Die westliche Einfahrt in den Bahnhof Eichenstadt wird ... · von Kibri erschien mir mit einigen...

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Bruno Ineichens H0-Anlage unter dem Dach Eichenstadt im Mayaland Auf dem Dachboden seines Einfamilienhauses im aargauischen Surbtal hat der Treuhänder und Schweizer Vertreter von QDecoder eine feine Modellbahnwelt aufgebaut. Sie überzeugt allein schon durch ihre gestalterische Qualität sowie einer Anlagensteuerung mit vorbild- getreuen Lichtsignalen. Ganz herrlich jedoch ist der in ihr mitverbaute Humor und Schalk. Die westliche Einfahrt in den Bahnhof Eichenstadt wird hinten abgeschlossen durch die Stadthäuser der Unterstadt und dem Stadttor. 28 LOKI 7-8 | 2013

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Bruno Ineichens H0-Anlage unter dem Dach

Eichenstadt im MayalandAuf dem Dachboden seines Einfamilienhauses im aargauischen Surbtal hat der Treuhänder

und Schweizer Vertreter von QDecoder eine feine Modellbahnwelt aufgebaut. Sie überzeugt allein schon durch ihre gestalterische Qualität sowie einer Anlagensteuerung mit vorbild-

getreuen Lichtsignalen. Ganz herrlich jedoch ist der in ihr mitverbaute Humor und Schalk.

Die westliche Einfahrt in den Bahnhof Eichenstadt wird hinten abgeschlossen durch die Stadthäuser der Unterstadt und dem Stadttor.

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Von Bruno Ineichen (Text und Fotos)

W ie viele andere Modellbahner auch, bekam ich in meiner Kindheit eine Märklin-Packung geschenkt und seit

jener Zeit habe ich zwei- oder dreimal versucht, eine Anlage zu bauen. Jedesmal scheiterte das Unternehmen an Platzver-hältnissen, technischem und handwerkli-chem Unvermögen und den üblichen Aus-reden, die man sonst noch hat. Es blieben die Teppichanlagen zu Weihnachten sowie eine stetig wachsende Ansammlung von

Loks und Wagen. Soweit kommt dies vielen von uns nur allzu bekannt vor.

Doch dann kam irgendwann der Tag, wo Zeit und Platz vorhanden waren: Eine Anlage auf dem Dachboden! Nicht ideal, wenn man kaum stehen kann und der ganze Aufbau kniend und robbend gemacht werden muss. Sie ersetzt immerhin ein teures Fitnessabonnement. Soweit die Vor-geschichte meiner «zweitletzten Anlage». Eigenartige Nummerierung? Ja, denn an

ihr erprobe ich verschiedene Modellbau-techniken während ich nebenher von einer neuen Ausgabe träume. In einem hohen und weiten Raum, wo man aufrecht …

Vorbereitendes für den AnlagenbauEine gute Gelegenheit sich an den Techni-ken für den Bau einer Modelleisenbahn zu üben, ist das Bauen von Dioramen. Meine allerersten Schritte erfolgten bei einem Baukurs für Dioramen beim Modellbahn-club in Gisikon. Diese Kurse werden heute bei Felsenmeyer angeboten. Auf meinem Schreibtisch erinnert übrigens jenes Dio-rama noch heute an meine ersten Schritte. Es folgten dann, nebst dem intensiven Stu-dium der einschlägigen Literatur und von Modellbahnmagazinen, weitere Kurse bei Hans Ruedi Hanselmann und schlussend-lich drei aufeinanderfolgende Seminare bei Wolfgang Langmesser, die mir dann den letzten Kick gaben.

Die Anlage EichenstadtDa sich viel Material von Märklin ange-sammelt hatte, blieb ich diesem System treu (obwohl ich manchmal schon etwas nei-disch auf die wunderschönen Gleissysteme bei den Zweileiterbahnen schaue). Doch bald einmal stellte ich fest, dass ab einem gewissen Zeitpunkt das System in den Hin-tergrund tritt und dafür Harmonie und Ausdrucksweise der Landschaftsgestaltung zu dominieren beginnen.

Meine Anlage hat kein Vorbild, das Thema könnte als Voralpenlandschaft mit Schweizer Elementen bezeichnet werden. Da ich gerne lange Züge fahren lasse, habe ich auf grosse Paradestrecken Wert gelegt. Auch eine eingleisige Nebenbahn sowie ein Rangierbahnhof mussten sein. Dies alles, ohne die Anlage nicht mit allzu vielen pa-rallelen Gleisführungen zu überladen, wie man es leider immer wieder sieht. Zeitlich ist die Anlage in der Epoche V (heutige Zeit) angesiedelt, doch sind mir allzu strenge Massstäbe zuwider.

