumentaler Form als Straßen- und Kneipen-Musik der aus der US-

Armee entlassenen arbeitslosen schwarzen Militärmusiker (folglich nur unter Männern)3.: in instrumentaler und vokaler Form über den Umweg von Spiritual und Gospel aus der

anglikanischen Kirche als wichtigen Einfluss auf den Blues.Zu Beginn seiner Entstehung wurde er ausschließlich von schwarzen Afro-Amerikanern gemacht.

Grundwissen zur Praxis des Blues’:Der Blues ist ursprünglich eine rein improvisierte Musik, auch wenn er heute häufig notiert wird.Die Blues-Kadenz bildet dabei die Grundlage für das freie (Solo-)Spiel. Der traditionelle Blues hateinen zwölftaktigen Ablauf im 4/4-Takt, der beliebig oft wiederholt werden kann. Die letzten beidenTakte nennt man “turn around”. Der traditionelle Blues ist immer langsam und triolisch (ternär,swingig) zu spielen, auch wenn er binär (in Achteln, also nicht in Triolen) notiert wird. Es gibtheute sehr viele Abweichungen von dieser Blues-Kadenz, sowohl rhythmisch, als auch harmonischund formal.

Im Jazz, also auch im Blues, sind die verwendeten Akkorde meist Vierklänge. Dies ergibt sich alsFolge aus der Überlagerung der europäischen Harmonik des 19. Jahrhunderts, die sich ausDreiklängen aufbaut, mit der Pentatonik der schwarz-afrikanischen Melodien. In der traditionellenBlues-Kadenz werden nur Dominantsept-Akkorde gespielt (also Dur-Dreiklänge plus kleinerSeptime), und zwar auch an Positionen im Akkord-Ablauf, an denen dies in der europäischenHarmonik unsinnig wäre (z.B. als Tonikasept-Akkord). Die Stimmführung folgt dabei nur teilweiseden europäischen Üblichkeiten (häufige Parallelen bis hin zur Rückung, Auflösung in Reizdissonanz-Töne usw.). Die verwendeten Akkorde sind die der europäischen einfachen klassischen Kadenz,also die sogenannten Hauptfunktionen in Dur: Tonika, Subdominante und Dominante (dieAkkorde auf der I./IV. und V. Stufe der Tonart), allerdings immer als Dominantsept-Akkorde.

4/4 | T7 | T7 | T7 | T7

| S7 | S7 | T7 | T7

| D7 | S7 | T7 | D7 :||

Diese Kadenz endet also auf der Dominante, was für eine Schlußbildung ungünstig ist, dafür abergut in die Wiederholung überleitet. Ein Schluss kann nun entweder durch akkordischeVeränderung aus dem turn around geformt werden oder zusätzlich nach dem 12. Takt angehängtwerden.

Page 2: Die traditionelle Blues-Kadenz (auf der akustischen Gitarre)omu-music.de/OmU_music/Unterricht_files/AB_blues_kadenz.pdf · Das erste Blues-Spiel auf der akustischen Gitarre Aufgabe

Das erste Blues-Spiel auf der akustischen GitarreAufgabe 1: Übe langsam Blues-Kadenzen in G, D, A und E ohne Barreé! Finde selbständig die benötigtenAkkorde!

Hier ist das Beispiel für die traditionelle Blues-Kadenz in G:

4/4 |G7 |G7 |G7 |G7

|C7 |C7 |G7 |G7

|D7 |C7 |G7 |D7 :||

Benutze bei Bedarf eine Grifftabelle und präge Dir den Ablauf der Akkorde gut ein! Versuche, dieAkkordwechsel nach dem Gehör an der richtigen Stelle zu finden! Zähle dabei laut den Rhythmusmit, wobei Du auf Zählzeit eins stets die Taktnummer sprichst, um die Orientierung imKadenzablauf nicht zu verlieren. Dies ist die Voraussetzung, um später sinnvoll dazu improvisierenzu können. Übe zunaechst in Achteln (binär) und schlage alle sechs Gitarrensaiten gleichmäßiglaut an.

Aufgabe 2:Wenn Du den Ablauf sicher kennst, übe ihn ternär (swingig, in Triolen). Zähle dabei wieder lautund gleichmäßig mit, zunächst klassisch: ei - ner - lei, zwei - er - lei usw., wobei auf “ner” natürlichkein Anschlag erfolgen darf. Wenn Du Dir sicher bist, zähle: eins - die, zwei - die usw.! Versuche,den Grundrhythmus mit Schlägen auf die Baßsaiten auszuführen, auf den Zählzeiten 2 und 4 aberauf die Diskantsaiten zu schlagen.

Aufgabe 3:Übe die Abläufe in G und A mit Barreéakkorden. Verwende nur die E7- und die A7-Griffschablone.Versuche dabei, die Akkorde non legato zu spielen, indem Du das Barreé entsprechend löst unddie richtige Baßsaite für den Grundton zu betonen.

Aufgabe 4:Übe den Ablauf nun mit zwei wichtigen häufigen Veränderungen:

4/4 | T7 | S7 | T7 | T7

| S7 | S7 | T7 | T7

| D7 | S7 | T7 | T7 :||

Im turn around erklingt am Schluss nicht die Dominante, was einen unmerklicheren Übergang indie Wiederholung ermöglichst und deshalb in songs mit Strophenablauf manchmal eingesetzt wird.Um die dadurch entstehenden sechs gleichen Akkorde T7 aufzulockern, spielt man in Takt 2manchmal S7.___________________________________________________________________________© 2002 by OmU music - Ulrich Rothe, Bernau