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Die UN-Konvention und ihre Auswirkungen Ulrich Hellmann Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: Bedeutung für Menschen mit Fragilem-X-Syndrom in Theorie und Praxis Jahrestagung IG Fragiles-X e. V. 2011, Bad Salzschlirf Ulrich Hellmann, Bundesvereinigung Lebenshilfe

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Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen:

Bedeutung für Menschen mit Fragilem-X-Syndrom in Theorie und Praxis

Jahrestagung IG Fragiles-X e. V. 2011, Bad Salzschlirf

Ulrich Hellmann, Bundesvereinigung Lebenshilfe

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Convention on the Rights of Persons with Disabilities

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen – Behindertenrechtskonvention (BRK)

• am 13. 12. 2006 von der UN-Generalversammlung angenommen• eine UN-Konvention wirkt als verbindlicher völkerrechtlicher Vertrag für

die Länder, die durch Ratifikation „Vertragsstaat“ werden• Die BRK ist am 3. Mai 2008 mit der 20. Ratifikation international in Kraft

getreten• Deutschland gehörte am 30.03.2007 zu den Erstunterzeichnern in New

York• Deutschland hat die BRK durch Gesetzesbeschluss vom 04.12.2008

ratifiziert (BT-Drucksache 16/10808 vom 08.11.2008)• Die Behindertenrechtskonvention (BRK) ist für Deutschland seit dem

26.03.2009 verbindliches Recht

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Frühere Initiativen auf UN-Ebene:

– Deklaration über die Rechte von geistig behinderten Personen, 1971

– Deklaration über die Rechte behinderter Menschen, 1975– Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen, 1982– Rahmenbestimmungen für die Herstellung der

Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen („Standard Rules“), 1993

– ….nur „empfehlender“ und damit unverbindlicher Charakter, Inhalt zum Teil veraltet, wenig Wirkung

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Zweck der BRK – Art. 1 – erstmalige verbindliche Konkretisierung der Menschenrechte und

Grundfreiheiten bestehender Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen im Hinblick auf die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung:

• Art.1 Abs. 1: „…den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde fördern.“

• Gilt für alle Menschen mit langfristigen körperlichen, seelischen, geistigen sowie Sinnesbeeinträchtigungen

• „Behinderung“ entsteht aus der Wechselwirkung von Beeinträchtigung und gesellschaftlichen Barrieren, die an gleichberechtigter Teilhabe hindern, siehe insbes. Art. 1 Abs. 2 sowie Präambel e)

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Struktur der BRK

– Präambel – nicht rechtsverbindlich, aber wichtige Grundsätze für die Auslegung der Konventionsbestimmungen

– Artikel 1 bis 7 – Zweck, Begriffsbestimmungen, Grundsätze

– Artikel 8 bis 30 – Beschreibung der konkreten Rechte und Maßnahmen

– Artikel 31 bis 50 – Vorschriften zur Durchführung der BRK

– das Fakultativprotokoll als zusätzliches Abkommen

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Allgemeine Verpflichtungen des Staates zur Umsetzung, Art. 4 BRK:

– Verpflichtung der Vertragsstaaten, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderung ohne jede Diskriminierung zu gewährleisten und zu fördern und dafür

– …. alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in der BRK anerkannten Rechte zu treffen, vgl. Art. 4 Abs. 1

Die Pflicht zur Umsetzung betrifft alle staatlichen Ebenen, nicht nur den Gesetzgeber!

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Art. 4 Abs. 2 und 3 - Verpflichtungen zur Umsetzung:• hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen

Rechte verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Maßnahmen zu treffen, um nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen, unbeschadet derjenigen Verpflichtungen aus der BRK, die nach dem Völkerrecht sofort anwendbar sind

• aktive Einbeziehung behinderter Menschen und deren Organisationen bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Umsetzung

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Staatliche Verpflichtungen aus Art. 5 BRK - Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung Verpflichtung , schrittweise durch angemessene Vorkehrungen

