Die Vereinskrise lieben lernen - Ziel im Visier · arbeit (Einstellung eines bezahlten...

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… denn es gibt gute Gründe, Notsituationen im Verein nicht direkt als Untergang zu sehen. Es gibt keinen Moment im Schützen- verein, der nicht eine winzige Un- sicherheit enthält. Da ist das Fest mit den „üblichen“ Gönnern im Hinter- grund. Wirtschaftliche Gründe zwin- gen den größten Spender, seine Zusa- ge zurückzuziehen. Der clevere Schatz- meister bekommt von seinem Arbeit- geber ein Angebot für eine herausra- gende neue Stelle – weit vom Vereins- ort entfernt. Sind das schon Krisen? Nein, allerdings mögliche Auslöser. Krise – genauer anschauen „Wir stecken in der Krise!“ Der Satz ist schnell gesagt. Eine wirkliche Krise bedeutet eine echte Gefahr für den Fortbestand des Vereins. Das frühzei- tige Erkennen ist Aufgabe der Vereins- führung. Besucherzahlen des Schüt- zenfestes schrumpfen seit Jahren, der Verein verliert Mitglieder oder schau- en wir auf die Entwicklung der Ener- giekosten für das eigene Schützen- haus. Hier spricht man von der laten- ten Krise, es bahnt sich etwas Gefähr- licheres an. Solche Entwicklungen können sich über Monate oder Jahre aufbauen. In der Rückschau, nach Be- wältigung der Krise wird man vielleicht sagen: „Das hätte man doch vor zwei Jahren schon sehen können. Die Zah- len waren doch schon lange auf dem Abwärtstrend …“. Allein durch Aufmerksamkeit für die Entwicklung des Vereins und seiner wirtschaftlichen Basis besteht die Chance, Gefahren frühzeitig zu erken- nen. Wenn sich die Schwierigkeiten auch bei optimistischem Blick nicht mehr verbergen lassen, befinden wir uns in der akuten Krisenphase. Hier ist entsprechendes Management an- gesagt, konzentriertes Problemaufar- beiten und -lösen. Warum Krisen hilfreich sein können Probleme gehören zur Vereinsfüh- rungsarbeit. Wer das erkennt und ak- zeptiert , wird souveräner mit schwie- rigen Situationen umgehen. Diese Pha- sen kann der Oberschützenmeister als Chance erfassen, um nach eingehen- der Analyse eines tiefgreifenden Prob- lems eine Lösung zu suchen, die sei- nen Verein wieder auf Dauer auf das „richtige Gleis“ setzt. Bei diesen Lö- sungen bedenken die Entscheidungs- träger mögliche Risiken und malen die Zukunft nicht nur in freundlichen Farb- tönen. Der Vorstand überlegt sich Sze- narien, was unter einigermaßen realis- tischen Bedingungen zu tun ist, wenn der „Plan A“ nicht mehr funktioniert. Ein gutes Management verfügt über mindestens einen „Plan B“, der einen Ausweg aus der Krisenentwicklung bieten kann. Denn es ist wirklich kei- nem Vereinsfunktionär zu gönnen, Bitt- gänge zu Banken und Gönnern des Vereins vornehmen zu müssen oder gar den Insolvenzantrag einzureichen und damit vor die Mitglieder zu treten. Es geht also darum, aufmerksam zu werden für das, was passieren könnte. Um die grundlegenden Vereinsresour- cen „im Blick zu halten“, benötige ich ein einfaches, aber wirkungsvolles Controlling. Erste Schritte können sein: In Ruhe die Mitgliederentwicklung der letzten Jahre anschauen und mit der Bevölkerungsprognose für das Umfeld des Vereins in den nächsten 10 bis 20 Jahren ab- gleichen. Die räumlichen Ressourcen des Vereins (Eigentum, Nutzrechte) auf mögliche Risiken untersuchen. Die Finanzen des Vereins auf Schwachstellen bei den Einnahmen und Ausgaben kritisch prüfen. Es geht darum, aus erkannten mög- lichen Risiken diejenigen herauszufil- tern, die eine höhere Eintrittswahr- scheinlichkeit haben und dem Verein schaden könnten. Hier ist Vorsorge zu treffen. Die Krise als Chance sehen! Es geht darum, nach den Auswegen und neuen Möglichkeiten zu suchen. Befindet sich der Schützenverein in einer schwierigen Situation, lassen sich unter Umständen wichtige Schrit- te für die Zukunft durchsetzen, die un- ter „normalen“ Bedingungen kaum von den Mitgliedern mitgetragen würden. Und das, obwohl sie aus Sicht der Vereinsführung dringend erforderlich wären. Sei es der Verkauf von Eigen- tum, eine grundlegende Umstruktu- rierung des Angebotes oder die kom- plette Neuorganisation der Vereins- arbeit (Einstellung eines bezahlten Geschäftsführers, Neugestaltung der Gremien). Alles in dem Sinne, für die zukünftigen Anforderungen besser aufgestellt zu sein. „Wir haben im vergangenen Jahr ein paar gefährliche Klippen um- schifft, …“ Ein Vorstand, der ein sol- ches Resümee auf der Mitglieder- versammlung ziehen kann, hat (min- destens) zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Er hat eine außergewöhn- liche Leistung vollbracht, nämlich gefährliche Situationen erkannt und gelöst, und er hat für sich selbst die Befriedung aus erfolgreicher Führungs- arbeit erfahren, bei allem Stress und Aufwand, der damit verbunden ist. 8 5/2012 DSZ VEREINE TIPPS VOM EXPERTEN RONALD WADSACK Die Vereinskrise lieben lernen ... Auf Notsituationen bei Vereinsaktivitäten sollten die Organisatoren vorbereitet sein, etwa wenn ein Mitglied für die Siegerehrungszeremonien kurzfristig ausfallen sollte – was bei diesen drei würdigen Herren jedoch nicht der Fall war.