So ergab sich eine Doppelspurstrecke nach dem Hundeknochenprinzip. Jeweils an den beiden Enden befindet sich ein Schattenbahnhof. Ein grösserer mit elf Gleisen weit unten in der Dachschräge, die sonst nicht genutzt werden kann. Er liegt gerade 30 Zentimeter über Boden, der Durchschlupf beträgt 40 Zentimeter; es darf einfach nichts passieren. Am anderen Ende ist ein kleinerer Schattenbahnhof ▷

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Beim Ausstieg zur Anlage landet man im Tal der Hölle. Die topografische Idee lieferte das Lauterbrunnental im Berner Oberland mit seinen Wasserfällen.

Der Bau der Oberleitung ist im Gange, die Masten stehen noch provisorisch. Der kleine Picknickplatz mit Feuerstelle und Holzschopf ist von Manfred Luft.

mit vier Gleisen. Auf diese Weise ist eine abwechslungsreiche Zugfolge möglich, Züge werden nach dem Zufallsprinzip vom TrainController auf den Weg geschickt. Auch die eingleisige Nebenbahnstrecke weist an ihren Enden jeweils einen eigenen Schattenbahnhof auf.

Die Nebenbahnlinie steigt vom Haupt-bahnhof (Gleis 1) unterhalb der Oberstadt langsam an und erreicht über eine zwei-fache, teilweise sichtbare Wendel die obere

Ebene, wo eine grosse Kehrschleife in bei-den Richtungen befahren wird. Unterhalb einer angedeuteten Häuserzeile soll ein kleiner Nebenbahnhof in Anlehnung an die kleine Station in Kaiserstuhl an der Strecke Winterthur – Koblenz stehen. Nach der Rückkehr in den Hauptbahnhof verschwin-det ein Nebenbahnzug unterhalb der Kirche wieder im Berg, wo sich Schattenbahnhof und Schlaufe befinden. Soviel zur Gleis-führung meiner Anlage.

Der Bahnhof von Eichenstadt Richtig, das Bahnhofsgebäude erinnert an dasjenige im badischen Kehl. Das Modell von Kibri erschien mir mit einigen kleine-ren Anpassungen geeignet dafür, wie ich mir mein Eichenstadt vorstellte. Um sicher zu sein, reiste ich extra rheinabwärts, um mir vor Ort ein Bild zu machen. So ver-passte ich dem Gebäude einen SBB-Look, baute kleine Leuchtstoffröhren (LED gab es damals noch nicht) ein, stattete den ▷

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Für diese Häuserzeile in der Oberstadt diente die Fotografie einer ähnlichen Partie in Baden als Grundlage für den Bau durch Paul Schmid aus Dietikon.

Der Bausatz des Bahnhofs Kehl von Kibri war die Ausgangslage für den gewünschten, modernen Bahnhof von Eichenstadt.

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Die östliche Bahnhofseinfahrt in Eichenstadt wird nach vorne abgeschlossen durch eine Partie mit mehreren Schrebergärten.

Einer der Nachteile der Anlagenplatzierung auf dem Dachboden sind die Dachschrägen. Durch Farbbehandlung hat Bruno Ineichen das Beste daraus gemacht.

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Kiosk mit Schweizer Zeitschriften aus und siedelte noch ein Bank an.

Zur Gleisanlage ist noch zu bemerken, dass sie in einer frühen Phase meiner An-lagenplanung und des Baus entstand. Sie vermag heute vor allem im Bereich der Doppelkreuzungsweichen überhaupt nicht mehr zu befriedigen. Aus diesem Grunde steht hier ein Umbau an, welcher aktuelle Möglichkeiten (Weichen-Walter auf Basis Tillig) miteinbeziehen wird.

Oberstadt und UnterstadtFür die Oberstadt stand eine Häuserzeile in Baden Pate, die ich an einem Herbsttag fotografierte, nachdem die Blätter der Bäume vom Winde verweht waren. So versuche ich, individuelle Elemente auf der Anlage einzubauen, die insbesondere den schwei-zerischen Touch der Anlage betonen. Auf der Suche nach Stadthäusern findet man die typischen Bausätze bekannter Firmen wie Vollmer oder Faller, welche farblich op-

timiert werden können. Da ich damit nicht ganz zufrieden war – der Wiedererken-nungswert ist doch sehr hoch, da sie auf vielen Anlagen zu sehen sind – baute mir Paul Schmid aus Dietikon nach meinen Fotos die Oberstadt aus Karton nach.