Benachteiligungen wegen einer Behinderung bei der Verwirklichung der in der BRK geregelten Rechte zu vermeiden

aus Art. 8 BRK – Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung

aus Art. 9 BRK – Barrierefreiheit, Zugänglichkeit

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Übersicht der in der BRK geregelten Rechte:– Art. 10 – Recht auf Leben– Art. 12 – Gleiche Anerkennung vor dem Recht– Art. 13 - Recht auf Zugang zur Justiz– Art. 14 – Freiheit und Sicherheit der Person– Art. 15 – Freiheit von Folter– Art. 16 – Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch– Art. 17 – Schutz der Unversehrtheit der Person– Art. 18 – Recht auf Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit– Art. 19 – Recht auf unabhängige Lebensführung– Art. 20 – Recht auf persönliche Mobilität

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…in der BRK geregelte Rechte (Forts.):

– Art. 21 – freie Meinungsäußerung, Zugang zu Informationen– Art. 22 - Recht auf Achtung der Privatsphäre– Art. 23 – Recht auf Achtung der Wohnung und der Familie– Art. 24 – Recht auf inklusive Bildung– Art. 25 – Recht auf Gesundheit– Art. 26 – Habilitation und Rehabilitation– Art. 27 – Recht auf Arbeit und Beschäftigung– Art. 28 – Angemessener Lebensstandard, sozialer Schutz– Art. 29 – Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben– Art. 30 – Teilhabe am kultur. Leben, Erholung, Freizeit, Sport

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Ausgewählte, wichtige Einzelbestimmungen der BRK:• Artikel 12 – Gleiche Anerkennung vor dem Recht

– Die Vertragsstaaten erkennen an, dass behinderte Menschen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen (Abs. 2)

– Die Vertragsstaaten sorgen für Zugang zu der Unterstützung, die behinderte Menschen ggfs. bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit benötigen (Abs. 3)

– Sicherstellung des Schutzes vor Missbrauch bei betreuungsrechtlichen Maßnahmen (Abs. 4)

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Artikel 12 ist eine zentrale Bestimmung der BRK,

– denn sie garantiert das Recht auf Selbstbestimmung, die Grundlage für die Ausübung und Geltendmachung zentraler Menschenrechte ist (z. B. Wahl des Aufenthaltsortes, unabhängige Lebensführung, finanzielle und medizinische Entscheidungen)

– denn in vielen Ländern führen bestehende Gesetze noch immer zur vollständigen Entmündigung = Entrechtung

– „gesetzliche Vertretung“ ist in Art. 12 nicht erwähnt – die BRK setzt den Vorrang auf die Unterstützung bei der Ausübung der persönlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit, Art. 12 Abs. 3

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Auswirkungen von Art. 12 BRK….• Das deutsche Betreuungsrecht verzichtet auf pauschale Entrechtung

und soll Selbstbestimmung fördern, berechtigt aber nach § 1902 BGB zum Vertreterhandeln

• Die praktische Anwendung des Betreuungsrechts ist aber im Hinblick auf den Vorrang anderer Hilfen (§ 1896 Abs. 2 BGB) zu überprüfen

• 1,3 Millionen Betreuungen in Deutschland – gibt es zu wenig Unterstützung zur selbstbestimmten Lebensführung?

• unvereinbar mit der BRK sind wohl– Die Regelung über die Einwilligung in eine Sterilisation gem. § 1905 BGB (Art. 23

Abs. 1 c)– Der Ausschluss vom Wahlrecht bei „Betreuung für alle Angelegenheiten“ gem. §

13 Nr. 2 BWG (Art. 29 Buchst. a)– Das Recht der Geschäftsunfähigkeit nach §104 ff. BGB - (Art. 12)

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Art. 13 – Zugang zur Justiz• Diese Bestimmung garantiert Menschen mit Behinderung den

barrierefreien Zugang zur Justiz

• Sie sollen gleichberechtigt mit anderen an allen sie betreffenden Verfahren teilnehmen und ihre Rechte wahrnehmen können

• Dies setzt voraus, dass entsprechende Unterstützungsangebote für die unterschiedlichen Bedarfe vorhanden sind, einschl. einer angemessenen Form der Kommunikation und leichter Sprache

• Im Betreuungsrecht ist volle Verfahrensfähigkeit garantiert, damit Betroffene Subjekt und nicht Objekt des Verfahrens sind

Grosses Potenzial für Verbesserungen!