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… denn es gibt gute Gründe,

Notsituationen im Verein nicht

direkt als Untergang zu sehen.

Es gibt keinen Moment im Schützen-verein, der nicht eine winzige Un-sicherheit enthält. Da ist das Fest mitden „üblichen“ Gönnern im Hinter-grund. Wirtschaftliche Gründe zwin-gen den größten Spender, seine Zusa-ge zurückzuziehen. Der clevere Schatz-meister bekommt von seinem Arbeit-geber ein Angebot für eine herausra-gende neue Stelle – weit vom Vereins-ort entfernt. Sind das schon Krisen?Nein, allerdings mögliche Auslöser.

Krise – genauer anschauen„Wir stecken in der Krise!“ Der Satz istschnell gesagt. Eine wirkliche Krisebedeutet eine echte Gefahr für denFortbestand des Vereins. Das frühzei -tige Erkennen ist Aufgabe der Vereins-führung. Besucherzahlen des Schüt-zenfestes schrumpfen seit Jahren, derVerein verliert Mitglieder oder schau-en wir auf die Entwicklung der Ener-giekosten für das eigene Schützen-haus. Hier spricht man von der laten-ten Krise, es bahnt sich etwas Gefähr-licheres an. Solche Entwicklungenkönnen sich über Monate oder Jahreaufbauen. In der Rückschau, nach Be-wältigung der Krise wird man vielleichtsagen: „Das hätte man doch vor zweiJahren schon sehen können. Die Zah-len waren doch schon lange auf demAbwärtstrend …“.Allein durch Aufmerksamkeit für dieEntwicklung des Vereins und seinerwirtschaftlichen Basis besteht dieChance, Gefahren frühzeitig zu erken-nen. Wenn sich die Schwierigkeitenauch bei optimistischem Blick nichtmehr verbergen lassen, befinden wiruns in der akuten Krisenphase. Hierist entsprechendes Management an-gesagt, konzentriertes Problemaufar-beiten und -lösen.