Die Unterstadt verbindet das Stadttor mit der Oberstadt. Hier finden Banken, ein Kaffee, aber auch Prunkbauten aus der Gründerzeit ihren Platz. Für die Gestaltung der Stützwände aus Gips dienten die

Auf dem rechten Anlagenteil windet sich die Hauptstrecke in mehreren Kehren in die Höhe. Sehr überzeugend wirkt auf der Anlage die üppige Vegetation.

Die Bietschtalbrücke musste auch ohne Südrampe her. Sie überspannt bei Bruno Ineichen einen Talgrund mit angedeutetem Stausee.

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Das Stadttor von Eichenstadt war ursprünglich dasjenige von Faller, welches abgeändert wurde, bis es jenem von Baden vor der Restaurierung glich.

Das «verunglückte» Limmatquai-Hotel dient nun als «Hotel Bahnhof» einem Treiben, das dem «Verein für ein sauberes Eichenstadt» sehr missfällt.

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bekannten Formen von Spörle. Der Stadt-turm von Baden schwebte mir vor, als ich mich dem Bausatz von Faller annahm. Eine spezielle Herausforderung war dabei die Neugestaltung sowie die Bemalung des Daches.

Ein Denkmal für Friedrich den NutzlosenJede Stadt, die etwas auf sich hält, errichtet ihren berühmten Vätern ein Denkmal. So auch Eichenstadt. In den Kristallhöhlen im

Tal der Hölle wurde ein grosser Monolith ausgegraben und der steht nun als Wahr-zeichen auf dem Bahnhofplatz. Friedrich der Nutzlose wirkte während längerer Zeit in Eichenstadt. Da er nichts zu Stande brachte, sieht man heute nichts davon, doch niemand weiss etwas Schlechtes von ihm.

Das Tal der HölleBei meinem Aufgang in den Dachboden kommt man über eine ausziehbare Leiter

direkt in die Modelleisenbahnanlage. Um einen Überraschungseffekt zu erzielen, führt dieser Einstieg zur Anlage in eine Felsenschlucht.

Die geografische Idee gab mir das Lauterbrunnental im Berner Oberland. So wurde das Tal der Hölle gleichzeitig eine kleine Hommage an Studienfreund Peter Feuz, der in Stechelberg wohnt. An dieser Stelle ist das Tal sehr eng und steile Felsen ragen bis zum Plateau von Mürren.

Immer wieder kommt es zu Diskussionen zwischen Landi-Angestellten und Rosis Kumpeln. Versuchsaufbau eines Perrondachs mit LED Beleuchtung.

Ehre, wem Ehre gebührt! Der geschliffene Monolith erinnert hinter dem Bahnhof Eichenstadt an die glorreichen Taten von Friedrich dem Nutzlosen.

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Hohe Wasserfälle geben ein fantastisches Bild. Zu seinem Namen kam das Tal übri-gens durch meinen Geländebau-Lehrer Wolfgang Langmesser. Denn als er die ersten Fotos dieses Tals gesehen hatte, war er entsetzt. Wie kann man nur! Und hier sollen Menschen wohnen? Das muss ja die Hölle sein! Doch er irrte. Am Talende steht ein Bauernhof, dessen Bewohner und Be-sucher es sehr wohl zu sein scheint. Dafür verantwortlich ist unter anderem die Ve-getation mit den Bäumen aus der Modell-baum-Manufaktur von Manfred Grünig.

Ruine MayaburgDas Mayaland hat selbstverständlich seine Geschichte. Und die hat nichts mit dem gleichnamigen Reich in Zentralamerika zu tun. In früheren Zeiten herrschten die «Landgrafen von und zu Eichenstadt» über diese wunderschöne Umgebung. Aber das Mittelalter war eine Zeit des Umbruches, Burgen und Schlösser im Mayaland wurden erobert und neue Herren zogen ein und mit ihnen kamen neue Steuern und Abgaben.

Oft wurden die Burgen geschleift und dem Verfall überlassen. So erging es auch meiner Mayaburg, was wiederum bedeu-tete, dass die Firma Luft Modellbau mir eine H0-Version liefern konnte. Deren ursprüng liche Sandsteinfarbe musste je-doch wegen meiner umliegenden Felsfarbe einem Granit-Ton weichen.

Die SchrebergärtenEntlang von Bahnanlagen finden wir häufig Schrebergärten. Am vorderen Abschluss bei der Bahnhofsausfahrt Ost bot sich in Eichenstadt eine gute Gelegenheit, solche Kleingärten zu realisieren. Zum Beispiel der Garten von Karl. Die Gehwege sind mit Schieferplatten ausgelegt, welche sein Mo-dellbahnkollege Bruno auf einem Spazier-gang mit dem Hund im Walliser Dorf Mund bei einem abgebrochenen Stadel gefunden hatte. Mit einer Zange schnitt er sie zu H0-gerechten Stücken zu.