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Artikel 19 – Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft– Recht behinderter Menschen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten

wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben (Art. 19 Satz 1)

– freie Wahlmöglichkeit des Aufenthaltsortes und Entscheidung, wo und mit wem man leben möchte – keine Verpflichtung zum Leben in besonderen Wohnformen (Art. 19 Satz 1, a)

– Zugang zu Unterstützungsleistungen und persönlicher Assistenz (Art. 19 Satz 1, b)

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Auswirkungen des Artikel 19….

• Zielsetzung der vollen Einbeziehung behinderter Menschen in das normale Wohnumfeld

• Gewährleistung der freien Wahl des Wohnortes und der Wohnform

• Gewährleistung der dafür ggfs. aufgrund einer Behinderung benötigten Unterstützung

• Art. 19 enthält kein „Verbot von Heimen“

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Artikel 24 – Bildung

– Menschen mit Behinderung werden aufgrund von Behinderung nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen

– Kinder werden nicht aufgrund von Behinderung vom obligatorischen und unentgeltlichen Grundschulunterricht ausgeschlossen, Art. 24 Abs. 2 a)

– Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen, Art. 24 Abs. 2 b)

– Menschen mit Behinderungen erhalten innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern, Art. 24 Abs. 2 d)

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Auswirkungen des Art. 24….

• „Inklusive Bildung“ ist das in Deutschland am intensivsten diskutierte Thema der BRK

• Deutschland liegt im Bereich der gemeinsamen Beschulung weit hinten

• Veränderungsprozesse in der Schulgesetzgebung auf Landesebene haben begonnen

• Positionspapier der KMK vom 18.11.2010 - www.kmk.org

• Eltern fordern zunehmend Regelbeschulung – Prozesse, Vergleiche, juristisch umstritten - hoher Einsatz an Energie, Nerven und Geld

• der VGH Hessen (12.11.2009 - Az. 7 B 2763/09) hat entschieden, Art. 24 sei zu unbestimmt formuliert, um als unmittelbarer Rechtsanspruch auf inklusive Beschulung zu gelten, Hessen müsse SchulG ändern

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Art. 27 – Arbeit und Beschäftigung– Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf die Möglichkeit an, den

Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt und angenommen wird (Abs. 1)

– Verbot von Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Beschäftigung (Abs. 1 a)

– Gewährleistung von Chancengleichheit und gleichem Entgelt für gleichwertige Arbeit (Abs. 1 b)

– stellen angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz sicher und fördern das Sammeln von Erfahrungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für behinderte Menschen (Abs. 1 i, 1 j)

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Die Verwirklichung der gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben…– gehört wie das „Recht auf Bildung“ zu den ökonomischen, sozialen

und kulturellen Rechten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BRK, zu deren voller Verwirklichung der Vertragsstaat unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel verpflichtet ist

– ist in Deutschland bereits verstärkt unter Verweis auf Regelungen der BRK im Blickfeld der Politik, u. a.…

• im Gesetz zur Einführung Unterstützter Beschäftigung, BT-Drucks. 16/10478, Seite 9

• In den Eckpunkten zur „Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe“ der ASMK vom Nov. 2010; Ziel: vermehrte Angebote außerhalb von WfbM

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Instrumentarium zur Umsetzung der BRK

– Art. 33 – Durchführung und Überwachung• Verantwortliche staatliche Anlaufstellen auf Regierungsebene –

auf Bundesebene das Arbeits- und Sozialministerium (BMAS)• staatlicher Koordinierungsmechanismus (Abs. 1) – Beauftragter

der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen www.einfach-teilhaben.de

• unabhängige Stelle zur Überwachung der Umsetzung (Abs. 2) : Deutsches Institut für Menschenrechte (DIMR)

www.institut-fuer-Menschenrechte.de sowie in leichter Sprache: www.ich-kenne-meine-rechte.de