Warum Krisen hilfreich sein könnenProbleme gehören zur Vereinsfüh -rungsarbeit. Wer das erkennt und ak-zeptiert , wird souveräner mit schwie-rigen Situationen umgehen. Diese Pha-

sen kann der Oberschützenmeister alsChance erfassen, um nach eingehen-der Analyse eines tiefgreifenden Prob-lems eine Lösung zu suchen, die sei-nen Verein wieder auf Dauer auf das„richtige Gleis“ setzt. Bei diesen Lö-sungen bedenken die Entscheidungs-träger mögliche Risiken und malen dieZukunft nicht nur in freund lichen Farb-tönen. Der Vorstand überlegt sich Sze-narien, was unter einigermaßen realis-tischen Bedingungen zu tun ist, wennder „Plan A“ nicht mehr funktioniert.Ein gutes Management verfügt übermindestens einen „Plan B“, der einenAusweg aus der Kri senentwicklungbieten kann. Denn es ist wirklich kei-nem Vereinsfunktionär zu gönnen, Bitt-gänge zu Banken und Gönnern desVereins vornehmen zu müssen odergar den Insolvenzantrag einzureichenund damit vor die Mit glieder zu treten.

Es geht also darum, aufmerksam zuwerden für das, was passieren könnte.Um die grundlegenden Vereinsresour-cen „im Blick zu halten“, benötige ichein einfaches, aber wirkungsvollesControlling. Erste Schritte können sein:– In Ruhe die Mitgliederentwicklung

der letzten Jahre anschauen undmit der Bevölkerungsprognose fürdas Umfeld des Vereins in dennächsten 10 bis 20 Jahren ab-gleichen.

– Die räumlichen Ressourcen des Vereins (Eigentum, Nutzrechte) aufmögliche Risiken untersuchen.

– Die Finanzen des Vereins aufSchwachstellen bei den Einnahmenund Ausgaben kritisch prüfen.

Es geht darum, aus erkannten mög -lichen Risiken diejenigen herauszu fil -tern, die eine höhere Eintrittswahr-scheinlichkeit haben und dem Vereinschaden könnten. Hier ist Vorsorge zutreffen.

Die Krise als Chance sehen!Es geht darum, nach den Auswegenund neuen Möglichkeiten zu suchen.Befindet sich der Schützenverein in einer schwierigen Situation, lassensich unter Umständen wichtige Schrit-te für die Zukunft durchsetzen, die un-ter „normalen“ Bedingungen kaum vonden Mitgliedern mitgetragen würden.Und das, obwohl sie aus Sicht der Vereinsführung dringend erforderlichwären. Sei es der Verkauf von Eigen-tum, eine grundlegende Umstruktu -rierung des Angebotes oder die kom-plette Neuorganisation der Vereins -

arbeit (Einstellung eines bezahlten Geschäftsführers, Neugestaltung derGremien). Alles in dem Sinne, für diezukünftigen Anforderungen besseraufgestellt zu sein. „Wir haben im vergangenen Jahrein paar gefährliche Klippen um-schifft, …“ Ein Vorstand, der ein sol-ches Resümee auf der Mitglieder-versammlung ziehen kann, hat (min -destens) zwei wichtige Erfahrungengemacht. Er hat eine außergewöhn -liche Leistung vollbracht, nämlich gefährliche Situationen erkannt undge löst, und er hat für sich selbst dieBefriedung aus erfolgreicher Führungs -arbeit erfahren, bei allem Stress undAufwand, der damit verbunden ist. �

8 5/2012 DSZ

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Die Vereinskrise lieben lernen ...

Auf Notsituationen bei Vereinsaktivitäten sollten die Organisatoren vorbereitet sein, etwa wenn ein Mitglied für die Siegerehrungszeremonienkurzfristig ausfallen sollte – was bei diesen drei würdigen Herren jedochnicht der Fall war.