In Idas Garten gedeihen die Sonnen-blumen von Busch prächtig neben dem Komposthaufen von MBZ. Der filigrane Ma-schendrahtzaun von Saemann mit 0,1 mm

Ganz anders sieht es bei Peter, Ida und Karl aus, welche ihre Gärten pflegen.Mario ist nur ganz selten in seinem Schrebergarten anzutreffen.

Die Ruine Mayaburg ist ein Modell von Manfred Luft, das farblich an die Umgebung angepasst wurde.

Nach über 40 Jahren wurde der Brunnen aus der Jugendzeit aus dem Dornröschenschlaf aufgeweckt.

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Maschendrahtstärke bildet einen guten, sicheren Abschluss zu den Bahngeleisen.

Und dann sind noch die Gärten von Peter, dessen Vorlieben das Holzhacken, Fische und Rosen sind sowie Mario. Ihn sieht man eher selten im Garten und dem-entsprechend schaut sein Garten aus: Ver-wildert, auch das Gartenhaus ist langsam am Zerfallen und es liegt viel Unrat herum.

Der ParkEs war einmal – vor langer Zeit, als ich noch ein kleiner Junge war – ein kleiner Faller-Bausatz eines Brunnens. Mit richti-gem Wasser und Wasserpumpe, sogar be-

leuchtet war er. Er hatte nur einen Makel, er funktionierte nie richtig. So verstaubte das kleine Modell in irgendeiner Schachtel, bis ich es nach über 40 Jahren wieder ent-deckte, mich ihm erbarmte und zu neuem Leben erweckte.

Skandal um RosiDiese Geschichte beginnt mit einem «Häusle-bauer» aus Wettingen, der wunderschöne Gebäude baute. Ich bat ihn, mir nach einem Vorbild am Zürcher Limmatquai ein Hotel zu bauen. Nach seiner Zusage verging eine sehr lange Zeit, bis er mich anrief und mitteilte, das Hotel sei fertig. Gross war

Prinzipskizze für die eingleisige Nebenbahnlinie.

Der schematische Gleisplan für die doppelspurige Hauptstrecke ohne die beiden Schattenbahnhöfe.

Bruno Ineichen in seinem «nicht idealen» Anlagenraum, der dafür als Fitnessabo-Ersatz taugt.

dann die Enttäuschung, als ich feststellen musste, dass er in seinem hohen Alter nicht mehr in der Lage war, schöne Dinge zu bauen. Statt den lieben Menschen durch Kritik zu kränken, sinnierte ich über eine Verwendung des verunglückten Baus.

Da kamen mir die bayerischen Rocker der «Spider Murphy Gang» zu Hilfe: Skan-dal im Sperrbezirk hiess der Song, Rosi die Hauptfigur. Der Skandal hier aber ist nicht die Rosi, sondern das Ignorieren der unzäh-ligen Interventionen vom «Verein für ein sauberes Eichenstadt» durch die Stadt-behörden. Warum wohl? Aha!

LandiFür die Landwirtschaftliche Genossen-schaft wurde ein Piko-Bausatz mit entspre-chenden Logos der Landi versehen. Obwohl bereits werkseitig etwas gealtert, unterzog ich das Gebäude einer zusätzlichen, ziem-lich massiven Verwitterung. Im Innern habe ich einen Boden eingebaut, um dort mit verschiedenen Gegenständen Landi-Stimmung zu erzeugen.

BietschtalbrückeEs gibt wohl kaum Modellbahner, die nicht von der Bietschtalbrücke fasziniert sind. Auch ich gehöre dazu. Mein Können und meine verfügbare Zeit liessen mich von Selbstbauprojekten Abstand nehmen und war deshalb froh, dass Faller einen anspre-chenden Bausatz anbot. Es war dann noch die Frage zu klären, wie das Brückenwerk in die Anlage eingebaut werden soll. Meine Lösung war ein Tal mit Stausee und Stau-mauer vor dem Hintergrund.

Steuerung und Signale?Einen wichtigen Aspekt von Bruno Inei-chens Anlage haben wir in diesem Beitrag bewusst nur am Rande erwähnt, obwohl er äusserst wichtig ist: Steuerung und Signal-technik. Gerade weil diese Thematik für Bruno Ineichen, der Schweizer Vertreter von QDecoder (www.qdecoder.ch) sehr zentral und komplex ist, werden wir auf diesen Aspekt in einem separaten Beitrag zurück-kommen, der sich dann schwergewichtig der Signalsteuerung widmen wird. ○

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