• Einbeziehung behinderter Menschen und deren Verbände in den Überwachungsprozess (Abs. 3) - Inklusionsbeirat

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Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen – Art. 34– von der Vertragsstaatenkonferenz (Art. 40) eingesetzt, erstmalig 6

Monate nach Inkrafttreten mit der 20. Ratifikation, Sitz in Genf

– zunächst 12 Mitglieder, nach 60 weiteren Ratifikationen Erweiterung auf Höchstzahl 18 Mitglieder (Abs. 2)

– Prüfung der Staatenberichte, Art. 36

– Vorschläge und Empfehlungen an Vertragsstaaten, Art. 36, 39

– Prüfung aufgrund vorliegender Informationen bei verzögerter Berichterstattung, Art. 36 Abs. 2

– Zusammenarbeit mit anderen Organen der UN, Art. 38

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Berichterstattung der Vertragsstaaten – Art. 35

– Bericht über die Erfüllung der Vertragspflichten und erzielte Fortschritte (Abs. 1)

– erster Bericht zwei Jahre nach Inkrafttreten der BRK für den betreffenden Vertragsstaat, Deutschland am 26.03.2011

– danach alle vier Jahre

– aktive Einbeziehung und enge Konsultation behinderter Menschen und deren Organisationen bei der Berichterstellung, Art. 35 Abs. 4 i.V.m. Art. 4 Abs. 3

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Fakultativprotokoll – Kompetenzerweiterung für die UN– Individualbeschwerde an den Ausschuss – Art. 1 Abs. 1

• Beschwerden von Einzelnen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der BRK durch den Vertragsstaat zu sein

• detaillierte Voraussetzungen – u. a. Erschöpfung des nationalen Rechtsweges – Art. 2

• der Ausschuss gibt die Beschwerde dem Vertragsstaat vertraulich zur Kenntnis und erhält Stellungnahme binnen 6 Monaten – Art. 3

• Eilgesuch für Sofortmaßnahmen möglich – Art. 4

• Vorschläge und Empfehlungen an Vertragsstaat - Art. 5

• Recht auf Prüfung von zuverlässigen Angaben über schwerwiegende oder systematische Vertragsverletzungen, einschließlich Staatenbesuch, Folge: Bemerkungen und Empfehlungen – Art. 6

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Konkrete Umsetzungsschritte in DeutschlandKoalitionsvertrag vom 26.10.2009:

• „Politische Entscheidungen, die Menschen mit Behinderungen direkt oder indirekt betreffen, müssen sich an den Inhalten der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen messen lassen“

• Die Bundesregierung will Barrierefreiheit in allen Bereichen (Schule, Ausbildung, Beruf, Verkehr, Medien, Kommunikationstechnik; Städtebau u. a.) schaffen(Koalitionsvertrag vom 26.10.2009, Kapitel III.7.4)

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Aktueller Stand:

• Die Bundesregierung hat im Mai 2011 einen Aktionsplan zur Umsetzung der BRK vorgelegt, Verbände behinderter Menschen waren an der Vorbereitung u. a. in einem Beirat beteiligt (federführend BMAS und Behindertenbeauftragter der Bundesregierung)

• Die Bundesregierung hat am 3. August 2011 den nach Art. 35 fälligen Staatenbericht beschlossen – BRK-Allianz plant Parallelbericht

• Aktionsplan und Staatenbericht sind gleichermaßen enttäuschend – die Rechtslage in Deutschland wird insgesamt für BRK-konform erklärt, konkrete Maßnahmen zur Verwirklichung der BRK-Ziele fehlen weitgehend

• Am 5.Oktober 2011 Start der Kampagne www.behindern-ist-heilbar.de

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• Die Behindertenrechtskonvention ist ein wichtiger Wegweiser zur schrittweisen Verwirklichung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen!

• Es gilt, die Umsetzung der in der BRK verankerten Rechte weiterhin auf allen Ebenen konsequent zu verfolgen und einzufordern!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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